Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 4326/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 478/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
2. Wird ein außergerichtliches Vergleichsangebot angenommen, ohne dazu eine Erledigungserklärung abzugeben, kann darin ein Vergleichsbeurkundungsersuchen liegen.
2. Wird ein außergerichtliches Vergleichsangebot angenommen, ohne dazu eine Erledigungserklärung abzugeben, kann darin ein Vergleichsbeurkundungsersuchen liegen.
I. Unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 22. Oktober 2008 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 13. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2004 wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin unter Annahme eines Leistungsfalles im Januar 2010 volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer ab dem 1. Februar 2010 zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die notwendigen Auslagen der Klägerin hat die Beklagte zur Hälfte zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zunächst um die Wirksamkeit eines Vergleichs, der per Fax vom 20.01 2011 angenommen worden ist. Ursprünglich streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin erlernte den Beruf einer Industriekauffrau. Zuletzt war sie bis 2000 in der Firma ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Danach machte sie sich in der Computerbranche selbstständig. Dabei habe sie nur kaufmännische Dinge erledigt, da ihr technische Kenntnisse fehlen würden. Diese Tätigkeit habe sie bis 2002 ausgeübt, danach habe sie das Unternehmen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Sie beantragte am 09.07.2003 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Den Antrag begründete sie damit, dass sie wegen cervicaler Bandscheibenvorfälle nur mehr in der Lage sei, einer leichten Bürotätigkeit 2-3 Std. täglich nachzugehen. Seit dem 25.03.2002 sei sie arbeitsunfähig erkrankt.
Vor der Antragstellung befand sich die Klägerin in einer teilstationären Rehabilitationseinrichtung, die der Klägerin noch ein mehr als sechsstündiges berufliches Leistungsvermögen als Industriekauffrau attestierte. Im Verwaltungsverfahren wurde die Klägerin am 03.09.2003 von Dr. S., Orthopäde, begutachtet. Er kam zu dem Ergebnis, dass aus orthopädischer Sicht eine Tätigkeit als Industriekauffrau für ca. 6 -12 Monate nur mehr 3-6 Stunden zumutbar sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aber noch mehr als 6 Stunden täglich möglich seien. Die Beratungsärztin der Beklagten teilte die Auffassung von Dr. S. hinsichtlich des Leistungsvermögens als Industriekauffrau nicht. Sie beurteilte dieses als mehr als sechsstündig. Deshalb wurde mit Bescheid vom 13.11.2003 der Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung legte sie ärztliche Befundberichte vor. Aufgrund der neuen Unterlagen erfolgte am 04.02.2004 eine Begutachtung durch Dr. T., Nervenärztin. Die Gutachterin war der Meinung, dass die Klägerin sowohl als kaufmännische Angestellte als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten könne, soweit qualitative Einschränkungen berücksichtigt würden. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 05.04.2004 den Widerspruch zurück.
Mit ihrer am 03.05.2004 zum Sozialgericht Regensburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Vor der Klageerhebung befand sie sich vom 08.04.2004 bis 29.04.2004 in der Fachklinik für Rehabilitation im Rheuma- und Orthopädiezentrum in Bad A ... Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig, wobei bei fortgesetzter Rehabilitation und Therapie die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit gesehen wird. Im Entlassungsbericht wurde hinsichtlich der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung als Geschäftsführerin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen angegeben.
Das Sozialgericht setzte das Verfahren zunächst aus, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rente noch geklärt werden müssten. Nach der Fortsetzung des Verfahrens wurde der Sachverständige Dr. H., Orthopäde, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. H. stellte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
3. chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom, zurzeit ohne eindeutige radikuläre Reizerscheinungen. 4. Zustand nach Cagespondylodese mit 5/6 reizfrei eingebrachten Implantaten. 5. deutliche Einschränkung der unteren HWS. 6. chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne eindeutige Nervenwurzelreizerscheinungen bei degenerativen Aufbraucherscheinungen vor allem der unteren LWS mit entsprechender Bewegungseinschränkung. 7. Zustand nach Operation eines schnellenden Daumens mit noch Reizzustand des Sehnenknötchens. 8. Fachfremd: Adipositas permagna und Somatisierungstendenz.
Die Klägerin sei in der Lage, Tätigkeiten in geschlossenen Räumen, im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zu verrichten. Das Heben und Tragen von schweren Lasten über 15 Kilo sollte vermieden werden.
Gegen das Gutachten brachte die Klägerin vor, dass Dr. H. fälschlicherweise von einer Adipositas permagna ausgegangen sei, obwohl bei ihr nur eine Adipositas Grad 1 vorliege und im Übrigen zwischen der Untersuchung der Klägerin und der Abfassung des Gutachtens mehr als sechs Monate vergangen seien. Sie leide auch an Depressionen und Fibromyalgie, so dass ein Orthopäde dazu nichts aussagen könne.
Das Sozialgericht beauftragte daraufhin Dr. R., Facharzt für Psychiatrie, mit der Erstellung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens. Am 30.05.2008 wurde die Klägerin von Dr. R. persönlich untersucht. Als Diagnosen stellte er fest:
1. Degeneratives HWS-und LWS-Syndrom, Wirbelsäulenfehlhaltung, Bandscheibenschäden, Zustand nach Cagespondylodese C 5/6; derzeit kein Anhalt für radikuläre Symptomatik, leichte Wirbelsäulenfunktionseinschränkung 2. beginnende Femopatellararthrose, Fußfehlform, Beinachsenfehlstellung, Lymphödem. 3. Zustand nach Operation eines schnellenden Daumens ohne Einschränkung der manuellen Gebrauchsfähigkeit 4. multiple Gelenkschmerzen bei somatoformer Schmerzstörung ohne Funktionsbehinderung 5. rezidivierende depressive Störung bei Belastungssituation, derzeit leichte (bis zeitweilig mittelschwere) Ausprägung 6. Spannungskopfschmerz.
Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen hält Dr. R. die Klägerin noch für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Als kaufmännische Angestellte könne sie noch mehr als sechs Stunden täglich tätig sein. Die Tätigkeiten sollten ohne besondere Ansprüche an die nervliche Belastbarkeit, ohne erheblichen Zeitdruck, ohne andauernde Zwangshaltungen sowie ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und anhaltender Überkopfarbeiten erfolgen.
Die Klägerin war mit dem Gutachten nicht einverstanden und bemängelte, dass Feststellungen der behandelnden Ärzte der Klägerin nicht mit einbezogen worden seien. Der Gutachter sei auch nicht auf die genauen Tätigkeiten einer Industriekauffrau beziehungsweise einer vergleichbaren Tätigkeit eingegangen und berücksichtige nicht, dass die Klägerin seit mehr als sechs Jahren arbeitsunfähig erkrankt sei.
Das Sozialgericht bat Dr. R. deshalb um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme. Er hält die Schlussfolgerungen seines Gutachtens nach wie vor für richtig, da für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens die funktionellen Einschränkungen entscheidend seien. Im Falle der Klägerin sei festzustellen, dass alle dokumentierten Gesundheitsstörungen eben noch nicht zu gravierenden Funktionseinschränkungen geführt hätten. Auch therapeutische Optionen seien noch vorhanden. Die Klägerin sei mehrfach begutachtet worden und die Gutachten hätten zu mehr oder weniger identischen Feststellungen zum beruflichen Leistungsvermögen geführt. Auch bei den Rehabilitationsverfahren seien keine zeitlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt worden.
Mit Urteil vom 02.10.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab, da die Klägerin noch in der Lage sei, unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen, noch mehr als sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Sie könne auch als kaufmännische Angestellte noch sechs Stunden und mehr täglich tätig sein und sei umstellungsfähig.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) ein.
Der Senat zog die Akten aus dem Krankengeldverfahren der Klägerin, S 2 KR 103/03, und L 5 KR 313/05 bei und versuchte Auskünfte von den beiden letzten Arbeitgebern der Klägerin zu erlangen. Nachdem die ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin nicht zu erreichen waren, hat der Senat aus Berufenet, dem Internet Berufsinformationsportal der Agentur für Arbeit, Tätigkeiten und Anforderungsprofile einer Industriekauffrau ermittelt. Vom 19.11.2008 -17.12.2008 befand sich die Klägerin im Reha-Zentrum Bad B ... Aus dieser Maßnahme wurde sie arbeitsfähig entlassen. Die Klägerin befand sich stationär in der Klinik D. vom 09.06.2009 bis zum 7.07.2009. Die Beklagte teilte damals mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nur bei einem Leistungsfall bis zum 30.11.2002 erfüllt werden könnten.
Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 SGG wurde Dr. A., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. A. erstellte ihr Gutachten aufgrund einer am 04.04.2010 durchgeführten Untersuchung. Sie diagnostizierte:
1. Spannungskopfschmerz 2. Chronische Zervikobrachalggie 3. chronisch Dorsalgie 4. rezidivierende Lumboischalgie links betont 5. Adipositasgrad 2, mit Lip-Lymphödem der Extremitäten 6. anhaltende posttraumatische Belastungsstörung mittleren Schwerergrades mit depressiver Episode mittleren Schweregrades mit Persönlichkeitsveränderungen mäßigen Grades mit anhaltender Schmerzstörung. Zusätzlich fachspezifische Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet.
Zusammengefasst kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zurzeit mit Rücksicht auf ihre bestehenden Gesundheitsstörungen nur mehr Tätigkeiten von weniger als drei Stunden verrichten könne. Seit Juli 2003 bestehe retrospektiv ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich, seit Januar 2010 sei das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden gesunken. Die Einschränkungen der Gesundheit würden auf Dauer fortbestehen, es sei auch unwahrscheinlich, dass sie behoben werden könnten.
Der Senat holte dann eine Auflistung der Krankenkasse der Klägerin über ihre Arbeitsunfähigkeitszeiten seit 2002 ein. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin vom 25.03.2002 bis 08.12.2002 wegen eines Cervicobrachialsyndroms arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist sowie am 07.04.2003 und vom 24.04.2003 bis 28.04.2004 wegen eines cervicalen Bandscheibenschadens mit Radikulopathie, somatoformer Störung etc. ebenfalls arbeitsunfähig war. Die Beklagte unterbreitete daraufhin ein Vergleichsangebot. Darin erklärte sie sich bereit, den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Leistungsfall am 09.06.2009 anzuerkennen und ab 01.07.2009 die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen waren zu diesem Zeitpunkt auch wegen weiterer anrechenbarer Versicherungszeiten der Klägerin erfüllt.
Dieses Angebot der Beklagten nahm die Klägerin nicht an, da die Erwerbsminderung aus ihrer Sicht bereits früher eingetreten sei, so dass ein zweites Gutachten nach § 109 SGG eingeholt werden solle. Die Klägerin wollte auch begründen, weshalb über den 30.11.2002 hinaus die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durchgängig erfüllt werden könnten.
Der Senat beauftragte Dr. L., Orthopäde, nach § 109 SGG mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Dr. L. untersuchte die Klägerin am 14. September 2010 ambulant.
Dr. L. stellte als Diagnosen fest:
1. chronische Cervicobrachialgie bei Zustand nach cervicaler Bandscheibenerkrankung und operativer Bandscheibenoperationen in der Etage C 5/6 2. generalisiertes Fibromyalgiesyndrom mit erheblicher Einschränkung der Dauerleistungsfähigkeit 3. chronische Lumboischalgie bei bekannten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule und Bandscheibenschäden 4. reaktive Depression (Co- Morbidität der Fibromyalgie)
Neue Gesundheitsstörungen seien weder hinzugekommen noch weggefallen. Die Klägerin könne aber seit Juli 2003 weniger als drei Stunden täglich tätig sein. Die Klägerin könne keine 500 m in zumutbarer Zeit zurücklegen, sie könne ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, aber kein Kfz fahren. Diese Einschränkungen bestünden bereits seit 2002. Die Vorgutachter hätten die Diagnose der Fibromyalgie nicht herausgearbeitet und selbst Dr. A. habe sich in ihrem fundierten Gutachten nicht zu einem früheren Eintritt der Leistungsminderung durchringen können. Die Berichte der behandelnden Orthopäden und von Dr. M. würden den Schweregrad der Funktionsstörungen dokumentieren. Auch wenn die Begrifflichkeit der Arbeitsunfähigkeit nicht unbedingt mit der Begrifflichkeit der Einschränkung des Leistungsvermögens korreliere, so können er retrospektiv durchaus nachvollziehen, dass die jetzigen von der Beklagten anerkannten Gesundheitsstörungen auch bereits wesentlich früher, nämlich bereits im Jahr 2002 bestanden haben.
Die Beklagte erhob Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten und den postulierten Leistungsfall im Jahre 2002. Die medizinische Aktenlage seit 2002 sei bekannt. Nicht Erkrankungen und Diagnosen führten zu einer Anerkennung einer Leistungsminderung, sondern der Nachweis von Funktionseinschränkungen. Ein sechsstündiges Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt sei in den Reha-Entlassungsberichten aus den Jahren 2002 und 2004 enthalten. Auch die Gutachten Dr. S. und das Gutachten von Dr. K. im Verwaltungsverfahren hätten keine schweren Funktionsdefizite objektivieren können. Die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. H. und Dr. R. hätten ebenfalls keinen sozialmedizinischen Nachweis für eine Leistungsminderung bereits zur Arbeitsunfähigkeit am 25.03.2002 angenommen. Dr. A. habe schlüssig eine Verschlechterung begründet. Im Zeitraum davor seien die funktionellen Einschränkungen am Stütz- und Bewegungsapparat aber noch nicht so schwerwiegend feststellbar gewesen. Insbesondere habe im Sachverständigengutachten von Dr. R. noch keine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit festgestellt werden können. Dr. R. habe auch das Vorliegen einer schweren neurotischen Störung beziehungsweise eines schweren Vermeidungsverhaltens mit einer rentenrelevanten Auswirkung auf das Leistungsvermögen ausgeschlossen. Es bleibe bei dem angebotenen Vergleichsvorschlag vom 09.06.2010, welcher folgenden Wortlaut hatte:
1. Wir erkennen den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Leistungsfalles am 09.06.2009 ab 01.07.2009 an und gewähren der Klägerin auf dieser Grundlage die gesetzlich zustehenden Leistungen. 2. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Verfahren in beiden Rechtszügen werden von uns auf Antrag jeweils zur Hälfte übernommen (Kostenanerkenntnis dem Grunde nach). 3. Mit dem Abschluss dieses Vergleichs ist der Rechtsstreit abschließend erledigt.
Der Senat wies die Klägerin mit Schreiben vom 31.10.2010 darauf hin, dass er das Gutachten von Dr. L. nicht für überzeugend halte und dem Gutachten von Fr. Dr. A. mehr Aussagekraft beimesse. Die Klägerin solle daher überlegen, ob Sie das Angebot der Beklagten nicht doch noch annehme. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären zu diesem Zeitpunkt erfüllt und die weiteren Versicherungszeiten aus den ALG II - Beiträgen würden noch berücksichtigt. Da die Klägerin bis 28.04.2004 Krankengeld bezogen habe und bis 2005 selbstständig tätig sowie danach im ALG II -Bezug gewesen sei, erscheine es auch sachgerecht, in die Überlegung mit einzubeziehen, dass eine mögliche Rentennachzahlung für die Jahre ab Antragstellung nur gering ausfallen könnte. Es sei dem Senat auch nicht bekannt, ob Ansprüche aufgrund der Insolvenz gegen die Rentenzahlung bestünden.
Es wurde ein Verhandlungstermin für den 20.01.2011, 11.00 Uhr, anberaumt. Mit Fax vom 20.01.2011, 08:34 Uhr, wurde das gegnerische Vergleichsangebot angenommen und das Gericht ersucht, im schriftlichen Verfahren gemäß § 278 ZPO festzustellen, dass ein Vergleich zustande gekommen ist.
Im Termin, wurde vom Senat folgendes protokolliert:
Es wird festgestellt, dass der Bevollmächtigte der Klägerin mit heute um 8.30 Uhr eingegangenem Fax (Schreiben vom 19.01.2011) das gegnerische Vergleichsangebot angenommen hat. Es handelt sich um das Vergleichsangebot in dem Schriftsatz vom 09.06.2010 bzw. 17.11.2010.
Es wird festgestellt, dass damit zwischen den Beteiligten ein Vergleich über den Eintritt der vollen Erwerbsminderung bei der Klägerin am 09. Juni 2009, die Gewährung der entsprechenden gesetzlichen Leistungen und die Übernahme der außergerichtlichen Kosten zur Hälfte durch die Beklagte zu Stande gekommen ist, der den Rechtsstreit beendet hat.
Die Klägerin war mit der Erledigung des Rechtsstreits nicht einverstanden und focht mit Schreiben vom 07.05.2011, eingegangen bei Gericht am 10.05.2011 die Wirksamkeit des Vergleichs an. Der Vergleichsschluss beruhe auf einem Willensirrtum. Diesen Irrtum ihres Bevollmächtigten müsse sie sich nicht anrechnen lassen. Eine weisungsgebundene Zustimmung habe nicht vorgelegen. Der Prozessbevollmächtigte habe die Position der Klägerin gekannt, den Vergleich der Beklagten vom 09.06.2010 nicht annehmen zu wollen. Eine anders lautende Willensbekundung der Klägerin sei auch nicht aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 17.11.2010 oder des Schreibens des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30.01.2010 abgegeben worden. Die Klägerin sei beim Vergleichsabschluss nicht anwesend gewesen und habe ihrem Bevollmächtigten unmissverständlich zur Kenntnis gegeben, dass sie es ablehne, das von der Beklagten gemachte Vergleichsangebot anzunehmen. Das Erfordernis der unmittelbaren Anfechtung sei gewahrt, denn die näheren Umstände und vor allem der Inhalt des geschlossenen Vergleichs seien erst mit der Akteneinsicht am 04.05.2011 der Klägerin bekannt geworden. Bis dahin sei nicht bekannt gewesen, welcher Vergleich von ihrem Bevollmächtigten mit der Beklagten geschlossen worden sei. Im Übrigen wäre aufgrund eines Widerspruchs von der Beklagten mit Schreiben vom 10.11.2010 klargestellt worden, dass auch zum Zeitpunkt der Antragstellung am 09.07.2003 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen haben, so dass von einem Irrtum der Beteiligten hinsichtlich eines möglichen Leistungsfalles auszugehen sei. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auch ein Anfechtungsgrund nach § 123 BGB vorliege, da die Beklagte arglistige Täuschungen begangen habe. Sie habe Gutachten vernichtet und durch eine Mitarbeiterin, die nicht der medizinischen Abteilung angehöre, die von dort festgestellte Leistungsminderung im Beruf als Industriekauffrau eigenmächtig geändert.
In der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2011 wurde durch Beschluss des Senats festgestellt, dass der Rechtsstreit durch das Fax vom 20.01.2011 nicht beendet wurde. Die Beteiligten waren mit der Verhandlung und der Entscheidung der ursprünglichen Streitsache einverstanden. Sie wurden darauf hingewiesen, dass damit beide Seiten nicht mehr an das Vergleichsangebot gebunden sind. Auf die Niederschrift der öffentlichen Sitzung wird ausdrücklich Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 22.10.2008, den Bescheid der Beklagten vom 13.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.04.2004 aufzuheben und der Klägerin ab 01.12.1999 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise volle Erwerbsminderungsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente beziehungsweise Teilerwerbsminderungsrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts sowie der Akten aus dem Krankengeldverfahren und der Beklagten Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig aber nur zum Teil begründet.
1. Der Rechtsstreit ist durch die Annahme des Vergleichs vom 20.01.2011 nicht erledigt.
Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Fax vom 20.01.2011 das Vergleichsangebot der Beklagten vom 09.06.2010 und 17.11.2010 unter der Maßgabe angenommen, dass ein feststellender Beschluss über das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs ergeht. In der mündlichen Verhandlung, die am gleichen Tag stattfand, wurde die Annahme des Vergleichs entsprechend § 122 SGG in der Sitzungsniederschrift protokolliert. Es wurde darüber hinaus auch festgestellt, dass sich durch die Annahme des Vergleichs der Rechtstreit erledigt hat. Die im Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011 enthaltene Feststellung der Vorsitzenden entspricht allerdings nicht den Vorgaben von § 278 Abs. 6 ZPO, der über § 202 SGG auch im Verfahren vor den Sozialgerichten Anwendung findet (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9.Auflage, Rdnr. 9 zu § 101 SGG). Es fehlt an einer Beschlussfassung, an der in der mündlichen Verhandlung neben den Berufsrichtern auch die ehrenamtlichen Richter teilgenommen haben. Die Niederschrift über die Feststellung ist nicht als Beschluss ausgewiesen und es ergibt sich nichts dazu, dass eine Beratung stattgefunden hat. Damit ist zwar kein Prozessvergleich nach § 101 SGG zustande gekommen, gleichwohl könnte ein außergerichtlicher Vergleich oder ein Teilanerkenntnis der Beklagten vorliegen und der Rechtsstreit dadurch erledigt bzw. teilweise erledigt sein (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9.Auflage, Rdnr. 9a zu § 101 SGG).
Das Angebot der Beklagten vom 09.06.2010 stellt kein Teilanerkenntnis dar. Es ist mit dem Wort "Vergleichsangebot" überschrieben und es wird in Punkt 3. des Angebots noch einmal ausdrücklich erwähnt, dass mit der Annahme des Vergleichs der Rechtsstreit erledigt ist. Dies spricht eindeutig dafür, dass nur durch ein Nachgeben beider Beteiligter bei ansonsten unklarer Rechtslage (unterschiedliche Aussagen der Gutachter) ein Angebot abgegeben werden sollte. Genau dies ist die klassische Voraussetzung eines Vergleichs nach § 779 BGB. Ein Teilanerkenntnis war von der Beklagten nicht gewollt und wurde auch nicht abgegeben. Dafür spricht auch, dass der Beklagtenvertreter im Termin eindeutig die Zurückweisung der Berufung als Ganzes beantragt hat und nicht nur soweit die Berufung über das Angebot der Beklagten vom 09.06.2010 noch aufrecht erhalten wird.
Das Fax des ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin enthält keine eigene prozessbeendende Erklärung. Es kann nach dessen Wortlaut auch als eine Annahme des Vergleichs nur unter der Bedingung eines Beschlusses nach § 278 Abs. 6 ZPO angesehen werden. Ein außergerichtlicher Vergleich stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.s.V. § 54 SGB X dar, auf den auch die Vorschriften des BGB Anwendung finden. Gemäß § 154 Abs. 2 BGB ist, wenn eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden ist, im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist. Eine "Beurkundung" durch gerichtlichen Beschluss hat nicht stattgefunden, so dass hier ein Zweifel anzunehmen ist, der einem Vertragsschluss bzw. einem Vergleichsschluss entgegensteht. Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob ggf. auch Anfechtungsgründe gegeben wären. Der Rechtstreit ist nicht beendet worden und fortzusetzen.
2. Die Klageänderung ist zulässig. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14.03.2011 den Klageantrag erweitert und in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt, bereits ab dem 01.12.1999 Rente zu gewähren. Damit hat sie anstelle des bisherigen prozessualen Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente einen weitergehenden Anspruch geltend gemacht. Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte hat sich auf die Änderung nicht eingelassen, so dass keine Einwilligung vorliegt. Gleichwohl hält der Senat diese für sachdienlich. Eine Klageänderung ist sachdienlich, wenn sie dazu führt, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, so dass ein neuer Prozess vermieden wird (BGH NJW 58, 184; BGHZ 143, 189; BGH 27.09.2006, VIII ZR 19/04, NJW 07, 2414). Das Gericht soll die Interessen der Beteiligten und der Prozessökonomie berücksichtigen. Im Hinblick auf die vorliegenden umfassenden medizinischen Unterlagen war der Fall auch hinsichtlich eines möglichen Leistungsfalls entscheidungsreif und die gemeinsame Entscheidung im Interesse der Prozessökonomie.
3. Der Klägerin steht, nach dem Ergebnis der umfangreiche Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht und dem LSG, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erst ab Februar 2010 zu.
2. Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Für den Senat steht nach den überzeugenden Begutachtungsergebnissen der Sachverständigengutachten, welche im Verwaltungsverfahren sowie in den Klageverfahren erstellt wurden, fest, dass der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auf Dauer im Januar 2010 eingetreten ist. Dem Gutachten der Dr. A. wird insofern gefolgt, dass es eine Verschlechterung der Gesundheitsstörungen belegt und die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen schlüssig darlegt. Allerdings wird der Eintritt der Leistungsminderung bereits bei der Antragstellung nicht geteilt. Denn das Gutachten von Dr. A. lässt einen Spielraum hinsichtlich des Eintritts der Erwerbsminderung zu. Insbesondere findet sich auf Seite 41 die Aussage, dass das Leistungsbild ab Untersuchungszeitpunkt im Januar 2010 besteht, vorher sei es nur im Sinn von ärztlichen Behandlungsbefunden rekonstruierbar. Demgegenüber hat Dr. R. bei der Begutachtung am 30.05.2008 im Falle der Klägerin festgestellt, dass alle dokumentierten Gesundheitsstörungen eben noch nicht zu gravierenden Funktionseinschränkungen geführt hätten. Auch therapeutische Optionen seien noch vorhanden. Die Klägerin sei mehrfach begutachtet worden und die Gutachten hätten zu mehr oder weniger identischen Feststellungen zum beruflichen Leistungsvermögen geführt. Auch bei den Rehabilitationsverfahren seien keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt worden. Damit steht nach Überzeugung des Senats bis zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils das Gutachten von Dr. R. dem Gutachten von Dr. A. entgegen.
Auch die Beklagte räumte in einer Stellungnahme vom 10.03.2010 ein, dass die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin vor der Begutachtung durch Dr. A. schwierig sei. Die vom Senat daraufhin eingeholten Unterlagen der Krankenkasse der Klägerin ergaben, dass bis 12.05.2009 praktisch nur Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen orthopädischer Probleme vorgelegen haben. Vom 09.06.2009 bis 07.07.2009 liegt dann eine Arbeitsunfähigkeit wegen depressiver Episode, Somatisierungsstörung, anhaltender somatoformer Schmerzstörung und mittelgradiger depressiver Episode vor. Danach findet sich ab dem 15.03.2010 neben anderen Diagnosen auch eine andauernde Persönlichkeitsveränderung. Die Beklagte stützte ihren Vergleichsvorschlag auf den Beginn der stationären Behandlung am 09.06.2009 und ging ab diesem Zeitpunkt zur Beendigung des Rechtsstreits von einem quantitativ unter drei Stunden gesunkenen Leistungsvermögen auf Dauer aus. Trotzdem wird von der Beklagten mitgeteilt, dass sie einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden von Juli 2003 bis Januar 2010 nicht folgen kann. Der Senat ist überzeugt, dass erst bei der Begutachtung durch Dr. A. im Januar 2010 eine quantitative Leistungsminderung nachgewiesen ist. Vorher kann dies nur hypothetisch bestimmt werden, was auch die Beklagte mit ihrem Angebot getan hat. Der Senat vermag aber in seiner Entscheidung dieser Einschätzung der Beklagten nicht zu folgen, da die Entlassung aus der stationären Behandlung in stabilem Zustand erfolgte. So heißt es im Entlassungsbericht vom 29.09.2009: "Ihre Stimmung ist besser, sie verspüre langsam Freude, wirkt lebendiger und schafft es, sich in einigen belastenden Situationen abzugrenzen und für sich zu sorgen." Es wurde eine ambulante psychotherapeutische Behandlung empfohlen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass noch kein Dauerzustand erreicht war, zumal die Entlassung im Juli 2009 erfolgte und bis zur Begutachtung durch Dr. A. noch sechs Monate vergingen. Im Wege eines Vergleichs wäre der Zeitpunkt der stationären Behandlung sicher vertretbar gewesen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. L ... Dieses geht ohne nähere Begründung von einem Leistungsfall im Jahr 2002 aus. Einen genauen Zeitpunkt gibt er nicht an. Auf die Beweisfragen des Gerichts antwortet er, dass die Klägerin seit Juli 2003 nur mehr weniger als drei Stunden tätig sein kann. Er stützt seine Meinung auf ein Attest von Dr. N., welches am 08. Januar 2003 eine Fibromyalgie bestätigt sowie auf die im Mai 2002 eingetretene Arbeitsunfähigkeit. Auch meint er, aus einem Schreiben von Dr. N. vom 31. Juli 2002 an den medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) ein gemindertes Leistungsvermögen entnehmen zu können. Er räumt dabei allerdings ein, dass die sich aus diesen Attesten ableitbare Arbeitsunfähigkeit nicht unbedingt mit einer
Einschränkung der Leistungsfähigkeit korreliert, dies retrospektiv aber nachvollziehbar sei. Aus dem Schreiben von Dr. N. an den MDK, ergibt sich aber gerade nicht die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms. Dr. N. gibt in dem Schreiben an, dass die Befunde unverändert seien und ein Antrag auf ein Heilverfahren beim Rentenversicherungsträger gestellt worden sei. Dies deckt sich auch mit dem Attest von Dr. N. vom 11. Februar 2003. Hier wird zwar die Diagnose Fibromyalgie erwähnt, diese Feststellung gründet sich aber nach den Angaben von Dr. N. auf die vom MDK getroffenen Feststellungen. Der Befund der Klägerin sei seit Monaten unverändert, so dass eine Arbeitsfähigkeit nicht eingetreten sei. Aus all dem ergibt sich, dass Dr. N. nur Aussagen zur Arbeitsfähigkeit der Klägerin abgegeben hat und damals sogar selbst noch keine rentenrelevanten Einschränkungen bei der Klägerin angenommen hat, sich deren Zustand damit erst im Laufe der Zeit verschlechterte. Auffallend an dem Gutachten von Dr. L. ist auch, dass seit Juli 2003 keine neuen Gesundheitsstörungen hinzugekommen oder weggefallen sind, obwohl eine Verschlechterung von Dr. A. angenommen worden ist. Er betont auch, dass die ab Mai 2002 konsequente Behandlung durch Dr. N. letztlich trotzdem zu einer zunehmenden Beschwerdesymptomatik der HWS geführt habe und dies zu der im April 2003 erfolgten Operation führte. Der anschließende Arbeitsversuch sei wegen zunehmender, sich ausbreitender generalisierter Schmerzen im gesamten Körperbereich abgebrochen worden. Diese Aussagen lassen einzig den Schluss zu, dass sich bei der Klägerin beginnend ab Mai 2002 der Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen verschlechtert haben, nicht aber, dass bereits 2002 ein gemindertes Leistungsvermögen bestanden hat. Dafür sprechen auch Angaben der Klägerin, die sie selbst bei der Begutachtung durch Dr. A. gemacht hat. Dort gab sie an, dass es ihr im Dezember 2002 schlechter gegangen sei. Im Krankenversicherungsverfahren gab die Klägerin an, dass sie in ihrer bisherigen Tätigkeit Arbeiten am PC sowie etwas Ablage im Büro ohne schweres Heben und Tragen verrichtet habe. Sie sei in ihrer Tätigkeit im fraglichen Zeitraum vor allem wegen der "Taubheit" ihrer Hände beeinträchtigt gewesen und habe praktisch nicht schreiben können (L 5 KR 313/05). Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit lag vor. Die Klägerin befand sich vom 03.07.2003 bis Anfang September 2003 in einer Wiedereingliederungsmaßnahme. In dieser Zeit hat die Klägerin meist zwischen 2 und 3 Stunden täglich gearbeitet.
Aus dieser Gesamtschau ergibt sich für den Senat, dass der Eintritt einer Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. bis 1999 nicht gegeben ist. Dr. L. begründet den von ihm angenommenen Zeitpunkt der Leistungsminderung nicht schlüssig. Er stellt im Grunde nur eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit fest und meint daraus sei eine Erwerbsunfähigkeit bereits im Jahr 2002 erkennbar. Seine Begründung dafür bleibt vage, was man schon daran erkennt, dass er sich nicht auf einen genauen Zeitpunkt im Jahr 2002 festlegt. Die Diagnose Fibromyalgie allein führt aber nicht automatisch zu einer Leistungsminderung, dafür müssen zwingend auch entsprechende Funktionseinschränkungen bestehen. Diese nennt Dr. L. für den Zeitraum bis Dezember 2002 aber nicht. Er stellt auf Seite 16 seines Gutachten dar, das nur einige hundert von mehr als 2 Mio. Fibromyalgie-Betroffenen so schwer erkranken, dass sie erwerbsunfähig sind. Besonders schwer Betroffene leiden an zunehmenden muskulären Schmerzen, die bei allen muskulären Aktivitäten auftreten. Die Klägerin war im März 2002 erstmals wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig erkrankt. Bis Januar 2003 wird die Diagnose Fibromyalgie von der behandelnden Ärztin nicht erwähnt. Die zunehmenden muskulären Schmerzen, die laut Dr. L. für eine Erwerbsminderung notwendig sind, können daher denknotwendig erst nach dem Zeitpunkt der Ersterkrankung eingetreten sein. Dr. L. selbst geht auf Seite 14 seines Gutachtens davon aus, dass Dr. N. die Klägerin konsequent behandelt habe, die Beschwerdesymptomatik aber zugenommen habe und sich der generalisierte Schmerz zunehmend ausgebreitet habe, was zum Abbruch einer Wiedereingliederungsmaßnahme geführt habe. Bezeichnend ist auch, dass Dr. L. zwar auf die Gutachten von Dr. R. und Dr. H. eingegangen ist, aber nicht auf die wesentlich zeitnäheren Rehaentlassungsberichte. Aus dem Entlassungsbericht der Reha in Bad A. ergibt sich aber, dass die Klägerin flüssige Bewegungsabläufe zeigte und viele unterschiedliche Trainingstherapien, auch eigenverantwortlich, wahrnahm. Eine Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lässt sich nach Überzeugung des Senats daher vor dem Januar 2010 nicht zweifelsfrei feststellen. Auch ein Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht bis zum Januar 2010 nicht.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist von dem "bisherigen Beruf" auszugehen. Die Klägerin hat eine Berufsausbildung zur Industriekauffrau absolviert und dementsprechende Tätigkeiten auch zuletzt versicherungspflichtig ausgeübt. Hierbei handelt es sich um eine Fachangestelltentätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. BSG SozR 2200 Nr. 140 und SozR 3-2200 Nr. 27 je zu § 1246 RVO; für Angestellte: BSGE 55, 45; 57, 291).
Diese zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit einer Industriekauffrau konnte die Klägerin nach Ansicht der Gutachter im Verwaltungs- sowie Klageverfahren noch mehr als sechs Stunden täglich ausüben. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung des Entlassungsberichts im Jahr 2002. Industriekauffrauen üben ihre Tätigkeiten an Bildschirmarbeitsplätzen in Büroräumen aus, häufig verbunden mit vielfältiger Kommunikation persönlicher, telefonischer und schriftlicher Art. Es handelt sich um eine körperlich leichte, überwiegend im Sitzen zu verrichtende Arbeit. Bei dem bei der Klägerin gegebenen Krankheitsbild im Bereich der HWS und LWS ist jedoch ein regelmäßiger Wechsel der Körperhaltung erforderlich. Dem kann bei einer Tätigkeit als Industriekauffrau , nach Überzeugung des Senats, in der Regel durch individuelle Gestaltung des Arbeitsplatzes (z.B. durch Stehpult oder selbstbestimmten Haltungswechsel) Rechnung getragen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Feststellung von Dr. S., da dessen Einschätzung durch den ärztlichen Dienst der Beklagten revidiert wurde. Selbst wenn man der Einschätzung von Dr. S. mit einer zeitlichen Leistungsminderung und einer Berufsunfähigkeit auf Zeit für sechs bis zwölf Monate folgen würde, so käme ein Anspruch auf eine Rente nur dann infrage, wenn die Leistungsminderung länger als sechs Monate andauert und eine Verweisungstätigkeit nicht in Betracht kommt.
Der Senat weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass er auch bei einer unterstellten quantitativen Leistungsminderung als Industriekauffrau noch von einer zumutbaren Verweisung der Klägerin auf eine Tätigkeit als Registratorin ausgeht. Nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema ist für den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente nämlich zunächst zu prüfen, ob die Klägerin auf eine zumutbare Tätigkeit auf derselben oder der nächst niedrigeren Stufe verwiesen werden kann (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe etwa BSG SozR 2200, § 1246 Nr. 143; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 15 und SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Es haben sich danach im Wesentlichen drei Gruppen - bei insgesamt sechs Hauptstufen - mit den Leitberufen des "unausgebildeten" Angestellten, des Angestellten "mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren" und des Angestellten "mit einer längeren Ausbildung" (BSGE 48, 202; 49, 450, 55, 45) herausgebildet. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin zumindest noch auf eine Tätigkeit als Registratorin nach Entgeltgruppe III TVöD im öffentlichen Dienst verwiesen werden konnte. Die Vergütungsgruppe erfasst angelernte Tätigkeiten, so dass damit eine grundsätzliche Verweisbarkeit auf diese Tätigkeiten für einen Fachangestellten besteht (BSG vom 27. November 1991, Az.: 5 RJ 91/89; vom 12. September 1991, Az.: 5 RJ 34/90; vom 29. Mai 1980, Az.: 5 RJ 138/79).
Die Tätigkeit der Registratorin war der Klägerin, für die Zeit bis zur Untersuchung durch Dr. A., auch unter individuell-gesundheitlichen Aspekten möglich. Die Tätigkeiten umfassen das Sortieren der von den zuständigen Bürofachkräften zu bearbeitenden Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen, das Erledigen von anfallenden Schreibarbeiten, wie Führen von Statistiken, Terminüberwachungslisten und Karteien, das Ziehen und Abstellen von Ordnern/Akten, das Weiterleiten der zu bearbeitenden Vorgänge zu den sachbearbeitenden Stellen innerhalb des Betriebes bzw. der Behörde - auch selbst - mit Registraturwagen, das Abhängen von Akten oder das Abstellen von Ordnern nach der jeweiligen Bearbeitung (Gutachten des Landesarbeitsamtes Hessen vom 22. Februar 2009 zu S 8 R 660/07, Sozialgericht Kassel).
Damit konnte die Berufung erst ab Januar 2010 Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen der Klägerin im Berufungsverfahren mit der Gewährung einer vollen Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Nr. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die notwendigen Auslagen der Klägerin hat die Beklagte zur Hälfte zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zunächst um die Wirksamkeit eines Vergleichs, der per Fax vom 20.01 2011 angenommen worden ist. Ursprünglich streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin erlernte den Beruf einer Industriekauffrau. Zuletzt war sie bis 2000 in der Firma ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Danach machte sie sich in der Computerbranche selbstständig. Dabei habe sie nur kaufmännische Dinge erledigt, da ihr technische Kenntnisse fehlen würden. Diese Tätigkeit habe sie bis 2002 ausgeübt, danach habe sie das Unternehmen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Sie beantragte am 09.07.2003 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Den Antrag begründete sie damit, dass sie wegen cervicaler Bandscheibenvorfälle nur mehr in der Lage sei, einer leichten Bürotätigkeit 2-3 Std. täglich nachzugehen. Seit dem 25.03.2002 sei sie arbeitsunfähig erkrankt.
Vor der Antragstellung befand sich die Klägerin in einer teilstationären Rehabilitationseinrichtung, die der Klägerin noch ein mehr als sechsstündiges berufliches Leistungsvermögen als Industriekauffrau attestierte. Im Verwaltungsverfahren wurde die Klägerin am 03.09.2003 von Dr. S., Orthopäde, begutachtet. Er kam zu dem Ergebnis, dass aus orthopädischer Sicht eine Tätigkeit als Industriekauffrau für ca. 6 -12 Monate nur mehr 3-6 Stunden zumutbar sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aber noch mehr als 6 Stunden täglich möglich seien. Die Beratungsärztin der Beklagten teilte die Auffassung von Dr. S. hinsichtlich des Leistungsvermögens als Industriekauffrau nicht. Sie beurteilte dieses als mehr als sechsstündig. Deshalb wurde mit Bescheid vom 13.11.2003 der Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung legte sie ärztliche Befundberichte vor. Aufgrund der neuen Unterlagen erfolgte am 04.02.2004 eine Begutachtung durch Dr. T., Nervenärztin. Die Gutachterin war der Meinung, dass die Klägerin sowohl als kaufmännische Angestellte als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten könne, soweit qualitative Einschränkungen berücksichtigt würden. Die Beklagte wies mit Bescheid vom 05.04.2004 den Widerspruch zurück.
Mit ihrer am 03.05.2004 zum Sozialgericht Regensburg erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Vor der Klageerhebung befand sie sich vom 08.04.2004 bis 29.04.2004 in der Fachklinik für Rehabilitation im Rheuma- und Orthopädiezentrum in Bad A ... Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig, wobei bei fortgesetzter Rehabilitation und Therapie die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit gesehen wird. Im Entlassungsbericht wurde hinsichtlich der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung als Geschäftsführerin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen angegeben.
Das Sozialgericht setzte das Verfahren zunächst aus, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rente noch geklärt werden müssten. Nach der Fortsetzung des Verfahrens wurde der Sachverständige Dr. H., Orthopäde, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. H. stellte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
3. chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom, zurzeit ohne eindeutige radikuläre Reizerscheinungen. 4. Zustand nach Cagespondylodese mit 5/6 reizfrei eingebrachten Implantaten. 5. deutliche Einschränkung der unteren HWS. 6. chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne eindeutige Nervenwurzelreizerscheinungen bei degenerativen Aufbraucherscheinungen vor allem der unteren LWS mit entsprechender Bewegungseinschränkung. 7. Zustand nach Operation eines schnellenden Daumens mit noch Reizzustand des Sehnenknötchens. 8. Fachfremd: Adipositas permagna und Somatisierungstendenz.
Die Klägerin sei in der Lage, Tätigkeiten in geschlossenen Räumen, im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zu verrichten. Das Heben und Tragen von schweren Lasten über 15 Kilo sollte vermieden werden.
Gegen das Gutachten brachte die Klägerin vor, dass Dr. H. fälschlicherweise von einer Adipositas permagna ausgegangen sei, obwohl bei ihr nur eine Adipositas Grad 1 vorliege und im Übrigen zwischen der Untersuchung der Klägerin und der Abfassung des Gutachtens mehr als sechs Monate vergangen seien. Sie leide auch an Depressionen und Fibromyalgie, so dass ein Orthopäde dazu nichts aussagen könne.
Das Sozialgericht beauftragte daraufhin Dr. R., Facharzt für Psychiatrie, mit der Erstellung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens. Am 30.05.2008 wurde die Klägerin von Dr. R. persönlich untersucht. Als Diagnosen stellte er fest:
1. Degeneratives HWS-und LWS-Syndrom, Wirbelsäulenfehlhaltung, Bandscheibenschäden, Zustand nach Cagespondylodese C 5/6; derzeit kein Anhalt für radikuläre Symptomatik, leichte Wirbelsäulenfunktionseinschränkung 2. beginnende Femopatellararthrose, Fußfehlform, Beinachsenfehlstellung, Lymphödem. 3. Zustand nach Operation eines schnellenden Daumens ohne Einschränkung der manuellen Gebrauchsfähigkeit 4. multiple Gelenkschmerzen bei somatoformer Schmerzstörung ohne Funktionsbehinderung 5. rezidivierende depressive Störung bei Belastungssituation, derzeit leichte (bis zeitweilig mittelschwere) Ausprägung 6. Spannungskopfschmerz.
Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen hält Dr. R. die Klägerin noch für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Als kaufmännische Angestellte könne sie noch mehr als sechs Stunden täglich tätig sein. Die Tätigkeiten sollten ohne besondere Ansprüche an die nervliche Belastbarkeit, ohne erheblichen Zeitdruck, ohne andauernde Zwangshaltungen sowie ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und anhaltender Überkopfarbeiten erfolgen.
Die Klägerin war mit dem Gutachten nicht einverstanden und bemängelte, dass Feststellungen der behandelnden Ärzte der Klägerin nicht mit einbezogen worden seien. Der Gutachter sei auch nicht auf die genauen Tätigkeiten einer Industriekauffrau beziehungsweise einer vergleichbaren Tätigkeit eingegangen und berücksichtige nicht, dass die Klägerin seit mehr als sechs Jahren arbeitsunfähig erkrankt sei.
Das Sozialgericht bat Dr. R. deshalb um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme. Er hält die Schlussfolgerungen seines Gutachtens nach wie vor für richtig, da für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens die funktionellen Einschränkungen entscheidend seien. Im Falle der Klägerin sei festzustellen, dass alle dokumentierten Gesundheitsstörungen eben noch nicht zu gravierenden Funktionseinschränkungen geführt hätten. Auch therapeutische Optionen seien noch vorhanden. Die Klägerin sei mehrfach begutachtet worden und die Gutachten hätten zu mehr oder weniger identischen Feststellungen zum beruflichen Leistungsvermögen geführt. Auch bei den Rehabilitationsverfahren seien keine zeitlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt worden.
Mit Urteil vom 02.10.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab, da die Klägerin noch in der Lage sei, unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen, noch mehr als sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Sie könne auch als kaufmännische Angestellte noch sechs Stunden und mehr täglich tätig sein und sei umstellungsfähig.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) ein.
Der Senat zog die Akten aus dem Krankengeldverfahren der Klägerin, S 2 KR 103/03, und L 5 KR 313/05 bei und versuchte Auskünfte von den beiden letzten Arbeitgebern der Klägerin zu erlangen. Nachdem die ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin nicht zu erreichen waren, hat der Senat aus Berufenet, dem Internet Berufsinformationsportal der Agentur für Arbeit, Tätigkeiten und Anforderungsprofile einer Industriekauffrau ermittelt. Vom 19.11.2008 -17.12.2008 befand sich die Klägerin im Reha-Zentrum Bad B ... Aus dieser Maßnahme wurde sie arbeitsfähig entlassen. Die Klägerin befand sich stationär in der Klinik D. vom 09.06.2009 bis zum 7.07.2009. Die Beklagte teilte damals mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nur bei einem Leistungsfall bis zum 30.11.2002 erfüllt werden könnten.
Auf den Antrag der Klägerin nach § 109 SGG wurde Dr. A., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. A. erstellte ihr Gutachten aufgrund einer am 04.04.2010 durchgeführten Untersuchung. Sie diagnostizierte:
1. Spannungskopfschmerz 2. Chronische Zervikobrachalggie 3. chronisch Dorsalgie 4. rezidivierende Lumboischalgie links betont 5. Adipositasgrad 2, mit Lip-Lymphödem der Extremitäten 6. anhaltende posttraumatische Belastungsstörung mittleren Schwerergrades mit depressiver Episode mittleren Schweregrades mit Persönlichkeitsveränderungen mäßigen Grades mit anhaltender Schmerzstörung. Zusätzlich fachspezifische Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet.
Zusammengefasst kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Klägerin zurzeit mit Rücksicht auf ihre bestehenden Gesundheitsstörungen nur mehr Tätigkeiten von weniger als drei Stunden verrichten könne. Seit Juli 2003 bestehe retrospektiv ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich, seit Januar 2010 sei das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden gesunken. Die Einschränkungen der Gesundheit würden auf Dauer fortbestehen, es sei auch unwahrscheinlich, dass sie behoben werden könnten.
Der Senat holte dann eine Auflistung der Krankenkasse der Klägerin über ihre Arbeitsunfähigkeitszeiten seit 2002 ein. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin vom 25.03.2002 bis 08.12.2002 wegen eines Cervicobrachialsyndroms arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist sowie am 07.04.2003 und vom 24.04.2003 bis 28.04.2004 wegen eines cervicalen Bandscheibenschadens mit Radikulopathie, somatoformer Störung etc. ebenfalls arbeitsunfähig war. Die Beklagte unterbreitete daraufhin ein Vergleichsangebot. Darin erklärte sie sich bereit, den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem Leistungsfall am 09.06.2009 anzuerkennen und ab 01.07.2009 die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen waren zu diesem Zeitpunkt auch wegen weiterer anrechenbarer Versicherungszeiten der Klägerin erfüllt.
Dieses Angebot der Beklagten nahm die Klägerin nicht an, da die Erwerbsminderung aus ihrer Sicht bereits früher eingetreten sei, so dass ein zweites Gutachten nach § 109 SGG eingeholt werden solle. Die Klägerin wollte auch begründen, weshalb über den 30.11.2002 hinaus die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durchgängig erfüllt werden könnten.
Der Senat beauftragte Dr. L., Orthopäde, nach § 109 SGG mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Dr. L. untersuchte die Klägerin am 14. September 2010 ambulant.
Dr. L. stellte als Diagnosen fest:
1. chronische Cervicobrachialgie bei Zustand nach cervicaler Bandscheibenerkrankung und operativer Bandscheibenoperationen in der Etage C 5/6 2. generalisiertes Fibromyalgiesyndrom mit erheblicher Einschränkung der Dauerleistungsfähigkeit 3. chronische Lumboischalgie bei bekannten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule und Bandscheibenschäden 4. reaktive Depression (Co- Morbidität der Fibromyalgie)
Neue Gesundheitsstörungen seien weder hinzugekommen noch weggefallen. Die Klägerin könne aber seit Juli 2003 weniger als drei Stunden täglich tätig sein. Die Klägerin könne keine 500 m in zumutbarer Zeit zurücklegen, sie könne ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, aber kein Kfz fahren. Diese Einschränkungen bestünden bereits seit 2002. Die Vorgutachter hätten die Diagnose der Fibromyalgie nicht herausgearbeitet und selbst Dr. A. habe sich in ihrem fundierten Gutachten nicht zu einem früheren Eintritt der Leistungsminderung durchringen können. Die Berichte der behandelnden Orthopäden und von Dr. M. würden den Schweregrad der Funktionsstörungen dokumentieren. Auch wenn die Begrifflichkeit der Arbeitsunfähigkeit nicht unbedingt mit der Begrifflichkeit der Einschränkung des Leistungsvermögens korreliere, so können er retrospektiv durchaus nachvollziehen, dass die jetzigen von der Beklagten anerkannten Gesundheitsstörungen auch bereits wesentlich früher, nämlich bereits im Jahr 2002 bestanden haben.
Die Beklagte erhob Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten und den postulierten Leistungsfall im Jahre 2002. Die medizinische Aktenlage seit 2002 sei bekannt. Nicht Erkrankungen und Diagnosen führten zu einer Anerkennung einer Leistungsminderung, sondern der Nachweis von Funktionseinschränkungen. Ein sechsstündiges Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt sei in den Reha-Entlassungsberichten aus den Jahren 2002 und 2004 enthalten. Auch die Gutachten Dr. S. und das Gutachten von Dr. K. im Verwaltungsverfahren hätten keine schweren Funktionsdefizite objektivieren können. Die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. H. und Dr. R. hätten ebenfalls keinen sozialmedizinischen Nachweis für eine Leistungsminderung bereits zur Arbeitsunfähigkeit am 25.03.2002 angenommen. Dr. A. habe schlüssig eine Verschlechterung begründet. Im Zeitraum davor seien die funktionellen Einschränkungen am Stütz- und Bewegungsapparat aber noch nicht so schwerwiegend feststellbar gewesen. Insbesondere habe im Sachverständigengutachten von Dr. R. noch keine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit festgestellt werden können. Dr. R. habe auch das Vorliegen einer schweren neurotischen Störung beziehungsweise eines schweren Vermeidungsverhaltens mit einer rentenrelevanten Auswirkung auf das Leistungsvermögen ausgeschlossen. Es bleibe bei dem angebotenen Vergleichsvorschlag vom 09.06.2010, welcher folgenden Wortlaut hatte:
1. Wir erkennen den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Leistungsfalles am 09.06.2009 ab 01.07.2009 an und gewähren der Klägerin auf dieser Grundlage die gesetzlich zustehenden Leistungen. 2. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Verfahren in beiden Rechtszügen werden von uns auf Antrag jeweils zur Hälfte übernommen (Kostenanerkenntnis dem Grunde nach). 3. Mit dem Abschluss dieses Vergleichs ist der Rechtsstreit abschließend erledigt.
Der Senat wies die Klägerin mit Schreiben vom 31.10.2010 darauf hin, dass er das Gutachten von Dr. L. nicht für überzeugend halte und dem Gutachten von Fr. Dr. A. mehr Aussagekraft beimesse. Die Klägerin solle daher überlegen, ob Sie das Angebot der Beklagten nicht doch noch annehme. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären zu diesem Zeitpunkt erfüllt und die weiteren Versicherungszeiten aus den ALG II - Beiträgen würden noch berücksichtigt. Da die Klägerin bis 28.04.2004 Krankengeld bezogen habe und bis 2005 selbstständig tätig sowie danach im ALG II -Bezug gewesen sei, erscheine es auch sachgerecht, in die Überlegung mit einzubeziehen, dass eine mögliche Rentennachzahlung für die Jahre ab Antragstellung nur gering ausfallen könnte. Es sei dem Senat auch nicht bekannt, ob Ansprüche aufgrund der Insolvenz gegen die Rentenzahlung bestünden.
Es wurde ein Verhandlungstermin für den 20.01.2011, 11.00 Uhr, anberaumt. Mit Fax vom 20.01.2011, 08:34 Uhr, wurde das gegnerische Vergleichsangebot angenommen und das Gericht ersucht, im schriftlichen Verfahren gemäß § 278 ZPO festzustellen, dass ein Vergleich zustande gekommen ist.
Im Termin, wurde vom Senat folgendes protokolliert:
Es wird festgestellt, dass der Bevollmächtigte der Klägerin mit heute um 8.30 Uhr eingegangenem Fax (Schreiben vom 19.01.2011) das gegnerische Vergleichsangebot angenommen hat. Es handelt sich um das Vergleichsangebot in dem Schriftsatz vom 09.06.2010 bzw. 17.11.2010.
Es wird festgestellt, dass damit zwischen den Beteiligten ein Vergleich über den Eintritt der vollen Erwerbsminderung bei der Klägerin am 09. Juni 2009, die Gewährung der entsprechenden gesetzlichen Leistungen und die Übernahme der außergerichtlichen Kosten zur Hälfte durch die Beklagte zu Stande gekommen ist, der den Rechtsstreit beendet hat.
Die Klägerin war mit der Erledigung des Rechtsstreits nicht einverstanden und focht mit Schreiben vom 07.05.2011, eingegangen bei Gericht am 10.05.2011 die Wirksamkeit des Vergleichs an. Der Vergleichsschluss beruhe auf einem Willensirrtum. Diesen Irrtum ihres Bevollmächtigten müsse sie sich nicht anrechnen lassen. Eine weisungsgebundene Zustimmung habe nicht vorgelegen. Der Prozessbevollmächtigte habe die Position der Klägerin gekannt, den Vergleich der Beklagten vom 09.06.2010 nicht annehmen zu wollen. Eine anders lautende Willensbekundung der Klägerin sei auch nicht aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 17.11.2010 oder des Schreibens des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30.01.2010 abgegeben worden. Die Klägerin sei beim Vergleichsabschluss nicht anwesend gewesen und habe ihrem Bevollmächtigten unmissverständlich zur Kenntnis gegeben, dass sie es ablehne, das von der Beklagten gemachte Vergleichsangebot anzunehmen. Das Erfordernis der unmittelbaren Anfechtung sei gewahrt, denn die näheren Umstände und vor allem der Inhalt des geschlossenen Vergleichs seien erst mit der Akteneinsicht am 04.05.2011 der Klägerin bekannt geworden. Bis dahin sei nicht bekannt gewesen, welcher Vergleich von ihrem Bevollmächtigten mit der Beklagten geschlossen worden sei. Im Übrigen wäre aufgrund eines Widerspruchs von der Beklagten mit Schreiben vom 10.11.2010 klargestellt worden, dass auch zum Zeitpunkt der Antragstellung am 09.07.2003 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen haben, so dass von einem Irrtum der Beteiligten hinsichtlich eines möglichen Leistungsfalles auszugehen sei. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass auch ein Anfechtungsgrund nach § 123 BGB vorliege, da die Beklagte arglistige Täuschungen begangen habe. Sie habe Gutachten vernichtet und durch eine Mitarbeiterin, die nicht der medizinischen Abteilung angehöre, die von dort festgestellte Leistungsminderung im Beruf als Industriekauffrau eigenmächtig geändert.
In der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2011 wurde durch Beschluss des Senats festgestellt, dass der Rechtsstreit durch das Fax vom 20.01.2011 nicht beendet wurde. Die Beteiligten waren mit der Verhandlung und der Entscheidung der ursprünglichen Streitsache einverstanden. Sie wurden darauf hingewiesen, dass damit beide Seiten nicht mehr an das Vergleichsangebot gebunden sind. Auf die Niederschrift der öffentlichen Sitzung wird ausdrücklich Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 22.10.2008, den Bescheid der Beklagten vom 13.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.04.2004 aufzuheben und der Klägerin ab 01.12.1999 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise volle Erwerbsminderungsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente beziehungsweise Teilerwerbsminderungsrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts sowie der Akten aus dem Krankengeldverfahren und der Beklagten Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig aber nur zum Teil begründet.
1. Der Rechtsstreit ist durch die Annahme des Vergleichs vom 20.01.2011 nicht erledigt.
Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Fax vom 20.01.2011 das Vergleichsangebot der Beklagten vom 09.06.2010 und 17.11.2010 unter der Maßgabe angenommen, dass ein feststellender Beschluss über das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs ergeht. In der mündlichen Verhandlung, die am gleichen Tag stattfand, wurde die Annahme des Vergleichs entsprechend § 122 SGG in der Sitzungsniederschrift protokolliert. Es wurde darüber hinaus auch festgestellt, dass sich durch die Annahme des Vergleichs der Rechtstreit erledigt hat. Die im Protokoll der Sitzung vom 20.01.2011 enthaltene Feststellung der Vorsitzenden entspricht allerdings nicht den Vorgaben von § 278 Abs. 6 ZPO, der über § 202 SGG auch im Verfahren vor den Sozialgerichten Anwendung findet (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9.Auflage, Rdnr. 9 zu § 101 SGG). Es fehlt an einer Beschlussfassung, an der in der mündlichen Verhandlung neben den Berufsrichtern auch die ehrenamtlichen Richter teilgenommen haben. Die Niederschrift über die Feststellung ist nicht als Beschluss ausgewiesen und es ergibt sich nichts dazu, dass eine Beratung stattgefunden hat. Damit ist zwar kein Prozessvergleich nach § 101 SGG zustande gekommen, gleichwohl könnte ein außergerichtlicher Vergleich oder ein Teilanerkenntnis der Beklagten vorliegen und der Rechtsstreit dadurch erledigt bzw. teilweise erledigt sein (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9.Auflage, Rdnr. 9a zu § 101 SGG).
Das Angebot der Beklagten vom 09.06.2010 stellt kein Teilanerkenntnis dar. Es ist mit dem Wort "Vergleichsangebot" überschrieben und es wird in Punkt 3. des Angebots noch einmal ausdrücklich erwähnt, dass mit der Annahme des Vergleichs der Rechtsstreit erledigt ist. Dies spricht eindeutig dafür, dass nur durch ein Nachgeben beider Beteiligter bei ansonsten unklarer Rechtslage (unterschiedliche Aussagen der Gutachter) ein Angebot abgegeben werden sollte. Genau dies ist die klassische Voraussetzung eines Vergleichs nach § 779 BGB. Ein Teilanerkenntnis war von der Beklagten nicht gewollt und wurde auch nicht abgegeben. Dafür spricht auch, dass der Beklagtenvertreter im Termin eindeutig die Zurückweisung der Berufung als Ganzes beantragt hat und nicht nur soweit die Berufung über das Angebot der Beklagten vom 09.06.2010 noch aufrecht erhalten wird.
Das Fax des ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin enthält keine eigene prozessbeendende Erklärung. Es kann nach dessen Wortlaut auch als eine Annahme des Vergleichs nur unter der Bedingung eines Beschlusses nach § 278 Abs. 6 ZPO angesehen werden. Ein außergerichtlicher Vergleich stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.s.V. § 54 SGB X dar, auf den auch die Vorschriften des BGB Anwendung finden. Gemäß § 154 Abs. 2 BGB ist, wenn eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden ist, im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist. Eine "Beurkundung" durch gerichtlichen Beschluss hat nicht stattgefunden, so dass hier ein Zweifel anzunehmen ist, der einem Vertragsschluss bzw. einem Vergleichsschluss entgegensteht. Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob ggf. auch Anfechtungsgründe gegeben wären. Der Rechtstreit ist nicht beendet worden und fortzusetzen.
2. Die Klageänderung ist zulässig. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14.03.2011 den Klageantrag erweitert und in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt, bereits ab dem 01.12.1999 Rente zu gewähren. Damit hat sie anstelle des bisherigen prozessualen Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente einen weitergehenden Anspruch geltend gemacht. Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte hat sich auf die Änderung nicht eingelassen, so dass keine Einwilligung vorliegt. Gleichwohl hält der Senat diese für sachdienlich. Eine Klageänderung ist sachdienlich, wenn sie dazu führt, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren beigelegt und endgültig bereinigt werden kann, so dass ein neuer Prozess vermieden wird (BGH NJW 58, 184; BGHZ 143, 189; BGH 27.09.2006, VIII ZR 19/04, NJW 07, 2414). Das Gericht soll die Interessen der Beteiligten und der Prozessökonomie berücksichtigen. Im Hinblick auf die vorliegenden umfassenden medizinischen Unterlagen war der Fall auch hinsichtlich eines möglichen Leistungsfalls entscheidungsreif und die gemeinsame Entscheidung im Interesse der Prozessökonomie.
3. Der Klägerin steht, nach dem Ergebnis der umfangreiche Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht und dem LSG, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erst ab Februar 2010 zu.
2. Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Für den Senat steht nach den überzeugenden Begutachtungsergebnissen der Sachverständigengutachten, welche im Verwaltungsverfahren sowie in den Klageverfahren erstellt wurden, fest, dass der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auf Dauer im Januar 2010 eingetreten ist. Dem Gutachten der Dr. A. wird insofern gefolgt, dass es eine Verschlechterung der Gesundheitsstörungen belegt und die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen schlüssig darlegt. Allerdings wird der Eintritt der Leistungsminderung bereits bei der Antragstellung nicht geteilt. Denn das Gutachten von Dr. A. lässt einen Spielraum hinsichtlich des Eintritts der Erwerbsminderung zu. Insbesondere findet sich auf Seite 41 die Aussage, dass das Leistungsbild ab Untersuchungszeitpunkt im Januar 2010 besteht, vorher sei es nur im Sinn von ärztlichen Behandlungsbefunden rekonstruierbar. Demgegenüber hat Dr. R. bei der Begutachtung am 30.05.2008 im Falle der Klägerin festgestellt, dass alle dokumentierten Gesundheitsstörungen eben noch nicht zu gravierenden Funktionseinschränkungen geführt hätten. Auch therapeutische Optionen seien noch vorhanden. Die Klägerin sei mehrfach begutachtet worden und die Gutachten hätten zu mehr oder weniger identischen Feststellungen zum beruflichen Leistungsvermögen geführt. Auch bei den Rehabilitationsverfahren seien keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt worden. Damit steht nach Überzeugung des Senats bis zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils das Gutachten von Dr. R. dem Gutachten von Dr. A. entgegen.
Auch die Beklagte räumte in einer Stellungnahme vom 10.03.2010 ein, dass die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin vor der Begutachtung durch Dr. A. schwierig sei. Die vom Senat daraufhin eingeholten Unterlagen der Krankenkasse der Klägerin ergaben, dass bis 12.05.2009 praktisch nur Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen orthopädischer Probleme vorgelegen haben. Vom 09.06.2009 bis 07.07.2009 liegt dann eine Arbeitsunfähigkeit wegen depressiver Episode, Somatisierungsstörung, anhaltender somatoformer Schmerzstörung und mittelgradiger depressiver Episode vor. Danach findet sich ab dem 15.03.2010 neben anderen Diagnosen auch eine andauernde Persönlichkeitsveränderung. Die Beklagte stützte ihren Vergleichsvorschlag auf den Beginn der stationären Behandlung am 09.06.2009 und ging ab diesem Zeitpunkt zur Beendigung des Rechtsstreits von einem quantitativ unter drei Stunden gesunkenen Leistungsvermögen auf Dauer aus. Trotzdem wird von der Beklagten mitgeteilt, dass sie einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden von Juli 2003 bis Januar 2010 nicht folgen kann. Der Senat ist überzeugt, dass erst bei der Begutachtung durch Dr. A. im Januar 2010 eine quantitative Leistungsminderung nachgewiesen ist. Vorher kann dies nur hypothetisch bestimmt werden, was auch die Beklagte mit ihrem Angebot getan hat. Der Senat vermag aber in seiner Entscheidung dieser Einschätzung der Beklagten nicht zu folgen, da die Entlassung aus der stationären Behandlung in stabilem Zustand erfolgte. So heißt es im Entlassungsbericht vom 29.09.2009: "Ihre Stimmung ist besser, sie verspüre langsam Freude, wirkt lebendiger und schafft es, sich in einigen belastenden Situationen abzugrenzen und für sich zu sorgen." Es wurde eine ambulante psychotherapeutische Behandlung empfohlen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass noch kein Dauerzustand erreicht war, zumal die Entlassung im Juli 2009 erfolgte und bis zur Begutachtung durch Dr. A. noch sechs Monate vergingen. Im Wege eines Vergleichs wäre der Zeitpunkt der stationären Behandlung sicher vertretbar gewesen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. L ... Dieses geht ohne nähere Begründung von einem Leistungsfall im Jahr 2002 aus. Einen genauen Zeitpunkt gibt er nicht an. Auf die Beweisfragen des Gerichts antwortet er, dass die Klägerin seit Juli 2003 nur mehr weniger als drei Stunden tätig sein kann. Er stützt seine Meinung auf ein Attest von Dr. N., welches am 08. Januar 2003 eine Fibromyalgie bestätigt sowie auf die im Mai 2002 eingetretene Arbeitsunfähigkeit. Auch meint er, aus einem Schreiben von Dr. N. vom 31. Juli 2002 an den medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) ein gemindertes Leistungsvermögen entnehmen zu können. Er räumt dabei allerdings ein, dass die sich aus diesen Attesten ableitbare Arbeitsunfähigkeit nicht unbedingt mit einer
Einschränkung der Leistungsfähigkeit korreliert, dies retrospektiv aber nachvollziehbar sei. Aus dem Schreiben von Dr. N. an den MDK, ergibt sich aber gerade nicht die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms. Dr. N. gibt in dem Schreiben an, dass die Befunde unverändert seien und ein Antrag auf ein Heilverfahren beim Rentenversicherungsträger gestellt worden sei. Dies deckt sich auch mit dem Attest von Dr. N. vom 11. Februar 2003. Hier wird zwar die Diagnose Fibromyalgie erwähnt, diese Feststellung gründet sich aber nach den Angaben von Dr. N. auf die vom MDK getroffenen Feststellungen. Der Befund der Klägerin sei seit Monaten unverändert, so dass eine Arbeitsfähigkeit nicht eingetreten sei. Aus all dem ergibt sich, dass Dr. N. nur Aussagen zur Arbeitsfähigkeit der Klägerin abgegeben hat und damals sogar selbst noch keine rentenrelevanten Einschränkungen bei der Klägerin angenommen hat, sich deren Zustand damit erst im Laufe der Zeit verschlechterte. Auffallend an dem Gutachten von Dr. L. ist auch, dass seit Juli 2003 keine neuen Gesundheitsstörungen hinzugekommen oder weggefallen sind, obwohl eine Verschlechterung von Dr. A. angenommen worden ist. Er betont auch, dass die ab Mai 2002 konsequente Behandlung durch Dr. N. letztlich trotzdem zu einer zunehmenden Beschwerdesymptomatik der HWS geführt habe und dies zu der im April 2003 erfolgten Operation führte. Der anschließende Arbeitsversuch sei wegen zunehmender, sich ausbreitender generalisierter Schmerzen im gesamten Körperbereich abgebrochen worden. Diese Aussagen lassen einzig den Schluss zu, dass sich bei der Klägerin beginnend ab Mai 2002 der Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen verschlechtert haben, nicht aber, dass bereits 2002 ein gemindertes Leistungsvermögen bestanden hat. Dafür sprechen auch Angaben der Klägerin, die sie selbst bei der Begutachtung durch Dr. A. gemacht hat. Dort gab sie an, dass es ihr im Dezember 2002 schlechter gegangen sei. Im Krankenversicherungsverfahren gab die Klägerin an, dass sie in ihrer bisherigen Tätigkeit Arbeiten am PC sowie etwas Ablage im Büro ohne schweres Heben und Tragen verrichtet habe. Sie sei in ihrer Tätigkeit im fraglichen Zeitraum vor allem wegen der "Taubheit" ihrer Hände beeinträchtigt gewesen und habe praktisch nicht schreiben können (L 5 KR 313/05). Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit lag vor. Die Klägerin befand sich vom 03.07.2003 bis Anfang September 2003 in einer Wiedereingliederungsmaßnahme. In dieser Zeit hat die Klägerin meist zwischen 2 und 3 Stunden täglich gearbeitet.
Aus dieser Gesamtschau ergibt sich für den Senat, dass der Eintritt einer Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. bis 1999 nicht gegeben ist. Dr. L. begründet den von ihm angenommenen Zeitpunkt der Leistungsminderung nicht schlüssig. Er stellt im Grunde nur eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit fest und meint daraus sei eine Erwerbsunfähigkeit bereits im Jahr 2002 erkennbar. Seine Begründung dafür bleibt vage, was man schon daran erkennt, dass er sich nicht auf einen genauen Zeitpunkt im Jahr 2002 festlegt. Die Diagnose Fibromyalgie allein führt aber nicht automatisch zu einer Leistungsminderung, dafür müssen zwingend auch entsprechende Funktionseinschränkungen bestehen. Diese nennt Dr. L. für den Zeitraum bis Dezember 2002 aber nicht. Er stellt auf Seite 16 seines Gutachten dar, das nur einige hundert von mehr als 2 Mio. Fibromyalgie-Betroffenen so schwer erkranken, dass sie erwerbsunfähig sind. Besonders schwer Betroffene leiden an zunehmenden muskulären Schmerzen, die bei allen muskulären Aktivitäten auftreten. Die Klägerin war im März 2002 erstmals wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig erkrankt. Bis Januar 2003 wird die Diagnose Fibromyalgie von der behandelnden Ärztin nicht erwähnt. Die zunehmenden muskulären Schmerzen, die laut Dr. L. für eine Erwerbsminderung notwendig sind, können daher denknotwendig erst nach dem Zeitpunkt der Ersterkrankung eingetreten sein. Dr. L. selbst geht auf Seite 14 seines Gutachtens davon aus, dass Dr. N. die Klägerin konsequent behandelt habe, die Beschwerdesymptomatik aber zugenommen habe und sich der generalisierte Schmerz zunehmend ausgebreitet habe, was zum Abbruch einer Wiedereingliederungsmaßnahme geführt habe. Bezeichnend ist auch, dass Dr. L. zwar auf die Gutachten von Dr. R. und Dr. H. eingegangen ist, aber nicht auf die wesentlich zeitnäheren Rehaentlassungsberichte. Aus dem Entlassungsbericht der Reha in Bad A. ergibt sich aber, dass die Klägerin flüssige Bewegungsabläufe zeigte und viele unterschiedliche Trainingstherapien, auch eigenverantwortlich, wahrnahm. Eine Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lässt sich nach Überzeugung des Senats daher vor dem Januar 2010 nicht zweifelsfrei feststellen. Auch ein Anspruch auf eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht bis zum Januar 2010 nicht.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist von dem "bisherigen Beruf" auszugehen. Die Klägerin hat eine Berufsausbildung zur Industriekauffrau absolviert und dementsprechende Tätigkeiten auch zuletzt versicherungspflichtig ausgeübt. Hierbei handelt es sich um eine Fachangestelltentätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. BSG SozR 2200 Nr. 140 und SozR 3-2200 Nr. 27 je zu § 1246 RVO; für Angestellte: BSGE 55, 45; 57, 291).
Diese zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit einer Industriekauffrau konnte die Klägerin nach Ansicht der Gutachter im Verwaltungs- sowie Klageverfahren noch mehr als sechs Stunden täglich ausüben. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung des Entlassungsberichts im Jahr 2002. Industriekauffrauen üben ihre Tätigkeiten an Bildschirmarbeitsplätzen in Büroräumen aus, häufig verbunden mit vielfältiger Kommunikation persönlicher, telefonischer und schriftlicher Art. Es handelt sich um eine körperlich leichte, überwiegend im Sitzen zu verrichtende Arbeit. Bei dem bei der Klägerin gegebenen Krankheitsbild im Bereich der HWS und LWS ist jedoch ein regelmäßiger Wechsel der Körperhaltung erforderlich. Dem kann bei einer Tätigkeit als Industriekauffrau , nach Überzeugung des Senats, in der Regel durch individuelle Gestaltung des Arbeitsplatzes (z.B. durch Stehpult oder selbstbestimmten Haltungswechsel) Rechnung getragen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Feststellung von Dr. S., da dessen Einschätzung durch den ärztlichen Dienst der Beklagten revidiert wurde. Selbst wenn man der Einschätzung von Dr. S. mit einer zeitlichen Leistungsminderung und einer Berufsunfähigkeit auf Zeit für sechs bis zwölf Monate folgen würde, so käme ein Anspruch auf eine Rente nur dann infrage, wenn die Leistungsminderung länger als sechs Monate andauert und eine Verweisungstätigkeit nicht in Betracht kommt.
Der Senat weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass er auch bei einer unterstellten quantitativen Leistungsminderung als Industriekauffrau noch von einer zumutbaren Verweisung der Klägerin auf eine Tätigkeit als Registratorin ausgeht. Nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema ist für den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente nämlich zunächst zu prüfen, ob die Klägerin auf eine zumutbare Tätigkeit auf derselben oder der nächst niedrigeren Stufe verwiesen werden kann (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe etwa BSG SozR 2200, § 1246 Nr. 143; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 15 und SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Es haben sich danach im Wesentlichen drei Gruppen - bei insgesamt sechs Hauptstufen - mit den Leitberufen des "unausgebildeten" Angestellten, des Angestellten "mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren" und des Angestellten "mit einer längeren Ausbildung" (BSGE 48, 202; 49, 450, 55, 45) herausgebildet. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin zumindest noch auf eine Tätigkeit als Registratorin nach Entgeltgruppe III TVöD im öffentlichen Dienst verwiesen werden konnte. Die Vergütungsgruppe erfasst angelernte Tätigkeiten, so dass damit eine grundsätzliche Verweisbarkeit auf diese Tätigkeiten für einen Fachangestellten besteht (BSG vom 27. November 1991, Az.: 5 RJ 91/89; vom 12. September 1991, Az.: 5 RJ 34/90; vom 29. Mai 1980, Az.: 5 RJ 138/79).
Die Tätigkeit der Registratorin war der Klägerin, für die Zeit bis zur Untersuchung durch Dr. A., auch unter individuell-gesundheitlichen Aspekten möglich. Die Tätigkeiten umfassen das Sortieren der von den zuständigen Bürofachkräften zu bearbeitenden Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen, das Erledigen von anfallenden Schreibarbeiten, wie Führen von Statistiken, Terminüberwachungslisten und Karteien, das Ziehen und Abstellen von Ordnern/Akten, das Weiterleiten der zu bearbeitenden Vorgänge zu den sachbearbeitenden Stellen innerhalb des Betriebes bzw. der Behörde - auch selbst - mit Registraturwagen, das Abhängen von Akten oder das Abstellen von Ordnern nach der jeweiligen Bearbeitung (Gutachten des Landesarbeitsamtes Hessen vom 22. Februar 2009 zu S 8 R 660/07, Sozialgericht Kassel).
Damit konnte die Berufung erst ab Januar 2010 Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen der Klägerin im Berufungsverfahren mit der Gewährung einer vollen Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer.
Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Nr. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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