Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 184 SO 1488/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 331/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
auch L 15 SO 337/16 B ER PKH
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 1. November 2016 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2016 wird angeordnet. Die Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 15. September 2016 wird mit Wirkung ab dem 4. Oktober 2016 ausgesetzt. Beträge, die ab diesem Tag vom Antragsgegner von den laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Wege der Aufrechnung abgesetzt worden sind, sind an den Antragsteller auszukehren. Dem Antragsteller wird für das bei dem Sozialgericht Berlin anhängig gewesene Verfahren S 184 SO 1488/16 ER Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 4. Oktober 2016 bewilligt und Rechtsanwalt beigeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des gesamten einstweiligen Anordnungsverfahrens zu neun Zehnteln zu erstatten. Kosten für das Beschwerdeverfahren L 15 SO 337/16 B ER PKH sind nicht zu erstatten. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren L 15 SO 331/16 B ER Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung ab dem 5. Dezember 2016 bewilligt und Rechtsanwalt , beigeordnet. Für das Beschwerdeverfahren L 15 SO 337/16 B ER PKH wird die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid, mit dem Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (im Folgenden: GruSi) nach dem Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) teilweise zurückgenommen und die Aufrechnung des Erstattungsbetrages mit einem Teil der laufenden GruSi-Leistungen verfügt sowie die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist.
Der 1947 geborene Antragsteller bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine Altersrente in Höhe von aktuell 519,46 Euro netto. Der Antragsgegner gewährte und gewährt ihm seit Oktober 2012 mit jeweils bestandskräftig gewordenen Bescheiden laufende Leistungen der GruSi, zuletzt mit Bescheid vom 9. August 2016 für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2016. Als bedarfsminderndes Einkommen wurde jeweils nur der Zahlbetrag der Rente berücksichtigt. Betreffend den Zeitraum Oktober 2012 bis einschließlich Februar 2015 ergaben sich monatliche Zahlbeträge von 998,11 Euro bis 467,67 Euro, insgesamt nach der Berechnung des Antragsgegners in Höhe von 15.232,97 Euro.
Von Juni 2012 bis Januar 2016 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller auch ergänzende Hilfen zur Pflege für die Inanspruchnahme ambulanter Hilfen zur Pflege neben Leistungen der AOK-Pflegekasse. Der Antragsteller hatte einen Pflegevertrag mit dem ambulanten Pflegedienst "M GmbH" (im Folgenden: Pflegedienst) geschlossen.
Im März 2015 kam es im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume des Pflegedienstes und zur Beschlagnahme von Unterlagen. Anlass waren Strafanzeigen unter anderem des Antragsgegners wegen des Verdachts des Betrugs zu Lasten von Sozialleistungsträgern durch Abrechnung von Pflegeleistungen, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Leistungsberechtigte sollen hieran beteiligt gewesen sein, indem sie die vom Pflegedienst abgerechneten Pflegeeinsätze als erbracht bestätigten und im Gegenzug dafür Zahlungen - sogenannte Kick-backs - erhielten.
Nach dem Schlussbericht des Polizeipräsidenten von Berlin - Landeskriminalamt (LKA) - vom 30. Oktober 2015 war der Antragsteller in Kassenbüchern des Pflegedienstes als regelmäßiger Empfänger von Zahlungen aufgeführt, deren Summe für den Zeitraum 12. April 2011 bis 11. März 2015 mit 15.345,00 Euro angegeben ist. Daraufhin hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 3. März 2016 dahingehend an, dass er beabsichtige, die Entscheidungen über die Leistungsbewilligungen der GruSi für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis einschließlich Februar 2015 in Höhe von insgesamt 15.230,00 Euro aufzuheben und diesen Betrag zurückzufordern.
Der Antragsteller erwiderte hierauf, er habe keine Zahlungen erhalten.
Mit Bescheid vom 15. September 2016 nahm der Antragsgegner die Leistungsbewilligungen der GruSi für die Monate Oktober 2012, Dezember 2012, Januar 2013 bis Februar 2013 und April 2013 bis Februar 2015 insoweit zurück, als dort Einkünfte in Höhe von monatlich zwischen 165,00 Euro und 1.525,00 Euro nicht angerechnet worden seien. Er forderte einen Betrag in Höhe von insgesamt 11.141,30 Euro zurück und verfügte eine Aufrechnung des Erstattungsanspruchs auf die Grundsicherung für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Oktober 2019 in Höhe von 80,00 Euro monatlich. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, in der die Zahlbeträge der GruSi für den Rücknahmezeitraum sowie die – vom Antragsgegner angenommenen – "Kick-back-Zahlungen" monatsweise aufgeführt sind. Zur Begründung der Entscheidung über die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligungen führte der Antragsgegner aus, diese seien bereits von Anfang an rechtswidrig gewesen und von daher auf der Grundlage des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) zurückzunehmen. Nach Auswertung der ihm vorliegenden Kassenbücher habe der Antragsteller regelmäßig Zahlungen von dem Pflegedienst erhalten. Diese seien, auch wenn sie auf deliktischem Handeln beruhten, als Einkommen zu berücksichtigen. Die Bewilligungen seien mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil sie auf Angaben beruhten, welche der Antragsteller zumindest grob fahrlässig unrichtig gemacht habe. Ermessenserwägungen, welche der Rücknahme entgegenstünden, gebe es nicht (wird ausgeführt).
Zur Begründung der Aufrechnungsentscheidung führte der Antragsgegner aus, er habe sich insoweit davon leiten lassen, dass die zu Unrecht empfangenen Leistungen der öffentlichen Hand wieder zugeführt werden sollten, um für die Vergabe an bedürftige Personen zur Verfügung zu stehen. Auch der Gedanke der Schadenswiedergutmachung rechtfertige es, bereits jetzt nach Kräften Erstattungsleistungen zu verlangen. Bei der Bemessung der Aufrechnung sei berücksichtigt worden, dass das zum Lebensunterhalt Unerlässliche in Höhe von 80 vom Hundert des Regelsatzes verbleibe.
Als "Nebenentscheidung" ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung aller getroffenen Verfügungen an, wobei diese Anordnung einschließlich ihrer Begründung im Anschluss an die Begründung und die Rechtsbehelfsbelehrung zu den unter der Überschrift "Bescheid" in dem Schreiben vom 15. September 2016 getroffenen Verfügungen erfolgte. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ein gewichtiges Interesse bestehe, weil anderenfalls die Realisierung des Erstattungsanspruchs ernsthaft gefährdet werde. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers sei damit zu rechnen, dass dieser bei einstweiliger Leistungsgewährung in ungeminderter Höhe die dadurch erlangten Mittel verbrauchen werde. Es erscheine daher ausgeschlossen, dass er in der Lage sein werde, die zugeflossenen und verschwiegenen Kick-back-Zahlungen nach einem voraussichtlich langwierigen Rechtsschutzverfahren zu erstatten. Folge sei, dass der Antragsgegner trotz einer rechtmäßigen Verwaltungsentscheidung belastet bliebe. Weiter seien die finanziellen Vorteile, welche durch den Bescheid korrigiert würden, durch deliktisches Handeln erlangt worden. Angesichts dieses grob rechtswidrigen Verhaltens bestehe kein berechtigtes Interesse daran, mit dem Ausgleich des Schadens erst nach dem Ende des Rechtsmittelverfahrens zu beginnen. Darüber hinaus müsse der Gefahr entgegen gewirkt werden, dass der Antragsteller mit einem neuen Pflegedienst in vergleichbarer Weise zulasten des Sozialhilfeträgers zusammenwirke oder dass er ein Zuwarten möglicherweise dahin missverstehe, dass die Erschleichung öffentlicher Hilfeleistungen als Fehlverhalten minderen Ausmaßes anzusehen sei. Ausnahmsweise müssten angesichts der enormen Dimension des Fehlverhaltens des Pflegedienstes im Zusammenwirken mit zahlreichen Leistungsempfängern/innen auch generalpräventive Erwägungen in Ansatz gebracht werden. Das Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Weitergewährung der ungekürzten Leistung trete demgegenüber zurück, zumal ihm ausreichende Mittel zur Bedarfsdeckung verblieben.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Oktober 2016 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Am 4. Oktober 2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragstellers vom 15. September 2016 und die Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung (Aufrechnung) begehrt. Die aufschiebende Wirkung sei bereits deshalb anzuordnen, weil der Rücknahmebescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Er habe weder von dem Pflegedienst noch sonst Gelder erhalten, die er dem Antragsgegner verschwiegen habe. Welche Kassenbücher der Antragsgegner ausgewertet habe, habe er nicht erläutert. Abgesehen davon seien diese auch kein Beleg dafür, dass er das Geld tatsächlich erhalten habe. Ohne dass der Antragsgegner substantiiert dartue, zu welchem Zeitpunkt, an welchem Ort, von welcher Person und in welcher Stückelung er Zahlungen erhalten haben solle, könne er den angeblichen Geldfluss auch nicht substantiiert widerlegen. Ob der Pflegedienst Leistungen gegenüber dem Antragsgegner abgerechnet habe, die er nicht erbracht habe, sei ihm nicht bekannt. Rechtswidrig sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch deshalb, weil sein angeblich strafbares Verhalten bereits Bedingung für den Erlass des Aufhebungsbescheides sei und folglich nicht nochmals für die Anordnung der sofortigen Vollziehung herangezogen werden dürfe. Mit der Anordnung wolle der Antragsgegner den Antragsteller zudem bestrafen, was der verfassungsrechtlich geschützten Unschuldsvermutung widerspreche. Ihm dürfe kein Schaden entstehen, der nicht wiedergutzumachen sei, falls sich seine Unschuld herausstelle.
Der Antragsgegner hat seine Auffassung unter Verweisung auf den Schlussbericht des LKA verteidigt. Die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung lägen vor.
Mit Beschluss vom 1. November 2016, auf den Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht sowohl den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz als auch den auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Das Sozialgericht habe sich allein auf die Schlussfolgerungen anderer gestützt, eine eigene Prüfung der Sachlage aber nicht vorgenommen. Die angeblich in Kassenbüchern des Pflegedienstes ihm zugeordneten Zahlungen belegten schließlich keine tatsächlichen Geldzuflüsse an ihn. Die Eintragungen könnten auch zur Dokumentation von Betriebsausgaben gedient haben oder es seien die jeweils pro Patient ersparten Aufwendungen notiert worden.
Der Antragsteller beantragt,
1. den Beschluss des Sozialgerichts vom 1. November 2016 zu ändern,
2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. Oktober 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2016 anzuordnen,
3. die Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die einbehaltenen Beträge von 160,00 Euro auszuzahlen,
4. dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss und die von ihm getroffene Anordnung.
II.
Die Beschwerden sind hinsichtlich der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und der Beseitigung von Vollzugsfolgen in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang, hinsichtlich der über die Versagung von Prozesskostenhilfe in vollem Umfang begründet.
Die gerichtliche Überprüfung der Vollziehbarkeit des Bescheides vom 15. September 2016 richtet sich nach § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (Satz 2). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (Satz 3). Anträge (unter anderem) nach § 86a Abs. 1 SGG sind schon vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3).
Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. September 2016 hatte nach der gesetzlichen Grundregelung des § 86a Abs. 1 Satz SGG hinsichtlich aller darin enthaltenen Verfügungssätze aufschiebende Wirkung. Eine Vorschrift, die abweichend davon die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes entfallen ließe, ist nicht ersichtlich. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG kommt nicht zur Anwendung, weil kein Bundesgesetz existiert, welches das Entfallen der aufschiebenden Wirkung für einen oder mehrere der in dem Bescheid vom 15. September 2016 getroffenen Verfügungen anordnen würde. Im Besonderen enthält das SGB XII keine dem § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) vergleichbare Regelung für Verwaltungsakte, die Leistungen aufheben, zurücknehmen, widerrufen oder entziehen oder eine Pflichtverletzung und eine Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen.
Der Antragsgegner ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass er die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides vom 15. September 2016 nur durch eine Anordnung auf der Grundlage des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG herstellen konnte. Nach dieser Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.
Nach dem ersten Satzteil des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG ist materielle Voraussetzung für eine Anordnung ein "Fall", in dem "die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist." Zur Bejahung eines öffentlichen Interesses reicht das allgemeine, den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigende Interesse nicht aus, zumal die Behörde nach dem letzten Satzteil der Vorschrift verpflichtet ist, ein "besonderes" Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu begründen.
Die nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage ist eine Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]) und damit ein "fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses" (siehe für die Parallelregelung der Verwaltungsgerichtsordnung BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93f. m.w.N.). Von Verfassungswegen ist die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe zwar nicht schlechthin gewährleistet. Der Rechtsschutzanspruch ist aber umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Im Rahmen der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug und dem privaten Interesse des Bürgers an der Aufrechterhaltung des Suspensiveffekts eines Rechtsbehelfs können dessen Erfolgsaussichten Berücksichtigung finden (BVerfG, Beschluss vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 -, NVwZ 1996, 58ff.). Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Sozialhilfe keine gesetzlichen Ausnahmen zur Regelwirkung des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geschaffen hat. Anders als für den Bereich des SGB II (dort § 39 Nr. 1), die Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch/ Drittes Buch (dort § 336a Satz 2 i.V. mit § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG) und den Bereich der Sozialversicherung (§ 86a Satz 2 Nr. 3 SGG) ist ein Sofortvollzug kraft Gesetzes hier bereits für Verwaltungsakte nicht vorgesehen, welche die Beseitigung einer Leistungsbewilligung verfügen. In keinem der drei genannten Fälle ist der Sofortvollzug im Übrigen für die - gesondert neben der Verwaltungsentscheidung über die Beseitigung der Leistungsbewilligung stehenden - Verwaltungsakte vorgesehen, die einen Erstattungsanspruch festsetzen (für den Bereich des SGB II war diese Wirkung durch die Änderung des § 39 Nr. 1 mit Wirkung ab 1. Januar 2009 ausdrücklich beabsichtigt, siehe BT-Dr. 16/10810, 50).
Im vorliegenden Fall kann ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug auch nur eines der Verfügungssätze des Bescheides vom 15. September 2016 unabhängig davon nicht erkannt werden, ob sich dieser Bescheid im Ergebnis als rechtmäßig erweist. Das Risiko der Uneinbringlichkeit einer aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folgenden Erstattungsforderung besteht bei Personen, die wie der Antragsteller laufend existenzsichernde Leistungen beziehen, im Regelfall. Ein Grund, der den Sofortvollzug zur Sicherung eines etwaigen Erstattungsanspruchs rechtfertigen könnte, ist nicht dargelegt. Indem der Antragsgegner den Weg der Aufrechnung mit einer laufenden Leistung nach § 26 Abs. 2 SGB XII wählt, um wenigstens einen Teil der nach seiner Ansicht bestehenden Erstattungsforderung zu erlangen, gibt er selbst zu erkennen, dass er eine reguläre Vollstreckung aus einem (Aufhebungs- und) Erstattungsbescheid speziell mangels pfändungsfähigen Vermögens nicht als erfolgversprechend ansieht (und damit letztlich auch, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Antragsteller Ersparnisse aus den streitigen "Kick-back-Zahlungen" verblieben sind). Die Absenkung einer laufenden Leistung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB XII kann grundsätzlich auch noch nach Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wirksam werden. Es ist auch davon auszugehen, dass der Antragsteller auf unabsehbare Dauer im Leistungsbezug steht. Aus dem Lebensalter des Antragstellers kann sich kein besonderes Interesse an einem Sofortvollzug ergeben, denn der gesetzliche Regelfall des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG betrifft einschränkungslos auch Leistungen, die - wie die Grundsicherung nach dem SGB XII - auch noch in fortgeschrittenem Lebensalter in Anspruch genommen werden können.
Generalpräventive Gründe können allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen einen Sofortvollzug rechtfertigen, die sich aus den Ausführungen des Antragsgegners nicht ergeben. Eine beabsichtigte "Abschreckungswirkung" reicht in keinem Fall aus (s. in diesem Zusammenhang ausführlich BVerfG, Beschluss vom 8. November 2010 - 1 BvR 722/10 -, BVerfGK 18, 180ff).
Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, ob sich der Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2016 voraussichtlich als rechtmäßig erweisen würde. Vorsorglich weist der Senat aber darauf hin, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens bezüglich dieses Bescheides derzeit offen erscheint.
Die Aufhebung einer Leistungsbewilligung auf der Grundlage der §§ 45, 48 SGB X setzt voraus, dass sie entweder von Anfang rechtswidrig war oder es nachträglich geworden ist. Der Antragsgegner sieht den die Rechtswidrigkeit begründenden Umstand darin, dass der Antragsteller in Gestalt sogenannter "Kick-back-Zahlungen" seitens des Pflegedienstes Einkünfte erzielt habe, welches als Einkommen den sozialhilferechtlichen Bedarf gemindert und damit geringere als die durch die aufgehobenen Leistungsbescheide zuerkannten Ansprüche auf Grundsicherung begründet hätten.
Es steht nicht in Frage, dass der Antragsteller im gesamten Aufhebungszeitraum aufgrund seines Lebensalters zum Kreis derjenigen gehörte, welche dem Grunde nach als Leistungsberechtigte der Grundsicherung in Betracht kommen (§ 41 Abs. 2 und 3 SGB XII). Ob und in welchem Umfang ein zahlbarer Leistungsanspruch besteht, hängt davon ab, ob Leistungsberechtigte ihren - sich nach §§ 41 SGB XII bestimmenden - notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 43 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Wenn zugunsten des Antragsgegners unterstellt wird, dass der Antragsteller von dem Pflegedienst Geldzahlungen in dem Umfang tatsächlich erhalten hat, wie er sich aus der Anlage zu dem Bescheid vom 15. September 2016 ergibt, so ist dies nicht ohne Weiteres gleichbedeutend damit, dass es sich um Einkommen im Sinne des Gesetzes handelt. Vielmehr tritt insoweit eine Auslegungsfrage auf, die jedenfalls für den Bereich der Sozialhilfe noch nicht abschließend geklärt erscheint. Sie folgt daraus, dass das Bundessozialgericht (BSG) zum Recht der Arbeitslosenhilfe, in dem ein mit dem Sozialhilferecht im Wesentlichen identischer Einkommensbegriff galt (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung, § 194 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung), in einem Urteil vom 6. April 2000 - B 11 AL 31/99 R -, in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 3-4100 § 137 Nr. 12 ausgeführt hat, dass ein durch eine Straftat (dort: Veruntreuung) erlangtes Einkommen jedenfalls dann nicht anrechenbar ist, wenn eine - zivilrechtliche - Rückzahlungspflicht des Leistungsberechtigten an den Geschädigten von vornherein feststeht (unter 1 c der Entscheidungsgründe; dies in Abgrenzung zu der dort zitierten Rechtsprechung).
Gerade dann, wenn die Annahme des Antragsgegners zutrifft, dass der Antragsteller Einkünfte durch strafbare Handlungen (konkret: Betrug zum Nachteil der Pflegekasse und des Antragsgegners in Mittäterschaft mit Mitarbeitern oder Verantwortlichen des Pflegedienstes oder in Beihilfe, §§ 263, 25 Abs. 2, 27 Strafgesetzbuch [StGB]) erlangt hat, müsste eine Rückzahlungspflicht gegenüber der Pflegekasse und dem Antragsgegner als feststehend angenommen werden, wobei offen bleiben kann, mit welchen rechtlichen Mitteln sie diese durchsetzen könnten (siehe in diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 P 6/06 R -, SozR 4-3300 § 23 Nr. 6 für Versicherungsunternehmen).
Die Rechtslage erweist sich vor diesem Hintergrund für den Bereich der Sozialhilfe zumindest als klärungsbedürftig, insbesondere weil aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des SGB XII nur Instanzrechtsprechung mit unterschiedlichem Ergebnissen ersichtlich ist (siehe einerseits etwa OVG Berlin , Urteil vom 9. März 1967 - VI B 23.66 -, FEVS 15, 20 [vollständig nur dort, in "juris" lediglich mit Leitsatz dokumentiert]: Eine wenigstens der Sache nach vom Sozialhilfeträger aufgestellte Forderung an Hilfebedürftige, unrechtmäßig erworbene Mittel zur Beschaffung des Lebensbedarfs einzusetzen, werde von der Rechtsordnung nicht gebilligt; anderer Auffassung VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 20. August 2003 - 3 G 3283/03 -, dokumentiert in "juris").
Wenn dagegen zugunsten des Antragsgegners unterstellt wird, dass die Rechtslage im Sinne seiner Rechtsauffassung geklärt wäre, so kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls nicht als hinreichend belegt angesehen werden, dass der Antragsteller Zahlungen in dem vom Antragsgegner behaupteten Umfang zum jeweiligen Zeitpunkt tatsächlich erhalten hat. Nur Geld oder geldwerte Mittel, die in einem Bedarfszeitraum tatsächlich zugeflossen sind, können aber als Einkommen bedarfsmindernd oder -ausschließend wirken (s. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 35/07 R -, SozR 4-3500 § 82 Nr. 5).
Vorsorglich weist der Senat jedoch darauf hin, dass die vorstehenden Ausführungen die Entscheidung in der Hauptsache nicht zugunsten des Antragstellers präjudizieren. Je nachdem, welcher Sachverhalt sich als rechtlich entscheidungserheblich ergeben wird, kann es im Besonderen zu einer Beweislastumkehr zu seinen Lasten kommen, falls Vorgänge nicht aufklärbar sein sollten, die in seiner persönlichen Sphäre oder in seiner Verantwortungssphäre liegen (s. dazu etwa BSG, Urteil vom 1. Juni 2016 - B 4 AS 41/15 R -, juris Rn. 30). Die Aufhebung der Vollziehung (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG) war mit Blick darauf anzuordnen, dass die vom Antragsgegner einbehaltenen Beträge - wie ausgeführt - einen Teil der zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums gehörenden materiellen Mittel darstellen. Die zeitliche Begrenzung folgt daraus, dass ein Aussetzungsinteresse erst durch die Einlegung des Rechtsbehelfs gegen die Anordnung des Sofortvollzugs dokumentiert wird.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten für das Verfahren erster Instanz lagen vor. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, bestand im Besonderen auch eine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Prozesskostenhilfe war in gleicher Weise für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zu bewilligen. Die der Sache nach gleichfalls beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe kam dagegen bereits deshalb nicht in Betracht, weil unter "Prozessführung" im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO nur das eigentliche Streitverfahren, nicht das Verfahren über die Prüfung der Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe zu verstehen ist (BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 1984 - VIII 298/83 und vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03).
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend die Versagung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten auf § 193 SGG analog.
Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid, mit dem Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (im Folgenden: GruSi) nach dem Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) teilweise zurückgenommen und die Aufrechnung des Erstattungsbetrages mit einem Teil der laufenden GruSi-Leistungen verfügt sowie die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist.
Der 1947 geborene Antragsteller bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine Altersrente in Höhe von aktuell 519,46 Euro netto. Der Antragsgegner gewährte und gewährt ihm seit Oktober 2012 mit jeweils bestandskräftig gewordenen Bescheiden laufende Leistungen der GruSi, zuletzt mit Bescheid vom 9. August 2016 für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2016. Als bedarfsminderndes Einkommen wurde jeweils nur der Zahlbetrag der Rente berücksichtigt. Betreffend den Zeitraum Oktober 2012 bis einschließlich Februar 2015 ergaben sich monatliche Zahlbeträge von 998,11 Euro bis 467,67 Euro, insgesamt nach der Berechnung des Antragsgegners in Höhe von 15.232,97 Euro.
Von Juni 2012 bis Januar 2016 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller auch ergänzende Hilfen zur Pflege für die Inanspruchnahme ambulanter Hilfen zur Pflege neben Leistungen der AOK-Pflegekasse. Der Antragsteller hatte einen Pflegevertrag mit dem ambulanten Pflegedienst "M GmbH" (im Folgenden: Pflegedienst) geschlossen.
Im März 2015 kam es im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume des Pflegedienstes und zur Beschlagnahme von Unterlagen. Anlass waren Strafanzeigen unter anderem des Antragsgegners wegen des Verdachts des Betrugs zu Lasten von Sozialleistungsträgern durch Abrechnung von Pflegeleistungen, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Leistungsberechtigte sollen hieran beteiligt gewesen sein, indem sie die vom Pflegedienst abgerechneten Pflegeeinsätze als erbracht bestätigten und im Gegenzug dafür Zahlungen - sogenannte Kick-backs - erhielten.
Nach dem Schlussbericht des Polizeipräsidenten von Berlin - Landeskriminalamt (LKA) - vom 30. Oktober 2015 war der Antragsteller in Kassenbüchern des Pflegedienstes als regelmäßiger Empfänger von Zahlungen aufgeführt, deren Summe für den Zeitraum 12. April 2011 bis 11. März 2015 mit 15.345,00 Euro angegeben ist. Daraufhin hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 3. März 2016 dahingehend an, dass er beabsichtige, die Entscheidungen über die Leistungsbewilligungen der GruSi für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis einschließlich Februar 2015 in Höhe von insgesamt 15.230,00 Euro aufzuheben und diesen Betrag zurückzufordern.
Der Antragsteller erwiderte hierauf, er habe keine Zahlungen erhalten.
Mit Bescheid vom 15. September 2016 nahm der Antragsgegner die Leistungsbewilligungen der GruSi für die Monate Oktober 2012, Dezember 2012, Januar 2013 bis Februar 2013 und April 2013 bis Februar 2015 insoweit zurück, als dort Einkünfte in Höhe von monatlich zwischen 165,00 Euro und 1.525,00 Euro nicht angerechnet worden seien. Er forderte einen Betrag in Höhe von insgesamt 11.141,30 Euro zurück und verfügte eine Aufrechnung des Erstattungsanspruchs auf die Grundsicherung für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 31. Oktober 2019 in Höhe von 80,00 Euro monatlich. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, in der die Zahlbeträge der GruSi für den Rücknahmezeitraum sowie die – vom Antragsgegner angenommenen – "Kick-back-Zahlungen" monatsweise aufgeführt sind. Zur Begründung der Entscheidung über die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligungen führte der Antragsgegner aus, diese seien bereits von Anfang an rechtswidrig gewesen und von daher auf der Grundlage des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) zurückzunehmen. Nach Auswertung der ihm vorliegenden Kassenbücher habe der Antragsteller regelmäßig Zahlungen von dem Pflegedienst erhalten. Diese seien, auch wenn sie auf deliktischem Handeln beruhten, als Einkommen zu berücksichtigen. Die Bewilligungen seien mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil sie auf Angaben beruhten, welche der Antragsteller zumindest grob fahrlässig unrichtig gemacht habe. Ermessenserwägungen, welche der Rücknahme entgegenstünden, gebe es nicht (wird ausgeführt).
Zur Begründung der Aufrechnungsentscheidung führte der Antragsgegner aus, er habe sich insoweit davon leiten lassen, dass die zu Unrecht empfangenen Leistungen der öffentlichen Hand wieder zugeführt werden sollten, um für die Vergabe an bedürftige Personen zur Verfügung zu stehen. Auch der Gedanke der Schadenswiedergutmachung rechtfertige es, bereits jetzt nach Kräften Erstattungsleistungen zu verlangen. Bei der Bemessung der Aufrechnung sei berücksichtigt worden, dass das zum Lebensunterhalt Unerlässliche in Höhe von 80 vom Hundert des Regelsatzes verbleibe.
Als "Nebenentscheidung" ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung aller getroffenen Verfügungen an, wobei diese Anordnung einschließlich ihrer Begründung im Anschluss an die Begründung und die Rechtsbehelfsbelehrung zu den unter der Überschrift "Bescheid" in dem Schreiben vom 15. September 2016 getroffenen Verfügungen erfolgte. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ein gewichtiges Interesse bestehe, weil anderenfalls die Realisierung des Erstattungsanspruchs ernsthaft gefährdet werde. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers sei damit zu rechnen, dass dieser bei einstweiliger Leistungsgewährung in ungeminderter Höhe die dadurch erlangten Mittel verbrauchen werde. Es erscheine daher ausgeschlossen, dass er in der Lage sein werde, die zugeflossenen und verschwiegenen Kick-back-Zahlungen nach einem voraussichtlich langwierigen Rechtsschutzverfahren zu erstatten. Folge sei, dass der Antragsgegner trotz einer rechtmäßigen Verwaltungsentscheidung belastet bliebe. Weiter seien die finanziellen Vorteile, welche durch den Bescheid korrigiert würden, durch deliktisches Handeln erlangt worden. Angesichts dieses grob rechtswidrigen Verhaltens bestehe kein berechtigtes Interesse daran, mit dem Ausgleich des Schadens erst nach dem Ende des Rechtsmittelverfahrens zu beginnen. Darüber hinaus müsse der Gefahr entgegen gewirkt werden, dass der Antragsteller mit einem neuen Pflegedienst in vergleichbarer Weise zulasten des Sozialhilfeträgers zusammenwirke oder dass er ein Zuwarten möglicherweise dahin missverstehe, dass die Erschleichung öffentlicher Hilfeleistungen als Fehlverhalten minderen Ausmaßes anzusehen sei. Ausnahmsweise müssten angesichts der enormen Dimension des Fehlverhaltens des Pflegedienstes im Zusammenwirken mit zahlreichen Leistungsempfängern/innen auch generalpräventive Erwägungen in Ansatz gebracht werden. Das Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Weitergewährung der ungekürzten Leistung trete demgegenüber zurück, zumal ihm ausreichende Mittel zur Bedarfsdeckung verblieben.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Oktober 2016 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Am 4. Oktober 2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragstellers vom 15. September 2016 und die Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung (Aufrechnung) begehrt. Die aufschiebende Wirkung sei bereits deshalb anzuordnen, weil der Rücknahmebescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Er habe weder von dem Pflegedienst noch sonst Gelder erhalten, die er dem Antragsgegner verschwiegen habe. Welche Kassenbücher der Antragsgegner ausgewertet habe, habe er nicht erläutert. Abgesehen davon seien diese auch kein Beleg dafür, dass er das Geld tatsächlich erhalten habe. Ohne dass der Antragsgegner substantiiert dartue, zu welchem Zeitpunkt, an welchem Ort, von welcher Person und in welcher Stückelung er Zahlungen erhalten haben solle, könne er den angeblichen Geldfluss auch nicht substantiiert widerlegen. Ob der Pflegedienst Leistungen gegenüber dem Antragsgegner abgerechnet habe, die er nicht erbracht habe, sei ihm nicht bekannt. Rechtswidrig sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch deshalb, weil sein angeblich strafbares Verhalten bereits Bedingung für den Erlass des Aufhebungsbescheides sei und folglich nicht nochmals für die Anordnung der sofortigen Vollziehung herangezogen werden dürfe. Mit der Anordnung wolle der Antragsgegner den Antragsteller zudem bestrafen, was der verfassungsrechtlich geschützten Unschuldsvermutung widerspreche. Ihm dürfe kein Schaden entstehen, der nicht wiedergutzumachen sei, falls sich seine Unschuld herausstelle.
Der Antragsgegner hat seine Auffassung unter Verweisung auf den Schlussbericht des LKA verteidigt. Die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung lägen vor.
Mit Beschluss vom 1. November 2016, auf den Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht sowohl den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz als auch den auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Das Sozialgericht habe sich allein auf die Schlussfolgerungen anderer gestützt, eine eigene Prüfung der Sachlage aber nicht vorgenommen. Die angeblich in Kassenbüchern des Pflegedienstes ihm zugeordneten Zahlungen belegten schließlich keine tatsächlichen Geldzuflüsse an ihn. Die Eintragungen könnten auch zur Dokumentation von Betriebsausgaben gedient haben oder es seien die jeweils pro Patient ersparten Aufwendungen notiert worden.
Der Antragsteller beantragt,
1. den Beschluss des Sozialgerichts vom 1. November 2016 zu ändern,
2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. Oktober 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2016 anzuordnen,
3. die Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die einbehaltenen Beträge von 160,00 Euro auszuzahlen,
4. dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss und die von ihm getroffene Anordnung.
II.
Die Beschwerden sind hinsichtlich der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung und der Beseitigung von Vollzugsfolgen in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang, hinsichtlich der über die Versagung von Prozesskostenhilfe in vollem Umfang begründet.
Die gerichtliche Überprüfung der Vollziehbarkeit des Bescheides vom 15. September 2016 richtet sich nach § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (Satz 2). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (Satz 3). Anträge (unter anderem) nach § 86a Abs. 1 SGG sind schon vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3).
Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. September 2016 hatte nach der gesetzlichen Grundregelung des § 86a Abs. 1 Satz SGG hinsichtlich aller darin enthaltenen Verfügungssätze aufschiebende Wirkung. Eine Vorschrift, die abweichend davon die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes entfallen ließe, ist nicht ersichtlich. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG kommt nicht zur Anwendung, weil kein Bundesgesetz existiert, welches das Entfallen der aufschiebenden Wirkung für einen oder mehrere der in dem Bescheid vom 15. September 2016 getroffenen Verfügungen anordnen würde. Im Besonderen enthält das SGB XII keine dem § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) vergleichbare Regelung für Verwaltungsakte, die Leistungen aufheben, zurücknehmen, widerrufen oder entziehen oder eine Pflichtverletzung und eine Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen.
Der Antragsgegner ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass er die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides vom 15. September 2016 nur durch eine Anordnung auf der Grundlage des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG herstellen konnte. Nach dieser Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.
Nach dem ersten Satzteil des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG ist materielle Voraussetzung für eine Anordnung ein "Fall", in dem "die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist." Zur Bejahung eines öffentlichen Interesses reicht das allgemeine, den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigende Interesse nicht aus, zumal die Behörde nach dem letzten Satzteil der Vorschrift verpflichtet ist, ein "besonderes" Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu begründen.
Die nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage ist eine Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]) und damit ein "fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses" (siehe für die Parallelregelung der Verwaltungsgerichtsordnung BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93f. m.w.N.). Von Verfassungswegen ist die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe zwar nicht schlechthin gewährleistet. Der Rechtsschutzanspruch ist aber umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Im Rahmen der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug und dem privaten Interesse des Bürgers an der Aufrechterhaltung des Suspensiveffekts eines Rechtsbehelfs können dessen Erfolgsaussichten Berücksichtigung finden (BVerfG, Beschluss vom 12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 -, NVwZ 1996, 58ff.). Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Sozialhilfe keine gesetzlichen Ausnahmen zur Regelwirkung des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geschaffen hat. Anders als für den Bereich des SGB II (dort § 39 Nr. 1), die Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch/ Drittes Buch (dort § 336a Satz 2 i.V. mit § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG) und den Bereich der Sozialversicherung (§ 86a Satz 2 Nr. 3 SGG) ist ein Sofortvollzug kraft Gesetzes hier bereits für Verwaltungsakte nicht vorgesehen, welche die Beseitigung einer Leistungsbewilligung verfügen. In keinem der drei genannten Fälle ist der Sofortvollzug im Übrigen für die - gesondert neben der Verwaltungsentscheidung über die Beseitigung der Leistungsbewilligung stehenden - Verwaltungsakte vorgesehen, die einen Erstattungsanspruch festsetzen (für den Bereich des SGB II war diese Wirkung durch die Änderung des § 39 Nr. 1 mit Wirkung ab 1. Januar 2009 ausdrücklich beabsichtigt, siehe BT-Dr. 16/10810, 50).
Im vorliegenden Fall kann ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug auch nur eines der Verfügungssätze des Bescheides vom 15. September 2016 unabhängig davon nicht erkannt werden, ob sich dieser Bescheid im Ergebnis als rechtmäßig erweist. Das Risiko der Uneinbringlichkeit einer aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folgenden Erstattungsforderung besteht bei Personen, die wie der Antragsteller laufend existenzsichernde Leistungen beziehen, im Regelfall. Ein Grund, der den Sofortvollzug zur Sicherung eines etwaigen Erstattungsanspruchs rechtfertigen könnte, ist nicht dargelegt. Indem der Antragsgegner den Weg der Aufrechnung mit einer laufenden Leistung nach § 26 Abs. 2 SGB XII wählt, um wenigstens einen Teil der nach seiner Ansicht bestehenden Erstattungsforderung zu erlangen, gibt er selbst zu erkennen, dass er eine reguläre Vollstreckung aus einem (Aufhebungs- und) Erstattungsbescheid speziell mangels pfändungsfähigen Vermögens nicht als erfolgversprechend ansieht (und damit letztlich auch, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Antragsteller Ersparnisse aus den streitigen "Kick-back-Zahlungen" verblieben sind). Die Absenkung einer laufenden Leistung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 SGB XII kann grundsätzlich auch noch nach Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wirksam werden. Es ist auch davon auszugehen, dass der Antragsteller auf unabsehbare Dauer im Leistungsbezug steht. Aus dem Lebensalter des Antragstellers kann sich kein besonderes Interesse an einem Sofortvollzug ergeben, denn der gesetzliche Regelfall des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG betrifft einschränkungslos auch Leistungen, die - wie die Grundsicherung nach dem SGB XII - auch noch in fortgeschrittenem Lebensalter in Anspruch genommen werden können.
Generalpräventive Gründe können allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen einen Sofortvollzug rechtfertigen, die sich aus den Ausführungen des Antragsgegners nicht ergeben. Eine beabsichtigte "Abschreckungswirkung" reicht in keinem Fall aus (s. in diesem Zusammenhang ausführlich BVerfG, Beschluss vom 8. November 2010 - 1 BvR 722/10 -, BVerfGK 18, 180ff).
Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, ob sich der Bescheid des Antragsgegners vom 15. September 2016 voraussichtlich als rechtmäßig erweisen würde. Vorsorglich weist der Senat aber darauf hin, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens bezüglich dieses Bescheides derzeit offen erscheint.
Die Aufhebung einer Leistungsbewilligung auf der Grundlage der §§ 45, 48 SGB X setzt voraus, dass sie entweder von Anfang rechtswidrig war oder es nachträglich geworden ist. Der Antragsgegner sieht den die Rechtswidrigkeit begründenden Umstand darin, dass der Antragsteller in Gestalt sogenannter "Kick-back-Zahlungen" seitens des Pflegedienstes Einkünfte erzielt habe, welches als Einkommen den sozialhilferechtlichen Bedarf gemindert und damit geringere als die durch die aufgehobenen Leistungsbescheide zuerkannten Ansprüche auf Grundsicherung begründet hätten.
Es steht nicht in Frage, dass der Antragsteller im gesamten Aufhebungszeitraum aufgrund seines Lebensalters zum Kreis derjenigen gehörte, welche dem Grunde nach als Leistungsberechtigte der Grundsicherung in Betracht kommen (§ 41 Abs. 2 und 3 SGB XII). Ob und in welchem Umfang ein zahlbarer Leistungsanspruch besteht, hängt davon ab, ob Leistungsberechtigte ihren - sich nach §§ 41 SGB XII bestimmenden - notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII). Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 43 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Wenn zugunsten des Antragsgegners unterstellt wird, dass der Antragsteller von dem Pflegedienst Geldzahlungen in dem Umfang tatsächlich erhalten hat, wie er sich aus der Anlage zu dem Bescheid vom 15. September 2016 ergibt, so ist dies nicht ohne Weiteres gleichbedeutend damit, dass es sich um Einkommen im Sinne des Gesetzes handelt. Vielmehr tritt insoweit eine Auslegungsfrage auf, die jedenfalls für den Bereich der Sozialhilfe noch nicht abschließend geklärt erscheint. Sie folgt daraus, dass das Bundessozialgericht (BSG) zum Recht der Arbeitslosenhilfe, in dem ein mit dem Sozialhilferecht im Wesentlichen identischer Einkommensbegriff galt (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung, § 194 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung), in einem Urteil vom 6. April 2000 - B 11 AL 31/99 R -, in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 3-4100 § 137 Nr. 12 ausgeführt hat, dass ein durch eine Straftat (dort: Veruntreuung) erlangtes Einkommen jedenfalls dann nicht anrechenbar ist, wenn eine - zivilrechtliche - Rückzahlungspflicht des Leistungsberechtigten an den Geschädigten von vornherein feststeht (unter 1 c der Entscheidungsgründe; dies in Abgrenzung zu der dort zitierten Rechtsprechung).
Gerade dann, wenn die Annahme des Antragsgegners zutrifft, dass der Antragsteller Einkünfte durch strafbare Handlungen (konkret: Betrug zum Nachteil der Pflegekasse und des Antragsgegners in Mittäterschaft mit Mitarbeitern oder Verantwortlichen des Pflegedienstes oder in Beihilfe, §§ 263, 25 Abs. 2, 27 Strafgesetzbuch [StGB]) erlangt hat, müsste eine Rückzahlungspflicht gegenüber der Pflegekasse und dem Antragsgegner als feststehend angenommen werden, wobei offen bleiben kann, mit welchen rechtlichen Mitteln sie diese durchsetzen könnten (siehe in diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 19. April 2007 - B 3 P 6/06 R -, SozR 4-3300 § 23 Nr. 6 für Versicherungsunternehmen).
Die Rechtslage erweist sich vor diesem Hintergrund für den Bereich der Sozialhilfe zumindest als klärungsbedürftig, insbesondere weil aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des SGB XII nur Instanzrechtsprechung mit unterschiedlichem Ergebnissen ersichtlich ist (siehe einerseits etwa OVG Berlin , Urteil vom 9. März 1967 - VI B 23.66 -, FEVS 15, 20 [vollständig nur dort, in "juris" lediglich mit Leitsatz dokumentiert]: Eine wenigstens der Sache nach vom Sozialhilfeträger aufgestellte Forderung an Hilfebedürftige, unrechtmäßig erworbene Mittel zur Beschaffung des Lebensbedarfs einzusetzen, werde von der Rechtsordnung nicht gebilligt; anderer Auffassung VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 20. August 2003 - 3 G 3283/03 -, dokumentiert in "juris").
Wenn dagegen zugunsten des Antragsgegners unterstellt wird, dass die Rechtslage im Sinne seiner Rechtsauffassung geklärt wäre, so kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls nicht als hinreichend belegt angesehen werden, dass der Antragsteller Zahlungen in dem vom Antragsgegner behaupteten Umfang zum jeweiligen Zeitpunkt tatsächlich erhalten hat. Nur Geld oder geldwerte Mittel, die in einem Bedarfszeitraum tatsächlich zugeflossen sind, können aber als Einkommen bedarfsmindernd oder -ausschließend wirken (s. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 35/07 R -, SozR 4-3500 § 82 Nr. 5).
Vorsorglich weist der Senat jedoch darauf hin, dass die vorstehenden Ausführungen die Entscheidung in der Hauptsache nicht zugunsten des Antragstellers präjudizieren. Je nachdem, welcher Sachverhalt sich als rechtlich entscheidungserheblich ergeben wird, kann es im Besonderen zu einer Beweislastumkehr zu seinen Lasten kommen, falls Vorgänge nicht aufklärbar sein sollten, die in seiner persönlichen Sphäre oder in seiner Verantwortungssphäre liegen (s. dazu etwa BSG, Urteil vom 1. Juni 2016 - B 4 AS 41/15 R -, juris Rn. 30). Die Aufhebung der Vollziehung (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG) war mit Blick darauf anzuordnen, dass die vom Antragsgegner einbehaltenen Beträge - wie ausgeführt - einen Teil der zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums gehörenden materiellen Mittel darstellen. Die zeitliche Begrenzung folgt daraus, dass ein Aussetzungsinteresse erst durch die Einlegung des Rechtsbehelfs gegen die Anordnung des Sofortvollzugs dokumentiert wird.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten für das Verfahren erster Instanz lagen vor. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, bestand im Besonderen auch eine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Prozesskostenhilfe war in gleicher Weise für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zu bewilligen. Die der Sache nach gleichfalls beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe kam dagegen bereits deshalb nicht in Betracht, weil unter "Prozessführung" im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO nur das eigentliche Streitverfahren, nicht das Verfahren über die Prüfung der Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe zu verstehen ist (BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 1984 - VIII 298/83 und vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03).
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend die Versagung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten auf § 193 SGG analog.
Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 177 SGG).
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