Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 291/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 492/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Anspruch eines Versicherten auf eine freiwillige Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld, falls der Versicherte bereits eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für den Kläger auf Grund der Wahlerklärung vom 20.02.2014 eine freiwillige Mitgliedschaft mit dem Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit durchzuführen hat.
Der 1948 geborene Kläger ist als Rechtsanwalt hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Der Kläger bezieht seit 01.07.2013 eine Regelaltersrente durch die Deutsche Rentenversicherung Bund. Eine berufsständische Versorgung erhält der Kläger nicht.
Er traf am 20.02.2014 die Wahlentscheidung auf Mitgliedschaft mit einem Anspruch auf KG ab Beginn der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit mit einem Beitrag in Höhe des allgemeinen Beitragssatzes. Dabei nutzte der Kläger das von der Beklagten mit Schreiben vom 20.02.2014 übersandte Formular. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 1 und 2 Beklagtenakte verwiesen.
Mit Bescheid vom 15.04.2014 lehnte die Beklagte den Antrag "auf Zuwahl" des Krankengeldes ab und wandte auf die vom Kläger bezogene Regelaltersrente den Ausschlusstatbestand des § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V an. Schließlich wurde nach zahlreichen telefonischen Kontakten und einem Austausch per E-Mail zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Beklagten mit weiterem Bescheid vom 23.04.2014 entschieden, "dass ein Anspruch auf Krankengeld ... nicht möglich" ist.
Gegen die Bescheide vom 15.04.2014 und vom 23.04.2014 legte der Kläger Widerspruch ein. In der Begründung verwies der Kläger u. a. darauf, dass sich aus einer vor kurzem vorgenommenen Status-Feststellung der Beklagten ergeben habe, dass seine Einkünfte als Anwalt die weiteren Einkünfte bei weitem übersteigen. Daher sei er nicht als Rentner, sondern als hauptberuflich Selbständiger eingestuft worden. Als solcher zahle er den Höchstbeitrag. Der Ausschlusstatbestand betreffe hingegen nur die Versicherten, die ausschließlich Rente beziehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Durch den Bezug der vollen Regelaltersrente neben der hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit sei der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V ausgeschlossen. Bei der Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V handele es sich nicht um einen zivilrechtlichen Vertrag, der durch Angebot und Annahme zustande komme. Das vom Kläger am 20.02.2014 ausgefüllte Antragsformular sei nach Eingang bei der Beklagten geprüft worden. Da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden, sei der Antrag abgelehnt worden.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben. Der Kläger hat dabei im Wesentlichen auf die Widerspruchsbegründung Bezug genommen. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 20.02.2014 ein verbindliches Angebot unterbreitet, das mit der Satzung der Beklagten in Übereinstimmung stehe. Die von ihm abgegebene Wahlerklärung stelle somit die Annahme eines Zusatzangebotes auf Hinzuversicherung des Krankengeldanspruches dar. Unter sozialrechtlichen Gesichtspunkten ergebe sich nichts anderes. Die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V sei abgegeben worden. Die Nr. 4 des § 44 Abs. 2 SGB V stelle keinen Ausschlusstatbestand gegenüber Ziffer 2 dar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 30.05.2006 - B 1 KR 14/05 R. Das Gesetz sei nach dieser Entscheidung geändert worden. Er sei auch von der Beklagten den hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen zugeordnet worden. Es liege keine Doppelleistung vor, wenn ein Teil des anwaltlichen Erwerbseinkommens ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit durch Krankengeld substituiert werde. Im Falle einer mehr als 6-wöchigen Arbeitsunfähigkeit stelle sich auch ein Einkommensverlust ein, der die Bezahlung des Höchstbeitrages nicht mehr möglich mache. Es liege ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Nach der Gesetzesauslegung durch die Beklagte wären nur erwerbstätige Rentner nicht mit Krankengeld versicherbar. Die Bezieher anderer Einkünfte (Kapitaleinkünfte, private Renten, Vermietereinkünfte etc.) wären hiervon nicht betroffen. Ein sachlicher Grund bestehe für diese Differenzierung nicht.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16.10.2014 die Klage abgewiesen. Neben dem Wahltarif bestehe für versicherte hauptberuflich selbständig Erwerbstätige - wie dem Kläger - ab 01.08.2009 grundsätzlich auch die Option, eine Erklärung gegenüber der Krankenkasse abzugeben, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (sog. Wahlerklärung, vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. d. F. des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften - BGBl. I 2009, 1990 ff., 2014). Eine derartige Wahlerklärung habe der Kläger auch abgegeben. Vorliegend würde jedoch der Ausschlusstatbestand des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V greifen. Dieser gelte auch für den hauptberuflich selbständig erwerbstätigen Kläger. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet für Versicherte, die (u. a.) Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Es könne nicht rechtmäßig sein, dass nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V dem Kläger die Hinzuversicherung des Krankengeldes eingeräumt werde und dieses ihm gleich wieder über § 50 Abs. 1 SGB V genommen werde. Auch die Entscheidung des BSG vom 30.5.2006 - B 1 KR 14/05 R - greife im vorliegenden Fall nicht, da beim Kläger gerade kein Fall der Doppelversorgung vorliegen würde.
Der Kläger beantragt sinngemäß mit Schriftsatz vom 21.11.2014,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16.10.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 15.04.2014 sowie vom 23.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auf der Grundlage der Wahlerklärung vom 20.02.2014 für den Kläger eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Entscheidungsründe des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 16.10.2014, sowie ergänzend darauf, dass § 44 SGB V regle, wer grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld hat, während § 50 SGB V die speziellen Rechtsfolgen beim zeitlichen Zusammentreffen von Krankengeld und Rente regle.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Durchführung einer freiwilligen Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit hat.
1. Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 1. Fall SGB V). Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V haben hauptberuflich selbständig Erwerbstätige - wie der Kläger - grundsätzlich keinen Anspruch auf Krankengeld, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld mitumfassen soll. Neben dem Wahltarif besteht somit für versicherte hauptberuflich selbständig Erwerbstätige ab 01.08.2009 grundsätzlich auch die Option, eine Erklärung gegenüber der Krankenkasse abzugeben, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (sog. Wahlerklärung i. d. F. des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften - BGBl. I 2009, 1990 ff., 2014). Der Kläger hat diese Wahlerklärung unstreitig gegenüber der Beklagten abgegeben.
2. Der Kläger hat jedoch gegenüber Beklagten keinen Anspruch auf Durchführung einer freiwilligen Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit, weil ein solcher Anspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V wegen des Bezugs der Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist. Der Rentenbezug steht auf Grund der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten fest.
Der Ausschluss folgt vorliegend aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck des § 50 SGB V und steht mit dem Grundgesetz in Einklang (im Einzelnen dazu bereits BSG, Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 14/05 R).
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet für Versicherte, die eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an. Diese Ausschlussvorschrift bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf alle Tatbestände, die dem Grunde nach einen Krankengeldanspruch begründen. Das bedeutet, dass ein Versicherter, solange er auch nur eine der in Abs. 1 Nr. 1 bis 5 abschließend genannten, nicht analogiefähigen (BSG, SozR 3-2500, § 50 Nr. 1, 1/2; BSG, NZS 1996, 523) Leistungen beanspruchen kann und diese auch bewilligt sind, keinen Anspruch auf Krankengeld mehr hat (BSG, NZS 1995, 414/416). Nichts anderes ergibt die Entstehungsgeschichte. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein zeitlich deckungsgleicher Bezug mehrerer Lohnersatzleistungen sozialpolitisch nicht sinnvoll ist. Um den gleichzeitigen Bezug von Leistungen i.S. von § 50 Abs.1 SGB V und von Krankengeld zu vermeiden, waren Änderungen der Überschrift und des Wortlauts von § 50 SGB V erforderlich. Danach wird de lege lata jeglicher Krankengeldbezug neben den in § 50 Abs. 1 SGB V genannten Leistungen ausgeschlossen (so die Begründung im Gesetzentwurf eines 3. SGB V-ÄndG der Bundesregierung, BT-Drucks 13/340 S 9 zu Nr. 2).
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die "Wahlmöglichkeit" auf gesetzliches Krankengeld erst im Jahre 2009 in Kraft trat. Hätte der Gesetzgeber hauptberuflich Selbständige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, von dem Ausschlusstatbestand des § 50 SGB V ausnehmen wollen, so wäre diesbezüglich eine Änderung der Vorschrift notwendig gewesen.
Verfassungsrechtlich bestehen gegen diese Auslegung des § 50 SGB V keine Bedenken. Insbesondere sind Regelungen, die eine Doppelversorgung mit Leistungen gleicher Zweckbestimmung verhindern sollen, unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so BSG, Urteil vom 30.05.2006 - B 1 KR 14/05 R unter Bezugnahme auf BVerfGE 53, 313, 331 = SozR 4100 § 168 Nr. 12; vgl. auch BSG Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 33/03 R Rn. 20, 25 m.w.N.).
3. Schließlich ist vorliegend auch durch die Übersendung der Formulare zur Wahlerklärung vom 20.02.2014 durch die Beklagte und die Zurücksendung des ausgefüllten Formulars durch den Kläger kein vertraglicher Rechtsanspruch des Klägers erwachsen. Die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V ist grundsätzlich eine einseitige öffentlich-rechtliche Willenserklärung für die keine bestimmte Form vorgeschrieben ist. Diese ist auch von der Krankenkasse bei Empfang umzusetzen und die bestehende Mitgliedschaft um den KrG-Anspruch zu erweitern (KassKomm/Brandts SGB V § 44 Rn. 68). Voraussetzung ist jedoch, dass die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind. Dies ist hier nicht gegeben, weil der Ausschlusstatbestand des § 50 SGB V vorliegt.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für den Kläger auf Grund der Wahlerklärung vom 20.02.2014 eine freiwillige Mitgliedschaft mit dem Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit durchzuführen hat.
Der 1948 geborene Kläger ist als Rechtsanwalt hauptberuflich selbständig erwerbstätig. Der Kläger bezieht seit 01.07.2013 eine Regelaltersrente durch die Deutsche Rentenversicherung Bund. Eine berufsständische Versorgung erhält der Kläger nicht.
Er traf am 20.02.2014 die Wahlentscheidung auf Mitgliedschaft mit einem Anspruch auf KG ab Beginn der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit mit einem Beitrag in Höhe des allgemeinen Beitragssatzes. Dabei nutzte der Kläger das von der Beklagten mit Schreiben vom 20.02.2014 übersandte Formular. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 1 und 2 Beklagtenakte verwiesen.
Mit Bescheid vom 15.04.2014 lehnte die Beklagte den Antrag "auf Zuwahl" des Krankengeldes ab und wandte auf die vom Kläger bezogene Regelaltersrente den Ausschlusstatbestand des § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V an. Schließlich wurde nach zahlreichen telefonischen Kontakten und einem Austausch per E-Mail zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Beklagten mit weiterem Bescheid vom 23.04.2014 entschieden, "dass ein Anspruch auf Krankengeld ... nicht möglich" ist.
Gegen die Bescheide vom 15.04.2014 und vom 23.04.2014 legte der Kläger Widerspruch ein. In der Begründung verwies der Kläger u. a. darauf, dass sich aus einer vor kurzem vorgenommenen Status-Feststellung der Beklagten ergeben habe, dass seine Einkünfte als Anwalt die weiteren Einkünfte bei weitem übersteigen. Daher sei er nicht als Rentner, sondern als hauptberuflich Selbständiger eingestuft worden. Als solcher zahle er den Höchstbeitrag. Der Ausschlusstatbestand betreffe hingegen nur die Versicherten, die ausschließlich Rente beziehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Durch den Bezug der vollen Regelaltersrente neben der hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit sei der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V ausgeschlossen. Bei der Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V handele es sich nicht um einen zivilrechtlichen Vertrag, der durch Angebot und Annahme zustande komme. Das vom Kläger am 20.02.2014 ausgefüllte Antragsformular sei nach Eingang bei der Beklagten geprüft worden. Da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden, sei der Antrag abgelehnt worden.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg erhoben. Der Kläger hat dabei im Wesentlichen auf die Widerspruchsbegründung Bezug genommen. Die Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 20.02.2014 ein verbindliches Angebot unterbreitet, das mit der Satzung der Beklagten in Übereinstimmung stehe. Die von ihm abgegebene Wahlerklärung stelle somit die Annahme eines Zusatzangebotes auf Hinzuversicherung des Krankengeldanspruches dar. Unter sozialrechtlichen Gesichtspunkten ergebe sich nichts anderes. Die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V sei abgegeben worden. Die Nr. 4 des § 44 Abs. 2 SGB V stelle keinen Ausschlusstatbestand gegenüber Ziffer 2 dar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 30.05.2006 - B 1 KR 14/05 R. Das Gesetz sei nach dieser Entscheidung geändert worden. Er sei auch von der Beklagten den hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen zugeordnet worden. Es liege keine Doppelleistung vor, wenn ein Teil des anwaltlichen Erwerbseinkommens ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit durch Krankengeld substituiert werde. Im Falle einer mehr als 6-wöchigen Arbeitsunfähigkeit stelle sich auch ein Einkommensverlust ein, der die Bezahlung des Höchstbeitrages nicht mehr möglich mache. Es liege ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Nach der Gesetzesauslegung durch die Beklagte wären nur erwerbstätige Rentner nicht mit Krankengeld versicherbar. Die Bezieher anderer Einkünfte (Kapitaleinkünfte, private Renten, Vermietereinkünfte etc.) wären hiervon nicht betroffen. Ein sachlicher Grund bestehe für diese Differenzierung nicht.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16.10.2014 die Klage abgewiesen. Neben dem Wahltarif bestehe für versicherte hauptberuflich selbständig Erwerbstätige - wie dem Kläger - ab 01.08.2009 grundsätzlich auch die Option, eine Erklärung gegenüber der Krankenkasse abzugeben, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (sog. Wahlerklärung, vgl. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. d. F. des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften - BGBl. I 2009, 1990 ff., 2014). Eine derartige Wahlerklärung habe der Kläger auch abgegeben. Vorliegend würde jedoch der Ausschlusstatbestand des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V greifen. Dieser gelte auch für den hauptberuflich selbständig erwerbstätigen Kläger. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet für Versicherte, die (u. a.) Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Es könne nicht rechtmäßig sein, dass nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V dem Kläger die Hinzuversicherung des Krankengeldes eingeräumt werde und dieses ihm gleich wieder über § 50 Abs. 1 SGB V genommen werde. Auch die Entscheidung des BSG vom 30.5.2006 - B 1 KR 14/05 R - greife im vorliegenden Fall nicht, da beim Kläger gerade kein Fall der Doppelversorgung vorliegen würde.
Der Kläger beantragt sinngemäß mit Schriftsatz vom 21.11.2014,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16.10.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 15.04.2014 sowie vom 23.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auf der Grundlage der Wahlerklärung vom 20.02.2014 für den Kläger eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Entscheidungsründe des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 16.10.2014, sowie ergänzend darauf, dass § 44 SGB V regle, wer grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld hat, während § 50 SGB V die speziellen Rechtsfolgen beim zeitlichen Zusammentreffen von Krankengeld und Rente regle.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Durchführung einer freiwilligen Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit hat.
1. Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 1. Fall SGB V). Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V haben hauptberuflich selbständig Erwerbstätige - wie der Kläger - grundsätzlich keinen Anspruch auf Krankengeld, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld mitumfassen soll. Neben dem Wahltarif besteht somit für versicherte hauptberuflich selbständig Erwerbstätige ab 01.08.2009 grundsätzlich auch die Option, eine Erklärung gegenüber der Krankenkasse abzugeben, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (sog. Wahlerklärung i. d. F. des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften - BGBl. I 2009, 1990 ff., 2014). Der Kläger hat diese Wahlerklärung unstreitig gegenüber der Beklagten abgegeben.
2. Der Kläger hat jedoch gegenüber Beklagten keinen Anspruch auf Durchführung einer freiwilligen Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit, weil ein solcher Anspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V wegen des Bezugs der Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist. Der Rentenbezug steht auf Grund der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten fest.
Der Ausschluss folgt vorliegend aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck des § 50 SGB V und steht mit dem Grundgesetz in Einklang (im Einzelnen dazu bereits BSG, Urteil vom 30.5.2006 - B 1 KR 14/05 R).
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet für Versicherte, die eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an. Diese Ausschlussvorschrift bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf alle Tatbestände, die dem Grunde nach einen Krankengeldanspruch begründen. Das bedeutet, dass ein Versicherter, solange er auch nur eine der in Abs. 1 Nr. 1 bis 5 abschließend genannten, nicht analogiefähigen (BSG, SozR 3-2500, § 50 Nr. 1, 1/2; BSG, NZS 1996, 523) Leistungen beanspruchen kann und diese auch bewilligt sind, keinen Anspruch auf Krankengeld mehr hat (BSG, NZS 1995, 414/416). Nichts anderes ergibt die Entstehungsgeschichte. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein zeitlich deckungsgleicher Bezug mehrerer Lohnersatzleistungen sozialpolitisch nicht sinnvoll ist. Um den gleichzeitigen Bezug von Leistungen i.S. von § 50 Abs.1 SGB V und von Krankengeld zu vermeiden, waren Änderungen der Überschrift und des Wortlauts von § 50 SGB V erforderlich. Danach wird de lege lata jeglicher Krankengeldbezug neben den in § 50 Abs. 1 SGB V genannten Leistungen ausgeschlossen (so die Begründung im Gesetzentwurf eines 3. SGB V-ÄndG der Bundesregierung, BT-Drucks 13/340 S 9 zu Nr. 2).
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die "Wahlmöglichkeit" auf gesetzliches Krankengeld erst im Jahre 2009 in Kraft trat. Hätte der Gesetzgeber hauptberuflich Selbständige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, von dem Ausschlusstatbestand des § 50 SGB V ausnehmen wollen, so wäre diesbezüglich eine Änderung der Vorschrift notwendig gewesen.
Verfassungsrechtlich bestehen gegen diese Auslegung des § 50 SGB V keine Bedenken. Insbesondere sind Regelungen, die eine Doppelversorgung mit Leistungen gleicher Zweckbestimmung verhindern sollen, unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so BSG, Urteil vom 30.05.2006 - B 1 KR 14/05 R unter Bezugnahme auf BVerfGE 53, 313, 331 = SozR 4100 § 168 Nr. 12; vgl. auch BSG Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 33/03 R Rn. 20, 25 m.w.N.).
3. Schließlich ist vorliegend auch durch die Übersendung der Formulare zur Wahlerklärung vom 20.02.2014 durch die Beklagte und die Zurücksendung des ausgefüllten Formulars durch den Kläger kein vertraglicher Rechtsanspruch des Klägers erwachsen. Die Wahlerklärung nach § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V ist grundsätzlich eine einseitige öffentlich-rechtliche Willenserklärung für die keine bestimmte Form vorgeschrieben ist. Diese ist auch von der Krankenkasse bei Empfang umzusetzen und die bestehende Mitgliedschaft um den KrG-Anspruch zu erweitern (KassKomm/Brandts SGB V § 44 Rn. 68). Voraussetzung ist jedoch, dass die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind. Dies ist hier nicht gegeben, weil der Ausschlusstatbestand des § 50 SGB V vorliegt.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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