L 2 R 2546/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 5173/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 2546/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliches Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Klägerin schloss erfolgreich im Jahre 2010 eine Berufsausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin in der Sprache Englisch ab. Nachdem die Klägerin mehrere Jahre in einer Werkstatt für psychisch kranke Menschen bis 2006 gearbeitet hatte, war sie zuletzt bis November 2007 bei Schlecker als Verkäuferin in Aushilfe beschäftigt. Danach absolvierte sie mehrere Praktika ohne erfolgreiche berufliche Eingliederung. Seither ist die Klägerin arbeitslos. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 v.H. ohne Merkzeichen festgestellt.

Am 9. Januar 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie begründete diesen Antrag mit einem CHARGE-Syndrom, Rückenbeschwerden, Übergewicht, einer Sehstörung und ihrer Psyche. Zuvor war ein Rentenantrag vom 28. Januar 2013 abgelehnt worden. Sie legte bei der Beklagten zahlreiche Befundberichte ab 1976 laufend vor.

Die Beklagte holte das sozialmedizinische Gutachten von Dr. T. vom 27. Februar 2014 ein. Dr. T. führte aus, dass die von den von den behandelnden Ärzten und Universitätskliniken diskutierten Krankheitssyndromen - insbesondere das CHARGE-Syndrom - trotz eingehender u.a. genetischer Untersuchungen bislang nicht diagnostiziert werden konnten. Sie selbst stellte unter Bezugnahme und Anschluss an eine nervenärztliche Vorbegutachtung durch Dr. Victor vom 3. März 2009 eine Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Anteilen, eine eingeschränkte soziale Funktionsfähigkeit mit Persönlichkeits- und Verhaltensstörung, einen zufriedenstellenden Zustand nach mehrfachen Operationen bei angeborenem Verschluss der hinteren Nasenöffnung, leichte Schwerhörigkeit bei chronischer Mittelohrentzündung, deutlich reduziertes Sehvermögen links bei Schielamblyopie, ein thorakolumbales Syndrom ohne Funktionseinbuße und ohne Wurzelreizsymptomatik und ein Ekzem der Hände unklarer Genese fest. Die Gutachterin Dr. T. gelangte zu der Einschätzung, dass die Klägerin noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere geistige und psychische Belastungen und ohne die Sinnesorgane besonders beanspruchende Tätigkeiten noch über sechs Stunden ausüben könne.

Mit Bescheid vom 19. März 2014 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.

Hiergegen erhob die Klägerin am 24. März 2014 Widerspruch, mit dem sie sich gegen die Diagnosen Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Anteilen und eingeschränkte soziale Funktionsfähigkeit bei Persönlichkeits- und Verhaltensstörung wandte. Beides läge nicht vor. Gerade deshalb fordere sie die Rente. Unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes könne sie jedenfalls nicht arbeiten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 7. November 2014 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und beanstandet, dass ein "unbekanntes Syndrom (hypochondrische Störung)" und eine Neurodermitis unberücksichtigt geblieben seien. Verweisungstätigkeiten seien wegen einer Summierung von Leistungseinschränkungen, wegen Umstellungsschwierigkeiten und fehlender Möglichkeit zur Eingliederung in ein Team versperrt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Orthopäde Dr. B. hat über drei Behandlungen zwischen März 2013 und Oktober 2014 berichtet. Auf orthopädischem Fachgebiet lägen keine wesentlichen Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens vor; die Klägerin sei in der Lage, regelmäßig einer leichten Tätigkeit sechs Stunden täglich nachzugehen (Auskunft vom 3. März 2015). Der Hausarzt Dr. E. hat in seiner Auskunft vom 10. März 2015 über elf regelmäßige Behandlungen seit Januar 2013 berichtet. Trotz einer rezidivierenden Lumbalgie und LWS-Blockierungen lägen funktionelle Einschränkungen der Wirbelsäule oder neurologische Ausfälle nicht vor. Nach einer Mamma-Reduktions-Plastik 2008 habe sich die Situation der HWS, BWS und LWS etwas gebessert. Obwohl die Klägerin den Schwerpunkt ihrer Einschränkungen im Bereich des Rückens sehe, spiele auch der psychophysische Zustand eine Rolle. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten täglich fünf bis sechs Stunden auszuüben. Der Dermatologe Dr. V. hat in seiner Stellungnahme vom 20. März 2015 von vier Behandlungen in den Jahren 2002, 2010 und im September und Oktober 2014 berichtet. Der zuletzt von ihm erhobene dermatologische Befund an Hals und Händen stünde einer leichten Tätigkeit von sechs Stunden täglich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht entgegen. Schließlich hat der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. M. in seiner Auskunft vom 23. März 2015 über fünf Behandlungen der Klägerin 2014 wegen Beschwerden am rechten Ohr und zuletzt einer massiv behinderten Nasenatmung infolge einer lokalen Infektion berichtet. Die chronische Otitis media am rechten Ohr lasse sich immer wieder lokal durch Ohrentropfen gut behandeln. Die Beschwerden der Nasenatmung ließen sich durch Nasensprays gut beherrschen. Eine körperlich leichte Tätigkeit ohne Arbeiten in lärmexponierten Bereichen sei der Klägerin mindestens sechs Stunden täglich gesundheitlich zumutbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. Juni 2016 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten von Dr. T. vom 27. Februar 2014 und die sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte abgewiesen. Zur Begründung hat es im Weiteren ausgeführt, für die Beurteilung des relevanten Leistungsvermögens sei nicht maßgeblich, welche Diagnosen im Einzelnen zu stellen seien. Von Bedeutung sei vielmehr allein die Frage, ob die Versicherte wegen einer - gleichwelcher - Krankheit oder Behinderung auf längere Zeit außerstande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeitstäglich in dem von § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geforderten Umfang erwerbstätig zu sein. Ob die Klägerin -wie sie meine - an einem CHARGE-Syndrom oder an anderen von behandelnden Ärzten differenzialdiagnostisch erwogenen Syndromen erkrankt sei oder ob in ihrer "Suche" wie von der Klägerin angedeutet ein eigenständiges Krankheitsbild zu sehen sei, sei deshalb nicht ausschlaggebend. Denn auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen sei davon auszugehen, dass die Klägerin in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest noch körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Zwar lägen auf orthopädischem, psychischem, HNO-ärztlichem und dermatologischem Gebiet verschiedene Gesundheitsstörungen vor; diese schränkten die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zeitlich jedoch nicht so weit ein, dass sie nur noch in der Lage wäre, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Der Einschätzung im Gutachten von Dr. T. sei hinsichtlich körperlich leichter Tätigkeiten zu folgen. Diese habe die organischen Beschwerden der Klägerin umfassend erhoben und wiedergegeben. In ihrer Beurteilung lege sie schlüssig dar, dass aus ihnen keine zeitliche Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich abzuleiten sei. Die Beweisaufnahme der sachverständigen Zeugenauskünfte habe diese quantitative Leistungsbeurteilung ganz überwiegend bestätigt. Die hausärztliche Einschätzung von Dr. E. weiche hiervon mit einem von ihm angegebenen Leistungsvermögen von fünf bis sechs Stunden leicht ab, überzeuge jedoch angesichts der übereinstimmenden fachärztlichen Einschätzungen nicht. Eine Erwerbsminderung folge auch nicht aus einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung, die jeweils eine Erwerbsminderung begründen könnten. Der Arbeitsmarkt sei auch aus sonstigen Gründen nicht praktisch verschlossen, etwa weil die Klägerin nicht in der Lage wäre, Tätigkeiten unter betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten oder ihre Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen zu stark eingeschränkt sei.

Gegen den dem (früheren) Bevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 10. Juni 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin für diese am 8. Juli 2016 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und vorgetragen, bei der Beurteilung, ob Erwerbsminderung vorliege, sei der bei der Klägerin festgestellte GdB von 60 v.H. unberücksichtigt geblieben. Im Übrigen habe keine Maßnahme zur Eingliederung Erfolg gehabt. Der nur 1,51 m großen Klägerin sei der Arbeitsmarkt verschlossen. Aufgrund ihrer kindlichen Stimme komme auch eine "Telefonarbeit" für die Klägerin nicht in Betracht. Ende November 2015 sei noch eine Diabetes bei der Klägerin diagnostiziert worden. Die Klägerin legt noch ein psychologisches Gutachten der Diplompsychologin E. aufgrund einer Untersuchung vom 14. November 2016 vor. Diese schätzt die Leistungsfähigkeit der Klägerin bei täglich weniger als drei Stunden ein, wobei sie dieses Leistungsvermögen für einen Zeitraum von voraussichtlich länger als sechs Monaten bis zwei Jahre annimmt. Aufgrund der Persönlichkeitsstruktur und der damit verbundenen Schwierigkeiten könne die Klägerin die Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht erfüllen.

Das (vollständige) Gutachten sowie ein ärztliches Gutachten von Facharzt für innere Medizin W. vom 14. Oktober 2016 hat der Senat vom Landratsamt W. - Jobcenter - beigezogen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juni 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (drei Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung verneint.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).

Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlaufs bei der Klägerin vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Die Klägerin ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.

Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin auf der Grundlage des hier im Urkundenbeweis zu verwertenden Verwaltungsgutachtens der Dr. T. vom 27. Februar 2014 und der im SG-Verfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. B., Dr. E., Dr. V. und Dr. M. noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche) nachzugehen.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin liegen auf orthopädischem, nervenärztlichem und internistischem Fachgebiet. Diese haben aber, wie bereits das SG im Gerichtsbescheid vom 8. Juni 2016 auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. T. und der sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte mit eingehender Begründung zutreffend ausgeführt hat, nur qualitative Einschränkungen zur Folge. So kann die Klägerin insbesondere nach den Ausführungen von Dr. T. Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, mit vermehrtem Publikumsverkehr und mit erhöhter Lärmbelastung bzw. erhöhten Anforderungen an das Hörvermögen nicht mehr verrichten. Ausgeschlossen sind ebenfalls Tätigkeiten, die ein räumliches Sehen voraussetzen. Unter Beachtung dessen ist die Klägerin nach dem Beweisergebnis aber noch in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr auszuüben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf den Gerichtsbescheid Bezug genommen und die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Diese Einschätzung wird im Übrigen bestätigt durch das ärztliche Gutachten vom 14. Oktober 2016 von Facharzt für innere Medizin W., der die Klägerin für die Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit als Zustellerin im versicherungspflichtigen Rahmen auf dem 1. Arbeitsmarkt in der Lage hält.

Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten psychologischen Gutachten der Diplompsychologin E. vom 18. November 2016. In diesem ist zum Umfang der Erwerbsfähigkeit der Klägerin angegeben, dass sie täglich weniger als drei Stunden erwerbsfähig sein kann und dass dieser "Zustand" voraussichtlich länger als sechs Monate bis zwei Jahre gegeben ist. Unter Einschätzung hat die Diplompsychologin E. ausgeführt, dass "aufgrund der Persönlichkeitsstruktur und den damit verbundenen Schwierigkeiten die Klägerin die Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht erfüllen könne". Hierfür stützt sie sich auf ein Gutachten des Gesundheitsamtes Landratsamt Waldshut vom 8. August 2008, wobei die dort beschriebenen Handlungs- und Verhaltensweisen weiterhin bestünden. Diese werden darin gesehen, dass die Klägerin sich überschätze in ihren Leistungen und in ihren Verhaltensweisen. "Alle anderen würden negativ gesehen, nur sie handele richtig". Sich selbst hat die Klägerin so beschrieben, dass sie nicht im Team arbeiten könne. Dem Gutachten ist aber keine Anamnese, keine Befunderhebung und erst recht keine (schlüssige und nachvollziehbare) Ableitung der Einschätzung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin aus erhobenen Befunden zu entnehmen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch Dr. T. in ihrem Gutachten von der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Anteilen und einer eingeschränkten sozialen Funktionsfähigkeit bei Persönlichkeits- und Verhaltensstörung ausgegangen ist. In der Wiedergabe des psychopathologischen Befundes hat Dr. T. die Klägerin als allseits orientiert und freundlich zugewandt sowie äußerst vital wirkend beschrieben. Eine Antriebsverminderung war nicht festzustellen. Die Klägerin habe keinesfalls geistig retardiert gewirkt, eher etwas "sonderlingshaft". Deutlich geworden ist, dass die Klägerin durchaus in der Lage ist, Dinge, die sie gerne macht, auch adäquat durchzuführen und bei unangenehmeren Dingen ein Vermeidungsverhalten an den Tag legt. Die Stimmungslage war nach der Befundwiedergabe von Dr. T. zum Teil etwas inadäquat gehoben, die Schwingungsfähigkeit jedoch gut erhalten. Höhergradige Denk- oder Konzentrationsstörungen waren nicht vorhanden. Dieser Befundschilderung von Dr. T. in ihrem Gutachten hat die Klägerin nicht widersprochen, geschweige denn, dass in anderen ärztlichen Stellungnahmen diesbezüglich ein anderer Befund enthalten wäre. Deshalb ist es für den Senat nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin "aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur und den damit verbundenen Schwierigkeiten" den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr gewachsen sein sollte. So läßt die Einschätzung von Dipl.-Psychologin E. z. B. außen vor, dass die Klägerin nach Erstellung des Gutachtens des Gesundheitsamtes Landratsamt Waldshut vom 8. August 2008 in der Lage war, 2010 erfolgreich eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin in Englisch abzuschließen. Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin in der Lage, einer Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich und regelmäßig nachzukommen.

Es war im Übrigen im Hinblick auf das bei der Klägerin noch vorhandene Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigen Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 5).Vielmehr wird das Anforderungsprofil der bereits benannten, der Klägerin noch zumutbaren leichten körperlichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes den Einschränkungen der Klägerin ausreichend gerecht.

Ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 230 SGB VI scheitert schon daran, dass die Klägerin nach dem Stichtag 1. Januar 1961, nämlich 1976, geboren ist.

Aus diesen Gründen ist die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juni 2016 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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