Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 2121/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 281/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 13/17 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Beigeladene zu 1) wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Oktober 2006 von dem Kläger und seinem Bruder A K gegründet und am 31. Januar 2007 in das Handelsregister eingetragen. Das Gesellschaftskapital betrug 26.000 EUR, von dem der Kläger 15.600 EUR und sein Bruder 10.400 EUR hielten. Der Kläger wurde zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt. Durch Bescheid vom 4. Juni 2009 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübe.
Am 25. September 2012 schloss der Kläger auch im Namen der Beigeladenen zu 1) mit seinem Bruder und der VC F K B GmbH sowie der Software und S M GmbH einen Beteiligungsvertrag. Danach wurde das Gesellschaftskapital auf 34.212 EUR erhöht, von dem der VC F K B GmbH sowie die Software und S M GmbH jeweils 4.106 EUR übernahmen. In dem Gesellschaftsvertrag/Satzung war vorgesehen, dass Beschlüsse der Gesellschafter über bestimmte Gegenstände einer Mehrheit von 80 Prozent der abgegebenen Stimmen bedürfen.
Ebenfalls am 25. September 2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2012 einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, nach dem ihm Alleinvertretungsbefugnis erteilt und er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde. Er wurde verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft und sein Fachwissen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen. Eine ordentliche Kündigung des Vertrags sollte mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten möglich sein, der Kläger ein monatliches Bruttogehalt von 5.500,- EUR nebst Nebenleistungen wie einen Dienstwagen erhalten. Vorgesehen war weiter eine Gehaltsfortzahlung bei Krankheit oder Tod für sechs Wochen, bezahlter Urlaub, ein Wettbewerbsverbot sowie eine Abrede, dass alle Arbeitsergebnisse der Gesellschaft zustehen würden.
Am 3. Dezember 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status.
Im Rahmen der Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) wies der Kläger darauf hin, dass zwischen ihm und seinem Bruder verabredet sei, dass er das maßgebliche "Sagen" haben solle. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 23. April 2013 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1. Oktober 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe ab diesem Tag Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für ein abhängiges Versicherungsverhältnis spreche, dass ein gesonderter Arbeitsvertrag mit Regelungen über die Mitarbeit in der Gesellschaft geschlossen sei, der arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch, zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit und Kündigung enthalte, dass eine Vergütung in Höhe von 5.500,- EUR im Monat gezahlt werde, und dass der Kläger kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausübe. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen, dass der Kläger einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit sei. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats danach gestellt worden sei.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er in seiner Tätigkeit schalten und walten könne, wie er es als Unternehmer für richtig halte. Sein Bruder und Mitgesellschafter, mit dem zusammen er die Mehrheit der Stimmen halte, habe ihm die Führung der Familiengesellschaft völlig überlassen. In einer Familiengesellschaft könnten familienhafte Beziehungen dazu führen, dass die Geschäftsführertätigkeit durch Rücksichtnahme geprägt werde und die anderen Gesellschafter als Familienmitglieder keine Direktion ausübten. Hinzu komme, dass sich der Bruder und Mitgesellschafter verpflichtet habe, sein Stimmrecht nur in Übereinstimmung mit seinem Bruder auszuüben. Damit verfüge der Kläger über 76 Prozent der Stimmen. Er sei Kopf und Seele des Unternehmens. Die Stimmbindungsvereinbarung sei wirksam und habe Vorrang vor der Satzung. Die Pflichten aus der Vereinbarung könnten im Klagewege, gegebenenfalls auch im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchgesetzt werden. Der Kläger legte eine privatschriftliche "Stimmbindungsabrede" zwischen ihm und seinem Bruder ohne Datum vor, nach der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 vereinbart war, dass der Bruder sein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung stets im Sinne des Klägers ausüben werde.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. September 2013 zurück. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Sperrminorität, die nicht alle Angelegenheiten der Gesellschaft betreffe, habe keinen maßgeblichen Einfluss. Der Kläger könne nicht verhindern, dass ihm Weisungen durch die Gesellschafterversammlung erteilt würden. Auch eine fachliche Überlegenheit lasse noch nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit zu. Trotz anderslautender Stimmrechtsverpflichtung sei die satzungsgemäße Ausübung des Stimmrechts wirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG sei auf die rechtlichen Befugnisse innerhalb der Gesellschaft abzustellen.
Dagegen richtet sich die am 11. Oktober 2013 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Am 11. August 2014 hat der Bruder des Klägers diesem das notariell beurkundete unwiderrufliche Angebot gemacht, 1.849 Geschäftsanteile zum Preis von 1.849,- EUR zu erwerben. Das Angebot gelte ab dem 1. Mai 2014 bis zum 1. August 2017, seine Annahme bedürfe der notariellen Beurkundung.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 24. Juni 2015 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Der Kläger übe seine Tätigkeit als Geschäftsführer selbständig aus, weil er über eine Sperrminorität verfüge und daher maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe. Zwar weise der zum 1. Oktober 2012 geschlossene Geschäftsführeranstellungsvertrag die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden typischen Merkmale auf. Gleichwohl sei der Kläger selbständig, da er in allen wesentlichen Fragen der Gesellschaft über eine Sperrminorität verfüge. Diese betreffe nicht nur die Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Auflösung der Gesellschaft. Insbesondere sei die Änderung und Beendigung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages nicht ohne seine Mitwirkung möglich, weswegen er sich gegen Weisungen wehren könne. Auch könne er die wesentlichen Entscheidungen der Gesellschaft blockieren und beherrsche als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer das Tagesgeschäft. Auf die weitergehende Frage, ob sich aus der mit dem Bruder geschlossenen Stimmbindungsvereinbarung oder dem Optionsvertrag eine selbständige Tätigkeit ergebe, komme es deswegen nicht an.
Gegen das ihr am 2. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Juli 2015 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Der Kläger habe als Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht über eine umfassende Sperrminorität verfügt und deswegen nicht die Rechtsmacht gehabt, weisungsfrei bei der Beigeladenen zu 1) tätig zu sein. Das BSG habe mit Urteil vom 24. September 1992 klargestellt, dass Geschäftsführer, die keinen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft haben, grundsätzlich Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne seien. Das Urteil des Sozialgerichts widerspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung. Es gebe zwar eine Sperrminorität für eine Vielzahl von Angelegenheiten. Eine umfassende Sperrminorität liege jedoch nicht vor. Eine Sperrminorität bezüglich der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer reiche nicht aus. Eine Abberufung bleibe aus wichtigem Grund möglich, wenn eine grobe Pflichtverletzung in der Form einer vorsätzlichen oder wiederholten Missachtung von Weisungen der Gesellschafterversammlung vorliege. Außerhalb der von der Sperrminorität erfassten Angelegenheiten seien Weisungen weiterhin möglich. Ein Ausschluss der Abberufung als Geschäftsführer begründe noch keine selbständige Tätigkeit. Die Stimmbindungsvereinbarung und das nicht realisierte Rückkaufsrecht würden keine Rechtsmacht begründen. Die herausragende Bedeutung der Rechtsmacht sei vom BSG in seinen aktuellen Entscheidungen betont worden (Hinweis auf Urt. v. 29. Juli 2015 B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R sowie auf Urt. vom 30. Juli 2015 und 20. August 2015). Die Klägerin halte an der Klage fest, obwohl das Urteil des Sozialgerichts der BSG-Rechtsprechung widerspreche. Die Argumentation sei nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger sich auf die Rückübertragungsoption beziehe, sei darauf hinzuweisen, dass das Treuhandangebot vom 11. August 2014 zunächst mit notarieller Beurkundung angenommen werden müsste und auch dann nicht mit Rückwirkung gelten würde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte habe nicht näher ausgeführt, warum die Sperrminorität nicht umfassend sei. In der von der Beklagten benannten Entscheidung des BSG sei maßgeblich für die Annahme der Versicherungspflicht des Geschäftsführers gewesen, dass dieser keine Sperrminorität zur Verhinderung seiner Abberufung oder Entlassung hatte. Zudem habe das Sozialgericht seine Entscheidung auch auf die Stimmbindung und das Rückkaufsrecht gestützt. Die Urteile des BSG vom 11. November 2015 enthielten teilweise keine hier verwertbaren Rechtssätze (B 12 R 2/14 R und B 12 KR 10/14 R). Aus dem Urteil B 12 KR 13/14 R ergebe sich dagegen, dass kündbare zivilrechtliche Verträge so zu berücksichtigen seien, als sei die Kündigung bereits erfolgt. Konsequenterweise sei er – der Kläger – dann so zu betrachten, als habe er von seiner Rückübertragungsoption bereits Gebrauch gemacht. Dann würde er einen Anteil von 51 Prozent halten.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht versicherungspflichtig beschäftigt ist. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit Recht hat die Beklagte eine versicherungspflichtige Beschäftigung angenommen.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer die Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung.
Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Eine Beschäftigung ist gegeben, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und zuletzt Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -, zitiert nach Juris).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob der Kläger für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständiger tätig wurde, sind die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Dabei kommt indessen den tatsächlichen Verhältnissen, welche sich aus dem Inhalt der sich nach den vertraglichen Vereinbarungen ergebenden Rechtsbeziehungen sowie den Umständen der Tätigkeit ergeben, besondere Bedeutung zu, weil die Versicherungspflicht kraft Gesetzes entsteht und deswegen nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein kann. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist somit die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welcher gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17).
Dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 25. September 2012 lässt sich nicht entnehmen, ob die vertragschließenden Parteien der Auffassung waren, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Der Inhalt des Vertrages weist aber viele Elemente auf, die für ein Arbeitsverhältnis charakteristisch sind, insbesondere etwa das Versprechen von Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall oder die Gewährung bezahlten Urlaubs.
Entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist aber das Bestehen von Weisungsgebundenheit. Insoweit ergibt sich aus § 2 Nr. 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages, dass der Kläger ausdrücklich auf die Einhaltung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verpflichtet wird. Vor diesem Hintergrund kann er nur dann als selbständig angesehen werden, wenn er in der Gesellschafterversammlung maßgeblichen Einfluss hinsichtlich der Ausgestaltung der Vorgaben für seine eigene Tätigkeit hat. Ansonsten wäre er hinsichtlich seiner Tätigkeit dem Weisungsrecht einer für ihn fremden juristischen Person unterworfen. Allgemein gilt für den Geschäftsführer einer GmbH, dass grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, wenn er mindestens über die Hälfte des Stammkapitals verfügt und damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft besitzt (BSG v. 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R – juris Rn 23; v. 4. Juli 2007 – B 11a AL 5/06 R – jris Rn 16; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV Rn. 89 ff.). Verfügt der Gesellschafter dagegen über weniger als 50 v. H. des Stammkapitals, stellt dieser Umstand in der Regel ein Indiz dafür dar, dass er abhängig beschäftigt ist. Das Indiz kann zwar durch besondere Umstände entkräftet werden, so dass auch bei einem unter 50 v. H. liegenden Anteil Selbstständigkeit möglich ist. Allerdings wird der mitarbeitende Gesellschafter bei diesem Kapitalanteil in der Regel an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, die er nicht endgültig beeinflussen kann und durch die ihm Weisungen erteilt werden, gebunden sein, so dass von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist. In diesem Zusammenhang ist nicht maßgebend, ob dem Geschäftsführer tatsächlich Weisungen von der Gesellschafterversammlung erteilt worden sind. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer die Rechtsmacht hatte zu verhindern, dass ihm Weisungen erteilt werden. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der "Schönwetter-Selbständigkeit", in denen erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher und beitragsrechtlicher Tatbestände, die schon zu Beginn der Tätigkeit gegeben sein müssen (Urteile des BSG vom 11. November 2015 – B 12 KR 2/14 R, - und - B 12 KR 10/14 R -, zitiert nach juris).
An diesen Maßstäben gemessen, war der Kläger nicht selbstständig tätig. Nach 9.1. des Gesellschaftsvertrags bedürfen die Beschlüsse der Gesellschaft der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei nach 9.3 des Gesellschaftsvertrags auf jeden Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme entfällt. Der Kläger hielt aber von den 34.212 EUR des Gesellschaftskapitals nur 15.600 EUR, so dass auf ihn nicht die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung entfiel.
Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts – zunächst nicht daraus, dass nach 9.2 des Gesellschaftsvertrages Beschlüsse der Gesellschafter über die in 6.4, 8.1 und 8.2 des Gesellschaftsvertrags geregelten Gegenstände einer Mehrheit von 80 Prozent der abgegebenen Stimmen bedürfen und der Kläger jedenfalls mehr als 20 Prozent des Gesellschaftskapitals hält. Zu den Gegenständen, auf die sich die Sperrminorität des Klägers nach den genannten Regelungen erstreckt, zählen
• Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten • Beteiligungen an sowie der Erwerb und die Veräußerung von anderen Unternehmen, ebenso die Aufnahme oder Kündigung von stillen Beteiligungen, partiarischen Rechtsverhältnissen und Tantiemen, • Schaffung eines Genehmigten Kapitals gem. § 55a GmbHG, • Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen, • Verabschiedung der Jahresplanung • Erteilung und Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten für den gesamten Geschäftsbetrieb, • Aufnahme oder Aufgabe von Geschäftszweigen • Zusage und Gewährung von Darlehen und Bürgschaften, soweit sie über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen, • Aufnahme von Krediten und Begebung von Wechseln als Bezogener, deren Gesamthöhe von dem von der Gesellschafterversammlung genehmigten Jahresbudget abweicht, • Zusage von Betriebsrenten • Abschluss von langjährigen Verträgen • Abschluss, Änderung und Beendigung von Verträgen mit Gesellschaftern, Angehörigen von natürlichen Gesellschaftern und mit Unternehmen an denen Gesellschafter und/oder ihre Angehörige beteiligt sind, • Abschluss, Änderungen und Beendigung von Verträgen mit Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, • Veräußerung des Betriebes oder von Teilbetrieben, • Verlegung der Geschäftsräume/Betriebsstätte und/oder des Geschäftssitzes, • Verfügung über Urheber- und Schutzrechte/Patente der Gesellschaft mit Ausnahme der Vergabe von Lizenzen zu üblichen Konditionen, • Mitwirkung an der Beschlussfassung bei Tochtergesellschaften, • Vornahme von Geschäften, die über den Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs hinausgehen oder für die Tätigkeit der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind, • die Feststellung des Jahresabschlusses • die Verwendung des Ergebnisses auch unter vollständigem oder teilweisem Ausschlusses des aus § 29 Abs. 1 GmbHG folgenden Anspruchs auf Ergebnisausschüttung, • die Entlastung der Geschäftsführer, • die Bestellung des Abschlussprüfers, • die Einforderung von Einzahlungen auf die Geschäftsanteile • die Zustimmung zu Verfügungen über Geschäftsanteile • die Einziehung von Geschäftsanteilen, • die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, • Abschluss, Änderungen, Verlängerungen und Beendigungen von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen, • die Änderung des Gesellschaftsvertrags • die Begründung, Änderung oder Beendigung stiller Gesellschaften, • die Auflösung der Gesellschaft, • Erteilung und Widerruf der Alleinvertretungsbefugnis oder der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für die Geschäftsführer.
Zuzugeben ist dem Sozialgericht, dass von dieser Aufzählung die wesentlichen Fragen der Gesellschaft betroffen sind. Maßgebend für die Frage, ob der Kläger bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit fremden Weisungen unterliegt, sind allerdings nicht die Gegenstände der Unternehmenspolitik. Nur eine umfassende Sperrminorität, die alle den Geschäftsführer selbst betreffenden Angelegenheiten umfasst, ist geeignet, die Annahme von Selbständigkeit des Geschäftsführers zu begründen (BSG v. 29. Juni 2016 – B 12 R 5/14 R - juris Rn 39, v. 24. September 1992 – 7 RAr 12/92 – juris Rn 19). Es kommt demnach gerade auf die Möglichkeit der Erteilung von Weisungen an den Geschäftsführer an. Für diese ist in dem Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1) indessen keine Sperrminorität vorgesehen. Auch der Umstand, dass für die Entlassung des Klägers als Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag eigentlich seine eigene Zustimmung erforderlich war, reicht nicht aus. Denn nach § 38 Abs. 2 GmbHG war es jedenfalls möglich, den Kläger aus wichtigem Grund abzuberufen. Im Rahmen der Beschlussfassung über einen solchen Antrag wäre der Kläger auch nicht stimmberechtigt (BGH v. 21. April 1969 – II ZR 200/67). Demzufolge hatte er nicht die Rechtsmacht, sich über Weisungen hinwegzusetzen, soweit sie ihm von der Gesellschafterversammlung erteilt worden wären.
Auch aus der von dem Kläger mit seinem Bruder mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 geschlossenen Stimmbindungsabrede ergibt sich kein rechtlich erheblicher maßgebender Einfluss des Klägers in der Gesellschafterversammlung. Der Senat verweist dazu auf die Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 11. November 2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn 31), wonach solche Stimmbindungsvereinbarungen jedenfalls aus wichtigem Grund jederzeit kündbar sind. Vorliegend war zudem die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausdrücklich vorgesehen. Damit war nicht sichergestellt, dass die Stimmbindungsvereinbarung auch dann wirksam werden würde, wenn es zwischen den Brüdern zu einem Zerwürfnis gekommen wäre, was aber wegen des Erfordernisses der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlich erheblicher Tatbestände unabdingbar für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ist. Zudem sind nach der Rechtsprechung des BSG Minderheitenrechte in einer Gesellschaft sozialversicherungsrechtlich grundsätzlich nur dann bedeutsam, wenn sie im Gesellschaftsvertrag selbst eingeräumt worden sind (BSG v. 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R - Rn 32). Daran fehlt es aber bei der zwischen dem Kläger und seinem Bruder vereinbarten Stimmbindungsabrede.
Ein beherrschender Einfluss in der Gesellschafterversammlung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem notariell beurkundeten Kauf- und Übertragungsangebot über 1.849 Geschäftsanteile zu je einem Euro, das dem Kläger von seinem Bruder am 11. August 2014 unterbreitet worden ist. Diese Geschäftsanteile sind von dem Kläger bislang nicht erworben worden, so dass er jedenfalls zurzeit noch keine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung hält. Ob ein solcher außerhalb des Gesellschaftsvertrags stehender Vorgang, der bisher noch nicht zu einer Veränderung der Rechtsmacht innerhalb der Gesellschaft geführt hat, überhaupt sozialversicherungsrechtliche Erheblichkeit haben kann, lässt der Senat ausdrücklich dahingestellt sein. Vorliegend gibt es nämlich Besonderheiten, die es schon aus anderen Gründen ausgeschlossen erscheinen lassen, dass die Erwerbsoption ein geeignetes Mittel ist, dem Kläger die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung dauernd zu sichern. Bereits aus Nr. 6 des Beteiligungsvertrags ergibt sich, dass die Geschäftsanteile der Beigeladenen zu 1) zumindest mehrheitlich an weitere Investoren veräußert werden sollen. Vor diesem Hintergrund sieht Nr. 20 des Gesellschaftsvertrags eine Mitverkaufspflicht aller Gesellschafter vor, die seit dem 30. September 2016 nach Nr. 20.1 des Gesellschaftsvertrags allein auf Verlangen der bereits vorhandenen Investoren, nämlich der jetzigen Mitgesellschafter VC F K B GmbH sowie der S und S M GmbH entsteht, ohne dass dafür ein weiterer Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich wäre. Insoweit sieht sich der Senat außerstande, dem vorliegenden Verkaufsangebot die Bedeutung zu geben, dass es dem bereits vollzogenen Erwerb der Anteile durch den Kläger gleichsteht. Die Zukunft der Gesellschaft war nach dem Gesellschaftsvertrag auf die Übertragung weiterer Gesellschaftsanteile an Dritte gerichtet, was von den Investoren auch durchgesetzt werden konnte. Der Kläger war demnach nicht der einzige, der es in der Hand hatte, Veränderungen der Machtverhältnisse in der Gesellschafterversammlung herbeizuführen.
Der Kläger hat schließlich auch nur eingeschränkt ein unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebendes Kriterium für ein derartiges Risiko ist der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft, verbunden mit der Gefahr des Verlustes, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Der Kläger erhielt eine monatliche Vergütung, unabhängig von dem Erfolg seiner Tätigkeit. Er trug damit nicht das Risiko, den Einsatz seiner Arbeitskraft nicht vergütet zu bekommen.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Frage, welche sozialversicherungsrechtliche Bedeutung Erwerbsoption auf Gesellschaftsanteile einer GmbH haben, liegt bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Beigeladene zu 1) wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 31. Oktober 2006 von dem Kläger und seinem Bruder A K gegründet und am 31. Januar 2007 in das Handelsregister eingetragen. Das Gesellschaftskapital betrug 26.000 EUR, von dem der Kläger 15.600 EUR und sein Bruder 10.400 EUR hielten. Der Kläger wurde zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt. Durch Bescheid vom 4. Juni 2009 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübe.
Am 25. September 2012 schloss der Kläger auch im Namen der Beigeladenen zu 1) mit seinem Bruder und der VC F K B GmbH sowie der Software und S M GmbH einen Beteiligungsvertrag. Danach wurde das Gesellschaftskapital auf 34.212 EUR erhöht, von dem der VC F K B GmbH sowie die Software und S M GmbH jeweils 4.106 EUR übernahmen. In dem Gesellschaftsvertrag/Satzung war vorgesehen, dass Beschlüsse der Gesellschafter über bestimmte Gegenstände einer Mehrheit von 80 Prozent der abgegebenen Stimmen bedürfen.
Ebenfalls am 25. September 2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2012 einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, nach dem ihm Alleinvertretungsbefugnis erteilt und er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit wurde. Er wurde verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft und sein Fachwissen ausschließlich der Gesellschaft zu widmen. Eine ordentliche Kündigung des Vertrags sollte mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten möglich sein, der Kläger ein monatliches Bruttogehalt von 5.500,- EUR nebst Nebenleistungen wie einen Dienstwagen erhalten. Vorgesehen war weiter eine Gehaltsfortzahlung bei Krankheit oder Tod für sechs Wochen, bezahlter Urlaub, ein Wettbewerbsverbot sowie eine Abrede, dass alle Arbeitsergebnisse der Gesellschaft zustehen würden.
Am 3. Dezember 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status.
Im Rahmen der Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) wies der Kläger darauf hin, dass zwischen ihm und seinem Bruder verabredet sei, dass er das maßgebliche "Sagen" haben solle. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 23. April 2013 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1. Oktober 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe ab diesem Tag Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für ein abhängiges Versicherungsverhältnis spreche, dass ein gesonderter Arbeitsvertrag mit Regelungen über die Mitarbeit in der Gesellschaft geschlossen sei, der arbeitsvertraglich typische Regelungen zum Urlaubsanspruch, zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit und Kündigung enthalte, dass eine Vergütung in Höhe von 5.500,- EUR im Monat gezahlt werde, und dass der Kläger kraft seines Anteils am Stammkapital keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausübe. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen, dass der Kläger einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit sei. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden überwiegen. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats danach gestellt worden sei.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er in seiner Tätigkeit schalten und walten könne, wie er es als Unternehmer für richtig halte. Sein Bruder und Mitgesellschafter, mit dem zusammen er die Mehrheit der Stimmen halte, habe ihm die Führung der Familiengesellschaft völlig überlassen. In einer Familiengesellschaft könnten familienhafte Beziehungen dazu führen, dass die Geschäftsführertätigkeit durch Rücksichtnahme geprägt werde und die anderen Gesellschafter als Familienmitglieder keine Direktion ausübten. Hinzu komme, dass sich der Bruder und Mitgesellschafter verpflichtet habe, sein Stimmrecht nur in Übereinstimmung mit seinem Bruder auszuüben. Damit verfüge der Kläger über 76 Prozent der Stimmen. Er sei Kopf und Seele des Unternehmens. Die Stimmbindungsvereinbarung sei wirksam und habe Vorrang vor der Satzung. Die Pflichten aus der Vereinbarung könnten im Klagewege, gegebenenfalls auch im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchgesetzt werden. Der Kläger legte eine privatschriftliche "Stimmbindungsabrede" zwischen ihm und seinem Bruder ohne Datum vor, nach der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 vereinbart war, dass der Bruder sein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung stets im Sinne des Klägers ausüben werde.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. September 2013 zurück. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Sperrminorität, die nicht alle Angelegenheiten der Gesellschaft betreffe, habe keinen maßgeblichen Einfluss. Der Kläger könne nicht verhindern, dass ihm Weisungen durch die Gesellschafterversammlung erteilt würden. Auch eine fachliche Überlegenheit lasse noch nicht den Schluss auf eine selbständige Tätigkeit zu. Trotz anderslautender Stimmrechtsverpflichtung sei die satzungsgemäße Ausübung des Stimmrechts wirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG sei auf die rechtlichen Befugnisse innerhalb der Gesellschaft abzustellen.
Dagegen richtet sich die am 11. Oktober 2013 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Am 11. August 2014 hat der Bruder des Klägers diesem das notariell beurkundete unwiderrufliche Angebot gemacht, 1.849 Geschäftsanteile zum Preis von 1.849,- EUR zu erwerben. Das Angebot gelte ab dem 1. Mai 2014 bis zum 1. August 2017, seine Annahme bedürfe der notariellen Beurkundung.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 24. Juni 2015 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung für die Beigeladene zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Der Kläger übe seine Tätigkeit als Geschäftsführer selbständig aus, weil er über eine Sperrminorität verfüge und daher maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe. Zwar weise der zum 1. Oktober 2012 geschlossene Geschäftsführeranstellungsvertrag die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden typischen Merkmale auf. Gleichwohl sei der Kläger selbständig, da er in allen wesentlichen Fragen der Gesellschaft über eine Sperrminorität verfüge. Diese betreffe nicht nur die Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Auflösung der Gesellschaft. Insbesondere sei die Änderung und Beendigung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages nicht ohne seine Mitwirkung möglich, weswegen er sich gegen Weisungen wehren könne. Auch könne er die wesentlichen Entscheidungen der Gesellschaft blockieren und beherrsche als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer das Tagesgeschäft. Auf die weitergehende Frage, ob sich aus der mit dem Bruder geschlossenen Stimmbindungsvereinbarung oder dem Optionsvertrag eine selbständige Tätigkeit ergebe, komme es deswegen nicht an.
Gegen das ihr am 2. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Juli 2015 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Der Kläger habe als Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht über eine umfassende Sperrminorität verfügt und deswegen nicht die Rechtsmacht gehabt, weisungsfrei bei der Beigeladenen zu 1) tätig zu sein. Das BSG habe mit Urteil vom 24. September 1992 klargestellt, dass Geschäftsführer, die keinen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft haben, grundsätzlich Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne seien. Das Urteil des Sozialgerichts widerspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung. Es gebe zwar eine Sperrminorität für eine Vielzahl von Angelegenheiten. Eine umfassende Sperrminorität liege jedoch nicht vor. Eine Sperrminorität bezüglich der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer reiche nicht aus. Eine Abberufung bleibe aus wichtigem Grund möglich, wenn eine grobe Pflichtverletzung in der Form einer vorsätzlichen oder wiederholten Missachtung von Weisungen der Gesellschafterversammlung vorliege. Außerhalb der von der Sperrminorität erfassten Angelegenheiten seien Weisungen weiterhin möglich. Ein Ausschluss der Abberufung als Geschäftsführer begründe noch keine selbständige Tätigkeit. Die Stimmbindungsvereinbarung und das nicht realisierte Rückkaufsrecht würden keine Rechtsmacht begründen. Die herausragende Bedeutung der Rechtsmacht sei vom BSG in seinen aktuellen Entscheidungen betont worden (Hinweis auf Urt. v. 29. Juli 2015 B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R sowie auf Urt. vom 30. Juli 2015 und 20. August 2015). Die Klägerin halte an der Klage fest, obwohl das Urteil des Sozialgerichts der BSG-Rechtsprechung widerspreche. Die Argumentation sei nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger sich auf die Rückübertragungsoption beziehe, sei darauf hinzuweisen, dass das Treuhandangebot vom 11. August 2014 zunächst mit notarieller Beurkundung angenommen werden müsste und auch dann nicht mit Rückwirkung gelten würde.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte habe nicht näher ausgeführt, warum die Sperrminorität nicht umfassend sei. In der von der Beklagten benannten Entscheidung des BSG sei maßgeblich für die Annahme der Versicherungspflicht des Geschäftsführers gewesen, dass dieser keine Sperrminorität zur Verhinderung seiner Abberufung oder Entlassung hatte. Zudem habe das Sozialgericht seine Entscheidung auch auf die Stimmbindung und das Rückkaufsrecht gestützt. Die Urteile des BSG vom 11. November 2015 enthielten teilweise keine hier verwertbaren Rechtssätze (B 12 R 2/14 R und B 12 KR 10/14 R). Aus dem Urteil B 12 KR 13/14 R ergebe sich dagegen, dass kündbare zivilrechtliche Verträge so zu berücksichtigen seien, als sei die Kündigung bereits erfolgt. Konsequenterweise sei er – der Kläger – dann so zu betrachten, als habe er von seiner Rückübertragungsoption bereits Gebrauch gemacht. Dann würde er einen Anteil von 51 Prozent halten.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger nicht versicherungspflichtig beschäftigt ist. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit Recht hat die Beklagte eine versicherungspflichtige Beschäftigung angenommen.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer die Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung.
Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Eine Beschäftigung ist gegeben, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und zuletzt Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -, zitiert nach Juris).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob der Kläger für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständiger tätig wurde, sind die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Dabei kommt indessen den tatsächlichen Verhältnissen, welche sich aus dem Inhalt der sich nach den vertraglichen Vereinbarungen ergebenden Rechtsbeziehungen sowie den Umständen der Tätigkeit ergeben, besondere Bedeutung zu, weil die Versicherungspflicht kraft Gesetzes entsteht und deswegen nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein kann. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist somit die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welcher gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17).
Dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 25. September 2012 lässt sich nicht entnehmen, ob die vertragschließenden Parteien der Auffassung waren, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Der Inhalt des Vertrages weist aber viele Elemente auf, die für ein Arbeitsverhältnis charakteristisch sind, insbesondere etwa das Versprechen von Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall oder die Gewährung bezahlten Urlaubs.
Entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist aber das Bestehen von Weisungsgebundenheit. Insoweit ergibt sich aus § 2 Nr. 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages, dass der Kläger ausdrücklich auf die Einhaltung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verpflichtet wird. Vor diesem Hintergrund kann er nur dann als selbständig angesehen werden, wenn er in der Gesellschafterversammlung maßgeblichen Einfluss hinsichtlich der Ausgestaltung der Vorgaben für seine eigene Tätigkeit hat. Ansonsten wäre er hinsichtlich seiner Tätigkeit dem Weisungsrecht einer für ihn fremden juristischen Person unterworfen. Allgemein gilt für den Geschäftsführer einer GmbH, dass grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, wenn er mindestens über die Hälfte des Stammkapitals verfügt und damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft besitzt (BSG v. 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R – juris Rn 23; v. 4. Juli 2007 – B 11a AL 5/06 R – jris Rn 16; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV Rn. 89 ff.). Verfügt der Gesellschafter dagegen über weniger als 50 v. H. des Stammkapitals, stellt dieser Umstand in der Regel ein Indiz dafür dar, dass er abhängig beschäftigt ist. Das Indiz kann zwar durch besondere Umstände entkräftet werden, so dass auch bei einem unter 50 v. H. liegenden Anteil Selbstständigkeit möglich ist. Allerdings wird der mitarbeitende Gesellschafter bei diesem Kapitalanteil in der Regel an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, die er nicht endgültig beeinflussen kann und durch die ihm Weisungen erteilt werden, gebunden sein, so dass von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist. In diesem Zusammenhang ist nicht maßgebend, ob dem Geschäftsführer tatsächlich Weisungen von der Gesellschafterversammlung erteilt worden sind. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer die Rechtsmacht hatte zu verhindern, dass ihm Weisungen erteilt werden. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der "Schönwetter-Selbständigkeit", in denen erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden könnte, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Das stünde indessen im Widerspruch zu dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher und beitragsrechtlicher Tatbestände, die schon zu Beginn der Tätigkeit gegeben sein müssen (Urteile des BSG vom 11. November 2015 – B 12 KR 2/14 R, - und - B 12 KR 10/14 R -, zitiert nach juris).
An diesen Maßstäben gemessen, war der Kläger nicht selbstständig tätig. Nach 9.1. des Gesellschaftsvertrags bedürfen die Beschlüsse der Gesellschaft der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei nach 9.3 des Gesellschaftsvertrags auf jeden Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme entfällt. Der Kläger hielt aber von den 34.212 EUR des Gesellschaftskapitals nur 15.600 EUR, so dass auf ihn nicht die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung entfiel.
Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts – zunächst nicht daraus, dass nach 9.2 des Gesellschaftsvertrages Beschlüsse der Gesellschafter über die in 6.4, 8.1 und 8.2 des Gesellschaftsvertrags geregelten Gegenstände einer Mehrheit von 80 Prozent der abgegebenen Stimmen bedürfen und der Kläger jedenfalls mehr als 20 Prozent des Gesellschaftskapitals hält. Zu den Gegenständen, auf die sich die Sperrminorität des Klägers nach den genannten Regelungen erstreckt, zählen
• Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten • Beteiligungen an sowie der Erwerb und die Veräußerung von anderen Unternehmen, ebenso die Aufnahme oder Kündigung von stillen Beteiligungen, partiarischen Rechtsverhältnissen und Tantiemen, • Schaffung eines Genehmigten Kapitals gem. § 55a GmbHG, • Errichtung und Auflösung von Zweigniederlassungen, • Verabschiedung der Jahresplanung • Erteilung und Widerruf von Prokuren und Handlungsvollmachten für den gesamten Geschäftsbetrieb, • Aufnahme oder Aufgabe von Geschäftszweigen • Zusage und Gewährung von Darlehen und Bürgschaften, soweit sie über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen, • Aufnahme von Krediten und Begebung von Wechseln als Bezogener, deren Gesamthöhe von dem von der Gesellschafterversammlung genehmigten Jahresbudget abweicht, • Zusage von Betriebsrenten • Abschluss von langjährigen Verträgen • Abschluss, Änderung und Beendigung von Verträgen mit Gesellschaftern, Angehörigen von natürlichen Gesellschaftern und mit Unternehmen an denen Gesellschafter und/oder ihre Angehörige beteiligt sind, • Abschluss, Änderungen und Beendigung von Verträgen mit Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, • Veräußerung des Betriebes oder von Teilbetrieben, • Verlegung der Geschäftsräume/Betriebsstätte und/oder des Geschäftssitzes, • Verfügung über Urheber- und Schutzrechte/Patente der Gesellschaft mit Ausnahme der Vergabe von Lizenzen zu üblichen Konditionen, • Mitwirkung an der Beschlussfassung bei Tochtergesellschaften, • Vornahme von Geschäften, die über den Rahmen des üblichen Geschäftsverkehrs hinausgehen oder für die Tätigkeit der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind, • die Feststellung des Jahresabschlusses • die Verwendung des Ergebnisses auch unter vollständigem oder teilweisem Ausschlusses des aus § 29 Abs. 1 GmbHG folgenden Anspruchs auf Ergebnisausschüttung, • die Entlastung der Geschäftsführer, • die Bestellung des Abschlussprüfers, • die Einforderung von Einzahlungen auf die Geschäftsanteile • die Zustimmung zu Verfügungen über Geschäftsanteile • die Einziehung von Geschäftsanteilen, • die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, • Abschluss, Änderungen, Verlängerungen und Beendigungen von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen, • die Änderung des Gesellschaftsvertrags • die Begründung, Änderung oder Beendigung stiller Gesellschaften, • die Auflösung der Gesellschaft, • Erteilung und Widerruf der Alleinvertretungsbefugnis oder der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für die Geschäftsführer.
Zuzugeben ist dem Sozialgericht, dass von dieser Aufzählung die wesentlichen Fragen der Gesellschaft betroffen sind. Maßgebend für die Frage, ob der Kläger bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit fremden Weisungen unterliegt, sind allerdings nicht die Gegenstände der Unternehmenspolitik. Nur eine umfassende Sperrminorität, die alle den Geschäftsführer selbst betreffenden Angelegenheiten umfasst, ist geeignet, die Annahme von Selbständigkeit des Geschäftsführers zu begründen (BSG v. 29. Juni 2016 – B 12 R 5/14 R - juris Rn 39, v. 24. September 1992 – 7 RAr 12/92 – juris Rn 19). Es kommt demnach gerade auf die Möglichkeit der Erteilung von Weisungen an den Geschäftsführer an. Für diese ist in dem Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1) indessen keine Sperrminorität vorgesehen. Auch der Umstand, dass für die Entlassung des Klägers als Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag eigentlich seine eigene Zustimmung erforderlich war, reicht nicht aus. Denn nach § 38 Abs. 2 GmbHG war es jedenfalls möglich, den Kläger aus wichtigem Grund abzuberufen. Im Rahmen der Beschlussfassung über einen solchen Antrag wäre der Kläger auch nicht stimmberechtigt (BGH v. 21. April 1969 – II ZR 200/67). Demzufolge hatte er nicht die Rechtsmacht, sich über Weisungen hinwegzusetzen, soweit sie ihm von der Gesellschafterversammlung erteilt worden wären.
Auch aus der von dem Kläger mit seinem Bruder mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 geschlossenen Stimmbindungsabrede ergibt sich kein rechtlich erheblicher maßgebender Einfluss des Klägers in der Gesellschafterversammlung. Der Senat verweist dazu auf die Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 11. November 2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn 31), wonach solche Stimmbindungsvereinbarungen jedenfalls aus wichtigem Grund jederzeit kündbar sind. Vorliegend war zudem die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausdrücklich vorgesehen. Damit war nicht sichergestellt, dass die Stimmbindungsvereinbarung auch dann wirksam werden würde, wenn es zwischen den Brüdern zu einem Zerwürfnis gekommen wäre, was aber wegen des Erfordernisses der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlich erheblicher Tatbestände unabdingbar für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ist. Zudem sind nach der Rechtsprechung des BSG Minderheitenrechte in einer Gesellschaft sozialversicherungsrechtlich grundsätzlich nur dann bedeutsam, wenn sie im Gesellschaftsvertrag selbst eingeräumt worden sind (BSG v. 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R - Rn 32). Daran fehlt es aber bei der zwischen dem Kläger und seinem Bruder vereinbarten Stimmbindungsabrede.
Ein beherrschender Einfluss in der Gesellschafterversammlung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem notariell beurkundeten Kauf- und Übertragungsangebot über 1.849 Geschäftsanteile zu je einem Euro, das dem Kläger von seinem Bruder am 11. August 2014 unterbreitet worden ist. Diese Geschäftsanteile sind von dem Kläger bislang nicht erworben worden, so dass er jedenfalls zurzeit noch keine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung hält. Ob ein solcher außerhalb des Gesellschaftsvertrags stehender Vorgang, der bisher noch nicht zu einer Veränderung der Rechtsmacht innerhalb der Gesellschaft geführt hat, überhaupt sozialversicherungsrechtliche Erheblichkeit haben kann, lässt der Senat ausdrücklich dahingestellt sein. Vorliegend gibt es nämlich Besonderheiten, die es schon aus anderen Gründen ausgeschlossen erscheinen lassen, dass die Erwerbsoption ein geeignetes Mittel ist, dem Kläger die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung dauernd zu sichern. Bereits aus Nr. 6 des Beteiligungsvertrags ergibt sich, dass die Geschäftsanteile der Beigeladenen zu 1) zumindest mehrheitlich an weitere Investoren veräußert werden sollen. Vor diesem Hintergrund sieht Nr. 20 des Gesellschaftsvertrags eine Mitverkaufspflicht aller Gesellschafter vor, die seit dem 30. September 2016 nach Nr. 20.1 des Gesellschaftsvertrags allein auf Verlangen der bereits vorhandenen Investoren, nämlich der jetzigen Mitgesellschafter VC F K B GmbH sowie der S und S M GmbH entsteht, ohne dass dafür ein weiterer Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich wäre. Insoweit sieht sich der Senat außerstande, dem vorliegenden Verkaufsangebot die Bedeutung zu geben, dass es dem bereits vollzogenen Erwerb der Anteile durch den Kläger gleichsteht. Die Zukunft der Gesellschaft war nach dem Gesellschaftsvertrag auf die Übertragung weiterer Gesellschaftsanteile an Dritte gerichtet, was von den Investoren auch durchgesetzt werden konnte. Der Kläger war demnach nicht der einzige, der es in der Hand hatte, Veränderungen der Machtverhältnisse in der Gesellschafterversammlung herbeizuführen.
Der Kläger hat schließlich auch nur eingeschränkt ein unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebendes Kriterium für ein derartiges Risiko ist der Einsatz von Kapital oder der eigenen Arbeitskraft, verbunden mit der Gefahr des Verlustes, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist. Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Der Kläger erhielt eine monatliche Vergütung, unabhängig von dem Erfolg seiner Tätigkeit. Er trug damit nicht das Risiko, den Einsatz seiner Arbeitskraft nicht vergütet zu bekommen.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Frage, welche sozialversicherungsrechtliche Bedeutung Erwerbsoption auf Gesellschaftsanteile einer GmbH haben, liegt bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.
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