L 1 P 19/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 10 P 34/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 P 19/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Die Vergütung des Pflegesachverständigen H. für sein Gutachten vom 23. Dezember 2016 im Rechtsstreit L 1 P 19/14 wird auf 2.805,06 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Dipl.-Pflegewissenschaftler. Er hat aufgrund der Beweisanordnung des Senatsvorsitzenden vom 19. Oktober 2016 das Gutachten über den Umfang des Pflegebe-darfs des Klägers nach dem SGB XI vom 23. Dezember 2016 erstattet. Er hat Gesamtauf-wendungen i.H.v. 4.241,98 EUR geltend gemacht und seinen Gesamtzeitaufwand nach der Honorargruppe M 3 der Anlage 1 des JVEG (= 100 EUR/Stunde) angesetzt.

Der Bezirksrevisor bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat am 7. Februar 2017 die gerichtliche Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen gemäß § 4 JVEG beantragt. Er hat lediglich die Zuordnung der erbrachten Sachverständigenleistungen zur Honorargruppe M 3 nach § 9 JVEG gerügt. Der gewählte Stundenansatz sei zu beanstanden. Ein pflegewissenschaftliches Gutachten sei nicht mit einem medizinischen Gutachten gleichzu-setzen. Daher sei schon die Zuordnung zu den Honorargruppen M 1 bis M 3 ausgeschlossen. Angemessen sei die Zuordnung der erbrachten Sachverständigenleistung zur Honorargruppe 1 (= 65 EUR/Stunde). Es werde die Festsetzung der Vergütung i.H.v. 2.343,90 zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 445,34 EUR (= 2.789,24 EUR) beantragt.

Der Antragsteller hat eingewendet, angesichts der umfangreichen Aktenlage, dem langen Zeitraum, der teils widersprüchlichen Angaben des Klägers sowie den notwendigen Stel-lungnahmen und Schlussfolgerungen zu den gesundheitlichen Einschränkungen nehme er einen überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad an. Daher sei er von der üblicherweise beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt für Pflegegutachten abgerechneten Vergütungsgruppe M 2 nach oben abgewichen. Ferner hat der Antragsteller Angaben zu dem Zeitaufwand für die Gutachtenserstattung gemacht.

Der Bezirksrevisor hat daraufhin erwidert, eine übliche Vergütung von Pflegegutachten beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt nach der Honorargruppe M 2 werde bestritten. Regel-mäßig erfolge aber wohl eine Vergütung nach der Honorargruppe M 1, die der Honorargruppe 1 entspreche.

Der Antragsteller hat daran festgehalten, dass er bislang alle erstatteten Pflegegutachten nach der Vergütungsgruppe M 2 abgerechnet habe. Er nochmals auf den überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad für die Beantwortung der Beweisfragen hingewiesen.

II.

1.a.

Der Antrag des Antragsgegners auf gerichtliche Festsetzung der Vergütung des Antragstellers ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG zulässig.

b.

Zuständig für die gerichtliche Festsetzung ist nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG der Senatsvorsit-zende, der zugleich der Berichterstatter in dem Hauptsacheverfahren gewesen ist. Eine Übertragung auf den Senat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG ist nicht erfolgt, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und auch keine grundsätzliche Bedeutung hat.

2.

Der Antrag des Antragsgegners auf gerichtliche Festsetzung der Vergütung des Antragstellers gemäß der Honorargruppe 1 nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG ist auch begründet.

Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung u.a. ein Honorar für ihre Leistungen. Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG.

Der Antragsgegner hat für seine Abrechnung auf die Honorargruppe M 3 abgestellt. Die Honorargruppen M 1 bis M 3 sind allerdings nur für medizinische Gutachten vorgesehen. Dies ergibt sich eindeutig aus der entsprechenden Überschrift der Anlage 1 "Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten". Hier hat der Antragsgegner weder ein medizinisches noch ein psychologisches Gutachten erstattet. Vielmehr handelte es sich um ein Gutachten im Hinblick auf den Umfang der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI.

Da die Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI keine eigene Honorargruppe enthält, ist das Honorar nach § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG zu bestimmen. Danach ist die Entschädigung unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze der Honorargruppe nach billigem Ermessen zuzuordnen.

Hier ist eine Zuordnung zur Honorargruppe 1 vorzunehmen und gerechtfertigt. Diese entspricht der Höhe der Vergütung nach der Honorargruppe M 1. Darunter werden einfache ärztliche gutachterliche Beurteilungen insbesondere in Gebührenrechtsfragen, zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung, zur Haft-, Verhandlungs- oder Vernehmungsfähigkeit oder zur Verlängerung einer Betreuung gefasst. Die Einstufung eines ärztlichen Gutachtens in die Honorargruppe M 2 setzt hingegen eine beschreibende Begut-achtung des Ist-Zustands nach standardisiertem Schema, ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge, mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnitt-lichem Schwierigkeitsgrad voraus. Die Honorargruppe M 3 ist nur für ärztliche Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad vorgesehen, etwa für spezielle Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostische Probleme und/oder Beurteilung einer Prognose und/oder strittige Kausalitätsfragen.

Vom Schwierigkeitsgrad entspricht das vorgelegte Gutachten der Honorargruppe M 1. Die Beweisanordnung vom 19. Oktober 2016 enthält einen standardisierten, einfachen Fragen-katalog zur Ermittlung der Pflegestufe nach dem SGB XI, der keine besonderen Schwierig-keiten erkennen lässt (so auch: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2008, L 4 P 35/07, nicht veröffentlicht). Die Beweisfragen orientieren sich vielmehr ausschließlich an den gesetzlichen Vorgaben des SGB XI für die Bestimmung des Grund-pflegebedarfs. Eine Prognose hinsichtlich der künftigen Entwicklung des Gesundheitszustands war nicht gefordert.

Eine höhere Einstufung entsprechend der Honorargruppen M 2 oder M 3 ist hier nicht angebracht. Die umfangreiche Aktenlage und der lange Beurteilungszeitraum führen nicht dazu, dass dies den Schwierigkeitsgrad des Gutachtens in fachlicher Hinsicht entscheidend erhöht hätte. Diese Umstände werden vielmehr durch den von dem Antragsteller in Rechnung gestellten Zeitansatz für Aktenstudium und Ausarbeitung in vollem Umfang berücksichtigt.

Auch der Einwand, wegen teils widersprüchlicher Angaben des Klägers sowie den notwendi-gen Stellungnahmen und Schlussfolgerungen zu den gesundheitlichen Einschränkungen habe ein überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad vorgelegen, überzeugt nicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass in Gerichtsverfahren über die Pflegestufe nach dem SGB XI regelmäßig die Angaben zum Betreuungsbedarf von den tatsächlichen Umständen abweichen. Die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers sind zwar insgesamt stark ausgeprägt. Dies hat jedoch nicht dazu geführt, dass die geforderte Ermittlung des Grundpflegebedarfs deshalb wesentlich erschwert gewesen wäre. Der Gutachter hat anlässlich der Durchführung des Hausbesuchs und nach Vorsprache beim Arbeitgeber den Hilfebedarf für die einzelnen Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität bestimmen können. Soweit für die zwei von ihm laut Beweisanordnung geforderten Besuche ein höherer Zeitaufwand als üblich angefallen ist, wird dies ebenfalls durch den von dem Antragsteller abgerechneten Zeitaufwand uneingeschränkt berücksichtigt.

Ferner zu berücksichtigen, dass bei der Zuordnung zur Honorartruppe M 1 - zu Gunsten des Antragsgegners - die Gleichstellung der außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze seiner Berufsgruppe mit denen von Ärzten angenommen wird.

Dem Argument des Antragsgegners, frühere Gutachten seien regelmäßig nach der Honorar-gruppe M 2 abgerechnet worden, ist nicht weiter nachzugehen. Ein Rechtsanspruch auf eine höhere Vergütung allein aufgrund von früheren Gepflogenheiten besteht nicht.

3.

Da der Antragsteller keine Einwände hinsichtlich der Abrechnung des Gutachtens in zeitlicher Hinsicht erhoben hat, bestand kein Anlass zu weiteren Ermittlungen. Ausgehend von den abgerechneten Stunden ergibt sich folgender Vergütungsanspruch: Zeitaufwand 30 Std. je 65 EUR = 1.950 EUR; Zwei Tagesfahrkarten = 15 EUR; Zwei Hausbesuche 4,5 Std. je 65 EUR = 292,50 EUR; Schreibauslagen = 86,40 EUR; Porto = 13,29 EUR; Umsatzsteuer = 447,87 EUR; Gesamt: = 2.805,06 EUR

4.

Das Verfahren ist nach § 4 Abs. 8 JVEG gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).

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Rechtskraft
Aus
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