S 16 KA 61/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
16
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 16 KA 61/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der rechnerisch obere Punktwert der invasiv tätigen Kardiologen in Hessen im Quartal 112006 ist nicht zu beanstanden.
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das Honorar der Klägerin im Quartal I/2006, hierbei im Wesentlichen über den Punktwert der Honorar(unter)gruppe der Klägerin.

Die Klägerin war jedenfalls im Quartal I/2006 eine Gemeinschaftspraxis, bestehend aus drei invasiv tätigen Kardiologen.

Die Beklagte wies der Klägerin mit Honorarbescheid vom 20.01.2007 für das Quartal I/2006 ein Gesamthonorar von 119.753,99 Euro zu. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids (Bl. 1 ff. der Verwaltungsakte) verwiesen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 07.03.2007 Widerspruch (Bl. 35 der Verwaltungsakte), den sie im Wesentlichen damit begründete, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vorliege, weil die Fachgruppentöpfe fehlerhaft bestückt gewesen seien. Die Fallpunktzahlen seien fehlerhaft berechnet gewesen. Die Zusammensetzung der Fachuntergruppen sei intransparent. Die Ausgleichsregelung gem. Ziffer 7.5 HVV sei fehlerhaft angewandt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte (Bl. 44 ff.) verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2010 (Bl. 59 ff. der Verwaltungsakte) gab die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin insofern statt, als im Rahmen des Regelleistungsvolumens des ambulanten Operierens für Versicherte der AOK nach der sog. "54er Liste" alle angeforderten 29.970,0 Punkte zum oberen Punktwert vergütet wurden. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.

Zur Begründung führte sie im Einzelnen näher dazu aus, dass der Honorarbescheid der Klägerin rechtmäßig gewesen sei. Insbesondere lägen die von ihr vorgebrachten Fehler im Rahmen der Vergütung nicht vor. Aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit folge insbesondere nicht, dass alle Leistungen stets nach Art und Umfang gleichmäßig, d. h. nach einem einheitlichen Punktwert, honoriert werden müssten. Der Honorarverteilungsmaßstab genüge dem Gleichbehandlungsgebot. Auch aus dem Grundsatz der "angemessenen Vergütung" lasse sich kein Fehler ableiten. Insbesondere ließen sich aus mangelnder Rentabilität einer Arztpraxis oder eines speziellen Behandlungsbereiches keine Rückschlüsse auf die Angemessenheit der Honorierung ziehen. Es seien auch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass der Grundsatz der angemessenen Vergütung zu Lasten der Gruppe der fachärztlich tätigen Internisten mit Schwerpunkt Kardiologie/Angiologie mit invasiver Tätigkeit verletzt sein könnte. Auch bestehe kein Grund zur Annahme, dass kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich im Tätigkeitsbereich der Klägerin tätig zu werden.

Eine Beschwer bezüglich der fallzahlabhängigen Quotierung gemäß Ziffer 5.2 HVV sei in dem streitgegenständlichen Quartal nicht gegeben, da die ambulante Fallzahl die absolute Fallzahlgrenze nicht überschreite. Die der Maßnahme unterliegenden Fälle seien mit einer Quote von 100 % in die Berechnung des Regelleistungsvolumens eingeflossen.

Eine Beschwer bezüglich des Regelleistungsvolumens gemäß Ziffer 6.3 HVV sei in dem streitgegenständlichen Quartal ebenfalls nicht gegeben, da das angeforderte Honorarvolumen das praxisbezogene Regelleistungsvolumen nicht übersteige und damit sämtliche Leistungen zum oberen Punktwert vergütet worden seien.

Soweit der abgefallene Punktwert gerügt werde, sei zu konstatieren, dass sie, die Beklagte, den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 korrekt umgesetzt habe. Ein höherer Punktwert habe vorliegend nicht ausgezahlt werden können, da einzig die vereinbarte Gesamtvergütung an die Vertragsärzte verteilt werden könne. Dabei errechne sich der jeweilige Punktwert, indem zunächst die Honoraranforderungen aller Vertragsärzte zu einem rechnerischen Punktwert der vorhandenen Gesamtvergütung gegenübergestellt werden. Soweit die Gesamtvergütung nicht ausreiche, um die Honoraranforderungen mit diesem Punktwert zu befriedigen, seien Nachforderungen der Beklagten gegenüber den Krankenkassen ausgeschlossen. Vielmehr müsse eine Quotierung erfolgen, die schließlich im Ergebnis zu dem ausgezahlten Punktwert geführt habe. Eine verstärkte Beobachtungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen halte das Bundessozialgericht nur für den Fall für gegeben, dass dem Honorartopf nur eine geringe Zahl von Leistungserbringern zugeordnet sei und der entsprechende Bereich in besonderem Maße von Leistungsausweitungen durch medizinisch-technischen Fortschritt betroffen sei. Anhaltspunkte, dass vorliegend eine derartige Situation bezüglich des Honorartopfes der Kardiologen gegeben sein könnte, seien nicht ersichtlich.

Weiter führte die Beklagte zu dem abhelfenden Teil des Widerspruchsbescheids und den damit in Zusammenhang stehenden Aspekten aus. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids verwiesen.

Am 16.03.2010 hat die Klägerin Klage erhoben.

Das Verfahren wurde mit Beschluss des Gerichts vom 08.11.2010 zum Ruhen gebracht und durch die Beklagte am 22.01.2013 wieder aufgerufen, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2012 das Honorar der Klägerin unter Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung durch das BSG und getroffener Vereinbarungen der Vertragspartner neu festgesetzt hatte. Hierbei vergütete sie der Klägerin 1.170,53 Euro nach. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids (Anlage zur Gerichtsakte) verwiesen. Gegen diesen Honoraränderungsbescheid erhob die Klägerin am 15.01.2013 vorsorglich Widerspruch.

Zur Begründung ihrer Klage hatte die Klägerin ursprünglich allgemein auf den Punktwertverfall der Fachgruppe der Kardiologen im Quartal I/2006 verwiesen.

Weiterführend hat sie vorgetragen, sie habe im Quartal I/2006 trotz Steigerung ihrer Fallzahl um 551 (von 1155 auf 1706) gegenüber dem Vorjahresquartal und einer Vergütungssteigerung der Fachgruppe der Kardiologen (invasiv und nicht invasiv tätige) von 4,53 % (443.127,00 Euro) einen Nettogesamthonorarverlust von 21.251,11 Euro erlitten. Ursache hierfür sei der eingetretene Fallwertverlust. Ursache hierfür sei wiederum die jeweilige prozentuale Verteilung der Gesamtvergütung.

Hintergrund der Verschiebung sei die vorübergehende Schaffung eines "MVZ-Honorartopfes", der unverhältnismäßig gut befüllt gewesen sei. Zur Stützung dieses Vortrags verweist sie auf ein Gutachten der Praxis- und Unternehmensberatung C. aus dem Jahr 2007, in Auftrag gegeben durch die Kardiologie-Plattform Hessen eG. Die Medizinischen Versorgungszentren (im Folgenden: MVZ) hätten ihre Daten dafür nicht zur Verfügung gestellt, allerdings zeigten die Zahlen des Gutachtens, dass die MVZ mit kardiologischer Beteiligung einen massiven Honorarzuwachs in Höhe von 1.400.000 Euro erfahren haben müssten. Auf entsprechende Fragen zu MVZ-Zahlen habe die Beklagte im Verwaltungsverfahren nicht reagiert. Im Rahmen ihrer Klagebegründung hat die Klägerin weitere Fragen an die Beklagte gerichtet.

Die Klägerin meint weiterhin, die angefochtenen Bescheide verstießen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit.

Auch seien die Fallpunktzahlen fehlerhaft berechnet gewesen. Entgegen den Bestimmungen der Ziffer 6.3 HVV (2005) sei bei der Berechnung der Fallpunktzahlen nicht auf unterschiedliche Qualifikationen und Zuordnungen zu Fachuntergruppen abgestellt worden, sondern ausschließlich auf das Leistungsspektrum der jeweiligen Gemeinschaftspraxis. Hierdurch würden Praxen, in denen ausschließlich Ärzte mit der Berechtigung zur Abrechnung invasiver Lesungen tätig sind, gegenüber solchen Praxen, in denen beispielsweise nur zwei von fünf Ärzten über die entsprechende Abrechnungsgenehmigung vergüten, insoweit benachteiligt, als die zulasten des Invasiv-Honorartopfs abgerechneten Punktzahlsummen wesentlich höher ausfielen und dadurch der Punktwert sinke.

Schließlich sei die Zusammensetzung der Fach(unter)gruppen intransparent. Es gäbe keine nachvollziehbare Information über die Zusammensetzung der Fachuntergruppen und Bestückung der einzelnen Honorartöpfe. Eine kardiologische Gemeinschaftspraxis sei auch dann in die Honorargruppe B 2.9 (invasiv) eingestuft worden, wenn beispielsweise von fünf Ärzten nur einer invasive Leistungen erbracht habe, was den Punktwert im invasiven Bereich deutlich reduziere. Unklar sei außerdem, wie die Bereinigung der Honorartöpfe aufgrund so genannter Fachgruppenwechsler erfolge. Wie ausgeführt, sei auch die Einstufung der MVZ unklar.

Das Quartal I/2006 stelle ein Ausreißerquartal dar. Betreffend des Fallwertes sei festzuhalten, dass der Fallwert der Kläger im Quartal IV/2005 68,6394 Euro betragen habe, im streitgegenständlichen Quartal I/2006 nur 42,8179 Euro und im Quartal II 2/2006 84,7505 Euro. Aufgrund dieses eklatanten Punktwert- und Fallwertverlustes habe die Klägerin im Quartal I/2006 einen Honorarrückgang von schätzungsweisen 80.000 Euro zu verzeichnen.

Die Erklärungsversuche der Beklagten beträfen lediglich das Quartal IV/2005, nicht aber das streitgegenständliche Quartal I/2006. Außerdem sei nicht erklärlich, warum die Honoraruntergruppe der Klägerin den Punktwert anderer Fachgruppen habe stützen müssen. Es sei auch nicht erklärlich, warum dann der Punktwert der nicht invasiven Kardiologen nicht nur nicht abgefallen sei, sondern vielmehr sogar geringfügig angestiegen ist. Sie erkenne hierfür keine Rechtsgrundlage.

Sinngemäß wirft die Klägerin der Beklagten Intransparenz in der Honorarverteilung vor, was sich in zahlreichen Fragen im Rahmen des Schriftsatzwechsels äußert. Sie verlangt sinngemäß eine vollständige Offenlegung der Honorarverteilung, zumindest im Hinblick auf die Kardiologen.

Im Besonderen kritisiert sie, dass die Ausgleichszahlungen gemäß 7.5 HVV praxisindividuell (je nach Fallwertverlust) ausgeschüttet worden seien, die nunmehr im Quartal I/2006 einbehaltenen Honorare jedoch zulasten der gesamten Fachgruppe gegangen seien, also auch Praxen belastet worden seien, die im Quartal II/2005 entweder gar keine Ausgleichszahlungen erhalten hätten oder gegebenenfalls weniger als andere.

Es dränge sich der Verdacht auf, dass bei der Arztzählung bzw. der Zuordnung der in Hessen niedergelassenen Kardiologen in die Gruppe der invasiven Kardiologen und in die Gruppe der nichtinvasiven Kardiologen, im Besonderen bezogen auf MVZ und bezogen auf Angiologen, Zuordnungsfehler erfolgt seien.

Auch wichen Angaben in der Zeitschrift der Beklagten info.doc hinsichtlich der Vergütung im streitbefangenen Quartal von den in diesem Rechtsstreit von der Beklagten genannten Zahlen ab.

Die Beklagte habe im Übrigen für ihre Behauptung, für den fachärztlichen Versorgungsbereich habe im Quartal 1/2006 eine um 9 Millionen Euro geringere Gesamtvergütung keinerlei Beweis erbracht. Dieser Sachvortrag werde deshalb mit Nichtwissen bestritten.

Die Beklagte sei gemäß § 85 Abs. 4 S. 5 SGB V verpflichtet, sicherzustellen, dass die Gesamtvergütung gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt wird. Auch dies sei vorliegend offenkundig nicht der Fall. Bereits deshalb sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig.

Die Klägerin hat schließlich weitgehende Teile des Beklagtenvortags in Bezug auf die genannten Zahlengrundlagen mit Nichtwissen bestritten.

Letztlich seien die Kläger ausweislich des Kontoauszugs für das Quartal I/2006 um 81.803,54 Euro überzahlt gewesen, ein Grund sei Ihnen aber durch die Beklagte nicht mitgeteilt worden. In der nunmehr durchgeführten Neuberechnung werde diese Überzahlung jedoch nicht mehr aufgeführt.

In der mündlichen Verhandlung, die im Einvernehmen mit allen Beteiligten gemeinsam mit der mündlichen Verhandlung des Verfahrens S 16 KA 393/14 stattgefunden hat, hat sich die Klägerin den gesamten Vortrag des Prozessbevollmächtigten aus dem dortigen Verfahren zu Eigen gemacht. Dieser Vortrag lautet im Wesentlichen wie folgt:

Sinngemäß habe die Beklagte die Vorgabe des SGB V verletzt, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden müssten. Der Honorarverteilungsvertrag hätte eine entsprechende Regelung enthalten müssen, dass der eingetretene Honorarverlust in einem Quartal behindert wird.

Im Übrigen hätte ein Honorareinbruch, so wie er im streitgegenständlichen Quartal aufgetreten sei, von der Beklagten erläutert und nachprüfbar belegt werden müssen.

Der Honorarverteilungsvertrag verstoße auch gegen die Vorgabe von § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V, dass bei der Honorarverteilung arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen sein, bis zu denen die von der Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sein. Sinngemäß hält die (dortige) Klägerin die Quotierung innerhalb des Regelleistungsvolumens für unzulässig.

Die Klägerin meint, mindestens der vereinbarte Punktwert von 4,00 Cent für die innerhalb des RLV erbrachten Leistungen sei zu vergüten.

Sinngemäß sei die Wirtschaftlichkeit des Betreibens der Praxis infrage gestellt.

Schließlich sei die Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV (über die vom Sozialgericht Marburg bereits festgestellte Rechtswidrigkeit hinausgehend) insoweit rechtswidrig, als sie nur einen geringen Teil des Fallwertverlust ausgleiche. Es fehle den betroffenen Ärzten so an Planungssicherheit.

Letztlich habe die Beklagte mit der Honorarfestsetzung ihrer satzungsgemäßen Pflichten verletzt. Zu ihren Aufgaben nach § 2 Abs. 1 lit. b) der Satzung zähle nämlich die Wahrnehmung der Rechte und der angemessenen Vergütung ihrer Mitglieder. Diese Pflicht nehme die Beklagte nicht ernst und habe sie verletzt.

Die Beklagte lenke mit ihren Ausführungen teilweise vom konkreten Streitgegenstand ab. Ihre Erklärung für den Punktwertverfall sei nicht schlüssig. Die Ursache für den Punktwertverfall sei ein deutlich geringer gefüllter Honorartopf der invasiv tätigen Kardiologen im streitgegenständlichen Quartal.

Dem Honorarbescheid bzw. dem Widerspruchsbescheid mangele es auch an einer ausreichenden Begründung im Sinne von § 35 Abs. 1 SGB X. Die Beklagte habe dem Bestimmtheitsgrundsatz verletzt.

Auch die dortige Klägerin bemängelt Abweichungen zwischen den in diesem Verfahren durch die Beklagte genannten Zahlen und denen aus info.doc.

In der mündlichen Verhandlung wurden weiterhin folgende Aspekte von den beiden Prozessbevollmächtigten der beiden Klägerinnen eingebracht:

Die Klägerinnen meinen, dass der Honorarverteilungsvertrag für den streitgegenständlichen Zeitraum keine ausreichende Rechtsgrundlage darstelle, um, so wie durch die Beklagte erfolgt, zwischen invasiv tätigen und nicht invasiv tätigen Kardiologen, bezogen auf das Quartal I/2004, zu differenzieren. Es fehle mindestens an einer Ermessenszuweisung gegenüber dem Vorstand der Beklagten. Insgesamt weise der Honorarverteilungsvertrag eine zu geringe Regelungsdichte auf.

Im Übrigen indiziere sinngemäß der im streitgegenständlichen Quartale erfolgte Einbruch des Punktwertes einen Fehler bei der Berechnung dieses Punktwertes. Die Klägerinnen vermuten diesen Fehler vornehmlich bei der Bestückung der Honorartöpfe der Fachuntergruppen. In diesem Zusammenhang weisen sie insbesondere auf die ihrer Meinung nach insbesondere im Jahr 2005 bei der Beklagten bestehenden Missstände hin. Zur Stützung dieser Argumentation legen sie verschiedene Unterlagen, insbesondere ein Schreiben der seinerzeitigen Sozialministerin an die hessischen Vertragsärzte vom 24.06.2007, vor. Sie behaupten, bereits im Quartal I/2004 hätten Defizite bestanden. Sie meinen, die Gesamtvergütung 2004 sei bereits rechtswidrig, ohne dies näher zu belegen. Schließlich gefalle Ihnen die Informationspolitik der Beklagten nicht.

Außerdem seien die hier von den Klägerinnen angefochtenen Bescheide schon alleine deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte es im Rahmen der Neubescheidung aufgrund der erfolgten BSG-Rechtsprechung unterlassen habe, diejenigen Vertragsärzte, die bei Berücksichtigung der Rechtsprechung ein geringeres Honorar erzielt hätten, nachträglich mit einem Regress zu belasten. Weil lediglich gegenüber denjenigen Ärzten, die ein höheres Honorar erzielt hätten, eine Ausschüttung erfolgt sei, sei es unterblieben, die erfolgten Rückstellungen anteilig an die Ärzte, etwa die beiden Klägerinnen, zurückzuführen.

Die Klägerin beantragt:
Der Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal I/2006 vom 20.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2010, beide in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17.12.2012, wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts den Honoraranspruch der Klägerin neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie erwidert auf die Klagebegründung durch Verweis auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheidung und ergänzt, wie folgt:

Die Neuberechnung des Honorars sei streng nach den rechtlichen Vorgaben erfolgt, was näher ausgeführt wird.

Den klägerseits angeführten MVZ-Topf habe es nur in den Quartalen III/2004 und I/2005 gegeben, aber nicht im Quartal I/2006 und nicht I/2004.

Der RLV-Punktwert der Honoraruntergruppe der Klägerin, B 2.9, habe vor Anwendung der Ausgleichsregelung, Ziffer 7.5 HVV, im Quartal IV/2005 4,297 bei Ersatzkassen und 4,620 bei Primärkassen sowie im Quartal I/2006 3,528 bei Ersatzkassen und 2,964 bei Primärkassen betragen. Der Punktwertabfall sei damit zu erklären, dass im Quartal I/2006 im Vergleich zum Vorquartal IV/2005 9 Mio. Euro weniger zur Verteilung im fachärztlichen Versorgungsbereich zur Verfügung gestanden hätten. Daraus folge ein geringerer Verteilungsbetrag in der Honoraruntergruppe der Kläger. Gleichfalls habe diese Honoraruntergruppe ihren Leistungsbedarf im RLV im Quartal I/2006 im Vergleich zu IV/2005 um 4,2 Mio. Punkte gesteigert. Hinzu kommt, dass im Quartal I/2006 der Punktwert-Stützungsbedarf größer gewesen sei. Daher habe die Honoraruntergruppe der Klägerin 48.495,36 Euro mehr Stützung an andere Fachgruppen abgeben als noch im Quartal IV/2005. Darüber hinaus seien im Quartal I/2006 erstmals 1/4 der im Quartal II/2005 aus Rücklagen im Rahmen der Ausgleichsregelung (Ziffer 7.5 HVV) ausgeschütteten Beträge zu Lasten des Fachgruppentopfes (und damit RLV-Punktwertes) zurückgeholt worden. In der Honoraruntergruppe der Klägerin handele es sich hierbei um insgesamt 87.430,43 Euro.

Die unterschiedlichen Anteile für den Leistungsbereich 4.1 bei den invasiven und nicht-invasiven Kardiologen ließen sich dadurch erklären, dass die invasiv tätigen Kardiologen deutlich mehr stationäre, belegärztliche Leistungen abrechneten, daher der höhere Anteil im Leistungsbereich 4.1 - vergütet zum festem Punktwert von 4,00 Cent

Auch sei festzustellen, dass im Quartal I/2006 im Vergleich zum Vorquartal der höchste Leistungsbedarf angefordert/abgerechnet worden sei. Das dazutretende verminderte Gesamtverteilungsvolumen führe zu sinkenden Punktwerten.

Im Hinblick auf die klägerische Kritik der Stützungsverpflichtung durch die invasiven Kardiologen verweist die Beklagte auf die Regelungen der Anlagen 1 und 2 zu Ziffer 7.2 der HVV, dortige Nummer 2.2. Es sei auch keinesfalls so, dass nur die invasiv tätigen Kardiologen (=Honorar(unter)gruppe B 2.9) Punktwerte anderer Fachgruppen habe stützen müssen. Vielmehr müssten dies alle Fachgruppen nach den vorgenannten Regelungen.

Entgegen der klägerischen Annahme stelle sich auch nicht die Frage der Verteilung zwischen den invasiven und den nicht invasiven Kardiologen. Vielmehr erfolge eine Aufteilung zwischen allen Fachgruppen. Der Anteil einer jeden Honoraruntergruppe am Gesamtverteilungsbetrag des jeweiligen Versorgungsbereichs ergebe sich auf Basis des prozentualen Anteils des Verteilungsbetrages nach der 15%-Punktwertstützung im Jahr 2004. Der Aufsatzwert für das Quartal I/2006 sei dabei I/2004. Sinke der Gesamtverteilungsbetrag, sinke auch der Verteilungsbetrag einer jeden Honoraruntergruppe/Fachgruppe. Da nach dieser Aufteilung noch weitere Anpassungen (Fachgruppenwechsler) stattfänden, könne es in Einzelfällen sein, dass trotz sinkendem Gesamtverteilungsbetrag einzelne Fachgruppenbeträge stiegen oder stärker sinken würden, als der Durchschnitt.

Die Beklagte hat im Einzelnen den Gesamtverteilungsbetrag der Fachärzte in verschiedenen Quartalen dargestellt. Auf den Akteninhalt (Bl. 91 der Gerichtsakte) wird verwiesen.

Es sei schließlich keinesfalls so, dass nur die invasiv tätigen Kardiologen (= Honorar(unter)gruppe B 2.9) Punkwerte anderer Fachgruppen stützen mussten. Vielmehr müssten alle Fachgruppen, die nach den Regelungen in den Anlagen 1 und 2 zu Ziffer 7.2 HVV in der hier maßgeblichen Fassung Nummer 2.2 nicht gestützt worden seien, mitstützen. Der Anteil der invasiven Kardiologen am Gesamtstützungsbetrag liege zwischen 3,4 und 3,9 %, was mit Zahlen belegt wird (vgl. Bl. 92 der Gerichtsakte).

In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte auf das rechtskräftige Urteil des SG Marburg vom 10.12.2008 zum Az.: S 12 KA 527/07 verbunden mit S 12 KA 203/08. Hier habe die 12. Kammer entschieden, dass die hiesige Beklagte berechtigt gewesen sei, im Quartal 2/2005 17. Mio. Euro aus den Rücklagen der Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV zuzuführen, um eine Aufstockung der Fallwerte im Rahmen der Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV bis zur Grenze von 95 % zu ermöglichen. Dies habe das Gericht damit begründet, dass es aufgrund der Entnahme aus den Rücklagen dadurch nicht zu einer Verzerrung der Aufteilung der Gesamtvergütung gekommen sei. Auch sei die Beklagte zur Bildung eines Honorarausgleichsfonds berechtigt gewesen.

Hinsichtlich der Zuordnung von Gemeinschaftspraxen (auch von MVZ) zu den einzelnen Honorar(unter)gruppe weist die Beklagte daraufhin, dass diese gemäß § 6 Ziffer 6.2 letzter Absatz des hier maßgeblichen HVV nach dem Tätigkeitsschwerpunkt der Praxis erfolge und diese Vorgabe entsprechend für Ärzte bzw. Psychotherapeuten mit einer Doppelzulassung gelte. Die Arztzählung fachungleicher Ärzte in einer BAG habe vor Einführung der lebenslangen Arztnummer (LANR) zum 01.01.2009 wie folgt funktioniert: In einer Berufsausübungsgemeinschaft mit mehreren, fachungleichen Ärzten seien der Praxis-Schwerpunkt (Abrechnung) ermittelt und alle Ärzte der Praxis nach diesem Schwerpunkt einer Fachgruppe zugeordnet worden

Weiterhin sei darauf hinzuweisen, dass eine Prüfung der Zuordnung der Betriebsstättennummern als invasiv oder nicht invasiv in den Quartalen IV/2005 bis I/2006 ergeben habe, dass keinerlei Verschiebungen zwischen invasiven und nicht invasiven Kardiologen vorlägen.

Soweit die Kläger im Weiteren geltend machten, dass sie im Quartal I/2006 um 81.803,54 Euro überzahlt worden seien, ihnen ein Grund für die Überzahlung aber nicht mitgeteilt worden sei und in den durchgeführten Neuberechnungen des Honorarbescheides 1/2006 diese Überzahlung nicht mehr aufgeführt werde, gelte Folgendes: Im Quartal I/2006 hätten die Kläger 195.600,00 Euro Abschläge erhalten und es sei eine Überzahlung aus IV/2005 mit 9.976,33 Euro im Soll übertragen worden. Dem stehe aber nur ein Honorar von 123.415,79 Euro abzüglich der Verwaltungskosten entgegen, Im Quartal II/2006 habe sich die Überzahlung schon leicht abgebaut, Das Verhältnis der Abschlagszahlungen zum Honorar sei hier günstiger gewesen. Im Quartal III/2006 sei es dann wieder zu einer Restzahlung gekommen. Ab dem Quartal IV/2006 bis zum Quartal I/2008 seien zum Abbau der Überzahlung dann jeweils 10.000,00 Euro umgebucht worden. Im Quartal II/2008 sei dann die 7. Rate mit 7.869,86 Euro Restbetrag belastet worden. Die Beklagte verweist auf den zugehörigen Kontoauszüge (Bl. 71 der Gerichtsakte).

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen, am 16.11.2016 einen Erörterungstermin unter Einbeziehung der Abteilungsleitung Honorarverteilung und Statistik der Beklagten durchgeführt und schließlich mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Behördenvorgänge sowie der Gerichtsakten. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, auch ist das Sozialgericht Marburg zuständig.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der angefochtene Honorarbescheid 20.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2010 und der Honorarbescheid 11.12.2012, der nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin auch nicht in ihren Rechten. Ein Anspruch auf höheres Honorar und damit auf eine Verpflichtung zur Neubescheidung besteht nicht.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Honorarbescheid, ebenso wie auf einen denkbaren klägerischen Anspruch auf höheres Honorar, sind im Wesentlichen § 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 8 SGB V in der Fassung vom 14.11.2003, gültig ab 01.01.2006, sowie die Honorarverteilungsmaßstäbe für das Jahr 2006 vom 22.06.2006 und verweisungsbedingt für die Quartale II/2005 bis IV/2005 vom 10.11.2005 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22.06.2006 und schließlich der Beschluss des Bewertungsausschusses gem. § 85 Abs. 4a SGB V in seiner 93. Sitzung am 29.10.2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gem. § 85 Abs. 4 SGB V.

Nach § 85 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB V in der genannten Fassung verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an.

Diese als "Honorarverteilungsmaßstab (Honorarverteilungsvertrag/HVV) gemäß § 85 Abs. 4 S. 2 SGB V" benannte Vereinbarung wurde unter anderem für das Quartal I/2006 am 22.06.2006 zwischen den Vertragspartnern geschlossen (im Folgenden: HVV 2006). Sie nimmt inhaltlich im Wesentlichen Bezug auf den Inhalt der Vereinbarung zur Honorarverteilung für die Quartale II/2005 bis IV/2005 vom 10.11.2005 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22.0.2006 (im Folgenden: HVV 2005).

Nach § 85 Abs. 4 Sätze 3 bis 8 SGB V in der genannten Fassung sind bei der Verteilung der Gesamtvergütungen Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen. Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird.

Die Ermittlung des individuellen Honorars der Klägerin folgt diesen Vorgaben. Insbesondere hat die Beklagte die Vorgaben des HVV 2005 beachtet.

Der Systematik dieses Regelungswerks zufolge wird zunächst die Honoraranforderungsseite ermittelt (hier im Wesentlichen § 5 HVV 2005), den jeweiligen Arztgruppen bzw. Ärzten zugeordnet (hier im Wesentlichen § 6 HVV 2005) und sodann der Etatseite gegenübergestellt (hier im Wesentlichen § 7 HVV 2005 mit Anlage), wobei der Natur der Sache nach die vorhandene Gesamtvergütung als Obergrenze zur Abstaffelung der Anforderungsseite zwingt.

Im Einzelnen:

Erster Schritt für die Honorarermittlung ist gemäß § 5, Unterabschnitt 5.1 HVV 2005 die Ermittlung der von den Ärzten bzw. Psychotherapeuten sowie ärztlich geleiteten Einrichtungen in Rechnung gestellten Leistungen. Diese werden der genannten Regelung zufolge nach Maßgabe weiterer näher genannter untergesetzlicher Vorgaben sachlich und rechnerisch geprüft und gegebenenfalls berichtigt. Die nach Maßgabe dieser Bestimmungen festgestellten Honorarforderungen werden ggf. nach § 106 i.V.m § 296 und § 297 SGB V reduziert. Der hieraus resultierende Anforderungsbetrag geht in die weitere Honorarberechnung ein.

Sofern die Fallzahl der jeweiligen Honorar(unter)gruppe des aktuellen Abrechnungsquartals nach einem in Unterabschnitt 5.2.1 näher beschriebenen Vergleich zum entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 um mehr als ein Prozent gestiegen ist, erfolgt eine Quotierung.

Die Klägerin gehört der Honorar(unter)gruppe B 2.9 an. Dies folgt aus Unterabschnitt 6.2 HVV 2005. Nach dieser Vorschrift werden die fachärztlich tätigen Internisten mit Schwerpunkt Kardiologie bzw. Angiologie und jeweils invasiver Tätigkeit unter diese Gruppe gefasst. Nach Unterabschnitt 6.2, letzter Satz erfolgt die Zuordnung von Gemeinschaftspraxen zu den einzelnen Honorar(unter)gruppen nämlich nach dem Tätigkeitsschwerpunkt der Praxis (beachte auch die Zuordnung im Honorarbescheid, Bl. 31 der Verwaltungsakte). Dieser ist bei der Klägerin, bei der alle drei Gesellschafter invasiv tätige Kardiologen sind bzw. waren, offensichtlich.

Allerdings gab es im Quartal I/2004 nur eine Honoraruntergruppe der Kardiologen, also keine Differenzierung nach invasiven und nicht invasiven, weswegen die Beklagte die Fiktion einer Differenzierung für das Aufsatzquartal projiziert hat, um die Vorgaben des Honorarvertrags umzusetzen. Hierbei differenzierte sie, wie die Beklagtenvertreter im Erörterungstermin im Verfahren S 16 KA 61/13 und in der mündlichen Verhandlung der beiden Verfahren S 16 KA 61/13 sowie 16 KA 393/14 erläutert haben, die kardiologischen Praxen zum Stand I/2006 auf Basis der EBM-GOP nach invasiver und nicht invasiver Tätigkeit. Sodann wurde auf Basis dieser Trennung das im Quartal I/2004 erzielte Gruppenhonorar (nach Punktwertstützung) in Summe ermittelt.

Es begegnet hierbei keinen Bedenken, dass diese Vorgehensweise im HVV 2005 weder konkret beschrieben noch deren Ausgestaltung auf eine Einzelfallentscheidung des Vorstands delegiert wurde. Beim HVV 2005, der wie erwähnt über den HVV 2006, hier Anwendung findet, handelt es sich, entgegen den früheren und den heutigen Verhältnissen, entsprechend dem Wortlaut um eine vertragliche Vereinbarung zwischen der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen bzw. deren Verbänden. Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge, die die Funktion von Normativverträgen haben (vgl. im Einzelnen Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, München 2008, S. 87 ff.). Diese Vertragspartner haben bei der Ausgestaltung des HVV einen Gestaltungsspielraum (stRspr des BSG, vgl. etwa Urteil vom 03.02.2010, B 6 KA 1/09 R).

Nach Überzeugung der Kammer kommt der Kassenärztlichen Vereinigung, hier also der Beklagten, auch ein Auslegungsspielraum in jenen Fällen zu, in denen der Vertrag eine unbeabsichtigte Lücke aufweist, deren Schließung zur Vertragsanwendung unerlässlich ist. Den §§ 133, 157 BGB entspringt der allgemeine Rechtsgedanke, dass eine Unklarheit oder Lücke in einer vertraglichen Vereinbarung nicht zu deren (Gesamt-)Nichtigkeit führt, sondern zunächst im Wege der Auslegung zu schließen ist. Ob es sich hierbei um einfache oder ergänzende Auslegung handelt (vgl. hierzu MüKoBGB/Busche BGB § 157 Rn. 27, beck-online), stellt eine dogmatische Feinheit dar, deren Klärung nicht zur Lösung dieses Falles beiträgt. Eindeutig war es jedenfalls der Wille der Vertragsparteien, das Anforderungsvolumen des zu regelnden Jahres, also 2006, in Bezug zum Anforderungsvolumen des Jahres 2004 und zwar zum jeweils entsprechenden Quartal zu setzen.

Die Kammer ist überzeugt, dass es nicht dem Willen der Vertragsparteien entsprach, eine lücken- oder gar fehlerhafte Regelung zu treffen, weswegen die Kammer weiterhin davon überzeugt ist, dass von den Vertragsparteien übersehen wurde, dass die Honoraruntergruppen der Jahre 2004 und 2006 inkongruent sind.

Die (ergänzende) Auslegung von Verträgen zielt darauf, die lückenhafte Vereinbarung nach Kriterien zu vervollständigen, die sich entweder an der Interessenlage im konkreten Fall oder an Gesichtspunkten orientieren, die für Rechtsgeschäfte dieser Art typisch sind. Dabei setzt der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien der (ergänzenden) Vertragsauslegung Grenzen (sinngemäß nach MüKoBGB/Busche BGB § 157 Rn. 26, beck-online).

Eine solche Vervollständigung nahm die Beklagte mit der von ihr gewählten Vorgehensweise in nicht zu beanstandender Weise vor. Sie hat die Honoraranforderungslage der Kardiologen im Quartal I/2004 auf zwei fiktive Honorar(unter)gruppen, so wie sie im Quartal I/2006, dessen Honorarverteilung zu bewerkstelligen war, bestanden hat, projeziert. Dies entspricht nach Überzeugung der Kammer dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien. Denn diese Vorgehensweise bildet die von den Vertragsparteien ausdrücklich geregelte Systematik für die ungeregelte Situation der Kardiologen näherungsweise nach.

Es ist nach Überzeugung der Kammer weiterhin nicht zu beanstanden, dass diese Auslegung/Entscheidung nicht durch den Vorstand der Beklagten, sondern auf Fachebene getroffen wurde.

Hierbei führt der Vortrag der Prozessbevollmächtigten im Verfahren S 16 KA 61/13, dass eine Ermessensausübung bei der Beklagten dem Vorstand vorbehalten sei nicht weiter. Dies zum einen, weil sich für diese Aussage bereits kein Beleg findet. Gerichtsbekannt wurde Ermessen in zahlreichen, der Kammer bekannten Verwaltungsakten der Beklagten ersichtlich nicht durch den Vorstand, sondern die jeweilige Sachbearbeiterin bzw. den Sachbearbeiter ausgeübt. Dies kann aber dahinstehen, weil es sich zum anderen vorliegend nicht um eine Ermessensausübung, sondern Vertragsauslegung bzw. anwendung handelte. Dass eine solche einem bestimmten Organ der Beklagten vorbehalten sei, findet in keiner dem Gericht bekannten Rechtsnorm seinen Niederschlag.

Zurückkommend und anknüpfend an den oben geschilderten Regelungsinhalt des HVV 2005 erfolgt die Quotierung im Einzelnen nach Unterabschnitt 5.2.1 lit. a), b) und c) HVV 2005 unter Berücksichtigung von Besonderheiten nach lit. d) bis g). Hinsichtlich der Details, die vorliegend nicht im Streit standen, wird auf den Wortlaut des HVV 2005 verwiesen.

Zur Bewertung/Vergütung der von allen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden hessischen Ärzte, Psychotherapeuten und ärztlich geleiteten Einrichtungen abgerechneten nach Durchführung der oben geschilderten Maßnahmen anerkennungsfähigen Honorarforderungen werden diese, bei getrennter Betrachtung von Primärkassen und Ersatzkassen, unter Beachtung der Zuordnung der Praxen entweder zur hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsebene – wie bereits oben erwähnt – näher bestimmten Honorargruppen zugeordnet. Es handelt sich dabei um die Honorargruppe A1/B1, A2/B2, A3/B3, A4/B4 sowie A5/B5 und schließlich C, wobei A jeweils für die hausärztliche und B für die fachärztliche Versorgungsebene steht. Dem Honorarbereich C werden die Honorarforderungen aus dem fachübergreifenden ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notdienst) und im Notfall zugeordnet.

Bei Honorargruppe A2/B2 handelt es sich um alle Honorarforderungen des EBM 2000plus, die nicht den übrigen Honorargruppen oder dem Honorarbereich C zugeordnet werden. Diese Honorarforderungen unterliegen nach Unterabschnitt 6.1 der nachfolgenden Zuordnung zu Honorar(unter)gruppen und der Bewertung auf Basis von arztgruppenspezifischen Regelleistungsvolumen. Die Klägerin ist, wie zuvor erwähnt, im Quartal I/2006 nach Unterabschnitt 6.2 der Honorar(unter)gruppe B 2.9 zugeordnet.

Die Bildung der praxisindividuellen Regelleistungsvolumina richtet sich nach Unterabschnitt 6.3 HVV 2005. Demnach erfolgt die Bewertung der Honoraranforderung einer Praxis, die, wie die Klägerin, einer der Honorargruppen A2/B2 geordnet ist, auf Basis eines Regelleistungsvolumens, soweit für die in der Praxis vertretenen Arztgruppen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen benannt sind.

Für die Honorar(unter)gruppe der Klägerin ist dies der Fall (vgl. Zeile 15 der Tabelle in Anlage zu Ziffer 6.3 HVV 2005).

Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer in der genannten Anlage angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen.

Das im aktuellen Abrechnungsquartals gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann, vorbehaltlich weiterer, hier nicht näher zu thematisieren Besonderheiten, aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach vorstehender Vorgabe ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen.

Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen Praxis im aktuellen Quartal ist nachfolgend für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar Untergruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25 % zu mindern. Die Feststellung der relevanten durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.

Die Punktwerte, die im Fokus des vorliegenden Rechtsstreits stehen, folgen zunächst den Vorgaben nach Ziffer 6.4 HVV 2005.

Demnach wird nämlich die nach der oben geschilderten Anwendung von Unterabschnitt 5.2.1 lit. a) b) und c) HVV 2005 ermittelte (fiktive) Honoraranforderung dem nach den ebenfalls geschilderten Vorgaben gebildeten Regelleistungsvolumen gegenübergestellt. Hierbei bleiben Honorarforderungen aus in Unterabschnitt 6.4 HVV 2005 näher aufgeführten Leistungen bzw. Leistungsbereichen unberücksichtigt. Diese unberücksichtigten Leistungen werden vorab mit festen Punktwerten (überwiegend 4 Cent und teilweise vorbehaltlich einer Quotierung) bewertet.

Die dann noch verbleibenden Honorarforderungen der Praxis unterliegen – nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift des HVV 2005 – grundsätzlich der Bewertung mit einem festen Punktwert von 4,0 Cent bis zu dem festgestellten praxisindividuellen Regelleistungsvolumen.

Darüber hinausgehende Honorarforderungen werden quotiert, sind aber mit einem Punktwert von mindestens 0,51 Cent zu bewerten.

In diesem Zusammenhang ist allerdings zu betonen, dass alle von der Klägerin angeforderten Leistungen, die dem Regelleistungsvolumen zugeordnet werden, auch innerhalb dieses Volumens und damit zum oberen Punktwert vergütet wurden. Dass dieser obere Punktwert tatsächlich nicht 4 Cent erreicht, ist nicht zu beanstanden.

Denn nach Unterabschnitt 2.2, 3. Absatz der Anlagen 1 und 2 zu Ziffer 7.2. des HVV 2005 sieht vor, dass die für die einzelnen Honorar(unter)gruppen ermittelten Anteile am Verteilungsbetrag jeweils dem gemäß Ziffer 6.4 bewerteten Honorarforderungen gegenübergestellt werden. Reicht dabei der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht aus, erfolgt eine Quotierung aller Honorarforderungen innerhalb des Regelleistungsvolumens und damit des Punktwertes von 4 Cent" Die damit begründete Abweichung vom Wortlaut des § 85 Abs. 4 SGB V, nämlich eine Quotierung des Punktwerts auch innerhalb des Regelleistungsvolumens, hat das BSG ausdrücklich, nämlich bezogen auf den auch hier relevanten HVV-Wortlaut, gebilligt (Urteil vom 08.12.2010, B 6 KA 42/09 R).

Der oben erläuterten nach §§ 5 und 6 HVV 2005 bereinigten bzw. bewerteten Honoraranforderungsseite stellt der Honorarvertrag mit § 7 HVV 2005 die Verteilungsmittel gegenüber.

Nach Unterabschnitt 7.1 HVV 2005 werden von dem durch die Krankenkassen geleisteten Gesamtvergütungsbetrag zunächst Vorwegleistungen abgezogen und zwar:
a) extrabudgetäre Leistungen zu Lasten der Primärkassen (insoweit Anlage 1 zu Ziffer 7.1) sowie solche zu Lasten der Ersatzkassen (insoweit Anlage 2 zu 7.1) und Leistungen im Bereich des ambulanten operieren (insoweit Anlage 3 zu 7.1),
b) Rückstellungen für noch ausstehende Abrechnung, zu leistende Nachzahlungen,(Nach)Forderungen der Krankenkassen, streitige Honorarforderungen der Ärzte bzw. Psychotherapeuten sowie Honoraranforderungen anderer kassenärztliche Vereinigung für die Behandlung hessischer Versicherter im Rahmen des Fremdkassenzahlungsausgleich und schließlich
c) Aufwendungen für im Einzelfall zeitlich begrenzte, von den Bestimmungen des Honorarverteilungsvertrages abweichende Regelungen, insbesondere zur Erhaltung oder Einrichtung von Praxissitzen, wenn die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung dieser fordert und vom Vorstand der Beklagten hierzu eine Entscheidung erfolgt.

Nach Unterabschnitt 7.2 HVV 2005 steht der verbleibende Betrag unter Berücksichtigung weiterer Bestimmungen (nämlich im Wesentlichen den Anlagen 1 und 2 zu Unterabschnitt 7.2 des HVV 2005, dazu sogleich) für die Vergütung der nach den oben geschilderten Vorgaben ermittelten Honorarforderungen zur Verfügung.

Im vorliegenden Rechtsstreit drehte sich die Kontroverse im Wesentlich um die Bestückung des Honorartopfes für die Honorar(unter)gruppe der Klägerin, mit der Folge des niedrigen Punktwertes.

Ausgehend von den durch die Beklagte übersandten Darstellungen und insbesondere ihrem Vorbringen im Erörterungstermin am 16.11.2016 hat sie die Honorarverteilung hinsichtlich dieses Berechnungssegments wie folgt vorgenommen:

Der für den fachärztlichen Versorgungsbereich zur Verfügung stehende Verteilungsvertrag nach Unterabschnitt 7.2 HVV 2005 i.V.m Anlage 1 zu Ziffer 7.2. betrug im streitgegenständlichen Quartal – nach Angleichung aller Honoraruntergruppen 95.236.317,55 Euro für den Bereich der Primärkassen und nach Unterabschnitt 7.2 HVV 2005 i.V.m Anlage 2 zu Ziffer 7.2. 82.749.948,13 Euro für den Bereich der Ersatzkassen. Hierbei ist die Punktwertstützung nach Anlagen 1 und 2 zu Ziffer 7.2., Unterabschnitt 2.2 bereits berücksichtigt (dazu später noch).

Die Beklagte hat diese Beträge gem. Unterabschnitt 2.2 der beiden Anlagen auf Basis der prozentualen Aufteilung der tatsächlichen Honorarzahlungen für die entsprechenden bzw. vergleichbar gebildeten Honorar(unter)gruppen im entsprechenden Quartal 2004 – vorliegend also I/2004 – aufgesplittet, wobei – wie oben erläutert – wegen der fehlenden Differenzierung im Quartal I/2004 eine fiktive Projektion erfolgte.

Im Quartal I/2004 betrug der Verteilungsbetrag nach Angaben der Beklagten 105.532.627,28 Euro für den Bereich der Primärkassen und 88.849.075,34 Euro für den Bereich der Ersatzkassen. Auf die fingierte Honorar(unter)gruppe der invasiven Kardiologen entfielen seinerzeit 2.903.655,08 Euro auf den Bereich der Primärkassen und 2.047.309,95 Euro auf den Bereich der Ersatzkassen. Dies entspricht bei einer Inverhältnissetzung der zum seinerzeitigen Gesamtvolumen der Fachärzte einem prozentualen Anteil von 2,7514% im Bereich der Primärkassen und einem prozentualen Anteil von 2,3043% im Bereich der Ersatzkassen.

Diese Prozentzahlen des Quartals I/2004 an die oben genannten Zahlen des streitgegenständlichen Quartals angelegt ergibt sich für die Honorar(unter)gruppe B2.9 ein anteiliger Verteilungsbetrag von 2.620.359,45 Euro im Bereich der Primärkassen und 1.906.770,46 Euro im Bereich der Ersatzkassen.

Auf diese vorgenannten anteiligen Verteilungsbeträge summierte die Beklagte in Entsprechung von Ziffer 1, vorletzter Absatz, der Anlage 1 zu 7.2 HVV 2005 die Beträge für Fachgruppenwechsler in Höhe von 173.786,59 Euro für den Bereich der Primärkassen und 126.515,34 Euro für den Bereich der Ersatzkassen auf. Bei letztgenannten Zahlen handelt es sich um von der Beklagten angegebene bilanzierte Endbeträge, also die positive Differenz aus Abgängen und Zugängen.

Die Ermittlung der Honoraranteile für die einzelnen Fachgruppenwechsler (in der Verkehrssprache der Beklagten die "Honorarrucksäcke") ermittelte die Beklagte nach eigenen Angaben, indem sie für die betreffenden Ärzte das Honorar im betreffenden Leistungsbereich des Quartals I/2004 ermittelte.

Die schließlich hierdurch entstehenden Verteilungsbeträge von 2.794.146,04 Euro (Primärkassen) und 2.033.285,80 Euro (Ersatzkassen) wurden in Entsprechung von Ziffer 2.2. Abs. 2 der Anlagen 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 HVV 2005 i.V.m der dortigen Ziffer 4. i.V.m Unterabschnitt III.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses gemäß § 85 Abs. 4a SGB V in seiner 93. Sitzung am 29.10.2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 80 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 01.01.2005 wiederum um bestimmte Leistungen reduziert. Denn nach dem vorgenannten Beschluss unterliegen bestimmte dort in Tabellenform aufgezählte Leistungen und Leistungsgarten nicht dem Regelleistungsvolumen. Hinsichtlich der Einzelaufzählung der unter Unterabschnitt III.4.1 des Beschlusses genannten Leistungen, wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

Dementsprechend reduzieren sich die oben genannten Beträge für die Honorar(unter)gruppe 2.9 um die im Beschluss genannten Leistungen dieser Honorargruppe wie folgt: 2.794.146,04 Euro (Primärkassen) um 822.192,19 Euro auf 1.971.953,85 Euro. 2.033.285,80 Euro (Ersatzkassen) um 465.983,64 Euro auf 1.567.302,16 Euro.

Zu diesem Berechnungsstand ergibt sich für die Honorar(unter)gruppe der Klägerin ein rechnerischer oberer Punktwert von 3,126 Cent. für die Primärkassen (1.971.953,85 Euro /63.087.017,9 Punkte) und von 3,640 Cent für die Ersatzkassen (1.567.302,16 Euro /43.059.594,4 Punkte).

Allerdings hat die Beklagte sodann zutreffend die Regelung aus Unterabschnitt 2.2, 3. Absatz der Anlagen zu Ziffer 7.2 HVV 2005 angewandt. Demnach werden die ermittelten Anteile am Verteilungsbetrag jeweils den gemäß Ziffer 6.4 bewerteten Honorarforderungen (siehe dazu oben) gegenübergestellt. Reicht dabei der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der angeforderten Leistungen nicht aus, erfolgt eine Quotierung aller Honorarforderungen innerhalb des Regelleistungsvolumens und damit des Punktwertes von 4,0 Cent (dazu schon oben). Soweit die so festgestellten Quoten um mehr als 15 %-Punkte von der nach gleicher Vorgehensweise über alle Honorar(unter)gruppen der Honorargruppe B2 gebildeten (mittleren) Quote abweichen, ist, soweit möglich, ein Ausgleich zwischen den Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 mit dem Ziel der Erreichung einer maximalen Abweichung von 15 %-Punkten von der mittleren Quote für alle Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B2.32 durchzuführen.

Angesichts dieses Wortlauts ist die klägerische Kritik der Belastung ihrer Honorar(unter)gruppe nicht nachvollziehbar.

Nach Angaben der Beklagte lag die nach vorstehender Regelung gebildete mittlere Quote im streitgegenständlichen Quartal bei den Primärkassen bei einem oberen Punktwert von 3,314 Cent und bei den Ersatzkassen bei einem oberen Punktwert von 3,689 Cent, weshalb die maximal zulässige Abweichung im ersten Fall bei 2,818 Cent und im zweiten Fall bei 3,136 Cent lag.

Um allen Honorar(unter)gruppen die Erreichung des jeweils maximal um 15%-Punkte vom Mittel abweichenden Punktwertes zu ermöglichen, wurde die Honorar(unter)gruppe der Klägerin mit einem Stützungsvolumen von 102.267,50 Euro im Bereich der Primärkassen und von 48.158,49 Euro im Bereich der Ersatzkassen herangezogen, was den Verteilungsbetrag auf 1.869.686,35 Euro (Primärkassen) und 1.519.143,66 Euro (Ersatzkassen) reduzierte.

Hieraus resultierte eine (obere) Punktwertabsenkung von 3,126 Cent auf 2,964 Cent (Primärkassen = 1.869.686,35 Euro/63.087.017,9 Punkte) und von 3,640 Cent auf 3,528 Cent (Ersatzkassen = 1.519.143,66 Euro/43.059.594,4 Punkte).

Eine weitere Reduzierung erfuhr der Verteilungsbetrag über die – auf vier Quartale (I/2006 bis IV/2006) aufgeteilte – Rückführung von Ausschüttungen im Quartal II/2005 im Umfang von 17 Mio. Euro für die Ausgleichsregelung nach Unterabschnitt 7.5 HVV.

Diese Regelung diente dem Zweck praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM2000plus zu vermeiden. Im Wege eines Vergleichs des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ist demnach zu ermitteln, ob der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5%, bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004, zeigt. Ist dies der Fall, erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5%. Die für eine Stützung bei Fallwertminderungen notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte auf einen Zuwachs von 5% resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5% steigen, führt dies zu keinem weitergehenden Ausgleich.

Das Sozialgericht Marburg hatte mit Urteil vom 10.12.2008 (S 12 KA 527/07, vgl. nachgehend LSG Hessen L4 KA 18/09) diese Regelung des HVV 2005 allerdings, soweit sie zu Kürzungsbeträgen führt, als von Anfang an rechtswidrig beanstandet. Weil die Regelung, soweit sie Auffüllbeträge vorsah, nicht beanstandet wurde, verblieb für die Beklagte ein Defizit. Dieses glich sie aus, indem sie einen Honorarausgleichsfond bildete.

Bereits die 12. Kammer des Sozialgerichts Marburg (aaO) hat die Vorgehensweise der Beklagten gebilligt, diesen Betrag aus Ihren Rücklagen für die Ausgleichsregelung zu verwenden. Naturgemäß müssen diese Rücklagen wieder aufgefüllt werden, wobei die gestaffelte Auffüllung über vier Quartale nicht zu beanstanden ist. Auf die Regelung des Unterabschnitts 7.1 lit. b) Satz 2 HVV 2005, nämlich die Gestattung zur Bildung eines Honorarausgleichsfonds, wird verwiesen.

Der auf die Honorar(unter)gruppe der Klägerin entfallenden Betragsanteil der 25% von 17 Mio. Euro betrug 87.430,43 Euro, nämlich 53.847,11 Euro für den Bereich der Primärkassen und 33.583,32 Euro für den Bereich der Ersatzkassen. Hieraus resultierte ein oberer Punktwert von 2,878 Cent (Primärkassen = [1.869.686,35 Euro - 53.847,11 Euro]/63.087.017,9 Punkte) und von 3,450 Cent (Ersatzkassen = [1.519.143,66 Euro - 33.583,32 Euro]/43.059.594,4 Punkte).

Schließlich erfolgte eine letzte Reduzierung des Verteilungsbetrages aufgrund der Anwendung von Unterabschnitt 7.5 HVV 2005 für das streitgegenständliche Quartal (im Gegensatz zu den oben dargestellten Abzügen für Rückführungen der Ausschüttungen vergangener Quartale). Die Belastung umfasste 33.156.122,1 Punkte bei den Primärkassen und 19.663.754,7 Punkte bei den Ersatzkassen für die Honorar(unter)gruppe der Klägerin. Die Addition dieser Punkte auf die oben genannten Gesamtpunktzahl reduziert den ermittelten Punktwert auf den hier von der Klägerin bemängelten Wert in Höhe von 1,887 Cent (Primärkassen = [1.869.686,35 Euro - 53.847,11 Euro] / [63.087.017,9 Punkte + 33.156.122,1]) bzw. 2,368 Cent (Ersatzkassen = [1.519.143,66 Euro - 33.583,32 Euro] / [43.059.594,4 Punkte + 19.663.754,7 Punkte]).

Die im Rahmen dieses Urteils nachvollzogene Berechnungsweise des Punktwerts der Klägerin ist weder tatsächlich, also rechnerisch, noch rechtlich zu beanstanden.

De Kammer hat nach ihrer ausführlichen Beratung auch keinen Anlass für die Ermittlung weiterer Daten. Der Tatbestand steht nämlich zur vollen Überzeugung der Kammer fest. Insbesondere sah sich das Gericht nicht veranlasst, die von der Beklagten gelieferten, der obigen Berechnung zugrunde gelegten Ausgangsdaten zu überprüfen.

Im Laufe des Verfahrens hat sich großes Misstrauen der Klägerinnen beider Verfahren gegenüber den Angaben der Beklagten gezeigt. Es ist der Klägerin im Verfahren S 16 KA 61/13 deshalb freilich unbenommen, Angaben der Beklagten mit Nichtwissen (§138 Abs. 4 ZPO) zu bestreiten und Beweisanregungen zu unterbreiten. Im Gegensatz zum Zivilprozess bestimmt im Prozess der Sozialgerichtsbarkeit allerdings das Gericht sowohl den Ermittlungsradius als auch die Ermittlungstiefe zur Wahrheitsfindung. Nach § 103 Satz 1 SGG sind die Beteiligten dabei heranzuziehen. Dieses pflichtgemäße Ermessen übt die Kammer zum benannten Ergebnis aus, dass weitere Ermittlungen obsolet sind.

Denn das durch die Beklagte in den Prozess eingeführte Datenmaterial ermöglicht zunächst, wie oben ausführlich dargestellt, eine Nachprüfung des ermittelten Punktwertes.

Überdies hat die Kammer keine Zweifel an der Richtigkeit der verwandten Daten. Die Kammer misst dabei, wie der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, durchaus dem Umstand Bedeutung zu, dass es sich bei der Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, die nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden ist. Deren Prozessvertreterin hat, unter Heranziehung einer mit geeigneter fachlicher Expertise ausgestatteten Funktionsträgerin, nämlich der Abteilungsleiterin Honorarverteilung und Statistik, nach eigener Aussage nach bestem Wissen Auskunft über die vom Gericht angefragten Daten gegeben. Hierbei hat sie auf einzelne Fragen auch die Antwort gegeben, dass ihr die gewünschten Daten nicht bekannt seien. Die Kammer hat nicht die geringsten Zweifel am Wahrheitsgehalt der positiven Aussagen entwickelt.

Dies gilt ausdrücklich auch in Ansehung der von den Klägerinnen vorgelegten Unterlagen, namentlich im Besonderen ein Schreiben der Frau Staatsministerin a.D. D., seinerzeit hessische Sozialministerin, an die hessischen Vertragsärzte vom 24.06.2007. Frau Ministerin kritisierte in diesem Schreiben das Verwaltungshandeln der Beklagten als "äußerst intransparent und nur schwer nachvollziehbar". Sie habe eine Sonderprüfung der Abrechnungsquartale II/2005 bis IV/2006 angeordnet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens (Bl. 80 der Gerichtsakte im Verfahren S 16 KA 393/14) verwiesen. Selbst wenn die Kammer es als wahr unterstellte, das das Verwaltungshandeln der Beklagten äußerst intransparent und nur schwer nachvollziehbar sei, folgt hieraus keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Weiterhin folgt hieraus kein Ansatzpunkt für konkrete weitere Ermittlungen.

Die Beweisermittlungsanträge der Klägerinnenvertreter, bei denen es sich mangels Benennung eines Beweismittels der ZPO, eines konkreten Beweisthemas oder wenigstens eines konkreten Ergebnisses der angestrebten Beweisaufnahme ausdrücklich nicht um Beweisanträge handelt, verlangen vom Gericht eine Ermittlung in das sprichwörtlich Blaue hinein. Solche aber sind generell nicht geboten (vgl. BSG, Beschluss vom 05.02.2009, B 13 RS 85/08 B, unter Bezugnahme auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.10.2007, 2 BvR 1268/03).

Ausgeräumt sind zur vollen Überzeugung der Kammer Bedenken wegen Zahlenabweichungen im Publikationsblatt info.doc der Beklagten gegenüber der von ihr in diesem Verfahren angegebenen Datengrundlagen. Dieses Medium ist nämlich gänzlich ungeeignet zur rechtlichen Überprüfung einzelner Honorarverteilungen. Bei info.doc handelt es sich um ein Medium, dass der Information ihrer Mitglieder durch die Beklagte dient. Beispielsweise gab die Beklagte bzw. deren Redaktion in dem Artikel "Was Ärzte wirklich verdienen: Die Wahrheit über die Höhe der Arzteinkommen" in info.doc, Nr. 2, Mai 2007, Seite 8 ff. die Verteilung der Gesamtvergütung auf die einzelnen Honorar(unter)gruppen in einer diagrammhaften Darstellung wieder. Diese Darstellung folgt weder den Berechnungsschritten des Honorarverteilungsvertrages noch nimmt sie, jedenfalls bezogen auf die einzelnen Honorar(unter)gruppen, eine klare Differenzierung zwischen den mit festen Punktwerten und den mit quotierten Punktewerten vergüteten Leistungen vor. Die Rückstellungen werden ebenfalls undifferenziert wiedergegeben.

Der Vollständigkeit halber ist auch der in der mündlichen Verhandlung durch den Prozessbevollmächtigten im Verfahren S 16 KA 393/14 sinngemäß geäußerten Kritik entgegenzutreten, das Gericht entziehe sich durch das Unterlassen weiterer Ermittlungsmaßnahme seine eigene Legitimationsgrundlage. Die Legitimation des Gerichts beruht auf der Prozessordnung. Derzufolge hat sich die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bei der Sachverhaltsaufklärung naturgemäß am Streitgegenstand und nicht den Wünschen einzelner Prozessbeteiligter zu orientieren. Die Kammer hat aufgrund dieser prozessualen Gegebenheit ihre Aufklärungsbemühungen auch auf die Überprüfung der konkret angegriffenen Honorarbescheide gerichtet und sich nicht, wie mehrfach in beiden Verfahren durch die Klägerinnen begehrt wurde, in Ursachenforschung für deren wirtschaftliche Einbußen im betroffenen Quartal geübt.

Schließlich greifen die weiteren Argumente der Klägerinnen nach Rechtsauffassung der Kammer nicht durch.

Die gilt zunächst für das in der mündlichen Verhandlung erstmals eingebrachte Argument, die angefochtenen Bescheide seien schon alleine deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte es im Rahmen der Neubescheidung aufgrund der erfolgten BSG-Rechtsprechung unterlassen habe, diejenigen Vertragsärzte, die bei Berücksichtigung der Rechtsprechung ein geringeres Honorar erzielt hätten, nachträglich mit einem Regress zu belasten.

Nach Auskunft der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung erfolgt das Rückstellungsmanagement nach folgendem Muster: Aus dem Anteil der für jedes Quartal eines Jahres zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung bildet die Beklagte Rückstellungen. Die entsprechenden Rückstellungsbeträge der einzelnen Quartale stellen entweder einen prozentualen Anteil der jeweiligen Gesamtvergütung oder die Summe einzelner Nominalbeträge dar. Dieser Anteil bzw. die Summe richtet sich nach einer Risikoabschätzung für alle Honorarverteilungsvorgänge des jeweiligen Quartals. Diese theoretisch quartalsweisen Rückstellungstöpfe wurden bis zum Jahr 2008 buchhalterisch zusammen geführt, jedoch stets getrennt nach Haus- und Fachärzten. Die Rückstellungsbeträge können, bezogen auf das zugeordnete Quartal, untereinander transferiert werden. Genügt also beispielsweise isoliert betrachtet die Rückstellung für ein Gerichtsverfahren im Ergebnis nicht zur Kostendeckung wird auf die Rückstellungsbeträge des gesamten Quartals zurückgegriffen. Eine Überschreitung der Forderungen gegenüber einem gesamten Rückstellungsquartal ist nach Auskunft der Beklagtenvertreterin noch nie eingetreten. Die Auflösung der Rückstellungsbeträge, bezogen auf die einzelnen Quartale, erfolgt erst, wenn alle Prozesse, die Grund für eine Rückstellung waren, abgeschlossen sind. Die Auflösung erfolgt jeweils in das Budget des Quartals, zu dessen Stand die Auflösung erfolgt.

Die Argumentationslinie der Klägerinnen geht dahin, dass eine Inregressnahme derjenigen Vertragsärzte, die aufgrund der BSG-Rechtsprechung ein geringeres Honorar erhalten hätten, keinen oder lediglich einen geringeren Zugriff auf die Rückstellungen für das Quartal I/2006 erfordert hätten, mithin ein größerer Teil an Auflösungsbeträgen zur Verfügung gestanden hätte, mithin den Klägerinnen ein größeres Honorar zugestanden hätte.

Diese Argumentation geht fehl. Grundlage für die Rückstellungen ist Unterabschnitt 7.1 lit. b) HVV 2005. Demnach bildet die Beklagte, wie an anderer Stelle bereits erwähnt, Rückstellungen für noch ausstehende Abrechnungen, zu leistende Nachzahlungen, (Nach)Forderungen der Krankenkassen, streitige Honorarforderungen der Ärzte bzw. Psychotherapeuten sowie Honorarforderungen fremder KV en für die Behandlung hessischer Versicherter im Rahmen des Fremdkassenzahlungsausgleiches. Hierbei gelten die allgemeinen Grundsätze der Buchführung und Rechnungslegung.

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist der Honorarbescheid für das Quartal I/2006. Dass die Beklagte in diesem Quartal Rückstellungen gebildet hat, folgt der vorstehenden Vorgabe und war im Übrigen – angesichts der Tatsache, dass die Beklagte in der von der Klägerseite erwähnten Rechtsprechung des BSG unterlegen ist – offensichtlich auch angebracht. Wie hoch nun der verbleibende Auflösungsbetrag bezogen auf die Rückstellungen des Quartals I/2006 ist oder sein wird, wird vom Streitgegenstand dieses Verfahrens nicht erfasst, weil er das zur Verfügung stehende Gesamtvergütungsbudget eines Quartals, das aus Sicht des Quartals I/2006 in der Zukunft liegt (oder lag) betrifft. Dass diese Vorgehensweise der Beklagten hingegen fehlerhaft ist und, wie es die Klägerinnen scheinbar vertreten, für jeden Auflösungsvorgang ein Nachvergütungsverfahren bezogen auf das betroffene Quartal durchzuführen wäre, findet nirgends einen rechtlichen Niederschlage. Dies entspräche nämlich nicht den Grundsätzen der Buchführung und Rechnungslegung, die der HVV 2005 aber vorsieht. Diese Grundsätze kommen unter anderem in den Ausgestaltungen des Gesetzgebers im Handelsgesetzbauch zum Ausdruck. Wie aus den §§ 249, 375 Abs. 2 Nr. 4 HGB und ihrer Rechtsanwendung hervorgeht, sind demnach Rückstellungen im Zuge ihrer Auflösung als sonstige betriebliche Erträge in die sodann aktuelle (und keine vergangene) Bilanz einzustellen (vgl. etwa EBJS/Gros/Böcking HGB § 275 Rn. 14, beck-online).

Dem Gebot, das Honorar möglichst gleichmäßig über die vier Quartale eines Jahres zu verteilten, kommt nach Rechtsauffassung der Kammer nicht die Qualität eines subjektiv öffentlichen Rechts zu. Jedenfalls in Fällen, in denen die betroffenen Praxis, wie hier, in allen vier Quartalen tätig war, ist auch keine Beschwer erkennbar, weil zum Abschluss des Jahres keine Mindervergütung erkennbar wird.

Schließlich kann die Klägerin, entgegen ihrer Auffassung, kein höheres Honorar unter Anwendung von Gerechtigkeitsgrundsätzen als Ausfluss grundgesetzlicher Vorgaben ableiten.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kommt ein subjektives Recht auf höheres Honorar nach dem Grundsatz der angemessenen Vergütung als Ausfluss von § 72 Abs. 2 SGB V i.V.m Art 12 Abs. 1 GG erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (stRspr des BSG, zuletzt Urteil vom 17.02.2016, B 6 KA 46/14 R). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Situation im Bereich der Beklagten, also Hessen, für die Gruppe der (invasiv) tätigen Kardiologen in dem hier maßgeblichen Zeitraum eingetreten sein könnte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Weiterhin ist es der Klägerin verwehrt, höheres Honorar aus dem aus Art.12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu verlangen. Mit ihrem Vergleich zu den nicht invasiv tätigen Kardiologen verkennen die Klägerinnen, dass der genannte Grundsatz kein gleichmäßiges Einkommen aller vertragsärztlich tätigen Ärzte garantiert (ständige Rspr. des BSG, zuletzt mit Urteil vom 17.02.2016, B 6 KA 46/14 R). Ein Anspruch auf höheres Honorar kann grundsätzlich nicht auf Honorarunterschiede zwischen einzelnen Arztgruppen, aber auch nicht auf unterschiedliche individuelle Anforderungen innerhalb der eigenen Arztgruppe gestützt werden. Gegebenenfalls können im Rahmen des Regelleistungsvolumens Praxisbesonderheiten Berücksichtigung finden. Dies ist jedoch eine andere Rechtsfrage, zu der keine substantiierten Anhaltspunkte erkennbar sind.

Die frühere Rechtsprechung, auf die die Klägerin in ihrem Vortrag rekurriert, stellte eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht der Kassenärztlichen Vereinigung hinsichtlich der Verteilungsregelungen dahingehend auf, ob der Zweck der Regelung nicht erreicht oder gar verfehlt wird und ob Folge der jeweiligen Regel ist, dass der Punktwert in einzelnen Bereichen dauerhaft deutlich stärker abfällt als bei dem größten Teil der sonstigen Leistungen. Eine Korrekturverpflichtung setzt demnach bei erheblichem Punktwertabfall ein. Das BSG sah insbesondere dann eine Reaktionspflicht, wenn sich bei einer Arztgruppe ein auf das Honorar mindernd auswirkender dauerhafter Punktwertabfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau ergab, von dem Punktwertverfall ein wesentlicher Leistungsbereich betroffen ist, die dem Punktwertverfall zugrunde liegende Mengenausweitung nicht von der Arztgruppe selbst zu verantworten ist und die Honorarrückgänge in dem wesentlichen Leistungsbereich nicht durch andere Effekte kompensiert werden (vgl. beispielsweise das klägerseits zitierte Urteil des BSG vom 29.08.2007, B 6 KA 43/06 R oder das Urteil vom 08.12.2010, B 6 KA 42/09 R, beide zurückgehend auf das Urteil vom 09.09.1998, B 6 KA 55/97 R).

Gleichwohl hat das BSG in Ansehung dieser eigenen Rechtsprechung gebilligt, dass diese geforderte Korrekturmaßnahme bereits sinngemäß in den HVV implementiert wird (vgl. das bereits oben zitierte Urteil vom 08.12.2010, B 6 KA 42/09 R). Das Obergericht weist auf die entsprechende (oben dargestellte) Regelung in Ziffer 2.2 der Anlagen 1 und 2 zu Ziffer 7.2 für die fachärztliche Versorgungsebene hin.

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der betriebswirtschaftlichen Kalkulation des am 01.04.2005 in Kraft getretenen EBM 2000 plus auf der Basis eines Punktwerts von 5,11 Cent. Die Vorgaben des Gesetzgebers für die Bestimmung der Gesamtvergütung sehen einen solchen Punktwert nicht vor. Der EBM bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen (§ 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V, für die seinerzeit geltende, gleichermaßen wie für die aktuelle Fassung). Eine verbindliche Vorgabe für die Höhe der Gesamtvergütung oder einer Einzelleistung kann der EBM nicht vorgeben und gibt er nicht vor (SG Marburg, Urteil vom 04.10.2006, S 12 KA 1416/05).

Hinsichtlich der von der Klägerin vorgebrachten Argumente im Hinblick auf die Überzahlung in Höhe von 81.803,54 Euro geht das Gericht davon aus, dass dieser Vortrag nicht aufrechterhalten worden ist. Höchst vorsorglich macht sich die Kammer aber die diesbezügliche, überzeugende Erwiderung der Beklagten zu Eigen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Kammer auch keinen formellen Rechtsfehler am angefochtenen Bescheid zu erkennen vermag. In Ansehung der Ausführungen des Widerspruchsbescheids ermangelt es insbesondere nicht der nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X erforderlichen Mitteilung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Beklagte zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Im Rahmen dieser Beurteilung ist nämlich der hinreichend fachkundige Adressatenkreis zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 u. 3 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Die Kammer hat sich entscheiden, von letztgenannter Regelung Gebrauch zu machen, obwohl geringe Obsiegensanteile der Klägerin bestehen, zunächst durch die Teilabhilfe im Widerspruchsbescheid und sodann durch die Nachvergütung im Zuge der Umsetzung der BSG-Rechtsprechung mit dem Honoraränderungsbescheid. Diese Anteile fallen aber gegenüber dem von der Klägerin begehrten Honorarzuwachs nicht wesentlich ins Gewicht.
Rechtskraft
Aus
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