L 18 AL 46/17 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 39 AL 296/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 46/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. November 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) der Klägerin ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

Das Rechtsmittel der Berufung, das nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend ausgeschlossen ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR nicht übersteigt, ist nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Die in den Nrn. 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.

Der Rechtssache kommt insbesondere im Hinblick auf die Beschlüsse des Bundessozialgerichts vom 20. Januar 2016 (- B 14 AS 188/15 B – und – B 14 AS 180/15 B - juris) zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG (mehr) zu. Sie wirft eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, nicht auf. Es liegt auch keine – entscheidungserhebliche – Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte vor. Das Sozialgericht (SG) hat keinen – entscheidungserheblichen – abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz in einer Entscheidung der genannten Gerichte widersprechen würde. Eine Abweichung iSv § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt zudem auch nicht schon dann vor, wenn das Urteil des SG möglicherweise nicht den Kriterien entspricht, die das Bundessozialgericht (BSG) oder ein anderes der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellt haben, oder wenn es Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einzelfall mangels im Ergebnis möglicherweise unzutreffender Subsumtion nicht oder falsch übernommen hätte. Es bedarf vielmehr eines fallübergreifenden abstrakten Rechtssatzes, der mit einem abstrakten Rechtssatz eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmt und diesem somit im Grundsätzlichen widerspricht. Einen solchen Rechtssatz hat das SG ersichtlich nicht aufgestellt. Die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist im Rahmen der NZB nicht zu prüfen.

Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Beschwerde auch keinen Verfahrensmangel bezeichnet, der der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt und auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Satz 2 Nr 3 SGG). Einen Verfahrensmangel hat die Klägerin nicht in einer dem Darlegungsgebot des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG genügenden Weise geltend gemacht. Zwar braucht die auf § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG gestützte Verfahrensrüge nicht den besonderen Anforderungen zu entsprechen, die für Verfahrensrügen gemäß §§ 160a Abs. 2 Satz 3, 164 Abs. 2 Satz 3 SGG vor dem Revisionsgericht vorgesehen sind. Sie muss jedoch, da das Gesetz die Rüge dem Berufungskläger zuweist ("Verfahrensmangel geltend gemacht wird"), die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau bezeichnen. Aus den vorgetragenen Tatsachen muss sich schlüssig ergeben, welcher Mangel gemeint ist (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 144 Rn. 36; Hintz/Lowe, SGG, 1. Aufl. 2012, § 144 Rn. 45). Sind Rechtsanwälte an dem Verfahren beteiligt, erhöhen sich die Anforderungen an die Rüge (vgl. Karl, in: Zeihe, SGG, Lsbl., Stand: 1. August 2016, § 144 Rn. 29a; Hintz/Lowe, SGG, 1. Aufl. 2012, § 144 Rn. 45).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin insbesondere nicht hinreichend dargetan, dass das SG entgegen der zitierten Rechtsprechung des BSG ein Prozessurteil gefällt hat, obwohl bei verfahrensfehlerfreier Behandlung die Voraussetzungen für ein Sachurteil vorgelegen hätten. Zwar hat das SG unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG die Klage zu Unrecht wegen einer (angeblich) fehlenden ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Bevollmächtigten als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hat aber nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zumindest die Möglichkeit bestand, dass das SG bei Annahme einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ein Sachurteil hätte fällen müssen. Hierzu hätte es insbesondere eines Vortrags zur Zulässigkeit der erhobenen Untätigkeitsklage im Übrigen bedurft. Die von der Klägerin erhobene Untätigkeitsklage, gerichtet auf Bescheidung eines Widerspruchs gegen die Festsetzung einer Mahngebühr iHv 0,80 EUR in einer Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 8. August 2014, begegnete nämlich schon deshalb Zulässigkeitsbedenken, weil nicht feststellbar war und ist, ob ein entsprechender Widerspruch der Klägerin – als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Untätigkeitsklage iSv § 88 Abs. 2 SGG (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl § 88 Rn 3 mwN) - bei der Beklagten überhaupt eingegangen ist, was die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 19. Januar 2015 verneint hatte. Die Klägerin hat sich auch auf konkreten Hinweis des SG hierzu (vgl Schreiben vom 23. September 2015) nicht ansatzweise in der Sache verhalten. Im Rahmen ihrer Darlegungspflicht im Rahmen der NZB hätte es ihr aber oblegen, zum Zugang des behaupteten Widerspruchs konkret vorzutragen und entsprechende Beweismittel beizubringen. Nur dann wäre auch das Beschwerdegericht in der Lage gewesen zu prüfen, ob das angefochtene Urteil im Ergebnis auf dem vorliegenden Verfahrensmangel beruhen kann.

Der von der Klägerin weiter geltend gemachte Verstoß gegen ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch Ablehnung des (zweiten) Terminsverlegungsantrages vom 20. November 2015 liegt nicht vor. Das SG hatte dem mit einer Terminskollision begründeten ersten Verlegungsantrag vom 11. November 2015 entsprochen und die Verhandlung der Sache auf 15.30 Uhr verlegt. Eine Terminskollision bestand damit in Ansehung des Terminskalenders des Bevollmächtigten für den 24. November 2015 (letzte dort eingetragene Verhandlung am SG Cottbus um 15.15 Uhr) nicht mehr; dieser war auch nicht aus anderen Gründen an der Terminsteilnahme gehindert, zumal er sich am Verhandlungstag im SG Cottbus ohnehin aufhielt. Ob der Bevollmächtigte in Anbetracht des kurzen Zeitraums seit Zustellung der gerichtlichen Aufforderung vom 3. November 2015 am 4. November 2015 bis zum anberaumten Verhandlungstermin in der Lage war, sich die vom Gericht erbetene schriftliche Vollmachtsurkunde der Klägerin zu beschaffen, ist ohne Belang. Ggfs hätte er nämlich in der mündlichen Verhandlung, die das Kernstück der Gewährung rechtlichen Gehörs darstellt, eine Verlängerung der Beibringungsfrist beantragen können. Der Bevollmächtigte ist aber zur Verhandlung gar nicht erschienen und hat damit nicht alle rechtlichen Möglichkeiten genutzt, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (st Rspr, vgl nur die Übersicht bei Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl § 63 Rn 11d). Schließlich begründet auch die vom SG getroffene – im Hinblick auf das hier nach § 183 SGG kostenfreie Verfahren fehlerhafte – Kostenentscheidung zu Lasten des Bevollmächtigten keinen zur Zulassung der Berufung führenden Verfahrensfehler. Denn eine hierauf beschränkte Berufung kommt bereits nach § 144 Abs. 4 SGG nicht in Betracht. Ebenso kann die Entscheidung des SG über das Ablehnungsgesuch nicht zur Zulassung der Berufung führen, da ein etwaiger Verfahrensfehler insoweit nicht der Beurteilung des Landessozialgerichts unterliegt (vgl § 172 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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