Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 78/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 54/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein nicht genehmigter Weiterbildungsassistent oder angestellter Arzt übt nicht nur dann vertragsärztliche Tätigkeiten in einer Laborarztpraxis aus, wenn er an der Durchführung der in den Leistungsbeschreibungen des EBM genannten Merkmale unmittelbar beteiligt ist, sondern auch, wenn er Konsiliargespräche mit vertragsärztlichen Leistungserbringern führt, nicht-ärztliches Personal anleitet und überwacht oder an Maßnahmen der vertragsärztlichen Qualitätssicherung mitwirkt.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte das Honorar des Klägers wegen der nicht genehmigten Beschäftigung eines Arztes in den Quartalen IV/06 bis IV/08 kürzen durfte.
Der Kläger nimmt seit dem 1. Januar 1999 als Facharzt für Laboratoriumsmedizin im Berliner Verwaltungsbezirk S an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Ärztekammer Berlin erteilte ihm mit Beschluss vom 7. April 2008 die Befugnis zur Leitung der Weiterbildung im Gebiet Laboratoriumsmedizin ab diesem Tag. Auf seinen Widerspruch teilte die Ärztekammer dem Kläger mit, dass die Weiterbildungsbefugnis erst "durch den rechtskräftigen Beschluss des Vorstandes der Ärztekammer Berlin als erteilt" gelte und er "formal [ ...] seit dem 7. April 2008 im Gebiet Laboratoriumsmedizin befugt" sei. Weil wegen der Umstellung der Weiterbildungsordnung und der damit verbundenen Antragsflut eine zeitnahe Entscheidung über Anträge zur Weiterbildungsbefugnis nicht immer möglich gewesen sei, hätten sich die zuständigen Weiterbildungsausschüsse entschlossen, "im Sinne der Assistenten Weiterbildungszeiten bei einem Befugten ab Antragsdatum anzuerkennen", so dass der Kläger Zeugnisse über Weiterbildungszeiten und inhalte seiner Assistenten ab dem 6. Juni 2006 unterzeichnen könne.
Die Anzahl der vom Kläger abgerechneten Leistungen bzw. Behandlungsfälle sowie die ihm durch die Beklagte bewilligten Honorare für die Quartal IV/04 bis IV/08 ergeben sich aus folgender Tabelle: Quartal Behandlungsfälle Anzahl Scheine Honorar/Euro IV/04 1183 1.183 36.504,87 I/05 1157 1.176 36.468,05 II/05 1200 1.224 39.869,59 III/2005 1366 1.407 46.224,96 IV/05 1414 1.440 45.692,38 I/06 1471 1.511 51.803,13 II/06 1378 1.394 41.852,41 III/2006 1508 1.546 46.216,85 IV/06 1461 3.114 44.839,00 I/07 1709 3.580 54.874,67 II/07 1657 3.511 49.992,22 III/07 2037 4.299 59.940,02 IV/07 2153 4.445 61.340,31 I/08 2256 4.859 74.852,13 II/08 2440 5.137 76.976,46 III/08 2938 6.080 91.523,14 IV/08 3648 7.087 91.602,54 I/09 3926 7.329
Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 30. Juni 2006 wurde der Zeuge W vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2008 in der Laborarztpraxis des Klägers als Assistenzarzt für die Weiterbildung im Fach Laboratoriumsmedizin eingestellt. Die Anstellung erfolgte "zunächst im Rahmen eines Praktikums (Trainingsmaßnahme) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von maximal 14,9 Stunden" (§ 1 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages). Ab dem 1. Oktober 2006 wurde der Zeuge "mit einer Vollzeitstelle mit 40 Stun- den pro Woche" bei einem monatlichen Bruttoentgelt von 3.100.- Euro angestellt ("Anpassung des Arbeitsvertrages" vom 11. September 2006, ab dem 1. Oktober 2008 als ärztlicher Mitarbeiter, ab dem 1. Dezember 2008 als Facharzt. Eine Genehmigung zur Beschäftigung des Zeugen als Weiterbildungsassistenten bzw. als angestellter Arzt hat der Kläger bei der Beklagten bzw. beim Zulassungsausschuss nie beantragt.
Im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Eintragung in das Arztregister reichte der Zeuge u.a. folgende Unterlagen ein: - eine vom Kläger ausgestellte Arbeitsbescheinigung vom 11. Dezember 2008, wonach der Zeuge seit dem 1. Oktober 2006 bis zum 30. November 2008 durchgehend in seiner Laborarztpraxis als Arzt tätig gewesen und seit dem 1. Dezember 2008 als Facharzt angestellt sei, - eine Aufstellung über seine ärztliche Tätigkeit seit dem Staatsexamen, wonach er zwischen dem 1. Oktober 2006 und dem 30. September 2008 als Weiterbildungsassistent im Labor des Klägers in den Abteilungen "Klinische Chemie" und "Mikrobiologie" und in der Folgezeit in der Abteilung Labormedizin, zunächst im Rahmen ärztlicher Tätigkeit, seit dem 1. Dezember 2008 als Facharzt für Labormedizin tätig gewesen sei. Nach dem vom Kläger unter dem 2. Oktober 2008 erstellten "Zeugnis zur Vorlage bei der Ärztekammer" nimmt seine Laborarztpraxis Aufgaben der labordiagnostischen Versorgung im ambulanten Bereich zu zirka 30 % und im stationären Bereich zu zirka 70 % wahr. Der Zeuge habe labordiagnostische Aufgaben in folgenden Bereichen der Routinediagnostik kennengelernt und eigenverantwortlich durchgeführt: klinische Chemie, Hämatologie, Hämostaseologie, Immunologie, Elektrophorese, Blutgruppenserologie, Zyto-, Harn-, spezial- und molekularbiologische Analytik, Mikrobiologie, Validation, Befundung und Konsil, Qualitätsmanagement sowie LDV. Ferner habe der Zeuge regelmäßig die vertikale, horizontale und laterale Validation der Laborergebnisse durchgeführt, die Ergebnisse aus Fremdlaboren geprüft und in den Gesamtbefund integriert. Er habe labordiagnostische Befunde eigenverantwortlich erstellt und diese gegenüber den stationären und ambulanten Einsendern kommuniziert. Er habe sich mit den Aufgaben des Personal-, Material- und Abrechnungsmanagements der Praxis auseinandergesetzt und Mitarbeiter angeleitet. Alle aufgeführten Arbeiten und Aufgaben in der Routineanalytik und in der Laborleitung habe er stets zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. Er habe es verstanden, seine erworbenen Fertigkeiten an die anderen Mitarbeiter weiterzugeben, und könne ein Labor selbständig leiten und Mitarbeiter fundiert überwachen. Er beherrsche auch die gesamten Verfahren der internen und externen Qualitätskontrolle einschließlich Datenerfassung und Dokumentation.
Aufgrund dieser Unterlagen vermutete die Beklagte, dass der Kläger gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen habe, indem er Leistungen abgerechnet habe, die durch einen nicht genehmigten Assistenten bzw. angestellten Arzt erbracht worden seien. In seiner Stellungnahme zu diesem Vorwurf gab der Kläger an, der Zeuge sei als Assistent mit primärer Ausrichtung auf stationäre Weiterbildung eingestellt worden, weil nach der geltenden Weiterbildungsordnung der Berliner Ärztekammer auch eine Ausbildung für stationäre labordiagnostische Fragestellungen erforderlich sei und seine – des Klägers – Weiterbildungsbefugnis insbesondere auch diese stationäre Labordiagnostik beinhalte. Der Zeuge habe während seiner Einstellungszeit keine Laborleistung für Einsender aus dem GKV Bereich erbracht.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2009 hob die Beklagte die Honorarfestsetzungsbescheide des Klägers für die Quartale IV/06 bis IV/08 teilweise auf und kürzte das ärztliche Honorar im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung für diese Quartale um jeweils ein Viertel, insgesamt 151.485,15 Euro (bzw. 148.616,61 Euro nach Abzug der Verwaltungskosten). Die Beklagte begründete diese Entscheidung damit, dass wegen unrichtiger Angaben des Klägers die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärungen entfallen sei mit der Folge, dass das Honorarrisiko auf den Vertragsarzt übergehe, der nunmehr die Beweislast für die vollständige und ordnungsgemäße Erbringung aller Leistungen trage. Da ihr Anhaltspunkte für eine einzelfallbezogene Honorarschätzung fehlten, sei die Schätzung auf das zeitanteilige Tätigwerden des Klägers und des Zeugen zu stützen. Unter Berücksichtigung des besonderen Umstandes, dass der Weiterbildungsassistent seine Weiterbildungsstelle gerade gewechselt habe, um seine Weiterbildung in Bezug auf die stationäre Labordiagnostik zu vervollständigen, werde zugunsten des Klägers von einer arithmetischen Aufteilung der von beiden Ärzten erbrachten Leistungen abgesehen. Es sei von den erbrachten und abgerechneten Leistungen für ambulante Einsender nur ein Viertel dieser Leistungen dem Weiterbildungsassistenten zugerechnet worden. In diesem Umfang seien Leistungen nicht vergütungsfähig, weil sie unter Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung erbracht worden seien.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, vor Beginn und nach Beendigung der zweijährigen Weiterbildungszeit des Zeugen habe er seine Laborpraxis allein betrieben. Das Leistungsvolumen der Praxis habe sich im Weiterbildungszeitraum nur unwesentlich verändert. Da er die Genehmigung eines Weiterbildungsassistenten irrtümlich als reine Formalie aufgefasst habe, habe er die Beantragung einer entsprechenden Genehmigung bei der Beklagten versäumt. Die laborärztliche Leistungserbringung im Sinne von § 25 Abs. 1 Nr. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV Ä) umfasse die Aufnahme der Laboranforderungen von einzelnen Arztpraxen in die Laborpraxis EDV, die Ermittlung des analytischen Ergebnisses sowie die technische und medizinische Validation des Ergebnisses. Letztere beinhalte entsprechend den Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) die vertikale, horizontale und laterale Plausibilitätskontrolle sowie die Freigabe des Laborergebnisses, welche die laborärztliche Leistung abschließe. In seiner Laborpraxis werde diese medizinische Validation inklusive der Freigabe über ein DV gestütztes Validations- und Bewertungsmodul "online" durchgeführt, wobei bei der Freigabe auch der Freigabecode des Freigebenden dokumentiert werde. Kritische und auffällige Ergebniskonstellationen würden von diesem Modul gesondert behandelt. Sie würden gesperrt und müssten durch ihn –den Kläger – selbst oder durch speziell ausgebildete und von ihm befugte Mitarbeiter besonders überprüft und zudem besonders, ggf. nach Rücksprache mit ihm, bestätigt werden. Alle diese delegierbaren Aufgaben würden letztlich unter seiner Verantwortung von den medizinisch-technischen Mitarbeitern der Laborarztpraxis mit entsprechender Ausbildung durchgeführt. Sofern spezielle Untersuchungen in seiner Praxis nicht hätten erbracht werden können, seien diese in einem Fremdlabor in B erbracht worden, bei KV Patienten jeweils nach Ausstellung eines Überweisungsscheines an das Fremdlabor zur Weiteruntersuchung. Diese Leistungen habe ausschließlich das Fremdlabor mit der KV B abgerechnet. Der Zeuge habe sich dann mit den von diesen labormedizinisch validierten und befundeten Ergebnissen der Spezialuntersuchung im Rahmen seiner Weiterbildung befasst und auch Befunde gegenüber ambulanten Einsendern kommuniziert. Diese weiterbildungsrelevanten Tätigkeiten seien jedoch für die hier betroffene Honorarabrechnung irrelevant, weil diese Leistungen nicht zur Abrechnung mit der Beklagten gebracht worden seien. Ebenfalls dem ambulanten Bereich zuzuordnende Weiterbildungsinhalte hätten Konsiliargespräche gebildet, die der Zeuge mit ambulanten Einsendern zirka ein- bis zweimal wöchentlich geführt habe. Diese Leistungen seien weiterbildungs-, aber nicht abrechnungsrelevant. Darüber hinaus hätten in seltenen Situationen mit hohem Arbeitsanfall qualifizierte technische Mitarbeiter der Praxis den Zeugen gebeten, sie bei der oben beschriebenen medizinischen Validation zu unterstützen. Dabei seien versehentlich in einem marginalen Umfang auch abrechnungsrelevante Befunde von ambulanten Patienten durch den Zeugen freigegeben worden. Von den 182 630 Laborleistungen, die seine Praxis für GKV Patienten in den Quartalen III/08 und IV/08 erbracht habe, entfielen 222 und damit 0,12 % auf den Zeugen, wie eine beigefügte Tabelle ergebe. Er – der Kläger – habe zu keiner Zeit in der Absicht gehandelt, rechtswidrig höhere Honoraransprüche zu erzielen. Dies werde schon daran ersichtlich, dass bei einem Vergleich der Menge der gegenüber der Beklagten abgerechneten Leistungen des Zeitraums vor der Tätigkeit des Zeugen und während seiner Tätigkeit diese sich nur unwesentlich verändert hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger behauptet, sein Versäumnis, keine Genehmigung zur Beschäftigung des Zeugen eingeholt zu haben, sei letztlich der Tatsache geschuldet, dass dieser ausschließlich im stationären und privaten Bereich der Praxis habe eingesetzt werden sollen. Der von der Beklagten festgestellte Leistungszuwachs in den streitgegenständlichen Quartalen sei auf das laborärztliche Engagement des Zeugen – insbesondere im stationären Bereich – zurückzuführen, welches zu seiner – des Klägers – arbeitstechnischen Entlastung geführt habe, so dass er nunmehr seine Aufmerksamkeit verstärkt den GKV Leistungen habe widmen können. Das Argument der Beklagten, bei einem genehmigten Assistenten könne ein Praxiszuwachs von 25 % akzeptiert werden, hätte nur dann Hand und Fuß, wenn der nicht genehmigte Assistent selbst im Bereich der GKV tätig gewesen wäre. Es sei zweifelhaft, ob für den vorliegenden Sachverhalt eine Genehmigung der Beklagten für die Beschäftigung des Zeugen überhaupt notwendig gewesen sei. Die Tatsache, dass durch die Tätigkeit des Zeugen freie Kapazitäten für ihn – den Kläger – entstanden seien, sei nicht automatisch mit einer Zunahme der Leistungszahlen verbunden. Dies möge allenfalls für klinische Praxen mit überfüllten Warteräumen zutreffen, jedoch nicht für Laborpraxen, deren Leistungsumfang ausschließlich von sogenannten Arztbetreuern im Verdrängungswettbewerb gesteuert werde. Er habe zu Beginn des Jahres 2008 eine Diplombiologin (Frau R) als Ärztebetreuerin für den Bezirk S mit der Folge eingestellt, dass für dieses Jahr die Einsenderzahl von 15 auf 26 habe gesteigert werden können. Dies erkläre die Fallzahlzuwächse. Auch der Umstand, dass er alleine im Jahre 2011 32 Einsender betreut habe, mache deutlich, dass der kontinuierliche Zuwachs im Bereich der GKV seit dem Jahr 2006 nicht auf die Tätigkeit des Zeugen zurückzuführen sei. Es sei von vornherein klar gewesen, dass der Zeuge seine Weiterbildung ausschließlich im stationären Bereich vervollständigen solle. Zur Vermeidung von Kollisionen mit der Abrechnung von GKV Patienten sei der Zeuge angehalten gewesen, seine laborärztlichen Aktivitäten nur auf die stationären, ambulant-privaten oder Gutachterpatienten zu beschränken. Diese sei auch der leitenden MTA mitgeteilt worden. Rein organisatorisch seien diese Anweisungen unproblematisch zu handhaben gewesen, da die Differenzierung der Patientenzuordnung in der Bildschirmmaske des EDV Systems immer abgebildet sei. Dass trotz dieser organisatorischen Vorgaben gleichwohl GKV Patienten den Tätigkeitsbereich des Zeugen in Einzelfällen tangierten, sei bereits eingeräumt worden. Weil zirka 10 % der ambulanten Einsender ausschließlich Privatpatienten behandelten, sei belegt, dass durch das Volumen der Privatpatienten eine ordnungsgemäße und ausgelastete Weiterbildung möglich gewesen sei. Der Kläger hat sich ferner auf eine schriftliche Erklärung des Zeugen W berufen, wonach er – aus seiner Erinnerung heraus – im Rahmen seiner Weiterbildungszeit in der Laborarztpraxis des Klägers in sehr geringem Umfang Kontakt mit Laboruntersuchungen und -befunden von GKV Patienten gehabt habe.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2013 den Zeugen vernommen und anschließend die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils hat das Sozialgericht ausgeführt, es sehe im vorliegenden Fall als erwiesen an, dass der Kläger Leistungen abgerechnet habe, die der Zeuge ohne entsprechende Genehmigung erbracht habe. Dies ergebe sich aus den Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Arztregistereintragung des Zeugen eingereicht worden seien. Bezüglich des zurückzufordernden Honorars mache sich das Gericht die von der Beklagten vorgenommene Berechnung zu Eigen.
Gegen dieses ihm am 23. Mai 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 17. Juni 2013, die er wie folgt begründet: Von den vier Teilen der Befunderhebung gemäß § 25 BMV Ä seien die Teile 2 und 3 an qualifiziertes nichtärztliches Personal delegierbar. Erst durch Teil 4 der Befunderhebung werde die Erstellung eines laborärztlichen Befundes abgeschlossen und abrechnungsfähig. Dieser Teil werde allein durch ihn selbst erbracht. Die Tätigkeit des Zeugen sei also nie über Teil 3 hinausgegangen mit der Folge, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen dem Gebot der persönlichen Leistungserbringung entsprochen hätten. Dies bedeute auch, dass die im Vorfeld eingereichte Aufstellung über die Beteiligung des Zeugen an GKV relevanten Tätigkeiten in den Quartalen III/08 und IV/08 abrechnungstechnisch keine Rolle gespielt habe. Jedenfalls habe sich der Tätigkeitsbereich des Zeugen lediglich auf delegationsfähige Teile einer abzurechnenden Leistung erstreckt. Für die Dauer seines – des Klägers – Urlaubs im Umfang von zwei Wochen jährlich könne man aufgrund der fehlenden räumlichen Nähe trotz persönlicher Durchführung des abrechnungsrelevanten Teils 4 der Befunderhebung einer rechnerischen Berichtigung zustimmen, so dass 1/12 des Umsatzes im II. und IV. Quartal in Abzug zu bringen sei. Es spiele keine Rolle, ob der Zeuge gewusst habe, dass er keine vertragsärztlichen Leistungen erbringen dürfe oder ob es eine organisatorische Trennung zwischen ambulanten oder stationären Einsendern gegeben habe; denn neben seinen weiterbildungsrelevanten Tätigkeiten habe er nur in sehr geringem Umfang Kontakt zu abrechnungsrelevanten delegationsfähigen Tätigkeiten gehabt. Eine laborärztliche Laborleistung im Sinne von § 25 Abs. 1 Nr. 4 BMV Ä habe der Zeuge im ambulanten Bereich nicht erbracht. Der Kläger verweist ferner auf die eidesstattlichen Erklärungen der Praxismitarbeiterinnen K vom 22. Juli 2013 und G vom 10. August 2013. Nachdem er – so der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – zwei Jahre auf die Weiterbildungsberechtigung der Ärztekammer gewartet habe, habe er nach deren Erteilung schlicht vergessen, die Tätigkeit des Zeugen genehmigen zu lassen. Dieser sei nicht angewiesen worden, "die Finger" von GKV-Leistungen zu lassen. Er wäre auch mit einer entsprechenden Genehmigung nicht anders eingesetzt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
I. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V). Danach stellt die KV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots –, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Erstes Buch (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen des § 45 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-) Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R –, juris, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen, weil er Leistungen abgerechnet hat, die weder er selbst noch ein mit Genehmigung tätiger Weiterbildungsassistent bzw. angestellter Arzt erbracht hat (hierzu II.). Die danach gebotene Honorarkürzung hat die Beklagte zulässigerweise im Wege einer Schätzung vorgenommen (hierzu III.).
II. Ein Vertragsarzt hat seine Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen (hierzu 1.). Ausnahmen sind – neben den Fällen erlaubter Vertretung – nur vorgesehen, wenn andere Ärzte aufgrund einer Genehmigung der zuständigen Institution oder nicht-ärztliches Personal aufgrund zulässiger Delegation tätig werden (hierzu 2.). Die gesetzlichen Bedingungen hierfür liegen im Falle des Klägers aber nicht vor (hierzu 3.).
1. Der Pflicht des zur Leistungserbringung Berechtigten, seine Leistungen persönlich zu erbringen (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 Zulassungsverordnung-Ärzte - Ärzte-ZV -), soweit nicht ein Ausnahmefall delegierbarer Leistungen vorliegt, kommt erhebliche Bedeutung zu, denn sie dient der Sicherung der hohen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw. Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 22/11 R –, juris, m.w.N.). Dementsprechend sahen § 15 Abs. 1 BMV-Ä / § 14 Abs. 1 EKV-Ä vor:
"Jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt ist verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Persönliche Leistungen sind auch ärztliche Leistungen durch genehmigte Assistenten und angestellte Ärzte gemäß § 32b Ärzte-ZV, soweit sie dem Praxisinhaber als Eigenleistung zugerechnet werden können. Persönliche Leistungen sind ferner Hilfeleistungen nichtärztlicher Mitarbeiter, die der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt, der genehmigte Assistent oder ein angestellter Arzt anordnet und fachlich überwacht, wenn der nichtärztliche Mitarbeiter zur Erbringung der jeweiligen Hilfeleistung qualifiziert ist."
Auch Ziffer 2.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM macht seit vielen Jahren die Berechnungsfähigkeit von Leistungen davon abhängig, dass "der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die Tätigkeit [ ] persönlich ausübt". Für Laborärzte gilt nichts anderes (BSG, Beschluss vom 08. September 2004 – B 6 KA 25/04 B –, juris).
2. Will ein Vertragsarzt – jenseits einer typischerweise nur kurzzeitigen Vertretung – über einen längeren Zeitraum hinweg Leistungen in seinem Namen durch einen anderen Arzt erbringen lassen, sieht das Gesetz hierfür u.a. die Möglichkeit vor, einen (Weiterbildungs-)Assistenten zu beschäftigen oder einen Arzt anzustellen. Dies setzt die entsprechende Genehmigung durch die KV (§ 32 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV) bzw. des Zulassungsausschusses (§ 95 Abs. 9 SGB V i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV) voraus. Denn der Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen erlaubenden Verwaltungsakt zu erwirken, kommt großes Gewicht zu. Im vertragsärztlichen System muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KV beteiligt zu werden. Zu jedem Zeitpunkt muss ohne verwaltungsmäßigen Aufwand feststehen, ob jemand im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Leistungen erbringen darf. Nur dann kann sich der jeweils behandelte Versicherte darauf verlassen, dass sein Arzt in das vertragsärztliche System eingebunden ist, dass keine Vergütung unmittelbar dem Arzt gegenüber zu zahlen ist und dass die spezifische Fachkunde des Arztes (vgl. § 135 Abs. 2 Satz 1 SGB V) festgestellt ist (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 22/11 R –, juris, m.w.N.).
3. Gegen beide grundlegenden Verpflichtungen verstieß der Kläger in den Quartalen IV/06 bis IV/08.
a. Unstreitig hat er nicht einmal versucht, eine Genehmigung für die Beschäftigung des Zeugen als Weiterbildungsassistent bzw. als angestellter Arzt zu erlangen. Auf die Gründe hierfür kommt es an dieser Stelle nicht an.
b. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Zeuge in der Praxis des Klägers in unterschiedlicher Weise vertragsärztliche Leistungen erbracht oder daran mitgewirkt hat.
aa. Der Kläger hat im Widerspruchsverfahren eingeräumt, dass in seltenen Situationen mit hohem Arbeitsanfall qualifizierte technische Mitarbeiter der Praxis den Zeugen gebeten hätten, sie bei der medizinischen Validation zu unterstützen, und dabei versehentlich in einem marginalen Umfang auch abrechnungsrelevante Befunde von ambulanten Patienten durch den Zeugen freigegeben worden seien. Die Feststellung, dass der Zeuge – wenn auch im untergeordneten Umfang – auch vertragsärztlich tätig wurde, steht in Einklang mit seinem Arbeitsvertrag und dem vom Kläger ausgestellten Zeugnis. Beiden ist in keiner Weise zu entnehmen, dass von der Tätigkeit des Zeugen gerade vertragsärztliche Leistungen ausgenommen waren. Weder der Arbeitsvertrag noch das Zeugnis nehmen insoweit eine Differenzierung vor, sodass davon auszugehen ist, dass alle laborärztlichen Tätigkeiten – gerade auch vertragsärztliche – vom Zeugen zu erbringen waren und erbracht wurden, zumal es keine ausdrückliche Anweisung an den Zeugen gab, im Bereich vertragsärztlicher Leistungen nicht tätig zu werden.
Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die Behauptung aufstellt, der Zeuge habe nur Leistungen bis Teil 3 innerhalb des laborärztlichen Befunderhebungsschemas erbracht und deshalb sei die im Widerspruchsverfahren eingereichte Aufstellung über die Beteiligung des Zeugen an GKV-relevanten Leistungen irrelevant, überzeugt dies nicht. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BMV-Ä ist die Befunderhebung in vier Teile gegliedert: 1. ärztliche Untersuchungsentscheidung, 2. Präanalytik, 3. laboratoriumsmedizinische Analyse unter Bedingungen der Qualitätssicherung, 4. ärztliche Beurteilung der Ergebnisse. Leistungen nach Teil 1 sind schon nach dem unmissverständlichen Wortlaut ("ärztliche") nicht delegierbar. Ob – wie klägerseitig behauptet – die Leistungen der Teile 2 und 3 an nicht-ärztliches (Fach-)Personal delegierbar sind, sei an dieser Stelle dahingestellt. Jedenfalls widerspricht die Behauptung, ärztliche Beurteilungen der Ergebnisse (Teil 4 der Befunderhebung) habe der Zeuge nicht vorgenommen, früherem Vorbringen des Klägers. Danach habe der Zeuge "im marginalen Umfang auch abrechnungsrelevante Befunde von ambulanten Patienten freigegeben" (Widerspruchsbegründung vom 10. Dezember 2009). Die Freigabe steht indes – wie sich aus der Darstellung des Klägers, aber auch aus den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen in den Fassungen vom 24. August 2001 (DÄBl. vom 19. Oktober 2001, A 2747) und 23. November 2007 (DÄBl. vom 15. Februar 2008, A 341) ergibt – am Ende der gesamten laborärztlichen Befunderhebung und wurde in der klägerischen Praxis vom Freigebenden unter Verwendung seines Freigabecodes dokumentiert. Dass der Zeuge in dem vom Kläger eingeräumten Umfang Befunde freigegeben hat, belegt i.Ü. seine o.g. Aufstellung über die Beteiligung des Zeugen an GKV-relevanten Leistungen, welche ausschließlich solche Untersuchungen aufführt, für die sich in der Spalte "Freicode" das Kürzel "" – die Initialen des Zeugen – findet. Hierbei wurde nach den Angaben des Zeugen anlässlich seiner Vernehmung durch das Sozialgericht organisatorisch nicht zwischen GKV-Patienten und anderen differenziert.
bb. Auch die vom Zeugen geführten Konsiliargespräche mit "ambulanten Einsendern" – darunter offenkundig auch Vertragsärzte – sind vertragsärztliche Leistungen, zu deren Erbringung er nicht berechtigt war.
Dass der Zeuge "pro Woche ca. 1-2 solcher Gespräche" führte, hat der Kläger im Rahmen seines Widerspruchsvorbringens eingeräumt. Leistungen im Bereich "Konsil" – gerade auch gegenüber "ambulanten Einsendern" – hat er dem Zeugen aber auch in seinem Zeugnis vom 2. Oktober 2008 bescheinigt. Der Zeuge selbst hat im Rahmen seiner Vernehmung durch das Sozialgericht den Umfang dieser Tätigkeiten zwischen "gering" und "1 - 2 Stunden" täglich eingestuft.
Diese Konsiliargespräche sind im vorliegenden Sachverhalt nicht irrelevant. Zwar werden sie im Befunderhebungsschema gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BMV-Ä nicht eigens aufgeführt. Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit von Laborleistungen nach dem EBM sind sie nur im Rahmen der Gebührenordnungsposition (GOP) 12210 (Konsiliarkomplex bei laboratoriumsmedizinischen Grundleistungen), die allerdings obligatorisch einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt verlangt, woran es im Falle des Zeugen offensichtlich fehlte. Dass unabhängig hiervon auch "konsiliarische Erörterungen zwischen zwei oder mehr behandelnden Ärzten" zu den vertragsärztlichen Leistungen zählen, ergibt sich jedoch ausdrücklich aus dem "Verzeichnis der nicht gesondert abrechnungsfähigen und in Komplexen enthaltenen Leistungen, sofern diese nicht als Leistungen in arztgruppenspezifischen Kapiteln ausgewiesen sind" (Anhang 1 zum EBM). Soweit der Zeuge daher Konsiliargespräche mit Vertragsärzten führte, übte er unzulässigerweise vertragsärztliche Tätigkeit aus.
cc. Darüber hinaus war der Zeuge immer dann vertragsärztlich tätig, wenn er nicht-ärztliches Personal in der Praxis des Klägers angeleitet und überwacht hat. Dass er solche Tätigkeiten ausgeübt hat, belegt wiederum das Zeugnis vom 2. Oktober 2008. Danach hat er Mitarbeiter angeleitet, erworbene Fähigkeiten an andere Mitarbeiter weitergegeben sowie alle aufgeführten Arbeiten und Aufgaben u.a. der Laborleitung zur vollsten Zufriedenheit des Klägers ausgeführt. Der Kläger bescheinigt dem Zeugen ferner, er könne "ein Labor selbständig leiten und Mitarbeiter fundiert überwachen".
d. Außerdem war der Zeuge vertragsärztlich tätig, soweit er nach den Aussagen bei seiner Vernehmung durch das Sozialgericht mit der Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuchs befasst war und Qualitätskontrollen in Gestalt sog. Ringversuche durchführte. Sowohl die Verpflichtung, ein Qualitätsmanagementhandbuch zu erstellen, als auch die Pflicht zur (externen) Qualitätskontrolle durch Ringversuche ergibt sich aus den o.g. Richtlinien der Bundesärztekammer (Ziffer 7 der Richtlinien vom 23. November 2007 einerseits, Ziffer 3.2 der Richtlinien vom 24. August 2001 bzw. Teil B Ziffer 2.2 der Richtlinien vom 23. November 2007 andererseits), die nach Kapitel 32 Ziffer 1 EBM bei der Durchführung von Laborleistungen von jedem Vertragsarzt zu beachten waren. Die Mitwirkung des Zeugen an diesen Maßnahmen erweist sich daher gleichfalls als vertragsärztliche Tätigkeit.
e. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob der Zeuge möglicherweise auch im Zusammenhang mit Einsendungen aus dem Krankenhausbereich vertragsärztlich tätig geworden ist. Da an der vertragsärztlichen Versorgung im streitigen Zeitraum auch ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 SGB V), ermächtigte Hochschulambulanzen (§ 117 Abs. 1 SGB V) oder Krankenhäuser, die im Rahmen der Krankenhausplanung zur ambulanten Behandlung von hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen bestimmt wurden (§ 116b SGB V in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung), teilnahmen, wären auch deren Laboraufträge an den Kläger der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen, auch wenn sie der Kläger ggf. den Zusendungen aus Krankenhäusern zugeordnet hat.
Dahinstehen kann ferner, ob der Kläger bei der Bearbeitung von Laboraufträgen zugunsten Privatversicherter nicht zumindest dann die grundlegenden vertragsärztlichen Pflichten (z.B. persönliche Leistungserbringung) beachten musste, wenn die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a i.V.m. § 314 SGB V und nach § 257 Abs. 2a i.V.m. § 315 SGB V sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und dem Notlagentarif nach § 153 VAG Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sichergestellt werden sollte (so Hesral, in: JurisPraxisKommentar, SGB V, 2.A., § 75 Rd.).
II. Die von der Beklagten vorgenommene Honorarkürzung für die betroffenen Quartale ist rechtmäßig.
1. Der Kläger hat zumindest insoweit grob fahrlässig gehandelt, als er die Beschäftigung des Zeugen weder durch die KV (für die Zeit bis 30. September 2008) noch durch den Zulassungsausschuss (für die Zeit danach) genehmigen ließ. Der Umstand, dass der Kläger die Genehmigung eines Weiterbildungsassistenten als reine Formalie betrachtete, belegt, dass er die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung ebenso wie die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen erlaubenden Verwaltungsakt zu erwirken, in besonderem Maße verkannt und hierdurch gegen vertragsärztliche Pflichten grob fahrlässig verstoßen hat. Denselben Vorwurf muss der Kläger gegen sich gelten lassen, soweit er vorbringt, der Zeuge habe eigentlich nur im Bereich laborärztlicher Leistungen für stationäre Patienten eingesetzt werden sollen, ohne zugleich Vorkehrungen zu treffen, die dies in organisatorischer Hinsicht sicherstellen.
2. Indem der Kläger zumindest hinsichtlich einer Leistung je Quartal grob fahrlässig nicht berechnungsfähige Leistungen zur Abrechnung gebracht hat, ist die sog. Garantiewirkung seiner Abrechnungssammelerklärungen mit der Folge entfallen, dass die Beklagte das (vollständig) neu festzusetzende Quartal schätzen darf (Clemens, in: JurisPraxisKommentar, SGB V, 2.A., § 106a Rd. 234 m.w.N.).
3. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung, in welchem Umfang eine angemessene Honorarkürzung stattzufinden hat, ist nicht zu beanstanden.
a. Allerdings besteht bei Schätzungen kein der gerichtlichen Kontrolle entzogener Beurteilungsspielraum. Sie gehören zu den Tatsachenfeststellungen, für die die Tatsacheninstanzen ihrerseits zuständig sind. Das Gericht hat deshalb die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen. Die Verpflichtung zur eigenen Schätzung bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt. Sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthält, reicht es aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollzieht (BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6 RKa 86/95 –, juris).
b. Die bezüglich der Schätzung angestellten Erwägungen der Beklagten lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Beklagte hat zutreffend zu Gunsten des Klägers zugrunde gelegt, dass eine hälftige Aufteilung der abgerechneten Leistungen auf den Kläger und den Zeugen dem Ziel, diesem gerade Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der stationären Labordiagnostik zu vermitteln, widersprochen hätte. Andererseits war die Beklagte auch nicht gehalten, nur in dem Umfang eine Honorarkürzung vorzunehmen, der dem Anteil der vom Zeugen nach den Behauptungen des Klägers freigegebenen Befunde entsprach. Dies ließe unbeachtet, dass der Zeuge – wie vom Senat dargelegt – in mehrfacher Hinsicht vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt hat, die nicht unmittelbarer Bestandteil der abgerechneten GOP war (Anleitung und Beaufsichtigung von Praxispersonal, Konsil, Mitarbeit bei Qualitätskontrollen und der Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuchs). Aber auch eine Kürzung auf den Fachgruppendurchschnitt, die bei der rechtswidrigen Abrechnung von GOP naheliegt, scheidet bei der ungenehmigten Beschäftigung eines Arztes aus. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme der Beklagten, ein Viertel der abgerechneten Leistungen sei dem Zeugen zuzuordnen, nicht zu beanstanden. Sie greift die auch außerhalb des vertragszahnärztlichen Bereichs anwendbare Regelung in § 85 Abs. 4b Satz 4 SGB V auf, wonach bei Weiterbildungsassistenten im Regelfall nur ein Praxiszuwachs bis zu 25 % akzeptiert werden kann (BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 14/04 R –, juris). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechts-streites.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte das Honorar des Klägers wegen der nicht genehmigten Beschäftigung eines Arztes in den Quartalen IV/06 bis IV/08 kürzen durfte.
Der Kläger nimmt seit dem 1. Januar 1999 als Facharzt für Laboratoriumsmedizin im Berliner Verwaltungsbezirk S an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Ärztekammer Berlin erteilte ihm mit Beschluss vom 7. April 2008 die Befugnis zur Leitung der Weiterbildung im Gebiet Laboratoriumsmedizin ab diesem Tag. Auf seinen Widerspruch teilte die Ärztekammer dem Kläger mit, dass die Weiterbildungsbefugnis erst "durch den rechtskräftigen Beschluss des Vorstandes der Ärztekammer Berlin als erteilt" gelte und er "formal [ ...] seit dem 7. April 2008 im Gebiet Laboratoriumsmedizin befugt" sei. Weil wegen der Umstellung der Weiterbildungsordnung und der damit verbundenen Antragsflut eine zeitnahe Entscheidung über Anträge zur Weiterbildungsbefugnis nicht immer möglich gewesen sei, hätten sich die zuständigen Weiterbildungsausschüsse entschlossen, "im Sinne der Assistenten Weiterbildungszeiten bei einem Befugten ab Antragsdatum anzuerkennen", so dass der Kläger Zeugnisse über Weiterbildungszeiten und inhalte seiner Assistenten ab dem 6. Juni 2006 unterzeichnen könne.
Die Anzahl der vom Kläger abgerechneten Leistungen bzw. Behandlungsfälle sowie die ihm durch die Beklagte bewilligten Honorare für die Quartal IV/04 bis IV/08 ergeben sich aus folgender Tabelle: Quartal Behandlungsfälle Anzahl Scheine Honorar/Euro IV/04 1183 1.183 36.504,87 I/05 1157 1.176 36.468,05 II/05 1200 1.224 39.869,59 III/2005 1366 1.407 46.224,96 IV/05 1414 1.440 45.692,38 I/06 1471 1.511 51.803,13 II/06 1378 1.394 41.852,41 III/2006 1508 1.546 46.216,85 IV/06 1461 3.114 44.839,00 I/07 1709 3.580 54.874,67 II/07 1657 3.511 49.992,22 III/07 2037 4.299 59.940,02 IV/07 2153 4.445 61.340,31 I/08 2256 4.859 74.852,13 II/08 2440 5.137 76.976,46 III/08 2938 6.080 91.523,14 IV/08 3648 7.087 91.602,54 I/09 3926 7.329
Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 30. Juni 2006 wurde der Zeuge W vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2008 in der Laborarztpraxis des Klägers als Assistenzarzt für die Weiterbildung im Fach Laboratoriumsmedizin eingestellt. Die Anstellung erfolgte "zunächst im Rahmen eines Praktikums (Trainingsmaßnahme) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von maximal 14,9 Stunden" (§ 1 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages). Ab dem 1. Oktober 2006 wurde der Zeuge "mit einer Vollzeitstelle mit 40 Stun- den pro Woche" bei einem monatlichen Bruttoentgelt von 3.100.- Euro angestellt ("Anpassung des Arbeitsvertrages" vom 11. September 2006, ab dem 1. Oktober 2008 als ärztlicher Mitarbeiter, ab dem 1. Dezember 2008 als Facharzt. Eine Genehmigung zur Beschäftigung des Zeugen als Weiterbildungsassistenten bzw. als angestellter Arzt hat der Kläger bei der Beklagten bzw. beim Zulassungsausschuss nie beantragt.
Im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Eintragung in das Arztregister reichte der Zeuge u.a. folgende Unterlagen ein: - eine vom Kläger ausgestellte Arbeitsbescheinigung vom 11. Dezember 2008, wonach der Zeuge seit dem 1. Oktober 2006 bis zum 30. November 2008 durchgehend in seiner Laborarztpraxis als Arzt tätig gewesen und seit dem 1. Dezember 2008 als Facharzt angestellt sei, - eine Aufstellung über seine ärztliche Tätigkeit seit dem Staatsexamen, wonach er zwischen dem 1. Oktober 2006 und dem 30. September 2008 als Weiterbildungsassistent im Labor des Klägers in den Abteilungen "Klinische Chemie" und "Mikrobiologie" und in der Folgezeit in der Abteilung Labormedizin, zunächst im Rahmen ärztlicher Tätigkeit, seit dem 1. Dezember 2008 als Facharzt für Labormedizin tätig gewesen sei. Nach dem vom Kläger unter dem 2. Oktober 2008 erstellten "Zeugnis zur Vorlage bei der Ärztekammer" nimmt seine Laborarztpraxis Aufgaben der labordiagnostischen Versorgung im ambulanten Bereich zu zirka 30 % und im stationären Bereich zu zirka 70 % wahr. Der Zeuge habe labordiagnostische Aufgaben in folgenden Bereichen der Routinediagnostik kennengelernt und eigenverantwortlich durchgeführt: klinische Chemie, Hämatologie, Hämostaseologie, Immunologie, Elektrophorese, Blutgruppenserologie, Zyto-, Harn-, spezial- und molekularbiologische Analytik, Mikrobiologie, Validation, Befundung und Konsil, Qualitätsmanagement sowie LDV. Ferner habe der Zeuge regelmäßig die vertikale, horizontale und laterale Validation der Laborergebnisse durchgeführt, die Ergebnisse aus Fremdlaboren geprüft und in den Gesamtbefund integriert. Er habe labordiagnostische Befunde eigenverantwortlich erstellt und diese gegenüber den stationären und ambulanten Einsendern kommuniziert. Er habe sich mit den Aufgaben des Personal-, Material- und Abrechnungsmanagements der Praxis auseinandergesetzt und Mitarbeiter angeleitet. Alle aufgeführten Arbeiten und Aufgaben in der Routineanalytik und in der Laborleitung habe er stets zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. Er habe es verstanden, seine erworbenen Fertigkeiten an die anderen Mitarbeiter weiterzugeben, und könne ein Labor selbständig leiten und Mitarbeiter fundiert überwachen. Er beherrsche auch die gesamten Verfahren der internen und externen Qualitätskontrolle einschließlich Datenerfassung und Dokumentation.
Aufgrund dieser Unterlagen vermutete die Beklagte, dass der Kläger gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen habe, indem er Leistungen abgerechnet habe, die durch einen nicht genehmigten Assistenten bzw. angestellten Arzt erbracht worden seien. In seiner Stellungnahme zu diesem Vorwurf gab der Kläger an, der Zeuge sei als Assistent mit primärer Ausrichtung auf stationäre Weiterbildung eingestellt worden, weil nach der geltenden Weiterbildungsordnung der Berliner Ärztekammer auch eine Ausbildung für stationäre labordiagnostische Fragestellungen erforderlich sei und seine – des Klägers – Weiterbildungsbefugnis insbesondere auch diese stationäre Labordiagnostik beinhalte. Der Zeuge habe während seiner Einstellungszeit keine Laborleistung für Einsender aus dem GKV Bereich erbracht.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2009 hob die Beklagte die Honorarfestsetzungsbescheide des Klägers für die Quartale IV/06 bis IV/08 teilweise auf und kürzte das ärztliche Honorar im Rahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung für diese Quartale um jeweils ein Viertel, insgesamt 151.485,15 Euro (bzw. 148.616,61 Euro nach Abzug der Verwaltungskosten). Die Beklagte begründete diese Entscheidung damit, dass wegen unrichtiger Angaben des Klägers die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärungen entfallen sei mit der Folge, dass das Honorarrisiko auf den Vertragsarzt übergehe, der nunmehr die Beweislast für die vollständige und ordnungsgemäße Erbringung aller Leistungen trage. Da ihr Anhaltspunkte für eine einzelfallbezogene Honorarschätzung fehlten, sei die Schätzung auf das zeitanteilige Tätigwerden des Klägers und des Zeugen zu stützen. Unter Berücksichtigung des besonderen Umstandes, dass der Weiterbildungsassistent seine Weiterbildungsstelle gerade gewechselt habe, um seine Weiterbildung in Bezug auf die stationäre Labordiagnostik zu vervollständigen, werde zugunsten des Klägers von einer arithmetischen Aufteilung der von beiden Ärzten erbrachten Leistungen abgesehen. Es sei von den erbrachten und abgerechneten Leistungen für ambulante Einsender nur ein Viertel dieser Leistungen dem Weiterbildungsassistenten zugerechnet worden. In diesem Umfang seien Leistungen nicht vergütungsfähig, weil sie unter Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung erbracht worden seien.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, vor Beginn und nach Beendigung der zweijährigen Weiterbildungszeit des Zeugen habe er seine Laborpraxis allein betrieben. Das Leistungsvolumen der Praxis habe sich im Weiterbildungszeitraum nur unwesentlich verändert. Da er die Genehmigung eines Weiterbildungsassistenten irrtümlich als reine Formalie aufgefasst habe, habe er die Beantragung einer entsprechenden Genehmigung bei der Beklagten versäumt. Die laborärztliche Leistungserbringung im Sinne von § 25 Abs. 1 Nr. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV Ä) umfasse die Aufnahme der Laboranforderungen von einzelnen Arztpraxen in die Laborpraxis EDV, die Ermittlung des analytischen Ergebnisses sowie die technische und medizinische Validation des Ergebnisses. Letztere beinhalte entsprechend den Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) die vertikale, horizontale und laterale Plausibilitätskontrolle sowie die Freigabe des Laborergebnisses, welche die laborärztliche Leistung abschließe. In seiner Laborpraxis werde diese medizinische Validation inklusive der Freigabe über ein DV gestütztes Validations- und Bewertungsmodul "online" durchgeführt, wobei bei der Freigabe auch der Freigabecode des Freigebenden dokumentiert werde. Kritische und auffällige Ergebniskonstellationen würden von diesem Modul gesondert behandelt. Sie würden gesperrt und müssten durch ihn –den Kläger – selbst oder durch speziell ausgebildete und von ihm befugte Mitarbeiter besonders überprüft und zudem besonders, ggf. nach Rücksprache mit ihm, bestätigt werden. Alle diese delegierbaren Aufgaben würden letztlich unter seiner Verantwortung von den medizinisch-technischen Mitarbeitern der Laborarztpraxis mit entsprechender Ausbildung durchgeführt. Sofern spezielle Untersuchungen in seiner Praxis nicht hätten erbracht werden können, seien diese in einem Fremdlabor in B erbracht worden, bei KV Patienten jeweils nach Ausstellung eines Überweisungsscheines an das Fremdlabor zur Weiteruntersuchung. Diese Leistungen habe ausschließlich das Fremdlabor mit der KV B abgerechnet. Der Zeuge habe sich dann mit den von diesen labormedizinisch validierten und befundeten Ergebnissen der Spezialuntersuchung im Rahmen seiner Weiterbildung befasst und auch Befunde gegenüber ambulanten Einsendern kommuniziert. Diese weiterbildungsrelevanten Tätigkeiten seien jedoch für die hier betroffene Honorarabrechnung irrelevant, weil diese Leistungen nicht zur Abrechnung mit der Beklagten gebracht worden seien. Ebenfalls dem ambulanten Bereich zuzuordnende Weiterbildungsinhalte hätten Konsiliargespräche gebildet, die der Zeuge mit ambulanten Einsendern zirka ein- bis zweimal wöchentlich geführt habe. Diese Leistungen seien weiterbildungs-, aber nicht abrechnungsrelevant. Darüber hinaus hätten in seltenen Situationen mit hohem Arbeitsanfall qualifizierte technische Mitarbeiter der Praxis den Zeugen gebeten, sie bei der oben beschriebenen medizinischen Validation zu unterstützen. Dabei seien versehentlich in einem marginalen Umfang auch abrechnungsrelevante Befunde von ambulanten Patienten durch den Zeugen freigegeben worden. Von den 182 630 Laborleistungen, die seine Praxis für GKV Patienten in den Quartalen III/08 und IV/08 erbracht habe, entfielen 222 und damit 0,12 % auf den Zeugen, wie eine beigefügte Tabelle ergebe. Er – der Kläger – habe zu keiner Zeit in der Absicht gehandelt, rechtswidrig höhere Honoraransprüche zu erzielen. Dies werde schon daran ersichtlich, dass bei einem Vergleich der Menge der gegenüber der Beklagten abgerechneten Leistungen des Zeitraums vor der Tätigkeit des Zeugen und während seiner Tätigkeit diese sich nur unwesentlich verändert hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Im Klageverfahren hat der Kläger behauptet, sein Versäumnis, keine Genehmigung zur Beschäftigung des Zeugen eingeholt zu haben, sei letztlich der Tatsache geschuldet, dass dieser ausschließlich im stationären und privaten Bereich der Praxis habe eingesetzt werden sollen. Der von der Beklagten festgestellte Leistungszuwachs in den streitgegenständlichen Quartalen sei auf das laborärztliche Engagement des Zeugen – insbesondere im stationären Bereich – zurückzuführen, welches zu seiner – des Klägers – arbeitstechnischen Entlastung geführt habe, so dass er nunmehr seine Aufmerksamkeit verstärkt den GKV Leistungen habe widmen können. Das Argument der Beklagten, bei einem genehmigten Assistenten könne ein Praxiszuwachs von 25 % akzeptiert werden, hätte nur dann Hand und Fuß, wenn der nicht genehmigte Assistent selbst im Bereich der GKV tätig gewesen wäre. Es sei zweifelhaft, ob für den vorliegenden Sachverhalt eine Genehmigung der Beklagten für die Beschäftigung des Zeugen überhaupt notwendig gewesen sei. Die Tatsache, dass durch die Tätigkeit des Zeugen freie Kapazitäten für ihn – den Kläger – entstanden seien, sei nicht automatisch mit einer Zunahme der Leistungszahlen verbunden. Dies möge allenfalls für klinische Praxen mit überfüllten Warteräumen zutreffen, jedoch nicht für Laborpraxen, deren Leistungsumfang ausschließlich von sogenannten Arztbetreuern im Verdrängungswettbewerb gesteuert werde. Er habe zu Beginn des Jahres 2008 eine Diplombiologin (Frau R) als Ärztebetreuerin für den Bezirk S mit der Folge eingestellt, dass für dieses Jahr die Einsenderzahl von 15 auf 26 habe gesteigert werden können. Dies erkläre die Fallzahlzuwächse. Auch der Umstand, dass er alleine im Jahre 2011 32 Einsender betreut habe, mache deutlich, dass der kontinuierliche Zuwachs im Bereich der GKV seit dem Jahr 2006 nicht auf die Tätigkeit des Zeugen zurückzuführen sei. Es sei von vornherein klar gewesen, dass der Zeuge seine Weiterbildung ausschließlich im stationären Bereich vervollständigen solle. Zur Vermeidung von Kollisionen mit der Abrechnung von GKV Patienten sei der Zeuge angehalten gewesen, seine laborärztlichen Aktivitäten nur auf die stationären, ambulant-privaten oder Gutachterpatienten zu beschränken. Diese sei auch der leitenden MTA mitgeteilt worden. Rein organisatorisch seien diese Anweisungen unproblematisch zu handhaben gewesen, da die Differenzierung der Patientenzuordnung in der Bildschirmmaske des EDV Systems immer abgebildet sei. Dass trotz dieser organisatorischen Vorgaben gleichwohl GKV Patienten den Tätigkeitsbereich des Zeugen in Einzelfällen tangierten, sei bereits eingeräumt worden. Weil zirka 10 % der ambulanten Einsender ausschließlich Privatpatienten behandelten, sei belegt, dass durch das Volumen der Privatpatienten eine ordnungsgemäße und ausgelastete Weiterbildung möglich gewesen sei. Der Kläger hat sich ferner auf eine schriftliche Erklärung des Zeugen W berufen, wonach er – aus seiner Erinnerung heraus – im Rahmen seiner Weiterbildungszeit in der Laborarztpraxis des Klägers in sehr geringem Umfang Kontakt mit Laboruntersuchungen und -befunden von GKV Patienten gehabt habe.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2013 den Zeugen vernommen und anschließend die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils hat das Sozialgericht ausgeführt, es sehe im vorliegenden Fall als erwiesen an, dass der Kläger Leistungen abgerechnet habe, die der Zeuge ohne entsprechende Genehmigung erbracht habe. Dies ergebe sich aus den Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Arztregistereintragung des Zeugen eingereicht worden seien. Bezüglich des zurückzufordernden Honorars mache sich das Gericht die von der Beklagten vorgenommene Berechnung zu Eigen.
Gegen dieses ihm am 23. Mai 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 17. Juni 2013, die er wie folgt begründet: Von den vier Teilen der Befunderhebung gemäß § 25 BMV Ä seien die Teile 2 und 3 an qualifiziertes nichtärztliches Personal delegierbar. Erst durch Teil 4 der Befunderhebung werde die Erstellung eines laborärztlichen Befundes abgeschlossen und abrechnungsfähig. Dieser Teil werde allein durch ihn selbst erbracht. Die Tätigkeit des Zeugen sei also nie über Teil 3 hinausgegangen mit der Folge, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen dem Gebot der persönlichen Leistungserbringung entsprochen hätten. Dies bedeute auch, dass die im Vorfeld eingereichte Aufstellung über die Beteiligung des Zeugen an GKV relevanten Tätigkeiten in den Quartalen III/08 und IV/08 abrechnungstechnisch keine Rolle gespielt habe. Jedenfalls habe sich der Tätigkeitsbereich des Zeugen lediglich auf delegationsfähige Teile einer abzurechnenden Leistung erstreckt. Für die Dauer seines – des Klägers – Urlaubs im Umfang von zwei Wochen jährlich könne man aufgrund der fehlenden räumlichen Nähe trotz persönlicher Durchführung des abrechnungsrelevanten Teils 4 der Befunderhebung einer rechnerischen Berichtigung zustimmen, so dass 1/12 des Umsatzes im II. und IV. Quartal in Abzug zu bringen sei. Es spiele keine Rolle, ob der Zeuge gewusst habe, dass er keine vertragsärztlichen Leistungen erbringen dürfe oder ob es eine organisatorische Trennung zwischen ambulanten oder stationären Einsendern gegeben habe; denn neben seinen weiterbildungsrelevanten Tätigkeiten habe er nur in sehr geringem Umfang Kontakt zu abrechnungsrelevanten delegationsfähigen Tätigkeiten gehabt. Eine laborärztliche Laborleistung im Sinne von § 25 Abs. 1 Nr. 4 BMV Ä habe der Zeuge im ambulanten Bereich nicht erbracht. Der Kläger verweist ferner auf die eidesstattlichen Erklärungen der Praxismitarbeiterinnen K vom 22. Juli 2013 und G vom 10. August 2013. Nachdem er – so der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – zwei Jahre auf die Weiterbildungsberechtigung der Ärztekammer gewartet habe, habe er nach deren Erteilung schlicht vergessen, die Tätigkeit des Zeugen genehmigen zu lassen. Dieser sei nicht angewiesen worden, "die Finger" von GKV-Leistungen zu lassen. Er wäre auch mit einer entsprechenden Genehmigung nicht anders eingesetzt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
I. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V). Danach stellt die KV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots –, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Erstes Buch (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen des § 45 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-) Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R –, juris, m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung verstoßen, weil er Leistungen abgerechnet hat, die weder er selbst noch ein mit Genehmigung tätiger Weiterbildungsassistent bzw. angestellter Arzt erbracht hat (hierzu II.). Die danach gebotene Honorarkürzung hat die Beklagte zulässigerweise im Wege einer Schätzung vorgenommen (hierzu III.).
II. Ein Vertragsarzt hat seine Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen (hierzu 1.). Ausnahmen sind – neben den Fällen erlaubter Vertretung – nur vorgesehen, wenn andere Ärzte aufgrund einer Genehmigung der zuständigen Institution oder nicht-ärztliches Personal aufgrund zulässiger Delegation tätig werden (hierzu 2.). Die gesetzlichen Bedingungen hierfür liegen im Falle des Klägers aber nicht vor (hierzu 3.).
1. Der Pflicht des zur Leistungserbringung Berechtigten, seine Leistungen persönlich zu erbringen (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 Zulassungsverordnung-Ärzte - Ärzte-ZV -), soweit nicht ein Ausnahmefall delegierbarer Leistungen vorliegt, kommt erhebliche Bedeutung zu, denn sie dient der Sicherung der hohen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw. Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 22/11 R –, juris, m.w.N.). Dementsprechend sahen § 15 Abs. 1 BMV-Ä / § 14 Abs. 1 EKV-Ä vor:
"Jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt ist verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Persönliche Leistungen sind auch ärztliche Leistungen durch genehmigte Assistenten und angestellte Ärzte gemäß § 32b Ärzte-ZV, soweit sie dem Praxisinhaber als Eigenleistung zugerechnet werden können. Persönliche Leistungen sind ferner Hilfeleistungen nichtärztlicher Mitarbeiter, die der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt, der genehmigte Assistent oder ein angestellter Arzt anordnet und fachlich überwacht, wenn der nichtärztliche Mitarbeiter zur Erbringung der jeweiligen Hilfeleistung qualifiziert ist."
Auch Ziffer 2.2 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM macht seit vielen Jahren die Berechnungsfähigkeit von Leistungen davon abhängig, dass "der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die Tätigkeit [ ] persönlich ausübt". Für Laborärzte gilt nichts anderes (BSG, Beschluss vom 08. September 2004 – B 6 KA 25/04 B –, juris).
2. Will ein Vertragsarzt – jenseits einer typischerweise nur kurzzeitigen Vertretung – über einen längeren Zeitraum hinweg Leistungen in seinem Namen durch einen anderen Arzt erbringen lassen, sieht das Gesetz hierfür u.a. die Möglichkeit vor, einen (Weiterbildungs-)Assistenten zu beschäftigen oder einen Arzt anzustellen. Dies setzt die entsprechende Genehmigung durch die KV (§ 32 Abs. 2 Satz 2 Ärzte-ZV) bzw. des Zulassungsausschusses (§ 95 Abs. 9 SGB V i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV) voraus. Denn der Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen erlaubenden Verwaltungsakt zu erwirken, kommt großes Gewicht zu. Im vertragsärztlichen System muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KV beteiligt zu werden. Zu jedem Zeitpunkt muss ohne verwaltungsmäßigen Aufwand feststehen, ob jemand im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Leistungen erbringen darf. Nur dann kann sich der jeweils behandelte Versicherte darauf verlassen, dass sein Arzt in das vertragsärztliche System eingebunden ist, dass keine Vergütung unmittelbar dem Arzt gegenüber zu zahlen ist und dass die spezifische Fachkunde des Arztes (vgl. § 135 Abs. 2 Satz 1 SGB V) festgestellt ist (BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 22/11 R –, juris, m.w.N.).
3. Gegen beide grundlegenden Verpflichtungen verstieß der Kläger in den Quartalen IV/06 bis IV/08.
a. Unstreitig hat er nicht einmal versucht, eine Genehmigung für die Beschäftigung des Zeugen als Weiterbildungsassistent bzw. als angestellter Arzt zu erlangen. Auf die Gründe hierfür kommt es an dieser Stelle nicht an.
b. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Zeuge in der Praxis des Klägers in unterschiedlicher Weise vertragsärztliche Leistungen erbracht oder daran mitgewirkt hat.
aa. Der Kläger hat im Widerspruchsverfahren eingeräumt, dass in seltenen Situationen mit hohem Arbeitsanfall qualifizierte technische Mitarbeiter der Praxis den Zeugen gebeten hätten, sie bei der medizinischen Validation zu unterstützen, und dabei versehentlich in einem marginalen Umfang auch abrechnungsrelevante Befunde von ambulanten Patienten durch den Zeugen freigegeben worden seien. Die Feststellung, dass der Zeuge – wenn auch im untergeordneten Umfang – auch vertragsärztlich tätig wurde, steht in Einklang mit seinem Arbeitsvertrag und dem vom Kläger ausgestellten Zeugnis. Beiden ist in keiner Weise zu entnehmen, dass von der Tätigkeit des Zeugen gerade vertragsärztliche Leistungen ausgenommen waren. Weder der Arbeitsvertrag noch das Zeugnis nehmen insoweit eine Differenzierung vor, sodass davon auszugehen ist, dass alle laborärztlichen Tätigkeiten – gerade auch vertragsärztliche – vom Zeugen zu erbringen waren und erbracht wurden, zumal es keine ausdrückliche Anweisung an den Zeugen gab, im Bereich vertragsärztlicher Leistungen nicht tätig zu werden.
Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die Behauptung aufstellt, der Zeuge habe nur Leistungen bis Teil 3 innerhalb des laborärztlichen Befunderhebungsschemas erbracht und deshalb sei die im Widerspruchsverfahren eingereichte Aufstellung über die Beteiligung des Zeugen an GKV-relevanten Leistungen irrelevant, überzeugt dies nicht. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BMV-Ä ist die Befunderhebung in vier Teile gegliedert: 1. ärztliche Untersuchungsentscheidung, 2. Präanalytik, 3. laboratoriumsmedizinische Analyse unter Bedingungen der Qualitätssicherung, 4. ärztliche Beurteilung der Ergebnisse. Leistungen nach Teil 1 sind schon nach dem unmissverständlichen Wortlaut ("ärztliche") nicht delegierbar. Ob – wie klägerseitig behauptet – die Leistungen der Teile 2 und 3 an nicht-ärztliches (Fach-)Personal delegierbar sind, sei an dieser Stelle dahingestellt. Jedenfalls widerspricht die Behauptung, ärztliche Beurteilungen der Ergebnisse (Teil 4 der Befunderhebung) habe der Zeuge nicht vorgenommen, früherem Vorbringen des Klägers. Danach habe der Zeuge "im marginalen Umfang auch abrechnungsrelevante Befunde von ambulanten Patienten freigegeben" (Widerspruchsbegründung vom 10. Dezember 2009). Die Freigabe steht indes – wie sich aus der Darstellung des Klägers, aber auch aus den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen in den Fassungen vom 24. August 2001 (DÄBl. vom 19. Oktober 2001, A 2747) und 23. November 2007 (DÄBl. vom 15. Februar 2008, A 341) ergibt – am Ende der gesamten laborärztlichen Befunderhebung und wurde in der klägerischen Praxis vom Freigebenden unter Verwendung seines Freigabecodes dokumentiert. Dass der Zeuge in dem vom Kläger eingeräumten Umfang Befunde freigegeben hat, belegt i.Ü. seine o.g. Aufstellung über die Beteiligung des Zeugen an GKV-relevanten Leistungen, welche ausschließlich solche Untersuchungen aufführt, für die sich in der Spalte "Freicode" das Kürzel "" – die Initialen des Zeugen – findet. Hierbei wurde nach den Angaben des Zeugen anlässlich seiner Vernehmung durch das Sozialgericht organisatorisch nicht zwischen GKV-Patienten und anderen differenziert.
bb. Auch die vom Zeugen geführten Konsiliargespräche mit "ambulanten Einsendern" – darunter offenkundig auch Vertragsärzte – sind vertragsärztliche Leistungen, zu deren Erbringung er nicht berechtigt war.
Dass der Zeuge "pro Woche ca. 1-2 solcher Gespräche" führte, hat der Kläger im Rahmen seines Widerspruchsvorbringens eingeräumt. Leistungen im Bereich "Konsil" – gerade auch gegenüber "ambulanten Einsendern" – hat er dem Zeugen aber auch in seinem Zeugnis vom 2. Oktober 2008 bescheinigt. Der Zeuge selbst hat im Rahmen seiner Vernehmung durch das Sozialgericht den Umfang dieser Tätigkeiten zwischen "gering" und "1 - 2 Stunden" täglich eingestuft.
Diese Konsiliargespräche sind im vorliegenden Sachverhalt nicht irrelevant. Zwar werden sie im Befunderhebungsschema gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BMV-Ä nicht eigens aufgeführt. Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit von Laborleistungen nach dem EBM sind sie nur im Rahmen der Gebührenordnungsposition (GOP) 12210 (Konsiliarkomplex bei laboratoriumsmedizinischen Grundleistungen), die allerdings obligatorisch einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt verlangt, woran es im Falle des Zeugen offensichtlich fehlte. Dass unabhängig hiervon auch "konsiliarische Erörterungen zwischen zwei oder mehr behandelnden Ärzten" zu den vertragsärztlichen Leistungen zählen, ergibt sich jedoch ausdrücklich aus dem "Verzeichnis der nicht gesondert abrechnungsfähigen und in Komplexen enthaltenen Leistungen, sofern diese nicht als Leistungen in arztgruppenspezifischen Kapiteln ausgewiesen sind" (Anhang 1 zum EBM). Soweit der Zeuge daher Konsiliargespräche mit Vertragsärzten führte, übte er unzulässigerweise vertragsärztliche Tätigkeit aus.
cc. Darüber hinaus war der Zeuge immer dann vertragsärztlich tätig, wenn er nicht-ärztliches Personal in der Praxis des Klägers angeleitet und überwacht hat. Dass er solche Tätigkeiten ausgeübt hat, belegt wiederum das Zeugnis vom 2. Oktober 2008. Danach hat er Mitarbeiter angeleitet, erworbene Fähigkeiten an andere Mitarbeiter weitergegeben sowie alle aufgeführten Arbeiten und Aufgaben u.a. der Laborleitung zur vollsten Zufriedenheit des Klägers ausgeführt. Der Kläger bescheinigt dem Zeugen ferner, er könne "ein Labor selbständig leiten und Mitarbeiter fundiert überwachen".
d. Außerdem war der Zeuge vertragsärztlich tätig, soweit er nach den Aussagen bei seiner Vernehmung durch das Sozialgericht mit der Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuchs befasst war und Qualitätskontrollen in Gestalt sog. Ringversuche durchführte. Sowohl die Verpflichtung, ein Qualitätsmanagementhandbuch zu erstellen, als auch die Pflicht zur (externen) Qualitätskontrolle durch Ringversuche ergibt sich aus den o.g. Richtlinien der Bundesärztekammer (Ziffer 7 der Richtlinien vom 23. November 2007 einerseits, Ziffer 3.2 der Richtlinien vom 24. August 2001 bzw. Teil B Ziffer 2.2 der Richtlinien vom 23. November 2007 andererseits), die nach Kapitel 32 Ziffer 1 EBM bei der Durchführung von Laborleistungen von jedem Vertragsarzt zu beachten waren. Die Mitwirkung des Zeugen an diesen Maßnahmen erweist sich daher gleichfalls als vertragsärztliche Tätigkeit.
e. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob der Zeuge möglicherweise auch im Zusammenhang mit Einsendungen aus dem Krankenhausbereich vertragsärztlich tätig geworden ist. Da an der vertragsärztlichen Versorgung im streitigen Zeitraum auch ermächtigte Krankenhausärzte (§ 116 SGB V), ermächtigte Hochschulambulanzen (§ 117 Abs. 1 SGB V) oder Krankenhäuser, die im Rahmen der Krankenhausplanung zur ambulanten Behandlung von hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen bestimmt wurden (§ 116b SGB V in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung), teilnahmen, wären auch deren Laboraufträge an den Kläger der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen, auch wenn sie der Kläger ggf. den Zusendungen aus Krankenhäusern zugeordnet hat.
Dahinstehen kann ferner, ob der Kläger bei der Bearbeitung von Laboraufträgen zugunsten Privatversicherter nicht zumindest dann die grundlegenden vertragsärztlichen Pflichten (z.B. persönliche Leistungserbringung) beachten musste, wenn die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a i.V.m. § 314 SGB V und nach § 257 Abs. 2a i.V.m. § 315 SGB V sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und dem Notlagentarif nach § 153 VAG Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sichergestellt werden sollte (so Hesral, in: JurisPraxisKommentar, SGB V, 2.A., § 75 Rd.).
II. Die von der Beklagten vorgenommene Honorarkürzung für die betroffenen Quartale ist rechtmäßig.
1. Der Kläger hat zumindest insoweit grob fahrlässig gehandelt, als er die Beschäftigung des Zeugen weder durch die KV (für die Zeit bis 30. September 2008) noch durch den Zulassungsausschuss (für die Zeit danach) genehmigen ließ. Der Umstand, dass der Kläger die Genehmigung eines Weiterbildungsassistenten als reine Formalie betrachtete, belegt, dass er die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung ebenso wie die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen die Erbringung vertragsärztlicher Leistungen erlaubenden Verwaltungsakt zu erwirken, in besonderem Maße verkannt und hierdurch gegen vertragsärztliche Pflichten grob fahrlässig verstoßen hat. Denselben Vorwurf muss der Kläger gegen sich gelten lassen, soweit er vorbringt, der Zeuge habe eigentlich nur im Bereich laborärztlicher Leistungen für stationäre Patienten eingesetzt werden sollen, ohne zugleich Vorkehrungen zu treffen, die dies in organisatorischer Hinsicht sicherstellen.
2. Indem der Kläger zumindest hinsichtlich einer Leistung je Quartal grob fahrlässig nicht berechnungsfähige Leistungen zur Abrechnung gebracht hat, ist die sog. Garantiewirkung seiner Abrechnungssammelerklärungen mit der Folge entfallen, dass die Beklagte das (vollständig) neu festzusetzende Quartal schätzen darf (Clemens, in: JurisPraxisKommentar, SGB V, 2.A., § 106a Rd. 234 m.w.N.).
3. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung, in welchem Umfang eine angemessene Honorarkürzung stattzufinden hat, ist nicht zu beanstanden.
a. Allerdings besteht bei Schätzungen kein der gerichtlichen Kontrolle entzogener Beurteilungsspielraum. Sie gehören zu den Tatsachenfeststellungen, für die die Tatsacheninstanzen ihrerseits zuständig sind. Das Gericht hat deshalb die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen. Die Verpflichtung zur eigenen Schätzung bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt. Sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthält, reicht es aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollzieht (BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6 RKa 86/95 –, juris).
b. Die bezüglich der Schätzung angestellten Erwägungen der Beklagten lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Beklagte hat zutreffend zu Gunsten des Klägers zugrunde gelegt, dass eine hälftige Aufteilung der abgerechneten Leistungen auf den Kläger und den Zeugen dem Ziel, diesem gerade Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der stationären Labordiagnostik zu vermitteln, widersprochen hätte. Andererseits war die Beklagte auch nicht gehalten, nur in dem Umfang eine Honorarkürzung vorzunehmen, der dem Anteil der vom Zeugen nach den Behauptungen des Klägers freigegebenen Befunde entsprach. Dies ließe unbeachtet, dass der Zeuge – wie vom Senat dargelegt – in mehrfacher Hinsicht vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt hat, die nicht unmittelbarer Bestandteil der abgerechneten GOP war (Anleitung und Beaufsichtigung von Praxispersonal, Konsil, Mitarbeit bei Qualitätskontrollen und der Erstellung eines Qualitätsmanagementhandbuchs). Aber auch eine Kürzung auf den Fachgruppendurchschnitt, die bei der rechtswidrigen Abrechnung von GOP naheliegt, scheidet bei der ungenehmigten Beschäftigung eines Arztes aus. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme der Beklagten, ein Viertel der abgerechneten Leistungen sei dem Zeugen zuzuordnen, nicht zu beanstanden. Sie greift die auch außerhalb des vertragszahnärztlichen Bereichs anwendbare Regelung in § 85 Abs. 4b Satz 4 SGB V auf, wonach bei Weiterbildungsassistenten im Regelfall nur ein Praxiszuwachs bis zu 25 % akzeptiert werden kann (BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 14/04 R –, juris). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechts-streites.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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