S 12 KA 427/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 427/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine im Jahr 2000 erteilte Sonderbedarfszulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nach Nr. 24 lit. a Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. kann nicht in eine „Vollzulassung“ als Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeut und Psychologischer Psychotherapeut umgewandelt werden. Regelungen nach Nr. 24 lit. b Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. sind hierauf nicht anwendbar.
2. Bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Psychologischen Psychotherapeuten handelt sich um zwei selbständige Heilberufe (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.07.1999 - 1 BvR 1056/99 - juris Rdnr. 2). Auch vertragsarztrechtlich handelt es sich bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht um eine bloße Subspezialisierung, da das Vertragsarztrecht mit der Approbation als Zulassungsvoraussetzung (§ 95 Abs. 2 Satz 1 und 3, 95c Satz 1 Nr. 1 SGB V) an das Berufsrecht anknüpft.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstreckung einer Sonderbedarfszulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut auch auf das Gebiet als Psychologischer Psychotherapeut.

Der Kläger ist approbierter Psychologischer Psychotherapeut und approbierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Er wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses/Psychotherapie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 29.06.2000 aufgrund eines lokalen Sonderbedarfs nach Nr. 24 lit. a Bedarfsplanungs-Richtlinie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt, A-Straße zugelassen.

Der Kläger beantragte am 11.11.2014, ihn neben seiner Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut als Psychologischen Psychotherapeuten an seinem bisherigen Vertragspsychotherapeutensitz zuzulassen. Er trug vor, er verfüge über die Fachkunde als Psychologischer Psychotherapeut. Zwar habe der Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss vom 15.11.2005 die bis dahin geltende Regelung abgeschafft, nach der nach Ablauf von fünf Jahren eine Sonderbedarfszulassung unabhängig von der tatsächlichen Versorgungslage - in eine Vollzulassung übergehen konnte. Dies sei jetzt aber noch möglich unter der Voraussetzung, dass zu keinem Zeitpunkt in dem betreffenden Planungsbereich eine Überversorgung bestanden habe bzw. bestehe. Der GBA habe jedoch eine Übergangsregelung geschaffen, in der er anerkannt habe, dass die betreffenden Ärzte (für Psychotherapeuten müsse das gleiche gelten), welche vor dem 15.11.2005 im Wege der Sonderbedarfszulassung zugelassen worden seien, eine Anwartschaft auf eine unbeschränkte Vollzulassung und damit eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition erhalten hätten. Dies gelte auch für die Sonderbedarfszulassung eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die sich nicht unter § 24 lit. a Bedarfsplanungs-Richtlinie subsumieren lasse. Es handele sich um einen qualitativen Versorgungsbedarf nach § 24 lit. b bis e der Bedarfsplanungs-Richtlinie. Dies wäre jetzt in der Neufassung des § 24 lit. b auch klargestellt, wenn es heiße: "Die Berufsbezeichnung Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeut ist dabei einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt". Nr. 25 der Bedarfsplanungsrichtlinie habe seinerzeit vorgesehen, dass die qualitative Sonderbedarfszulassung mit der Maßgabe erfolgen könne, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stünden, für eine Übergangszeit von 5 Jahren abrechnungsfähig seien. Die jetzt anerkannte Einordnung des Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeuten unter § 24 lit. b bedeute, dass die damalige Regelung in Nr. 25 im Wege der Übergangsregelung für die vor dem 15.11.2005 zugelassene Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeuten, die zugleich die Fachkunde als Psychologisch Psychotherapeuten besäßen, eine Abrechnungsgenehmigung für die Psychotherapie von Erwachsenen erhalten müssten.

Der Zulassungsausschuss lehnte mit Beschluss vom 18.05.2015 den Antrag auf Umwandlung der gem. Nr. 24 lit. a Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. erteilten Sonderbedarfszulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in eine Vollzulassung als Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeut und Psychologischer Psychotherapeut ab. Zur Begründung verwies er auf die Zulassung des Klägers für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Die Ausweitung auf einen weiteren Bereich, namentlich den des Psychologischen Psychotherapeuten, sei eine Umgehung und unzulässige Erweiterung der einst ausgesprochenen Zulassung. Nur aufgrund der Möglichkeit, dass die Berufsbezeichnung Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeut als Schwerpunktbezeichnung gesehen werden könne, eröffneten sich nicht auch pauschal die Abrechnungsmöglichkeiten als Psychologischer Psychotherapeut. Unter diesen Aspekten wäre die bestehende Sonderbedarfszulassung einst ggf. nicht ausgesprochen worden.

Der Kläger legte gegen den am 27.08.2015 ausgefertigten Bescheid am 24.09.2015 Widerspruch ein. Unter weitgehender Wiederholung seiner Antragsbegründung wies er ergänzend auf BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 48/11 R - hin, wonach es sich der Sache nach bei der Bezeichnung "Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut" um eine Schwerpunktbezeichnung im Sinne des Weiterbildungsrechts handele, weshalb die Ansicht verfehlt sei, die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie wirke diesbezüglich nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Sonderbedarfszulassung zurück.

Die Beigeladene zu 1) regte unter Datum vom 20.05.2016 an, den Widerspruch zurückzuweisen. Sie schloss sich den Ausführungen im Beschluss des Zulassungsausschusses an und trug ergänzend vor, dem Kläger sei seinerzeit eine rein lokal-regional gebundene (aber ansonsten nicht auf EBM-Ziffern begrenzte) Sonderbedarfszulassung erteilt worden. Die lokale Sonderbedarfszulassung sei von Nr. 25 der alten Bedarfsplanungs-Richtlinie erfasst worden. Die seinerzeitige lokale Sonderbedarfszulassung sei bestandskräftig. Des Weiteren wäre ein lokaler Sonderbedarf schlicht nicht möglich bzw. überflüssig, wenn man in der Beschränkung auf bestimmte Fachgruppenleistungen einen qualitativen Versorgungsbedarf sehen müsste.

Der Beklagte wies mit Beschluss vom 30.05.2016, ausgefertigt am 21.07.2016, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger sei seinerzeit nach dem Beschlusstenor gem. Nr. 24 lit. a der seinerzeit gültigen Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. als Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapeut zugelassen worden. Solche Sonderbedarfszulassungen erstarkten gem. Nr. 25 der Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. nicht zu Vollzulassungen. Der seinerzeitige Zulassungsbescheid sei an Bestandskraft erwachsen, damit auch die Rechtsgrundlage, auf deren Grundlage diese Zulassung ausgesprochen worden sei. Die Sonderbedarfszulassung könne nicht im Nachhinein in eine solche auf der Grundlage der Nr. 24 lit. b Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. uminterpretiert werden. Der Wortlaut sei die Grenze der Auslegung. Es handele sich bei der Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapie auch nicht um eine Subspezialisierung der (allgemeinen) Psychotherapie. Es handele sich um unterschiedliche Berufsfelder, die auch in keinem Rangverhältnis zueinander in dem Sinne stünden, dass für den Erwerb der zusätzlichen Qualifikation Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie zuvor die Grundqualifikation der allgemeinen Psychotherapie zwingend erworben werden müsse. Die Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapie stelle keine Zusatzqualifikation zur allgemeinen Psychotherapie dar. Bei der Berufsbezeichnung Kinder-·und Jugendlichenpsychotherapie handele es sich nicht um einen Fall der Nr. 24 lit. b der Bedarfsplanungs-Richtlinie a.F. Es werde deshalb aus jetzt mit der Neuregelung ausdrücklich geregelt, dass die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt werde. Eine solche Gleichstellungsfiktion wäre nicht erforderlich, wenn aufgrund der Ausbildungsvorgaben ohnehin davon ausgegangen werden müsste, dass die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eine Subspezialisierung der allgemeinen Psychotherapie darstelle.

Hiergegen hat der Kläger am 18.08.2016 die Klage erhoben. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt er vor, der Sonderbedarf sei ausschließlich auf die Schwerpunktbezeichnung "Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie" und somit der Sache nach auf einen qualitativen Sonderbedarf gestützt worden. Die Zulassung sei nach § 24 lit. b einzuordnen. Bei der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie handele es sich nicht um ein anderes Berufsfeld.

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses vom 30.05.2016 den Beklagten zu verurteilen, ihn neben seiner Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut als Psychologischen Psychotherapeuten an seinem bisherigen Vertragspsychotherapeutensitz zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend zu seinen Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, die dem Kläger erteilte Sonderbedarfszulassung nach § 24 lit. a sei nicht zu einer Vollzulassung erstarkt. Bei der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie handele es sich nicht um eine Subspezialisierung der allgemeinen Psychotherapie.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 26.08.2016 die Beiladung ausgesprochen.

Die übrigen Beigeladenen haben sich zum Verfahren schriftsätzlich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG). Sie konnte dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 3) bis 7) tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss vom 30.05.2016 ist rechtmäßig. Er war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, ihn neben seiner Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut als Psychologischen Psychotherapeuten an seinem bisherigen Vertragspsychotherapeutensitz zuzulassen. Die Klage war daher im abzuweisen.

Als Anspruchsgrundlage macht der Kläger seine seinerzeitige Sonderbedarfszulassung geltend, die in eine Vollzulassung erwachsen müsse.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses/Psychotherapie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 29.06.2000 aufgrund eines lokalen Sonderbedarfs nach Nr. 24 lit. a Bedarfsplanungs-Richtlinie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Nach § 101 Satz 1 Nr. 3 SGB V beschließen die Bundesausschüsse bzw. jetzt der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien Bestimmungen über Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind. Der Gesetzgeber hat darin in überversorgten Gebieten abweichend von § 103 Abs. 1 SGB V zusätzliche Vertragsarztsitze in Ausnahmefällen zugelassen. Diese Ausnahme dient dem Ziel, auch im Einzelfall sicherzustellen, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig - weil in der konkreten örtlichen Situation zur Erreichung ihres Zieles nicht erforderlich - die Berufsausübung beschränken. Zugleich wurde dem Bundesausschuss die Aufgabe übertragen, nähere Vorgaben für diese Zulassungen zu normieren. Gegen diese Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl. BSG, Urt. v. 19.03.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr. 1, juris Rdnr. 13 f. m. w. N.). Im vertragsärztlichen Bereich hatte, zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung, der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen von diesem Normsetzungsauftrag mit den Nrn. 24 bis 26 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte in der Fassung vom 09.03.1993, BAnz. Nr. 110a vom 18.06.1993, zuletzt geändert am 07. u. 21.09.1999, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 202 Seite 17.999 vom 26.10.1999, in Kraft getreten am 27.10.1999, zitiert nach https://www.g-ba.de/downloads/62-492-787/RL Bedarf-1999-09-07.pdf Gebrauch gemacht. Diese Bestimmungen gelten auch für die psychotherapeutische Versorgung (vgl. Nr. 1 BedarfsplRL-Ä). In Nr. 24 Satz 1 Buchst. a bis e BedarfsplRL-Ä hat er fünf Fallgruppen mit speziellen Sachverhalten umschrieben. Neben den beiden allgemeinen Tatbeständen eines a) lokalen (d.h. quantitativen) und eines b) besonderen (d.h. fachlichen bzw. qualitativen) Versorgungsbedarfs handelte es sich um drei weitere Fallgestaltungen eines qualitativen Defizits an bestimmten ärztlichen Leistungen, nämlich c) der Bildung einer spezialisierten Gemeinschaftspraxis, d) des ambulanten Operierens und e) der Dialyseversorgung. Der Fall eines lokalen Versorgungsbedarfs setzte einen nachweislichen lokalen Versorgungsbedarf in Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises voraus (Nr. 24 Satz 1 Buchst. a BedarfsplRL-Ä).

Nach Nr. 25 BedarfsplRL-Ä darf die Zulassung gemäß Nr. 24 im Falle des Buchstaben a) an den Ort der Niederlassung gebunden, und in den Fällen der Buchstaben b) bis d) mit der Maßgabe erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, für eine Übergangszeit von 5 Jahren abrechnungsfähig sind. Die Zulassung gemäß § 24 Satz 1 lit. b-d BedarfsplRL-Ä hatte mit der Maßgabe zu erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, abrechnungsfähig sind (§ 25 Satz 1 BedarfsplRL-Ä). § 25 Satz 1 BedarfsplRL-Ä setzt damit eine zwingende Beschränkung auf einen Leistungskatalog, wie dies bereits für eine Ermächtigung vorgeschrieben ist (vgl. § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV), voraus. Diese Beschränkung war nach der Nr. 25 Satz 1 BedarfsplRL Ä auf fünf Jahre befristet gewesen. Danach erstarkte die Sonderbedarfszulassung – unabhängig von der tatsächlichen Versorgungslage – in eine Vollzulassung, bei der zulassungsrechtliche Abrechnungsschranken nicht mehr bestanden.

Die Tatbestände der Sonderbedarfszulassung ermöglichen eine Zulassung in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich. Mit Beschluss v. 15.11.2005 (BAnz 2006, Nr. 68, S. 2539 fasste der GBA Nr. 25 Satz 1 BedarfsplRL-Ä neu unter Weglassen des Passus "für eine Übergangszeit von 5 Jahren" und fügte einen Satz 2 ein, wonach die Beschränkungen nach Satz 1 enden, wenn der Landesausschuss für den entsprechenden Planungsbereich feststellt, dass eine Überversorgung gemäß § 103 Abs. 1 und 3 SGB V nicht mehr besteht. Diese Änderung wurde dann in die Neufassung v. 15.12.2007 (BAnz 2007, Nr. 64, 3491) übernommen (vgl. § 25 Sätze 1 und 2 BedarfsplRL-Ä). Nach Auffassung des GBA handelt es sich bei den Tatbeständen der Sonderbedarfszulassung um Privilegierungsregelungen, die eine Zulassung in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich ermöglichten. Mit der Neufassung werde klargestellt, dass der Übergang in eine Vollzulassung künftig nur noch unter der Voraussetzung möglich sei, dass zu diesem Zeitpunkt in dem betreffenden Planungsbereich keine Überversorgung mehr bestehe. Maßgeblich für den Wegfall der Beschränkung bei Sonderbedarfszulassungen sei damit ausschließlich die Versorgungssituation im Planungsbereich (vgl. Tragende Gründe zum Beschluss über eine Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 15.11.2005, www.g-ba.de). Dies gilt nicht für Vertragsärzte, denen eine Sonderbedarfszulassung vor dem In-Kraft-Treten dieser Richtlinienänderung (also bis 06.04.2006) erteilt wurde (vgl. Beschl. v. 21.02.2006, BAnz 2006, Nr. 68 v. 06.04.2006, S 2541). Durch diese Übergangsfrist sollte Vertragsärzten, deren Sonderbedarfszulassung noch nicht in eine Vollzulassung umgewandelt worden ist, eine Umwandlung jedoch möglicherweise unmittelbar bevorstand, ihre Anwartschaft auf eine unbeschränkte Vollzulassung und damit eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition erhalten werden. Mit der Übergangsregelung sollte sichergestellt werden, dass unter Vertrauensschutzgesichtspunkten diese Anwartschaft auf eine Vollzulassung bestehen bleibt (vgl. Tragende Gründe zum Beschluss über eine Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 21.02.2006, www.g-ba.de).

Von daher war die dem Kläger erteilte Sonderbedarfszulassung zu keinem Zeitpunkt privilegiert, in eine - wie auch immer geartete - Vollzulassung zu erwachsen, da die Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24 lit. a BedarfsplRL-Ä nicht der Regelung nach Nr. 25 BedarfsplRL-Ä unterfiel. Entscheidend kommt es insofern auf den bestandskräftigen Zulassungsbescheid an, der eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 lit. a BedarfsplRL-Ä erteilt hat. Anders als bei einer Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 lit. b-d BedarfsplRL-Ä war im Übrigen eine lokale Sonderbedarfszulassung im Umfang ihrer Leistungserbringung nicht beschränkt, so dass es bereits von daher auch keine Aufhebung der Beschränkung möglich war. Bei einer Sonderbedarfszulassung nach Nr. 24 lit. a BedarfsplRL-Ä bestand lediglich die Möglichkeit, eine Bindung an den Vertragsarztsitz auszusprechen. Nach der Neufassung v. 15.02.2007 (BAnz 2007, Nr. 64, 3491) galt die Bindung an den Ort der Niederlassung dann strikt, war also nicht mehr in das Ermessen der Zulassungsgremien gestellt (vgl. § 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BedarfsplRL-Ä i. d. F. v. 15.02.2007).

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Berufsbezeichnung Kinder ·und Jugendlichenpsychotherapeut nicht um eine Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der psychotherapeutischen Weiterbildung. Berufsrechtlich folgt dies bereits aus dem Approbationsrecht. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PsychThG bedarf, wer die heilkundliche Psychotherapie unter der Berufsbezeichnung "Psychologische Psychotherapeutin" oder "Psychologischer Psychotherapeut" oder die heilkundliche Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie unter der Berufsbezeichnung "Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin" oder "Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut" ausüben will, der Approbation als Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Damit wird berufsrechtlich zwischen zwei Qualifikationen unterschieden, die gleichrangig sind und nicht in einem "mehr" zu einem "weniger" oder im Verhältnis einer Subspezialisierung stehen. Lediglich Psychologischen Psychotherapeuten ist es auch erlaubt, Kinder und Jugendliche zu behandeln, während es Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aufgrund ihrer auf Kinder und Jugendliche beschränkten Qualifikation nicht erlaubt ist, Erwachsene zu behandeln. Hieraus lässt sich aber nicht folgern, dass es sich nach geltendem Recht bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten lediglich um eine Subspezialisierung handele. Dies würde im Übrigen bedeuten, dass Voraussetzung für einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Qualifikation als "allgemeiner" Psychologischer Psychotherapeut wäre. Insoweit gilt nichts anderes als im ärztlichen Berufsrecht. Kinderärzte sind auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränkt, während Allgemeinärzte und Ärzte mit anderen Gebietsbezeichnungen auch Kinder und Jugendliche behandeln dürfen. Im psychotherapeutischen Bereich beruht die Aufgliederung der psychotherapeutischen Tätigkeit in zwei unterschiedliche Berufe vor allem darauf, dass der Zugang zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen auch solchen Personen ermöglicht werden soll, die kein Psychologiestudium absolviert haben. Das ergibt sich aus § 5 Abs. 2 PsychThG. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PsychThG ersetzt die im Inland an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule bestandene Abschlussprüfung in den Studiengängen Pädagogik oder Sozialpädagogik für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten das für Psychologische Psychotherapeuten unverzichtbare Diplom in Psychologie (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002 - B 6 KA 37/01 R - SozR 3-2500 § 95c Nr. 1, juris Rdnr. 28). Es handelt sich um zwei selbständige Heilberufe (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.07.1999 - 1 BvR 1056/99 - juris Rdnr. 2). Auch vertragsarztrechtlich handelt es sich bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht um eine bloße Subspezialisierung, da das Vertragsarztrecht mit der Approbation als Zulassungsvoraussetzung (§ 95 Abs. 2 Satz 1 und 3, 95c Satz 1 Nr. 1 SGB V) an das Berufsrecht anknüpft.

Soweit die BedarfsplRL die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichstellt (aktuell § 37 Abs. 2 Satz 4 BedarfsplRL), soll dadurch allein eine Sonderbedarfszulassung von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ermöglicht werden, was in der Instanzenrechtsprechung verschiedentlich abgelehnt worden war (vgl. Pawlita in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 101 Rdnr. 126 Fn. 180). Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die vom Normgeber getroffene Gleichstellungsfiktion nicht erforderlich gewesen wäre, wenn aufgrund der Ausbildungsvorgaben ohnehin davon ausgegangen werden müsste, dass die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut eine Subspezialisierung der allgemeinen Psychotherapie darstellt.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2004, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, juris Rdnr. 44).
Rechtskraft
Aus
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