L 7 R 3329/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 243/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 3329/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung von in der UdSSR zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG).

Der 1950 in B. (R., ehemalige U.) geborene Kläger arbeitete als Geologe in der Zeit vom 4. Oktober 1972 bis zum 22. Dezember 1995 im "P. K." in L. (K., seinerzeit Gliedstaat der U.). Seit dem 21. Dezember 1973 ist er mit R. Z. (R.Z.) verheiratet. Das Ehepaar war am 18. Mai 1990 in L. wohnhaft. Am 29. Dezember 1995 zogen die Eheleute aus K. kommend in die Bundesrepublik Deutschland zu. Das Landratsamt B.-H. stellte am 21. Mai 1996 fest, dass R.Z. sowie die beiden gemeinsamen Kinder der Eheleute Spätaussiedler nach § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) sind. Dem Kläger bescheinigte es nach § 15 BVFG, dass er Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG ist (Bl. 29 der Verwaltungsakten).

Am 28. April 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 11. August 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. August 2015 eine Regelaltersrente und setzte den monatlichen Zahlbetrag auf 334,26 EUR fest. Bei der Berechnung der Rente berücksichtigte sie persönliche Entgeltpunkte von 12,7930, den Rentenartfaktor für die Altersrente von 1,0 sowie den seinerzeit aktuellen Rentenwert von monatlich 29,21 EUR. Bei der Berechnung der Entgeltpunkte legte die Beklagte rentenrechtliche Zeiten vom 1. Oktober 1967 bis zum 5. Juni 1972 sowie vom 2. Januar 1996 bis zum 31. Juli 2015 zugrunde. Sie wies darauf hin, dass die im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten nicht nach dem Fremdrentenrecht anerkannt werden könnten, da der Kläger nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehöre. Er sei lediglich Ehegatte/Abkömmling eines Spätaussiedlers. Den dagegen eingelegten Widerspruch (Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. September 2015) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2015 als unbegründet zurück. Gemäß § 1a FRG finde dieses Gesetz Anwendung auf Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG, die als solche in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt seien. Aussiedler, die ihr Herkunftsland nach dem 31. Dezember 1992 verlassen hätten, könnten nicht als Vertriebene gemäß § 1 BVFG anerkannt werden. Hier würden die Regelungen der §§ 4 ff. BVFG gelten. Gemäß § 4 Abs. 1 BVFG sei Spätaussiedler, wer als deutscher Volkszugehöriger im Wege des Aufnahmeverfahrens die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Gebiete nach dem 31. Dezember 1992 verlassen und innerhalb von sechs Monaten seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen habe. Weiterhin sei Voraussetzung, dass der Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten zu bestimmten Stichtagen bereits bestanden habe. Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern müssten die Voraussetzungen für die Anerkennung als Spätaussiedler in eigener Person erfüllen. Eine Ableitung wie beim Vertriebenenstatus nach § 1 Abs. 3 BVFG für Ehegatten sei nicht möglich. Ehegatten und Kinder (Abkömmlinge) von Spätaussiedlern, die die Voraussetzungen des § 4 BVFG nicht erfüllten, könnten nach § 7 Abs. 2 BVFG (in der Fassung ab 1. Januar 1993) zwar verschiedene Rechte erwerben und auch eingebürgert werden. Sie erlangten aber nicht die Rechtsstellung eines Spätaussiedlers. Folglich gehörten sie auch nicht zum Personenkreis des § 1a FRG und könnten hieraus keine Rechte nach dem FRG geltend machen. Der Kläger sei am 29. Dezember 1995 in das Bundesgebiet zugezogen und sei ausschließlich als Ehegatte einer Spätaussiedlerin gemäß § 7 Abs. 2 BVFG anerkannt worden. Die Anwendung des bisherigen Rechts und Anerkennung als Vertriebener bzw. gleichgestellter Ehegatte einer Aussiedlerin sei ausgeschlossen, weil der Kläger sein Herkunftsland erst nach dem 31. Dezember 1992 verlassen habe. Da er weder die Vertriebeneneigenschaft im Sinne des § 1 BVFG besitze noch als Spätaussiedler gemäß § 4 BVFG anerkannt worden sei, gehöre er nicht zum Personenkreis des § 1a FRG. Die im Herkunftsland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten könnten folglich bei der Berechnung der Regelaltersrente nicht berücksichtigt werden.

Dagegen hat der Kläger am 18. Januar 2016 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und geltend gemacht, er sei Vertriebener. Er habe das "gleiche Schicksal" erlitten wie "alle anderen Vertriebenen". Zudem ist er der Meinung, dass die Versagung der Gewährung der Leistung für Spätaussiedler als besondere Leistung, die sich an der Grundsicherung orientiere, für Ehegatten eines Aussiedlers bzw. Spätaussiedlers verfassungswidrig sei. Es verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), wenn die Ehegatten des Aussiedlers, der ebenfalls ein Vertriebener im weiteren Sinne des Wortes sei, anders behandelt würden als Ehegatten von Vertriebenen und Flüchtlingen im Sinne des § 1 BVFG.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. August 2016 abgewiesen. Es hat zur Begründung u.a. ausgeführt, dass der Kläger weder Vertriebener im Sinne des § 1 BVFG noch Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG sei. Die Regelung des § 1 Abs. 3 BVFG, wonach als Vertriebener auch der Ehegatte eines Vertriebenen gelte, sei auf den Kläger nicht anwendbar, da dessen Ehegattin selbst nicht Vertriebene, sondern Spätaussiedlerin im Sinne des § 4 BVFG sei. Ehegatten von Spätaussiedlern seien nach den eindeutigen Regelungen des BVFG Vertriebenen und Aussiedlern nicht gleichgestellt. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Unvereinbarkeit der gesetzlichen Regelung mit Verfassungsrecht. Insbesondere lasse sich der behauptete Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht nachvollziehen (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 44/98 R -). Der Kläger sei zwar im Vergleich zu nichtdeutschen Ehegatten von Aussiedlern, die bereits vor dem 1. Januar 1993 im Wege des Aufnahmeverfahrens die ehemalige S. verlassen hätten, schlechter gestellt, weil auf diesen Personenkreis das FRG noch Anwendung finde. Dies sei jedoch Folge der vom Gesetzgeber gewählten verfassungsrechtlich zulässigen Stichtagsregelung. Die Änderung des Status nach dem BVFG sei vom Gesetzgeber im Hinblick auf die sozialen und finanziellen Probleme vorgenommen worden, die nach Änderung der politischen Verhältnisse mit der wirtschaftlichen und sozialen Eingliederung einer Vielzahl aussiedlungswilliger Personen verbunden gewesen sei. Härten, die bei Stichtagsregelungen auftreten würden, müssten dabei hingenommen werden.

Gegen diesen, seinem Bevollmächtigten am 24. August 2016 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 2. September 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er - der Kläger - sei Ehegatte einer Vertriebenen, die gleichzeitig auch Spätaussiedlerin sei. Danach sei der Kläger sowohl Ehegatte einer Spätaussiedlerin als auch einer Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit und sei daher Vertriebener im Sinne des § 1 Abs. 3 BVFG. Auch wenn er nur Ehegatte einer Spätaussiedlerin wäre, sei er aus seinem Heimatland im Zusammenhang mit dem Vertreibungsschicksal seiner Ehefrau ausgereist, sodass die Diskriminierung zwischen ihm und dem Ehegatten eines Vertriebenen nicht zulässig sei. Der Stichtag, auf den sich das SG berufe, könne nicht als mit Art. 3 GG vereinbar angesehen werden, denn ein derartiger Stichtag sei bei der Beurteilung der Eigenschaft der Ehegatten verfassungsrechtlich unbedenklich. Hieran aber eine Diskriminierung wegen den durch das Verlassen des Herkunftsgebietes verlorenen Rentenansprüchen zu hängen, sei nicht zulässig.

Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2015 zu verurteilen, ihm eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung der in der U. und in K. zurückgelegten Beitragszeiten vom 4. Oktober 1972 bis zum 22. Dezember 1995 nach dem FRG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre Entscheidung sowie den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Der Senat hat mit Verfügung vom 21. Dezember 2016 darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des Vertriebenenstatus des § 1 BVFG bei der Ehefrau des Klägers ersichtlich seien, und die Beteiligten um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht. Daraufhin haben die Beklagte mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 und der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. Januar 2017 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Rentenbescheid vom 11. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2015 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte dem Kläger eine Regelaltersrente ab 1. August 2015 bewilligt und dabei die vom Kläger in der ehemaligen U. und in K. zurückgelegten Beitragszeiten vom 4. Oktober 1972 bis zum 22. Dezember 1995 nicht berücksichtigt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung dieser Beitragszeiten nach dem FRG.

3. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte höhere Regelaltersrente ab 1. August 2015.

a. Maßgebend für die Berechnung der Rentenhöhe sind die §§ 63 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet; die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres ergibt einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VI).

Eine Berücksichtigung der vom Kläger in der ehemaligen U. und in K. zurückgelegten Beitragszeiten vom 4. Oktober 1972 bis zum 22. Dezember 1995 bei der Berechnung seiner Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland kommt nur nach den Regelungen des FRG in Betracht (vgl. § 13 BVFG). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Diese Regelung findet nach § 1 FRG in der ab 1. Januar 1993 geltenden Fassung (Gesetz vom 21. Dezember 1992, BGBl. I, 2094) Anwendung auf: "a) Vertriebene im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, die als solche in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sind, b) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes und frühere deutsche Staatsangehörige im Sinne des Artikels 116 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, wenn sie unabhängig von den Kriegsauswirkungen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, jedoch infolge der Kriegsauswirkungen den früher für sie zuständigen Versicherungsträger eines auswärtigen Staates nicht mehr in Anspruch nehmen können, c) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes und frühere deutsche Staatsangehörige im Sinne des Artikels 116 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, die nach dem 8. Mai 1945 in ein ausländisches Staatsgebiet zur Arbeitsleistung verbracht wurden, d) heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. April 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 269), auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben oder erwerben, e) Hinterbliebene der in Buchstaben a bis d genannten Personen bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene."

b. Vorliegend ist der Anwendungsbereich des FRG nicht eröffnet, weil der Kläger nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehört. Ein Fall des § 1b bis e FRG ist offensichtlich nicht gegeben. Auch die Voraussetzungen des § 1a FRG liegen nicht vor. Denn der Kläger ist weder als Vertriebener im Sinne des § 1 BVFG noch als Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG anerkannt.

Vertriebener im Sinne von § 1a FRG ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG in der seit 1. Januar 1993 geltenden Fassung (Gesetz vom 21. Dezember 1992, BGBl. I, 2094; im Folgenden neuer Fassung (n.F.)) u.a., wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemalige S. verlassen hat, es sei denn, dass er, ohne aus diesem Gebiet vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 seinen Wohnsitz in diesem Gebiet begründet hat (Aussiedler). Spätaussiedler im Sinne von § 1a FRG ist gemäß § 4 BVFG n.F. ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen S. nach dem 31. Dezember 1992 verlassen hat. Spätaussiedler ist übergangsweise auch, wer vor dem 1. Januar 1993 einen Aufnahmebescheid bzw. vor dem 1. Juli 1990 eine Übernahmegenehmigung erhalten hat (§ 100 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und 5 BVFG). Das seit 1. Januar 1993 geltende Recht des § 1a FRG unterscheidet somit bei Personen, die als deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige die ehemalige Sowjetunion nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen haben, nach dem Zeitpunkt der Ausreise zwischen Vertriebenen und Spätaussiedlern. Der Status als Aussiedler wird grundsätzlich begrenzt auf Zuzüge vor dem 1. Januar 1993. Die Anerkennung als Spätaussiedler hängt neben der deutschen Volkszugehörigkeit ebenfalls von der Erfüllung von Stichtagsvoraussetzungen ab. Indem sich § 1a FRG nur auf anerkannte Vertriebene und Spätaussiedler bezieht, wird der Ehegatte eines Spätaussiedlers, der nicht selbst Spätaussiedler ist, nicht mehr erfasst (BSG, Urteil vom 20. Juli 2011 - B 13 R 41/10 R - juris Rdnr. 33; Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 54/04 R - BSGE 96, 93 - juris Rdnr. 14, Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 57/03 R - juris Rdnr. 12; Urteil vom 26. Januar 2000 - B 13 RJ 39/98 R - juris Rdnr. 19; Urteil vom 23. Juni 1999 - B 5 RJ 44/98 R - juris Rdnr. 15). Der Nachweis der Voraussetzungen nach § 1a FRG wird seit dem 1. Januar 1993 allein durch eine Bescheinigung nach § 15 BVFG n.F. geführt (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - B 5 RJ 21/05 R - juris Rdnr. 33; Urteil vom 26. Januar 2000, a.a.O. Rdnr. 20 m.w.N.). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG n.F. erhalten Spätaussiedler zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft auf Antrag eine Bescheinigung. Die Entscheidung über die Ausstellung dieser Bescheinigung ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung der zuständigen Behörde über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 BVFG nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die Ausstellungsbehörde beantragen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG erhalten der Ehegatte und die Abkömmlinge des Spätaussiedlers zum Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BVFG auf Antrag eine Bescheinigung. Ausweise nach § 15 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung (Vertriebenenausweise) werden gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. nur noch ausgestellt, wenn sie vor diesem Tag beantragt wurden. Nach § 100 Abs. 2 Satz 2 BVFG konnten Aussiedler, die den ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes nach dem 2. Oktober 1990 und vor dem 1. Januar 1993 begründet haben, den Ausweis nur noch bis zum 31. Dezember 1993 beantragen.

Der Kläger hat keinen Nachweis der Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler erbracht. Er ist nicht im Besitz eines Vertriebenenausweises nach § 15 BVFG a.F. Der kraft Gesetzes eintretende Vertriebenenstatus konnte nach der alten Rechtslage ausschließlich durch feststellenden Verwaltungsakt bestätigt werden, indem die Vertriebenenbehörde einen Vertriebenenausweis im Sinne des § 15 BVFG in der bis einschließlich 31. Dezember 1992 geltenden Fassung vom 3. September 1971 (BGBl. I, 1565) erteilte (BSG, Urteil vom 21. März 2006, a.a.O. Rdnrn. 16 f.; Urteil vom 16. Mai 2001 - B 8 KN 2/00 KR R - juris Rdnr. 14). Einen solchen Vertriebenenausweis hat der Kläger nicht vorgelegt. Vielmehr hat das Landratsamt B.-H. am 21. Mai 1996 ihm nach § 15 BVFG n.F. bescheinigt, dass er Ehegatte einer Spätaussiedlerin nach § 7 Abs. 2 BVFG ist. Ein solcher kann ihm auch nicht mehr ausgestellt werden, weil er seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland erst am 29. Dezember 1995 begründet hat (vgl. § 100 Abs. 1 und 2 BVFG). Nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F. wird die Vertriebenen- oder Flüchtlingseigenschaft nur auf Ersuchen einer Behörde, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen an Vertriebene oder Flüchtlinge zuständig ist, festgestellt. Die Entscheidung über die Anerkennung als Vertriebener ist nach neuem Recht ein unselbständiger Teil des Verfahrens bei der Leistungsbehörde (BSG, Urteil vom 21. März 2006, a.a.O. Rdnrn. 18 ff.). Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Vertriebeneneigenschaft materiell-rechtlich zu prüfen und zwar ohne Bindung an die vom Landratsamt B.-H. am 21. Mai 1996 ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG n.F. (BSG, Urteil vom 21. März 2006, a.a.O. Rdnr. 23). Der Kläger ist jedoch nicht als Vertriebener im Sinne des § 1 Abs. 3 BVFG anzusehen. Der Kläger macht sinngemäß geltend, Vertriebener im Sinne des § 1 Abs. 3 BVFG zu sein, und leitet damit seinen Vertriebenenstatus von dem seiner Ehefrau ab. Da diese aber erst am 29. Dezember 1995 die ehemalige S. verlassen hat und in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt ist, ist sie nach Maßgabe der §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 BVFG n.F. nicht Vertriebene, sondern Spätaussiedlerin. Voraussetzung für die Anerkennung als Vertriebener nach der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG ist, dass der deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige das Vertreibungsgebiet unter Aufgabe eines dort bestehenden Wohnsitzes verlassen hat. Unter "Aussiedlung" im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG kann nicht ein mit dem Aussiedlungsentschluss beginnender Dauervorgang verstanden werden; der Status als Aussiedler kann daher nicht bereits im Vertreibungsgebiet erworben werden (BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, a.a.O. Rdnr. 15 m.w.N.). Vielmehr liegt eine Aussiedlung nur vor, wenn das Vertreibungsgebiet tatsächlich verlassen wird; ohne Aufgabe des Wohnsitzes und faktische Grenzüberschreitung kann die Vertriebeneneigenschaft nicht begründet werden (BSG, a.a.O.).

Schließlich ist der Kläger nicht Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG. Vielmehr hat das Landratsamt B.-H. am 21. Mai 1996 ihm nach § 15 BVFG bescheinigt, dass er Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG ist. Mithin verfügt er über keine Bescheinigung nach § 15 BVFG, die allein zum Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft geeignet ist (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, a.a.O. Rdnr. 33; Urteil vom 23. Juni 1999, a.a.O. Rdnr. 13).

c. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Kläger - bei Zugrundelegung der Vertriebeneneigenschaft - auch nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG erfüllt. Denn mit der Feststellung der Vertriebeneneigenschaft allein lässt sich der Anspruch auf Feststellung von Versicherungszeiten noch nicht begründen (dazu z.B. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, a.a.O. Rdnrn. 21 ff.). Ob und ggf. welche Versicherungszeiten festzustellen sind, richtet sich nach den §§ 15, 16 FRG. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, jedoch nur solche Zeiten, die vor der Vertreibung zurückgelegt wurden. War die Vertreibung bereits abgeschlossen, können die nachfolgenden Zeiten nach den Vorschriften des FRG nicht mehr den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt werden (BSG, a.a.O. Rdnr. 28). Der Kläger hat sich damit begnügt, zur Begründung eines Status als Vertriebener geltend zu machen, er habe das "gleiche Schicksal" erlitten wie "alle anderen Vertriebenen". Damit ist bereits im Ansatz nicht erkennbar, auf welchen konkreten Vertreibungsvorgang er einen Vertriebenenstatus stützen will und wann der zur Begründung des Vertriebenenstatus maßgebliche Vertreibungsvorgang beendet gewesen ist (BSG, a.a.O. Rdnrn. 29 ff.).

d. Der Senat hat - wie das SG - im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BSG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zum 1. Januar 1993 eingeführte Regelung, wonach nichtdeutsche Ehegatten von Spätaussiedlern nicht selbst den Status eines Spätaussiedlers erwerben und daher nicht zu dem in § 1a FRG genannten Personenkreis gehören (BSG, Urteil vom 16. Mai 2001, a.a.O. Rdnr. 16; Urteil vom 26. Januar 2000, a.a.O. Rdnr. 24 ff.; Urteil vom 23. Juni 1999, a.a.O. Rdnrn. 16 ff.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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