Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 180/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 34/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1965 geborene Klägerin beantragte am 25.09.2010 bei der Beigeladenen - konkret bei der Agentur für Arbeit F-Stadt - einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der damals gültigen Fassung. Sie gab dabei an, schon in den Jahren 1983 bis 1997 als Gastronomin selbstständig tätig gewesen zu sein. Mit dem Antrag wurden Planungsunterlagen eingereicht, die in der Rubrik Kosten zur Deckung des Lebensunterhalts des Inhabers u.a. die Positionen Krankenversicherung und Rentenversicherung (Riester) auswies. Der Klägerin wurden für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.07.2011 ein Gründungszuschuss in Höhe von 975,60 Euro zuzüglich einer Pauschale von 300,00 Euro zur sozialen Sicherung bewilligt und im Anschluss daran für die Zeit bis 31.01.2012 monatlich 300,00 Euro als Zuschuss bewilligt.
Die Klägerin stellte bei der Beklagten am 10.05.2013 einen Antrag auf Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, nachdem sie seit 19.03.2013 wegen einer Hirnblutung im Krankenhaus behandelt worden war. Die Beklagte bewilligte der Klägerin die beantragte medizinische Rehabilitation in der m&i-Fachklinik H-Stadt und zwar für die Zeit vom 10.05.2013 bis 12.07.2013. Im dortigen Entlassungsbericht vom 13.08.2013 wurden folgende Diagnosen festgehalten: 1. Kleinhirnblutung rechts. 2. Dysarthrie. 3. Leichte kognitive Störung. 4. Ataxie. 5. Arrested Hydrocephalus. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig sowie als nurmehr einsatzfähig im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich angesehen. Einschränkungen würden besonders in der konzentrativen Belastbarkeit sowie im psychomotorischen Tempo bestehen und häufige Pausen erforderlich machen. Tätigkeit mit Verantwortung für Personen und Maschinen, Publikumsverkehr, Überwachung, Steuerung komplexer Arbeitsabläufe, Zeitdruck und Akkord und außerdem feinmotorische Dauerbelastung der Hände, das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sowie erhöhte Unfallgefahr seien der Klägerin nicht zuzumuten.
Ein neuerlicher Rehabilitationsantrag vom 28.10.2013, in dem die Klägerin auf das Vorliegen eines GdB von 80 und der Merkzeichen "G" und "B" verwiesen hatte, führte zu einer ärztlichen Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K., der die Klägerin am 19.03.2014 untersuchte. Er kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass bei der Klägerin - eine Kleinhirnblutung rechts, - eine Dysarthrie, - eine leichte kognitive Störung, - Gangataxie, - Feinmotorik-Störung in der rechten Hand und - eine mittelschwere depressive Episode vorliegen würden. Die Klägerin könne derzeit leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen, zeitweise im Stehen, drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Als Kellnerin oder Gastronomin sei sie nicht einsatzfähig. Auch seien Tätigkeiten mit erhöhtem zeitlichen Druck, erhöhten Anforderungen an das Konzentrations-, Umstellungs- und Anpassungsvermögen, hohem Bedarf an sprachlicher Kommunikation, Anforderungen an einen intakten Gleichgewichtssinn, erhöhter Anforderung an die Feinmotorik der rechten Hand und Arbeiten auf Leitern, Treppen und Gerüsten nicht möglich.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine erneute medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die in der Zeit vom 26.06.2014 bis 14.08.2014 in der Neurologischen Klinik Bad N. erfolgte. Im dortigen Entlassungsbericht vom 14.08.2014 wurde das Leistungsvermögen der Klägerin mit unter drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie in der letzten ausgeübten Tätigkeit eingeschätzt. Die Einschränkungen würden Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, Aufmerksamkeitsleistungen, Tätigkeiten mit Absturz- und Unfallgefahr, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, längere Gehstrecken, Zwangshaltungen, häufiges Bücken und bimanuelles feinmotorisches Arbeiten betreffen.
Die Medizinaldirektorin Dr. D. vom ärztlichen Dienst der Beklagten kam zum Ergebnis, dass die Beurteilung bei Ende des Heilverfahrens im Juli 2013 sowie bei der Begutachtung im März 2014 zu optimistisch gewesen sei und die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich einsatzfähig sei. Die getroffenen Feststellungen würden den allgemeinen Arbeitsmarkt betreffen. Eine Besserung innerhalb von drei Jahren sei aber noch nicht unwahrscheinlich.
Daraufhin deutete die Beklagte den Rehabilitationsantrag in einen Rentenantrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung um. Mit Bescheid vom 03.11.2014 lehnte sie den Rentenantrag jedoch ab, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei seit dem 19.03.2013 befristet voll erwerbsgemindert. Im maßgeblichen Zeitraum vom 19.03.2008 bis 18.03.2013 seien anstelle der erforderlichen 36 Monate Pflichtbeiträge jedoch nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Im Anschluss an Zeiten der Arbeitslosenversicherung bis 31.10.2010 seien keine weiteren rentenrechtlich relevanten Zeiten mehr vorhanden.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und machte geltend, dass ihr ein Rentenanspruch zustehe. Sie sei ab dem 19.03.2013 in vollem Umfang erwerbsgemindert. Die Klägerin sei bis 31.10.2010 Arbeitnehmerin gewesen und habe Rentenbeiträge entrichtet. Ab 01.11.2010 sei sie selbstständig gewesen. Diese Selbstständigkeit sei mit der Bundesagentur für Arbeit abgestimmt gewesen und es habe im Juli 2010 ein Beratungs- und Besprechungstermin stattgefunden. Für die Selbstständigkeit habe die Klägerin mit Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 25.10.2010 Arbeitslosengeld gemäß § 117 SGB III erhalten. Nach Ratschlag der Agentur für Arbeit in einem Besprechungstermin sollte sich die Klägerin umfassend sozial absichern lassen, das dazu Notwendige habe die Beraterin der Agentur für Arbeit veranlasst. Die Klägerin habe eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen. Es sei kein Hinweis erfolgt, dass die Klägerin nicht mehr in die Rentenversicherung einzahle oder nicht mehr krankenversichert sei. Sie sei zu Beginn ihrer Selbstständigkeit auch nicht zur Rentenversicherung geschickt worden, um sich über die Beitragszahlung und die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung der Erwerbsminderungsrentenansprüche zu informieren.
Vorgelegt wurde ein Bewilligungsbescheid vom 25.10.2010 über Arbeitslosengeldzahlungen bis 31.10.2010; für die Zeit danach sei die eigene Abmeldung aus dem Leistungsbezug erfolgt. Weiter ist ersichtlich, dass die Klägerin mit Schreiben vom 21.03.2012 ihre Arbeitslosenversicherung wegen Beitragserhöhung gekündigt und keine Beiträge mehr gezahlt hat. Dies war nach Mitteilung der Beigeladenen zwar nicht möglich, aber das Versicherungspflichtverhältnis der Arbeitslosenversicherung wurde gleichwohl wegen Verzugs der Beitragszahlung beendet. Nach einer bei der Beigeladenen eingeholten Auskunft bestand für die Klägerin nach dem 31.10.2010 weder Arbeitslosigkeit mit, noch ohne Leistungsbezug.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2015 den Widerspruch zurück. Es hätten sich hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Zeiten keine neuen Erkenntnisse ergeben. Über den 31.10.2010 hinaus habe aufgrund der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit weder ein Anspruch auf Arbeitslosengeld noch eine Arbeitslosmeldung vorgelegen. Eine Verlängerung des maßgeblichen Zeitraums habe damit nicht zu erfolgen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch aus § 241 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Hiergegen hat die Klägerin am 03.03.2015 mit Telefax-Schreiben Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie hat erneut geltend gemacht, sie habe mit Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 25.10.2010 einen Gründerzuschuss gemäß § 117 SGB III für die Dauer von 330 Kalendertagen erhalten, wobei der vorgelegte Bescheid allerdings nur Arbeitslosengeld für zwei Tage bis Ende Oktober 2010 unmittelbar betrifft. Die Klägerin sei nicht dahingehend beraten worden, dass sie nach dem Ende des Bezugs des Arbeitslosengeldes nicht mehr rentenversichert und nicht mehr krankenversichert sei. Für den Inhalt des Beratungsgespräches werde der Ehemann der Klägerin als Zeuge angeboten. Ergänzend hat die Klägerin die Bewilligungsbescheide über den Gründungszuschuss vorgelegt.
Die Beklagte hat erwidert, dass nur beim Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III a. F. Rentenversicherungsbeiträge umfasst gewesen seien. Bei dem Gewerbegründungszuschuss nach §§ 57, 58 SGB III a. F. sei dies nicht der Fall gewesen.
Die Klägerseite hat eingewandt, für einen normalen Bürger sei es nicht nachvollziehbar, dass ein Unterschied zwischen einem Gründungszuschuss und einem Existenzgründungszuschuss bestehe. Bei korrekter Beratung hätte die Klägerin selbstverständlich die Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Im Weiteren hat die Klägerin eine Streitverkündung gegenüber der Beigeladenen vorgenommen.
Das Sozialgericht hat die Bundesagentur für Arbeit mit Beschluss vom 01.06.2015 zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat ihr Merkblatt "Vermittlungsdienste und Leistungen" übersandt, in dem auf Seite 13 ausgeführt wird, dass zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ein Gründungszuschuss gezahlt werden könne. Dieser umfasse die Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zur Sicherung des Lebensunterhaltes und monatlich 300,00 Euro zur sozialen Absicherung. Damit der Schutz der Arbeitslosenversicherung in der Zeit der selbstständigen Tätigkeit erhalten bleibe, könne man sich freiwillig weiterversichern. Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihr das Merkblatt unbekannt sei.
In einem Erörterungstermin vom 23.10.2015 hat das Sozialgericht die Klägerin befragt. Diese hat angegeben, sie habe sich mit Selbstständigmachung am 01.11.2010 bei der AOK freiwillig krankenversichert. Das habe sie gewusst, weil sie auch früher schon über lange Zeit selbstständig gewesen sei. Sie habe sich nicht weiter rentenversichert und auch nicht bei Rentenversicherung erkundigt, weil sie davon ausgegangen sei, dass mit der freiwilligen Krankenversicherung und der freiwilligen Arbeitslosenversicherung auch die Rentenversicherung weiterlaufen würde. In dem Gespräch mit der Beraterin der Agentur für Arbeit sei zur Sprache gekommen, dass es ganz wichtig sei, sich freiwillig zu versichern für den Fall, dass etwas passiere. Wegen der Rentenversicherung und der Krankenversicherung habe sie keine konkreten Fragen gestellt. Sie habe gedacht, die Pauschale sei für die Krankenversicherung und für die Arbeitslosenversicherung; an die Rentenversicherung habe sie nicht gedacht, weil sie ja angenommen habe, dass diese im Krankenversicherungs- oder Arbeitslosenversicherungsbeitrag enthalten sei. Die Arbeitslosenversicherung habe sie im März 2012 gekündigt, weil sie sich überlegt habe, was denn eine Arbeitslosenversicherung für sie als Selbstständige bringen sollte. Diesen Beitrag habe sie sich sparen wollen. Selbstverständlich hätte sie, wenn sie gewusst hätte, dass die Rentenversicherung nicht in den anderen Beiträgen enthalten sei, Rentenversicherungsbeiträge gezahlt.
Der als Zeuge gehörte Ehemann der Klägerin hat angegeben, sie seien mehrmals, d.h. zwei- bis dreimal, bei der Beraterin bei der Arbeitsagentur gewesen. Als der Antrag auf Gründungszuschuss abgegeben worden sei, habe die Beraterin dringend angeraten, eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abzuschließen für den Fall, dass das Geschäft nicht laufe. Ausdrückliche Fragen wegen Krankenversicherung und Rentenversicherung hätten die Klägerin und er nicht gestellt. Sie seien davon ausgegangen, dass die Rentenversicherung dadurch abgedeckt sei, dass es sich um eine Maßnahme des Arbeitsamtes gehandelt habe: sei es durch die freiwillige Arbeitslosenversicherung, sei es durch den Gründungszuschuss. Die Pauschale zur sozialen Sicherung habe er als Zuschuss zur Krankenversicherung betrachtet. Weder nach Auslaufen des Gründungszuschusses noch nach Kündigung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung, seien von seiner Frau und ihm bezüglich der Rentenversicherung etwas unternommen worden. Selbstverständlich wären sie willens gewesen, Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten. Dass sie dies nach Ablauf des Gründungszuschusses und Kündigung der Arbeitslosenversicherung nicht getan hätten, habe einfach daran gelegen, dass sie nicht daran gedacht hätten.
Mit Zustimmung der Beklagten hat die Klägerin erweiternd beantragt, hilfsweise die Zahlung von Pflichtbeiträgen als Selbstständige für den Zeitraum 01.11.2010 bis zum Eintritt des Leistungsfalles zuzulassen.
Das Sozialgericht hat sodann mit Einverständnis der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden. Es hat mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin zwar unstreitig derzeit voll erwerbsgemindert sei, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erfüllt seien. Der Bezug eines Gründungszuschusses gemäß § 57 SGB III löse keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Der Selbstständige erhalte einen bestimmten Geldbetrag als Zuschuss für seine soziale Absicherung, für die er selbst Sorge tragen müsse. Eine Nachzahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung sei nicht möglich. Eine Pflichtversicherung auf Antrag setze einen entsprechenden vorherigen Antrag voraus. Sie könne nur in die Zukunft wirken. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder ein Wiederherstellungsanspruch kämen im Fall der Klägerin nicht in Betracht. Eine Unkenntnis des Rechts vermöge eine Wiedereinsetzung nicht zu rechtfertigen. Es sei keine Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers und kein dadurch kausal bei der Klägerin entstandener Nachteil festzustellen gewesen. Die Beklagte selbst habe erstmals mit dem Rentenantrag Anlass zur Beratung haben können. Ein Fehler anderer Behörden setze voraus, dass eine Funktionseinheit bestanden habe und ein zwingender sozialrechtlicher Beratungsbedarf vorgelegen habe. Beides sei nicht der Fall gewesen. Im vorliegenden Fall sei über den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gesprochen worden. Die Klägerin sei ebenso wie ihr Ehemann irrig davon ausgegangen, dass eine solche Versicherung ohnehin stattfinden würde. So aber sei noch nicht einmal die Verpflichtung erkennbar gewesen, dass die Beraterin der Agentur für Arbeit auf eine notwendige Beratung bei der Beklagten hätte hinwirken müssen. Ein dringendes Interesse, eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung aufrecht zu erhalten bzw. zu begründen, sei bei der 45 Jahre alten Klägerin, die keine gesundheitlichen Probleme habe erkennen lassen und im Begriff gewesen sei, sich eine selbständige Existenz aufzubauen, nicht erkennbar gewesen.
Die Klägerin hat am 14.01.2016 per Telefax Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat sich weiterhin darauf berufen, dass die Beratung bei der Agentur für Arbeit unrichtig und insbesondere unvollständig gewesen sei. Davon, dass eine zusätzliche freiwillige Rentenversicherung zur Absicherung notwendig sei, habe die Beraterin nicht gesprochen. Auch sei die Auffassung in der erstinstanzlichen Entscheidung unzutreffend, dass zwischen den Dienststellen der Beigeladenen und der Beklagten keine Funktionseinheit bestehe.
Der Senat hat mit Beschluss vom 20.08.2016 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 03.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin aufgrund eines Leistungsfalles am 19.03.2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Hilfsweise wird beantragt, die Nachzahlung von Beiträgen zuzulassen und danach die Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ist bei der Klägerin nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten und den überzeugenden ärztlichen Feststellungen ab 19.03.2013 der Fall, wobei es aber noch nicht als unwahrscheinlich anzusehen ist, dass sich das Erwerbsvermögen der Klägerin nach weiterer Rekonvaleszenz noch einmal bessert. Der medizinische Leistungsfall, d.h. der Eintritt der Erwerbsminderung, ist damit für den 19.03.2013 gegeben und determiniert den Zeitraum, in dem die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) gegeben sein muss.
Während die Klägerin unproblematisch mehr als 60 Monate Beitragszeiten aufzuweisen hat und damit die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI iVm § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), liegen in den letzten 5 Jahren vor dem medizinischen Leistungsfall - d.h. vom 19.03.2008 bis 18.03.2013 - nur 32 Monate Beitragszeiten und damit keine 3 Jahre (= 36 Monate) mit Pflichtbeitragszeiten vor. Auch sind keine Zeiten vorhanden, die nach § 43 Abs. 4 SGB VI den 5-Jahres-Zeitraum verlängern würden; insbesondere ist das Vorliegen von Arbeitslosigkeit neben einer in Vollzeit ausgeübten selbstständigen Tätigkeit ausgeschlossen. Ein ausnahmsweises Absehen von dieser Bedingung, wie es § 241 Abs. 2 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes vorsieht, kommt im Fall der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht, da sie zum 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt gehabt hatte.
Ein hypothetisch unterstellter späterer Zeitpunkt für den medizinischen Leistungsfall würde erst recht nicht zur Erfüllung dieser Voraussetzung führen; ein früherer Leistungsfall - etwa schon im November 2012 - ist auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse - Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit - ausgeschlossen.
Der Senat sieht - wie bereits das SG Nürnberg - auch keine Möglichkeit dafür, dass in dem derzeit nicht mit Beitragszeiten belegten Zeitabschnitt November 2010 bis März 2013 noch ein anderer rechtlicher Zustand erreicht werden könnte. Zwar wäre es denkbar, wenn man den Beginn eines Rentenverfahrens im März 2013 annehmen könnte - Reha-Antragstellung war allerdings ohnehin erst im Mai 2013 -, dass die Klägerin über § 197 Abs. 2 iVm § 198 SGB VI noch für die Jahre 2012 und 2013 freiwillige Beiträge zahlen könnte. Diese wären jedoch weder Pflichtbeiträge, noch würden sie den maßgeblichen Zeitraum nach § 43 Abs. 4 SGB VI strecken.
Mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente durch die Beklagte. Der Hauptantrag der Klägerin ist nicht begründet.
Auch auf die hilfsweise beantragte Beitragsnachzahlung mit anschließender Erwerbsminderungsrentenzahlung hat die Klägerin keinen Anspruch. Die Zahlung von Pflichtbeiträgen aus einer Antragspflichtversicherung für Selbstständige (§ 4 Abs. 2 SGB VI) ist regelmäßig nur für die Zukunft möglich. Eine Antragstellung für einen Zeitpunkt vor dem 19.03.2013 kommt auch nicht im Rahmen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) oder eines richterrechtlich geschaffenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2012, vor § 38 SGB I, Rn. 120 ff) in Betracht.
Die Klägerin mag sich in einem Irrtum über das Fortbestehen einer Mitgliedschaft und Beitragszahlung in der Rentenversicherung befunden haben - obwohl ihr Untätigbleiben nach Kündigen bzw. Wegfall der freiwilligen Arbeitslosenversicherung eher für ein Nichtbedenken, als einen Irrtum spricht -, dieser wäre aber durch eine Nachfrage der Klägerin nach ihrem Rentenversicherungsschutz einfach zu vermeiden gewesen, so dass hier kein unverschuldetes Versäumen der Antragsfrist vorgelegen hat.
Es hat auch eindeutig kein Beratungsfehler vorgelegen, da der Klägerin von keiner Seite positiv der Hinweis auf ein Fortbestehen des Rentenversicherungsschutzes gegeben worden ist.
Ein Beratungsmangel durch die Beklagte scheidet aus, da kein Kontakt mit der Beklagten zu dieser Zeit erfolgt ist und es keine Verpflichtung der Beklagten gibt, ohne jeden Anlass Versicherte zu beraten, nur weil eine Pflichtversicherung geendet hat.
Zur Überzeugung des Senats kann die Klägerin auch nicht aus einem Beratungsmangel der Beigeladenen einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch dergestalt herleiten, dass ihr nachträglich noch die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung für ihre selbstständige Tätigkeit zugelassen wird. Zwar sieht der Senat generell bei Personen, die zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit motiviert werden, wohl für den beteiligten Sozialleistungsträger eine Notwendigkeit, umfassend über die soziale Absicherung zu beraten bzw. auf weitere Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen, was möglichst auch dokumentiert werden sollte. Zum wirksamen Schutz vor Beratungsmängeln könnte auch insoweit die Fiktion einer funktionalen Einheit angezeigt sein. Im Fall der Klägerin minderten jedoch zwei Umstände den Beratungsbedarf wesentlich. Zum einen war die Klägerin schon früher einmal lange Zeit selbstständig tätig gewesen und damit nicht erstmalig mit den Fragen der sozialen Absicherung bei Selbstständigkeit konfrontiert. Zum anderen hatte sie eine Planung bezüglich ihrer sozialen Absicherung vorgelegt, was eine entsprechende Beschäftigung mit der Thematik - explizit auch der Rentenversicherung - dokumentierte. Ein Beratungsmangel durch die Beigeladene ist somit auf Grund der genannten besonderen Umstände im Fall der Klägerin nicht als belegt anzusehen. Unabhängig davon, dass die Annahme einer funktionalen Einheit zwischen Beigeladener und Beklagter, eine zusätzliche Hürde darstellen würde, scheitert ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im Übrigen an der nicht hinreichend belegbaren Kausalität. Es ist keinesfalls zwingend, dass die Klägerin bei zusätzlicher Beratung zum Rentenversicherungsschutz einen Antrag auf Pflichtversicherung für Selbstständige nach § 4 Abs. 2 SGB VI gestellt hätte. Es handelt sich dabei nicht um eine generell übliche Art der Versicherung, die nach Hinweis jedermann sogleich beantragen würde. So besteht etwa in der Anfangszeit der Selbstständigkeit in den meisten Fällen - so auch bei der Klägerin - ein hinreichender nachgehender Schutz aus der Rentenversicherung und § 4 Abs. 2 SGB VI lässt eine spätere Antragstellung - allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft - ausdrücklich zu. Auch kann eine private Absicherung vorgezogen werden, nachdem etwa das Risiko der Berufsunfähigkeit bei der Klägerin auf Grund ihres Geburtsjahrganges ohnehin nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung abgedeckt werden könnte (§ 240 SGB VI). Dafür dass die Klägerin nicht zwingend diesen Antrag gestellt hätte, sprechen weiter ihr Verhalten während der früheren Selbstständigkeit - keine Beitragszahlung -, ihre Altersvorsorge im Rahmen einer sog. Riesterversicherung und ihr kritischer Umgang mit nicht zwingend notwendigen Aufwendungen zur eigenen Absicherung - Beendigung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung.
Dass im Ergebnis bei Ansprechen der Rentenversicherungsangelegenheit zwingend ein Antrag auf Pflichtversicherung durch die Klägerin gestellt worden wäre und diese fortgeführt worden wäre, ist nicht zu erkennen. Ein durch einen Beratungsmangel kausal verursachter Schaden, der im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ausgeglichen werden könnte, ist nicht belegt.
Dementsprechend sind die Entscheidungen der Beklagten, die einen Rentenanspruch der Klägerin nicht als belegt ansehen, nicht zu beanstanden. Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1965 geborene Klägerin beantragte am 25.09.2010 bei der Beigeladenen - konkret bei der Agentur für Arbeit F-Stadt - einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der damals gültigen Fassung. Sie gab dabei an, schon in den Jahren 1983 bis 1997 als Gastronomin selbstständig tätig gewesen zu sein. Mit dem Antrag wurden Planungsunterlagen eingereicht, die in der Rubrik Kosten zur Deckung des Lebensunterhalts des Inhabers u.a. die Positionen Krankenversicherung und Rentenversicherung (Riester) auswies. Der Klägerin wurden für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.07.2011 ein Gründungszuschuss in Höhe von 975,60 Euro zuzüglich einer Pauschale von 300,00 Euro zur sozialen Sicherung bewilligt und im Anschluss daran für die Zeit bis 31.01.2012 monatlich 300,00 Euro als Zuschuss bewilligt.
Die Klägerin stellte bei der Beklagten am 10.05.2013 einen Antrag auf Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, nachdem sie seit 19.03.2013 wegen einer Hirnblutung im Krankenhaus behandelt worden war. Die Beklagte bewilligte der Klägerin die beantragte medizinische Rehabilitation in der m&i-Fachklinik H-Stadt und zwar für die Zeit vom 10.05.2013 bis 12.07.2013. Im dortigen Entlassungsbericht vom 13.08.2013 wurden folgende Diagnosen festgehalten: 1. Kleinhirnblutung rechts. 2. Dysarthrie. 3. Leichte kognitive Störung. 4. Ataxie. 5. Arrested Hydrocephalus. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig sowie als nurmehr einsatzfähig im Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich angesehen. Einschränkungen würden besonders in der konzentrativen Belastbarkeit sowie im psychomotorischen Tempo bestehen und häufige Pausen erforderlich machen. Tätigkeit mit Verantwortung für Personen und Maschinen, Publikumsverkehr, Überwachung, Steuerung komplexer Arbeitsabläufe, Zeitdruck und Akkord und außerdem feinmotorische Dauerbelastung der Hände, das Ersteigen von Leitern und Gerüsten sowie erhöhte Unfallgefahr seien der Klägerin nicht zuzumuten.
Ein neuerlicher Rehabilitationsantrag vom 28.10.2013, in dem die Klägerin auf das Vorliegen eines GdB von 80 und der Merkzeichen "G" und "B" verwiesen hatte, führte zu einer ärztlichen Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K., der die Klägerin am 19.03.2014 untersuchte. Er kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass bei der Klägerin - eine Kleinhirnblutung rechts, - eine Dysarthrie, - eine leichte kognitive Störung, - Gangataxie, - Feinmotorik-Störung in der rechten Hand und - eine mittelschwere depressive Episode vorliegen würden. Die Klägerin könne derzeit leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen, zeitweise im Stehen, drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Als Kellnerin oder Gastronomin sei sie nicht einsatzfähig. Auch seien Tätigkeiten mit erhöhtem zeitlichen Druck, erhöhten Anforderungen an das Konzentrations-, Umstellungs- und Anpassungsvermögen, hohem Bedarf an sprachlicher Kommunikation, Anforderungen an einen intakten Gleichgewichtssinn, erhöhter Anforderung an die Feinmotorik der rechten Hand und Arbeiten auf Leitern, Treppen und Gerüsten nicht möglich.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin eine erneute medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die in der Zeit vom 26.06.2014 bis 14.08.2014 in der Neurologischen Klinik Bad N. erfolgte. Im dortigen Entlassungsbericht vom 14.08.2014 wurde das Leistungsvermögen der Klägerin mit unter drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie in der letzten ausgeübten Tätigkeit eingeschätzt. Die Einschränkungen würden Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, Aufmerksamkeitsleistungen, Tätigkeiten mit Absturz- und Unfallgefahr, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, längere Gehstrecken, Zwangshaltungen, häufiges Bücken und bimanuelles feinmotorisches Arbeiten betreffen.
Die Medizinaldirektorin Dr. D. vom ärztlichen Dienst der Beklagten kam zum Ergebnis, dass die Beurteilung bei Ende des Heilverfahrens im Juli 2013 sowie bei der Begutachtung im März 2014 zu optimistisch gewesen sei und die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich einsatzfähig sei. Die getroffenen Feststellungen würden den allgemeinen Arbeitsmarkt betreffen. Eine Besserung innerhalb von drei Jahren sei aber noch nicht unwahrscheinlich.
Daraufhin deutete die Beklagte den Rehabilitationsantrag in einen Rentenantrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung um. Mit Bescheid vom 03.11.2014 lehnte sie den Rentenantrag jedoch ab, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei seit dem 19.03.2013 befristet voll erwerbsgemindert. Im maßgeblichen Zeitraum vom 19.03.2008 bis 18.03.2013 seien anstelle der erforderlichen 36 Monate Pflichtbeiträge jedoch nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Im Anschluss an Zeiten der Arbeitslosenversicherung bis 31.10.2010 seien keine weiteren rentenrechtlich relevanten Zeiten mehr vorhanden.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und machte geltend, dass ihr ein Rentenanspruch zustehe. Sie sei ab dem 19.03.2013 in vollem Umfang erwerbsgemindert. Die Klägerin sei bis 31.10.2010 Arbeitnehmerin gewesen und habe Rentenbeiträge entrichtet. Ab 01.11.2010 sei sie selbstständig gewesen. Diese Selbstständigkeit sei mit der Bundesagentur für Arbeit abgestimmt gewesen und es habe im Juli 2010 ein Beratungs- und Besprechungstermin stattgefunden. Für die Selbstständigkeit habe die Klägerin mit Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 25.10.2010 Arbeitslosengeld gemäß § 117 SGB III erhalten. Nach Ratschlag der Agentur für Arbeit in einem Besprechungstermin sollte sich die Klägerin umfassend sozial absichern lassen, das dazu Notwendige habe die Beraterin der Agentur für Arbeit veranlasst. Die Klägerin habe eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen. Es sei kein Hinweis erfolgt, dass die Klägerin nicht mehr in die Rentenversicherung einzahle oder nicht mehr krankenversichert sei. Sie sei zu Beginn ihrer Selbstständigkeit auch nicht zur Rentenversicherung geschickt worden, um sich über die Beitragszahlung und die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung der Erwerbsminderungsrentenansprüche zu informieren.
Vorgelegt wurde ein Bewilligungsbescheid vom 25.10.2010 über Arbeitslosengeldzahlungen bis 31.10.2010; für die Zeit danach sei die eigene Abmeldung aus dem Leistungsbezug erfolgt. Weiter ist ersichtlich, dass die Klägerin mit Schreiben vom 21.03.2012 ihre Arbeitslosenversicherung wegen Beitragserhöhung gekündigt und keine Beiträge mehr gezahlt hat. Dies war nach Mitteilung der Beigeladenen zwar nicht möglich, aber das Versicherungspflichtverhältnis der Arbeitslosenversicherung wurde gleichwohl wegen Verzugs der Beitragszahlung beendet. Nach einer bei der Beigeladenen eingeholten Auskunft bestand für die Klägerin nach dem 31.10.2010 weder Arbeitslosigkeit mit, noch ohne Leistungsbezug.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2015 den Widerspruch zurück. Es hätten sich hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Zeiten keine neuen Erkenntnisse ergeben. Über den 31.10.2010 hinaus habe aufgrund der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit weder ein Anspruch auf Arbeitslosengeld noch eine Arbeitslosmeldung vorgelegen. Eine Verlängerung des maßgeblichen Zeitraums habe damit nicht zu erfolgen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch aus § 241 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Hiergegen hat die Klägerin am 03.03.2015 mit Telefax-Schreiben Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie hat erneut geltend gemacht, sie habe mit Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 25.10.2010 einen Gründerzuschuss gemäß § 117 SGB III für die Dauer von 330 Kalendertagen erhalten, wobei der vorgelegte Bescheid allerdings nur Arbeitslosengeld für zwei Tage bis Ende Oktober 2010 unmittelbar betrifft. Die Klägerin sei nicht dahingehend beraten worden, dass sie nach dem Ende des Bezugs des Arbeitslosengeldes nicht mehr rentenversichert und nicht mehr krankenversichert sei. Für den Inhalt des Beratungsgespräches werde der Ehemann der Klägerin als Zeuge angeboten. Ergänzend hat die Klägerin die Bewilligungsbescheide über den Gründungszuschuss vorgelegt.
Die Beklagte hat erwidert, dass nur beim Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III a. F. Rentenversicherungsbeiträge umfasst gewesen seien. Bei dem Gewerbegründungszuschuss nach §§ 57, 58 SGB III a. F. sei dies nicht der Fall gewesen.
Die Klägerseite hat eingewandt, für einen normalen Bürger sei es nicht nachvollziehbar, dass ein Unterschied zwischen einem Gründungszuschuss und einem Existenzgründungszuschuss bestehe. Bei korrekter Beratung hätte die Klägerin selbstverständlich die Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Im Weiteren hat die Klägerin eine Streitverkündung gegenüber der Beigeladenen vorgenommen.
Das Sozialgericht hat die Bundesagentur für Arbeit mit Beschluss vom 01.06.2015 zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat ihr Merkblatt "Vermittlungsdienste und Leistungen" übersandt, in dem auf Seite 13 ausgeführt wird, dass zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ein Gründungszuschuss gezahlt werden könne. Dieser umfasse die Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zur Sicherung des Lebensunterhaltes und monatlich 300,00 Euro zur sozialen Absicherung. Damit der Schutz der Arbeitslosenversicherung in der Zeit der selbstständigen Tätigkeit erhalten bleibe, könne man sich freiwillig weiterversichern. Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihr das Merkblatt unbekannt sei.
In einem Erörterungstermin vom 23.10.2015 hat das Sozialgericht die Klägerin befragt. Diese hat angegeben, sie habe sich mit Selbstständigmachung am 01.11.2010 bei der AOK freiwillig krankenversichert. Das habe sie gewusst, weil sie auch früher schon über lange Zeit selbstständig gewesen sei. Sie habe sich nicht weiter rentenversichert und auch nicht bei Rentenversicherung erkundigt, weil sie davon ausgegangen sei, dass mit der freiwilligen Krankenversicherung und der freiwilligen Arbeitslosenversicherung auch die Rentenversicherung weiterlaufen würde. In dem Gespräch mit der Beraterin der Agentur für Arbeit sei zur Sprache gekommen, dass es ganz wichtig sei, sich freiwillig zu versichern für den Fall, dass etwas passiere. Wegen der Rentenversicherung und der Krankenversicherung habe sie keine konkreten Fragen gestellt. Sie habe gedacht, die Pauschale sei für die Krankenversicherung und für die Arbeitslosenversicherung; an die Rentenversicherung habe sie nicht gedacht, weil sie ja angenommen habe, dass diese im Krankenversicherungs- oder Arbeitslosenversicherungsbeitrag enthalten sei. Die Arbeitslosenversicherung habe sie im März 2012 gekündigt, weil sie sich überlegt habe, was denn eine Arbeitslosenversicherung für sie als Selbstständige bringen sollte. Diesen Beitrag habe sie sich sparen wollen. Selbstverständlich hätte sie, wenn sie gewusst hätte, dass die Rentenversicherung nicht in den anderen Beiträgen enthalten sei, Rentenversicherungsbeiträge gezahlt.
Der als Zeuge gehörte Ehemann der Klägerin hat angegeben, sie seien mehrmals, d.h. zwei- bis dreimal, bei der Beraterin bei der Arbeitsagentur gewesen. Als der Antrag auf Gründungszuschuss abgegeben worden sei, habe die Beraterin dringend angeraten, eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abzuschließen für den Fall, dass das Geschäft nicht laufe. Ausdrückliche Fragen wegen Krankenversicherung und Rentenversicherung hätten die Klägerin und er nicht gestellt. Sie seien davon ausgegangen, dass die Rentenversicherung dadurch abgedeckt sei, dass es sich um eine Maßnahme des Arbeitsamtes gehandelt habe: sei es durch die freiwillige Arbeitslosenversicherung, sei es durch den Gründungszuschuss. Die Pauschale zur sozialen Sicherung habe er als Zuschuss zur Krankenversicherung betrachtet. Weder nach Auslaufen des Gründungszuschusses noch nach Kündigung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung, seien von seiner Frau und ihm bezüglich der Rentenversicherung etwas unternommen worden. Selbstverständlich wären sie willens gewesen, Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten. Dass sie dies nach Ablauf des Gründungszuschusses und Kündigung der Arbeitslosenversicherung nicht getan hätten, habe einfach daran gelegen, dass sie nicht daran gedacht hätten.
Mit Zustimmung der Beklagten hat die Klägerin erweiternd beantragt, hilfsweise die Zahlung von Pflichtbeiträgen als Selbstständige für den Zeitraum 01.11.2010 bis zum Eintritt des Leistungsfalles zuzulassen.
Das Sozialgericht hat sodann mit Einverständnis der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden. Es hat mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin zwar unstreitig derzeit voll erwerbsgemindert sei, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erfüllt seien. Der Bezug eines Gründungszuschusses gemäß § 57 SGB III löse keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aus. Der Selbstständige erhalte einen bestimmten Geldbetrag als Zuschuss für seine soziale Absicherung, für die er selbst Sorge tragen müsse. Eine Nachzahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung sei nicht möglich. Eine Pflichtversicherung auf Antrag setze einen entsprechenden vorherigen Antrag voraus. Sie könne nur in die Zukunft wirken. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder ein Wiederherstellungsanspruch kämen im Fall der Klägerin nicht in Betracht. Eine Unkenntnis des Rechts vermöge eine Wiedereinsetzung nicht zu rechtfertigen. Es sei keine Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers und kein dadurch kausal bei der Klägerin entstandener Nachteil festzustellen gewesen. Die Beklagte selbst habe erstmals mit dem Rentenantrag Anlass zur Beratung haben können. Ein Fehler anderer Behörden setze voraus, dass eine Funktionseinheit bestanden habe und ein zwingender sozialrechtlicher Beratungsbedarf vorgelegen habe. Beides sei nicht der Fall gewesen. Im vorliegenden Fall sei über den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gesprochen worden. Die Klägerin sei ebenso wie ihr Ehemann irrig davon ausgegangen, dass eine solche Versicherung ohnehin stattfinden würde. So aber sei noch nicht einmal die Verpflichtung erkennbar gewesen, dass die Beraterin der Agentur für Arbeit auf eine notwendige Beratung bei der Beklagten hätte hinwirken müssen. Ein dringendes Interesse, eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung aufrecht zu erhalten bzw. zu begründen, sei bei der 45 Jahre alten Klägerin, die keine gesundheitlichen Probleme habe erkennen lassen und im Begriff gewesen sei, sich eine selbständige Existenz aufzubauen, nicht erkennbar gewesen.
Die Klägerin hat am 14.01.2016 per Telefax Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat sich weiterhin darauf berufen, dass die Beratung bei der Agentur für Arbeit unrichtig und insbesondere unvollständig gewesen sei. Davon, dass eine zusätzliche freiwillige Rentenversicherung zur Absicherung notwendig sei, habe die Beraterin nicht gesprochen. Auch sei die Auffassung in der erstinstanzlichen Entscheidung unzutreffend, dass zwischen den Dienststellen der Beigeladenen und der Beklagten keine Funktionseinheit bestehe.
Der Senat hat mit Beschluss vom 20.08.2016 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 03.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin aufgrund eines Leistungsfalles am 19.03.2013 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Hilfsweise wird beantragt, die Nachzahlung von Beiträgen zuzulassen und danach die Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ist bei der Klägerin nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten und den überzeugenden ärztlichen Feststellungen ab 19.03.2013 der Fall, wobei es aber noch nicht als unwahrscheinlich anzusehen ist, dass sich das Erwerbsvermögen der Klägerin nach weiterer Rekonvaleszenz noch einmal bessert. Der medizinische Leistungsfall, d.h. der Eintritt der Erwerbsminderung, ist damit für den 19.03.2013 gegeben und determiniert den Zeitraum, in dem die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) gegeben sein muss.
Während die Klägerin unproblematisch mehr als 60 Monate Beitragszeiten aufzuweisen hat und damit die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI iVm § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), liegen in den letzten 5 Jahren vor dem medizinischen Leistungsfall - d.h. vom 19.03.2008 bis 18.03.2013 - nur 32 Monate Beitragszeiten und damit keine 3 Jahre (= 36 Monate) mit Pflichtbeitragszeiten vor. Auch sind keine Zeiten vorhanden, die nach § 43 Abs. 4 SGB VI den 5-Jahres-Zeitraum verlängern würden; insbesondere ist das Vorliegen von Arbeitslosigkeit neben einer in Vollzeit ausgeübten selbstständigen Tätigkeit ausgeschlossen. Ein ausnahmsweises Absehen von dieser Bedingung, wie es § 241 Abs. 2 SGB VI aus Gründen des Vertrauensschutzes vorsieht, kommt im Fall der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht, da sie zum 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt gehabt hatte.
Ein hypothetisch unterstellter späterer Zeitpunkt für den medizinischen Leistungsfall würde erst recht nicht zur Erfüllung dieser Voraussetzung führen; ein früherer Leistungsfall - etwa schon im November 2012 - ist auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse - Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit - ausgeschlossen.
Der Senat sieht - wie bereits das SG Nürnberg - auch keine Möglichkeit dafür, dass in dem derzeit nicht mit Beitragszeiten belegten Zeitabschnitt November 2010 bis März 2013 noch ein anderer rechtlicher Zustand erreicht werden könnte. Zwar wäre es denkbar, wenn man den Beginn eines Rentenverfahrens im März 2013 annehmen könnte - Reha-Antragstellung war allerdings ohnehin erst im Mai 2013 -, dass die Klägerin über § 197 Abs. 2 iVm § 198 SGB VI noch für die Jahre 2012 und 2013 freiwillige Beiträge zahlen könnte. Diese wären jedoch weder Pflichtbeiträge, noch würden sie den maßgeblichen Zeitraum nach § 43 Abs. 4 SGB VI strecken.
Mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente durch die Beklagte. Der Hauptantrag der Klägerin ist nicht begründet.
Auch auf die hilfsweise beantragte Beitragsnachzahlung mit anschließender Erwerbsminderungsrentenzahlung hat die Klägerin keinen Anspruch. Die Zahlung von Pflichtbeiträgen aus einer Antragspflichtversicherung für Selbstständige (§ 4 Abs. 2 SGB VI) ist regelmäßig nur für die Zukunft möglich. Eine Antragstellung für einen Zeitpunkt vor dem 19.03.2013 kommt auch nicht im Rahmen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) oder eines richterrechtlich geschaffenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (vgl. Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2012, vor § 38 SGB I, Rn. 120 ff) in Betracht.
Die Klägerin mag sich in einem Irrtum über das Fortbestehen einer Mitgliedschaft und Beitragszahlung in der Rentenversicherung befunden haben - obwohl ihr Untätigbleiben nach Kündigen bzw. Wegfall der freiwilligen Arbeitslosenversicherung eher für ein Nichtbedenken, als einen Irrtum spricht -, dieser wäre aber durch eine Nachfrage der Klägerin nach ihrem Rentenversicherungsschutz einfach zu vermeiden gewesen, so dass hier kein unverschuldetes Versäumen der Antragsfrist vorgelegen hat.
Es hat auch eindeutig kein Beratungsfehler vorgelegen, da der Klägerin von keiner Seite positiv der Hinweis auf ein Fortbestehen des Rentenversicherungsschutzes gegeben worden ist.
Ein Beratungsmangel durch die Beklagte scheidet aus, da kein Kontakt mit der Beklagten zu dieser Zeit erfolgt ist und es keine Verpflichtung der Beklagten gibt, ohne jeden Anlass Versicherte zu beraten, nur weil eine Pflichtversicherung geendet hat.
Zur Überzeugung des Senats kann die Klägerin auch nicht aus einem Beratungsmangel der Beigeladenen einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch dergestalt herleiten, dass ihr nachträglich noch die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung für ihre selbstständige Tätigkeit zugelassen wird. Zwar sieht der Senat generell bei Personen, die zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit motiviert werden, wohl für den beteiligten Sozialleistungsträger eine Notwendigkeit, umfassend über die soziale Absicherung zu beraten bzw. auf weitere Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen, was möglichst auch dokumentiert werden sollte. Zum wirksamen Schutz vor Beratungsmängeln könnte auch insoweit die Fiktion einer funktionalen Einheit angezeigt sein. Im Fall der Klägerin minderten jedoch zwei Umstände den Beratungsbedarf wesentlich. Zum einen war die Klägerin schon früher einmal lange Zeit selbstständig tätig gewesen und damit nicht erstmalig mit den Fragen der sozialen Absicherung bei Selbstständigkeit konfrontiert. Zum anderen hatte sie eine Planung bezüglich ihrer sozialen Absicherung vorgelegt, was eine entsprechende Beschäftigung mit der Thematik - explizit auch der Rentenversicherung - dokumentierte. Ein Beratungsmangel durch die Beigeladene ist somit auf Grund der genannten besonderen Umstände im Fall der Klägerin nicht als belegt anzusehen. Unabhängig davon, dass die Annahme einer funktionalen Einheit zwischen Beigeladener und Beklagter, eine zusätzliche Hürde darstellen würde, scheitert ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im Übrigen an der nicht hinreichend belegbaren Kausalität. Es ist keinesfalls zwingend, dass die Klägerin bei zusätzlicher Beratung zum Rentenversicherungsschutz einen Antrag auf Pflichtversicherung für Selbstständige nach § 4 Abs. 2 SGB VI gestellt hätte. Es handelt sich dabei nicht um eine generell übliche Art der Versicherung, die nach Hinweis jedermann sogleich beantragen würde. So besteht etwa in der Anfangszeit der Selbstständigkeit in den meisten Fällen - so auch bei der Klägerin - ein hinreichender nachgehender Schutz aus der Rentenversicherung und § 4 Abs. 2 SGB VI lässt eine spätere Antragstellung - allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft - ausdrücklich zu. Auch kann eine private Absicherung vorgezogen werden, nachdem etwa das Risiko der Berufsunfähigkeit bei der Klägerin auf Grund ihres Geburtsjahrganges ohnehin nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung abgedeckt werden könnte (§ 240 SGB VI). Dafür dass die Klägerin nicht zwingend diesen Antrag gestellt hätte, sprechen weiter ihr Verhalten während der früheren Selbstständigkeit - keine Beitragszahlung -, ihre Altersvorsorge im Rahmen einer sog. Riesterversicherung und ihr kritischer Umgang mit nicht zwingend notwendigen Aufwendungen zur eigenen Absicherung - Beendigung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung.
Dass im Ergebnis bei Ansprechen der Rentenversicherungsangelegenheit zwingend ein Antrag auf Pflichtversicherung durch die Klägerin gestellt worden wäre und diese fortgeführt worden wäre, ist nicht zu erkennen. Ein durch einen Beratungsmangel kausal verursachter Schaden, der im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ausgeglichen werden könnte, ist nicht belegt.
Dementsprechend sind die Entscheidungen der Beklagten, die einen Rentenanspruch der Klägerin nicht als belegt ansehen, nicht zu beanstanden. Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.11.2015 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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