L 9 U 2669/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 U 456/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2669/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wird der mitarbeitende Ehegatte eines landwirtschaftlichen Unternehmens durch Tritte von Kühen verletzt, so verwirklicht sich die typische Gefahr der Nutztierhaltung, vor der die landwirtschaftliche Unfallversicherung Schutz gewährt. Dies gilt auch dann, wenn seine Handlungstendenz (auch) darauf gerichtet war, einer durch die Tiere in Gefahr geratenen Person Hilfe zu leisten.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.

Der Streitwert wird auf 57.302,90 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die klagende landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft begehrt von der Beklagten die Übernahme von Aufwendungen der Behandlung des A. B. (im Folgenden: der Verletzte) wegen eines Unfalles vom 17.12.2009 in Höhe von insgesamt 57.302,90 EUR.

Der Verletzte ist Ehemann der landwirtschaftlichen Unternehmerin B. B ... In ihrer Unfallanzeige vom 22.12.2009 zeigte die Unternehmerin den Unfall des Verletzten am 17.12.2009 um 17.00 Uhr an und führte hierzu Folgendes aus:

"Am 17.12.2009 hat die Unternehmerin, B. B. und ihr Ehemann, A. B., etwa gegen 16:30 Uhr im Stall begonnen, das Melken der Kühe vorzubereiten. Kurz vor 17:00 Uhr betrat Frau J. L., die Mutter der B. B., den Stall, um wie üblich die Kälber zu füttern. Wie immer benutzte sie den Gang zwischen den Tieren um die Kälber an der hinteren Stallwand zu erreichen. Am Anfang des Durchgangs lag auf der rechten Seite ein erwachsenes Tier auf dem Boden. Gerade als Frau L. hinter diesem Tier vorbeiging, schlug dieses aus. Frau L. wurde getroffen und sie fiel in die gegenüber liegenden Tierstände zwischen zwei Kühe. Dadurch gerieten diese Tiere wohl in Panik und trampelten auf Frau L. herum. Aus eigener Kraft konnte sie sich nicht aus dieser Lage befreien. Neben schweren Prellungen am ganzen Körper zog sie sich dabei Brüche beider Oberschenkel und Verletzungen an Händen und Gesicht zu. Der Ehemann der Unternehmerin, A. B., war vom Unfallort ca. 8 m entfernt dabei, anderen Kühen auf einem anderen Durchgang Futter zu geben. Durch die Schreie der Schwiegermutter alarmiert rannte er hin und wollte die Frau aus der Gefahrenzone ziehen. Dabei traf auch ihn ein Tritt einer Kuh, das rechte Bein wurde ihm weggeschlagen und auch er fiel zwischen die Tiere, wo er weitere Tritte nicht abwehren konnte. Aufgrund der gerissenen Bänder im rechten Knie konnte auch er sich nicht aus der Gefahrenzone bewegen. Auch er musste Prellungen am ganzen Körper und ein blaues Auge (links) hinnehmen. Inzwischen war auch die Unternehmerin, B. B., zum Unfallort gerannt. Erst sie konnte Mutter und Ehemann aus der äußerst prekären Lage holen. Auch sie wurde mehrfach von den Tieren getreten und zog sich dabei schwere Prellungen am ganzen Körper, sowie noch unklare Verletzungen an den Knien zu. Eine Schwester der Unternehmerin alarmierte über den Notruf die Hilfskräfte, die gegen 17:20 Uhr eintrafen (Polizei S., Az.: 1877 340/2009)."

Der Verletzte wurde zunächst im Krankenhaus A., anschließend im Krankenhaus B. und schließlich vom Durchgangsarzt Dr. B., SRH-Kliniken Landkreis S., behandelt. Priv.-Doz. Dr. C., B., stellte in seinem Durchgangsarztbericht vom 17.12.2009 sonstige Meniskusschädigungen am Hinterhorn des Außenmeniskus, Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers, Prellung des Augapfels und des Orbitagewebes, Verstauchung und Zerrung des Kniegelenkes, Riss des tibialen Seitenbandes (Innenband) und Verstauchung und Zerrung des Kniegelenkes und einen Riss des vorderen Kreuzbandes fest. Nachdem zunächst eine konservative Behandlung (bewegliche Kniegelenksorthese, krankengymnastische Übung) und die Weiterbehandlung von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (BGU) T. übernommen worden war, erfolgte am 31.05.2010 aufgrund der Diagnosen einer hinteren Kreuzbandruptur rechts und Außenbandinsuffizienz nach Kniegelenksdistorsion nach Tritt durch eine Kuh am 17.12.2009 die operative Versorgung mit einer hinteren Kreuzband- und Außenbandersatzplastik. Ab dem 04.10.2010 fand eine Belastungserprobung in der bisherigen Tätigkeit des Verletzten als Elektriker bei der Bundeswehr statt. Der Wiedereintritt der vollschichtigen Arbeitsfähigkeit wurde von der BGU T. im Bericht vom 03.11.2010 mit dem 02.11.2010 bescheinigt, und dem Verletzten wurde Verletztengeld über die AOK B.-O. bis 01.11.2010 ausbezahlt. Im Übrigen erbrachte die Klägerin Aufwendungen für den Versicherungsfall im Rahmen schlichten Verwaltungshandelns im Wesentlichen in der Form von Sach- und Dienstleistungen, ohne Verwaltungsakte zu erlassen.

Mit Schreiben vom 28.12.2010 übersandte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft B.-Wür.rttemberg (im Folgenden: die Klägerin) ihre Unterlagen an die Beklagte (die Unfallkasse B.-W.) und führte in dem Schreiben aus, die Klägerin nehme die Zuständigkeit der Unfallkasse nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. § 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII an. Unter Wiedergabe des Unfallherganges vertrat sie die Auffassung, dass Frau L. (im Folgenden: L.) sich zum Unfallzeitpunkt in akuter Lebensgefahr befunden habe, weswegen die Hilfeleistung des Verletzten weit über eine dem landwirtschaftlichen Unternehmen der Ehefrau dienende Tätigkeit hinausgehe. Die Handlungstendenz sei darauf gerichtet gewesen, die Gefahr für die Schwiegermutter abzuwenden, wobei Beziehungen betrieblicher Art keine wesentliche Rolle gespielt hätten.

Die Beklagte ist dieser Rechtsauffassung in ihrem Schreiben vom 03.01.2011 entgegen getreten. Sie verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.03.2008 (B 2 U 12/07 R) und vertrat die Auffassung, dass es nicht darauf ankomme, dass sich L. im Unfallzeitpunkt in einer Gefahrenlage befunden habe, aus der sie der Verletzte habe retten wollen. Vielmehr habe es sich um einen Unfall im Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Viehhaltung gehandelt, welcher hiernach Vorrang einzuräumen sei.

Unter dem 17.08.2011 erwiderte die Klägerin hierauf, dass es sich bei dem Verletzten nicht um einen Beschäftigten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, sondern um einen Ehegatten einer landwirtschaftlichen Unternehmerin nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII gehandelt habe. Einschlägig sei demzufolge § 135 Abs. 2 SGB VII. Nach dieser Vorschrift gehe die Versicherung bei selbstständig Tätigen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, 6, 7 und 9 der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a oder c vor, es sei denn, die Hilfeleistung gehe über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinaus. Durch diese Vorschrift werde die Vorrangigkeit der selbstständigen Tätigkeit bei Hilfeleistungen begründet und erstrecke sich auf die kraft Gesetzes versicherten Landwirte und der mitarbeitenden Ehegatten. Ausnahmsweise sei die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII begründet, wenn die Hilfeleistung über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinaus gehe. Maßgebend seien objektive, aber auch subjektive Kriterien, insbesondere die Handlungstendenz, sowie die Beweggründe des Verletzten. Es komme somit entscheidend darauf an, ob die Hilfeleistung wesentlich aus dem Rahmen der Verrichtung falle, die der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen sei. Es bedürfe hier der Abwägung sämtlicher Umstände. Ein Vorrang nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII sei gegeben, wenn die Umstände, die einen Retter als versicherte Person charakterisierten, gegenüber den Voraussetzungen, unter denen ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII anzuerkennen sei, in objektiver wie in subjektiver Hinsicht so dominant seien, dass ihnen auch keine höhere Wertigkeit zuzuerkennen wäre. In der vorliegenden Unfallsache sei die Handlungstendenz bzw. der Beweggrund des Verletzten im Unfallzeitpunkt ausschließlich auf die Rettung der Schwiegermutter ausgerichtet gewesen. Dies manifestiere sich darin, dass der Verletzte seine zuvor ausgeübte Tätigkeit (Füttern der Kühe) nach Wahrnehmung der Hilfeschreie sofort eingestellt und 8 m hin zur Unfallstelle der Schwiegermutter geeilt sei, um diese aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Es ergäben sich für den Ehegatten eines landwirtschaftlichen Unternehmens keine betriebsbedingten Verpflichtungen, die bewirkten, die Hilfeleistung der selbstständigen Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII zuzurechnen. Bei der Rettungsaktion handele es sich jedenfalls nicht um eine Verrichtung, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen wesentlich gedient habe. Ferner nahm die Klägerin Bezug auf ein Urteil des BSG vom 12.12.2006 (B 2 U 39/05 R) und wies darauf hin, dass die Wege zur Rettungshandlung selbst schon zur versicherten Tätigkeit als Retter zu rechnen seien und dass die Örtlichkeit der Rettungsmaßnahme für die Beurteilung des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII unerheblich sei, weil selbst Rettungshandlungen innerhalb des normalerweise und versicherten persönlichen Lebensbereichs des Versicherten unter Versicherungsschutz stehe.

Die Beklagte führte hierauf unter dem 31.08.2011 aus, dass die Schwiegermutter des Verletzten (L.) zum Unfallzeitpunkt selbst für das landwirtschaftliche Unternehmen ihrer Tochter tätig gewesen sei, indem sie Stallarbeiten ausgeführt habe. Die Beklagte gehe davon aus, dass L. selbst nach § 2 Abs. 1 Nr. 5b SGB VII unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz gestanden habe. L. sei daher einer betriebsbedingten und betriebstypischen Gefahr erlegen. Der Verletzte habe sich zu diesem Zeitpunkt in der selben räumlichen Einheit (Stall) befunden, in dem sich der Vorfall mit L. ereignet habe. Auch er habe zu diesem Zeitpunkt betriebsübliche Tätigkeiten (Stallarbeit, Fütterung) ausgeübt und habe somit grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz gestanden. Unter diesem Versicherungsschutz fielen neben den üblichen Arbeiten alle Tätigkeiten, die sich aus den betrieblichen Besonderheiten/Gefahren des jeweiligen Betriebes ergeben. Im vorliegenden Fall habe sich der Unfall im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tierhaltung ereignet. Die Besonderheiten bzw. Gefahren, die sich aus dieser Tierhaltung ergeben, seien dem versicherten Bereich des landwirtschaftlichen Unternehmens zuzurechnen. Dass sich durch Fehlverhalten der Tiere Gefahrensituationen für die im landwirtschaftlichen Unternehmen tätigen Personen ergeben könnten, liege in der Natur der Sache, somit seien auch Hilfshandlungen zu Gunsten eines Mitarbeiters, der in Zusammenhang mit der Tierhaltung in eine Gefahrensituation gerate, der versicherten Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen zuzurechnen. In diesem Zusammenhang begründe auch die Tatsache, dass der Verletzte im Zeitpunkt des Unfalles der L. selbst eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII versicherte Tätigkeit ausgeübt habe, noch dazu in der gleichen räumlichen Einheit, keine Loslösung von der nach dieser Vorschrift versicherten Tätigkeit hin zu einer Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII. Insofern bleibe die Beklagte bei ihrer bereits mitgeteilten Auffassung.

Am 23.01.2012 hat die Klägerin Klage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und daran festgehalten, dass die Beklagte die bislang verauslagten Kosten in Höhe von 57.302,90 EUR "sowie noch weiter anfallende Kosten gemäß § 102 SGB X" zu erstatten habe. Der Versicherungsschutz des Verletzten ergebe sich - ausschließlich - aus § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII, weil im Zeitpunkt des Unfalles die Handlungstendenz des Versicherten (Verletzten) ausschließlich auf die Rettung seiner Schwiegermutter ausgerichtet gewesen sei. Sie verwies ferner auf die unterschiedliche Behandlung von Versicherungsfällen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (§ 80a Abs. 1 SGB VII, § 93 SGB VII).

Die Beklagte ist dieser Klage entgegengetreten. Auch sie hat an der bislang vertretenen Auffassung festgehalten, wonach die Beschäftigungsversicherung der Nothilfe vorgehe und zwar unabhängig davon, welchem Zweck die unfallbringende Tätigkeit vorrangig gedient habe. Die im Rahmen der Tätigkeit erbrachte Hilfeleistung zu Gunsten der L. unterbreche diesen Versicherungsschutz nicht, zumal die eingetretene Notfallsituation durch eine betriebstypische Gefahr entstanden sei. Der Verletzte sei damit nicht zur unversicherten Person geworden und unerheblich sei außerdem, ob die von der betrieblichen Gefahr betroffene Person nun ein Familienangehöriger oder Beschäftigter gewesen sei. Unabhängig davon vertrete sie die Auffassung, dass es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein könne, allein in Folge der von der Klägerin beschriebenen Handlungstendenz einen beitragspflichtigen Versicherungsschutz (Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen) in einen beitragsfreien Versicherungsschutz zu Lasten der öffentlichen Hand umzuwandeln, zumal die Gefahrensituation im vorliegenden Fall ausschließlich aus einer betriebstypischen Gefahr des landwirtschaftlichen Unternehmens heraus entstanden sei, die über die Beiträge der landwirtschaftlichen Unternehmer zur gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt sei.

Klägerin und Beklagte haben ihre Rechtsauffassung in mehreren Schriftsätzen (vom 10.04.2012, 09.07.2012, 30.08.2012, 03.04.2013, 04.04.2014 und 07.04.2014 für die Klägerin sowie 25.04.2012, 23.07.2012 und 11.04.2014 für die Beklagte) ausführlich dargelegt. Mit Beiladungsbeschluss vom 14.04.2014 hat das SG den Verletzten beigeladen.

Mit Urteil vom 20.05.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage gem. § 54 Abs. 5 SGG zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Erstattung ihrer Aufwendungen in Höhe von 57.302,90 EUR. Rechtsgrundlage für die Erstattung von Aufwendungen sei in diesem Fall § 91 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. V. m. der Verwaltungsvereinbarung über die generelle gegenseitige Beauftragung der Unfallversicherungsträger nach Maßgabe der §§ 88 ff. zur Bearbeitung und Bezahlung fehlgeleiteter Durchgangsarzt- und sonstiger Berichte vom 14.01.1991. Erbringe ein Beauftragter Sozialleistungen für einen Auftraggeber, sei dieser zur Erstattung verpflichtet (§ 91 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Zuständigkeit der Beklagten sei im vorliegenden Fall aber nach Überzeugung der Kammer nicht gegeben, da der Verletzte im Zeitpunkt seines Unfalles nicht als Nothelfer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII unfallversichert gewesen seien. Vielmehr sei er zu diesem Zeitpunkt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII als Ehegatte einer landwirtschaftlichen Unternehmerin unfallversichert über deren Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der Klägerin. Das SG hat hierzu ausgeführt, dass der Verletzte im Zeitpunkt der Verrichtung grundsätzlich die Tatbestandsmerkmale beider Versicherungstatbestände erfülle. Der Versicherung aus § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sei aber der Vorrang einzuräumen. Dies ergebe sich aus § 135 Abs. 2 SGB VII. Die Versicherung eines selbstständig Tätigen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 gehe demnach der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII vor, es sei denn, die Hilfeleistung gehe über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinaus. Die Kammer habe sich zur Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift auf die Rechtsprechung des BSG, insbesondere des Urteils vom 18.03.2008 (B 2 U 12/07 R) bezogen. In dieser Entscheidung habe das BSG ausgeführt, wie die Formulierung "dem Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt" aufzufassen sei. Eine Verrichtung sei einem Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung eines Beschäftigten sei. Im Falle eines Beschäftigten komme es also darauf an, ob dieser z. B. arbeitsvertragliche (Neben-)Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber erfüllt habe. Aus dieser Entscheidung ziehe die Kammer den Schluss, dass es bei der Unternehmerversicherung, wie sie in § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII beschrieben werde, eben darauf ankomme, ob der Unternehmer Pflichten erfülle, die sich aus seiner Stellung ergeben. Dies seien zum Beispiel Verkehrssicherungspflichten und anderen oder den Mitarbeitern gegenüber bestehende Schutzpflichten. Die Verkehrssicherungspflichten eines landwirtschaftlichen Unternehmers, welcher Nutztiere halte, seien hoch. Zu diesen Pflichten eines Tierhalters gehöre es gem. § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch, dass Nutztiere ausreichend beaufsichtigt und so in einem Stall eingesperrt seien, dass andere nicht zu Schaden kommen. Die Tiere müssten also so gesichert sein, dass Mitarbeiter oder andere, welche sich befugt in den Ställen aufhielten, durch diese nicht zu Schaden kämen. Angesichts der Kenntnis darüber, dass Kühe und Pferde leicht in Panik geraten könnten, sei besondere Vorsicht geboten. Damit obliege nach Überzeugung der Kammer dem landwirtschaftlichen Unternehmen in Bezug auf die Nutztierhaltung eine besondere Verkehrssicherungspflicht. Dadurch, dass die verunfallte Schwiegermutter des Verletzten zunächst einen Tritt einer auf dem Weg im Stall liegenden Kuh abbekommen habe und dadurch zwischen die Tiere, welche in Panik geraten seien, gefallen sei, habe sich nach Überzeugung der Kammer damit eine unternehmerische, betriebliche Gefahr verwirklicht. Es bestehe ein enger innerer Zusammenhang zwischen der Notlage und der Betriebsgefahr. Es sei insoweit unerheblich, dass der Kläger (gemeint: der Verletzte) seine zunächst ausgeführte landwirtschaftliche Verrichtung, nämlich das Vorbereiten des Melkens der Kühe und das Füttern der Kühe unterbrochen habe, um der verunfallten Schwiegermutter zu Hilfe zu eilen. Im Zeitpunkt des Unfalles habe der Kläger (gemeint: der Verletzte) nach Überzeugung der Kammer eine innerbetriebliche Gefahr von der Schwiegermutter abwenden wollen und diese im Rahmen der Pflichten des landwirtschaftlichen Unternehmers zu retten versucht, womit der Zusammenhang der Verrichtung mit dem landwirtschaftlichen Betrieb bestehen bleibe. Es stehe somit der Versicherung als landwirtschaftlicher Unternehmer bzw. Ehegatte der landwirtschaftlichen Unternehmerin nicht entgegen, dass er damit auch gleichzeitig seine Schwiegermutter aus der misslichen Lage habe befreien wollen. Dies entspreche auch der bisherigen Rechtsprechung des BSG. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Verletzte durch seine Handlung gegebenenfalls subjektiv auch der verunfallten Schwiegermutter in ihrer misslichen Lage habe helfen wollen. Seine subjektive Einschätzung sei nach der Vorschrift des § 135 Abs. 2 SGB VII nicht entscheidend. Dies habe das BSG in der Entscheidung vom 18.03.2008 (B 2 U 12/07 R) klargestellt. Eine Zuständigkeitsabgrenzung danach, welchem Zweck (Erfüllung arbeitsvertraglicher/unternehmerischer Pflichten der Hilfe bei einem Unglücksfall) die unfallbringende Tätigkeit vorrangig gedient habe, lasse sich nach der Rechtsprechung des BSG weder dem Wortlaut des § 135 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII entnehmen noch mit der Systematik und der Entstehungsgeschichte der Gesamtregelung vereinbaren. Weil die Hilfeleistung auch dem Unternehmen gedient habe und nicht über dieses Maß hinausgegangen sei, sei die landwirtschaftliche Unternehmerversicherung für die Verrichtung einschlägig. Die Panik unter Nutztieren sei eine dem landwirtschaftlichen Unternehmen innewohnende "und normale" Gefahr. Die Eindämmung dieser Gefahr gehe nicht über das übliche Maß hinaus.

Gegen das ihr am 03.06.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.06.2014 Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, dass der Entscheidung des SG die falsche Annahme zugrunde liege, dass der Verletzte landwirtschaftlicher Unternehmer sei und er für die Verkehrssicherungspflicht der Nutztierhaltung verantwortlich sei. Das landwirtschaftliche Unternehmen werde als Einzelunternehmen geführt. Unternehmerin sei allein Frau B. B ... Frau B. habe dementsprechend auch "gemeinsame Anträge" (d. h. Anträge auf verschiedene Fördermaßnahmen) beim Landwirtschaftsamt gestellt und den Tierbestand hierfür gemeldet. Die vom SG zugrunde gelegten Pflichten hätten daher Frau B. als landwirtschaftliche Unternehmerin betroffen. Diese Pflichten könnten nicht auf den Ehemann übertragen werden, der nicht der Tierhalter gewesen sei. Es werde daher zu Unrecht angenommen, dass der Versuch des Verletzten, seiner Schwiegermutter zu Hilfe zu kommen, ein Ausfluss seiner Verkehrssicherungspflichten darstelle. Die vom SG genannten Unternehmerpflichten träfen hier nicht auf den Verletzten zu, sondern er sei gerade zu den Mitarbeitern zu rechnen, denen gegenüber die Pflichten von Frau B. bestanden hätten. Die Klägerin hat daran festgehalten, dass der Verletzte gehandelt habe, um Nothilfe zu leisten und seine Schwiegermutter aus der gefährlichen Situation zu befreien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 57.302,90 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG weder rechtlich noch tatsächlich für angreifbar. Die Begründung der Berufung verkenne den Regelungsgehalt des § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII, der die Sonderstellung eines mitarbeitenden Ehegatten in einem landwirtschaftlichen Unternehmen unabhängig von einer Mitunternehmereigenschaft als Grundlage für den Versicherungsschutz Rechnung trage. Die Hilfeleistung im konkreten Streitfall sei im Rahmen einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zur Beseitigung einer betriebstypischen Tiergefahr erfolgt.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Versicherungsträger sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Forderung.

Es handelt sich bei der Klage auf Kostenerstattung um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, denn die Beteiligten stehen einander nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 54 Rn. 41).

Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist § 102 SGB X i. V. m. § 139 Abs. 1 SGB VII, § 43 SGB I, ggfs. § 105 SGB X.

Ein Anspruch aus §§ 88, 91 SGB X ist hier nicht gegeben. Ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 28.12.2010 begehrte die Klägerin zunächst die Übernahme des Verfahrens durch die Beklagte, weil sie von deren Zuständigkeit ausging. Auf ein Auftragsverhältnis berief sie sich in diesem Zusammenhang nicht und hat sie zur Begründung ihres Anspruches auch gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht. Die Beklagte hat ihre Zuständigkeit aber nicht anerkannt. Soweit auf einen gemäß § 88 Abs. 2 SGB X möglichen Fallgruppenauftrag und auf die Verwaltungsvereinbarung über die generelle gegenseitige Beauftragung der Unfallversicherungsträger nach Maßgabe der §§ 88 ff. SGB X zur Bearbeitung und Bezahlung fehlgeleiteter Durchgangsarzt- und sonstiger Berichte (vom 14.01.1991, abgedruckt bei Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Oktober 2016, Anhang 6, H 131) verwiesen wird, sieht der Senat deren Anwendbarkeit schon deshalb nicht als gegeben an, weil nach dieser Vereinbarung maßgeblich ist, ob ein Durchgangsarztbericht oder sonstiger Bericht oder eine Rechnung unbewusst an einen unzuständigen UV-Träger gesandt wurde. Denn nur dann ist ein solcher "fehlgeleitet" (vgl. Bereiter-Hahn, a.a.O., H 133). Bei der Definition der Fehlleitung wird auf den bestehenden Katasterbestand des erstangegangenen Trägers abzustellen sein, weswegen keine Fehlleitung dann vorliegt, wenn eine zum Unfall führende Tätigkeit mit einem im Kataster des erstangegangenen Trägers im weiteren Sinne in Verbindung gebracht werden kann (Bereiter-Hahn, ebenda). So verhält es sich hier. § 102 SGB X setzt für die Erstattungspflicht des zur Leistung verpflichteten Leistungsträgers (hier nach Auffassung der Klägerin die Beklagte) voraus, dass ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, soweit der an sich zuständige Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.

Es kann letztlich dahinstehen, aufgrund welcher Norm die Klägerin einen Erstattungsanspruch geltend machen kann, da beide Anspruchsnormen und jede andere Anspruchsgrundlage zwingend zur Voraussetzung haben, dass die Klägerin die Aufwendungen für die Behandlung der Unfallfolgen und der Wiedereingliederung des Beigeladenen als materiellrechtlich unzuständiger Träger erbracht hat. Dies hängt davon ab, ob der Beigeladene unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat, ob – wenn dies bejaht wird – ggf. mehrere Versicherungstatbestände erfüllt sind und wessen Zuständigkeit in einem solchen Fall begründet wird.

Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG vom 04.09.2007 - B 2 U 24/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 24 Rdnr. 9 m.w.N.).

Die Zuordnung einer versicherten Tätigkeit zu einem Unfallversicherungsträger bestimmt sich nach § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB VII grundsätzlich nach der Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers für das Unternehmen, für das der Versicherte tätig ist oder zu dem er in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung steht. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB VII richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers für ein Unternehmen in der Regel nach dem Sitz des Unternehmens.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die zu den Gesundheitserstschäden Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers, Kreuzbandruptur, Innenbandruptur und Meniskusriss am rechten Kniegelenk führende Rettungshandlung der L. den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII erfüllt, der Verletzte damit einen Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten hat und der Beklagte der für einen solchen Versicherungsfall aus § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII zuständige Versicherungsträger ist (vgl. § 128 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII). Denn der Beigeladene war, durch Schreie der L. alarmiert, auf dem Weg zur L., um diese aus der Gefahrenzone zu ziehen. An den Einlassungen in der Unfallanzeige der Unternehmerin hegt der Senat insoweit keinen Zweifel. Damit hat der Beigeladene einen anderen, die L., aus einer erheblichen Gefahr für deren Gesundheit retten wollen, wobei weder an der Erheblichkeit der Gefahr für die L. durch die in Panik geratenen Tiere ein Zweifel besteht noch an dem Umstand, dass bereits Vorbereitungshandlungen, dem Sich-Hinwenden zur Hilfe, also auch der Weg zur Gefahrenstelle, unter dem Versicherungsschutz des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII steht (vgl. Lilienfeld, Kasseler Kommentar, Stand Sept. 2016, § 2 SGB VII Rdnr. 70). Der eigene Sturz durch den Tritt eines anderen Tieres und die Einwirkungen durch weitere Tritte der Kühe, durch die er sich die genannten Verletzungen auf dem Weg zur beabsichtigten Hilfeleistung zugezogen hat, war daher ein Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII.

Daneben besteht für die oben genannten Einwirkungen und die dabei erlittenen Gesundheitsstörungen Versicherungsschutz aufgrund der versicherten Tätigkeit als mitarbeitender Ehemann in einem landwirtschaftlichen Unternehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII). Denn die Ehefrau des Verletzten, B. B., führt das landwirtschaftliche Unternehmen als Einzelunternehmerin (vgl. Ausführungen und Feststellungen der Klägerin, Bl. 21 der Senatsakten), und der Verletzte hat – mit der Fütterung der Kühe beschäftigt – unmittelbar vor dem Ereignis in dem Unternehmen der Ehefrau mitgearbeitet. Die Klägerin ist damit auch die für dieses Unternehmen zuständige Berufsgenossenschaft, was sich aus § 123 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. SGB VII ergibt, nachdem der Betrieb neben der Landwirtschaft auch Viehhaltung betreibt (Bl. 23 der Senatsakten).

Versicherter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R –, SozR 4-2700 § 2 Nr. 35, m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dessen ist von außen sichtbar und objektiv nachvollziehbar zunächst festzustellen, dass der Verletzte durch Tritte mehrerer Kühe im Stall des landwirtschaftlichen Unternehmens der Ehefrau verletzt worden war und sich damit eine typische Gefahr eines landwirtschaftlichen Unternehmens verwirklicht hat. Soweit die Klägerin mit Verweis auf die Unfallanzeige ausführt, der Verletzte habe zu diesem Zeitpunkt keine Tätigkeit mehr verrichtet, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen diente (Unterbrechung der ausgeübten Tätigkeit: Füttern der Tiere), weil seine Handlungstendenz auf die Rettung der L. gerichtet gewesen sei, ergibt sich hieraus nichts anderes.

Diese in der Unfallanzeige beschriebene Absicht des Verletzten, Hilfe zu leisten, lässt sich nach Auffassung des Senats nicht von der eigentlich versicherten Tätigkeit eines gleichermaßen über § 2 Abs. 1 Nr. 5a) SGB VII geschützten Unternehmers und mitarbeitenden Ehegatten eines landwirtschaftlichen Unternehmers trennen. Im Rahmen der vorzunehmenden rechtlichen Bewertung des objektiven Sachverhalts stellt sich die unfallbringende Handlung nicht nur als Versuch einer Rettung vor einer Gesundheitsgefährdung der L. im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII dar, sondern auch als Hauptpflicht aus einer Tätigkeit als mitarbeitender Ehegatte in einem landwirtschaftlichen Unternehmen. Auf den subjektiven Willen kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend an. Denn dann hinge die Zuständigkeit in dem vorliegenden Fall allein davon ab, aus welcher Intention heraus der Verletzte gehandelt hat. Allein diese wäre entscheidend dafür, nach welchen Voraussetzungen der Unfall zu entschädigen wäre. Dies sieht der Senat nicht für sachgerecht an, da es dem Schutzzweck der Norm nicht hinreichend Rechnung trägt, es dann Konkurrenznormen nicht bedürfte und allein die nach außen zu Tage tretende Handlungstendenz eines Versicherten darüber entscheiden würde, nach welchen Rechtsgrundsätzen Versicherungsschutz gewährt wird. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Sachverhaltsgestaltung von den von der Klägerin zitierten Entscheidungen des BSG auch dadurch, dass diese vornehmlich Wegeunfälle betroffen haben und zu entscheiden war, ob die konkrete Handlung des grundsätzlich Versicherten zum Zeitpunkt des Unfalles noch in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, sprich mit dem Zurücklegen von und nach dem Ort der Tätigkeit steht. Einen solchen inneren Zusammenhang bejaht der Senat aber allein schon aufgrund der unzweifelhaft unter Versicherungsschutz stehenden Tätigkeit im Stall, der sowohl die L. als auch der Verletzte nachgegangen sind, unmittelbar bevor es zu den Verletzungen gekommen war.

So wird auch von einem Beschäftigten, der in Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht (etwa Schaden vom Unternehmen abzuwenden) tätig wird, nicht erwartet, dass dieser in der Vorstellung handeln muss, mit der konkreten Verrichtung eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis zu erfüllen (zum Versicherungsschutz bei einem Irrtum, vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2016 – B 2 U 16/14 R –, juris). Die Stellung als Versicherter ergibt sich vielmehr aus der rechtlichen Wertung, der Verletzte habe zumindest auch die Nebenpflicht aus einem Arbeitsverhältnis erfüllt. So hat das BSG in einem Verfahren, in dem streitig gewesen ist, ob eine Verrichtung sowohl als Beschäftigung als auch als Nothilfe unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, entschieden, dass die Antwort auf die Frage, ob die unfallbringende Handlung einen rechtlich relevanten Bezug zu der versicherten Beschäftigung aufweist, nicht entscheidend davon abhängig ist, welche Beweggründe den Verunglückten in der konkreten Situation bei seinem Tun geleitet haben. Ein den Versicherungsschutz begründender innerer Zusammenhang mit der gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten betrieblichen Tätigkeit ist gegeben, wenn die zum Unfall führende Verrichtung dem Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt ist (BSG, Urteil vom 18.03.2008 – B 2 U 12/07 R –, SozR 4-2700 § 135 Nr. 2; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.09.2013 – L 3 U 175/11 –, juris). Im Rahmen des in diesem Fall streitigen versicherten Betriebsweges hat das BSG ausgeführt, dass es zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers gehört, durch geeignete Maßnahmen zur Absicherung der Unfallstelle die aufgrund der betrieblichen Tätigkeit entstandenen Personen- und Sachschäden gering zu halten und drohende weitere Schäden nach Möglichkeit abzuwenden. Der Arbeitsvertrag begründe für beide Vertragsparteien Schutz- und Verhaltenspflichten, die ihre allgemeine gesetzliche Grundlage in § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches hätten und wegen der auf Dauer angelegten engen personalen Beziehungen im Arbeitsvertragsrecht besonders ausgeprägt seien. Auf Arbeitnehmerseite zähle dazu insbesondere die so genannte Treuepflicht und in ihrem Rahmen die Pflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt würden. Diesem Zweck diene es, wenn durch Sicherung der Unfallstelle und Warnung des nachfolgenden Verkehrs Folgeschäden vermieden würden, die sich wegen der Haftungsbeschränkungen bei gefahrgeneigter Arbeit und damit korrespondierenden Freistellungsansprüchen des Arbeitnehmers bei einer Schädigung Dritter zulasten des Unternehmens auswirken könnten.

Nichts anderes kann übertragen auf den vorliegenden Fall für die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII und den hierdurch versicherten mitarbeitenden Ehegatten eines landwirtschaftlichen Unternehmers gelten, wobei der Senat angesichts der mit der Viehhaltung verbundenen Gefahren im konkreten Fall nicht nur von einer Nebenpflicht des mitarbeitenden Ehegatten ausgeht, sondern die unfallbringende Verrichtung unter den Schutzbereich der Norm, nämlich Gefahren einer landwirtschaftlichen Tätigkeit und auch der Viehhaltung abzusichern, ohne weiteres subsumiert.

Mit dem/den Tritt(en) der Kuh gegen die L. bei deren Versuch, die Kälber zu füttern, wobei die L. stürzte und durch die in Panik geratenen Tiere einer weiteren (zumindest) Gesundheitsgefahr ausgesetzt gewesen ist, hat sich eine besondere, aus jeder Nutztierhaltung erwachsende Gefahr verwirklicht, vor der die landwirtschaftliche Unfallversicherung grundsätzlich Schutz gewährt. Dabei stand die L. selbst (entweder als mitarbeitende Familienangehörige aufgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 5b SGB VII, als abhängig Beschäftigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder als "Wie-Beschäftigte" nach § 2 Abs. 2 SGB VII) unter Versicherungsschutz. Der Verletzte ist bei dem Versuch, die L. zu retten, (zumindest auch) zur Abwendung dieses in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versicherten Risikos (mögliche Gesundheitsschäden im Rahmen der Pflege von Nutztieren) tätig geworden und steht damit unter Versicherungsschutz der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, wie das SG zutreffend festgestellt hat.

Insoweit kann auch nicht damit argumentiert werden, dass die Abwendung der drohenden Gefahrverwirklichung bzw. der Versuch der Verhinderung einer weiteren Rechtsgutverletzung nicht dem Verletzten, sondern allein der Unternehmerin und damit der Ehefrau des Verletzten oblegen habe. Dem ist nicht zu folgen. Denn die Versicherung des mitarbeitenden Ehegatten steht nach dem Tatbestand des § 2 Abs. 5a SGB VII ohne Einschränkungen neben der Versicherung, die diese Vorschrift dem Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens gewährt. Die Versicherung des mitarbeitenden Ehegatten ist, ohne dass es auf Dauer und Umfang dieser Mitarbeit ankäme (vgl. Lilienfeld, Kasseler Kommentar, Stand Sept. 2016, § 2 SGB VII, Rdnr. 19, 20 im Gegensatz zur Regelung mitarbeitender Familienangehöriger [§ 2 Abs. 1 Nr. 5b], die für die Versicherung kraft Gesetzes eine "nicht nur vorübergehend(e)" Mitarbeit voraussetzt) ebenso ohne weitere Voraussetzung, wie die des Unternehmers selbst. Insoweit lassen sich hieraus auch keine unterschiedlichen Verpflichtungen begründen, zumal der Senat nicht das Tätigwerden aufgrund der Vorschriften über die Tierhalterhaftung und insoweit – ähnlich der Zurechnung bei Tätigkeiten von Beschäftigten für den Unternehmer – ein Tätigwerden aus einer Nebenpflicht annimmt, sondern ein Tätigwerden aufgrund einer sich aus der Viehhaltung ergebenden Pflicht, in Situationen, in denen sich Nutztiere unkontrolliert verhalten, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutze anderer und die Maßnahmen, die zu einer weiteren geordneten Haltung und zur Fortsetzung der ursprünglich begonnenen Tätigkeit (Fütterung) erforderlich sind, zu ergreifen. Diese Verpflichtung trifft alle in einem landwirtschaftlichen Unternehmen tätige Personen gleichermaßen, weil das unkontrollierte, nicht vorhersehbare Verhalten von Nutztieren und die hiervon ausgehende Gefahr für Leib und Leben der mit der Tierhaltung betrauten Personen unmittelbar zum versicherten Risiko der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung gehört. Dementsprechend ist derjenige, der in einer solchen Gefahrensituation Hilfe zur Abwendung dieser Gefahr(en) leistet, auch im Rahmen der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert.

Ist die Verrichtung zur Abwendung der durch die landwirtschaftliche Unfallversicherung versicherten Gefahrenlage erfolgt, ist es auch stringent, diese über das beitragsgedeckte System der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu entschädigen und nicht über den beitragsfreien Versicherungsschutz zu Lasten der öffentlichen Hand, wie dies im Rahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII der Fall wäre. Die im Vergleich zur gesetzlichen Unfallversicherung (etwa der Beschäftigten) unterschiedliche Behandlung (etwa § 80a Abs. 1 SGB VII, § 93 SGB VII) ist Folge der Zuordnung zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung, wobei angesichts der hierdurch abgesicherten Gefahren nicht ersichtlich ist, weshalb dies Grund für eine andere Beurteilung sein soll.

Liegt damit ein Versicherungsschutz des Beigeladenen sowohl aufgrund des § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII als auch nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII vor, ist zu entscheiden, welchem Versicherungsschutz der Vorrang einzuräumen ist.

Das Konkurrenzverhältnis regelt § 135 SGB VII. Nach dessen Abs. 2, erster Halbsatz geht die Versicherung von Selbstständigen (u. a.) als landwirtschaftliche Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Nr. 5) den Versicherungen bei Unglücksfällen oder Hilfe bei der Verfolgung (§ 2 Abs. 1 Nr. 13a und c) vor. Dies gilt dann nicht für Hilfeleistungen, die über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinausgehen (§ 135 Abs. 2, 2. Halbsatz).

Damit ist das Konkurrenzverhältnis kraft Gesetzes zunächst insoweit eindeutig geregelt, als die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII der Hilfeleistung nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII vorgeht. Davon ist auch der Kläger als mitarbeitender Ehegatte betroffen, obwohl er in eigener Person nicht selbstständig Tätiger ist. § 135 SGB VII differenziert in seinem Absatz 2 nicht nach den Unterkategorien (Buchstaben a) bis e) des § 2 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII) und stellt damit alle Versicherungstatbestände des § 2 Abs. 1 Nr. 5 in Konkurrenz zu § 2 Abs. 1 Nr. 13 a oder c SGB VII. Diese Auffassung wird bestärkt durch § 135 Abs. 4 SGB VII, der zunächst ausdrücklich mitarbeitende Ehegatten in § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII erwähnt und regelt, dass die Versicherung als mitarbeitender Ehegatte der Versicherung als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vorgeht. Damit kommt auch der Versicherung kraft Gesetzes eines mitarbeitenden Ehegatten aus § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII Vorrang zu (so Schwerdtfeger in: Lauterbach, Unfallversicherung, Stand Oktober 2016, § 135 Rdnr. 12, Quabach in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 135 SGB VII, Rdnr. 16 und 41).

Dieser Vorrang wird nicht seinerseits wieder durch § 135 Abs. 2, 2. Halbsatz SGB VII verdrängt. Wie bereits oben ausgeführt, sind Hilfeleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Gefahren einer landwirtschaftlichen Tätigkeit vom Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII umfasst, weshalb eine solche auch nicht über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinausgeht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil diese Hilfeleistung einer dritten Person gegenüber erfolgen sollte, da auch diese zu diesem Zeitpunkt Verrichtungen im Zusammenhang mit der Viehhaltung ausgeführt hat. Über eine dem eigenen Unternehmen dienende Tätigkeit hinausgehend wäre eine Hilfeleistung eines landwirtschaftlichen Unternehmers etwa dann, wenn er neben der eigenen brennenden Scheune auch Hilfe bei der Rettung von Personen aus einem ihm nicht gehörenden benachbarten Haus leistete. In diesem Rahmen ist im Übrigen auch nicht zu prüfen, wo der Schwerpunkt der den Versicherungsschutz begründenden Verrichtung liegt. Die Absätze 1 bis 5a treffen eine detaillierte und ausdifferenzierte Regelung. Die Vorrangigkeit des Handlungszwecks ist allein im Rahmen der hier nicht einschlägigen Auffangvorschrift für Sonderfälle des § 135 Abs. 6 SGB VII zu prüfen (vgl. Bereiter-Hahn, a.a.O., § 135 SGB VII, Rdnr. 4 ff.).

Die Berufung gegen das Urteil des SG war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3 und 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil dieser keine Anträge gestellt und sich nicht im Prozess beteiligt hat.

Die dem eingeklagten Geldbetrag entsprechende Festsetzung des Streitwerts beruht auf den § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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