Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 507/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4352/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. September 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Die 1953 geborene Klägerin ist italienische Staatsangehörige und stammt aus S ... 1969 siedelte sie mit ihrem Ehemann in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) über. Sie ist Mutter zweier Kinder und vierfache G.mutter. In Italien wurde sie zur Schneiderin ausgebildet. In der BRD arbeitete sie zuletzt als Maschinenbedienerin. Nach 2014 erkrankte sie arbeitsunfähig, mittlerweile bezieht sie Arbeitslosengeld. Sie beabsichtigt, im laufenden Kalenderjahr Rente wegen Alters zu beantragen.
Bei ihr war zuletzt mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 5. August 2010 der GdB mit 30 seit 3. März 2010 festgestellt worden. Dem lag die Einschätzung des Vertragsarztes D. von Juli 2010 zugrunde, wonach ein Fibromyalgiesyndrom sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen jeweils einen Einzel-GdB von 20 zur Folge hätten. Die Funktionsstörungen wegen der Krampfadern, der Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes und des Bronchialasthmas rechtfertigten indes jeweils lediglich Einzel-GdB von 10. Das deswegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) geführte Verfahren S 9 SB 4206/10 endete durch Klagerücknahme.
Wegen einer Fußoperation, Schmerzen aufgrund eines Bandscheibenvorfalls und Atembeschwerden stellte die Klägerin am 22. Mai 2013 einen Antrag auf Neufeststellung des GdB. Daraufhin zog das Landratsamt Ludwigsburg insbesondere den Entlassungsbericht von Prof. Dr. F., Chefarzt der Klinik für Endoprothetik, Allgemeine und Rheumaorthopädie der Orthopädischen Klinik Markgröningen vom 25. September 2012, bei, wonach beim stationären Aufenthalt der Klägerin ab 23. September 2012 eine Mittelfußarthrose rechts nach einer Arthrodese des Mittelfußes rechts diagnostiziert wurde. Bei der kernspintomographischen Untersuchung habe sich eine ausgeprägte und aktivierte deformierende Arthrose im Bereich des Tarsometatarsale D II sowie gering ausgeprägt im Bereich D III gezeigt. Daneben habe ein Hallux valgus imponiert.
Daraufhin bewertete die Versorgungsärztin Dr. W. in ihrer Stellungnahme von Juli 2013 nunmehr auch eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes und eine Funktionsstörung durch eine beidseitige Fußfehlform mit einem weiteren Einzel-GdB von 20, weshalb sie einen Gesamt-GdB von 40 als angemessen erachtete.
Daraufhin stellte das Landratsamt Ludwigsburg den GdB mit 40 seit 22. Mai 2013 fest. Der Widerspruch wurde durch das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Februar 2014 Klage beim SG erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei der Allgemeinmedizinerin Dr. M.-G. und dem Arzt für Orthopädie Dr. B. eingeholt hat, die im Mai und Juli 2014 vorgelegt worden sind.
Dr. M.-G. hat ausgeführt, die Klägerin sei seit 1996 regelmäßig in ihrer Behandlung. Die letzte Untersuchung habe Anfang Juli 2014 stattgefunden. Bei ihr lägen ein chronisches Zervikalsyndrom, Lymphödeme in beiden Beinen, ein Asthma bronchiale und ein Harnwegsinfekt vor. An Medikamenten seien ihr Celebrex, 200 mg, Omeprazol, 20 mg, Foster Dosieraerosol und Levofloxacin verordnet worden. Die Erkrankungen führten immer wieder zu längeren Fehlzeiten bei der Arbeit. Sie habe Probleme bei andauernder schwerer körperlicher Arbeit. Mit den Feststellungen des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten stimme sie überein. Die Behinderungen seien vollständig erfasst.
Dr. B. hat mitgeteilt, mit den vom versorgungsärztlichen Dienst vorgenommenen Beurteilungen des GdB für das orthopädische Fachgebiet stimme er an sich überein. Eine Bewertung der angeführten Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes könne er allerdings nicht vornehmen, da sich die Klägerin deswegen bei ihm nicht in Behandlung befunden habe. Sie habe ihn indes wegen einer Bursitis trochanterica, also einer Entzündung und Reizung des Schleimbeutels beziehungsweise der Sehnenansätze im linken Rollhügel, wiederholt in größeren Zeitabständen aufgesucht. Dieses Krankheitsbild müsse jedoch als vorübergehendes, rezidivierend auftretendes sowie jeweils gut und zügig zu behandelndes angesehen werden, so dass nicht von einem regelwidrigen Zustand von mehr als sechs Monaten Dauer auszugehen sei. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sowie beider Kniegelenke seien mittelgradig schwer. Die degenerativen Veränderungen an den Füßen seien, auch bei guter operativer Versorgung des rechten Fußes, als mittel- bis schwergradig einzuschätzen. Die fachfremden Krankheitsbilder der Adipositas und der Fibromyalgie seien ebenfalls als mittel- bis schwergradig zu definieren. Im Februar 2014 sei das Bewegungsausmaß der Halswirbelsäule in allen Bewegungsebenen schmerzhaft eingeschränkt gewesen, vor allem bei der Rotationsbewegung. Die Rotation rechts/links habe bis 30-0-30° vorgenommen werden können. Zudem sei eine teilfixierte Brustwirbelsäule bei Seitneigung und Reklination erkannt worden. Die Rumpfbeuge der Lendenwirbelsäule sei eingeschränkt gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 30 cm betragen. Sensomotorische Störungen an den oberen und unteren Extremitäten seien nicht festzustellen gewesen. Das Lasègue-Zeichen sei beidseits negativ gewesen. Bei vorliegender O-Bein-Stellung habe sich eine mäßige Schwellung und ein intraartikulärer Erguss im Bereich beider Kniegelenke gezeigt. Druck- und Bewegungsschmerzen seien über den medialen Gelenkspalten geäußert worden, geringer auch über den lateralen. Beidseits habe ein Patelladruck- und -verschiebeschmerz bestanden. Das Bewegungsausmaß beider Kniegelenke sei frei gewesen. Der Trizeps-, Bizeps-, Patella- und Achillessehnen- sowie der Radiusperiostreflex seien jeweils seitengleich auslösbar gewesen.
Mit Urteil vom 10. September 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. In den gesundheitlichen Verhältnissen, welche dem Bescheid vom 5. August 2010 zugrunde gelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung lediglich insoweit eingetreten, als der GdB mit 40 seit 22. Mai 2013 festzustellen gewesen sei, wie vom Beklagten bereits vorgenommen. Für ein fortbestehendes Fibromyalgiesyndrom ergäben sich aktuell keine Anhaltspunkte. Den von der Klägerin beklagten Lymphödemen hätten die sie behandelnden Ärzte in Bezug auf den GdB keine weitere Bedeutung beigemessen. Insgesamt erscheine ein Gesamt-GdB von 40 ausreichend.
Gegen die den Bevollmächtigten der Klägerin am 24. September 2015 zugestellte Entscheidung hat diese am 13. Oktober 2015 beim SG Berufung eingelegt.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Prof. Dr. B. mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt worden. Nach derer ambulanten Untersuchung am 16. Juni 2016 hat dieser ausgeführt, bei ihr lägen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Varikosis im Bereich beider Beine, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden, eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes, eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlformen, ein Bronchialasthma, eine essentielle Hypotonie sowie eine Adipositas permagna vor. Für das nervenärztliche Fachgebiet sei insbesondere die anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.40) zu erwähnen. Das von den Versorgungsärzten so bezeichnete Fibromyalgiesyndrom sollte in diese Gesundheitsstörung umbenannt werden. Die Hypotonie, welche wohl schon seit Jahrzehnten in Erscheinung getreten sei, sei analog zu einer orthostatischen Dysregulation nach ICD-10 mit I95.1 zu kodieren. Die orthopädischen Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen seien von dem Beklagten in zwei Kategorien eingeteilt worden, welche jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden seien. Diese Vorgehensweise sei unglücklich. Besser wäre es, die orthopädischen Erkrankungen insgesamt mit einem GdB von 30 zu bewerten. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung bedinge ihrerseits einen Einzel-GdB von 30. Unter Berücksichtigung der weiteren Einzel-GdB von 20 für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und die essentielle Hypotonie sei ein Gesamt-GdB von 50 erreicht.
Die Klägerin spreche die deutsche Sprache längst nicht perfekt, wenngleich sie schon seit vielen Jahren in der BRD lebe. Gleichwohl sei es uneingeschränkt möglich gewesen, mit ihr auch komplexere Zusammenhänge sprachlich zu erörtern. Die Anwesenheit einer dolmetschenden Person sei daher bei den gutachtlichen Erhebungen nicht notwendig gewesen. Nach dem Tagesablauf befragt, habe sie geäußert, in aller Regel morgens gegen 7 Uhr aufzustehen. Mit den danach anfallenden Haushaltsarbeiten sei sie etwa zwei Stunden beschäftigt. Diese Verrichtungen erledige sie nur langsam. Sie habe verschiedene Hobbys, gehe etwa spazieren. Außerdem tanze sie gerne, wenn sie einmal keine körperliche Schmerzen verspüre. Etwa einmal in der Woche gehe sie mit ihrem Mann zum Tanzen. Außerdem genieße sie regelmäßig Schwefelbäder. Sie habe viele Freunde. Die Klägerin wiege 76 kg, bei einer Größe von 1,54 m. Wegen ihrer Schmerzen greife sie bedarfsweise auf Ibuprofen, 600 mg zurück; nach eigenen Angaben einige Male in der Woche. Sie leide häufig unter Atemstörungen. Sie huste indes nur, wenn sie erkältet sei. Sie habe auch oft geschwollene Beine. Ihr sexuelles Interesse sei inzwischen deutlich vermindert. Mit ihrem Ehemann werde sie maximal einmal je Woche intim. Unter Schwindelerscheinungen leide sie hin und wieder, was sie auf ihren niedrigen Blutdruck zurückgeführt habe. Auffallend gewesen sei, dass sie bei den gutachtlichen Gesprächen häufig gelacht habe. Dabei habe sie stets betont, dass es ihr seelisch gut gehe. Hinsichtlich des Sozialkontaktes bestünden keine Einschränkungen. Psychomotorisch habe sie eher gelassen gewirkt. Der sonstige psychische Befund sei unauffällig gewesen. Bei der Klägerin sei bei der gutachterlichen Untersuchung eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung festgestellt worden. Hierunter seien andauernde, schwere und quälende Schmerzen zu verstehen, welche sich nicht allein durch physiologische Prozesse oder körperliche Störungen erklären ließen. Oftmals zeigten sich solche Beschwerden in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen. Solche seien bei der Klägerin, was ihre berufliche Entwicklung betreffe, zumindest zu vermuten. Die von ihr berichteten Schmerzen träten vielschichtig und chronifiziert in Erscheinung. Ihre Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit leide, wenngleich sie selbst davon gesprochen habe, dass es ihr psychisch gut gehe. Ihr sei es darum gegangen, ihre Beschwerden eher zu dissimulieren anstatt sie wahrhaben zu wollen. Er habe eine ausgeprägte Varikosis beider Beine, rechts mehr als links, festgestellt. Seitens der Klägerin sei überzeugend vorgetragen worden, dass gerade dadurch ihr Gehvermögen unverändert deutlich eingeschränkt sei. Die Hypotonie sei zwar nicht als Behinderung anerkannt. Die Schwindelerscheinungen, die sich daraus unter Umständen ableiten ließen, rechtfertigten jedoch einen GdB. Hierbei träte eine leichte Unsicherheit auf, wozu sie entsprechende Angaben gemacht habe. Hierfür sei ein GdB von 20 anzusetzen. Diese Gesundheitsstörung sei mittlerweile chronifiziert.
Im Berufungsverfahren ist weiter der Entlassungsbericht über das stationäre Heilverfahren der Klägerin in den m&i-Fachkliniken Hohenurach in Bad Urach vom 26. Januar bis 16. Februar 2016 beizogen worden. Dr. R. hat berichtet, es seien eine chronische Lumboischialgie rechts und Zervikalgien bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (ICD-10 M54.4) sowie eine s-förmige thorakolumbale Skoliose (ICD-10 M41.95) diagnostiziert worden. Des Weiteren habe ein Zustand nach einer Operation des Hallux valgus rechts (ICD-10 M20.1) vorgelegen. Bei der Aufnahmeuntersuchung sei ein Beckengeradstand festgestellt worden. Die Wirbelsäule habe eine s-förmige thorakolumbale Skoliose aufgewiesen. Es habe eine paravertebrale Kontraktur vorgelegen. Der Finger-Boden-Abstand habe 20 cm betragen. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/31 cm und 10/18 cm gemessen worden. Die Seitneigung rechts/links habe 30-0-35 Grad betragen. An den oberen Extremitäten seien inspektorisch und palpatorisch keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen festgestellt worden. Die funktionelle Beweglichkeit der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke sei jeweils aktiv und passiv in allen Ebenen im altersphysiologischen Normbereich und schmerzlos gewesen. An den unteren Extremitäten habe sich inspektorisch und palpatorisch keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen gezeigt. Der Muskelstatus und die Beinmodellierung seien seitengleich ausgeprägt gewesen. Fixierte Fußdeformitäten hätten nicht bestanden. Die aktive und passive Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke sei jeweils schmerzlos gewesen und habe innerhalb der Altersnorm gelegen. Es hätten keine Fähigkeitsstörungen oder Aktivitätsbeeinträchtigungen vorgelegen. Bei der Abschlussuntersuchung habe sich die Klägerin über einen insgesamt guten Therapieerfolg erfreut. Sie sei deutlich kräftiger, mobiler und leistungsfähiger geworden. An zurücklegbarer Gehstrecke habe sie 3 km ohne Pause angegeben. Die Schmerzen hätten sich gebessert. Treppensteigen sei ihr möglich gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 13 cm betragen. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm und 10/17 cm gemessen worden. Die Klägerin habe immer noch Lumboischialgien, rechts mehr als links, angegeben. Die Medikation bei Entlassung habe aus Omeprazol, 20 mg (1-0-0), Foster, 100/6 (1-0-1), Remifemin plus (1-0-0), Cliovelle, 1/0,5 (0-0-1) und Ibuprofen, 600 mg (1-1-1) bestanden.
Die Klägerin, welche den Bericht des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. B. von März 2016 vorgelegt hat, trägt im Wesentlichen vor, nicht zuletzt durch das Gutachten von Prof. Dr. B. sei ein GdB von 50 begründet. Ohnehin sei die Wirbelsäulenproblematik allein mit einem GdB von 30 zu bewerten. Dr. B. habe eine "Lumbo Coxalgie" beschrieben, welche sich auf den dritten Abschnitt der Wirbelsäule auswirke. Daher sei von mittelgradigen bis schweren funktionalen Auswirkungen in drei Wirbelsäulenabschnitten auszugehen. Nicht berücksichtigt worden seien bislang die Lymphödeme in beiden Beinen. Diese hätten dazu geführt, dass sie sich häufig einer Lymphdrainage unterziehen müsse sowie unter erheblichen Beschwerden und Schmerzen leide. Der sie behandelnde Facharzt für Innere Medizin Dr. B. habe die bei ihr vorhandene Fibromyalgie bestätigt. Er habe dargestellt, dass sie eine schmerzgeplagte Patientin sei, bei der die medikamentöse Behandlung wenig helfe. Er habe vorgeschlagen, eine orthopädische und physikalische Therapie durchzuführen sowie nur die Schmerzspitzen tagsüber und nachts zu nehmen. Von der Einnahme von Tilidin habe er abgeraten, da dieses Medikament Suchtpotential habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. September 2015 und teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2014 den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 5. August 2010 den Grad der Behinderung mit 50 ab 22. Mai 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. von Oktober 2016, im Wesentlichen vor, medizinisch-realistisch sei lediglich ein Gesamt-GdB von 20 wegen des Fibromyalgiesyndroms beziehungsweise der somatoformen Schmerzstörung und der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, des Bandscheibenschadens und der Wirbelsäulenverformung, die ihrerseits jeweils einen Einzel-GdB von 20 rechtfertigten, begründet. Die von Dr. B. beschriebenen Schmerzen der Klägerin am ganzen Körper seien bereits im Rahmen des Fibromyalgiesyndroms abgebildet. Die Röntgenuntersuchung der Hände und Vorfüße habe gezeigt, dass keine entzündlich-rheumatische Erkrankung vorliege, jedoch Degenerationen in Form einer Arthrose der G.zehengrund- sowie der Daumensattelgelenke. Der von Prof. Dr. B. angenommene GdB von 30 für die somatoforme Schmerzstörung sei nicht durch einen hinreichenden Befund belegt. Auch spreche die bei der Klägerin noch erhaltene Tagesstruktur gegen einen GdB in dieser Höhe. In der allgemeinen Anamnese sei eine bedarfsweise Einnahme von Schmerzmitteln in niedriger Dosierung, etwa Ibuprofen, 600 mg, angegeben worden. Nach dem psychopathologischen Befund habe sich kein Hinweis auf eine Affektlabilität gezeigt. Die Klägerin habe angegeben, dass es ihr seelisch gut gehe. Ein Hinweis auf eine depressive Symptomatik habe sich nicht gefunden. Es habe lediglich subjektiv ein leicht verminderter Antrieb vorgelegen. In der Persönlichkeitsstruktur sei sie als freundlich, gesellig und als oft lachend beschrieben worden. Für den Bereich des sozialen Umfeldes seien keine Einschränkungen angegeben worden. Die Selbstbeurteilungsskalen sprächen eindeutig gegen eine depressive Erkrankung. Ohnehin seien Überschneidungen zum orthopädischen Fachgebiet zu beachten. Der von Prof. Dr. B. angenommene GdB von 30 entspreche nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in allen Lebensbereichen, was sich aus dem Gutachten nicht ableiten lasse. Der Alltag werde bewältigt, zudem seien das psychosoziale Umfeld intakt. Daneben übe die Klägerin Hobbys aus. Während des stationären Heilverfahrens in den Fachkliniken Hohenurach sei nach dem internistischen Aufnahmebefund keine maßgebliche Krampfaderbildung beschrieben worden, auch kein postthrombotisches Syndrom oder Ödeme. Der neurologische Aufnahmebefund inklusive der Psyche sei unauffällig gewesen. Nervenwurzelreizerscheinungen seien nicht erkannt worden. So sei das Lasègue-Zeichen beidseits negativ gewesen. Nach dem allgemeinen psychischen Befund habe eine ausgeglichene Stimmungslage vorgelegen. Eine Antriebsminderung sei nicht festzustellen gewesen. Ein GdB von 20 sei maximal bemessen und decke auch eventuelle Schmerzsensationen ausreichend ab. Insgesamt sei lediglich von einem Gesamt-GdB von 20 auszugehen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der SG-Akte S 9 SB 4206/10, sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht beim SG (§ 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit 50 ab 22. Mai 2013 verfolgt worden ist. Die Klägerin hat ab diesem Datum keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Juli 2013 bereits zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch der Klägerin auf Neufeststellung des GdB mit 50 ab 22. Mai 2013 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 5. August 2010 zugrunde lag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 26. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2014 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage an sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34); mangels Durchführung einer solchen ist indes derjenige der Entscheidung maßgebend.
Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4). Bei dem Bescheid vom 5. August 2010 über die Feststellung des GdB mit 30 seit 3. März 2010 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist indes keine wesentliche Änderung eingetreten.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin nach dem 21. Mai 2013 keinesfalls einen höheren GdB als 40 begründen, wie er vom Beklagten mit Bescheid vom 26. Juli 2013 festgestellt wurde.
Die bei der Klägerin wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" einen Teil-GdB von 20, in Bezug auf "Arme" und "Beine" jeweils keinen in messbarem Grad.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung G.er Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Bei der Klägerin sind entgegen ihrer Behauptung allenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt nachgewiesen. Nach der Auskunft des sachverständigen Zeugen Dr. B. sind wegen der schmerzbedingten Einschränkung bei der zu ihren Gunsten zugrunde gelegten Rotationsbewegung in Mittelstellung (Rotation rechts/links: 30-0-30°; Referenzwert: 80-0-80°, vgl. hierzu und zu den folgenden Daten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.) für den Bereich der Halswirbelsäule zwar mittelgradige funktionelle Auswirkungen objektiviert. Für den Bereich der Brustwirbelsäule hat Dr. B. indes lediglich einen Druckschmerz beidseits beschrieben, bei nur teilfixierter Wirbelsäule in diesem Bereich bei der Seitneigung und der Reklination. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule ist eine Einschränkung benannt worden, ohne dass eine zumindest mittelgradige Funktionseinschränkung durch Befunde nachgewiesen ist. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, bei einer Untersuchung habe Dr. B. eine "Lumbo Coxalgie" erwähnt, bestehen seitens des Senats Zweifel hieran, da es sich hierbei um keinen medizinischen Fachbegriff handelt. Ohnehin wird diese in dessen gegenüber dem SG abgegebenen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht erwähnt. Im Ergebnis hat Dr. B. auch die Einschätzung der Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit einem GdB 20 durch den Beklagten geteilt. Bei lediglich mittelgradigen funktionellen Einschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt und allenfalls objektivierten geringgradigen funktionellen Auswirkungen in den Bereichen der Brust- und Lendenwirbelsäule ist ein Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" selbst dann noch nicht erreicht, wenn es wegen der von Dr. B. beschriebenen Foramenstenose zu intermittierenden Störungen gekommen wäre, was zusätzlich Berücksichtigung fände, jedoch von ihm so nicht beschrieben worden ist. Damit in Einklang stehen die nach Durchführung des stationären Heilverfahrens in den Fachkliniken Hohenurach erhobenen Befunde bei der Abschlussuntersuchung Mitte Februar 2016. Die Klägerin litt zwar weiterhin an einer s-förmigen thorakolumbalen Skoliose und führte immer noch Lumboischialgien, rechts mehr als links, an. An zurücklegbarer Gehstrecke gab sie aber immerhin 3 km ohne Pause an. Zudem war ihr Treppensteigen möglich. Der Finger-Boden-Abstand betrug 13 cm. Die Zeichen nach Ott und Schober wurden mit 30/32 cm und 10/17 cm gemessen. Zum Funktionssystem "Rumpf" zählt zwar noch die Hüfte. Hieraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen führte indes bereits Dr. B. nicht an. Bei der Aufnahmeuntersuchung in den Fachkliniken Hohenurach war die aktive und passive Beweglichkeit der Hüftgelenke schmerzlos und lag im Bereich der Altersnorm.
Außergewöhnliche Schmerzen, welche geeignet wären, den GdB zu erhöhen (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j), sind nicht objektiviert. Die bei der Klägerin vorhandenen Schmerzen sind nach der Auskunft der sachverständigen Zeugin Dr. M.-G. bislang dauerhaft nur mit dem entzündungshemmenden Schmerzmittel Celebrex, 200 mg behandelt worden. Ibuprofen, 600 mg nimmt sie lediglich bedarfsweise ein, wie sie gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. kundtat. Dr. B. führte ausweislich seines Berichtes von März 2016 bislang lediglich eine orthopädische und physikalische Therapie durch. Der Einsatz von weiteren Schmerzmitteln wurde zwar verschiedentlich versucht. Die Einnahme von Lyrica, 25 bis 75 mg, zweimal täglich und die zeitlich beschränkte Anwendung von Tilidin, 50 mg, zweimal täglich ist darüber hinaus bloß überlegt, aber noch nicht verordnet worden. Es ist damit belegt, dass die Klägerin bislang weder auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen hat noch gar eine stationäre Schmerztherapie zum Einsatz gekommen ist. Daher sind lediglich üblicherweise mit den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen vorhandene Schmerzen objektiviert. Diese sind bereits in den in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätzen mit eingeschlossen, selbst wenn es sich um erfahrungsgemäß besonders schmerzhaft Zustände handelt, weshalb sich hierdurch der Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" nicht erhöht.
Entzündlich-rheumatische Krankheiten, wofür die VG in Teil B, Nr. 18.2.1 eine GdB-Tabelle vorsehen, liegen bei der Klägerin nicht vor, wie auch Dr. B. im März 2016 bestätigte. Die bei der Klägerin durchgeführten röntgenologischen Untersuchungen der Hände und Vorfüße haben gezeigt, dass keine entzündlich-rheumatische Erkrankung vorliegt, sondern Degenerationen in Form einer Arthrose der Großzehengrund- und der Daumensattelgelenke, welche indes noch nicht mit maßgeblichen Funktionsbehinderungen einhergehen. Ab dem streitgegenständlichen Antrag auf Neufeststellung des GdB vom 22. Mai 2013 ist der Nachweis für eine Fibromyalgie (VG, Teil B, Nr. 18.4) ebenfalls nicht erbracht. Dr. M.-G. führt in ihrer sachverständigen Zeugenaussage bei den Gesundheitsstörungen, an welchen die Klägerin leidet, bereits kein Fibromyalgiesyndrom an. Dr. B. nennt zwar aktuell noch diese Diagnose, führt allerdings keine damit einhergehenden maßgeblichen Beeinträchtigungen an, weshalb keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass deswegen immer noch für den GdB relevante Funktionsstörungen vorhanden sind. Auch Prof. Dr. B. sah es nicht als gerechtfertigt an, neben einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ein Fibromyalgiesyndrom aufzulisten, sondern stattdessen.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach haben die Funktionssysteme "Arme" (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.13) und "Beine" (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14) jeweils keinen Teil-GdB im messbaren Bereich zur Folge. Nach den Untersuchungen während des stationären Heilverfahrens in den Fachkliniken Hohenurach wurde an den oberen Extremitäten inspektorisch und palpatorisch keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen festgestellt. Die jeweilige funktionelle Beweglichkeit der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke war aktiv und passiv in allen Ebenen in einem altersphysiologischen Normbereich und schmerzlos. An den unteren Extremitäten zeigten sich inspektorisch und palpatorisch ebenfalls keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen. Der Muskelstatus und die Beinmodellierung waren seitengleich ausgeprägt. Fixierte Fußdeformitäten bestanden nicht. Die jeweilige aktive und passive Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke war schmerzlos und lag im Bereich der Altersnorm. Es lagen keine Fähigkeitsstörungen oder Aktivitätsbeeinträchtigungen vor. Selbst der Zustand nach der von Prof. Dr. F. im September 2012 festgestellten Mittelfußarthrose rechts nach einer Arthrodese und nach der Operation des Hallux valgus rechts sowie die von Dr. B. beschriebenen Formveränderungen an den Füßen mit dadurch bedingter statischer Veränderung haben somit bislang noch nicht zu für den GdB relevanten Funktionsbehinderungen geführt.
Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat keinen höheren Teil-GdB als 10 zur Folge.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der Erkrankung der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Funktionsstörungen keinen höheren GdB als 10; einen höheren als 20 bereits deshalb nicht, da eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht objektiviert ist. Trotz der von Prof. Dr. B. diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10-GM-2016 F45.40) lachte sie bei den gutachtlichen Untersuchungen auffallend häufig, so dass eine ausreichende affektive Schwingungsfähigkeit belegt ist. Sie betonte, dass es ihr seelisch gut geht. Psychomotorisch wirkte sie eher gelassen. Der sonstige psychische Befund war unauffällig. Hierzu passt ihre erhaltene Tagesstruktur. Sie steht regelmäßig gegen 7 Uhr auf und erledigt, wenn auch langsam, über zwei Stunden hinweg die anfallenden Haushaltsarbeiten. Sie unterhält Hobbys wie Spaziergänge und, trotz der angeblichen Schmerzen, einmal wöchentlich Tanzen. Eine Beeinträchtigung der sozialen Kontakte, familiär oder außerfamiliär, ließ sich nicht objektivieren. Die Beziehungen zu ihrem Ehemann, mit dem sie immer noch einmal wöchentlich intim ist, ihren beiden Kindern und ihren vier Enkelkindern sind ungestört. Sie berichtete, viele Freunde zu haben. Hieraus abzuleiten, dass die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit leide, wie dies Prof. Dr. B. vorgenommen hat, ist nicht nachvollziehbar. Seine Vermutung, der Klägerin sei es darum gegangen, die Beschwerden zu dissimulieren anstatt sie wahrhaben zu wollen, ist durch nichts untermauert. Dass die Klägerin wegen ihrer Herkunft nicht vermochte, ihre Beeinträchtigungen hinreichend zum Ausdruck zu bringen, schließt der Senat aus. Denn Prof. Dr. B. erlebte die Klägerin zwar so, dass sie die deutsche Sprache längst nicht perfekt spricht, obwohl sie schon seit Ende der 1960er Jahre in der BRD lebt. Gleichwohl war es nach seinen Ausführungen uneingeschränkt möglich, mit ihr selbst komplexere Zusammenhänge sprachlich zu erörtern. Die Anwesenheit einer dolmetschenden Person bei den gutachtlichen Erhebungen hielt er nicht für notwendig. Dass die Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet allenfalls eine leichtgradige Funktionsstörung zur Folge hat, zeigt sich auch daran, dass bei der Aufnahmeuntersuchung in den Fachkliniken Hohenurach Ende Januar 2016 der allgemeine psychische Befund eine ausgeglichene Stimmungslage beinhaltete. Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist daher mit keinem höheren Teil-GdB als 10 zu bewerten, welcher im mittleren Bereich des vorliegend eröffneten GdB-Rahmens liegt.
Das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" erreicht ebenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdB ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Das Vorhandensein von Lymphödemen an beiden Beinen wurde zwar durch Dr. M.-G. bestätigt. Aus ihrer sachverständigen Zeugenaussage ergibt sich indes kein Hinweis darauf, dass diese mit einer stärkeren Umfangsvermehrung von mehr als 3 cm und damit einhergehenden Funktionseinschränkungen verbunden sind, woraus sich erst ein Teil-GdB von wenigstens 20 für das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" begründen ließe (VG, Teil B, Nr. 9.2.3). Mit den Krampfadern zusammenhängende Einschränkungen sind nicht mehr beschrieben worden. In den internistischen Aufnahmebefund der Fachkliniken Hohenurach wurde ebenfalls keine maßgebliche Krampfaderbildung aufgenommen. Ein höherer Teil-GdB als 10 ist für dieses Funktionssystem daher nicht begründbar.
Auch sonst sind insbesondere mit dem Bronchialasthma, welches mit einem Dosieraerosol behandelt wird, der essentiellen Hypotonie und des Reizdarmes keine Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Nach den VG, Teil B, Nr. 15.3 bedingt überdies eine Adipositas allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden, insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat, können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna, wie sie Prof. Dr. B. angenommen hat. Mangels solcher Folge- und Begleitschäden ist vorliegend auch hieraus kein maßgeblicher GdB ableitbar.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin der Gesamt-GdB aus dem Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" zu bilden und erreicht daher nach dem 21. Mai 2013 lediglich 20. Damit ist nicht einmal der bereits vom Beklagten festgestellte GdB von 40 begründet. Der von Prof. Dr. B. befürwortete GdB von 50 ist bei Weitem nicht mittels objektiver Befunde belegbar. Darüber hinaus hat er für das orthopädische Fachgebiet und daher ohnehin fachfremd, in jedem Fall aber entgegen den VG, Teil A, Nr. 2 e Teil-GdB-Werte für jede der angenommenen Krankheiten vorgeschlagen und nicht nach Funktionssystemen differenziert. Die Aufhebung der Feststellung des GdB ist dem Gericht wegen des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG) verankerten Verbots der reformatio in peius, wonach eine Rechtsmittelführenden gegenüber ergangene Verwaltungsentscheidung auch im Berufungsverfahren nicht zu ihren Ungunsten abgeändert werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 1956 - 10 RV 75/55 -, BSGE 2, 225 (228 f.)), indes verwehrt.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Die 1953 geborene Klägerin ist italienische Staatsangehörige und stammt aus S ... 1969 siedelte sie mit ihrem Ehemann in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) über. Sie ist Mutter zweier Kinder und vierfache G.mutter. In Italien wurde sie zur Schneiderin ausgebildet. In der BRD arbeitete sie zuletzt als Maschinenbedienerin. Nach 2014 erkrankte sie arbeitsunfähig, mittlerweile bezieht sie Arbeitslosengeld. Sie beabsichtigt, im laufenden Kalenderjahr Rente wegen Alters zu beantragen.
Bei ihr war zuletzt mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 5. August 2010 der GdB mit 30 seit 3. März 2010 festgestellt worden. Dem lag die Einschätzung des Vertragsarztes D. von Juli 2010 zugrunde, wonach ein Fibromyalgiesyndrom sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen jeweils einen Einzel-GdB von 20 zur Folge hätten. Die Funktionsstörungen wegen der Krampfadern, der Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes und des Bronchialasthmas rechtfertigten indes jeweils lediglich Einzel-GdB von 10. Das deswegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) geführte Verfahren S 9 SB 4206/10 endete durch Klagerücknahme.
Wegen einer Fußoperation, Schmerzen aufgrund eines Bandscheibenvorfalls und Atembeschwerden stellte die Klägerin am 22. Mai 2013 einen Antrag auf Neufeststellung des GdB. Daraufhin zog das Landratsamt Ludwigsburg insbesondere den Entlassungsbericht von Prof. Dr. F., Chefarzt der Klinik für Endoprothetik, Allgemeine und Rheumaorthopädie der Orthopädischen Klinik Markgröningen vom 25. September 2012, bei, wonach beim stationären Aufenthalt der Klägerin ab 23. September 2012 eine Mittelfußarthrose rechts nach einer Arthrodese des Mittelfußes rechts diagnostiziert wurde. Bei der kernspintomographischen Untersuchung habe sich eine ausgeprägte und aktivierte deformierende Arthrose im Bereich des Tarsometatarsale D II sowie gering ausgeprägt im Bereich D III gezeigt. Daneben habe ein Hallux valgus imponiert.
Daraufhin bewertete die Versorgungsärztin Dr. W. in ihrer Stellungnahme von Juli 2013 nunmehr auch eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes und eine Funktionsstörung durch eine beidseitige Fußfehlform mit einem weiteren Einzel-GdB von 20, weshalb sie einen Gesamt-GdB von 40 als angemessen erachtete.
Daraufhin stellte das Landratsamt Ludwigsburg den GdB mit 40 seit 22. Mai 2013 fest. Der Widerspruch wurde durch das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2014 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Februar 2014 Klage beim SG erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei der Allgemeinmedizinerin Dr. M.-G. und dem Arzt für Orthopädie Dr. B. eingeholt hat, die im Mai und Juli 2014 vorgelegt worden sind.
Dr. M.-G. hat ausgeführt, die Klägerin sei seit 1996 regelmäßig in ihrer Behandlung. Die letzte Untersuchung habe Anfang Juli 2014 stattgefunden. Bei ihr lägen ein chronisches Zervikalsyndrom, Lymphödeme in beiden Beinen, ein Asthma bronchiale und ein Harnwegsinfekt vor. An Medikamenten seien ihr Celebrex, 200 mg, Omeprazol, 20 mg, Foster Dosieraerosol und Levofloxacin verordnet worden. Die Erkrankungen führten immer wieder zu längeren Fehlzeiten bei der Arbeit. Sie habe Probleme bei andauernder schwerer körperlicher Arbeit. Mit den Feststellungen des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten stimme sie überein. Die Behinderungen seien vollständig erfasst.
Dr. B. hat mitgeteilt, mit den vom versorgungsärztlichen Dienst vorgenommenen Beurteilungen des GdB für das orthopädische Fachgebiet stimme er an sich überein. Eine Bewertung der angeführten Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes könne er allerdings nicht vornehmen, da sich die Klägerin deswegen bei ihm nicht in Behandlung befunden habe. Sie habe ihn indes wegen einer Bursitis trochanterica, also einer Entzündung und Reizung des Schleimbeutels beziehungsweise der Sehnenansätze im linken Rollhügel, wiederholt in größeren Zeitabständen aufgesucht. Dieses Krankheitsbild müsse jedoch als vorübergehendes, rezidivierend auftretendes sowie jeweils gut und zügig zu behandelndes angesehen werden, so dass nicht von einem regelwidrigen Zustand von mehr als sechs Monaten Dauer auszugehen sei. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sowie beider Kniegelenke seien mittelgradig schwer. Die degenerativen Veränderungen an den Füßen seien, auch bei guter operativer Versorgung des rechten Fußes, als mittel- bis schwergradig einzuschätzen. Die fachfremden Krankheitsbilder der Adipositas und der Fibromyalgie seien ebenfalls als mittel- bis schwergradig zu definieren. Im Februar 2014 sei das Bewegungsausmaß der Halswirbelsäule in allen Bewegungsebenen schmerzhaft eingeschränkt gewesen, vor allem bei der Rotationsbewegung. Die Rotation rechts/links habe bis 30-0-30° vorgenommen werden können. Zudem sei eine teilfixierte Brustwirbelsäule bei Seitneigung und Reklination erkannt worden. Die Rumpfbeuge der Lendenwirbelsäule sei eingeschränkt gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 30 cm betragen. Sensomotorische Störungen an den oberen und unteren Extremitäten seien nicht festzustellen gewesen. Das Lasègue-Zeichen sei beidseits negativ gewesen. Bei vorliegender O-Bein-Stellung habe sich eine mäßige Schwellung und ein intraartikulärer Erguss im Bereich beider Kniegelenke gezeigt. Druck- und Bewegungsschmerzen seien über den medialen Gelenkspalten geäußert worden, geringer auch über den lateralen. Beidseits habe ein Patelladruck- und -verschiebeschmerz bestanden. Das Bewegungsausmaß beider Kniegelenke sei frei gewesen. Der Trizeps-, Bizeps-, Patella- und Achillessehnen- sowie der Radiusperiostreflex seien jeweils seitengleich auslösbar gewesen.
Mit Urteil vom 10. September 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. In den gesundheitlichen Verhältnissen, welche dem Bescheid vom 5. August 2010 zugrunde gelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung lediglich insoweit eingetreten, als der GdB mit 40 seit 22. Mai 2013 festzustellen gewesen sei, wie vom Beklagten bereits vorgenommen. Für ein fortbestehendes Fibromyalgiesyndrom ergäben sich aktuell keine Anhaltspunkte. Den von der Klägerin beklagten Lymphödemen hätten die sie behandelnden Ärzte in Bezug auf den GdB keine weitere Bedeutung beigemessen. Insgesamt erscheine ein Gesamt-GdB von 40 ausreichend.
Gegen die den Bevollmächtigten der Klägerin am 24. September 2015 zugestellte Entscheidung hat diese am 13. Oktober 2015 beim SG Berufung eingelegt.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Prof. Dr. B. mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt worden. Nach derer ambulanten Untersuchung am 16. Juni 2016 hat dieser ausgeführt, bei ihr lägen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Varikosis im Bereich beider Beine, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden, eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenkes, eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlformen, ein Bronchialasthma, eine essentielle Hypotonie sowie eine Adipositas permagna vor. Für das nervenärztliche Fachgebiet sei insbesondere die anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.40) zu erwähnen. Das von den Versorgungsärzten so bezeichnete Fibromyalgiesyndrom sollte in diese Gesundheitsstörung umbenannt werden. Die Hypotonie, welche wohl schon seit Jahrzehnten in Erscheinung getreten sei, sei analog zu einer orthostatischen Dysregulation nach ICD-10 mit I95.1 zu kodieren. Die orthopädischen Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen seien von dem Beklagten in zwei Kategorien eingeteilt worden, welche jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden seien. Diese Vorgehensweise sei unglücklich. Besser wäre es, die orthopädischen Erkrankungen insgesamt mit einem GdB von 30 zu bewerten. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung bedinge ihrerseits einen Einzel-GdB von 30. Unter Berücksichtigung der weiteren Einzel-GdB von 20 für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und die essentielle Hypotonie sei ein Gesamt-GdB von 50 erreicht.
Die Klägerin spreche die deutsche Sprache längst nicht perfekt, wenngleich sie schon seit vielen Jahren in der BRD lebe. Gleichwohl sei es uneingeschränkt möglich gewesen, mit ihr auch komplexere Zusammenhänge sprachlich zu erörtern. Die Anwesenheit einer dolmetschenden Person sei daher bei den gutachtlichen Erhebungen nicht notwendig gewesen. Nach dem Tagesablauf befragt, habe sie geäußert, in aller Regel morgens gegen 7 Uhr aufzustehen. Mit den danach anfallenden Haushaltsarbeiten sei sie etwa zwei Stunden beschäftigt. Diese Verrichtungen erledige sie nur langsam. Sie habe verschiedene Hobbys, gehe etwa spazieren. Außerdem tanze sie gerne, wenn sie einmal keine körperliche Schmerzen verspüre. Etwa einmal in der Woche gehe sie mit ihrem Mann zum Tanzen. Außerdem genieße sie regelmäßig Schwefelbäder. Sie habe viele Freunde. Die Klägerin wiege 76 kg, bei einer Größe von 1,54 m. Wegen ihrer Schmerzen greife sie bedarfsweise auf Ibuprofen, 600 mg zurück; nach eigenen Angaben einige Male in der Woche. Sie leide häufig unter Atemstörungen. Sie huste indes nur, wenn sie erkältet sei. Sie habe auch oft geschwollene Beine. Ihr sexuelles Interesse sei inzwischen deutlich vermindert. Mit ihrem Ehemann werde sie maximal einmal je Woche intim. Unter Schwindelerscheinungen leide sie hin und wieder, was sie auf ihren niedrigen Blutdruck zurückgeführt habe. Auffallend gewesen sei, dass sie bei den gutachtlichen Gesprächen häufig gelacht habe. Dabei habe sie stets betont, dass es ihr seelisch gut gehe. Hinsichtlich des Sozialkontaktes bestünden keine Einschränkungen. Psychomotorisch habe sie eher gelassen gewirkt. Der sonstige psychische Befund sei unauffällig gewesen. Bei der Klägerin sei bei der gutachterlichen Untersuchung eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung festgestellt worden. Hierunter seien andauernde, schwere und quälende Schmerzen zu verstehen, welche sich nicht allein durch physiologische Prozesse oder körperliche Störungen erklären ließen. Oftmals zeigten sich solche Beschwerden in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen. Solche seien bei der Klägerin, was ihre berufliche Entwicklung betreffe, zumindest zu vermuten. Die von ihr berichteten Schmerzen träten vielschichtig und chronifiziert in Erscheinung. Ihre Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit leide, wenngleich sie selbst davon gesprochen habe, dass es ihr psychisch gut gehe. Ihr sei es darum gegangen, ihre Beschwerden eher zu dissimulieren anstatt sie wahrhaben zu wollen. Er habe eine ausgeprägte Varikosis beider Beine, rechts mehr als links, festgestellt. Seitens der Klägerin sei überzeugend vorgetragen worden, dass gerade dadurch ihr Gehvermögen unverändert deutlich eingeschränkt sei. Die Hypotonie sei zwar nicht als Behinderung anerkannt. Die Schwindelerscheinungen, die sich daraus unter Umständen ableiten ließen, rechtfertigten jedoch einen GdB. Hierbei träte eine leichte Unsicherheit auf, wozu sie entsprechende Angaben gemacht habe. Hierfür sei ein GdB von 20 anzusetzen. Diese Gesundheitsstörung sei mittlerweile chronifiziert.
Im Berufungsverfahren ist weiter der Entlassungsbericht über das stationäre Heilverfahren der Klägerin in den m&i-Fachkliniken Hohenurach in Bad Urach vom 26. Januar bis 16. Februar 2016 beizogen worden. Dr. R. hat berichtet, es seien eine chronische Lumboischialgie rechts und Zervikalgien bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (ICD-10 M54.4) sowie eine s-förmige thorakolumbale Skoliose (ICD-10 M41.95) diagnostiziert worden. Des Weiteren habe ein Zustand nach einer Operation des Hallux valgus rechts (ICD-10 M20.1) vorgelegen. Bei der Aufnahmeuntersuchung sei ein Beckengeradstand festgestellt worden. Die Wirbelsäule habe eine s-förmige thorakolumbale Skoliose aufgewiesen. Es habe eine paravertebrale Kontraktur vorgelegen. Der Finger-Boden-Abstand habe 20 cm betragen. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/31 cm und 10/18 cm gemessen worden. Die Seitneigung rechts/links habe 30-0-35 Grad betragen. An den oberen Extremitäten seien inspektorisch und palpatorisch keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen festgestellt worden. Die funktionelle Beweglichkeit der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke sei jeweils aktiv und passiv in allen Ebenen im altersphysiologischen Normbereich und schmerzlos gewesen. An den unteren Extremitäten habe sich inspektorisch und palpatorisch keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen gezeigt. Der Muskelstatus und die Beinmodellierung seien seitengleich ausgeprägt gewesen. Fixierte Fußdeformitäten hätten nicht bestanden. Die aktive und passive Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke sei jeweils schmerzlos gewesen und habe innerhalb der Altersnorm gelegen. Es hätten keine Fähigkeitsstörungen oder Aktivitätsbeeinträchtigungen vorgelegen. Bei der Abschlussuntersuchung habe sich die Klägerin über einen insgesamt guten Therapieerfolg erfreut. Sie sei deutlich kräftiger, mobiler und leistungsfähiger geworden. An zurücklegbarer Gehstrecke habe sie 3 km ohne Pause angegeben. Die Schmerzen hätten sich gebessert. Treppensteigen sei ihr möglich gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 13 cm betragen. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm und 10/17 cm gemessen worden. Die Klägerin habe immer noch Lumboischialgien, rechts mehr als links, angegeben. Die Medikation bei Entlassung habe aus Omeprazol, 20 mg (1-0-0), Foster, 100/6 (1-0-1), Remifemin plus (1-0-0), Cliovelle, 1/0,5 (0-0-1) und Ibuprofen, 600 mg (1-1-1) bestanden.
Die Klägerin, welche den Bericht des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. B. von März 2016 vorgelegt hat, trägt im Wesentlichen vor, nicht zuletzt durch das Gutachten von Prof. Dr. B. sei ein GdB von 50 begründet. Ohnehin sei die Wirbelsäulenproblematik allein mit einem GdB von 30 zu bewerten. Dr. B. habe eine "Lumbo Coxalgie" beschrieben, welche sich auf den dritten Abschnitt der Wirbelsäule auswirke. Daher sei von mittelgradigen bis schweren funktionalen Auswirkungen in drei Wirbelsäulenabschnitten auszugehen. Nicht berücksichtigt worden seien bislang die Lymphödeme in beiden Beinen. Diese hätten dazu geführt, dass sie sich häufig einer Lymphdrainage unterziehen müsse sowie unter erheblichen Beschwerden und Schmerzen leide. Der sie behandelnde Facharzt für Innere Medizin Dr. B. habe die bei ihr vorhandene Fibromyalgie bestätigt. Er habe dargestellt, dass sie eine schmerzgeplagte Patientin sei, bei der die medikamentöse Behandlung wenig helfe. Er habe vorgeschlagen, eine orthopädische und physikalische Therapie durchzuführen sowie nur die Schmerzspitzen tagsüber und nachts zu nehmen. Von der Einnahme von Tilidin habe er abgeraten, da dieses Medikament Suchtpotential habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. September 2015 und teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2014 den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 5. August 2010 den Grad der Behinderung mit 50 ab 22. Mai 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. von Oktober 2016, im Wesentlichen vor, medizinisch-realistisch sei lediglich ein Gesamt-GdB von 20 wegen des Fibromyalgiesyndroms beziehungsweise der somatoformen Schmerzstörung und der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, des Bandscheibenschadens und der Wirbelsäulenverformung, die ihrerseits jeweils einen Einzel-GdB von 20 rechtfertigten, begründet. Die von Dr. B. beschriebenen Schmerzen der Klägerin am ganzen Körper seien bereits im Rahmen des Fibromyalgiesyndroms abgebildet. Die Röntgenuntersuchung der Hände und Vorfüße habe gezeigt, dass keine entzündlich-rheumatische Erkrankung vorliege, jedoch Degenerationen in Form einer Arthrose der G.zehengrund- sowie der Daumensattelgelenke. Der von Prof. Dr. B. angenommene GdB von 30 für die somatoforme Schmerzstörung sei nicht durch einen hinreichenden Befund belegt. Auch spreche die bei der Klägerin noch erhaltene Tagesstruktur gegen einen GdB in dieser Höhe. In der allgemeinen Anamnese sei eine bedarfsweise Einnahme von Schmerzmitteln in niedriger Dosierung, etwa Ibuprofen, 600 mg, angegeben worden. Nach dem psychopathologischen Befund habe sich kein Hinweis auf eine Affektlabilität gezeigt. Die Klägerin habe angegeben, dass es ihr seelisch gut gehe. Ein Hinweis auf eine depressive Symptomatik habe sich nicht gefunden. Es habe lediglich subjektiv ein leicht verminderter Antrieb vorgelegen. In der Persönlichkeitsstruktur sei sie als freundlich, gesellig und als oft lachend beschrieben worden. Für den Bereich des sozialen Umfeldes seien keine Einschränkungen angegeben worden. Die Selbstbeurteilungsskalen sprächen eindeutig gegen eine depressive Erkrankung. Ohnehin seien Überschneidungen zum orthopädischen Fachgebiet zu beachten. Der von Prof. Dr. B. angenommene GdB von 30 entspreche nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit in allen Lebensbereichen, was sich aus dem Gutachten nicht ableiten lasse. Der Alltag werde bewältigt, zudem seien das psychosoziale Umfeld intakt. Daneben übe die Klägerin Hobbys aus. Während des stationären Heilverfahrens in den Fachkliniken Hohenurach sei nach dem internistischen Aufnahmebefund keine maßgebliche Krampfaderbildung beschrieben worden, auch kein postthrombotisches Syndrom oder Ödeme. Der neurologische Aufnahmebefund inklusive der Psyche sei unauffällig gewesen. Nervenwurzelreizerscheinungen seien nicht erkannt worden. So sei das Lasègue-Zeichen beidseits negativ gewesen. Nach dem allgemeinen psychischen Befund habe eine ausgeglichene Stimmungslage vorgelegen. Eine Antriebsminderung sei nicht festzustellen gewesen. Ein GdB von 20 sei maximal bemessen und decke auch eventuelle Schmerzsensationen ausreichend ab. Insgesamt sei lediglich von einem Gesamt-GdB von 20 auszugehen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der SG-Akte S 9 SB 4206/10, sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht beim SG (§ 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit 50 ab 22. Mai 2013 verfolgt worden ist. Die Klägerin hat ab diesem Datum keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Juli 2013 bereits zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch der Klägerin auf Neufeststellung des GdB mit 50 ab 22. Mai 2013 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 5. August 2010 zugrunde lag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 26. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2014 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage an sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34); mangels Durchführung einer solchen ist indes derjenige der Entscheidung maßgebend.
Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4). Bei dem Bescheid vom 5. August 2010 über die Feststellung des GdB mit 30 seit 3. März 2010 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist indes keine wesentliche Änderung eingetreten.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin nach dem 21. Mai 2013 keinesfalls einen höheren GdB als 40 begründen, wie er vom Beklagten mit Bescheid vom 26. Juli 2013 festgestellt wurde.
Die bei der Klägerin wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" einen Teil-GdB von 20, in Bezug auf "Arme" und "Beine" jeweils keinen in messbarem Grad.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung G.er Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Bei der Klägerin sind entgegen ihrer Behauptung allenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt nachgewiesen. Nach der Auskunft des sachverständigen Zeugen Dr. B. sind wegen der schmerzbedingten Einschränkung bei der zu ihren Gunsten zugrunde gelegten Rotationsbewegung in Mittelstellung (Rotation rechts/links: 30-0-30°; Referenzwert: 80-0-80°, vgl. hierzu und zu den folgenden Daten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.) für den Bereich der Halswirbelsäule zwar mittelgradige funktionelle Auswirkungen objektiviert. Für den Bereich der Brustwirbelsäule hat Dr. B. indes lediglich einen Druckschmerz beidseits beschrieben, bei nur teilfixierter Wirbelsäule in diesem Bereich bei der Seitneigung und der Reklination. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule ist eine Einschränkung benannt worden, ohne dass eine zumindest mittelgradige Funktionseinschränkung durch Befunde nachgewiesen ist. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, bei einer Untersuchung habe Dr. B. eine "Lumbo Coxalgie" erwähnt, bestehen seitens des Senats Zweifel hieran, da es sich hierbei um keinen medizinischen Fachbegriff handelt. Ohnehin wird diese in dessen gegenüber dem SG abgegebenen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht erwähnt. Im Ergebnis hat Dr. B. auch die Einschätzung der Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit einem GdB 20 durch den Beklagten geteilt. Bei lediglich mittelgradigen funktionellen Einschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt und allenfalls objektivierten geringgradigen funktionellen Auswirkungen in den Bereichen der Brust- und Lendenwirbelsäule ist ein Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" selbst dann noch nicht erreicht, wenn es wegen der von Dr. B. beschriebenen Foramenstenose zu intermittierenden Störungen gekommen wäre, was zusätzlich Berücksichtigung fände, jedoch von ihm so nicht beschrieben worden ist. Damit in Einklang stehen die nach Durchführung des stationären Heilverfahrens in den Fachkliniken Hohenurach erhobenen Befunde bei der Abschlussuntersuchung Mitte Februar 2016. Die Klägerin litt zwar weiterhin an einer s-förmigen thorakolumbalen Skoliose und führte immer noch Lumboischialgien, rechts mehr als links, an. An zurücklegbarer Gehstrecke gab sie aber immerhin 3 km ohne Pause an. Zudem war ihr Treppensteigen möglich. Der Finger-Boden-Abstand betrug 13 cm. Die Zeichen nach Ott und Schober wurden mit 30/32 cm und 10/17 cm gemessen. Zum Funktionssystem "Rumpf" zählt zwar noch die Hüfte. Hieraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen führte indes bereits Dr. B. nicht an. Bei der Aufnahmeuntersuchung in den Fachkliniken Hohenurach war die aktive und passive Beweglichkeit der Hüftgelenke schmerzlos und lag im Bereich der Altersnorm.
Außergewöhnliche Schmerzen, welche geeignet wären, den GdB zu erhöhen (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j), sind nicht objektiviert. Die bei der Klägerin vorhandenen Schmerzen sind nach der Auskunft der sachverständigen Zeugin Dr. M.-G. bislang dauerhaft nur mit dem entzündungshemmenden Schmerzmittel Celebrex, 200 mg behandelt worden. Ibuprofen, 600 mg nimmt sie lediglich bedarfsweise ein, wie sie gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. kundtat. Dr. B. führte ausweislich seines Berichtes von März 2016 bislang lediglich eine orthopädische und physikalische Therapie durch. Der Einsatz von weiteren Schmerzmitteln wurde zwar verschiedentlich versucht. Die Einnahme von Lyrica, 25 bis 75 mg, zweimal täglich und die zeitlich beschränkte Anwendung von Tilidin, 50 mg, zweimal täglich ist darüber hinaus bloß überlegt, aber noch nicht verordnet worden. Es ist damit belegt, dass die Klägerin bislang weder auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen hat noch gar eine stationäre Schmerztherapie zum Einsatz gekommen ist. Daher sind lediglich üblicherweise mit den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen vorhandene Schmerzen objektiviert. Diese sind bereits in den in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätzen mit eingeschlossen, selbst wenn es sich um erfahrungsgemäß besonders schmerzhaft Zustände handelt, weshalb sich hierdurch der Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" nicht erhöht.
Entzündlich-rheumatische Krankheiten, wofür die VG in Teil B, Nr. 18.2.1 eine GdB-Tabelle vorsehen, liegen bei der Klägerin nicht vor, wie auch Dr. B. im März 2016 bestätigte. Die bei der Klägerin durchgeführten röntgenologischen Untersuchungen der Hände und Vorfüße haben gezeigt, dass keine entzündlich-rheumatische Erkrankung vorliegt, sondern Degenerationen in Form einer Arthrose der Großzehengrund- und der Daumensattelgelenke, welche indes noch nicht mit maßgeblichen Funktionsbehinderungen einhergehen. Ab dem streitgegenständlichen Antrag auf Neufeststellung des GdB vom 22. Mai 2013 ist der Nachweis für eine Fibromyalgie (VG, Teil B, Nr. 18.4) ebenfalls nicht erbracht. Dr. M.-G. führt in ihrer sachverständigen Zeugenaussage bei den Gesundheitsstörungen, an welchen die Klägerin leidet, bereits kein Fibromyalgiesyndrom an. Dr. B. nennt zwar aktuell noch diese Diagnose, führt allerdings keine damit einhergehenden maßgeblichen Beeinträchtigungen an, weshalb keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass deswegen immer noch für den GdB relevante Funktionsstörungen vorhanden sind. Auch Prof. Dr. B. sah es nicht als gerechtfertigt an, neben einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ein Fibromyalgiesyndrom aufzulisten, sondern stattdessen.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach haben die Funktionssysteme "Arme" (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.13) und "Beine" (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14) jeweils keinen Teil-GdB im messbaren Bereich zur Folge. Nach den Untersuchungen während des stationären Heilverfahrens in den Fachkliniken Hohenurach wurde an den oberen Extremitäten inspektorisch und palpatorisch keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen festgestellt. Die jeweilige funktionelle Beweglichkeit der Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke war aktiv und passiv in allen Ebenen in einem altersphysiologischen Normbereich und schmerzlos. An den unteren Extremitäten zeigten sich inspektorisch und palpatorisch ebenfalls keine auffällige Schwellung, Ergussbildung, Rötung oder Druckschmerzen. Der Muskelstatus und die Beinmodellierung waren seitengleich ausgeprägt. Fixierte Fußdeformitäten bestanden nicht. Die jeweilige aktive und passive Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke war schmerzlos und lag im Bereich der Altersnorm. Es lagen keine Fähigkeitsstörungen oder Aktivitätsbeeinträchtigungen vor. Selbst der Zustand nach der von Prof. Dr. F. im September 2012 festgestellten Mittelfußarthrose rechts nach einer Arthrodese und nach der Operation des Hallux valgus rechts sowie die von Dr. B. beschriebenen Formveränderungen an den Füßen mit dadurch bedingter statischer Veränderung haben somit bislang noch nicht zu für den GdB relevanten Funktionsbehinderungen geführt.
Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat keinen höheren Teil-GdB als 10 zur Folge.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der Erkrankung der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Funktionsstörungen keinen höheren GdB als 10; einen höheren als 20 bereits deshalb nicht, da eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht objektiviert ist. Trotz der von Prof. Dr. B. diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10-GM-2016 F45.40) lachte sie bei den gutachtlichen Untersuchungen auffallend häufig, so dass eine ausreichende affektive Schwingungsfähigkeit belegt ist. Sie betonte, dass es ihr seelisch gut geht. Psychomotorisch wirkte sie eher gelassen. Der sonstige psychische Befund war unauffällig. Hierzu passt ihre erhaltene Tagesstruktur. Sie steht regelmäßig gegen 7 Uhr auf und erledigt, wenn auch langsam, über zwei Stunden hinweg die anfallenden Haushaltsarbeiten. Sie unterhält Hobbys wie Spaziergänge und, trotz der angeblichen Schmerzen, einmal wöchentlich Tanzen. Eine Beeinträchtigung der sozialen Kontakte, familiär oder außerfamiliär, ließ sich nicht objektivieren. Die Beziehungen zu ihrem Ehemann, mit dem sie immer noch einmal wöchentlich intim ist, ihren beiden Kindern und ihren vier Enkelkindern sind ungestört. Sie berichtete, viele Freunde zu haben. Hieraus abzuleiten, dass die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit leide, wie dies Prof. Dr. B. vorgenommen hat, ist nicht nachvollziehbar. Seine Vermutung, der Klägerin sei es darum gegangen, die Beschwerden zu dissimulieren anstatt sie wahrhaben zu wollen, ist durch nichts untermauert. Dass die Klägerin wegen ihrer Herkunft nicht vermochte, ihre Beeinträchtigungen hinreichend zum Ausdruck zu bringen, schließt der Senat aus. Denn Prof. Dr. B. erlebte die Klägerin zwar so, dass sie die deutsche Sprache längst nicht perfekt spricht, obwohl sie schon seit Ende der 1960er Jahre in der BRD lebt. Gleichwohl war es nach seinen Ausführungen uneingeschränkt möglich, mit ihr selbst komplexere Zusammenhänge sprachlich zu erörtern. Die Anwesenheit einer dolmetschenden Person bei den gutachtlichen Erhebungen hielt er nicht für notwendig. Dass die Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet allenfalls eine leichtgradige Funktionsstörung zur Folge hat, zeigt sich auch daran, dass bei der Aufnahmeuntersuchung in den Fachkliniken Hohenurach Ende Januar 2016 der allgemeine psychische Befund eine ausgeglichene Stimmungslage beinhaltete. Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist daher mit keinem höheren Teil-GdB als 10 zu bewerten, welcher im mittleren Bereich des vorliegend eröffneten GdB-Rahmens liegt.
Das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" erreicht ebenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdB ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Das Vorhandensein von Lymphödemen an beiden Beinen wurde zwar durch Dr. M.-G. bestätigt. Aus ihrer sachverständigen Zeugenaussage ergibt sich indes kein Hinweis darauf, dass diese mit einer stärkeren Umfangsvermehrung von mehr als 3 cm und damit einhergehenden Funktionseinschränkungen verbunden sind, woraus sich erst ein Teil-GdB von wenigstens 20 für das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" begründen ließe (VG, Teil B, Nr. 9.2.3). Mit den Krampfadern zusammenhängende Einschränkungen sind nicht mehr beschrieben worden. In den internistischen Aufnahmebefund der Fachkliniken Hohenurach wurde ebenfalls keine maßgebliche Krampfaderbildung aufgenommen. Ein höherer Teil-GdB als 10 ist für dieses Funktionssystem daher nicht begründbar.
Auch sonst sind insbesondere mit dem Bronchialasthma, welches mit einem Dosieraerosol behandelt wird, der essentiellen Hypotonie und des Reizdarmes keine Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Nach den VG, Teil B, Nr. 15.3 bedingt überdies eine Adipositas allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden, insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat, können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna, wie sie Prof. Dr. B. angenommen hat. Mangels solcher Folge- und Begleitschäden ist vorliegend auch hieraus kein maßgeblicher GdB ableitbar.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin der Gesamt-GdB aus dem Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" zu bilden und erreicht daher nach dem 21. Mai 2013 lediglich 20. Damit ist nicht einmal der bereits vom Beklagten festgestellte GdB von 40 begründet. Der von Prof. Dr. B. befürwortete GdB von 50 ist bei Weitem nicht mittels objektiver Befunde belegbar. Darüber hinaus hat er für das orthopädische Fachgebiet und daher ohnehin fachfremd, in jedem Fall aber entgegen den VG, Teil A, Nr. 2 e Teil-GdB-Werte für jede der angenommenen Krankheiten vorgeschlagen und nicht nach Funktionssystemen differenziert. Die Aufhebung der Feststellung des GdB ist dem Gericht wegen des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG) verankerten Verbots der reformatio in peius, wonach eine Rechtsmittelführenden gegenüber ergangene Verwaltungsentscheidung auch im Berufungsverfahren nicht zu ihren Ungunsten abgeändert werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 29. Februar 1956 - 10 RV 75/55 -, BSGE 2, 225 (228 f.)), indes verwehrt.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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