Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 171/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 160/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zuschusshöhe und -dauer für einen Eingliederungszuschuss für ältere Arbeitnehmer bestimmen sich nach der individuellen Minderleistung des Arbeitnehmers im Verhältnis zu den Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes und nicht nach der finanziellen Situation des Arbeitgebers und dessen Auftragslage.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 29. September 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt von der Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für ältere Arbeitnehmer über die Dauer von 12 Monaten hinaus.
Am 1. August 2012 beantragte die als selbständige Publizistin tätige Klägerin einen Eingliederungszuschuss für den Arbeitnehmer W ... (geboren 1952) für die Dauer von 12 Monaten. Dieser war zuvor bis Oktober 2010 14 Jahre lang als Unternehmensberater tätig und seitdem arbeitslos. Die Klägerin stellte ihn mit Arbeitsvertrag vom 31. August 2012 als Assistent für Webdesign und für Buchhaltung zum 1. September 2012 ein. Sein Aufgabenbereich umfasste alle anfallenden Tätigkeiten im Büro. Die Arbeitsvergütung betrug monatlich 1.300 EUR (brutto) bei einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. Der Arbeitnehmer war insgesamt bis zum 31. Oktober 2014 im Betrieb der Klägerin beschäftigt.
Mit Bescheid vom 24. September 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Dauer vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2013 einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 50 % des Arbeitsentgelts von 1.300,00 EUR sowie des pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 260,00 EUR, insgesamt 780,00 EUR. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2012 änderte die Beklagte den Bewilligungszeitraum auf die Dauer vom 10. September 2012 bis zum 9. September 2013 ab, da der Arbeitnehmer erst zum 10. September 2012 seine Arbeit aufgenommen hatte. Mit Bescheid vom 13. März 2013 stellte die Beklagte vorzeitig die Zahlung ein, da der Arbeitnehmer einen Unfall erlitten und ab dem 26. Februar 2013 Krankengeld bezogen hatte.
Am 8. April 2013 beantragte die Klägerin die Verlängerung der bewilligten Förderung des Arbeitnehmers auf die Dauer von 36 Monate.
Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 2013 unter Verweis auf die maximale Förderungsdauer von 12 Monaten nach § 89 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ab. Wegen der Unterbrechung der ursprünglich bewilligten Förderung aufgrund des Bezugs von Krankengeld bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14. Juni 2013 einem Eingliederungszuschuss für die ursprüngliche Restförderungsdauer für die Zeit vom 5. Juni 2013 bis zum 17. Dezember 2013.
Gegen den Bescheid vom 4. Juni 2013 legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013 zurückwies.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage zum Sozialgericht Leipzig (Az. S 1 AL 304/13). In der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2013 erklärte sie, dass ihr, als sie den Antrag habe stellen wollen, gesagt worden sei, dass sie diesen nur für die Dauer von 12 Monate stellen könne. Sie sei damals auch der Meinung gewesen, dass 12 Monate reichen würden, um die Defizite auszugleichen. Dann habe der Arbeitnehmer einen schweren Unfall gehabt. Die bei ihm vorliegende chronische Hirnblutung könne jederzeit wieder auftreten. Nach dem Unfall sei seine Aufnahmefähigkeit langsamer gewesen. Als er wieder zu arbeiten angefangen habe, sei sie selbst krank geworden. Bei einer anschließenden Prüfung durch das Finanzamt sei ihr ihr Arbeitnehmer eine große Hilfe gewesen, da er früher als Berater in einer Beratungsfirma gearbeitet habe. Inzwischen seien bei diesem die Grundlagen für seine Aufgabe vorhanden. Allerdings habe sie nun einen größeren Auftrag, den sie nur mit Unterstützung des Arbeitnehmers bewältigen könne. Sie könne den Lohn aber nur aufgrund des Eingliederungszuschusses zahlen. Sie sei davon ausgegangen, dass dieser auf drei Jahre verlängert werde.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Dezember 2013 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 14. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. August 2013, über den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der bewilligten Förderung des Arbeitnehmers W ... auf 36 Monate unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht mit der der Regelung des § 131 SGB III nicht auseinandergesetzt habe.
Mit Bescheid vom 21. März 2014 lehnte die Beklagte den Verlängerungsantrag vom 8. April 2013 erneut ab. Zur Begründung führte sie aus, dass aufgrund der langjährigen Berufserfahrung des Arbeitnehmers als Unternehmerberater und seines Hochschulabschlusses davon auszugehen sei, dass die bei ihm bestehenden Minderleistungen in 12 Monaten ausgeräumt gewesen seien. Die Voraussetzung für eine erweiterte Förderung lägen nicht vor.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2014 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2014 zurückwies.
Die Klägerin hat am 5. Juni 2014 gegen die zweite Ablehnungsentscheidung Klage erhoben und von der Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für den Arbeitnehmer W ... über die Dauer von 12 Monaten hinaus geltend gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass ein Anspruch der Klägerin auf weitere Förderung nicht bestehe. Die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses für die Dauer von lediglich 12 Monaten sei nicht ermessensfehlerhaft. Die Klägerin habe den Arbeitnehmer als Assistent für Webdesign und für Buchhaltung eingestellt. Aufgrund von dessen beruflicher Qualifikation könne nur von Defiziten in seinen Kenntnissen auf dem Gebiet des Webdesigns ausgegangen werden. Als ehemaliger Unternehmensberater sei von den erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen für Buchhaltung und Kalkulation auszugehen. Angesichts der hohen beruflichen Qualifikation des Arbeitnehmers, sei die Prognose der Beklagten, dass dieser trotz seines Alters und der Dauer der Arbeitslosigkeit nach einem Jahr in der Lage sein werde, die Leistungen als Assistent für Webdesign und Buchhaltung entsprechend des gezahlten Gehalts (Stundenlohn unter 8 EUR) vollumfänglich zu erfüllen, nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat gegen den Gerichtsbescheid am 22. Oktober 2014 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Begehren fest.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 29. September 2014 aufzugeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2014 zu verurteilen, die Förderung des Arbeitnehmers W ... statt für 12 Monate für 36 Monate zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil sie hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für einen älteren Arbeitnehmer über die Dauer von 12 Monaten hinaus zu.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2014 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).
Der Senat sieht nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides.
Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin die begehrte Förderung nicht zu gewähren, ermessensfehlerfrei ergangen ist.
1. Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Eingliederungszuschuss für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, und einem Förderungsbeginn bis zum 31. Dezember 2014 ist §§ 88, 89 Satz 1 und 2 SGB III jeweils in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) i. V. m. § 131 SGB III in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011).
Nach § 88 SGB III können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten (Eingliederungszuschuss). Nach § 89 Satz 1 SGB III richten sich die Förderhöhe und die Förderdauer nach dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes (Minderleistung). Der Eingliederungszuschuss kann bis zu 50 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts und die Förderdauer bis zu zwölf Monate betragen (vgl. § 89 Satz 2 SGB III). Nach § 131 SGB III konnte abweichend von § 89 SGB III die Förderdauer für einen Eingliederungszuschuss für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet hatten, bis zu 36 Monate betragen, wenn die Förderungen bis zum 31. Dezember 2014 begonnen worden war. Ziel der von der Grundnorm des § 89 SGB III abweichenden Regelung des § 131 SGB III war es, die Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen. Ihr lag die Prämisse zugrunde, dass bei Personen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, das Alter eine besondere, über den Tatbestand des § 88 SGB III hinausgehende Vermittlungserschwernis darstellen könne (vgl. Hassel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2014], § 131 Rdnr. 15).
Hierüber hat die Agentur für Arbeit in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, wobei dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung und den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes (Minderleistung; vgl. § 89 Satz 2 SGB III) eine maßgebende Bedeutung zukommt (vgl. Hassel, a. a. O., Rdnr. 17). Allerdings gilt auch für den Personenkreis der älteren Arbeitnehmer, dass nicht allein das Alter den Schluss auf eine Minderleistung zulässt (vgl. Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB [Stand: 11/15], § 89 SGB III, Rdnr. 24 m. w. N.). Die Gewährung des Eingliederungszuschusses für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt einen kausalen Zusammenhang zwischen der Förderung und der Eingliederung sowie eine Minderleistung des Arbeitnehmers voraus (vgl. Voelzke, a. a. O.).
2. Vorliegend hat die Beklagte Ermessen (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) fehlerfrei ausgeübt.
a) Bei Ermessensentscheidungen ist der Verwaltung ein Ermessenspielraum eingeräumt. Das Gericht darf bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung nicht seine Vorstellungen hinsichtlich einer zweckmäßigen Entscheidung an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen. Es findet mithin nur eine gerichtliche Rechtskontrolle, nicht aber eine Zweckmäßigkeitskontrolle statt. Bei einem Streit über die Gewährung von Ermessensleistungen hat das Gericht im Streitfall nach § 54 Abs. 2 SGG zu prüfen, ob der Leistungsträger die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 12/12 R – BSGE 113, 231 ff. = SozR 4-2500 § 40 Nr. 7 = juris, jeweils Rdnr. 12; Sächs. LSG, Urteil vom 13. August 2015 – L 3 AL 156/13 – juris Rdnr. 18).
b) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat ihre Pflicht zur Ermessensbetätigung erkannt und das Ermessen durch Gegenüberstellung und Abwägung der widerstreitenden Interessen ausgeübt. Die dem Ablehnungsbescheid und dem Widerspruchsbescheid insoweit zu entnehmenden Erwägungen liefern weder Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung noch für einen Ermessensmissbrauch oder ein Abwägungsdefizit. Angesichts der beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen des Arbeitnehmers sowie der geförderten Arbeitsstelle erweisen sich insbesondere die Erwägungen der Beklagten, dass die beim Arbeitnehmer bestehenden Minderleistungen nach 12 Monaten ausgeglichen gewesen seien, als tragfähig. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 16. Dezember 2013 selbst erklärt hatte, dass bei dem betreffenden Arbeitnehmer "inzwischen ( ) die Grundlagen für seine Aufgabe da" seien.
Der Verweis der Klägerin auf das Vorliegen eines größeren Auftrags, der nur durch Unterstützung des Arbeitnehmers zu bewältigen gewesen sei, sowie der Umstand, dass sie dessen Lohn nur auf Grund des Eingliederungszuschusses haben zahlen könne, sind hingegen keine Erwägungen; die die Beklagte bei der Entscheidung zu Gunsten der Klägerin hätte berücksichtigen müssen. Denn Ziel der Regelung nach §§ 88, 89 SGB III i. V. m. § 131 SGB III ist es nicht, Arbeitgebern billige Arbeitskräfte zukommen zu lassen, sondern die Beschäftigungssituation von älteren Arbeitnehmern zu verbessern, in dem eine Minderleistung von Arbeitnehmern in einer Beschäftigung dadurch ausgeglichen wird, dass die Höhe und die Dauer des Lohnkostenzuschusses hieran ausgerichtet werden. Die Zuschusshöhe und -dauer bestimmen sich nach der individuellen Minderleistung des Arbeitnehmers im Verhältnis zu den Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes und nicht an der finanziellen Situation des Arbeitgebers und dessen Auftragslage. Dieser Regelung liegt die Überlegung zugrunde, dass trotz des Bemühens des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu verbessern, weiterhin Vorbehalte gegenüber der Begründung von Beschäftigungsverhältnissen mit diesen bestehen (vgl. BT-Drucks. 18/3068 S. 9; Voelzke, a. a. O ..., Rdnr. 7a).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt von der Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für ältere Arbeitnehmer über die Dauer von 12 Monaten hinaus.
Am 1. August 2012 beantragte die als selbständige Publizistin tätige Klägerin einen Eingliederungszuschuss für den Arbeitnehmer W ... (geboren 1952) für die Dauer von 12 Monaten. Dieser war zuvor bis Oktober 2010 14 Jahre lang als Unternehmensberater tätig und seitdem arbeitslos. Die Klägerin stellte ihn mit Arbeitsvertrag vom 31. August 2012 als Assistent für Webdesign und für Buchhaltung zum 1. September 2012 ein. Sein Aufgabenbereich umfasste alle anfallenden Tätigkeiten im Büro. Die Arbeitsvergütung betrug monatlich 1.300 EUR (brutto) bei einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. Der Arbeitnehmer war insgesamt bis zum 31. Oktober 2014 im Betrieb der Klägerin beschäftigt.
Mit Bescheid vom 24. September 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Dauer vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2013 einen Eingliederungszuschuss in Höhe von 50 % des Arbeitsentgelts von 1.300,00 EUR sowie des pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 260,00 EUR, insgesamt 780,00 EUR. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2012 änderte die Beklagte den Bewilligungszeitraum auf die Dauer vom 10. September 2012 bis zum 9. September 2013 ab, da der Arbeitnehmer erst zum 10. September 2012 seine Arbeit aufgenommen hatte. Mit Bescheid vom 13. März 2013 stellte die Beklagte vorzeitig die Zahlung ein, da der Arbeitnehmer einen Unfall erlitten und ab dem 26. Februar 2013 Krankengeld bezogen hatte.
Am 8. April 2013 beantragte die Klägerin die Verlängerung der bewilligten Förderung des Arbeitnehmers auf die Dauer von 36 Monate.
Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 2013 unter Verweis auf die maximale Förderungsdauer von 12 Monaten nach § 89 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ab. Wegen der Unterbrechung der ursprünglich bewilligten Förderung aufgrund des Bezugs von Krankengeld bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14. Juni 2013 einem Eingliederungszuschuss für die ursprüngliche Restförderungsdauer für die Zeit vom 5. Juni 2013 bis zum 17. Dezember 2013.
Gegen den Bescheid vom 4. Juni 2013 legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013 zurückwies.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage zum Sozialgericht Leipzig (Az. S 1 AL 304/13). In der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2013 erklärte sie, dass ihr, als sie den Antrag habe stellen wollen, gesagt worden sei, dass sie diesen nur für die Dauer von 12 Monate stellen könne. Sie sei damals auch der Meinung gewesen, dass 12 Monate reichen würden, um die Defizite auszugleichen. Dann habe der Arbeitnehmer einen schweren Unfall gehabt. Die bei ihm vorliegende chronische Hirnblutung könne jederzeit wieder auftreten. Nach dem Unfall sei seine Aufnahmefähigkeit langsamer gewesen. Als er wieder zu arbeiten angefangen habe, sei sie selbst krank geworden. Bei einer anschließenden Prüfung durch das Finanzamt sei ihr ihr Arbeitnehmer eine große Hilfe gewesen, da er früher als Berater in einer Beratungsfirma gearbeitet habe. Inzwischen seien bei diesem die Grundlagen für seine Aufgabe vorhanden. Allerdings habe sie nun einen größeren Auftrag, den sie nur mit Unterstützung des Arbeitnehmers bewältigen könne. Sie könne den Lohn aber nur aufgrund des Eingliederungszuschusses zahlen. Sie sei davon ausgegangen, dass dieser auf drei Jahre verlängert werde.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Dezember 2013 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 14. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. August 2013, über den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der bewilligten Förderung des Arbeitnehmers W ... auf 36 Monate unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht mit der der Regelung des § 131 SGB III nicht auseinandergesetzt habe.
Mit Bescheid vom 21. März 2014 lehnte die Beklagte den Verlängerungsantrag vom 8. April 2013 erneut ab. Zur Begründung führte sie aus, dass aufgrund der langjährigen Berufserfahrung des Arbeitnehmers als Unternehmerberater und seines Hochschulabschlusses davon auszugehen sei, dass die bei ihm bestehenden Minderleistungen in 12 Monaten ausgeräumt gewesen seien. Die Voraussetzung für eine erweiterte Förderung lägen nicht vor.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2014 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2014 zurückwies.
Die Klägerin hat am 5. Juni 2014 gegen die zweite Ablehnungsentscheidung Klage erhoben und von der Beklagten die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für den Arbeitnehmer W ... über die Dauer von 12 Monaten hinaus geltend gemacht.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass ein Anspruch der Klägerin auf weitere Förderung nicht bestehe. Die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses für die Dauer von lediglich 12 Monaten sei nicht ermessensfehlerhaft. Die Klägerin habe den Arbeitnehmer als Assistent für Webdesign und für Buchhaltung eingestellt. Aufgrund von dessen beruflicher Qualifikation könne nur von Defiziten in seinen Kenntnissen auf dem Gebiet des Webdesigns ausgegangen werden. Als ehemaliger Unternehmensberater sei von den erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen für Buchhaltung und Kalkulation auszugehen. Angesichts der hohen beruflichen Qualifikation des Arbeitnehmers, sei die Prognose der Beklagten, dass dieser trotz seines Alters und der Dauer der Arbeitslosigkeit nach einem Jahr in der Lage sein werde, die Leistungen als Assistent für Webdesign und Buchhaltung entsprechend des gezahlten Gehalts (Stundenlohn unter 8 EUR) vollumfänglich zu erfüllen, nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat gegen den Gerichtsbescheid am 22. Oktober 2014 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Begehren fest.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 29. September 2014 aufzugeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2014 zu verurteilen, die Förderung des Arbeitnehmers W ... statt für 12 Monate für 36 Monate zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil sie hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für einen älteren Arbeitnehmer über die Dauer von 12 Monaten hinaus zu.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2014 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).
Der Senat sieht nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides.
Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin die begehrte Förderung nicht zu gewähren, ermessensfehlerfrei ergangen ist.
1. Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Eingliederungszuschuss für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, und einem Förderungsbeginn bis zum 31. Dezember 2014 ist §§ 88, 89 Satz 1 und 2 SGB III jeweils in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) i. V. m. § 131 SGB III in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011).
Nach § 88 SGB III können Arbeitgeber zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten (Eingliederungszuschuss). Nach § 89 Satz 1 SGB III richten sich die Förderhöhe und die Förderdauer nach dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes (Minderleistung). Der Eingliederungszuschuss kann bis zu 50 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts und die Förderdauer bis zu zwölf Monate betragen (vgl. § 89 Satz 2 SGB III). Nach § 131 SGB III konnte abweichend von § 89 SGB III die Förderdauer für einen Eingliederungszuschuss für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet hatten, bis zu 36 Monate betragen, wenn die Förderungen bis zum 31. Dezember 2014 begonnen worden war. Ziel der von der Grundnorm des § 89 SGB III abweichenden Regelung des § 131 SGB III war es, die Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen. Ihr lag die Prämisse zugrunde, dass bei Personen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, das Alter eine besondere, über den Tatbestand des § 88 SGB III hinausgehende Vermittlungserschwernis darstellen könne (vgl. Hassel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2014], § 131 Rdnr. 15).
Hierüber hat die Agentur für Arbeit in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, wobei dem Umfang der Einschränkung der Arbeitsleistung und den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes (Minderleistung; vgl. § 89 Satz 2 SGB III) eine maßgebende Bedeutung zukommt (vgl. Hassel, a. a. O., Rdnr. 17). Allerdings gilt auch für den Personenkreis der älteren Arbeitnehmer, dass nicht allein das Alter den Schluss auf eine Minderleistung zulässt (vgl. Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB [Stand: 11/15], § 89 SGB III, Rdnr. 24 m. w. N.). Die Gewährung des Eingliederungszuschusses für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzt einen kausalen Zusammenhang zwischen der Förderung und der Eingliederung sowie eine Minderleistung des Arbeitnehmers voraus (vgl. Voelzke, a. a. O.).
2. Vorliegend hat die Beklagte Ermessen (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) fehlerfrei ausgeübt.
a) Bei Ermessensentscheidungen ist der Verwaltung ein Ermessenspielraum eingeräumt. Das Gericht darf bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung nicht seine Vorstellungen hinsichtlich einer zweckmäßigen Entscheidung an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen. Es findet mithin nur eine gerichtliche Rechtskontrolle, nicht aber eine Zweckmäßigkeitskontrolle statt. Bei einem Streit über die Gewährung von Ermessensleistungen hat das Gericht im Streitfall nach § 54 Abs. 2 SGG zu prüfen, ob der Leistungsträger die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und dadurch der Kläger in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 12/12 R – BSGE 113, 231 ff. = SozR 4-2500 § 40 Nr. 7 = juris, jeweils Rdnr. 12; Sächs. LSG, Urteil vom 13. August 2015 – L 3 AL 156/13 – juris Rdnr. 18).
b) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat ihre Pflicht zur Ermessensbetätigung erkannt und das Ermessen durch Gegenüberstellung und Abwägung der widerstreitenden Interessen ausgeübt. Die dem Ablehnungsbescheid und dem Widerspruchsbescheid insoweit zu entnehmenden Erwägungen liefern weder Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung noch für einen Ermessensmissbrauch oder ein Abwägungsdefizit. Angesichts der beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen des Arbeitnehmers sowie der geförderten Arbeitsstelle erweisen sich insbesondere die Erwägungen der Beklagten, dass die beim Arbeitnehmer bestehenden Minderleistungen nach 12 Monaten ausgeglichen gewesen seien, als tragfähig. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 16. Dezember 2013 selbst erklärt hatte, dass bei dem betreffenden Arbeitnehmer "inzwischen ( ) die Grundlagen für seine Aufgabe da" seien.
Der Verweis der Klägerin auf das Vorliegen eines größeren Auftrags, der nur durch Unterstützung des Arbeitnehmers zu bewältigen gewesen sei, sowie der Umstand, dass sie dessen Lohn nur auf Grund des Eingliederungszuschusses haben zahlen könne, sind hingegen keine Erwägungen; die die Beklagte bei der Entscheidung zu Gunsten der Klägerin hätte berücksichtigen müssen. Denn Ziel der Regelung nach §§ 88, 89 SGB III i. V. m. § 131 SGB III ist es nicht, Arbeitgebern billige Arbeitskräfte zukommen zu lassen, sondern die Beschäftigungssituation von älteren Arbeitnehmern zu verbessern, in dem eine Minderleistung von Arbeitnehmern in einer Beschäftigung dadurch ausgeglichen wird, dass die Höhe und die Dauer des Lohnkostenzuschusses hieran ausgerichtet werden. Die Zuschusshöhe und -dauer bestimmen sich nach der individuellen Minderleistung des Arbeitnehmers im Verhältnis zu den Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes und nicht an der finanziellen Situation des Arbeitgebers und dessen Auftragslage. Dieser Regelung liegt die Überlegung zugrunde, dass trotz des Bemühens des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu verbessern, weiterhin Vorbehalte gegenüber der Begründung von Beschäftigungsverhältnissen mit diesen bestehen (vgl. BT-Drucks. 18/3068 S. 9; Voelzke, a. a. O ..., Rdnr. 7a).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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FSS
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