Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 132/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4893/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Oktober 2015 abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der 1968 geborene Kläger hat den Beruf des Landschaftsgärtners erlernt und war zunächst in diesem Beruf tätig. Nach einer von der Beklagten finanzierten Umschulung zum Fachpraktiker Chirurgiemechanik war er in diesem Beruf und zuletzt als Gewindeschleifer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Februar 2011 ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Er hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Der Kläger hatte sich bereits vom 01.04.2011 bis 22.04.2011 zur medizinischen Rehabilitation in der F.klinik in Bad B. befunden. Die Ärzte der dortigen Klinik hatten in ihrem Bericht vom 26.04.2011 folgende Diagnosen gestellt: 1. Lumboischialgie li. nach OP wegen BVS L5/S1 am 21.03.2011 2. Nikotinkonsum 3. Kraftlosigkeit und Krämpfe beider Hände unklarer Genese Der Kläger könne sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Chirurgiemechaniker als auch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Der Kläger beantragte am 26.07.2012 bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Er begründete diesen im Wesentlichen mit Schmerzen im Schultergürtel, den Unterarmen, den Händen sowie beim längeren Gehen und Stehen im Oberschenkel.
Er wurde daraufhin im Auftrag der Beklagten von Dr. S., Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie, untersucht. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 25.09.2012 folgende Diagnosen: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheiben-OP L5/S1 03/11 und Versteifungs-OP C5/6 und C6/7 06/11 bei Einengung des Spinalkanals, keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen, leichte Sensibilitätsstörungen li. Oberschenkel, kein motorisches Defizit. Zusammengefasst halte sie das Leistungsvermögen des Klägers für gemindert, es sei jedoch noch nicht aufgehoben. Unter Berücksichtigung folgender Funktionseinschränkungen könne er weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten idealerweise in wechselnder Körperhaltung noch vollschichtig verrichten. Häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie häufige Überkopfarbeiten sollten vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin mit Bescheid vom 26.09.2012 ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2012 als unbegründet zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien nach Einschätzung des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers einschränkten. Ihm seien daher noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 15 kg zumutbar) und ohne häufiges Überkopfarbeiten sechs Stunden und mehr täglich möglich. Der Kläger sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme aufgrund des Geburtsdatums des Klägers nicht in Betracht.
Am 14.01.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er sich 2011 vier Operationen habe unterziehen müssen. Bereits davor habe er unter massiven Schmerzen gelitten. Auch jetzt verspüre er Schmerzen beim Sitzen, beim Gehen, beim Stehen und auch beim Liegen. Er könne daher lediglich für die Dauer von maximal einer halben Stunde schmerzfrei stehen. Auch an den Händen leide er unter Schmerzen und könne diese nicht mehr richtig einsetzen. Das SG hat daraufhin zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Dr. D., Fachärztin für Allgemeinmedizin, hat mitgeteilt, dass der Kläger höchsten zwei bis vier Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten könne, da er an einem chronifizierten Schmerzsyndrom leide. Auch nach den Operationen sei er nicht wieder schmerzfrei geworden. Der Neurochirurg Dr. B. hat mitgeteilt, dass der Kläger sich zuletzt am 25.11.2011 bei ihm in Behandlung befunden habe. Er könne daher keine Angaben zum Leistungsvermögen ab Dezember 2011 machen. Der Unfallchirurg Dr. B. erklärte, dass er den Kläger seit 2002 behandle. Die Situation an den Händen habe sich aufgrund der Operationen verbessert; die Schmerzen am Rücken seien unverändert. Der Kläger könne daher nur noch leichte Tätigkeiten unter sechs Stunden am Tag verrichten.
Das SG hat daraufhin von Amts wegen ein Gutachten bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. eingeholt. Diese hat den Kläger am 17.05.2013 untersucht und im Gutachten vom 30.05.2013 folgende Diagnosen gestellt: 1. Z.n. Spondylodese der Halswirbelsäule mit endgradiger Rotationseinschränkung und immer wieder einschießenden Beschwerden in den rechten, zum Teil auch in den linken Arm, ohne heute vorliegende neurologische Ausfälle bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen nach Bandscheibenprothesenversorgung 2. Gelegentliche Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Z.n. Bandscheibenoperation, ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung 3. Handgelenksbeschwerden rechts bei freier Funktion, Z.n. Karpaltunnelsyndrom bei radiologisch unauffälligem Befund 4. Handgelenksbeschwerden bei freier Funktion, Z.n. Karpaltunnelsyndrom Operation bei radiologisch unauffälligem Befund 5. Gelegentliches Knacken im Bereich des linken Kniegelenkes bei klinisch und radiologisch unauffälligem Befund 6. Anamnestisch Epicondylitis radialis rechts. Aufgrund der Beschwerden an der Halswirbelsäule sei eine mittelschwere und schwere Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Arbeiten auf Schulterhöhe und Überkopfarbeiten müssten vermieden werden. Eine reine Bildschirmtätigkeit sei ebenfalls nicht zumutbar. Feinmotorische Tätigkeiten seien eingeschränkt und das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg seien nicht mehr zumutbar. Ebenso sollten häufiges Bücken und wirbelsäulenverdrehte Haltungen vermieden werden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich und der Kläger könne viermal täglich 500 m arbeitstäglich in zumutbarem Aufwand zurücklegen.
Hiergegen hat der Kläger vorgetragen, dass das Schmerzsyndrom nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, außerdem sei er aufgrund von Depressionen bei dem Neurologen und Psychiater Dr. R. in Behandlung. Das SG hat diesen Arzt daraufhin als sachverständigen Zeugen befragt. Mit Schreiben vom 04.12.2013 hat dieser sodann angegeben, dass er den Kläger (wieder) seit 30.04.2013 behandle. Er habe ein Schmerzsyndrom diagnostiziert und könne zur zeitlichen Leistungsfähigkeit keine Angaben machen.
Das SG hat daraufhin von Amts wegen ein nervenärztliches Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. S. eingeholt. Dieser hat den Kläger am 02.06.2014 untersucht und in seinem Gutachten vom 13.06.2014 folgende Diagnosen gestellt: 1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode 2. Operation an der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Funktionsausfälle. Eine somatoforme Schmerzstörung habe er nicht diagnostizieren können. Vielmehr liege eine organische Erkrankung des Skelettsystems und hier insbesondere der Wirbelsäue vor und es sei aufgrund der Depression von einer nochmals verstärkten Wahrnehmung körperlicher, organisch begründbarer Beschwerden auszugehen. Beim Kläger bestehe eine Störung der Stimmung, die verzweifelt-resignativ und von Missmutigkeit und Bedrücktheit geprägt sei, ohne dass eine schwere Deprimiertheit bestehe. Sozial sei die Fähigkeit zur Interaktion und Kommunikation erhalten bei einer leichten Rückzugstendenz. Die Gesprächsatmosphäre sei entspannt gewesen, der Kläger sei dem Gespräch gut gefolgt und habe nie schmerzgeplagt und körperlich leidend gewirkt. Die zeitliche Entwicklung der depressiven Störung könne er schwer einschätzen. So sei zum einen zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger bereits im Jahr 2002 einen mehrmonatigen stationären Aufenthalt in der Klinik R. hinter sich gebracht habe und insbesondere könne es gut sein, dass die tätliche Auseinandersetzung mit einem Nachbarn im Februar 2014 für die Herausbildung der depressiven Episode mit verantwortlich sei. Beim Gutachter hatte der Kläger berichtet, dass es Anfang des Jahres zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn gekommen sei. Die Polizei sei eingeschaltet gewesen und die Staatsanwaltschaft ermittle. Der Gutachter hat weiter ausgeführt, dass die depressive Episode noch nicht chronifiziert sei und de facto nicht behandelt werde. Das vom Kläger angegebene Medikament sei zwar ein Antidepressivum, in der verordneten Dosierung jedoch antidepressiv unwirksam und wohl eher zur Unterstützung der Schmerzbehandlung eingesetzt. Es sei bei Zugrundelegung der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten durchaus davon auszugehen, dass es innerhalb von sechs Monaten zu einer Besserung der Symptomatik komme. Es sei daher aus nervenärztlicher Sicht von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung sei nicht zu begründen. Vermieden werden sollten Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten und Wechselschicht, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt, zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist ein weiteres orthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. S. eingeholt worden. Dieser hat den Kläger am 30.11.2014 untersucht und folgende Diagnosen gestellt: 1. Z.n. Bandscheiben-OP L5/S1 links 3/2011 mit Wurzelreizung links, Osteochondrose L5/S1 2. Z.n. Spondylodese C5-7 mit persistierender Foramenstenose auch C4/5 mit Wurzelreizung 3. Skoliose 4. Z.n. CT-Operation rechts 12/2011 und links 1/2012 5. Impingement beide Schultern mit ACG-Arthrose rechts mehr als links 6. Rizarthrose 7. Chronifiziertes Schmerzsyndrom. Nicht orthopädisch: rezidivierende depressive Störung mit mittelgradig depressiver Episode. Es seien keine mittelschweren oder schweren Tätigkeiten mehr möglich, Heben und Tragen oder Bewegen von Lasten seien nur noch bis 5 kg möglich. Es müsse eine Wechseltätigkeit im Gehen, Stehen und Sitzen durchgeführt werden und ohne gleichförmige Körperhaltung. Ebenso seien Tätigkeiten mit Bücken, Kälte, Zugluft und Nässe zu vermeiden. Ebenso ungeeignet seien Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechselschichten und Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung und geistiger Beanspruchung. 500 m könne der Kläger, auch vier Mal täglich, noch zurücklegen. Autofahrten - länger als 45 Minuten - seien nicht mehr zumutbar. Eine Tätigkeit sei dem Kläger auch unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen nur noch etwa drei bis vier Stunden täglich möglich. Eine sechsstündige Tätigkeit sei aufgrund der Chronifizierung und der Ausprägung der Beschwerden nicht mehr leidensgerecht. Diese Einschränkung bestehe seit Antragstellung. Mit einer Besserung sei nicht mehr zu rechnen. Seine Einschätzung weiche vom Gutachten von Dr. B. insbesondere aufgrund von Unterschieden in der Befunderhebung und der offensichtlich progredienten degenerativen Veränderungen ab.
Die Beklagte hat gegen dieses Gutachten durch eine Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes Einwände vorgetragen und hierbei insbesondere darauf hingewiesen, dass dem Gutachter zwar zuzustimmen sei, dass es zu einer Befundverschlechterung im Segment C4/5 gekommen sei. Allerdings begründe der Gutachter die Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögen im Wesentlichen mit den vom Kläger geschilderten Schmerzen und den vorgenommenen Funktion¬sprüfungen, die aber auch willentlich beeinflusst werden könnten. Die Leistungsbeurteilung im Gutachten sei nicht plausibel.
Der Kläger hat seinerseits mit Schreiben vom 11.05.2015 ergänzend vorgetragen, dass sich seine gesundheitlichen Beschwerden seit dem tätlichen Angriff am 27.02.2014 verschärft hätten. Er hat zudem ein Attest des behandelnden Diplom-Psychologen Dr. P. vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass derzeit eine mittelgradige depressive Episode sowie der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund des Ereignisses vom 27.02.2014 vorliege. Die Behandlung sei noch nicht abgeschlossen. Es sei aber davon auszugehen, dass die psychische Situation durch den Angriff in jedem Fall verschärft worden sei.
Das SG hat mit Urteil vom 27.10.2015 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.05.2015 bis 30.04.2018 zu gewähren. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Die Beklagte habe zudem 1/6 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu übernehmen. Die näher dargelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lägen ab dem 01.05.2015 vor. Das SG ist in dieser Frage dem Gutachten von Dr. S. folgend, davon ausgegangen, dass es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands auf orthopädischem Fachgebiet seit der Begutachtung durch Dr. B. gekommen sei. Hinsichtlich des zeitlichen Eintritts des Leistungsfalles werde allerdings nicht dem Gutachten von Dr. S. gefolgt. Hierbei sei zum einen zu beachten, dass sowohl Dr. B. als auch die Gutachterin im Verwaltungsverfahren noch von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen täglich ausgegangen seien. Zum anderen habe selbst Dr. S. ausgeführt, dass es im Vergleich zur Untersuchung bei Dr. B. zu einer gravierenden Verschlechterung gekommen sei. Es sei daher vom Vorliegen eines täglichen Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden frühestens zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. S., mithin ab dem 30.10.2014, auszugehen. Hier bestehe ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nur aufgrund der Arbeitsmarktlage, so dass die zu gewährende Rente zu befristen und erst ab dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung zu leisten sei. Die begehrte Rente werde damit erst ab dem 01.05.2015 gewährt. Die Kostenentscheidung berücksichtige, dass der Kläger nur teilweise habe obsiegen können.
Gegen das der Beklagten - ausweislich ihres Eingangsstempels auf dem Empfangsbekenntnis am 03.10.2015 - und dem Kläger am 04.11.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.11.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes vorgetragen, dass das Gutachten von Dr. S. nicht überzeuge. Allein aus der Verschlechterung in der Befunderhebung lasse sich noch nicht eine Verschlechterung der Funktion ableiten. Eine Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden lasse sich aber gerade nicht erkennen. Auch die Kostenentscheidung des SG überzeuge nicht, wenn man wie dieses annehme, dass der Leistungsfall im laufenden Klageverfahren eingetreten sei. Mit einem am 03.12.2015 beim LSG eingegangenen Schreiben hat der Kläger ebenfalls Berufung gegen das Urteil eingelegt. Er führt zur Begründung aus, dass das SG zu Recht hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens dem Gutachten von Dr. S. gefolgt sei. Man wende sich aber gegen den Zeitpunkt des Leistungsbeginns. Wie der Gutachter sehe man bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung eine auch zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens. Zudem sei es dann bereits aufgrund des tätlichen Angriffs am 27.02.2014 zu einer weiteren Verschlechterung gekommen und nicht erst im Jahr 2015.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Oktober 2015 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, außerdem,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Oktober 2015 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2012 zu verurteilen, dem Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren, außerdem,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 18.12.2015 ist die Vollstreckung aus dem Urteil des SG ausgesetzt worden (vgl. § 199 Abs. 2 SGG).
Der Senat hat zunächst die behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten als sachverständige Zeugen befragt.
Der Dipl. Psychologe Dr. P. hat mitgeteilt, dass er den Kläger vom 30.03.2015 bis 09.11.2015 behandelt habe. Es habe eine Psychotherapie mit 30 Therapiestunden stattgefunden. Die posttraumatische Belastungsstörung habe sich im Verlauf der Therapie deutlich gebessert, weitere Behandlungsmaßnahmen seien nicht beabsichtigt. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. hat ausgeführt, dass er den Kläger zuletzt am 08.12.2014 behandelt habe. Er könne daher keine Angaben zu eventuellen Veränderungen und Prognosen machen. Der Senat hat daraufhin von Amts wegen ein weiteres orthopädisches Fachgutachten eingeholt und hierfür Dr. K., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, beauftragt. Dieser hat den Kläger am 13.07.2016 untersucht und in seinem Gutachten vom selben Tag folgende Diagnosen gestellt: 1. Anhaltendes Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei mäßiger Fehlstatik, mehrsegmentalen deutlichen degenerativen Veränderungen und wiederkehrenden möglichen Nervenwurzelreizzeichen im Bereich Arme und Beine, Bandscheibenvorfall L5/S1 (MRT 02/2016). Stattgehabte Bandscheibenvorfallsanierungs-Operation L5/S1 2011 und Einpflanzung von Bandscheibenersatz im Segment C5/6 und C6/7 06/2011. 2. Beginnende Veränderungen beider Hüftgelenke mit freier Beweglichkeit und endgradigen Bewegungseinschränkungen linkes Hüftgelenk 3. Beginnende degenerative Veränderungen beider Kniegelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen 4. Senk-Spreizfüße beidseits, beginnende degenerative Veränderungen beider oberer Sprunggelenke sowie Gelenke zwischen Sprungbein und Kahnbein beidseits und Großzehengrundgelenke beidseits mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen 5. Hinweise auf Reizzustände im Bereich des Muskelsehnenmantels beider Schultergelenke mit endgradigen Bewegungseinschränkungen und mäßigen degenerativen Veränderungen im Bereich beider Schultereckgelenke 6. Beginnende degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen 7. Beginnende degenerative Veränderungen beider Handgelenke, der Daumensattelgelenke und daumennaher Handwurzelgelenke beidseits sowie ebenfalls gering ausgeprägt im Bereich einiger Daumen- und Fingerstrahlgelenke beidseits mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen beidseits 8. Stattgehabte Befreiungsoperation des Mittelhandnerven links 12/2011 und rechts 1/2012 ohne verbliebene Restbeschwerdesymptomatik. Es seien noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 5-10 kg möglich, mechanische Hebehilfen sollten weiter benutzt werden. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen stattfinden können. Tätigkeiten mit Einnahme häufiger Zwangshaltungen, z.B. Körpervorhalte und häufigem Bücken, seien zu vermeiden. Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des Arbeitens mit häufigen Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten in Armvorhalte seien wegen der Halswirbelsäulenproblematik und der Schultergelenkssituation nicht sinnvoll. Des weiteren sollten Tätigkeiten mit der gehäuften Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft unterbleiben. Dem Kläger sei unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen eine Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke zum Erreichen eines Arbeitsplatzes sei dem Kläger unproblematisch zumutbar. Bei einer Gehstreckenuntersuchung habe der Kläger eine Strecke von 815 Metern in 14 Minuten zurückgelegt, dies ohne Beschwerdeangabe und ohne Zeichen der Anstrengung bei zunehmend gebessertem und aufgehobenem hinkendem Gangbild, wie dies zu Anfang der Begutachtung noch demonstriert worden sei. Wesentliche Änderungen der Leistungsfähigkeit seien im Laufe des Verfahrens nicht eingetreten. Eine Besserung sei nur noch graduell möglich, auch wenn zu beachten sei, dass der Kläger schon lange keinerlei Therapiemaßnahmen mehr in Anspruch nehme.
Mit Schreiben vom 31.08.2016 hat der Kläger den Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Gutachter habe bei einem Gespräch vor der eigentlichen Untersuchung die vorangegangenen Gutachten kurz angesprochen und gegenüber dem Kläger dann gesagt: "Jetzt sind Sie ja bei mir. Ich mache der Sache ein Ende". Zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch unklar gewesen, wie er diese Äußerungen des Sachverständigen auffassen solle. Nach Zugang des Gutachtens ergebe sich für den Kläger, dass der Gutachter schon damals angekündigt habe, der Sache im Sinne der Beklagten "ein Ende zu machen". Dies ergebe sich zunächst daraus, dass der Sachverständige aus der Tatsache, dass die behandelnden Ärzte keine weitere Diagnostik veranlasst hätten, geschlossen habe, die Beschwerden seien "nicht ganz so ausgeprägt". Diese Schlussfolgerung sei nicht nachvollziehbar. Gleiches gelte für den Hinweis des Gutachters, dass in den letzten Jahren keine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit mehr stattgefunden habe. Der Gutachter ziehe zudem den unzulässigen Rückschluss aus unterbliebener Anordnung von Therapiemaßnahmen der behandelnden Ärzte auf eine sozialmedizinisch klinische Relevanz. Therapiemaßnahmen seien vielmehr deshalb nicht mehr angeordnet worden, weil der Kläger "austherapiert" sei. Die Aussage des Gutachters, wonach geprüft werden müsse, "ob die Compliance des Klägers" hinsichtlich möglicher Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha) "überhaupt gegeben" sei, sei schlicht diskreditierend und nicht nachvollziehbar. Der Gutachter habe ferner die Schmerzmitteleinnahme des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem werfe der Gutachter dem Kläger unberechtigterweise vor, dass dieser simuliere.
Der Gutachter hat hierzu auf Nachfrage des Gerichts hin Stellung genommen und mit Schreiben vom 14.10.2016 erklärt, er weise es strikt von sich, die vom Kläger behauptete Äußerung gemacht zu haben. Er bleibe zudem dabei, dass die Behandlungsmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft seien. Er habe ferner nicht angedeutet, dass der Kläger simuliere. Er habe vielmehr lediglich beschrieben, dass sich das Gangbild bei der Gehstreckenuntersuchung bei längerer Gehstrecke gebessert habe. Dies habe mit Simulieren nichts zu tun. Es könne z.B. biomorphologische Gründe dafür geben. Auch nach erneuter Durchsicht des Gutachtens ergebe sich kein Anlass, von seiner Aussage abzuweichen.
Mit Schreiben vom 09.11.2016 hat der Kläger daraufhin nochmals betont, dass der Gutachter die genannte Äußerung getätigt habe. Er sei zudem "austherapiert" und deshalb erfolgten keine weiteren therapeutischen Maßnahmen mehr. Falsch sei zudem die Angabe des Gutachters, der Kläger habe den Einbeinstand seitengleich sicher durchführen können. Auf dem rechten Bein habe er nur abgestützt stehen können.
Die Berichterstatterin hat mit Beschluss vom 31.01.2017 das Befangenheitsgesuch gegen den Gutachter zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.
Mit Schreiben vom 27.04.2017 hat der Kläger weitere medizinische Unterlagen vorgelegt und vorgetragen, dass am 11.04.2017 eine Kernspintomographie durchgeführt worden sei. Man habe ausweislich der vorgelegten Befundberichte einen "zur Voruntersuchung etwas progredienten links-intraspinalen Rezidivprolaps L5/S1" festgestellt. Im Rahmen einer radiologischen Untersuchung am 13.02.2017 habe sich zudem einen Hinweis auf ein CAM-Impingement links mit beginnender Coxarthrose ergeben.
Die Beklagte hat hierauf durch eine Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. S. erwidert und ausgeführt, dass unzweifelhaft qualitative Einschränkungen bestünden. Aus den nun vorgelegten Unterlagen ergebe sich aber gerade nicht, dass der Kläger eine sechs- und mehrstündige Tätigkeit nicht mehr durchführen könne. Insbesondere ließen sich aus diesen keine sensiblen oder motorisch relevanten Beeinträchtigungen ableiten. Auch seien diesen Unterlagen keine sozialmedizinisch relevanten Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen. Auch der behandelnde Unfallchirurg Dr. B. gehe davon aus, dass die vom Kläger beschriebenen Beschwerden nicht auf die aus den bildgebenden Verfahren ableitbaren beginnenden arthrotischen Veränderungen am Becken zurückzuführen seien, sondern wohl eher durch die Wirbelsäulenerkrankungen zu erklären seien. In den Unterlagen werde weiter ein Normalbefund hinsichtlich Sensibilität und Motorik geschildert, und die Hüftgelenke erschienen aufgrund der aktuellen Befunde auch nur minimal bewegungseingeschränkt. Auch hinsichtlich des von Dr. B. am 18.04.2017 diagnostizierten Bandscheibenvorfalls L5 links beschreibe dieser keine motorischen Ausfälle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Beklagten das Urteil vom 27.10.2015 am 03.11.2015 - wie diese das in ihrer Berufungsschrift ausgeführt hat- und nicht am 03.10.2015 zugestellt worden ist. Bei dem auf dem Empfangsbekenntnis aufgebrachten Eingangsstempel "3. Oktober 2015" handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, da das Urteil erst danach, nämlich am 27.10.2015, ergangen und mit Schreiben vom 29.10.2015 abgeschickt worden ist. Damit steht fest, dass die am 25.11.2015 beim LSG eingegangene Berufung fristgerecht erhoben worden ist. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt.
Die vom Kläger am 03.12.2015 eingelegte (selbstständige) Anschlussberufung ist zwar ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet, da der Kläger weder die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung noch ab dem 01.05.2015, wie vom SG entschieden worden ist, verlangen kann.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen können und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemessen an diesem Maßstab ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Das Leistungsvermögen des Klägers ist nicht auf unter sechs Stunden reduziert.
Der Kläger leidet insbesondere an Erkrankungen auf dem orthopädischen Fachgebiet, wobei im Wesentlichen Wirbelsäulenbeschwerden im Vordergrund stehen. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt, besteht hier ein anhaltendes Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei mäßiger Fehlstatik, mehrsegmentalen deutlichen degenerativen Veränderungen und wiederkehrenden möglichen Nervenwurzelreizzeichen im Bereich Arme und Beine, ein Bandscheibenvorfall L5/S1 (MRT 02/2016), eine stattgehabte Bandscheibenvorfallsanierungs-Operation L5/S1 2011 und Einpflanzung von Bandscheibenersatz im Segment C5/6 und C6/7 06/2011. Daneben bestehen auf orthopädischem Fachgebiet insbesondere beginnende degenerative Veränderungen an beiden Hüftgelenken, den Kniegelenken, beiden Sprunggelenken, beiden Schultern und den Handgelenken, jeweils aber mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen. Diese Gesundheitsstörungen, die der Senat insbesondere dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. K. entnimmt und die von diesem unter Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte sowie eigenen Untersuchungen schlüssig und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden abgeleitet wurden, führen zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens, aber nicht zu einer auch zeitlichen Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Dem Kläger sind noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten (5 bis 10 kg) möglich, mechanische Hebehilfen sollten weiter benutzt werden. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen stattfinden können. Tätigkeiten mit Einnahme häufiger Zwangshaltungen, z.B. Körpervorhalte und häufigem Bücken sind zu vermeiden. Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des Arbeitens mit häufigen Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten in Armvorhalte sind wegen der Halswirbelsäulenproblematik und der Schultergelenkssituation nicht sinnvoll. Des weiteren sollten Tätigkeiten mit der gehäuften Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft unterbleiben.
Der Senat hat keine Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. K. Wie bereits im Beschluss vom 31.01.2017 ausgeführt, ist nicht erkennbar, dass der Gutachter aufgrund eines unsachlichen oder willkürlichen Verhaltens dem Kläger gegenüber befangen war. Auch kann der Senat keine mangelnde Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeiten erkennen. Soweit der Kläger kritisiert, dass der Gutachter ihm Simulation vorwerfe, kann der Senat dies dem Gutachten nicht entnehmen, was der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme auch bestätigt hat. Der Gutachter hat hier lediglich seine Beobachtung geschildert, dass sich das Gangbild zunehmend gebessert habe und kein Hinken mehr zu beobachten gewesen sei und in der ergänzenden Stellungnahme erläutert, welche medizinischen Erklärungen für das Phänomen denkbar seien. Soweit der Kläger kritisiert hat, dass der Gutachter zu Unrecht Feststellungen zur von den Fachärzten nicht durchgeführten Diagnostik und den nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten getroffen habe, ist dies nicht zu beanstanden. Vielmehr gehört es zu den Aufgaben einer ordnungsgemäßen Begutachtung, für bedeutsam empfundene Beobachtungen im Rahmen der Anamnese und körperlichen Untersuchungen in dem Gutachten festzuhalten sowie Widersprüche in den Angaben der Betroffenen und den Aussagen der Behandler bzw. bisherigen Gutachten als solche zu erkennen und zu benennen. Zulässig und sogar zu fordern ist auch, gegebenenfalls ein Auseinanderfallen von Untersuchungsbefund und Objektivierbarkeit darzustellen.
Zu ähnlichen Ergebnissen hinsichtlich der Leistungseinschätzung kommen sowohl die im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachterin Dr. S. als auch Dr. B., die den Kläger im Auftrag des SG am 17.05.2013 begutachtet hat. Der Senat geht hier zwar unter Zugrundelegung der neueren Befunde aus dem Gutachten von Dr. K. davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit den damaligen Untersuchungen verschlechtert hat, folgt aber - wie bereits oben ausgeführt - dem Gutachter Dr. K., dass sich trotz dieser Verschlechterung keine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens begründen lässt. Nicht folgen vermag der Senat dem nach § 109 SGG vom SG eingeholten Gutachten von Dr. S ... Dieser geht davon aus, dass der Kläger auch bei Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen nur noch drei bis vier Stunden täglich arbeiten könne. Er begründet dies im Wesentlichen mit der Chronifizierung und Ausprägung der Beschwerden, ohne wesentlich andere Befunde als Dr. K. zu erheben. Hierbei stützt sich der Gutachter vor allem auf die vom Kläger geschilderten Einschränkungen der Gehfähigkeit und Schmerzen, die ihm als "glaubhaft" erscheinen. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung kann jedoch nicht allein auf die subjektiven Angaben des Versicherten bezogen werden. Vielmehr muss eine Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung erfolgen. Dabei kann u.a. auf die bisher erfolgten Behandlungen Bezug genommen werden. Dies erfolgt in diesem Gutachten jedoch nicht. Der Gutachter setzt sich weder damit auseinander, dass schon seit einiger Zeit keinerlei Therapiemaßnahmen mehr durchführt wurden noch damit, dass der Kläger selbst keine Trainingsmaßnahmen durchführt, und er erhebt keinerlei Angaben zum Tagesablauf des Klägers.
Die nicht ausgeschöpften Therapiemaßnahmen und auch der vom Kläger bei den anderen Gutachtern geschilderte Tagesablauf sprechen jedoch insgesamt gegen ein auf unter sechs Stunden herabgesunkenes Leistungsvermögen. So berichtete der Kläger u.a. gegenüber Dr. K., dass er (gemeinsam mit der Ehefrau) den Haushalt versorge, täglich Einkäufe erledige und mit dem Hund spazieren gehe. Er trifft sich auch mit Bekannten, geht Kaffee trinken. Es besteht Kontakt zu Verwandten.
Weiter lässt sich aus den nun mit Schreiben vom 27.04.2017 vorgelegten neueren ärztlichen Befundberichten keine so gravierende Verschlechterung ableiten, dass nun auch das zeitliche Leistungsvermögen als reduziert anzusehen ist. Insbesondere lassen sich aus diesen keine sensiblen oder motorisch relevanten Beeinträchtigungen ableiten. Auch sind diesen Unterlagen keine sozialmedizinisch relevanten Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen. Auffällig ist zudem, dass auch der behandelnde Unfallchirurg Dr. B. davon ausgeht, dass die vom Kläger beschriebenen Beschwerden nicht auf die aus den bildgebenden Verfahren ableitbaren beginnenden arthrotischen Veränderungen am Becken zurückzuführen ist, sondern wohl eher durch die Wirbelsäulenerkrankungen zu erklären sind. Ferner werden ein Normalbefund hinsichtlich Sensibilität und Motorik geschildert und die Hüftgelenke erscheinen aufgrund der Befunde auch nur minimal bewegungseingeschränkt. Auch hinsichtlich des von Dr. B. am 18.04.2017 diagnostizierten Bandscheibenvorfalls L5 links werden von diesem keine motorischen Ausfälle beschrieben. Alles in allem kann auch aus den neu vorgelegten Befunden keine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens begründet werden.
Eine auch zeitliche Minderung des Leistungsvermögens ergibt sich auch nicht aus den weiter vorliegenden Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Hier leidet der Kläger unter einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode. Aufgrund der Operationen an Lendenwirbelsäule und Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorfällen sind keine neurologischen Funktionsausfälle erkennbar und auch die Kriterien einer Schmerzstörung sind nicht erfüllt. Neurologische Beschwerden werden vom Kläger nicht geklagt, und der Gutachter konnte keine Funktionsausfälle beobachten. Diese Gesundheitsstörungen, die der Senat insbesondere dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. S. entnimmt, führen zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens, aber nicht zu einer auch zeitlichen Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschätzung des Gutachters sowie den weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren bedingen diese Erkrankungen lediglich weitere qualitative Einschränkungen wie die Notwendigkeit der Vermeidung von Akkord- und Fließbandarbeiten, von Arbeiten in Wechselschicht sowie von Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung. Eine auch quantitative Leistungsminderung folgt hieraus nach Einschätzung des Gutachters Dr. S. jedoch gerade nicht. Dies spiegelt auch der von Dr. S. erhobene psychische Anamnesebefund wieder, in dem zwar eine Störung der Stimmung, Missmutigkeit und Bedrücktheit sowie eine leichte Rückzugstendenz beschrieben werden. Eine schwere Deprimiertheit bestand jedoch nicht, und die Fähigkeit zur Interaktion und Kommunikation war nach wie vor erhalten. Auffällig ist zudem, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung keinerlei psychotherapeutische Therapie und nur eine unzureichende medikamentöse Therapie durchgeführt worden ist. Das vom Kläger eingenommene Antidepressivum war in der angegebenen Dosierung antidepressiv unwirksam und wohl eher zur Unterstützung der Schmerzbehandlung eingesetzt. Auch der bereits oben geschilderte Tagesablauf des Klägers spricht gegen eine auch zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens aufgrund der depressiven Erkrankung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den Angaben der im Berufungsverfahren ergänzend als sachverständige Zeugen befragten Ärzte und Psychotherapeuten ableiten. So hat der Neurologe und Psychiater Dr. R. erklärt, dass er den Kläger letztmals am 08.12.2014 behandelt habe. Eine Verschlechterung der Leiden auf diesem Fachgebiet im Vergleich zur Begutachtung durch Dr. S. im Juni 2014 ergibt sich hieraus gerade nicht. Der Psychotherapeut Dipl. Psychologe Dr. P. hat zwar mitgeteilt, dass er den Kläger vom 30.03.2015 bis 09.11.2015 behandelt und insgesamt 30 Therapiestunden (Verhaltenstherapie) durchgeführt habe. Eine Verschlechterung des Leistungsvermögens beschreibt auch er nicht. Vielmehr beschreibt er, dass sich die von ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung als Reaktion auf den Angriff im Jahr 2014 deutlich gebessert habe. Dies deckt sich mit der Prognose des Gutachters Dr. S., der die damals völlig unbehandelte depressive Störung, deren Auftreten er im unmittelbaren Zusammenhang mit dem tätlichen Angriff auf den Kläger gesehen hat, für gut besserbar und noch nicht einmal als chronifiziert angesehen hat. Auffällig ist ferner, dass der Kläger im Berufungsverfahren die Reduzierung seines Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden im Wesentlichen mit den orthopädischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule begründet und die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet nur noch am Rande erwähnt. So beschreibt er sogar im Zusammenhang mit dem tätlichen Angriff vom Februar 2014 lediglich die erlittenen körperlichen Verletzungen. Auch dies spricht gegen einen entsprechenden Leidensdruck aufgrund der auf diesem Fachgebiet vorhandenen Erkrankungen.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lässt sich auch nicht mit dem Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung bzw. einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen begründen. Bei der Prüfung einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung sowie einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und hierbei Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen zu würdigen. Je mehr diese geeignet sind, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter ist die Frage einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung zu begründen (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R -, Juris). Hierbei ist auf der vom BSG vorgeschlagenen ersten Prüfstufe festzustellen, ob das Restleistungsvermögen des Klägers noch Tätigkeiten erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von Teilen (BSG, a.a.O.). In diesem Fall genügt die Benennung von Arbeitsfeldern bzw. von Tätigkeiten der Art, die der Versicherte ausfüllen könnte. Erst dann, wenn sich solche Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht beschreiben lassen, in denen es Arbeitsplätze gibt, die der Versicherte unter Berücksichtigung seines Restleistungsvermögens noch ausfüllen kann, und insofern ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen aufkommen, stellt sich die Prüfpflicht, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Liegen diese vor, besteht die Pflicht zur Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit (BSG a.a.O.; BSGE 80, 24, 39). Vorliegend ist der Kläger noch dazu in der Lage, leichte sechsstündige Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten (5 bis 10 kg) mit mechanischen Hebehilfen, im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne häufige Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, gehäufte Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft, ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Arbeiten und Wechselschicht und ohne Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung auszuführen, wie sich aus den ausführlichen und schlüssigen Gutachten der Dr. S. und Dr. K. ergibt. Damit reicht das Restleistungsvermögen des Klägers noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen oder auch Bürohilfsarbeiten aus. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher vorliegend nicht.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - und Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R -, Juris). Das BSG hält dabei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, für eine derart schwere Leistungseinschränkung, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21.03.2006, - B 5 RJ 51/04 - unter Hinweis auf BSG Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, - GS 2/95 -, Juris). Nach den vorliegenden Gutachten, insbesondere dem fachorthopädischen Gutachten des Dr. K., besteht eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht. Dieser hat eine Gehstreckenuntersuchung durchgeführt, bei der der Kläger eine Wegstrecke von 815m in 14 Minuten problemlos zurücklegen konnte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Klägers selbst, der gegenüber dem Gutachter erklärt hat, dass er etwa 600m am Stück gehen könne und sich dann ausruhe, bevor er weitergehe. Entgegen des Vortrages des Klägers hat der Gutachter auch nicht vorgeworfen, er simuliere. Vielmehr hat er im Gutachten ausgeführt, dass sich das Gangbild zunehmend gebessert habe und kein Hinken mehr zu beobachten gewesen sei. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme zudem erläutert, welche medizinischen Erklärungen für das Phänomen denkbar sind. Anhaltspunkte, dass öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzt werden können, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat zudem selbst angegeben, dass er einen Pkw besitzt und diesen auch führt, auch wenn er hin und wieder Pausen wegen Krämpfen in den Händen einlegen muss. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, denn er wurde 1968 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag des § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI geboren.
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Sozialgerichts daher abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Der 1968 geborene Kläger hat den Beruf des Landschaftsgärtners erlernt und war zunächst in diesem Beruf tätig. Nach einer von der Beklagten finanzierten Umschulung zum Fachpraktiker Chirurgiemechanik war er in diesem Beruf und zuletzt als Gewindeschleifer versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Februar 2011 ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Er hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Der Kläger hatte sich bereits vom 01.04.2011 bis 22.04.2011 zur medizinischen Rehabilitation in der F.klinik in Bad B. befunden. Die Ärzte der dortigen Klinik hatten in ihrem Bericht vom 26.04.2011 folgende Diagnosen gestellt: 1. Lumboischialgie li. nach OP wegen BVS L5/S1 am 21.03.2011 2. Nikotinkonsum 3. Kraftlosigkeit und Krämpfe beider Hände unklarer Genese Der Kläger könne sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Chirurgiemechaniker als auch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Der Kläger beantragte am 26.07.2012 bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Er begründete diesen im Wesentlichen mit Schmerzen im Schultergürtel, den Unterarmen, den Händen sowie beim längeren Gehen und Stehen im Oberschenkel.
Er wurde daraufhin im Auftrag der Beklagten von Dr. S., Fachärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie, untersucht. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 25.09.2012 folgende Diagnosen: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheiben-OP L5/S1 03/11 und Versteifungs-OP C5/6 und C6/7 06/11 bei Einengung des Spinalkanals, keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen, leichte Sensibilitätsstörungen li. Oberschenkel, kein motorisches Defizit. Zusammengefasst halte sie das Leistungsvermögen des Klägers für gemindert, es sei jedoch noch nicht aufgehoben. Unter Berücksichtigung folgender Funktionseinschränkungen könne er weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten idealerweise in wechselnder Körperhaltung noch vollschichtig verrichten. Häufiges Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sowie häufige Überkopfarbeiten sollten vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin mit Bescheid vom 26.09.2012 ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2012 als unbegründet zurück. Unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und den sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten seien nach Einschätzung des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers einschränkten. Ihm seien daher noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel 15 kg zumutbar) und ohne häufiges Überkopfarbeiten sechs Stunden und mehr täglich möglich. Der Kläger sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme aufgrund des Geburtsdatums des Klägers nicht in Betracht.
Am 14.01.2013 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er sich 2011 vier Operationen habe unterziehen müssen. Bereits davor habe er unter massiven Schmerzen gelitten. Auch jetzt verspüre er Schmerzen beim Sitzen, beim Gehen, beim Stehen und auch beim Liegen. Er könne daher lediglich für die Dauer von maximal einer halben Stunde schmerzfrei stehen. Auch an den Händen leide er unter Schmerzen und könne diese nicht mehr richtig einsetzen. Das SG hat daraufhin zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Dr. D., Fachärztin für Allgemeinmedizin, hat mitgeteilt, dass der Kläger höchsten zwei bis vier Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten könne, da er an einem chronifizierten Schmerzsyndrom leide. Auch nach den Operationen sei er nicht wieder schmerzfrei geworden. Der Neurochirurg Dr. B. hat mitgeteilt, dass der Kläger sich zuletzt am 25.11.2011 bei ihm in Behandlung befunden habe. Er könne daher keine Angaben zum Leistungsvermögen ab Dezember 2011 machen. Der Unfallchirurg Dr. B. erklärte, dass er den Kläger seit 2002 behandle. Die Situation an den Händen habe sich aufgrund der Operationen verbessert; die Schmerzen am Rücken seien unverändert. Der Kläger könne daher nur noch leichte Tätigkeiten unter sechs Stunden am Tag verrichten.
Das SG hat daraufhin von Amts wegen ein Gutachten bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. eingeholt. Diese hat den Kläger am 17.05.2013 untersucht und im Gutachten vom 30.05.2013 folgende Diagnosen gestellt: 1. Z.n. Spondylodese der Halswirbelsäule mit endgradiger Rotationseinschränkung und immer wieder einschießenden Beschwerden in den rechten, zum Teil auch in den linken Arm, ohne heute vorliegende neurologische Ausfälle bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen nach Bandscheibenprothesenversorgung 2. Gelegentliche Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Z.n. Bandscheibenoperation, ohne Funktionseinschränkung und ohne Nervenwurzelreizung 3. Handgelenksbeschwerden rechts bei freier Funktion, Z.n. Karpaltunnelsyndrom bei radiologisch unauffälligem Befund 4. Handgelenksbeschwerden bei freier Funktion, Z.n. Karpaltunnelsyndrom Operation bei radiologisch unauffälligem Befund 5. Gelegentliches Knacken im Bereich des linken Kniegelenkes bei klinisch und radiologisch unauffälligem Befund 6. Anamnestisch Epicondylitis radialis rechts. Aufgrund der Beschwerden an der Halswirbelsäule sei eine mittelschwere und schwere Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Arbeiten auf Schulterhöhe und Überkopfarbeiten müssten vermieden werden. Eine reine Bildschirmtätigkeit sei ebenfalls nicht zumutbar. Feinmotorische Tätigkeiten seien eingeschränkt und das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg seien nicht mehr zumutbar. Ebenso sollten häufiges Bücken und wirbelsäulenverdrehte Haltungen vermieden werden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich und der Kläger könne viermal täglich 500 m arbeitstäglich in zumutbarem Aufwand zurücklegen.
Hiergegen hat der Kläger vorgetragen, dass das Schmerzsyndrom nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, außerdem sei er aufgrund von Depressionen bei dem Neurologen und Psychiater Dr. R. in Behandlung. Das SG hat diesen Arzt daraufhin als sachverständigen Zeugen befragt. Mit Schreiben vom 04.12.2013 hat dieser sodann angegeben, dass er den Kläger (wieder) seit 30.04.2013 behandle. Er habe ein Schmerzsyndrom diagnostiziert und könne zur zeitlichen Leistungsfähigkeit keine Angaben machen.
Das SG hat daraufhin von Amts wegen ein nervenärztliches Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. S. eingeholt. Dieser hat den Kläger am 02.06.2014 untersucht und in seinem Gutachten vom 13.06.2014 folgende Diagnosen gestellt: 1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode 2. Operation an der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen ohne neurologische Funktionsausfälle. Eine somatoforme Schmerzstörung habe er nicht diagnostizieren können. Vielmehr liege eine organische Erkrankung des Skelettsystems und hier insbesondere der Wirbelsäue vor und es sei aufgrund der Depression von einer nochmals verstärkten Wahrnehmung körperlicher, organisch begründbarer Beschwerden auszugehen. Beim Kläger bestehe eine Störung der Stimmung, die verzweifelt-resignativ und von Missmutigkeit und Bedrücktheit geprägt sei, ohne dass eine schwere Deprimiertheit bestehe. Sozial sei die Fähigkeit zur Interaktion und Kommunikation erhalten bei einer leichten Rückzugstendenz. Die Gesprächsatmosphäre sei entspannt gewesen, der Kläger sei dem Gespräch gut gefolgt und habe nie schmerzgeplagt und körperlich leidend gewirkt. Die zeitliche Entwicklung der depressiven Störung könne er schwer einschätzen. So sei zum einen zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger bereits im Jahr 2002 einen mehrmonatigen stationären Aufenthalt in der Klinik R. hinter sich gebracht habe und insbesondere könne es gut sein, dass die tätliche Auseinandersetzung mit einem Nachbarn im Februar 2014 für die Herausbildung der depressiven Episode mit verantwortlich sei. Beim Gutachter hatte der Kläger berichtet, dass es Anfang des Jahres zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn gekommen sei. Die Polizei sei eingeschaltet gewesen und die Staatsanwaltschaft ermittle. Der Gutachter hat weiter ausgeführt, dass die depressive Episode noch nicht chronifiziert sei und de facto nicht behandelt werde. Das vom Kläger angegebene Medikament sei zwar ein Antidepressivum, in der verordneten Dosierung jedoch antidepressiv unwirksam und wohl eher zur Unterstützung der Schmerzbehandlung eingesetzt. Es sei bei Zugrundelegung der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten durchaus davon auszugehen, dass es innerhalb von sechs Monaten zu einer Besserung der Symptomatik komme. Es sei daher aus nervenärztlicher Sicht von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung sei nicht zu begründen. Vermieden werden sollten Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten und Wechselschicht, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt, zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist ein weiteres orthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. S. eingeholt worden. Dieser hat den Kläger am 30.11.2014 untersucht und folgende Diagnosen gestellt: 1. Z.n. Bandscheiben-OP L5/S1 links 3/2011 mit Wurzelreizung links, Osteochondrose L5/S1 2. Z.n. Spondylodese C5-7 mit persistierender Foramenstenose auch C4/5 mit Wurzelreizung 3. Skoliose 4. Z.n. CT-Operation rechts 12/2011 und links 1/2012 5. Impingement beide Schultern mit ACG-Arthrose rechts mehr als links 6. Rizarthrose 7. Chronifiziertes Schmerzsyndrom. Nicht orthopädisch: rezidivierende depressive Störung mit mittelgradig depressiver Episode. Es seien keine mittelschweren oder schweren Tätigkeiten mehr möglich, Heben und Tragen oder Bewegen von Lasten seien nur noch bis 5 kg möglich. Es müsse eine Wechseltätigkeit im Gehen, Stehen und Sitzen durchgeführt werden und ohne gleichförmige Körperhaltung. Ebenso seien Tätigkeiten mit Bücken, Kälte, Zugluft und Nässe zu vermeiden. Ebenso ungeeignet seien Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechselschichten und Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung und geistiger Beanspruchung. 500 m könne der Kläger, auch vier Mal täglich, noch zurücklegen. Autofahrten - länger als 45 Minuten - seien nicht mehr zumutbar. Eine Tätigkeit sei dem Kläger auch unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen nur noch etwa drei bis vier Stunden täglich möglich. Eine sechsstündige Tätigkeit sei aufgrund der Chronifizierung und der Ausprägung der Beschwerden nicht mehr leidensgerecht. Diese Einschränkung bestehe seit Antragstellung. Mit einer Besserung sei nicht mehr zu rechnen. Seine Einschätzung weiche vom Gutachten von Dr. B. insbesondere aufgrund von Unterschieden in der Befunderhebung und der offensichtlich progredienten degenerativen Veränderungen ab.
Die Beklagte hat gegen dieses Gutachten durch eine Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes Einwände vorgetragen und hierbei insbesondere darauf hingewiesen, dass dem Gutachter zwar zuzustimmen sei, dass es zu einer Befundverschlechterung im Segment C4/5 gekommen sei. Allerdings begründe der Gutachter die Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögen im Wesentlichen mit den vom Kläger geschilderten Schmerzen und den vorgenommenen Funktion¬sprüfungen, die aber auch willentlich beeinflusst werden könnten. Die Leistungsbeurteilung im Gutachten sei nicht plausibel.
Der Kläger hat seinerseits mit Schreiben vom 11.05.2015 ergänzend vorgetragen, dass sich seine gesundheitlichen Beschwerden seit dem tätlichen Angriff am 27.02.2014 verschärft hätten. Er hat zudem ein Attest des behandelnden Diplom-Psychologen Dr. P. vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass derzeit eine mittelgradige depressive Episode sowie der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund des Ereignisses vom 27.02.2014 vorliege. Die Behandlung sei noch nicht abgeschlossen. Es sei aber davon auszugehen, dass die psychische Situation durch den Angriff in jedem Fall verschärft worden sei.
Das SG hat mit Urteil vom 27.10.2015 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.05.2015 bis 30.04.2018 zu gewähren. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Die Beklagte habe zudem 1/6 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu übernehmen. Die näher dargelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lägen ab dem 01.05.2015 vor. Das SG ist in dieser Frage dem Gutachten von Dr. S. folgend, davon ausgegangen, dass es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands auf orthopädischem Fachgebiet seit der Begutachtung durch Dr. B. gekommen sei. Hinsichtlich des zeitlichen Eintritts des Leistungsfalles werde allerdings nicht dem Gutachten von Dr. S. gefolgt. Hierbei sei zum einen zu beachten, dass sowohl Dr. B. als auch die Gutachterin im Verwaltungsverfahren noch von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen täglich ausgegangen seien. Zum anderen habe selbst Dr. S. ausgeführt, dass es im Vergleich zur Untersuchung bei Dr. B. zu einer gravierenden Verschlechterung gekommen sei. Es sei daher vom Vorliegen eines täglichen Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden frühestens zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. S., mithin ab dem 30.10.2014, auszugehen. Hier bestehe ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nur aufgrund der Arbeitsmarktlage, so dass die zu gewährende Rente zu befristen und erst ab dem siebten Kalendermonat nach Eintritt der Erwerbsminderung zu leisten sei. Die begehrte Rente werde damit erst ab dem 01.05.2015 gewährt. Die Kostenentscheidung berücksichtige, dass der Kläger nur teilweise habe obsiegen können.
Gegen das der Beklagten - ausweislich ihres Eingangsstempels auf dem Empfangsbekenntnis am 03.10.2015 - und dem Kläger am 04.11.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25.11.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes vorgetragen, dass das Gutachten von Dr. S. nicht überzeuge. Allein aus der Verschlechterung in der Befunderhebung lasse sich noch nicht eine Verschlechterung der Funktion ableiten. Eine Reduzierung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden lasse sich aber gerade nicht erkennen. Auch die Kostenentscheidung des SG überzeuge nicht, wenn man wie dieses annehme, dass der Leistungsfall im laufenden Klageverfahren eingetreten sei. Mit einem am 03.12.2015 beim LSG eingegangenen Schreiben hat der Kläger ebenfalls Berufung gegen das Urteil eingelegt. Er führt zur Begründung aus, dass das SG zu Recht hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens dem Gutachten von Dr. S. gefolgt sei. Man wende sich aber gegen den Zeitpunkt des Leistungsbeginns. Wie der Gutachter sehe man bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung eine auch zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens. Zudem sei es dann bereits aufgrund des tätlichen Angriffs am 27.02.2014 zu einer weiteren Verschlechterung gekommen und nicht erst im Jahr 2015.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Oktober 2015 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, außerdem,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Oktober 2015 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2012 zu verurteilen, dem Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren, außerdem,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 18.12.2015 ist die Vollstreckung aus dem Urteil des SG ausgesetzt worden (vgl. § 199 Abs. 2 SGG).
Der Senat hat zunächst die behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten als sachverständige Zeugen befragt.
Der Dipl. Psychologe Dr. P. hat mitgeteilt, dass er den Kläger vom 30.03.2015 bis 09.11.2015 behandelt habe. Es habe eine Psychotherapie mit 30 Therapiestunden stattgefunden. Die posttraumatische Belastungsstörung habe sich im Verlauf der Therapie deutlich gebessert, weitere Behandlungsmaßnahmen seien nicht beabsichtigt. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. hat ausgeführt, dass er den Kläger zuletzt am 08.12.2014 behandelt habe. Er könne daher keine Angaben zu eventuellen Veränderungen und Prognosen machen. Der Senat hat daraufhin von Amts wegen ein weiteres orthopädisches Fachgutachten eingeholt und hierfür Dr. K., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, beauftragt. Dieser hat den Kläger am 13.07.2016 untersucht und in seinem Gutachten vom selben Tag folgende Diagnosen gestellt: 1. Anhaltendes Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei mäßiger Fehlstatik, mehrsegmentalen deutlichen degenerativen Veränderungen und wiederkehrenden möglichen Nervenwurzelreizzeichen im Bereich Arme und Beine, Bandscheibenvorfall L5/S1 (MRT 02/2016). Stattgehabte Bandscheibenvorfallsanierungs-Operation L5/S1 2011 und Einpflanzung von Bandscheibenersatz im Segment C5/6 und C6/7 06/2011. 2. Beginnende Veränderungen beider Hüftgelenke mit freier Beweglichkeit und endgradigen Bewegungseinschränkungen linkes Hüftgelenk 3. Beginnende degenerative Veränderungen beider Kniegelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen 4. Senk-Spreizfüße beidseits, beginnende degenerative Veränderungen beider oberer Sprunggelenke sowie Gelenke zwischen Sprungbein und Kahnbein beidseits und Großzehengrundgelenke beidseits mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen 5. Hinweise auf Reizzustände im Bereich des Muskelsehnenmantels beider Schultergelenke mit endgradigen Bewegungseinschränkungen und mäßigen degenerativen Veränderungen im Bereich beider Schultereckgelenke 6. Beginnende degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen 7. Beginnende degenerative Veränderungen beider Handgelenke, der Daumensattelgelenke und daumennaher Handwurzelgelenke beidseits sowie ebenfalls gering ausgeprägt im Bereich einiger Daumen- und Fingerstrahlgelenke beidseits mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen beidseits 8. Stattgehabte Befreiungsoperation des Mittelhandnerven links 12/2011 und rechts 1/2012 ohne verbliebene Restbeschwerdesymptomatik. Es seien noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 5-10 kg möglich, mechanische Hebehilfen sollten weiter benutzt werden. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen stattfinden können. Tätigkeiten mit Einnahme häufiger Zwangshaltungen, z.B. Körpervorhalte und häufigem Bücken, seien zu vermeiden. Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des Arbeitens mit häufigen Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten in Armvorhalte seien wegen der Halswirbelsäulenproblematik und der Schultergelenkssituation nicht sinnvoll. Des weiteren sollten Tätigkeiten mit der gehäuften Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft unterbleiben. Dem Kläger sei unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen eine Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Die sozialmedizinisch relevante Gehstrecke zum Erreichen eines Arbeitsplatzes sei dem Kläger unproblematisch zumutbar. Bei einer Gehstreckenuntersuchung habe der Kläger eine Strecke von 815 Metern in 14 Minuten zurückgelegt, dies ohne Beschwerdeangabe und ohne Zeichen der Anstrengung bei zunehmend gebessertem und aufgehobenem hinkendem Gangbild, wie dies zu Anfang der Begutachtung noch demonstriert worden sei. Wesentliche Änderungen der Leistungsfähigkeit seien im Laufe des Verfahrens nicht eingetreten. Eine Besserung sei nur noch graduell möglich, auch wenn zu beachten sei, dass der Kläger schon lange keinerlei Therapiemaßnahmen mehr in Anspruch nehme.
Mit Schreiben vom 31.08.2016 hat der Kläger den Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Gutachter habe bei einem Gespräch vor der eigentlichen Untersuchung die vorangegangenen Gutachten kurz angesprochen und gegenüber dem Kläger dann gesagt: "Jetzt sind Sie ja bei mir. Ich mache der Sache ein Ende". Zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch unklar gewesen, wie er diese Äußerungen des Sachverständigen auffassen solle. Nach Zugang des Gutachtens ergebe sich für den Kläger, dass der Gutachter schon damals angekündigt habe, der Sache im Sinne der Beklagten "ein Ende zu machen". Dies ergebe sich zunächst daraus, dass der Sachverständige aus der Tatsache, dass die behandelnden Ärzte keine weitere Diagnostik veranlasst hätten, geschlossen habe, die Beschwerden seien "nicht ganz so ausgeprägt". Diese Schlussfolgerung sei nicht nachvollziehbar. Gleiches gelte für den Hinweis des Gutachters, dass in den letzten Jahren keine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit mehr stattgefunden habe. Der Gutachter ziehe zudem den unzulässigen Rückschluss aus unterbliebener Anordnung von Therapiemaßnahmen der behandelnden Ärzte auf eine sozialmedizinisch klinische Relevanz. Therapiemaßnahmen seien vielmehr deshalb nicht mehr angeordnet worden, weil der Kläger "austherapiert" sei. Die Aussage des Gutachters, wonach geprüft werden müsse, "ob die Compliance des Klägers" hinsichtlich möglicher Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha) "überhaupt gegeben" sei, sei schlicht diskreditierend und nicht nachvollziehbar. Der Gutachter habe ferner die Schmerzmitteleinnahme des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem werfe der Gutachter dem Kläger unberechtigterweise vor, dass dieser simuliere.
Der Gutachter hat hierzu auf Nachfrage des Gerichts hin Stellung genommen und mit Schreiben vom 14.10.2016 erklärt, er weise es strikt von sich, die vom Kläger behauptete Äußerung gemacht zu haben. Er bleibe zudem dabei, dass die Behandlungsmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft seien. Er habe ferner nicht angedeutet, dass der Kläger simuliere. Er habe vielmehr lediglich beschrieben, dass sich das Gangbild bei der Gehstreckenuntersuchung bei längerer Gehstrecke gebessert habe. Dies habe mit Simulieren nichts zu tun. Es könne z.B. biomorphologische Gründe dafür geben. Auch nach erneuter Durchsicht des Gutachtens ergebe sich kein Anlass, von seiner Aussage abzuweichen.
Mit Schreiben vom 09.11.2016 hat der Kläger daraufhin nochmals betont, dass der Gutachter die genannte Äußerung getätigt habe. Er sei zudem "austherapiert" und deshalb erfolgten keine weiteren therapeutischen Maßnahmen mehr. Falsch sei zudem die Angabe des Gutachters, der Kläger habe den Einbeinstand seitengleich sicher durchführen können. Auf dem rechten Bein habe er nur abgestützt stehen können.
Die Berichterstatterin hat mit Beschluss vom 31.01.2017 das Befangenheitsgesuch gegen den Gutachter zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.
Mit Schreiben vom 27.04.2017 hat der Kläger weitere medizinische Unterlagen vorgelegt und vorgetragen, dass am 11.04.2017 eine Kernspintomographie durchgeführt worden sei. Man habe ausweislich der vorgelegten Befundberichte einen "zur Voruntersuchung etwas progredienten links-intraspinalen Rezidivprolaps L5/S1" festgestellt. Im Rahmen einer radiologischen Untersuchung am 13.02.2017 habe sich zudem einen Hinweis auf ein CAM-Impingement links mit beginnender Coxarthrose ergeben.
Die Beklagte hat hierauf durch eine Stellungnahme der Fachärztin für Chirurgie Dr. S. erwidert und ausgeführt, dass unzweifelhaft qualitative Einschränkungen bestünden. Aus den nun vorgelegten Unterlagen ergebe sich aber gerade nicht, dass der Kläger eine sechs- und mehrstündige Tätigkeit nicht mehr durchführen könne. Insbesondere ließen sich aus diesen keine sensiblen oder motorisch relevanten Beeinträchtigungen ableiten. Auch seien diesen Unterlagen keine sozialmedizinisch relevanten Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen. Auch der behandelnde Unfallchirurg Dr. B. gehe davon aus, dass die vom Kläger beschriebenen Beschwerden nicht auf die aus den bildgebenden Verfahren ableitbaren beginnenden arthrotischen Veränderungen am Becken zurückzuführen seien, sondern wohl eher durch die Wirbelsäulenerkrankungen zu erklären seien. In den Unterlagen werde weiter ein Normalbefund hinsichtlich Sensibilität und Motorik geschildert, und die Hüftgelenke erschienen aufgrund der aktuellen Befunde auch nur minimal bewegungseingeschränkt. Auch hinsichtlich des von Dr. B. am 18.04.2017 diagnostizierten Bandscheibenvorfalls L5 links beschreibe dieser keine motorischen Ausfälle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Beklagten das Urteil vom 27.10.2015 am 03.11.2015 - wie diese das in ihrer Berufungsschrift ausgeführt hat- und nicht am 03.10.2015 zugestellt worden ist. Bei dem auf dem Empfangsbekenntnis aufgebrachten Eingangsstempel "3. Oktober 2015" handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, da das Urteil erst danach, nämlich am 27.10.2015, ergangen und mit Schreiben vom 29.10.2015 abgeschickt worden ist. Damit steht fest, dass die am 25.11.2015 beim LSG eingegangene Berufung fristgerecht erhoben worden ist. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt.
Die vom Kläger am 03.12.2015 eingelegte (selbstständige) Anschlussberufung ist zwar ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet, da der Kläger weder die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung noch ab dem 01.05.2015, wie vom SG entschieden worden ist, verlangen kann.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen können und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemessen an diesem Maßstab ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Das Leistungsvermögen des Klägers ist nicht auf unter sechs Stunden reduziert.
Der Kläger leidet insbesondere an Erkrankungen auf dem orthopädischen Fachgebiet, wobei im Wesentlichen Wirbelsäulenbeschwerden im Vordergrund stehen. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten ergibt, besteht hier ein anhaltendes Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei mäßiger Fehlstatik, mehrsegmentalen deutlichen degenerativen Veränderungen und wiederkehrenden möglichen Nervenwurzelreizzeichen im Bereich Arme und Beine, ein Bandscheibenvorfall L5/S1 (MRT 02/2016), eine stattgehabte Bandscheibenvorfallsanierungs-Operation L5/S1 2011 und Einpflanzung von Bandscheibenersatz im Segment C5/6 und C6/7 06/2011. Daneben bestehen auf orthopädischem Fachgebiet insbesondere beginnende degenerative Veränderungen an beiden Hüftgelenken, den Kniegelenken, beiden Sprunggelenken, beiden Schultern und den Handgelenken, jeweils aber mit freier Beweglichkeit und ohne Reizzeichen. Diese Gesundheitsstörungen, die der Senat insbesondere dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. K. entnimmt und die von diesem unter Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte sowie eigenen Untersuchungen schlüssig und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden abgeleitet wurden, führen zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens, aber nicht zu einer auch zeitlichen Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Dem Kläger sind noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten (5 bis 10 kg) möglich, mechanische Hebehilfen sollten weiter benutzt werden. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen stattfinden können. Tätigkeiten mit Einnahme häufiger Zwangshaltungen, z.B. Körpervorhalte und häufigem Bücken sind zu vermeiden. Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des Arbeitens mit häufigen Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten in Armvorhalte sind wegen der Halswirbelsäulenproblematik und der Schultergelenkssituation nicht sinnvoll. Des weiteren sollten Tätigkeiten mit der gehäuften Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft unterbleiben.
Der Senat hat keine Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. K. Wie bereits im Beschluss vom 31.01.2017 ausgeführt, ist nicht erkennbar, dass der Gutachter aufgrund eines unsachlichen oder willkürlichen Verhaltens dem Kläger gegenüber befangen war. Auch kann der Senat keine mangelnde Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeiten erkennen. Soweit der Kläger kritisiert, dass der Gutachter ihm Simulation vorwerfe, kann der Senat dies dem Gutachten nicht entnehmen, was der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme auch bestätigt hat. Der Gutachter hat hier lediglich seine Beobachtung geschildert, dass sich das Gangbild zunehmend gebessert habe und kein Hinken mehr zu beobachten gewesen sei und in der ergänzenden Stellungnahme erläutert, welche medizinischen Erklärungen für das Phänomen denkbar seien. Soweit der Kläger kritisiert hat, dass der Gutachter zu Unrecht Feststellungen zur von den Fachärzten nicht durchgeführten Diagnostik und den nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten getroffen habe, ist dies nicht zu beanstanden. Vielmehr gehört es zu den Aufgaben einer ordnungsgemäßen Begutachtung, für bedeutsam empfundene Beobachtungen im Rahmen der Anamnese und körperlichen Untersuchungen in dem Gutachten festzuhalten sowie Widersprüche in den Angaben der Betroffenen und den Aussagen der Behandler bzw. bisherigen Gutachten als solche zu erkennen und zu benennen. Zulässig und sogar zu fordern ist auch, gegebenenfalls ein Auseinanderfallen von Untersuchungsbefund und Objektivierbarkeit darzustellen.
Zu ähnlichen Ergebnissen hinsichtlich der Leistungseinschätzung kommen sowohl die im Verwaltungsverfahren beauftragte Gutachterin Dr. S. als auch Dr. B., die den Kläger im Auftrag des SG am 17.05.2013 begutachtet hat. Der Senat geht hier zwar unter Zugrundelegung der neueren Befunde aus dem Gutachten von Dr. K. davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit den damaligen Untersuchungen verschlechtert hat, folgt aber - wie bereits oben ausgeführt - dem Gutachter Dr. K., dass sich trotz dieser Verschlechterung keine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens begründen lässt. Nicht folgen vermag der Senat dem nach § 109 SGG vom SG eingeholten Gutachten von Dr. S ... Dieser geht davon aus, dass der Kläger auch bei Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen nur noch drei bis vier Stunden täglich arbeiten könne. Er begründet dies im Wesentlichen mit der Chronifizierung und Ausprägung der Beschwerden, ohne wesentlich andere Befunde als Dr. K. zu erheben. Hierbei stützt sich der Gutachter vor allem auf die vom Kläger geschilderten Einschränkungen der Gehfähigkeit und Schmerzen, die ihm als "glaubhaft" erscheinen. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung kann jedoch nicht allein auf die subjektiven Angaben des Versicherten bezogen werden. Vielmehr muss eine Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung erfolgen. Dabei kann u.a. auf die bisher erfolgten Behandlungen Bezug genommen werden. Dies erfolgt in diesem Gutachten jedoch nicht. Der Gutachter setzt sich weder damit auseinander, dass schon seit einiger Zeit keinerlei Therapiemaßnahmen mehr durchführt wurden noch damit, dass der Kläger selbst keine Trainingsmaßnahmen durchführt, und er erhebt keinerlei Angaben zum Tagesablauf des Klägers.
Die nicht ausgeschöpften Therapiemaßnahmen und auch der vom Kläger bei den anderen Gutachtern geschilderte Tagesablauf sprechen jedoch insgesamt gegen ein auf unter sechs Stunden herabgesunkenes Leistungsvermögen. So berichtete der Kläger u.a. gegenüber Dr. K., dass er (gemeinsam mit der Ehefrau) den Haushalt versorge, täglich Einkäufe erledige und mit dem Hund spazieren gehe. Er trifft sich auch mit Bekannten, geht Kaffee trinken. Es besteht Kontakt zu Verwandten.
Weiter lässt sich aus den nun mit Schreiben vom 27.04.2017 vorgelegten neueren ärztlichen Befundberichten keine so gravierende Verschlechterung ableiten, dass nun auch das zeitliche Leistungsvermögen als reduziert anzusehen ist. Insbesondere lassen sich aus diesen keine sensiblen oder motorisch relevanten Beeinträchtigungen ableiten. Auch sind diesen Unterlagen keine sozialmedizinisch relevanten Funktionsbeeinträchtigungen zu entnehmen. Auffällig ist zudem, dass auch der behandelnde Unfallchirurg Dr. B. davon ausgeht, dass die vom Kläger beschriebenen Beschwerden nicht auf die aus den bildgebenden Verfahren ableitbaren beginnenden arthrotischen Veränderungen am Becken zurückzuführen ist, sondern wohl eher durch die Wirbelsäulenerkrankungen zu erklären sind. Ferner werden ein Normalbefund hinsichtlich Sensibilität und Motorik geschildert und die Hüftgelenke erscheinen aufgrund der Befunde auch nur minimal bewegungseingeschränkt. Auch hinsichtlich des von Dr. B. am 18.04.2017 diagnostizierten Bandscheibenvorfalls L5 links werden von diesem keine motorischen Ausfälle beschrieben. Alles in allem kann auch aus den neu vorgelegten Befunden keine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens begründet werden.
Eine auch zeitliche Minderung des Leistungsvermögens ergibt sich auch nicht aus den weiter vorliegenden Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Hier leidet der Kläger unter einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige depressive Episode. Aufgrund der Operationen an Lendenwirbelsäule und Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenvorfällen sind keine neurologischen Funktionsausfälle erkennbar und auch die Kriterien einer Schmerzstörung sind nicht erfüllt. Neurologische Beschwerden werden vom Kläger nicht geklagt, und der Gutachter konnte keine Funktionsausfälle beobachten. Diese Gesundheitsstörungen, die der Senat insbesondere dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Dr. S. entnimmt, führen zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens, aber nicht zu einer auch zeitlichen Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschätzung des Gutachters sowie den weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren bedingen diese Erkrankungen lediglich weitere qualitative Einschränkungen wie die Notwendigkeit der Vermeidung von Akkord- und Fließbandarbeiten, von Arbeiten in Wechselschicht sowie von Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung. Eine auch quantitative Leistungsminderung folgt hieraus nach Einschätzung des Gutachters Dr. S. jedoch gerade nicht. Dies spiegelt auch der von Dr. S. erhobene psychische Anamnesebefund wieder, in dem zwar eine Störung der Stimmung, Missmutigkeit und Bedrücktheit sowie eine leichte Rückzugstendenz beschrieben werden. Eine schwere Deprimiertheit bestand jedoch nicht, und die Fähigkeit zur Interaktion und Kommunikation war nach wie vor erhalten. Auffällig ist zudem, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung keinerlei psychotherapeutische Therapie und nur eine unzureichende medikamentöse Therapie durchgeführt worden ist. Das vom Kläger eingenommene Antidepressivum war in der angegebenen Dosierung antidepressiv unwirksam und wohl eher zur Unterstützung der Schmerzbehandlung eingesetzt. Auch der bereits oben geschilderte Tagesablauf des Klägers spricht gegen eine auch zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens aufgrund der depressiven Erkrankung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den Angaben der im Berufungsverfahren ergänzend als sachverständige Zeugen befragten Ärzte und Psychotherapeuten ableiten. So hat der Neurologe und Psychiater Dr. R. erklärt, dass er den Kläger letztmals am 08.12.2014 behandelt habe. Eine Verschlechterung der Leiden auf diesem Fachgebiet im Vergleich zur Begutachtung durch Dr. S. im Juni 2014 ergibt sich hieraus gerade nicht. Der Psychotherapeut Dipl. Psychologe Dr. P. hat zwar mitgeteilt, dass er den Kläger vom 30.03.2015 bis 09.11.2015 behandelt und insgesamt 30 Therapiestunden (Verhaltenstherapie) durchgeführt habe. Eine Verschlechterung des Leistungsvermögens beschreibt auch er nicht. Vielmehr beschreibt er, dass sich die von ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung als Reaktion auf den Angriff im Jahr 2014 deutlich gebessert habe. Dies deckt sich mit der Prognose des Gutachters Dr. S., der die damals völlig unbehandelte depressive Störung, deren Auftreten er im unmittelbaren Zusammenhang mit dem tätlichen Angriff auf den Kläger gesehen hat, für gut besserbar und noch nicht einmal als chronifiziert angesehen hat. Auffällig ist ferner, dass der Kläger im Berufungsverfahren die Reduzierung seines Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden im Wesentlichen mit den orthopädischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule begründet und die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet nur noch am Rande erwähnt. So beschreibt er sogar im Zusammenhang mit dem tätlichen Angriff vom Februar 2014 lediglich die erlittenen körperlichen Verletzungen. Auch dies spricht gegen einen entsprechenden Leidensdruck aufgrund der auf diesem Fachgebiet vorhandenen Erkrankungen.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lässt sich auch nicht mit dem Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung bzw. einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen begründen. Bei der Prüfung einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung sowie einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sind die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und hierbei Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen zu würdigen. Je mehr diese geeignet sind, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter ist die Frage einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung zu begründen (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R -, Juris). Hierbei ist auf der vom BSG vorgeschlagenen ersten Prüfstufe festzustellen, ob das Restleistungsvermögen des Klägers noch Tätigkeiten erlaubt, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von Teilen (BSG, a.a.O.). In diesem Fall genügt die Benennung von Arbeitsfeldern bzw. von Tätigkeiten der Art, die der Versicherte ausfüllen könnte. Erst dann, wenn sich solche Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht beschreiben lassen, in denen es Arbeitsplätze gibt, die der Versicherte unter Berücksichtigung seines Restleistungsvermögens noch ausfüllen kann, und insofern ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen aufkommen, stellt sich die Prüfpflicht, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Liegen diese vor, besteht die Pflicht zur Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit (BSG a.a.O.; BSGE 80, 24, 39). Vorliegend ist der Kläger noch dazu in der Lage, leichte sechsstündige Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten (5 bis 10 kg) mit mechanischen Hebehilfen, im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, ohne häufige Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, gehäufte Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft, ohne Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Arbeiten und Wechselschicht und ohne Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung auszuführen, wie sich aus den ausführlichen und schlüssigen Gutachten der Dr. S. und Dr. K. ergibt. Damit reicht das Restleistungsvermögen des Klägers noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen oder auch Bürohilfsarbeiten aus. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher vorliegend nicht.
Der Kläger ist auch wegefähig im rentenrechtlichen Sinne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R - und Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R -, Juris). Das BSG hält dabei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, für eine derart schwere Leistungseinschränkung, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21.03.2006, - B 5 RJ 51/04 - unter Hinweis auf BSG Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, - GS 2/95 -, Juris). Nach den vorliegenden Gutachten, insbesondere dem fachorthopädischen Gutachten des Dr. K., besteht eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit nicht. Dieser hat eine Gehstreckenuntersuchung durchgeführt, bei der der Kläger eine Wegstrecke von 815m in 14 Minuten problemlos zurücklegen konnte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Angaben des Klägers selbst, der gegenüber dem Gutachter erklärt hat, dass er etwa 600m am Stück gehen könne und sich dann ausruhe, bevor er weitergehe. Entgegen des Vortrages des Klägers hat der Gutachter auch nicht vorgeworfen, er simuliere. Vielmehr hat er im Gutachten ausgeführt, dass sich das Gangbild zunehmend gebessert habe und kein Hinken mehr zu beobachten gewesen sei. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme zudem erläutert, welche medizinischen Erklärungen für das Phänomen denkbar sind. Anhaltspunkte, dass öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzt werden können, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat zudem selbst angegeben, dass er einen Pkw besitzt und diesen auch führt, auch wenn er hin und wieder Pausen wegen Krämpfen in den Händen einlegen muss. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, denn er wurde 1968 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag des § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI geboren.
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Sozialgerichts daher abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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