S 38 AS 2910/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
38
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 38 AS 2910/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Gebühren eines Rechtsanwalts, der in einem Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung einer Mahngebühr erfolgreich tätig geworden ist, sind für ein weiteres erfolgreiches Widerspruchsverfahren, das gegen die zunächst abgelehnte Entscheidung über seine Hinzuziehung im Mahngebühren-Vorverfahren geführt wurde, nach VV RVG Nr. 2400 und nicht nach VV RVG Nr. 2401 (i. d. F. vom 17.8.2012) festzusetzen.

2. Bezogen auf die Tätigkeit in dem Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Hinzuziehung des Bevollmächtigten stellt die Tätigkeit in einem zuvor geführten Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung einer Mahngebühr keine vorangegangene Tätigkeit in demselben Verwaltungsverfahren dar.

3. Zur Auslegung von § 19 Abs. 2 Nr. 14 RVG (i. d. Fassung vom 23.5.2011)
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 29.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2013 verurteilt, der Klägerin auf den Kostenantrag vom 11.6.2013 Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren W y in Höhe weiterer 52,36 Euro zu erstatten. Die Beklagte erstattet der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der festzusetzenden Gebühren und Auslagen für die anwaltliche Tätigkeit in einem Widerspruchsverfahren.

In dem Abhilfebescheid der Beklagten vom 5.9.2011 zu dem erfolgreichen Widerspruch W x der anwaltlich vertretenen Klägerin, erhoben gegen die Festsetzung von Mahngebühren im Zusammenhang mit der Rückforderung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II –, kündigte die Beklagte eine separate Kostenentscheidung an. Mit Bescheid vom 5.11.2012 führte sie dann aus, dass sie die Erstattung der notwendigen Aufwendungen übernehme, jedoch schätzte sie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Sinn des § 63 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) als nicht notwendig ein.

Dieser Entscheidung widersprach die anwaltlich vertretene Klägerin am 3.12.2012 (W y) und führte aus, warum die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten aus ihrer Sicht erforderlich gewesen sei. Mit Bescheid vom 25.1.2013 half die Beklagte dem Widerspruch W y ab und erkannte die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten an unter Zusage der Erstattung der im Widerspruchsverfahren (W y) entstandenen notwendigen Aufwendungen und Anerkennung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten.

Der Bevollmächtigte überreichte der Beklagten die an die Klägerin gerichtete Kostenrechnung vom 11.6.2013 für das Widerspruchsverfahren W y und beantragte die Kostenfestsetzung wie folgt: Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG 181,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 RVG 20,00 Euro Zwischensumme: 201,00 Euro 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 RVG 38,19 Euro Gesamtsumme: 239,19 Euro

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 29.7.2013 die zu erstattenden Kosten in Höhe von insgesamt 114,24 Euro fest unter Ansetzen folgender Beträge: Geschäftsgebühr Nr. 2401 VV RVG 80,00 Euro Post- und Telekommunikation (20%) Nr. 7002 VV RVG 16,00 Euro Zwischensumme: 96,00 Euro 19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 18,24 Euro Gesamtsumme: 114,24 Euro

Sie führte aus, dass dem Widerspruchsverfahren W y eine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren vorausgegangen sei, so dass sich die Höhe der Geschäftsgebühr nach Nr. 2401 VV RVG richte. Wegen der Unterdurchschnittlichkeit von zeitlichem Umfang, objektiver Schwierigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allenfalls durchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit der Klägerin seien nur die geringeren Kosten festzusetzen.

Hiergegen widersprach die Klägerin erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013).

Mit ihrer Klage vom 11.12.2013 macht die Klägerin die Festsetzung weiterer Gebühren von (nur noch) 52,36 Euro geltend, ausgehend von einer Geschäftsgebühr von 120 Euro. Sie hat darauf verwiesen, dass die Beklagte in anderen Verfahren - andere Kläger betreffend – Kosten in dieser Höhe anerkannt hätte. Die Klägerin meint, ihre wirtschaftliche Beschwer sei im Widerspruchsverfahren W y als wesentlich höher einzuschätzen als im Widerspruchsverfahren W x. Die rechtlichen Schwierigkeiten seien im Verfahren wegen der Hinzuziehung zudem größer als im Verfahren wegen unrechtmäßiger Mahngebühren.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2013 zu verpflichten, ihr für die erstattungsfähigen notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren W y weitere 52,36 Euro zu gewähren.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest und beruft sich für die von ihr für zutreffend erachtete Kostenhöhe auf Entscheidungen zur Kostenfestsetzung u. a. des LSG Berlin-Brandenburg. Dem Bevollmächtigten sei die Sachlage bekannt gewesen; er hätte sich nicht neu einarbeiten müssen und kein Mandantengespräch führen müssen.

Im Klageverfahren ist von der Klägerin auch die Gebührenrechnung für das Widerspruchsverfahren W x vorgelegt worden (Rechnungsbetrag 114,24 Euro).

Die Beklagte, die Kenntnis von dem Termin der mündlichen Verhandlung hatte, hat auf die Teilnahme daran ausdrücklich verzichtet.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist begründet. Die Klägerin ist durch den Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 29.7.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2013 in ihren Rechten verletzt. Sie hat einen Anspruch auf die Erstattung von weiteren Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren W y in Höhe von 52,36 Euro.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der den Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Beklagte hat mit Abhilfebescheid vom 25.1.2013 anerkannt, dass sie die im Widerspruchsverfahren W y entstandenen notwendigen Aufwendungen im Sinn von § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X trägt und hat gemäß § 63 Abs. 2 SGB X auch die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Bevollmächtigten anerkannt.

Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Die zu erstattenden Aufwendungen sind im vorliegenden Fall in den anwaltlichen Gebühren und Auslagen zu sehen, die der Klägerin am 11.6.2013 in Rechnung gestellt worden sind. Die Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit von Rechtsanwälten bemisst sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG -, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG, wobei sich die Höhe gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG bestimmt.

Vorliegend kommt Teil 2 Abschnitt 4 ("Vertretung in bestimmten Angelegenheiten") der Anlage 1 zum RVG in der Fassung vom 17.8.2012 zur Anwendung. Nach der Vorbemerkung 2.4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 entstehen Gebühren nach diesem Abschnitt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). Dies ist vorliegend der Fall. Würde für die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ein gerichtliches Verfahren angestrengt, wäre dieses für die Klägerin als Leistungsempfängerin nach dem SGB II gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenfrei, so dass das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden wäre, was nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG zum Entstehen von Betragsrahmengebühren führt. Nach der Anwendungsregel in § 3 Abs. 2 RVG gilt Absatz 1 entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und somit auch für die Tätigkeit im Vorverfahren.

Von den zwei in Frage kommenden Gebührentatbeständen in Teil 2 Abschnitt 4 des VV RVG - Nr. 2400 und Nr. 2401 - ist entgegen der Auffassung der Beklagten Nr. 2400 anzuwenden. Es ist keine Tätigkeit des Bevollmächtigten im selben Verwaltungsverfahren vorausgegangen, wie es für die Anwendung von VV RVG Nr. 2401 der Fall sein muss, was einen Gebührenrahmen von nur 40 Euro bis 260 Euro eröffnet.

Der Bevollmächtigte der Klägerin war zuvor an keinem Verwaltungsverfahren beteiligt, das die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Gegenstand hatte. Verwaltungsverfahren im Sinne des SGB X (vgl. Definition in Halbsatz 1 des § 8 SGB X) ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Unstreitig gehört zu dem Verwaltungsverfahren im Sinn des Ersten Kapitels des SGB X auch das Vorverfahren (so BSG Urteil 25.2.2010, B 11 AL 24/08 R, RdNr. 21, zitiert nach Juris). Um dasselbe Verwaltungsverfahren handelt es sich dann, wenn die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde auf einem identischen Verfahrensgegenstand beruht, was z. B. der Fall ist, wenn ein Bevollmächtigter bereits im Rahmen eines Anhörungsverfahrens vor Erlass einer Rückforderungsentscheidung sich für den Betroffenen äußert und auch das Widerspruchsverfahren nach Erlass des Verwaltungsakts betreibt (so z. B. im Fall des oben angeführten Urteils des BSG). Der Verfahrensgegenstand eines auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verwaltungsverfahrens wird vom Regelungswillen der Behörde und dem Begehren des Antragstellers bestimmt (vgl. auch insoweit, zudem mit weiteren Quellen: BSG a. a. O. sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.8.2013, Az. L 34 AS 53/12, RdNr. 35, zitiert nach Juris). Danach handelte es sich hier um ein anderes – weiteres - Verwaltungsverfahren, in dem die Beklagte die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten verneint hat. Ihr nunmehr zum Ausdruck gebrachter Regelungswille unterschied sich von dem, der sie zu der Festsetzung der Mahngebühren veranlasst hatte.

Die die Klägerin belastende und ein neues Widerspruchsverfahren auslösende Verfügung hat die Beklagte mit der negativen Hinzuziehungsentscheidung im Abhilfebescheid vom 5.11.2012 getroffen, so dass es sich um das erste eigene Verfahren mit diesem Verfahrensgegenstand handelte (in etwas anderer Fallgestaltung, jedoch auch auf verschiedene Verfahrensgegenstände abstellend: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2014, Az. L 2 AS 3053/13, RdNr. 31 ff., zitiert nach Juris). Der Umstand, dass die ablehnende Hinzuziehungsentscheidung im Abhilfebescheid zu dem Widerspruch gegen Verhängung der Mahngebühren enthalten war, reicht für die von der Beklagten vorgenommene "Zusammenfassung" der Tätigkeiten nicht aus. Nicht jegliche vorausgegangene Tätigkeit in anderem (Regelungs-) Zusammenhang führt zu einer derartigen Verknüpfung.

Für ein unabhängiges Verwaltungsverfahren spricht zudem, dass die Entscheidung über die Hinzuziehung des Bevollmächtigten nach § 63 Abs. 2 SGG – wie die Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG – eine neben der Sachentscheidung zusätzlich zu treffende Entscheidung darstellt. Die Argumentation des LSG Berlin-Brandenburg in der Entscheidung vom 15.8.2013 (s. o.) zu dem Automatismus der Befassung bzw. Beteiligung eines Bevollmächtigten auch an der nach einem Widerspruchsverfahren zu treffenden Kostengrundentscheidung – vergleichbar ist die Entscheidung über die Hinzuziehung - überzeugt insoweit nicht, zumal sich das LSG Berlin-Brandenburg mit seiner Wortwahl (zweimalige Verwendung des Konjunktivs: "dürfte", s. RdNr. 36) wohl gar nicht festlegt. Auch die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 14 RVG (in der Fassung vom 23.5.2011), auf die das LSG Berlin-Brandenburg in der Entscheidung vom 15.8.2013 ebenfalls abstellt, vermag die Auffassung der Beklagten nicht zu stützen. Nach dieser Vorschrift gehören zu dem Rechtszug oder dem Verfahren auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist, insbesondere die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung. Diese Vorschrift kann nur greifen, wenn eine positive Kostengrund- bzw. Hinzuziehungsentscheidung vorliegt. Dafür sprechen die Ausführungen von Müller-Rabe zu § 19 RVG in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, RdNr. 140, der auszugsweise die Motive zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) v. 3.12.1976 nach einer weiteren Quelle zitiert. Es war danach keine besondere Gebühr (mehr) für das Kostenfestsetzungsverfahren vorgesehen, weil die Tätigkeit des Rechtsanwalts als regelmäßig gering angesehen wurde, da er die Berechnung der Gebühren und Auslagen bereits für den Auftraggeber aufstellen muss. Zudem wurde in Erwägung gezogen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren so einfach sei, dass es der Rechtsanwalt häufig seinem Büropersonal überlasse. Dies ist dann jedoch nicht der Fall, wenn die Voraussetzungen für das Beantragen der Kostenfestsetzung erst mit einem weiteren anwaltlichen Tätigwerden, wie dem Erheben eines Widerspruchs, "geschaffen" werden müssen. Gegen eine Auffassung, dass ein Widerspruch wegen Ablehnung der Hinzuziehung § 19 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 14 RVG unterfalle, spricht zudem, dass ein neuerlicher Widerspruch gegen die Ablehnung der Hinzuziehung dann keinen neuen Gebührentatbestand auslöste.

Die in VV RVG Nr. 2400 vorgegebene Geschäftsgebühr umfasst einen Rahmen von 40 Euro bis 520 Euro, wobei ausdrücklich vorgesehen ist, dass eine Gebühr von mehr als 240 Euro (sogenannten Schwellengebühr) nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt wiederum, dass bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen bestimmt. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden (§ 14 Abs. 1 Satz 2 RVG). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

Danach ist die von dem Bevollmächtigten mit der Klage geltend gemachte Kostenfestsetzung unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 120 Euro nicht unbillig und bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen. Die von der Beklagten angesetzte Geschäftsgebühr von lediglich 80 Euro ist hingegen als zu gering einzuschätzen. Eine Geschäftsgebühr von 120 Euro entspricht der Hälfte der Schwellengebühr, was bereits die Unterdurchschnittlichkeit der Aspekte der anwaltlichen Tätigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich bei der nun begehrten Geschäftsgebühr um die dreifache Mindestgebühr nach Nr. 2400 VV RVG - wie auch nach dem Gebührentatbestand Nr. 2401 VV RVG, den die Beklagte angewendet wissen möchte – was zeigt, dass auch der Bevollmächtigte letztlich davon ausgeht, dass Schwierigkeit bzw. Umfang der Tätigkeit nicht durchschnittlich waren, würde die Durchschnittlichkeit doch für das Ansetzen der Schwellengebühr sprechen. Das Widerspruchsschreiben vom 3.12.2012 umfasste eine Seite. Der Bevollmächtigte war – dies ist durchaus im Rahmen der Gebührenhöhe mindernd zu berücksichtigen – mit den Umständen des Falles aus dem vorherigen Widerspruchsverfahren W x vertraut. Die Bedeutung der Angelegenheit ist angesichts der für das Widerspruchsverfahren W x in Rechnung gestellten Rechtsanwaltskosten, die die Klägerin ggf. hätte selbst tragen müssen (114,24 Euro), ebenfalls eher unterdurchschnittlich, bei unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Auch ist kein besonderes Haftungsrisiko erkennbar.

Somit ergibt sich unter Berücksichtigung der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20 Euro sowie dem höheren Betrag der Umsatzsteuer (26,60 Euro) der zugesprochene weitere Kostenfestsetzungsbetrag von 52,36 Euro unter Anrechnung des bereits von der Beklagten berücksichtigten Betrages von 114,24 Euro wie folgt:

Geschäftsgebühr VV RVG Nr. 2400 120,00 Euro Post- und Telekommunikationspauschale VV RVG Nr. 7002 20,00 Euro Zwischensumme: 140,00 Euro 19 % Umsatzsteuer nach VV RVG Nr. 7008 26,60 Euro Gesamtsumme: 166,60 Euro

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig. Der Beschwerdewert erreicht nicht den nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Betrag von 750 Euro. Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 SGG) vermochte das Gericht nicht zu erkennen.

Rechtsmittelbelehrung:

Diese Entscheidung kann nur dann mit der Berufung angefochten werden, wenn sie nachträglich zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Berufung ist zuzulassen, wenn

• die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

• das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

• ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Försterweg 2-6 14482 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die elektronische Form wird nur durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg" in das elektronische Gerichtspostfach des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden.
Rechtskraft
Aus
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