L 19 AS 871/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 24 AS 897/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 871/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 382/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.03.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Übernahme von Tilgungsleistungen auf Kredite für ein selbstgenutztes Eigenheim für die Zeit vom 01.11.2012 bis 31.12.2013 als Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II.

Die im Jahre 1972 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter des im Jahre 1993 geborenen Klägers zu 2), der im Jahre 1997 geborenen Klägerin zu 3), der im Jahre 2001 geborenen Klägerin zu 4) und des im Jahre 2005 geborenen Klägers zu 5). Seit dem 28.07.2011 lebte die Klägerin zu 1) von ihrem Ehemann getrennt. Dieser zog am 01.10.2013 wieder in den Haushalt der Kläger ein.

Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann erwarben von einem Bauträger im Jahre 2003 ein Einfamilienhaus mit einer Grundstücksfläche von 121 qm, einer Stellplatzfläche von 13 qm und einer Wegefläche. Die Wohnfläche des Hauses beträgt 120 qm. Die Finanzierung des Kaufpreises für das Hausgrundstück von 216.481,00 Euro erfolgte über zwei Darlehen bei der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank AG (DG HYP) von 60.000,00 Euro und 65.000,00 Euro sowie ein Darlehen bei der Wohnungsbauförderungsanstalt Nordrhein-Westfalen, Anstalt der Landesbank Nordrhein-Westfalen, (jetzt NRW Bank) von 87.500,00 Euro. Die Darlehen bei der DG HYP sind mit 126.000,00 Euro über eine Grundschuld und das Darlehen bei der NRW Bank über eine Hypothek in Höhe von 103.500,00 Euro im Grundbuch gesichert.

Die Restschuld für das erste Darlehen bei der DG HYP (60.000,00 Euro) belief sich laut Zahlungsplan vom 12.07.2012 auf 52.645,04 Euro. Der ursprüngliche Tilgungsplan vom 28.03.2003 sah eine monatliche Belastung von insgesamt 344,50 Euro vor, davon entfielen zuletzt im August 2012 auf Zinsen 258,82 Euro und auf die Tilgung 85,68 Euro. Nach einer Neustrukturierung wurden laut Zahlungsplan vom 12.07.2012 die monatlichen Zahlungen auf 197,99 Euro reduziert, dabei entfielen im Juni 2013 110,65 Euro auf Zinsen und 87,34 Euro auf die Tilgung. Der ursprüngliche Zinssatz p.a. von 5,89 % wurde auf 2,56 % reduziert und die Tilgungsleistung von ursprünglich 1,0 % auf 1,953 % erhöht. Die Restschuld für das zweite Darlehen bei der DG HYP (65.000,00 Euro) belief sich nach einer Neustrukturierung des Darlehns im Jahre 2012 laut Zahlungsplan vom 04.12.2012 auf 53.923,40 Euro. Es waren vierteljährliche Zahlungen von 841,25 Euro ab 01.03.2013 zu leisten, wobei zum 30.06.2013 304,32 Euro auf Zinsen und 536,93 Euro auf die Tilgung entfielen. Im Jahre 2012 lag die vierteljährliche Belastung noch bei 1007,50 Euro, wobei zum 31.12.2012 752,12 Euro auf Zinsen und 255,38 Euro auf Tilgung entfielen. Durch die Neustrukturierung wurde der Zinssatz von ursprünglich 5,2 % p.a. auf 2,28 % p.a. gesenkt und die Tilgungsleistung von ursprünglich 1,4968 % auf 2,89692 % erhöht. Die Jahresleistung bei der NRW BANK betrug laut Auskunft vom 04.12.2012 insgesamt 1312,50 Euro und war halbjährlich in Höhe von 656,25 Euro zu zahlen. Die Tilgung lag bei 1% pro Jahr und 0,5 % laufende Verwaltungskosten, der Zinssatz lag bei 0 %.

Die Klägerin hat am 28.02.2013 ein weiteres Darlehen bei der DG HYP in Höhe von 3512,37 Euro aufgenommen, das mit monatlich 15,47 Euro bedient wird (Zins 6,05%, Tilgung 2%).

Zum 31.12.2013 betrug die Restschuld aus den Darlehen insgesamt 187.579,77 Euro (51.769,52 Euro DG HYP, 51.251,66 Euro DG HYP, 3621,09 Euro DG HYP und 80.937,50 Euro NRW BANK).

Mit Bescheid vom 16.12.2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.11.2012 bis 31.12.2012. Hierbei berücksichtigte er Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 708,55 Euro (399,11 Euro Schuldzins, 52,48 Euro Heizung, 221,96 Euro Nebenkosten und 35,00 Euro Kaltwasser). Den von den Klägern wegen der nicht übernommenen Tilgungsleistungen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2013 als unbegründet zurück.

Mit Bescheid vom 13.12.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.03.2013 und 05.04.2013 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 3) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum 01.01.2013 bis 30.06.2013. Bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte er neben dem Kindergeld ein Nettoeinkommen der Klägerin zu 1) von 400,00 Euro und Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 554,39 Euro (247,95 Euro Schuldzins, 52,48 Euro Heizung, 221,96 Euro Nebenkosten, 32,00 Euro Kaltwasser). Auf den Bedarf der Kläger zu 4) und 5) rechnete er Einkommen in Form von Kindergeld (190,00 Euro/ 215,00 Euro) und Unterhalt von jeweils 180,00 Euro an. Den von den Klägern wegen der nicht übernommenen Tilgungsleistungen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2013 als unbegründet zurück.

Mit weiterem Bescheid vom 13.12.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.06.2013, 20.09.2013, 18.10.2013 und 05.12.2013 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1) bis 3) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.07.2013 bis 31.12.2013. bzw. für die Klägerin zu 4) für die Zeit vom 01.11.2013 bis zum 31.12.2013. Hierbei berücksichtigte er bei der Bedarfsberechnung Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 554,39 Euro (247,95 Euro Schuldzins, 52,48 Euro Heizung, 221,96 Euro Nebenkosten, 32,00 Euro Kaltwasser). Den von den Klägern wegen der nicht übernommenen Tilgungsleistungen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2013 als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 06.03.2013 gegen den Bescheid vom 16.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2013 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Mit Schriftsatz vom 08.07.2013 haben die Kläger am 17.09.2013 die Klage erweitert und die Bescheide vom 13.12.2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 05.06.2013 und 06.06.2013 angefochten. Insgesamt seien Wohnkosten von 801,00 Euro monatlich zu übernehmen. Der Betrag von 801,00 Euro setze sich aus den Kreditraten von 280,42 Euro, 197,99 Euro und 15,47 Euro (ab dem 28.02.2013) an die DG Hyp, den Verwaltungskostenbeitrag an die NRW-Bank von 15,47 Euro, den Grundbesitzabgaben von 135,52 Euro, den Heiz-/Wasserkosten von 113,00 Euro, dem Beitrag zur Gebäudeversicherung von 17,26 Euro und den Kosten für den Schornsteinfeger von 5,35 Euro zusammen. Er beinhalte auch die Tilgungsleistungen für die Kredite bei der DG HYP und der NRW Bank. Diese Belastung liege deutlich unterhalb der als angemessen angesehenen Kosten der Unterkunft für einen 5-Personen-Haushalt von 907,50 Euro kalt. Eine Ungleichbehandlung von Mietern und Wohnungseigentümern habe zu unterbleiben.

Die Kläger haben beantragt,

1. den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.2013 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 01.11.2012 bis zum 31.12.2012 Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung der Kosten in Höhe von 801,00 Euro zu bewilligen,

2. den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13.12.2012 und 05.04.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 05.06.2013 und 06.06.2013, der Änderungsbescheide vom 20.09.2013, 18.06.2013, 18.10.2013, 05.12.2013 und 04.02.2013 zur verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013 Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung der Kosten in Höhe von 801,00 Euro zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 19.03.2014 hat der Beklagte dargelegt, dass sich die Kosten für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Betriebs- und Heizkosten sowie der durchschnittlichen Zinszahlungen, einschließlich des Verwaltungskostenbeitrags in der Zeit vom 01.11.2012 bis zum 31.12.2012 auf insgesamt 643,06 Euro monatlich, in der Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.06.2013 auf insgesamt 517,25 Euro monatlich und in der Zeit vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 auf 514,68 Euro belaufen haben.

Mit Urteil vom 10.03.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Die Kläger haben gegen das ihrer Bevollmächtigten am 16.04.2015 zugestellte Urteil am 18.05.2015 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht verkenne den Inhalt der Entscheidung des BSG vom 07.07.2011 - B 14 AS 79/10 R. Tilgungsleistungen könnten auch dann übernommen werden, wenn die vollständige Tilgung der Darlehen nicht unmittelbar bevorstehe. Vielmehr ergebe sich aus der Gleichbehandlung von Wohnungseigentümern und Mietern, dass hier die vollständigen Tilgungsleistungen zu übernehmen seien. Denn würden sie als 5-Personen-Haushalt eine Mietwohnung bewohnen, stünden ihnen insgesamt 1020,50 Euro zu. Die begehrten 801,00 Euro lägen deutlich darunter. Zudem hätte der Beklagte die Kosten eines Umzugs zu übernehmen. Auch komme es durch die Tilgung der Darlehen nicht zu einer Vermögensbildung. Denn der tatsächliche Wert der Immobilie belaufe sich auf 170.000,00 Euro. Die offenen Darlehensforderungen lägen aber bei 187.579,77 Euro. Der Vorteil liege allein in der Minimierung der Schuldenbelastung nicht aber in einer Vermögensmehrung. Schließlich profitiere auch nur die Klägerin zu 1) von der Tilgung, nicht aber ihre Kinder.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten folgenden Teilvergleich geschlossen:

1. Die Beteiligten sind sich einig, dass der Beklagte im Schriftsatz vom 19.03.2014 die zu berücksichtigenden monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung bis auf die von der Klägerin zu 1) zu erbringenden Tilgungsleistungen für die Zeit vom 01.11.2012 bis zum 31.12.2013 zutreffend berechnet hat und als Bedarf nach § 22 SGB II bei der Ermittlung der monatlichen Leistungsansprüche der Kläger zu 1) bis 5) zugrunde zu legen ist.

2. Der Beklagte verpflichtet sich, die Bescheide betreffend den Leistungszeitraum vom 01.11.2012 bis zum 30.12.2013 ohne Berufung auf die Präklusionsfrist der §§ 40 Abs. 1 S. 2 SGB II, 44 SGB X zu überprüfen und bei der Überprüfung den im rechtskräftigen Urteil im hiesigen Rechtsstreit festgestellten Bedarf für Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen.

3. Der Beklagte verpflichtet sich, auch in den Leistungszeitraum betreffend die Jahre 2014 und 2015 die Tilgungsleistungen der Klägerin zu 1) als Aufwendungen für Unterkunft zu berücksichtigen, wenn bei dem im rechtskräftigen Urteil im hiesigen Rechtsstreit festgestellten Bedarf für Unterkunft und Heizung die Tilgungsleistungen mit berücksichtigt werden.

4. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit hinsichtlich der Zeit vom 01.11.2012 bis zum 30.05.2013 und vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 für erledigt.

5. Der Beklagte erklärt sich bereit, die Kosten des Verfahrens zu tragen, falls die Kläger in dem noch anhängigen Verfahren obsiegen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.03.2015 aufzuheben und den Beklagten entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag zu verurteilen, den Klägern für Juni 2013 Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung der Kosten in Höhe von 801,00 EUR zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Gründe der sozialgerichtlichen Entscheidung.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsakten des Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakten S 20 AS 4570/11 ER und S 33 AS 167/12 des Sozialgerichts Köln Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Streitgegenstand des Verfahrens ist nach Abschluss des Teilvergleichs nur noch der Anspruch der Kläger zu 1) bis 3) auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Juni 2013 bzw. der Kläger zu 4) und zu 5) auf Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Juni 2013. Insoweit haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung den Streitgegenstand zeitlich und gegenständlich begrenzt.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Kläger sind nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Den Klägern zu 1) bis 3) steht kein höherer Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung als bewilligt zu (dazu 1). Der Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Kosten für Unterkunft und Heizung an die Kläger zu 4) und 5) abgelehnt (dazu 2).

1) Der Beklagte hat den Kläger zu 1) bis 3) im Juni 2013 in dem Bescheid vom 13.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2013 Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 110,87 Euro bzw. 110,88 Euro bewilligt. Weitere Kosten der Unterkunft und Heizung sind nicht zu übernehmen.

Die Anspruchsvoraussetzungen (§§ 7, 9, 19 SGB II) für Alg II bzw. Sozialgeld lagen im streitigen Zeitraum für die Kläger zu 1) bis 3) dem Grunde nach vor. Die Klägerin zu 1) hatte im streitbefangenen Zeitraum die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, sie war erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Auch Hilfebedürftigkeit lag vor, da das anrechenbare Einkommen der Klägerin zu 1) von 400,00 Euro netto und das überschießende Kindergeld nicht ausreichte, den Gesamtbedarf zu decken. Auch das Grundeigentum war nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil es gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II als selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht verwertet werden musste.

Die Kläger zu 2) und 3) waren gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II Teil der Bedarfsgemeinschaft, da das Kindergeld nicht ausreichte, ihren Bedarf zu decken. Damit waren die Kläger zu 2) und 3) anspruchsberechtigt nach § 7 Abs. 3 S. 1 SGB II.

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, d.h. die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (grundlegend dazu BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 10; zuletzt BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 78).

Bei der Ermittlung der zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung für ein selbstgenutztes Eigenheim hat der Beklagte einen Bedarf i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II von insgesamt 554,39 Euro zu Grunde gelegt, den er entsprechend den Kopfteilprinzip auf 5 Personen (Kläger zu 1) bis 5)) umgelegt hat.

Der vom Beklagten angesetzte Bedarf von 554,39 Euro übersteigt schon die berücksichtigungsfähigen monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung von 517,25 Euro. Die Beteiligten haben sich im Wege eines Teilvergleiches dahingehend geeinigt, dass bei der Ermittlung der Kosten für Unterkunft und Heizung in dem Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 30.06.2013 bis auf die von der Klägerin zu 1) erbringenden Tilgungsleistungen für die übrigen berücksichtigungsfähigen Kosten ein monatlicher Betrag von 517,25 Euro zu Grunde zu legen ist. Die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung - bis auf die Übernahme von Tilgungsleistungen - musste keiner weiteren Überprüfung unterzogen werden. Denn Erklärungen über die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits entbinden Verwaltung und Gerichte von weiteren Ermittlungen, wenn Anhaltspunkte für weitere oder abweichende Tatsachen, die für die Entscheidung von Bedeutung wären, nicht ersichtlich sind (so BSG, Urteile vom 13.05.2009 - B 4 AS 58/08 R - ,SozR 4-4200 § 12 Nr. 13; vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R -, SozR 4-3500 § 28 Nr. 8 und vom 03.12.2015 - B 4 AS 49/14 R). In dem Teilvergleich sind solche übereinstimmende Erklärungen über die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits zu sehen, und zwar im Hinblick auf die neben den Tilgungsleistungen angefallenen weiteren Kosten für Unterkunft und Heizung. Es liegen auch keine Umstände vor, die insoweit Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten.

Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Tilgungsleistungen bei der Ermittlung der Unterkunftskosten nicht zu berücksichtigen. Zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II rechnen Tilgungsleistungen grundsätzlich nicht (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 3; vom 07.07.2011 - B 14 AS 79/10 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 48; vom 16.02.2012 - B 4 AS 14/11 R; vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 78 ; vom 03.12.2015 - B 4 AS 49/14 R). Denn die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. BSG Urteil vom 07.11.2006, a.a.O.; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rn. 61).

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" in besonderen Ausnahmefällen nur angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen (vgl. nur BSG, Urteile vom 07.07.2011, a.a.O.; vom 16.02.2012, a.a.O.; vom 04.06.2014, a.a.O.) und der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs erfolgt ist (BSG, Urteil vom 16.02.2012, a.a.O.). Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Schuldzinsen Leistungsbezieher, die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen die Tilgungsraten weit übersteigen, ungerechtfertigt bevorzugt werden gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen, die aufgrund der Besonderheiten etwa eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Geht es nur um die Tilgung einer Restschuld ist die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung tritt gegenüber dem vom SGB II ebenfalls verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurück (so BSG, Urteil vom 07.07.2011, a.a.O.).

Zwar hat die Klägerin zu 1) gemeinsam mit ihrem Ehemann das Grundstück bereits im Jahre 2003 und damit außerhalb eines Zeitraums des Bezugs steuerfinanzierter, existenzsichernder Leistungen erworben. Die Finanzierung des Hauses war im streitbefangenen Zeitraum des Bezugs von Grundsicherungsleistungen jedoch nicht weitestgehend abgeschlossen. Die Annahme, dass eine Finanzierung weitgehend abgeschlossen ist, bedarf einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung einer Prognose über eine mögliche Gefährdung des Wohneigentums (BSG, Urteil vom 03.12.2015, a.a.O.). Zum 31.12.2013 betrug die Restschuld aus den Darlehen insgesamt noch 187.579,77 Euro (51.769,52 Euro DG HYP, 51.251,66 Euro DG HYP, 3621,09 Euro DG HYP und 80.937,50 Euro NRW BANK). Damit ist lediglich ein geringer Teil (ca. 13% innerhalb der ersten Jahre) der auf dem Haus der Klägerin zu 1), dessen Erwerb fast vollständig durch Darlehen fi-nanziert worden ist, lastenden Darlehen abbezahlt worden. Ein Ende der Finanzierung ist nicht absehbar, zumal ein Darlehen, dass ca. 40% der Finanzierungssumme umfasst, eine Laufzeit von 100 Jahren hat (NRW Bank). Die Übernahme der Tilgungsleistungen dient damit nicht dem Erhalt eines langjährig bewohnten und bereits fast abgezahlten Wohneigentums, sondern dem Aufbau von Vermögen. Denn auch der Abbau von Schulden, die durch Grunddienstbarkeiten gesichert sind, dient dem Vermögensaufbau. Bei dem Abbau von Schulden steht der freiwerdende Wertanteil einem Eigentümer zur weiteren Verwendung zur Verfügung. Im Fall der Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Beklagten wäre die Verringerung der Schuldenlast nicht lediglich Nebenfolge der mit der Kostenübernahme bezweckten Vermeidung eines Verlustes der Unterkunft als räumlicher Lebensmittelpunkt. Der Senat hat auch in die Abwägung mit einbezogen, dass im Hinblick auf das Lebensalter der Kläger und das von der Klägerin zu 1) erzielte monatliche Nettoerwerbseinkommen von weniger als 1.000,00 Euro bei Beginn des streitbefangenen Zeitraums, dem 01.11.2012, nicht absehbar gewesen ist, dass die Kläger in einem überschaubaren Zeitraum auf Dauer aus dem Leistungsbezug ausscheiden werden, zumal die Kläger schon seit August 2011 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen haben. Hinzu kommt der Umstand, dass die Klägerin zu 1) während des laufenden Leistungsbezugs die beiden bei der DG Hyp aufgenommenen Darlehen neu strukturiert hat. So hat sie zwar insgesamt ihre Belastung gegenüber der DG Hyp gesenkt. Neben der gesenkten Zinsbelastung hat sie aber gleichwohl ihre Tilgungsleistungen der Darlehen, die grundsätzlich nicht vom Grundsicherungsträger zu übernehmen sind, erhöht.

Soweit die Kläger einwenden, die Nichtübernahme der Tilgungsleistungen der Darlehen als Kosten der Unterkunft würde die Kläger zu 2) bis 5) als Kinder benachteiligen, da sie nicht Darlehensnehmer seien und somit kein Vermögenszuwachs stattfinden würde, verkennen sie, dass das Kopfteilprinzip nur regelt, wie nach dem Gesetz berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft und Heizung auf Personen, die eine Wohnung gemeinsam nutzen, umzulegen sind (BSG, Urteil vom 02.12.2014 - B 14 AS 50/13 -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 82).

2.) Die Kläger zu 4) und 5) haben keinen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung. Denn sie sind nicht leistungsberechtigt i.S.v. § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II, da sie mit der Klägerin zu 1) keine Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II bilden. Sie haben ihren monatlicher Bedarf i.H.v. 368,94 Euro, der sich aus der Regelleistung i.H.v. 255,00 Euro, Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II von 3,06 Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 110,88 Euro zusammensetzt, im Juni 2013 durch nach §§ 11 Abs. 1 S. 1 und S. 4 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen - Unterhalt (180,00 Euro) und Kindergeld (190,00 Euro/ 215,00 Euro) - vollständig decken können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
Saved