Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 218/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 69/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. November 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Anerkennung eines Arbeitsunfalles durch die Beklagte.
Der im Jahre 1979 in P. geborene und Ende Februar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Kläger vereinbarte am 3. Mai 2010 im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung mit der H. Arbeitsgemeinschaft SGB II (A.) unter anderem die Teilnahme an einem Integrationskurs-Deutsch an der V. Als Ziel der Eingliederung wurde die "Beseitigung eines Vermittlungshindernisses" in die Vereinbarung aufgenommen. Die entsprechende Bescheinigung über die Teilnahme war bis zum 31. Mai 2010 vorzulegen. Ein Verstoß gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten sollte nach dieser zu Leistungskürzungen führen; zudem sei gemäß § 44 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) der Kläger zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet. Von der A. erhielt der Kläger hierfür einen Berechtigungs¬schein für die kostenlose Teilnahme am Integrationskurs zur Vorlage beim Sprachkursträger.
Am 27. Mai 2010 verunfallte er während des Besuchs des Integrationskurses an der V. beim Verlassen des Gebäudes, indem er auf der Treppe mit dem rechten Fuß umknickte und sich dabei am rechten Bein verletzte.
Der Unfall wurde am 30. Mai 2010 vom Durchgangsarzt zunächst der Verwaltungsberufsgenossenschaft gemeldet, welche den Vorgang an die Beklagte weiterleitete. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 teilte die V. mit, dass der Kläger nicht über die V. unfallversichert gewesen sei, denn dieser habe an einem Intensivkurs für Zuwanderer teilgenommen, welcher nicht der beruflichen Bildung gedient habe. Er habe damit nicht zu den Projektteilnehmern gehört, die über die V. im Rahmen der berufsbezogenen Sprachförderung gesetzlich unfallversichert seien.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2011 bestätigte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dass der Kläger an einem Integrationskurs der V. H. teilgenommen habe. Die Versicherung der Teilnehmer erfolge über die jeweilige Schule, welche die Kurse anbiete. Die Unfallkasse des Bundes wies in einem Schreiben vom 22. Februar 2011 gegenüber der Beklagten darauf hin, dass zuständiger Unfallversicherungsträger bei Lernenden der Träger sei, der für den Sachkostenträger zuständig ist. Mit Bescheid vom 9. September 2011 erkannte daraufhin die Beklagte das Ereignis vom 27. Mai 2010 als Arbeitsunfall an.
Im weiteren Verlauf zog die Beklagte die Drucksache des Deutschen Bundestages 16/3971 bei, in welcher der parlamentarische Staatssekretär G.A. ausführte, dass für Teilnehmer an Integrationskursen mit ausschließlich aufenthaltsbezogener Zweck¬bestimmung, die auf der Grundlage des § 43 Abs. 3 AufenthG und § 9 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) in Verbindung mit der Integrationskursverordnung (IntV) durchgeführt würden, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe. Nach den gesetzlichen Regelungen werde mit dem Besuch ausschließlich das Ziel der gesellschaftlichen und kulturellen Integration verfolgt. Neben diesen aufenthalts¬bezogenen Integrationskursen gebe es auch gleichfalls als Integrationskurse bezeichnete Angebote, deren Zweckbestimmung über den Aufenthaltsbezug hinausgehe. Diese Kurse vermittelten etwa spezielle berufsbezogene Deutschkenntnisse oder beinhalteten praxis¬nahes Training zur Verbesserung der Integration in den Arbeitsmarkt. Solche Kurse seien nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) gesetzlich unfallversichert.
Mit Bescheid vom 16. März 2012 und Widerspruchsbescheid vom 2. August 2012 stellte die Beklagte nach Anhörung des Klägers fest, dass der Verwaltungsakt vom 9. September 2011 rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) sei. Das Ereignis werde nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Der besuchte Kurs habe ausschließlich der gesellschaftlichen und kulturellen Integration gedient. Für Kurse, die aufgrund einer solchen aufenthalts¬bezogenen Zweckbestimmung durchgeführt würden, bestehe kein Versicherungs¬schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Rücknahme für die Vergangenheit habe aber aus Gründen des Vertrauensschutzes zu unterbleiben, jedoch würden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab dem 1. April 2012 nicht mehr erbracht.
Auf die am 31. August 2012 mit der Begründung, es liege eine Regelungslücke vor, Berufsbezogenheit sei bereits dann zu bejahen, wenn die Grundlagen der Sprachförderung in einem Zusammenhang mit dem künftigen Beruf stünden, insoweit müsse der Begriff des Lernenden großzügig ausgelegt werden, erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 14. November 2013 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und ausgeführt, der Kläger haben einen Arbeitsunfall erlitten, weil er nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII als Lernender versichert gewesen sei. Das Erlernen der deutschen Sprache habe in erster Linie der besseren Eingliederung in das Erwerbsleben gedient. Hierfür spreche, dass der Verletzte den Kurs aufgrund einer vorher mit der A. abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung besucht habe. Im Rahmen dieser Ein¬gliederungs¬vereinbarung sei konkret festgesetzt, dass der Kläger im Rahmen der Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit diesen Kurs besuchen solle und bis zum 31. Mai 2010 eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen habe. Damit habe auch die A. den Besuch des Integrationskurses als unmittelbar berufsbezogen angesehen, sei es auch zur Aufnahme einer künftigen, bisher noch nicht konkret feststehenden beruflichen Tätigkeit. Die A. habe dem Kläger auch eine Berechtigung zur Teilnahme an dem Integrationskurs aus-gegeben. Darüber hinaus spreche die angedrohte Sanktionierung des Klägers bei Nicht-vorlage der Teilnahmebescheinigung ebenfalls für die Annahme eines gesetzlichen Ver-sicherungs¬¬schutzes bei tatsächlicher Teilnahme an dem Kurs. Unerheblich sei dabei die von der V. mitgeteilte Auffassung, dass der Kläger zwar in einem Intensivkurs mitgemacht, dieser aber nicht der beruflichen Bildung gedient habe. In einem solchen Fall erscheine es ausreichend, wenn eine mit der Eingliederung von hilfebedürftigen Erwerbslosen in Arbeit von Staatswegen befasste öffentliche Einrichtung eine unmittelbare Berufsbezogenheit erkannt und nach außen hin manifestiert habe. Nach dem Wortlaut sei für den Versicherungs¬schutz nicht erforderlich, dass der betreffende Integrationskurs unmit¬tel¬bar der beruflichen Bildung gedient habe. Es könne auch keines¬wegs angenommen werden, dass der Deutschkurs ausschließlich dem Ziel der gesellschaftlichen und kulturellen Integration gedient habe. Hiergegen spreche die zwischen dem Kläger und der A. geschlossene Eingliederungsvereinbarung. Die A. sei keineswegs für die gesellschaftliche und kulturelle Integration von aus dem Ausland zugezogenen Personen zuständig.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 6. Dezember 2012 zugestellte Urteil am 23. Dezember 2012 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, es sei unerheblich, dass der Kläger den Kurs aufgrund einer vorher mit der A. geschlossenen Eingliederungsvereinbarung besucht habe und ihm diesbezüglich Fristen gesetzt worden seien. Dies begründe keinen gesetz¬lichen Unfallversicherungsschutz. In der Drucksache des Deutschen Bundestages 16/3971 werde eindeutig beschrieben, dass lediglich für die Teilnahme an Kursen, die spezielle berufsbezogene Deutschkenntnisse vermittelten oder praxisnahes Training zur Verbes¬serung der beruflichen Integration in den Arbeitsmarkt beinhalteten, Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII bestehe. Für Integrationskurse mit ausschließlich aufenthaltsbezogener Zweck¬bestimmung hingegen bestehe kein Versicherungs¬schutz, da hier ausschließlich das Ziel der gesellschaftlichen und kulturellen Integration verfolgt werde. Der Kläger habe zwar an einem Intensivkurs für Zuwanderer, nicht jedoch an einem den Versicherungsschutz begründenden ESF-BAMF-Kurs (Europäischer Sozialfonds – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Kurs) teilgenommen, dessen Teilnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII versichert seien.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. November 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Das Berufungsgericht hat eine Auskunft des BAMF eingeholt, nach welcher es sich bei den Integrationskursen nach § 3 IntV um solche zur Vermittlung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und von Alltagswissen sowie von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands, insbesondere auch der Werte des demokratischen Staatswesens der Bundesrepublik Deutschland und der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung, Toleranz und Religionsfreiheit handelt. Nach Auffassung des BAMF stellen diese Kurse keine Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt dar und die Teilnehmer befinden sich nicht in einer beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen oder ähnlichen Einrichtungen im Sinne von § 45 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Senats am 23. August 2016 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist auch begründet. Der Verwaltungsakt vom 9. September 2011, mit welchem die Beklagte den Unfall des Klägers vom 27. Mai 2010 als Arbeitsunfall anerkannt hat, war rechtswidrig und die Beklagte durfte ihn mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X zurücknehmen. Denn der Kläger hat am 27. Mai 2010 keinen Arbeitsunfall erlitten.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII (hier in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV), zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze) begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung kommt vorliegend aus-schließlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind kraft Gesetzes versichert Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebs-stätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen. § 2 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b) SGB VII, der den Unfallversicherungsschutz für Teilnehmer an arbeitsmarkt-politischen Maßnahmen regelt, bei denen entweder die teilnehmenden Personen selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) zuständigen Träger oder einen nach § 6a SGB II zugelassenen kommunalen Träger gefördert werden, ist erst durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 eingeführt worden und findet daher vorliegend – unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen – keine Anwendung.
Versicherungsschutz besteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII für alle Bildungsmaßnahmen zur Vermittlung berufsnütziger Kenntnisse und Fähigkeiten jeder Art und jeden Umfangs, einschließlich der Abschlussprüfung. Der Besuch von Fachschule und Volkshochschule ist versichert, wenn dort Kenntnisse vermittelt werden, die der Lernende in seinem Beruf verwenden will. Eine Aus- und Fortbildung liegt nicht vor, wenn keinerlei Bezug zu einer bestimmten Erwerbstätigkeit oder versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 SGB VII vorliegt, wenn diese insbesondere aus rein privaten Zwecken ohne wirtschaftlich oder sonst versicherungsrelevantes Interesse, aus Hobby oder zur Erweiterung der Allgemeinbildung betrieben wird (Bieresborn in: Juris-PK SGB VII, § 2 Rn. 72 f.). Danach stand der Kläger während des Besuches des Integrationskurses nicht unter Versicherungsschutz. Denn der Kurs diente ausschließlich der aufgrund Einwanderung erforderlichen gesellschaftlichen und kulturellen Integration und damit der Allgemeinbildung. Dass die A. die Verpflichtung zur Teilnahme in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Dies folgt aus §§ 43-45 AufenthG und der auf der Grundlage dieser Vorschriften erlassenen IntV.
Nach § 44a AufenthG ist ein Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, wenn er nach § 44 AufenthG einen Anspruch auf Teilnahme hat und er sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann oder er zum Zeitpunkt der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 30 AufenthG nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt oder er Leistungen nach dem SGB II bezieht und die Teilnahme am Integrationskurs in einer Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB II vorgesehen ist. Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44 AufenthG hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm entweder erstmals eine Aufenthalts¬erlaubnis zu Erwerbszwecken, zum Zweck des Familiennachzugs, aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2, 4a Satz 3 oder § 25b AufenthG, als langfristig Aufenthalts¬berechtigter nach § 38a AufenthG oder ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4 AufenthG erteilt wird. Nach § 43 Abs. 2 AufenthG ist Ziel des Integrationskurses, den Ausländern die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte in Deutschland erfolgreich zu vermitteln. Ausländer sollen dadurch mit den Lebens¬verhältnissen im Bundes¬gebiet so weit vertraut werden, dass sie ohne die Hilfe oder Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig handeln können.
Nach § 1 der nach § 43 Abs. 4 AufenthG erlassenen IntV führt das BAMF die Integrations-kurse in Zusammenarbeit mit Ausländerbehörden, dem Bundesverwaltungsamt, Kommunen, Migrationsdiensten und Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II durch und gewährleistet ein ausreichendes Kursangebot. Das BAMF lässt die Kurse in der Regel von privaten oder öffentlichen Trägern durchführen. Nach § 3 Abs. 1 IntV dient der Kurs der erfolgreichen Vermittlung von ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache nach § 43 Abs. 3 AufenthG und § 9 Abs. 1 Satz 1 des BVFG und von Alltagswissen sowie von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands, insbesondere auch der Werte des demokratischen Staatswesens der Bundesrepublik Deutschland und der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Gleich¬berechtigung, Toleranz und Religionsfreiheit. Nach § 3 Abs. 2 IntV verfügt über aus¬reichende Kenntnisse der deutschen Sprache nach Absatz 1 Nr. 1, wer sich im täglichen Leben in seiner Umgebung selbständig sprachlich zurechtfinden und entsprechend seinem Alter und Bildungsstand ein Gespräch führen und sich schriftlich ausdrücken kann (Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen).
Der Kläger war nach den genannten Vorschriften zur Teilnahme an dem von ihm besuchten Integrationskurs berechtigt, weil er vor der Umsiedelung keine Deutschkenntnisse für eine Verständigung im Alltag im Sinne des Sprachniveaus B1 erworben hatte. Er war auch zur Teilnahme verpflichtet, weil zusätzlich zu den übrigen Voraussetzungen die Teilnahme in der Eingliederungsvereinbarung vorgesehen war. Die Aufnahme in die Eingliederungs-vereinbarung folgt dabei aus § 3 Abs. 2b SGB II, welcher bestimmt, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen nach § 44 AufenthG die Bundesagentur auf die Teilnahme an einem Integrations¬kurs hinzuwirken hat (Satz 1) und dass eine diesbezügliche Verpflichtung vorrangig in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen ist (Satz 2). Die Vorschrift des § 3 Abs. 2b SGB II ist keine neue Grundlage für eine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs durch die Bundesagentur für Arbeit. Es handelt sich vielmehr um eine programmatische Aufforderung an die Träger, auf die Teilnahme an einem für die berufliche Perspektive des betreffenden Leistungsberechtigten geeigneten Sprachkurs hinzuwirken, indem Grundkenntnisse der deutschen Sprache erworben werden können (BT-Drs 16/10810, S. 77, Stachnow-Meyerhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 3, Rn. 64, ebenso wohl Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, § 3 Rn. 105, Greiser in: Eicher, SGB II, § 3 Rn. 21; a.A. Groth in: GK-SGB II, § 3 Rn. 36.10 f.). Danach handelt es sich bei einem Integrationskurs, wie ihn der Kläger besucht hat, nicht um eine Maßnahme nach dem SGB II oder nach dem SGB III, sondern um eine aufenthaltsrechtliche Maßnahme, welche in die Hände der A. gelegt wurde, weil diese über die entsprechenden Durchsetzungs¬möglichkeiten verfügt.
Das schließt nicht aus, dass die A. auch zur Teilnahme an berufsbezogenen Integrationskursen in der Eingliederungsvereinbarung verpflichten kann. In der Gesetzes-begründung heißt es insoweit: "Kommt der persönliche Ansprechpartner unter Beachtung des individuellen Sprachniveaus des Betroffenen und seiner Chancen am Arbeitsmarkt zu dem Ergebnis, dass die Vermittlung berufsbezogener Deutschkenntnisse zweckmäßiger ist, soll er darauf hinwirken, dass Betroffene an entsprechenden Kursen teilnehmen; Maßnahmen mit berufsbezogener Sprachförderung anstelle eines Integrationskurses werden durch die Neuregelung nicht ausgeschlossen. Hierfür kommt unter anderem die berufsbezogene Sprachförderung des BAMF ("ESF-BAMF-Programm") in Betracht." An einem derartigen berufsbezogenen Sprachprogramm hat der Kläger indes nicht teilgenommen.
Hat damit der Integrationskurs ausschließlich der Allgemeinbildung im Sinne des Erlernens der Sprache auf einem Alltagsniveau sowie gesellschaftlicher und rechtlicher Grundlagen-vermittlung gedient, fehlt es an der von § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII vorausgesetzten Berufsbezogenheit. Der Umstand, dass die A. in die Durchführung des Integrationskurses involviert war, spricht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keineswegs für eine Berufsbezogenheit, sondern folgt lediglich dem gesetzgeberisch angeordneten Zusammen-spiel der Vorschriften des AufenthG und der IntV. Die genannten Vorschriften verfolgen ausschließlich das Ziel einer gesellschaftlichen und kulturellen, nicht dagegen vorrangig und unmittelbar einer beruflichen Integration, auch wenn letztere ohne erstere nicht denkbar ist. Ob und welche Motivation der Kläger an der Teilnahme hatte, ist dagegen unerheblich. Eine (unbeabsichtigte) Gesetzeslücke, wie der Kläger behauptet, liegt insoweit nicht vor. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung zu begründen. Hat er sich – wie hier – dafür entschieden, nur im Rahmen unmittelbar berufsbezogener Ausbildungsgänge Versicherungsschutz zu gewähren, dann kann dies nicht richterrechtlich erweitert werden.
Der Bescheid vom 9. September 2011 war daher bereits bei seinem Erlass zu Gunsten des Klägers rechtswidrig, weil ein Arbeitsunfall nicht vorlag.
Die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X liegen vor. Schutzwürdige Vertrauensgesichtspunkte, die einer Aufhebung für die Zukunft entgegenstünden sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Die Zweijahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist eingehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechts-streits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Anerkennung eines Arbeitsunfalles durch die Beklagte.
Der im Jahre 1979 in P. geborene und Ende Februar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Kläger vereinbarte am 3. Mai 2010 im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung mit der H. Arbeitsgemeinschaft SGB II (A.) unter anderem die Teilnahme an einem Integrationskurs-Deutsch an der V. Als Ziel der Eingliederung wurde die "Beseitigung eines Vermittlungshindernisses" in die Vereinbarung aufgenommen. Die entsprechende Bescheinigung über die Teilnahme war bis zum 31. Mai 2010 vorzulegen. Ein Verstoß gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten sollte nach dieser zu Leistungskürzungen führen; zudem sei gemäß § 44 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) der Kläger zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet. Von der A. erhielt der Kläger hierfür einen Berechtigungs¬schein für die kostenlose Teilnahme am Integrationskurs zur Vorlage beim Sprachkursträger.
Am 27. Mai 2010 verunfallte er während des Besuchs des Integrationskurses an der V. beim Verlassen des Gebäudes, indem er auf der Treppe mit dem rechten Fuß umknickte und sich dabei am rechten Bein verletzte.
Der Unfall wurde am 30. Mai 2010 vom Durchgangsarzt zunächst der Verwaltungsberufsgenossenschaft gemeldet, welche den Vorgang an die Beklagte weiterleitete. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 teilte die V. mit, dass der Kläger nicht über die V. unfallversichert gewesen sei, denn dieser habe an einem Intensivkurs für Zuwanderer teilgenommen, welcher nicht der beruflichen Bildung gedient habe. Er habe damit nicht zu den Projektteilnehmern gehört, die über die V. im Rahmen der berufsbezogenen Sprachförderung gesetzlich unfallversichert seien.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2011 bestätigte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dass der Kläger an einem Integrationskurs der V. H. teilgenommen habe. Die Versicherung der Teilnehmer erfolge über die jeweilige Schule, welche die Kurse anbiete. Die Unfallkasse des Bundes wies in einem Schreiben vom 22. Februar 2011 gegenüber der Beklagten darauf hin, dass zuständiger Unfallversicherungsträger bei Lernenden der Träger sei, der für den Sachkostenträger zuständig ist. Mit Bescheid vom 9. September 2011 erkannte daraufhin die Beklagte das Ereignis vom 27. Mai 2010 als Arbeitsunfall an.
Im weiteren Verlauf zog die Beklagte die Drucksache des Deutschen Bundestages 16/3971 bei, in welcher der parlamentarische Staatssekretär G.A. ausführte, dass für Teilnehmer an Integrationskursen mit ausschließlich aufenthaltsbezogener Zweck¬bestimmung, die auf der Grundlage des § 43 Abs. 3 AufenthG und § 9 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) in Verbindung mit der Integrationskursverordnung (IntV) durchgeführt würden, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe. Nach den gesetzlichen Regelungen werde mit dem Besuch ausschließlich das Ziel der gesellschaftlichen und kulturellen Integration verfolgt. Neben diesen aufenthalts¬bezogenen Integrationskursen gebe es auch gleichfalls als Integrationskurse bezeichnete Angebote, deren Zweckbestimmung über den Aufenthaltsbezug hinausgehe. Diese Kurse vermittelten etwa spezielle berufsbezogene Deutschkenntnisse oder beinhalteten praxis¬nahes Training zur Verbesserung der Integration in den Arbeitsmarkt. Solche Kurse seien nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) gesetzlich unfallversichert.
Mit Bescheid vom 16. März 2012 und Widerspruchsbescheid vom 2. August 2012 stellte die Beklagte nach Anhörung des Klägers fest, dass der Verwaltungsakt vom 9. September 2011 rechtswidrig im Sinne des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) sei. Das Ereignis werde nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Der besuchte Kurs habe ausschließlich der gesellschaftlichen und kulturellen Integration gedient. Für Kurse, die aufgrund einer solchen aufenthalts¬bezogenen Zweckbestimmung durchgeführt würden, bestehe kein Versicherungs¬schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Rücknahme für die Vergangenheit habe aber aus Gründen des Vertrauensschutzes zu unterbleiben, jedoch würden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab dem 1. April 2012 nicht mehr erbracht.
Auf die am 31. August 2012 mit der Begründung, es liege eine Regelungslücke vor, Berufsbezogenheit sei bereits dann zu bejahen, wenn die Grundlagen der Sprachförderung in einem Zusammenhang mit dem künftigen Beruf stünden, insoweit müsse der Begriff des Lernenden großzügig ausgelegt werden, erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 14. November 2013 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und ausgeführt, der Kläger haben einen Arbeitsunfall erlitten, weil er nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII als Lernender versichert gewesen sei. Das Erlernen der deutschen Sprache habe in erster Linie der besseren Eingliederung in das Erwerbsleben gedient. Hierfür spreche, dass der Verletzte den Kurs aufgrund einer vorher mit der A. abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung besucht habe. Im Rahmen dieser Ein¬gliederungs¬vereinbarung sei konkret festgesetzt, dass der Kläger im Rahmen der Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit diesen Kurs besuchen solle und bis zum 31. Mai 2010 eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen habe. Damit habe auch die A. den Besuch des Integrationskurses als unmittelbar berufsbezogen angesehen, sei es auch zur Aufnahme einer künftigen, bisher noch nicht konkret feststehenden beruflichen Tätigkeit. Die A. habe dem Kläger auch eine Berechtigung zur Teilnahme an dem Integrationskurs aus-gegeben. Darüber hinaus spreche die angedrohte Sanktionierung des Klägers bei Nicht-vorlage der Teilnahmebescheinigung ebenfalls für die Annahme eines gesetzlichen Ver-sicherungs¬¬schutzes bei tatsächlicher Teilnahme an dem Kurs. Unerheblich sei dabei die von der V. mitgeteilte Auffassung, dass der Kläger zwar in einem Intensivkurs mitgemacht, dieser aber nicht der beruflichen Bildung gedient habe. In einem solchen Fall erscheine es ausreichend, wenn eine mit der Eingliederung von hilfebedürftigen Erwerbslosen in Arbeit von Staatswegen befasste öffentliche Einrichtung eine unmittelbare Berufsbezogenheit erkannt und nach außen hin manifestiert habe. Nach dem Wortlaut sei für den Versicherungs¬schutz nicht erforderlich, dass der betreffende Integrationskurs unmit¬tel¬bar der beruflichen Bildung gedient habe. Es könne auch keines¬wegs angenommen werden, dass der Deutschkurs ausschließlich dem Ziel der gesellschaftlichen und kulturellen Integration gedient habe. Hiergegen spreche die zwischen dem Kläger und der A. geschlossene Eingliederungsvereinbarung. Die A. sei keineswegs für die gesellschaftliche und kulturelle Integration von aus dem Ausland zugezogenen Personen zuständig.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 6. Dezember 2012 zugestellte Urteil am 23. Dezember 2012 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, es sei unerheblich, dass der Kläger den Kurs aufgrund einer vorher mit der A. geschlossenen Eingliederungsvereinbarung besucht habe und ihm diesbezüglich Fristen gesetzt worden seien. Dies begründe keinen gesetz¬lichen Unfallversicherungsschutz. In der Drucksache des Deutschen Bundestages 16/3971 werde eindeutig beschrieben, dass lediglich für die Teilnahme an Kursen, die spezielle berufsbezogene Deutschkenntnisse vermittelten oder praxisnahes Training zur Verbes¬serung der beruflichen Integration in den Arbeitsmarkt beinhalteten, Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII bestehe. Für Integrationskurse mit ausschließlich aufenthaltsbezogener Zweck¬bestimmung hingegen bestehe kein Versicherungs¬schutz, da hier ausschließlich das Ziel der gesellschaftlichen und kulturellen Integration verfolgt werde. Der Kläger habe zwar an einem Intensivkurs für Zuwanderer, nicht jedoch an einem den Versicherungsschutz begründenden ESF-BAMF-Kurs (Europäischer Sozialfonds – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Kurs) teilgenommen, dessen Teilnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII versichert seien.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. November 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Das Berufungsgericht hat eine Auskunft des BAMF eingeholt, nach welcher es sich bei den Integrationskursen nach § 3 IntV um solche zur Vermittlung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und von Alltagswissen sowie von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands, insbesondere auch der Werte des demokratischen Staatswesens der Bundesrepublik Deutschland und der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung, Toleranz und Religionsfreiheit handelt. Nach Auffassung des BAMF stellen diese Kurse keine Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt dar und die Teilnehmer befinden sich nicht in einer beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen oder ähnlichen Einrichtungen im Sinne von § 45 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Senats am 23. August 2016 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist auch begründet. Der Verwaltungsakt vom 9. September 2011, mit welchem die Beklagte den Unfall des Klägers vom 27. Mai 2010 als Arbeitsunfall anerkannt hat, war rechtswidrig und die Beklagte durfte ihn mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X zurücknehmen. Denn der Kläger hat am 27. Mai 2010 keinen Arbeitsunfall erlitten.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII (hier in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV), zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze) begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung kommt vorliegend aus-schließlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind kraft Gesetzes versichert Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebs-stätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen. § 2 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. b) SGB VII, der den Unfallversicherungsschutz für Teilnehmer an arbeitsmarkt-politischen Maßnahmen regelt, bei denen entweder die teilnehmenden Personen selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) zuständigen Träger oder einen nach § 6a SGB II zugelassenen kommunalen Träger gefördert werden, ist erst durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 eingeführt worden und findet daher vorliegend – unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen – keine Anwendung.
Versicherungsschutz besteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII für alle Bildungsmaßnahmen zur Vermittlung berufsnütziger Kenntnisse und Fähigkeiten jeder Art und jeden Umfangs, einschließlich der Abschlussprüfung. Der Besuch von Fachschule und Volkshochschule ist versichert, wenn dort Kenntnisse vermittelt werden, die der Lernende in seinem Beruf verwenden will. Eine Aus- und Fortbildung liegt nicht vor, wenn keinerlei Bezug zu einer bestimmten Erwerbstätigkeit oder versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 SGB VII vorliegt, wenn diese insbesondere aus rein privaten Zwecken ohne wirtschaftlich oder sonst versicherungsrelevantes Interesse, aus Hobby oder zur Erweiterung der Allgemeinbildung betrieben wird (Bieresborn in: Juris-PK SGB VII, § 2 Rn. 72 f.). Danach stand der Kläger während des Besuches des Integrationskurses nicht unter Versicherungsschutz. Denn der Kurs diente ausschließlich der aufgrund Einwanderung erforderlichen gesellschaftlichen und kulturellen Integration und damit der Allgemeinbildung. Dass die A. die Verpflichtung zur Teilnahme in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Dies folgt aus §§ 43-45 AufenthG und der auf der Grundlage dieser Vorschriften erlassenen IntV.
Nach § 44a AufenthG ist ein Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, wenn er nach § 44 AufenthG einen Anspruch auf Teilnahme hat und er sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann oder er zum Zeitpunkt der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 30 AufenthG nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt oder er Leistungen nach dem SGB II bezieht und die Teilnahme am Integrationskurs in einer Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB II vorgesehen ist. Einen Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44 AufenthG hat ein Ausländer, der sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhält, wenn ihm entweder erstmals eine Aufenthalts¬erlaubnis zu Erwerbszwecken, zum Zweck des Familiennachzugs, aus humanitären Gründen nach § 25 Absatz 1, 2, 4a Satz 3 oder § 25b AufenthG, als langfristig Aufenthalts¬berechtigter nach § 38a AufenthG oder ein Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 2 oder Absatz 4 AufenthG erteilt wird. Nach § 43 Abs. 2 AufenthG ist Ziel des Integrationskurses, den Ausländern die Sprache, die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte in Deutschland erfolgreich zu vermitteln. Ausländer sollen dadurch mit den Lebens¬verhältnissen im Bundes¬gebiet so weit vertraut werden, dass sie ohne die Hilfe oder Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig handeln können.
Nach § 1 der nach § 43 Abs. 4 AufenthG erlassenen IntV führt das BAMF die Integrations-kurse in Zusammenarbeit mit Ausländerbehörden, dem Bundesverwaltungsamt, Kommunen, Migrationsdiensten und Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II durch und gewährleistet ein ausreichendes Kursangebot. Das BAMF lässt die Kurse in der Regel von privaten oder öffentlichen Trägern durchführen. Nach § 3 Abs. 1 IntV dient der Kurs der erfolgreichen Vermittlung von ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache nach § 43 Abs. 3 AufenthG und § 9 Abs. 1 Satz 1 des BVFG und von Alltagswissen sowie von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands, insbesondere auch der Werte des demokratischen Staatswesens der Bundesrepublik Deutschland und der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Gleich¬berechtigung, Toleranz und Religionsfreiheit. Nach § 3 Abs. 2 IntV verfügt über aus¬reichende Kenntnisse der deutschen Sprache nach Absatz 1 Nr. 1, wer sich im täglichen Leben in seiner Umgebung selbständig sprachlich zurechtfinden und entsprechend seinem Alter und Bildungsstand ein Gespräch führen und sich schriftlich ausdrücken kann (Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen).
Der Kläger war nach den genannten Vorschriften zur Teilnahme an dem von ihm besuchten Integrationskurs berechtigt, weil er vor der Umsiedelung keine Deutschkenntnisse für eine Verständigung im Alltag im Sinne des Sprachniveaus B1 erworben hatte. Er war auch zur Teilnahme verpflichtet, weil zusätzlich zu den übrigen Voraussetzungen die Teilnahme in der Eingliederungsvereinbarung vorgesehen war. Die Aufnahme in die Eingliederungs-vereinbarung folgt dabei aus § 3 Abs. 2b SGB II, welcher bestimmt, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen nach § 44 AufenthG die Bundesagentur auf die Teilnahme an einem Integrations¬kurs hinzuwirken hat (Satz 1) und dass eine diesbezügliche Verpflichtung vorrangig in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen ist (Satz 2). Die Vorschrift des § 3 Abs. 2b SGB II ist keine neue Grundlage für eine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs durch die Bundesagentur für Arbeit. Es handelt sich vielmehr um eine programmatische Aufforderung an die Träger, auf die Teilnahme an einem für die berufliche Perspektive des betreffenden Leistungsberechtigten geeigneten Sprachkurs hinzuwirken, indem Grundkenntnisse der deutschen Sprache erworben werden können (BT-Drs 16/10810, S. 77, Stachnow-Meyerhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 3, Rn. 64, ebenso wohl Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, § 3 Rn. 105, Greiser in: Eicher, SGB II, § 3 Rn. 21; a.A. Groth in: GK-SGB II, § 3 Rn. 36.10 f.). Danach handelt es sich bei einem Integrationskurs, wie ihn der Kläger besucht hat, nicht um eine Maßnahme nach dem SGB II oder nach dem SGB III, sondern um eine aufenthaltsrechtliche Maßnahme, welche in die Hände der A. gelegt wurde, weil diese über die entsprechenden Durchsetzungs¬möglichkeiten verfügt.
Das schließt nicht aus, dass die A. auch zur Teilnahme an berufsbezogenen Integrationskursen in der Eingliederungsvereinbarung verpflichten kann. In der Gesetzes-begründung heißt es insoweit: "Kommt der persönliche Ansprechpartner unter Beachtung des individuellen Sprachniveaus des Betroffenen und seiner Chancen am Arbeitsmarkt zu dem Ergebnis, dass die Vermittlung berufsbezogener Deutschkenntnisse zweckmäßiger ist, soll er darauf hinwirken, dass Betroffene an entsprechenden Kursen teilnehmen; Maßnahmen mit berufsbezogener Sprachförderung anstelle eines Integrationskurses werden durch die Neuregelung nicht ausgeschlossen. Hierfür kommt unter anderem die berufsbezogene Sprachförderung des BAMF ("ESF-BAMF-Programm") in Betracht." An einem derartigen berufsbezogenen Sprachprogramm hat der Kläger indes nicht teilgenommen.
Hat damit der Integrationskurs ausschließlich der Allgemeinbildung im Sinne des Erlernens der Sprache auf einem Alltagsniveau sowie gesellschaftlicher und rechtlicher Grundlagen-vermittlung gedient, fehlt es an der von § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII vorausgesetzten Berufsbezogenheit. Der Umstand, dass die A. in die Durchführung des Integrationskurses involviert war, spricht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keineswegs für eine Berufsbezogenheit, sondern folgt lediglich dem gesetzgeberisch angeordneten Zusammen-spiel der Vorschriften des AufenthG und der IntV. Die genannten Vorschriften verfolgen ausschließlich das Ziel einer gesellschaftlichen und kulturellen, nicht dagegen vorrangig und unmittelbar einer beruflichen Integration, auch wenn letztere ohne erstere nicht denkbar ist. Ob und welche Motivation der Kläger an der Teilnahme hatte, ist dagegen unerheblich. Eine (unbeabsichtigte) Gesetzeslücke, wie der Kläger behauptet, liegt insoweit nicht vor. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung zu begründen. Hat er sich – wie hier – dafür entschieden, nur im Rahmen unmittelbar berufsbezogener Ausbildungsgänge Versicherungsschutz zu gewähren, dann kann dies nicht richterrechtlich erweitert werden.
Der Bescheid vom 9. September 2011 war daher bereits bei seinem Erlass zu Gunsten des Klägers rechtswidrig, weil ein Arbeitsunfall nicht vorlag.
Die weiteren Voraussetzungen einer Aufhebung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X liegen vor. Schutzwürdige Vertrauensgesichtspunkte, die einer Aufhebung für die Zukunft entgegenstünden sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Die Zweijahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist eingehalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechts-streits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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