Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 885/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 476/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12.01.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festzustellen ist.
Bei dem 1955 geborenen Kläger stellte das Landratsamt Bodenseekreis – Versorgungsamt (LRA) mit Bescheid vom 08.05.2008 (Bl. 49/50 der Verwaltungsakte) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.07.2008 (Bl. 57/58 der Verwaltungsakte) wegen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, einem Schulter-Arm-Syndrom sowie einer Funktionsbehinderung beider Schultergelenke einen Gesamt-GdB von 20 seit dem 26.02.2008 fest. Ein Neufeststellungsantrag vom 18.10.2010 blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 20.05.2011, Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012).
Am 05.04.2013 stellte der Kläger beim LRA erneut einen Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen (Bl. 195/199 der Verwaltungsakte).
Das LRA zog daraufhin einen Befundschein des Allgemeinmediziners H. (Bl. 207 der Verwaltungsakte), des Facharztes für Orthopädie Dr. M. (Bl. 214 der Verwaltungsakte) sowie des HNO-Arztes Dr. G. (Bl. 217 der Verwaltungsakte) bei und ließ diese versorgungsmedizinisch auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. E. vom 24.09.2013 lehnte das LRA den Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit Bescheid vom 30.09.2013 ab. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Schulter-Arm-Syndrom, eine Funktionsbehinderung des Schultergelenks (GdB 20) sowie ein Tinnitus (GdB 10). Die beginnende Hüftarthrose, die Zehenfehlform sowie die Depression bedingten keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und der damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht eingetreten.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 01.10.2013 Widerspruch und führte zur Begründung an, er leide unter massiven Schultergelenksbeschwerden, die auch isoliert nicht nur mit einem GdB von 20 zu bewerten seien. Gleiches gelte für die Wirbelsäule, die über sämtliche drei Segmente geschädigt sei. Auch bei mittelgradiger Ausprägung rechtfertige dies einen GdB von 30 bis 40. Völlig zu Unrecht sei zudem der Hüftgelenksbefund in seinem Zusammenspiel mit der Fußdeformität vernachlässigt worden. Auch die depressive Erkrankung sei durch die Ausführungen des Hausarztes belegt. Der hinzugetretene Tinnitus unterhalte und verstärke diesen Befund weiter. Hieraus ergebe sich eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die einen GdB von 30 rechtfertige. Insgesamt sei ein GdB von 70 festzustellen (Bl. 260/261 der Verwaltungsakte). Er legte zugleich die im Rentenverfahren eingeholten zeugenschaftlichen Auskünfte des Facharztes für Chirurgie und Orthopädie Dr. R. vom 22.07.2011 (Bl. 257/259 der Verwaltungsakte) und des Hausarztes H. vom 05.08.2011 (Bl. 255/256 der Verwaltungsakte) sowie das ebenfalls im Rentenverfahren erhobene Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. vom 27.02.2012 (Bl. 229/254 der Verwaltungsakte) vor.
Das LRA zog daraufhin medizinische Unterlagen von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bei und ließ diese versorgungsmedizinisch auswerten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2014 wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch des Klägers zurück (Bl. 278 der Verwaltungsakte).
Am 21.03.2014 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) und wiederholte zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Darüber hinaus sei bei ihm ein chronifiziertes, polytopes Schmerzsyndrom mit instabiler Verlaufsform Stadium II nach Gerbershagen sowie eine depressive Verstimmung diagnostiziert worden. Auch diese Befunde seien zusätzlich zu berücksichtigen. Zugleich übersandte er das gemäß § 109 SGG im Rentenverfahren erhobene Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B. vom 02.03.2014 (Bl. 16 ff. der SG-Akte).
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG Beweis durch Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Allgemeinmediziner H. gab an (Auskunft vom 21.11.2014 – Bl. 53 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestünden Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultergelenke, der Wirbelsäule und der Hüfte. Er leide unter einer rezidivierenden depressiven Episode, gegenwärtig leicht, in der Vergangenheit bis mittelschwer. Zudem sei ein chronischer Tinnitus und eine Hochtonschwerhörigkeit zu berücksichtigen. Insgesamt bewerte er den GdB mit 40. HNO-Arzt Dr. G. teilte mit (Auskunft vom 27.11.2014 – Bl. 62 ff. der SG-Akte), der Kläger leide unter einem chronischen Tinnitus und einer Hochtoninnohrschwerhörigkeit beidseits. Der prozentuale Hörverlust betrage 17 % rechts und 14 % links und sei mit einer MdE von 15 zu bewerten. Facharzt für Orthopädie Dr. Marcinowski gab an (Auskunft vom 18.12.2014 – Bl. 66 der SG-Akte), bei dem Kläger bestünde eine hochgradig schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke bei ausgeprägtem Supraspinatussyndrom und Impingement-Syndrom beidseits. Er halte einen Gesamt-GdB von 30 für angemessen.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B. vom 10.06.2015, der den Kläger am 19.05.2015 persönlich untersuchte (Bl. 74 ff. der SG-Akte). Lege man die objektive Befundlage zu Grunde, so sei das Wirbelsäulenleiden ohne Berücksichtigung der Schulterbefunde mit einem GdB von 10 zu bewerten, da keine über geringe funktionelle Auswirkungen hinausreichende Befunde am Achsorgan festgestellt werden könnten. Eine Höherbewertung wegen eines besonders außergewöhnlichen Schmerzsyndroms sei nicht möglich. Der Kläger habe sämtlichen Schmerzmittelkonsum eingestellt. Ein außergewöhnlicher Leidensdruck könne hieraus nicht abgeleitet werden. Hinsichtlich der Schulter-Problematik sei darauf hinzuweisen, dass die Beweglichkeit der Schulter bei sämtlichen neutralen gutachterlichen Untersuchungen nicht in relevantem Maße eingeschränkt gewesen sei. Die Streckung der Hüftgelenke sei seitengleich frei, eine graduelle Einschränkung finde sich lediglich bei gebeugter Stellung der Hüftgelenke. Der Hallux valgus sei relativ gering ausgeprägt und bedinge für sich genommen keine relevante funktionelle Beeinträchtigung. Es liege jedoch eine graduelle Funktionsbehinderung im Großzehengrundgelenk vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2016 wies das SG die Klage ab. Ein höherer GdB als 20 ergebe sich nicht.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 14.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.02.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Zur Begründung führt er an, das SG stütze sich ausschließlich auf das Gutachten des Dr. B ... Diesem sei jedoch entgegenzuhalten, dass es auf einer rein mechanistischen Betrachtungsweise beruhe und jedwede Art von Schmerzzustand bei der Begutachtung ebenso konsequent wie in unzutreffender Weise ausgeklammert habe. Es nehme daher kein Wunder, dass Dr. B. in seinem Gutachten, welches vom Gericht einigermaßen unreflektiert übernommen worden sei, in einem diametralen Gegensatz stehe zu den Ausführungen der behandelnden Ärzte. Im Übrigen habe der behandelnde HNO-Arzt einen GdB von 15 bestätigt, welcher neben dem bestehenden Tinnitus einzurechnen gewesen wäre. Die Einschränkung des Hörvermögens einschließlich Tinnitus sei demnach mit einem Einzel-GdB von 20, wenn nicht gar 30 zu bewerten. Es werde die Einholung eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. R. beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12.01.2016 und den Bescheid vom 30.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.03.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides werde Bezug genommen.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des behandelnden HNO-Arztes Dr. G ... Dieser hat mit Schreiben vom 20.09.2016 (Bl. 23/27 der Senatsakte) angegeben, der Kläger habe sich einmalig am 26.11.2015 bei ihm vorgestellt. Es bestehe ein prozentualer Hörverlust von 17 % rechts und 14 % links. Er schätze die MdE auf 15.
Auf die Kostenanforderung des Senats für die Begutachtung nach § 109 SGG teilte der Kläger mit, er habe sich dazu entschlossen, sich keinen weiteren gutachterlichen Untersuchungen mehr stellen zu wollen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 06.03.2017, Bl. 32 der Senatsakte und Schreiben des Klägervertreters vom 15.03.2017, Bl. 33 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf zwei Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 30.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.03.2014, mit welchem die Feststellung eines höheren GdB abgelehnt worden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 20. Der Gerichtsbescheid des SG vom 12.01.2016 ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung seines im letzten Feststellungsbescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.07.2008 mit einem GdB von 20 berücksichtigten Behinderungszustandes dahingehend, dass nunmehr ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen wäre, nicht eingetreten ist.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 10 festzustellen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wir-belsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Bei dem Kläger besteht ein chronisches, teils ortsständiges, teils radikuläres, degenerativ bedingtes cervicales Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule (HWS) mit funktionell unbedeutsamen Störungen der linken Hand, ein chronisches, ortsständiges, degenerativ bedingtes thorakales Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbehinderung der Brustwirbelsäule (BWS), ein chronisches, ortsständiges und pseudoradikuläres, degenerativ bedingtes lumbales Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule (LWS) und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, eine funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik sowie eine muskuläre Dysbalance im Bereich des Rückens. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B. vom 10.06.2015.
Bei der Untersuchung durch Dr. B. erfolgte das An- und Auskleiden flüssig und selbständig mit freier Überkopfbewegung und freier Rumpfvorneigung, es zeigten sich hierbei weder Ausweichbewegungen noch Schonhaltungstendenzen. Bei der inspektorischen Untersuchung fand sich ein weitgehend waagerechter Beckenstand, eine waagerechte Schulterlinie sowie eine geringfügig linkskonvexe lumbale Skoliose. Bei der palparischen Untersuchung ließ sich im Bereich der gesamten Paravertebralmuskulatur kein wesentlicher Druckschmerz auslösen. Über der Dornfortsatzreihe der LWS wurde ein geringer Klopfschmerz angegeben, die Dortfortsatzreihe der BWS war nicht klopfempfindlich. Bei der funktionellen Untersuchung zeigte sich die HWS weitgehend altersphysiologisch frei. Ein Bewegungsschmerz wurde nicht angegeben. Auch im Bereich der BWS und LWS waren keine relevanten funktionellen Einschränkungen und kein Bewegungsschmerz zu objektivieren. Im Bereich der HWS gelang das Vorneigen/Rückneigen mit 45-0-45°, die Seitneigung re./li. mit 40-0-40°, das Drehen re./li. mit 60-0-60°. Im Bereich der BWS und LWS gelang die Seitneigung re./li. mit 30-0-30°, das Drehen im Sitzen re./li. ebenfalls mit 30-0-30°. Der Finger-Boden-Abstand betrug 24 cm, der Finger-Zehen-Abstand im Langsitz 12 cm, das Schober’sche Zeichen 10/13 cm, das Ott’sche Zeichen 30/31 cm.
Der Senat kann damit nur geringe Einschränkungen der Beweglichkeit ohne anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfällen feststellen. Auch intermittierende Störungen im Rahmen einer Spinalkanalstenose liegen nicht vor. Die foraminäre Enge bei C5/6 links schlägt sich lediglich in sensiblen Störungen im Bereich der linken Hand nieder. Funktionell relevante motorische Ausfälle konnten nicht objektiviert werden. Der im Langsitz ermittelte Finger-Zehen-Abstand von 12 cm relativiert den Finger-Boden-Abstand von 24 cm und schließt insoweit eine relevante Inklinationsbehinderung der LWS hinlänglich sicher aus.
Für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Wirbelsäule ist daher ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind hierbei Schmerzen nicht zusätzlich Teil-GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (vgl. VG Teil A 2j). Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit, die beim Kläger eine ärztliche Behandlung erfordert, lässt sich den vorliegenden Gutachten und den zu den Akten gelangten sonstigen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Eine besondere schmerztherapeutische Behandlung wird nicht durchgeführt. Der Kläger nimmt keinerlei Schmerzmittel, so dass die therapeutischen Bemühungen auf physiotherapeutische Maßnahmen beschränken. Ein außergewöhnlicher Leidensdruck ist hieraus nicht abzuleiten.
An dieser Bewertung ändern weder die zeugenschaftlichen Aussagen des Allgemeinarztes H. und des Orthopäden Dr. M. noch das im Rentenverfahren erhobene Gutachten des Prof. Dr. B. etwas. Der Allgemeinarzt H. bewertet zwar den Schulter- und Wirbelsäulenbefund mit einem GdB von 30, teilt jedoch keine Funktionsbefunde mit, die eine entsprechende Bewertung rechtfertigen könnten. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB jedoch nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen daher noch nicht die Annahme eines GdB. Dr. M. teilt schon keine Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit. Prof. Dr. B. beschreibt in seinem Gutachten die Beweglichkeit der Wirbelsäule global eingeschränkt, insbesondere im Bereich der Seitneigung nach rechts, ohne freilich Angaben nach der Neutral-Null-Methode mitzuteilen. Eine entsprechende Einschränkung kann weder dem ebenfalls im Rentengutachten erhobenen Gutachten des Dr. K. noch dem Gutachten des Dr. B. entnommen werden. Auch soweit Prof. Dr. B. bei dem Kläger ein chronifiziertes Schmerzsyndrom mit instabiler Verlaufsform im Stadium 2 nach Gerbershagen diagnostiziert hat, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Auch dem Gutachten des Prof. Dr. B. lässt sich in der Medikamentenanamnese nur die Einnahme einer Bedarfsmedikation Diclo 75 SL entnehmen, die der Kläger nach eigenen Angaben gegenüber Prof. Dr. B. nur sehr selten einnehme. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger mitgeteilt, er versuche gar keine Medikamente zu nehmen und habe alles abgesetzt. Eine Schmerztherapie wird nicht durchgeführt. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. B. gab der Kläger zudem an, er habe die Anreise von 127 km innerhalb von zwei Stunden mit dem eigenen PKW bewältigt und sei ohne Pause durchgefahren. Der Schmerz werde durch bestimmte Bewegungen ausgelöst, "glücklicherweise immer nur gegen Abend, so dass er den Schmerz über die Nacht gewissermaßen verschlafen könne". Eine besondere Schmerzsymptomatik kann der Senat nach alledem nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Arme ist kein Einzel-GdB festzustellen.
Nach Teil B Nr. 18.13 der VG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel), wenn die Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist, einen GdB von 10, gelingt die Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Bei dem Kläger besteht eine chronische Omalgie beidseits ohne relevante Funktionsbehinderung der Schultergelenke mit rezidivierender Impingement-Symptomatik bei Zustand nach zweimaliger Schulter-OP beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ...
Bei der Untersuchung durch Dr. B. war die Hohlhandbeschwielung seitengleich normal ausgeprägt. Die Muskel- und Gelenkkonturen der Arme wiesen keine grobe Seitendifferenz auf. Bei der palpatorischen Untersuchung gab der Kläger eine Druckdolenz am linken Schulterendgelenk an. Die übrigen Abschnitte der oberen Gliedmaßen wiesen keine Druckdolenz auf. Auch fanden sich keine sonstigen palpatorischen Auffälligkeiten, insbesondere keine Resistenzen oder Schwellungen. Bei der funktionellen Untersuchung zeigte sich bei der aktiven Bewegungsprüfung ein seitengleich frei und ohne Schmerzangabe vorführbarer Cross-Body-Griff, Schürzengriff und Nackengriff. Die isometrische Abduktion der Arme im Schultergelenk war seitengleich kräftig und ohne Schmerzangabe vorführbar. Bei der passiven Funktionsprüfung zeigte sich eine marginale Einschränkung der Außenrotation im linken Schultergelenk bei angelegtem Oberarm, während die Beweglichkeit beider Schultergelenke im Übrigen frei und schmerzfrei ist. Die Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts gelang rechts wie links mit 170-0-60°. Die Bewegung des Armes rückwärts/vorwärts war rechts wie links mit 40-0-170° möglich. Auswärtsdrehung/Einwärtsdrehung mit anliegendem Oberarm gelang rechts mit 80-0-60° und links mit 60-0-60°, bei um 90° seitwärts abgehobenen Oberarm gelang dies rechts wie links mit 80-0-40°.
Der Senat kann damit im Bereich der Schulter keine Bewegungsdefizite feststellen, die die Schwelle einer geringgradigen Bewegungseinschränkung i.S.d. Teil B Nr. 18.13 VG erreichen würden. Auch bei der aktiven Funktionsprüfung konnte keine relevante Funktionseinschränkung nachgewiesen werden (vgl. seitengleich freier Cross-Body-Griff, seitengleich freier Schürzengriff, seitengleich freier Nackengriff). Ein Einzel-GdB im Bereich der Arme ergibt sich daher nicht.
Hieran ändern auch die zeugenschaftlichen Auskünfte des Allgemeinarztes H. und des Orthopäden Dr. M. nichts. Zwar bescheinigte der Allgemeinarzt H. zeitweilige Schmerzen bereits ab einer Armhebung von 75°, ab 120° sei die Armhebung nicht mehr durchführbar, allerdings war die Beweglichkeit weder bei Dr. K. noch bei Dr. B. relevant eingeschränkt. Zudem wird diese Angabe durch den von Allgemeinmediziner H. übersandten Befundbericht des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. vom 09.09.2014 (Bl. 55 der SG-Akte) widerlegt. Nach den dortigen Angaben war die Beweglichkeit der Schultern nicht relevant eingeschränkt: Die Flexion gelang mit 180° und lag damit im Normbereich, die Seithebung links mit 160° und rechts mit 170° war ebenfalls nicht eingeschränkt. Die Außenrotation war links mit 60° und rechts mit 70° und damit im Normbereich möglich, die Innenrotation gelang bis L2. Die zeugenschaftliche Auskunft des Dr. Marcinowski, in welcher dieser für die Einschränkungen im Bereich der Schultergelenke einen GdB von 30 annimmt, enthält keine Funktionsbefunde, die eine entsprechende Bewertung rechtfertigen würde. Auch aus dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Befundschein des Dr. M. vom 15.07.2013 ergeben sich solche nicht. Zudem zeigte sich bei Prof. Dr. B. ebenfalls eine freie Beweglichkeit bei leichter Kraftminderung links. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten besonderen Schmerzsymptomatik wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Auch im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Hierbei ergibt sich zunächst kein Teil-GdB für die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Hüfte. Nach Teil B Nr. 18.14 VG bedingen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10-20, beidseitig einen GdB von 20-30.
Bei dem Kläger besteht im Bereich der Hüfte eine geringfügige Funktionsbehinderung der Hüftgelenke links betonter als rechts bei initialer Coxarthrose beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ... Bei der Untersuchung durch Dr. B. zeigte sich eine graduelle Einschränkung der Innenrotation beider Hüftgelenke insbesondere in gebeugter Stellung, nur gering in gestreckter Stellung, links jeweils etwas betonter als rechts. Ein Bewegungsschmerz war hierbei nicht auslösbar. Die Tiefhocke war unauffällig vorführbar, das Aufrichten aus der tiefen Hocke erfolgte frei und ohne Abstützen der Arme. Die Streckung/Beugung gelang rechts wie links mit 0-0-120°, das Abspreizen/Anführen rechts wie links mit 50-0-30°. Die Drehung ausw./einw. (Hüftgelenke 90° gebeugt) war rechts mit 50-0-10° und links mit 50-0-0° möglich, bei gestreckten Hüftgelenken gelang die Drehung rechts mit 50-0-30° und links mit 50-0-20°.
Eine GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Hüfte lässt sich damit nicht feststellen. Die Streckung der Hüftgelenke ist seitengleich frei. Die Beugung ist beidseits bei 120° möglich. Die Anspreiz- und Abspreizbeweglichkeit ist gut. Auch die Außenrotation in gebeugter als auch in gestreckter Stellung liegt – wie von Dr. B. überzeugend dargestellt – mit 50° im oberen Normbereich. Graduell eingeschränkt ist nur die Innenrotation, insbesondere bei gebeugter Stellung der Hüftgelenke. Dies reicht jedoch nicht aus, auch bei beidseitigem Betroffensein, einen messbaren GdB von wenigstens 10 zu begründen.
Soweit der Allgemeinmediziner H. in seiner zeugenschaftlichen Aussage eine initiale Coxarthrose angibt, sieht auch er lediglich geringgradige Symptome und Bewegungseinschränkungen ohne das Ausmaß jedoch genauer mitzuteilen. Ein Rückschluss auf den GdB lässt sich hieraus nicht ziehen. Wie bereits dargelegt, kommt nach den VG (Teil B 18.1) allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. So liegt der Fall auch hier. Soweit Prof. Dr. B. in seinem Gutachten eine eingeschränkte Außen- und Innenrotation im Bereich des rechten Hüftgelenkes mit Schmerzangabe mitteilt, fehlen substantielle Angaben zum Ausmaß der funktionellen Einschränkungen. Ein Rückschluss auf die Höhe des GdB lässt sich auch hieraus nicht ziehen.
Auch im Bereich der Füße lässt sich kein Teil-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 18.14 VG bedingen Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkungen (z. B. Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) keinen GdB, solche mit statischer Auswirkung bei einer Funktionsstörung geringen Grades bedingen einen GdB von 10. Bei einer Funktionsstörung stärkeren Grades ist ein GdB von 20 anzunehmen. Die Versteifung aller Zehen eines Fußes in günstiger Stellung bedingen einen GdB von 10, bei Versteifung in ungünstiger Stellung ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Bei dem Kläger besteht eine Senk-Spreizfuß-Deformität beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ... Es besteht eine relativ geringe Ausprägung, die für sich genommen zu keiner relevanten funktionellen Beeinträchtigung führt. Ein GdB ist insoweit nicht anzunehmen.
Darüber hinaus besteht bei dem Kläger im Bereich der Füße eine Funktionsbeeinträchtigung des Großzehengrundgelenkes links bei Großzehengrundgelenksarthrose links. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ... Die beim Kläger vorliegende Einschränkung der Großzehengrundgelenksbeweglichkeit links auf 3/5 der Norm ist jedoch nicht geeignet, einen messbaren GdB zu begründen. Am rechten Vorfuß liegt keine relevante Einschränkung am Großzehengrundgelenk vor.
Funktionsbehinderungen, die die Feststellung eines Einzel-GdB rechtfertigen könnten, lassen sich im Funktionssystem der Beine mithin nicht feststellen.
Im Funktionssystem des Gehirn einschließlich der Psyche lässt sich unter Berücksichtigung einer leichteren psychischen Störung jedenfalls kein höherer Einzel-GdB als 10 annehmen.
Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einen GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten.
Der Kläger leidet unter einer seelischen Störung. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des Allgemeinarztes H. vom 21.11.2014. Auch dieser schätzt die seelische Störung jedoch als leicht ein. Im Hinblick darauf, dass Prof. Dr. B. im Rahmen seines Gutachtens angegeben hat, dass der Kläger nicht im eigentlichen Sinne depressiv sei und weder eine fachpsychiatrische Behandlung noch eine Psychopharmakatherapie durchgeführt wird, die für einen maßgeblichen Leidensdruck sprechen würden, kann der Senat keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass ein höherer Teil-GdB als 10 anzunehmen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von Prof. Dr. B. diagnostizierten Schmerzstörung. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen hierzu Bezug genommen. Im Hinblick auf die fehlende Behandlung konnte sich der Senat nicht von dem Vorliegen einer solchen Erkrankung überzeugen. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind jedoch, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R, juris; Bayerisches LSG 05.02.2013 - L 15 SB 23/10, juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R, juris), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (BSG 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92, juris). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
Auch der bei dem Kläger vorliegende Tinnitus vermag eine Höherbewertung nicht zu rechtfertigen. Zwar ist nach Teil B Nr. 5.3 VG der GdB für Ohrgeräusche unter Berücksichtigung ihrer psychischen Begleiterscheinungen zu bemessen. Solche sind bei dem Kläger jedoch nicht feststellbar. Im Befundbericht des HNO-Arztes Dr. G. vom 25.02.2013 (Bl. 210 der Verwaltungsakte) wird ein lediglich geringer Leidensdruck angegeben. Von einer weiteren Therapie wurde aus diesem Grund abgesehen. Nach der Anamnese bestanden weder Schlafstörungen noch Konzentrationsstörungen. In der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. G. vom 20.09.2016 werden nunmehr intermittierende Ein- und Durchschlafstörungen angegeben. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ergeben sich hieraus jedoch nicht.
Im Funktionssystem der Ohren konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 5 VG ist für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist, maßgebend. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (siehe Teil B Nr. 5.2.4, Tabelle D) zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den entsprechenden Tabellen abzuleiten.
Bei dem Kläger besteht eine Hochtonschwerhörigkeit. Dies entnimmt der Senat der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. G. vom 27.11.2014 sowie vom 20.09.2016. Dem beigefügten Sprachaudiogramm vom 27.11.2014 lässt sich ein Hörverlust von beidseits 0 % entnehmen. Das Tonaudiogramm vom 27.11.2014, welches gemäß Teil B Nr. 5.2.2 der VG zu bewerten ist, nachdem es sich nicht um eine Hochtonschwerhörigkeit vom Typ Lärmschwerhörigkeit handelt, ergibt einen Hörverlust von rechts 17 % und links 14 %. Nach Tabelle 5.2.4 der VG ergibt sich damit kein GdB.
Weitere Gesundheitsstörungen sind weder vorgetragen noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist mithin vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Damit ist bei dem Kläger jedenfalls ein höherer Gesamt-GdB als 20 nicht festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder ein anderer Wert – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von
• 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes • 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche
wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend auswirken (Teil A Nr. 3 lit. d, ee VG). Die Feststellung eines höheren GdB als 20 kommt derzeit damit nicht in Betracht.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob in den nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) festgestellten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine derartige wesentliche Änderung eingetreten ist, dass ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festzustellen ist.
Bei dem 1955 geborenen Kläger stellte das Landratsamt Bodenseekreis – Versorgungsamt (LRA) mit Bescheid vom 08.05.2008 (Bl. 49/50 der Verwaltungsakte) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.07.2008 (Bl. 57/58 der Verwaltungsakte) wegen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, einem Schulter-Arm-Syndrom sowie einer Funktionsbehinderung beider Schultergelenke einen Gesamt-GdB von 20 seit dem 26.02.2008 fest. Ein Neufeststellungsantrag vom 18.10.2010 blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 20.05.2011, Widerspruchsbescheid vom 12.01.2012).
Am 05.04.2013 stellte der Kläger beim LRA erneut einen Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bisher berücksichtigten bzw. neu aufgetretener Gesundheitsstörungen (Bl. 195/199 der Verwaltungsakte).
Das LRA zog daraufhin einen Befundschein des Allgemeinmediziners H. (Bl. 207 der Verwaltungsakte), des Facharztes für Orthopädie Dr. M. (Bl. 214 der Verwaltungsakte) sowie des HNO-Arztes Dr. G. (Bl. 217 der Verwaltungsakte) bei und ließ diese versorgungsmedizinisch auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. E. vom 24.09.2013 lehnte das LRA den Antrag des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit Bescheid vom 30.09.2013 ab. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen lägen vor: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein Schulter-Arm-Syndrom, eine Funktionsbehinderung des Schultergelenks (GdB 20) sowie ein Tinnitus (GdB 10). Die beginnende Hüftarthrose, die Zehenfehlform sowie die Depression bedingten keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und der damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht eingetreten.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 01.10.2013 Widerspruch und führte zur Begründung an, er leide unter massiven Schultergelenksbeschwerden, die auch isoliert nicht nur mit einem GdB von 20 zu bewerten seien. Gleiches gelte für die Wirbelsäule, die über sämtliche drei Segmente geschädigt sei. Auch bei mittelgradiger Ausprägung rechtfertige dies einen GdB von 30 bis 40. Völlig zu Unrecht sei zudem der Hüftgelenksbefund in seinem Zusammenspiel mit der Fußdeformität vernachlässigt worden. Auch die depressive Erkrankung sei durch die Ausführungen des Hausarztes belegt. Der hinzugetretene Tinnitus unterhalte und verstärke diesen Befund weiter. Hieraus ergebe sich eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die einen GdB von 30 rechtfertige. Insgesamt sei ein GdB von 70 festzustellen (Bl. 260/261 der Verwaltungsakte). Er legte zugleich die im Rentenverfahren eingeholten zeugenschaftlichen Auskünfte des Facharztes für Chirurgie und Orthopädie Dr. R. vom 22.07.2011 (Bl. 257/259 der Verwaltungsakte) und des Hausarztes H. vom 05.08.2011 (Bl. 255/256 der Verwaltungsakte) sowie das ebenfalls im Rentenverfahren erhobene Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. vom 27.02.2012 (Bl. 229/254 der Verwaltungsakte) vor.
Das LRA zog daraufhin medizinische Unterlagen von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bei und ließ diese versorgungsmedizinisch auswerten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2014 wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch des Klägers zurück (Bl. 278 der Verwaltungsakte).
Am 21.03.2014 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) und wiederholte zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Darüber hinaus sei bei ihm ein chronifiziertes, polytopes Schmerzsyndrom mit instabiler Verlaufsform Stadium II nach Gerbershagen sowie eine depressive Verstimmung diagnostiziert worden. Auch diese Befunde seien zusätzlich zu berücksichtigen. Zugleich übersandte er das gemäß § 109 SGG im Rentenverfahren erhobene Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B. vom 02.03.2014 (Bl. 16 ff. der SG-Akte).
Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG Beweis durch Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Allgemeinmediziner H. gab an (Auskunft vom 21.11.2014 – Bl. 53 ff. der SG-Akte), bei dem Kläger bestünden Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultergelenke, der Wirbelsäule und der Hüfte. Er leide unter einer rezidivierenden depressiven Episode, gegenwärtig leicht, in der Vergangenheit bis mittelschwer. Zudem sei ein chronischer Tinnitus und eine Hochtonschwerhörigkeit zu berücksichtigen. Insgesamt bewerte er den GdB mit 40. HNO-Arzt Dr. G. teilte mit (Auskunft vom 27.11.2014 – Bl. 62 ff. der SG-Akte), der Kläger leide unter einem chronischen Tinnitus und einer Hochtoninnohrschwerhörigkeit beidseits. Der prozentuale Hörverlust betrage 17 % rechts und 14 % links und sei mit einer MdE von 15 zu bewerten. Facharzt für Orthopädie Dr. Marcinowski gab an (Auskunft vom 18.12.2014 – Bl. 66 der SG-Akte), bei dem Kläger bestünde eine hochgradig schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke bei ausgeprägtem Supraspinatussyndrom und Impingement-Syndrom beidseits. Er halte einen Gesamt-GdB von 30 für angemessen.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B. vom 10.06.2015, der den Kläger am 19.05.2015 persönlich untersuchte (Bl. 74 ff. der SG-Akte). Lege man die objektive Befundlage zu Grunde, so sei das Wirbelsäulenleiden ohne Berücksichtigung der Schulterbefunde mit einem GdB von 10 zu bewerten, da keine über geringe funktionelle Auswirkungen hinausreichende Befunde am Achsorgan festgestellt werden könnten. Eine Höherbewertung wegen eines besonders außergewöhnlichen Schmerzsyndroms sei nicht möglich. Der Kläger habe sämtlichen Schmerzmittelkonsum eingestellt. Ein außergewöhnlicher Leidensdruck könne hieraus nicht abgeleitet werden. Hinsichtlich der Schulter-Problematik sei darauf hinzuweisen, dass die Beweglichkeit der Schulter bei sämtlichen neutralen gutachterlichen Untersuchungen nicht in relevantem Maße eingeschränkt gewesen sei. Die Streckung der Hüftgelenke sei seitengleich frei, eine graduelle Einschränkung finde sich lediglich bei gebeugter Stellung der Hüftgelenke. Der Hallux valgus sei relativ gering ausgeprägt und bedinge für sich genommen keine relevante funktionelle Beeinträchtigung. Es liege jedoch eine graduelle Funktionsbehinderung im Großzehengrundgelenk vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2016 wies das SG die Klage ab. Ein höherer GdB als 20 ergebe sich nicht.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 14.01.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.02.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Zur Begründung führt er an, das SG stütze sich ausschließlich auf das Gutachten des Dr. B ... Diesem sei jedoch entgegenzuhalten, dass es auf einer rein mechanistischen Betrachtungsweise beruhe und jedwede Art von Schmerzzustand bei der Begutachtung ebenso konsequent wie in unzutreffender Weise ausgeklammert habe. Es nehme daher kein Wunder, dass Dr. B. in seinem Gutachten, welches vom Gericht einigermaßen unreflektiert übernommen worden sei, in einem diametralen Gegensatz stehe zu den Ausführungen der behandelnden Ärzte. Im Übrigen habe der behandelnde HNO-Arzt einen GdB von 15 bestätigt, welcher neben dem bestehenden Tinnitus einzurechnen gewesen wäre. Die Einschränkung des Hörvermögens einschließlich Tinnitus sei demnach mit einem Einzel-GdB von 20, wenn nicht gar 30 zu bewerten. Es werde die Einholung eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. R. beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12.01.2016 und den Bescheid vom 30.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.03.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides werde Bezug genommen.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des behandelnden HNO-Arztes Dr. G ... Dieser hat mit Schreiben vom 20.09.2016 (Bl. 23/27 der Senatsakte) angegeben, der Kläger habe sich einmalig am 26.11.2015 bei ihm vorgestellt. Es bestehe ein prozentualer Hörverlust von 17 % rechts und 14 % links. Er schätze die MdE auf 15.
Auf die Kostenanforderung des Senats für die Begutachtung nach § 109 SGG teilte der Kläger mit, er habe sich dazu entschlossen, sich keinen weiteren gutachterlichen Untersuchungen mehr stellen zu wollen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben des Beklagten vom 06.03.2017, Bl. 32 der Senatsakte und Schreiben des Klägervertreters vom 15.03.2017, Bl. 33 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf zwei Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 30.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.03.2014, mit welchem die Feststellung eines höheren GdB abgelehnt worden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 20. Der Gerichtsbescheid des SG vom 12.01.2016 ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Einzel-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Hiervon ausgehend steht für den Senat fest, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung seines im letzten Feststellungsbescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.07.2008 mit einem GdB von 20 berücksichtigten Behinderungszustandes dahingehend, dass nunmehr ein Gesamt-GdB von 50 festzustellen wäre, nicht eingetreten ist.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 10 festzustellen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wir-belsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Bei dem Kläger besteht ein chronisches, teils ortsständiges, teils radikuläres, degenerativ bedingtes cervicales Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule (HWS) mit funktionell unbedeutsamen Störungen der linken Hand, ein chronisches, ortsständiges, degenerativ bedingtes thorakales Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbehinderung der Brustwirbelsäule (BWS), ein chronisches, ortsständiges und pseudoradikuläres, degenerativ bedingtes lumbales Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule (LWS) und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, eine funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik sowie eine muskuläre Dysbalance im Bereich des Rückens. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B. vom 10.06.2015.
Bei der Untersuchung durch Dr. B. erfolgte das An- und Auskleiden flüssig und selbständig mit freier Überkopfbewegung und freier Rumpfvorneigung, es zeigten sich hierbei weder Ausweichbewegungen noch Schonhaltungstendenzen. Bei der inspektorischen Untersuchung fand sich ein weitgehend waagerechter Beckenstand, eine waagerechte Schulterlinie sowie eine geringfügig linkskonvexe lumbale Skoliose. Bei der palparischen Untersuchung ließ sich im Bereich der gesamten Paravertebralmuskulatur kein wesentlicher Druckschmerz auslösen. Über der Dornfortsatzreihe der LWS wurde ein geringer Klopfschmerz angegeben, die Dortfortsatzreihe der BWS war nicht klopfempfindlich. Bei der funktionellen Untersuchung zeigte sich die HWS weitgehend altersphysiologisch frei. Ein Bewegungsschmerz wurde nicht angegeben. Auch im Bereich der BWS und LWS waren keine relevanten funktionellen Einschränkungen und kein Bewegungsschmerz zu objektivieren. Im Bereich der HWS gelang das Vorneigen/Rückneigen mit 45-0-45°, die Seitneigung re./li. mit 40-0-40°, das Drehen re./li. mit 60-0-60°. Im Bereich der BWS und LWS gelang die Seitneigung re./li. mit 30-0-30°, das Drehen im Sitzen re./li. ebenfalls mit 30-0-30°. Der Finger-Boden-Abstand betrug 24 cm, der Finger-Zehen-Abstand im Langsitz 12 cm, das Schober’sche Zeichen 10/13 cm, das Ott’sche Zeichen 30/31 cm.
Der Senat kann damit nur geringe Einschränkungen der Beweglichkeit ohne anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfällen feststellen. Auch intermittierende Störungen im Rahmen einer Spinalkanalstenose liegen nicht vor. Die foraminäre Enge bei C5/6 links schlägt sich lediglich in sensiblen Störungen im Bereich der linken Hand nieder. Funktionell relevante motorische Ausfälle konnten nicht objektiviert werden. Der im Langsitz ermittelte Finger-Zehen-Abstand von 12 cm relativiert den Finger-Boden-Abstand von 24 cm und schließt insoweit eine relevante Inklinationsbehinderung der LWS hinlänglich sicher aus.
Für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Wirbelsäule ist daher ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind hierbei Schmerzen nicht zusätzlich Teil-GdB-erhöhend zu berücksichtigen. Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden (vgl. VG Teil A 2j). Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit, die beim Kläger eine ärztliche Behandlung erfordert, lässt sich den vorliegenden Gutachten und den zu den Akten gelangten sonstigen medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Eine besondere schmerztherapeutische Behandlung wird nicht durchgeführt. Der Kläger nimmt keinerlei Schmerzmittel, so dass die therapeutischen Bemühungen auf physiotherapeutische Maßnahmen beschränken. Ein außergewöhnlicher Leidensdruck ist hieraus nicht abzuleiten.
An dieser Bewertung ändern weder die zeugenschaftlichen Aussagen des Allgemeinarztes H. und des Orthopäden Dr. M. noch das im Rentenverfahren erhobene Gutachten des Prof. Dr. B. etwas. Der Allgemeinarzt H. bewertet zwar den Schulter- und Wirbelsäulenbefund mit einem GdB von 30, teilt jedoch keine Funktionsbefunde mit, die eine entsprechende Bewertung rechtfertigen könnten. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB jedoch nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen daher noch nicht die Annahme eines GdB. Dr. M. teilt schon keine Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit. Prof. Dr. B. beschreibt in seinem Gutachten die Beweglichkeit der Wirbelsäule global eingeschränkt, insbesondere im Bereich der Seitneigung nach rechts, ohne freilich Angaben nach der Neutral-Null-Methode mitzuteilen. Eine entsprechende Einschränkung kann weder dem ebenfalls im Rentengutachten erhobenen Gutachten des Dr. K. noch dem Gutachten des Dr. B. entnommen werden. Auch soweit Prof. Dr. B. bei dem Kläger ein chronifiziertes Schmerzsyndrom mit instabiler Verlaufsform im Stadium 2 nach Gerbershagen diagnostiziert hat, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Auch dem Gutachten des Prof. Dr. B. lässt sich in der Medikamentenanamnese nur die Einnahme einer Bedarfsmedikation Diclo 75 SL entnehmen, die der Kläger nach eigenen Angaben gegenüber Prof. Dr. B. nur sehr selten einnehme. Gegenüber Dr. B. hat der Kläger mitgeteilt, er versuche gar keine Medikamente zu nehmen und habe alles abgesetzt. Eine Schmerztherapie wird nicht durchgeführt. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. B. gab der Kläger zudem an, er habe die Anreise von 127 km innerhalb von zwei Stunden mit dem eigenen PKW bewältigt und sei ohne Pause durchgefahren. Der Schmerz werde durch bestimmte Bewegungen ausgelöst, "glücklicherweise immer nur gegen Abend, so dass er den Schmerz über die Nacht gewissermaßen verschlafen könne". Eine besondere Schmerzsymptomatik kann der Senat nach alledem nicht feststellen.
Im Funktionssystem der Arme ist kein Einzel-GdB festzustellen.
Nach Teil B Nr. 18.13 der VG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel), wenn die Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist, einen GdB von 10, gelingt die Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Bei dem Kläger besteht eine chronische Omalgie beidseits ohne relevante Funktionsbehinderung der Schultergelenke mit rezidivierender Impingement-Symptomatik bei Zustand nach zweimaliger Schulter-OP beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ...
Bei der Untersuchung durch Dr. B. war die Hohlhandbeschwielung seitengleich normal ausgeprägt. Die Muskel- und Gelenkkonturen der Arme wiesen keine grobe Seitendifferenz auf. Bei der palpatorischen Untersuchung gab der Kläger eine Druckdolenz am linken Schulterendgelenk an. Die übrigen Abschnitte der oberen Gliedmaßen wiesen keine Druckdolenz auf. Auch fanden sich keine sonstigen palpatorischen Auffälligkeiten, insbesondere keine Resistenzen oder Schwellungen. Bei der funktionellen Untersuchung zeigte sich bei der aktiven Bewegungsprüfung ein seitengleich frei und ohne Schmerzangabe vorführbarer Cross-Body-Griff, Schürzengriff und Nackengriff. Die isometrische Abduktion der Arme im Schultergelenk war seitengleich kräftig und ohne Schmerzangabe vorführbar. Bei der passiven Funktionsprüfung zeigte sich eine marginale Einschränkung der Außenrotation im linken Schultergelenk bei angelegtem Oberarm, während die Beweglichkeit beider Schultergelenke im Übrigen frei und schmerzfrei ist. Die Bewegung des Armes seitwärts/körperwärts gelang rechts wie links mit 170-0-60°. Die Bewegung des Armes rückwärts/vorwärts war rechts wie links mit 40-0-170° möglich. Auswärtsdrehung/Einwärtsdrehung mit anliegendem Oberarm gelang rechts mit 80-0-60° und links mit 60-0-60°, bei um 90° seitwärts abgehobenen Oberarm gelang dies rechts wie links mit 80-0-40°.
Der Senat kann damit im Bereich der Schulter keine Bewegungsdefizite feststellen, die die Schwelle einer geringgradigen Bewegungseinschränkung i.S.d. Teil B Nr. 18.13 VG erreichen würden. Auch bei der aktiven Funktionsprüfung konnte keine relevante Funktionseinschränkung nachgewiesen werden (vgl. seitengleich freier Cross-Body-Griff, seitengleich freier Schürzengriff, seitengleich freier Nackengriff). Ein Einzel-GdB im Bereich der Arme ergibt sich daher nicht.
Hieran ändern auch die zeugenschaftlichen Auskünfte des Allgemeinarztes H. und des Orthopäden Dr. M. nichts. Zwar bescheinigte der Allgemeinarzt H. zeitweilige Schmerzen bereits ab einer Armhebung von 75°, ab 120° sei die Armhebung nicht mehr durchführbar, allerdings war die Beweglichkeit weder bei Dr. K. noch bei Dr. B. relevant eingeschränkt. Zudem wird diese Angabe durch den von Allgemeinmediziner H. übersandten Befundbericht des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. vom 09.09.2014 (Bl. 55 der SG-Akte) widerlegt. Nach den dortigen Angaben war die Beweglichkeit der Schultern nicht relevant eingeschränkt: Die Flexion gelang mit 180° und lag damit im Normbereich, die Seithebung links mit 160° und rechts mit 170° war ebenfalls nicht eingeschränkt. Die Außenrotation war links mit 60° und rechts mit 70° und damit im Normbereich möglich, die Innenrotation gelang bis L2. Die zeugenschaftliche Auskunft des Dr. Marcinowski, in welcher dieser für die Einschränkungen im Bereich der Schultergelenke einen GdB von 30 annimmt, enthält keine Funktionsbefunde, die eine entsprechende Bewertung rechtfertigen würde. Auch aus dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Befundschein des Dr. M. vom 15.07.2013 ergeben sich solche nicht. Zudem zeigte sich bei Prof. Dr. B. ebenfalls eine freie Beweglichkeit bei leichter Kraftminderung links. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten besonderen Schmerzsymptomatik wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Auch im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Hierbei ergibt sich zunächst kein Teil-GdB für die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Hüfte. Nach Teil B Nr. 18.14 VG bedingen Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke geringen Grades (z. B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) einseitig einen GdB von 10-20, beidseitig einen GdB von 20-30.
Bei dem Kläger besteht im Bereich der Hüfte eine geringfügige Funktionsbehinderung der Hüftgelenke links betonter als rechts bei initialer Coxarthrose beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ... Bei der Untersuchung durch Dr. B. zeigte sich eine graduelle Einschränkung der Innenrotation beider Hüftgelenke insbesondere in gebeugter Stellung, nur gering in gestreckter Stellung, links jeweils etwas betonter als rechts. Ein Bewegungsschmerz war hierbei nicht auslösbar. Die Tiefhocke war unauffällig vorführbar, das Aufrichten aus der tiefen Hocke erfolgte frei und ohne Abstützen der Arme. Die Streckung/Beugung gelang rechts wie links mit 0-0-120°, das Abspreizen/Anführen rechts wie links mit 50-0-30°. Die Drehung ausw./einw. (Hüftgelenke 90° gebeugt) war rechts mit 50-0-10° und links mit 50-0-0° möglich, bei gestreckten Hüftgelenken gelang die Drehung rechts mit 50-0-30° und links mit 50-0-20°.
Eine GdB-relevante Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Hüfte lässt sich damit nicht feststellen. Die Streckung der Hüftgelenke ist seitengleich frei. Die Beugung ist beidseits bei 120° möglich. Die Anspreiz- und Abspreizbeweglichkeit ist gut. Auch die Außenrotation in gebeugter als auch in gestreckter Stellung liegt – wie von Dr. B. überzeugend dargestellt – mit 50° im oberen Normbereich. Graduell eingeschränkt ist nur die Innenrotation, insbesondere bei gebeugter Stellung der Hüftgelenke. Dies reicht jedoch nicht aus, auch bei beidseitigem Betroffensein, einen messbaren GdB von wenigstens 10 zu begründen.
Soweit der Allgemeinmediziner H. in seiner zeugenschaftlichen Aussage eine initiale Coxarthrose angibt, sieht auch er lediglich geringgradige Symptome und Bewegungseinschränkungen ohne das Ausmaß jedoch genauer mitzuteilen. Ein Rückschluss auf den GdB lässt sich hieraus nicht ziehen. Wie bereits dargelegt, kommt nach den VG (Teil B 18.1) allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. So liegt der Fall auch hier. Soweit Prof. Dr. B. in seinem Gutachten eine eingeschränkte Außen- und Innenrotation im Bereich des rechten Hüftgelenkes mit Schmerzangabe mitteilt, fehlen substantielle Angaben zum Ausmaß der funktionellen Einschränkungen. Ein Rückschluss auf die Höhe des GdB lässt sich auch hieraus nicht ziehen.
Auch im Bereich der Füße lässt sich kein Teil-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 18.14 VG bedingen Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkungen (z. B. Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) keinen GdB, solche mit statischer Auswirkung bei einer Funktionsstörung geringen Grades bedingen einen GdB von 10. Bei einer Funktionsstörung stärkeren Grades ist ein GdB von 20 anzunehmen. Die Versteifung aller Zehen eines Fußes in günstiger Stellung bedingen einen GdB von 10, bei Versteifung in ungünstiger Stellung ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Bei dem Kläger besteht eine Senk-Spreizfuß-Deformität beidseits. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ... Es besteht eine relativ geringe Ausprägung, die für sich genommen zu keiner relevanten funktionellen Beeinträchtigung führt. Ein GdB ist insoweit nicht anzunehmen.
Darüber hinaus besteht bei dem Kläger im Bereich der Füße eine Funktionsbeeinträchtigung des Großzehengrundgelenkes links bei Großzehengrundgelenksarthrose links. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. B ... Die beim Kläger vorliegende Einschränkung der Großzehengrundgelenksbeweglichkeit links auf 3/5 der Norm ist jedoch nicht geeignet, einen messbaren GdB zu begründen. Am rechten Vorfuß liegt keine relevante Einschränkung am Großzehengrundgelenk vor.
Funktionsbehinderungen, die die Feststellung eines Einzel-GdB rechtfertigen könnten, lassen sich im Funktionssystem der Beine mithin nicht feststellen.
Im Funktionssystem des Gehirn einschließlich der Psyche lässt sich unter Berücksichtigung einer leichteren psychischen Störung jedenfalls kein höherer Einzel-GdB als 10 annehmen.
Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einen GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten.
Der Kläger leidet unter einer seelischen Störung. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des Allgemeinarztes H. vom 21.11.2014. Auch dieser schätzt die seelische Störung jedoch als leicht ein. Im Hinblick darauf, dass Prof. Dr. B. im Rahmen seines Gutachtens angegeben hat, dass der Kläger nicht im eigentlichen Sinne depressiv sei und weder eine fachpsychiatrische Behandlung noch eine Psychopharmakatherapie durchgeführt wird, die für einen maßgeblichen Leidensdruck sprechen würden, kann der Senat keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass ein höherer Teil-GdB als 10 anzunehmen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von Prof. Dr. B. diagnostizierten Schmerzstörung. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen hierzu Bezug genommen. Im Hinblick auf die fehlende Behandlung konnte sich der Senat nicht von dem Vorliegen einer solchen Erkrankung überzeugen. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind jedoch, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R, juris; Bayerisches LSG 05.02.2013 - L 15 SB 23/10, juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R, juris), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (BSG 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92, juris). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
Auch der bei dem Kläger vorliegende Tinnitus vermag eine Höherbewertung nicht zu rechtfertigen. Zwar ist nach Teil B Nr. 5.3 VG der GdB für Ohrgeräusche unter Berücksichtigung ihrer psychischen Begleiterscheinungen zu bemessen. Solche sind bei dem Kläger jedoch nicht feststellbar. Im Befundbericht des HNO-Arztes Dr. G. vom 25.02.2013 (Bl. 210 der Verwaltungsakte) wird ein lediglich geringer Leidensdruck angegeben. Von einer weiteren Therapie wurde aus diesem Grund abgesehen. Nach der Anamnese bestanden weder Schlafstörungen noch Konzentrationsstörungen. In der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. G. vom 20.09.2016 werden nunmehr intermittierende Ein- und Durchschlafstörungen angegeben. Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ergeben sich hieraus jedoch nicht.
Im Funktionssystem der Ohren konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 5 VG ist für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist, maßgebend. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (siehe Teil B Nr. 5.2.4, Tabelle D) zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den entsprechenden Tabellen abzuleiten.
Bei dem Kläger besteht eine Hochtonschwerhörigkeit. Dies entnimmt der Senat der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. G. vom 27.11.2014 sowie vom 20.09.2016. Dem beigefügten Sprachaudiogramm vom 27.11.2014 lässt sich ein Hörverlust von beidseits 0 % entnehmen. Das Tonaudiogramm vom 27.11.2014, welches gemäß Teil B Nr. 5.2.2 der VG zu bewerten ist, nachdem es sich nicht um eine Hochtonschwerhörigkeit vom Typ Lärmschwerhörigkeit handelt, ergibt einen Hörverlust von rechts 17 % und links 14 %. Nach Tabelle 5.2.4 der VG ergibt sich damit kein GdB.
Weitere Gesundheitsstörungen sind weder vorgetragen noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist mithin vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Damit ist bei dem Kläger jedenfalls ein höherer Gesamt-GdB als 20 nicht festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder ein anderer Wert – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von
• 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes • 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche
wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend auswirken (Teil A Nr. 3 lit. d, ee VG). Die Feststellung eines höheren GdB als 20 kommt derzeit damit nicht in Betracht.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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