Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KR 58/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 638/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 5/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine nicht-invasive Magnetfeldtherapie.
Die am 00.00.1956 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert.
Am 11.11.2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme für eine nicht-invasive pulsierende Magnetfeldtherapie mittels eines entsprechenden Gerätes. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die Magnetfeldtherapie während einer (gemeinsam mit ihrem Ehemann durchgeführten) stationären Rehabilitation kennen gelernt habe. Unter Nutzung dieses Therapiesystems sei es zu einer Schmerzreduktion, einer Verbesserung der Bewegungsfähigkeit und des allgemeinen Wohlbefindens gekommen.
In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 12.11.2014 führte Dr. E vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) aus, dass es sich bei der beantragten Leistung weder um ein anerkanntes Hilfsmittel noch um eine anerkannte Therapieform handele. Empfohlen werde stattdessen eine fachärztliche Mitbehandlung, je nach Symptomatik und Erkrankung.
Mit einem Bescheid vom 21.11.2014 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei der pulsierenden Magnetfeldtherapie um eine neue Behandlungsmethode handele. Diese könne nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine positive Empfehlung über deren therapeutischen Nutzen und die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben habe. Der GBA habe jedoch festgestellt, dass ein Nutzen der Magnetfeldtherapie nicht nachgewiesen werden könne. Die Leistung sei in der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit dem Hinweis aufgenommen worden, dass eine Leistungserbringung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen sei.
Den dagegen am 24.11.2014 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2015 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Magnetfeldtherapie nicht erbracht werden dürfe, weil der GBA eine negative Stellungnahme zu deren Nutzen abgegeben habe; dies gelte auch für das Hilfsmittel, das im Rahmen der Therapie zur Anwendung komme. Eine notstandsähnliche Krankheitssituation liege auch nicht vor.
Dagegen richtet sich die am 05.02.2015 erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt dabei im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Durch die Magnetfeldtherapie seien die Schmerzen geringer geworden, ihr Blutdruck habe gesenkt werden können. Sie und ihr Ehemann könnten die Mietkosten für das Gerät von 200,00 EUR monatlich nicht mehr tragen; beim Kauf beliefen sich die Kosten auf nur 1.980,00 EUR brutto. Ihre Ärzte hätten mit dem Hinweis darauf, dass die Krankenkasse die Kosten für die Therapie nicht übernehmen werde, die Ausstellung einer ärztlichen Verordnung abgelehnt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2015 zu verurteilen, die Klägerin mit dem Magnetfeldtherapiesystem 200 F (komplett mit Kunstledermatte, 16 Spulen und Steckernetzteil) der Firma N zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage entspreche und daher nicht zu beanstanden sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Facharztes für Innere Medizin Dr. I (28.05.2015) und des Hausarztes der Klägerin, Dr. Q, (01.06.2015). Auf diese Berichte wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2015 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Magnetfeldtherapiesystem 200 F (komplett mit Kunstledermatte, 16 Spulen und Steckernetzteil) der Firma N.
Versicherte haben gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB V Anspruch auf ärztliche Behandlung als Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhindern oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung müssen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Qualität und Wirksamkeit haben dabei dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind hingegen nicht bereits dann zur Leistung verpflichtet, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung des Versicherten oder der behandelnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Durch diese Richtlinien wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (vgl. Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -, juris Rn. 12).
Die nicht-invasive (pulsierende) Magnetfeldtherapie stellt eine solche neue Behandlungsmethode dar. Ärztliche bzw. ärztlich verordnete Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten ist (BSG Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 28/03 R -, juris Rn. 17). So liegt der Fall hier. Es liegt nicht nur keine positive Empfehlung des GBA hinsichtlich des therapeutischen Nutzens der Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit vor; der GBA hat vielmehr eine negative Bewertung über den Nutzen der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie abgegeben (Beschluss vom 14.01.1992, Nr. 9 der Anlage 2 der NUB-RL; nunmehr Anlage II Nr. 9 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung).
Ein Ausnahmefall, in dem trotz fehlender Empfehlung eine neuartige Therapie nach gesetzlicher Konzeption beansprucht werden kann, liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Voraussetzungen eines sog. Systemversagens sind nicht erfüllt. Ein Systemversagen kann nur dann angenommen werden, wenn sich z.B. die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens vor dem GBA verzögert. Der GBA hat sich jedoch bereits mit dieser Methode befasst und deren therapeutischen Nutzen und medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht festgestellt. Das BSG hat diese Entscheidung bestätigt und in einem Urteil vom 12.08.2009 (Az.: B 3 KR 10/07 R) ausgeführt, dass hinsichtlich der Magnetfeldtherapie keine Studienlage gegeben sei, die eine positive Abschätzung des Nutzens der Methode als wahrscheinlich erscheinen lasse. Es hat die Revision eines Herstellers auf Aufnahme eines Gerätes in das Hilfsmittelverzeichnis dementsprechend zurückgewiesen.
Die in Bezug auf die nicht-invasive Magnetfeldtherapie abgegebene, negative Stellungnahme des GBA schlägt auch auf § 33 SGB V durch. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Erstellung und Fortentwicklung des Hilfsmittelverzeichnisses nicht unabhängig von der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den GBA erfolgen kann (vgl. etwa BSG Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R -, juris). Die Behandlung mit der zur Selbstanwendung den Patienten überlassenen Magnetfeldmatte samt Zubehör ist eine "neue" Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V und darf daher erst nach einer positiven Anerkennung durch den GBA im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Denn im Vergleich zu der Anwendung durch einen Therapeuten kommt es bei der selbstständigen Durchführung der Therapie durch die Patienten unter Anwendung entsprechender Geräte zu wesentlichen Änderungen hinsichtlich des medizinischen Nutzens, möglicher Risiken sowie in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlung und damit im Hinblick auf alle für die Bewertung einer Behandlungsmethode durch den GBA zentralen Gesichtspunkte (vgl. dazu BSG Urteil vom 08.07.2015 - B 3 KR 6/14 R -, juris).
Doch selbst, wenn man § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf § 33 SGB V nicht übertragen würde, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Es käme in jedem Fall das für alle Bereiche der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zur Anwendung. Nach den vom GBA ausgewerteten Studien kann aber gerade nicht davon ausgegangen werden, dass Qualität und Wirksamkeit der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Auch die Ärzte der Klägerin haben dem Gericht auf Anfrage keine Studien genannt, aus denen sich die Qualität und Wirksamkeit der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie ergeben könnte; die Ärzte der Klägerin haben sich auch geweigert, der Klägerin eine entsprechende Verordnung für die Magnetfeldtherapie auszustellen.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht ausnahmsweise wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) festgestellt, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine dem allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Rechtsprechung ist zum 01.01.2012 in § 2 Abs. 1a SGB V eingefügt worden. Der Gesetzgeber wollte damit keine neuen Leistungen einführen, sondern vielmehr bereits geltende Anspruchsvoraussetzungen gemäß grundrechtskonformer Auslegung des Leistungsrechts ins Gesetz übernehmen. Einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung steht eine Erkrankung gleich, die von ihrer Schwere und dem Ausmaß der aus ihr folgenden Beeinträchtigungen her mit solchen Krankheiten wesensmäßig verglichen werden kann. Mit diesem Kriterium ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des Off-label-Use formuliert ist. In die Beurteilung ist deshalb einzubeziehen, ob sich die Gefahr eines tödlichen Krankheitsverlaufs schon in näherer oder erst in ganz ferner noch nicht genau absehbarer Zeit zu konkretisieren droht und eine notstandsähnliche Situation i.S. einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt. Eine solche notstandsähnliche Krankheitssituation liegt ganz offenkundig nicht vor und wird auch nicht geltend gemacht.
Und schließlich ergibt sich ein Anspruch auch nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V. Danach hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung (Satz 4). Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7).
Die Beklagte hat die hier einschlägige 5-Wochen-Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V eingehalten. Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beginnt nach § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch am auf den Auftragseingang folgenden Tag - hier am 12.11.2014 - und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht, hier am 16.12.2014. Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag der Klägerin erfolgte aber schon am 21.11.2014. Diesen Bescheid hat die Klägerin ausweislich ihres am 24.11.2014 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruchsschreibens innerhalb der Frist erhalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine nicht-invasive Magnetfeldtherapie.
Die am 00.00.1956 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert.
Am 11.11.2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme für eine nicht-invasive pulsierende Magnetfeldtherapie mittels eines entsprechenden Gerätes. Zur Begründung führte sie aus, dass sie die Magnetfeldtherapie während einer (gemeinsam mit ihrem Ehemann durchgeführten) stationären Rehabilitation kennen gelernt habe. Unter Nutzung dieses Therapiesystems sei es zu einer Schmerzreduktion, einer Verbesserung der Bewegungsfähigkeit und des allgemeinen Wohlbefindens gekommen.
In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme vom 12.11.2014 führte Dr. E vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) aus, dass es sich bei der beantragten Leistung weder um ein anerkanntes Hilfsmittel noch um eine anerkannte Therapieform handele. Empfohlen werde stattdessen eine fachärztliche Mitbehandlung, je nach Symptomatik und Erkrankung.
Mit einem Bescheid vom 21.11.2014 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei der pulsierenden Magnetfeldtherapie um eine neue Behandlungsmethode handele. Diese könne nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) eine positive Empfehlung über deren therapeutischen Nutzen und die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben habe. Der GBA habe jedoch festgestellt, dass ein Nutzen der Magnetfeldtherapie nicht nachgewiesen werden könne. Die Leistung sei in der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit dem Hinweis aufgenommen worden, dass eine Leistungserbringung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen sei.
Den dagegen am 24.11.2014 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2015 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Magnetfeldtherapie nicht erbracht werden dürfe, weil der GBA eine negative Stellungnahme zu deren Nutzen abgegeben habe; dies gelte auch für das Hilfsmittel, das im Rahmen der Therapie zur Anwendung komme. Eine notstandsähnliche Krankheitssituation liege auch nicht vor.
Dagegen richtet sich die am 05.02.2015 erhobene Klage. Die Klägerin wiederholt dabei im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Durch die Magnetfeldtherapie seien die Schmerzen geringer geworden, ihr Blutdruck habe gesenkt werden können. Sie und ihr Ehemann könnten die Mietkosten für das Gerät von 200,00 EUR monatlich nicht mehr tragen; beim Kauf beliefen sich die Kosten auf nur 1.980,00 EUR brutto. Ihre Ärzte hätten mit dem Hinweis darauf, dass die Krankenkasse die Kosten für die Therapie nicht übernehmen werde, die Ausstellung einer ärztlichen Verordnung abgelehnt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2015 zu verurteilen, die Klägerin mit dem Magnetfeldtherapiesystem 200 F (komplett mit Kunstledermatte, 16 Spulen und Steckernetzteil) der Firma N zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage entspreche und daher nicht zu beanstanden sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Facharztes für Innere Medizin Dr. I (28.05.2015) und des Hausarztes der Klägerin, Dr. Q, (01.06.2015). Auf diese Berichte wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2015 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem Magnetfeldtherapiesystem 200 F (komplett mit Kunstledermatte, 16 Spulen und Steckernetzteil) der Firma N.
Versicherte haben gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB V Anspruch auf ärztliche Behandlung als Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhindern oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung müssen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Qualität und Wirksamkeit haben dabei dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind hingegen nicht bereits dann zur Leistung verpflichtet, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung des Versicherten oder der behandelnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Durch diese Richtlinien wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (vgl. Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -, juris Rn. 12).
Die nicht-invasive (pulsierende) Magnetfeldtherapie stellt eine solche neue Behandlungsmethode dar. Ärztliche bzw. ärztlich verordnete Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten ist (BSG Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 28/03 R -, juris Rn. 17). So liegt der Fall hier. Es liegt nicht nur keine positive Empfehlung des GBA hinsichtlich des therapeutischen Nutzens der Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit vor; der GBA hat vielmehr eine negative Bewertung über den Nutzen der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie abgegeben (Beschluss vom 14.01.1992, Nr. 9 der Anlage 2 der NUB-RL; nunmehr Anlage II Nr. 9 der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung).
Ein Ausnahmefall, in dem trotz fehlender Empfehlung eine neuartige Therapie nach gesetzlicher Konzeption beansprucht werden kann, liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Voraussetzungen eines sog. Systemversagens sind nicht erfüllt. Ein Systemversagen kann nur dann angenommen werden, wenn sich z.B. die Einleitung oder Durchführung des Verfahrens vor dem GBA verzögert. Der GBA hat sich jedoch bereits mit dieser Methode befasst und deren therapeutischen Nutzen und medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht festgestellt. Das BSG hat diese Entscheidung bestätigt und in einem Urteil vom 12.08.2009 (Az.: B 3 KR 10/07 R) ausgeführt, dass hinsichtlich der Magnetfeldtherapie keine Studienlage gegeben sei, die eine positive Abschätzung des Nutzens der Methode als wahrscheinlich erscheinen lasse. Es hat die Revision eines Herstellers auf Aufnahme eines Gerätes in das Hilfsmittelverzeichnis dementsprechend zurückgewiesen.
Die in Bezug auf die nicht-invasive Magnetfeldtherapie abgegebene, negative Stellungnahme des GBA schlägt auch auf § 33 SGB V durch. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Erstellung und Fortentwicklung des Hilfsmittelverzeichnisses nicht unabhängig von der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den GBA erfolgen kann (vgl. etwa BSG Urteil vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R -, juris). Die Behandlung mit der zur Selbstanwendung den Patienten überlassenen Magnetfeldmatte samt Zubehör ist eine "neue" Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V und darf daher erst nach einer positiven Anerkennung durch den GBA im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Denn im Vergleich zu der Anwendung durch einen Therapeuten kommt es bei der selbstständigen Durchführung der Therapie durch die Patienten unter Anwendung entsprechender Geräte zu wesentlichen Änderungen hinsichtlich des medizinischen Nutzens, möglicher Risiken sowie in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der Behandlung und damit im Hinblick auf alle für die Bewertung einer Behandlungsmethode durch den GBA zentralen Gesichtspunkte (vgl. dazu BSG Urteil vom 08.07.2015 - B 3 KR 6/14 R -, juris).
Doch selbst, wenn man § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf § 33 SGB V nicht übertragen würde, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Es käme in jedem Fall das für alle Bereiche der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zur Anwendung. Nach den vom GBA ausgewerteten Studien kann aber gerade nicht davon ausgegangen werden, dass Qualität und Wirksamkeit der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Auch die Ärzte der Klägerin haben dem Gericht auf Anfrage keine Studien genannt, aus denen sich die Qualität und Wirksamkeit der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie ergeben könnte; die Ärzte der Klägerin haben sich auch geweigert, der Klägerin eine entsprechende Verordnung für die Magnetfeldtherapie auszustellen.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht ausnahmsweise wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98) festgestellt, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine dem allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Diese Rechtsprechung ist zum 01.01.2012 in § 2 Abs. 1a SGB V eingefügt worden. Der Gesetzgeber wollte damit keine neuen Leistungen einführen, sondern vielmehr bereits geltende Anspruchsvoraussetzungen gemäß grundrechtskonformer Auslegung des Leistungsrechts ins Gesetz übernehmen. Einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung steht eine Erkrankung gleich, die von ihrer Schwere und dem Ausmaß der aus ihr folgenden Beeinträchtigungen her mit solchen Krankheiten wesensmäßig verglichen werden kann. Mit diesem Kriterium ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des Off-label-Use formuliert ist. In die Beurteilung ist deshalb einzubeziehen, ob sich die Gefahr eines tödlichen Krankheitsverlaufs schon in näherer oder erst in ganz ferner noch nicht genau absehbarer Zeit zu konkretisieren droht und eine notstandsähnliche Situation i.S. einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt. Eine solche notstandsähnliche Krankheitssituation liegt ganz offenkundig nicht vor und wird auch nicht geltend gemacht.
Und schließlich ergibt sich ein Anspruch auch nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V. Danach hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 3). Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung (Satz 4). Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (Satz 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (Satz 6). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 7).
Die Beklagte hat die hier einschlägige 5-Wochen-Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V eingehalten. Die Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beginnt nach § 26 Abs. 1 und 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch am auf den Auftragseingang folgenden Tag - hier am 12.11.2014 - und endet mit dem Ablauf des Tages, der nach seiner Benennung dem Tag des Antragseingangs entspricht, hier am 16.12.2014. Die Entscheidung der Beklagten über den Antrag der Klägerin erfolgte aber schon am 21.11.2014. Diesen Bescheid hat die Klägerin ausweislich ihres am 24.11.2014 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruchsschreibens innerhalb der Frist erhalten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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