S 11 KA 26/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 26/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 22/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22.09.2015 "zur angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen mit Wirkung ab dem 1.1.2013" ist rechtswidrig, soweit er fiktive Personalkosten aus der Bemessung des EBM- Punktwertes ausklammert.

2. Die als Kompensation geschaffene Strukturpauschale verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG. Daneben entspricht die der Zuschlagsziffer immanente Quotierung nicht der Kalkulationssystematik des EBM und führt zu einer nicht rechtmäßigen, individualisierten Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen.

3. Die im HVM 2013 vorgesehene quotierte Auszahlung der psychotherapeutischen Leistungen (mit Ausnahme der probatorischen Sitzungen nach der GOP 35150 inkl. Suffix und der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM) und der Leistungen nach den GOP 22220 und 23220 EBM entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben zur angemessenen Vergütung von Psychotherapeuten.
Die Honorarbescheide für die Quartale I/2013 und II/2013 vom 21.08.2013 und 20.11.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.09.2014 und 10.12.2014, allesamt in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 und der Änderungsbescheid vom 04.07.2016 und 09.02.2017 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet über die Vergütung für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen in den Quartalen I/2013 und II/2013 nach Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und über die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Rechtsauffassung des Gerichts nach entsprechender Änderung des EBM neu zu entscheiden.

Die Beklagte hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen für das Quartal I/2013 und II/2013. Die Klägerin ist als Psychologische Psychotherapeutin A-Stadt niedergelassen und zur vertragsärztlichen (vertragspsychotherapeutischen) Versorgung zugelassen.

Mit Bescheiden vom 21.08.2013 und 20.11.2013 setzte die Beklagte das Honorar für das Quartal I/12013 in Höhe von 27.258,59 EUR (Brutto) bei 80 Behandlungsfällen und für II/2013 in Höhe von 27.088,40 EUR bei 73 Behandlungsfällen fest.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.08.2013 und 27.11.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass es einer voll ausgelasteten Praxis möglich sein müsse, einen Überschuss zu erzielen, welcher dem einer durchschnittlichen fachärztlichen Praxis entspreche. Insoweit müsse auch die Vergütung je Zeiteinheit angemessen sein, wofür der Betriebskostenansatz, der Vergleichsumsatz der vergleichbaren Facharztgruppen und die Kostenquoten der Vergleichsgruppen maßgeblich seien. Der Betriebskostenansatz sei entgegen der Rechtsprechung des BSG nicht an die Verhältnisse des Jahres 2013 angepasst worden. Darüber hinaus sei offensichtlich, dass der durchschnittliche Überschuss einer vergleichbaren Arztgruppe nicht erzielt werden könne. Bei Annahme eines Umsatzes von maximal 126.700 EUR verbleibe nach Abzug der Betriebskosten von 43.000,- EUR ein Gewinn von 83.700,- EUR pro Jahr bzw. 20.925,- EUR im Quartal. Diese Summe liege deutlich unter dem, was andere Facharztgruppen erwirtschafteten.

Mit Änderungsbescheiden vom 30.09.2014 und 10.12.2014 wurde das Honorar für I/2013 auf 27.586,78 EUR, bzw. für II/2013 auf 27.088,40 EUR festgesetzt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014 wurden die Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Honorarverteilung nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach dem jeweils geltenden Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) erfolgt sei. Mit dem HVM 2013 seien die zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen entfallen. Die abgerechneten probatorischen Sitzungen, sowie die Leistungen des Kapitels 35.2 seien außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) mit dem Orientierungspunktwert in Höhe von 3,5752 Ct. Zu 100% vergütet worden. Die übrigen Leistungen seien als Vorwegleistung vergütet worden, wobei wegen des Überschreitens des Vergleichshonorars eine Quotierung erfolgt sei. Gleiches sei auch hinsichtlich der Zuschläge erfolgt. Eine Quotierung sei aber generell rechtmäßig. Soweit die Angemessenheit der Vergütung beanstandet werde, sei die Beklagte an die Vorgaben, die auf Bundesebene getroffen würden, gebunden.

Mit Ihrer Klage vom 16.01.2015 verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie beantragte zunächst, die Honorarbescheide für die Quartale I/2013 und II/2013 aufzuheben, soweit der Vergütung kein höheres Honorar je Zeiteinheit zu Grunde gelegt worden ist, und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Honorare der Quartale I/2013 und II/2013 zu entscheiden.

Sie ist der Ansicht, dass die Honorarverteilung nicht den Vorgaben der BSG- Rechtsprechung entspreche. Insoweit habe der Bewertungsausschuss weder zum 01.01.2009 noch danach die angemessene Vergütung je Zeiteinheit auf Basis der Vollauslastungshypothese und des Betriebskostenansatzes ermittelt, sondern auf Basis der Betrachtung einer durchschnittlich ausgelasteten Psychotherapeutenpraxis. Für die Bewertung der Leistungen nach dem heutigen Kapitel 35.2. EBM habe der Bewertungsausschuss der Firma prime networks AG einen Auftrag zur Struktur – und Kostenerhebung erteilt. Die Erhebung beruhe auf Daten des Jahres 2005 und es sei festgestellt worden, dass über alle Praxen hinweg (in allen Umsatzklassen) Betriebskosten in Höhe von 37.509,- EUR mit einem Personalkostenanteil von 7.234,- EUR angefallen seien. Selbst unter Berücksichtigung des normativen Personalkostenansatzes von 14.874,- EUR ergebe sich daraus schon ein zu berücksichtigender Betriebskostenansatz von 45.149,- EUR (= 30.275,- + 14.874,- EUR). Darin seien auch noch nicht die Kosten für eine geringfügige Beschäftigung einer Raumpflegekraft enthalten. Denn der Wert von 14.874,- EUR entspreche etwa dem gemittelten Wert der Personalkosten einer Halbtagskraft nach TVöD 2008 und nach Arzthelferinnentarifvertrag Stand 21.11.2007. Selbst bei alleiniger Berücksichtigung des Tarifvertrages (was nach der Rechtsprechung des BSG zulässig sei), liege die Differenz unter 700,- EUR. Davon könne keine Raumpflegekraft bezahlt werden. Darüber hinaus sei in den Jahren 2010 bis 2012 auch keine weitere Anpassung der Bewertung der genehmigungspflichtigen Leistungen und auch keine Anpassung des Betriebskostenansatzes erfolgt. Zwar sei im Jahr 2013 eine Steigerung des Orientierungspunktwertes um 6,74% erfolgt. Es habe aber keine Prüfung stattgefunden, ob dieser Anstieg dem Anstieg der Betriebskosten über sechs Jahre standhalte. Zumindest hätte eine Weiterentwicklung des Betriebskostenansatzes um die Entwicklung des Harmonisierten Verbraucherpreisindex erfolgen müssen und die Anpassung des Personalkostenansatzes an die tatsächliche tarifliche Entwicklung. Auch sei der Vergleichsmaßstab mit den Einkommen der anderen Fachgruppen zu überdenken. Insoweit würden dabei nicht die Leistungen aus privatärztlicher Tätigkeit oder Leistungen außerhalb des MGV berücksichtigt. Mit wachsender Bedeutung dieser Leistungen sinke auch der zum Vergleich herangezogene Ertrag. Letztlich sei aber auch unter Heranziehung der aktuellsten Daten aus 2011 bzw. 2012 des statistischen Bundesamtes eine Differenz von 8.420,- EUR bzw. 7.727,- EUR zum Ertrag einer voll ausgelasteten Psychotherapeutischen Praxis mit 85.153,96 EUR zu verzeichnen. Die regionalen Vergleichsdaten würden eine noch größere Differenz ergeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Verlauf des Klageverfahrens teilte die Beklagte mit, dass sich der Bewertungsausschuss mit der Überprüfung der Angemessenheit der Vergütung der Quartale ab I/2013 befasse.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 11.06.2015 sowohl den GKV- Spitzenverband, als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung zum Verfahren beigeladen.

Nachdem es in der Sitzung des Bewertungsausschusses vom 23.07.2015 zu keiner übereinstimmenden Beschlussfassung gekommen war, wurde der Erweiterte Bewertungsausschuss angerufen. Mit Beschluss vom 22.09.2015 wurden die Honorare ab dem 01.01.2012 um ca. 2,7 % angehoben und die Bewertungen der GOPen 35200 bis 35225 EBM entsprechend angehoben. Außerdem erhalten ärztliche und psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder – und Jugendlichenpsychotherapeuten ab einer mindestens hälftigen Vollauslastung ihrer Praxis einen Strukturzuschlag auf alle Einzel- und Gruppentherapieleistungen. Voraussetzung ist, dass antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen in der Zeit bis zum 30.09.2013 in Höhe von mindestens 459.563 Punkten je Quartal bzw. ab dem 01.10.2013 mindestens 106.734 Punkte je Quartal abgerechnet werden (hälftige Vollauslastung). Der Bewertungsausschuss begründete dies damit, dass die Finanzierung von Personalaufwendungen für eine Halbtagskraft einen bestimmten Leistungsumfang voraussetze. Dies sei erst ab der hälftigen Vollauslastung der Fall. Allen anderen Praxen seien über die Berücksichtigung eines normativen Personalkostenansatzes bei der Bewertung der Leistung berücksichtigt.

Mit Bescheid vom 04.07.2016 wurden die Änderungen durch die Beklagte berücksichtigt und eine Nachvergütung in Höhe von 3.576,44 EUR für die streitgegenständlichen Quartale festgesetzt. Die Klägerin beantragt nunmehr, die Honorarbescheide für die Quartale I/2013 und II/2013 vom 21.08.2013 und 20.11.2013, in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.09.2014 und 10.12.2014, allesamt in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014, und die Änderungsbescheide vom 04.07.2016 und 09.02.2017, aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Honorare der Quartale I/2013 und II/2013 zu entscheiden.

Sie ist der Ansicht, dass auch der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschuss keine rechtmäßige Vergütung nach sich zieht. Insoweit sei insbesondere der Strukturzuschlag bedenklich, da sich dieser allein an der Zahl der antrags- und genehmigungspflichtigen Sitzungen bemesse. Insoweit seien Praxen, die viele nicht genehmigungspflichtige Leistungen erbringen benachteiligt, gegenüber solchen, die zulasten anderer Leistungen viele antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen erbrächten. Darüber hinaus sei die Reduzierung der Vergleichsgruppe (Fachgruppenmix) bedenklich, da das BSG die Herausnahme von Laborleistungen bei der Bemessung des Vergleichsertrages nur vor dem Gesichtspunkt toleriert habe, dass der Bewertungsausschuss überdurchschnittlich verdienende Gruppen einbezogen hatte, was rechtlich nicht geboten war. Insoweit habe der Bewertungsausschuss zwar die Laborleistungen der Urologen mit in die Umsatzberechnung einbezogen, nicht aber z.B. belegärztliche Leistungen oder durchgangsärztliche Leistungen der Chirurgen. Im Übrigen sei aus der Beschlussbegründung nicht erkennbar, woraus der Vergleichsertrag von 91.549,- EUR berechnet werde. Sofern der Berechnung die Daten von 2007 zugrunde gelegt worden seien, sei dies rechtswidrig, da eine umfassende Beobachtungspflicht bestehe, die ggf. auch zu Anpassungen zwinge. Insoweit habe der Erweiterte Bewertungsausschuss auf aktuellere Daten zurückgreifen müssen. Dies habe das BSG auch in seinem Urteil vom 28.05.2008 (B 6 KA 9/07 R) entsprechend deutlich geäußert. Der Erweiterte Bewertungsausschuss sei also gehalten gewesen, auf die Daten des Statistischen Bundesamtes von 2011 zurück zu greifen. Auch sei es systemwidrig, auf der einen Seite einen für die Psychotherapeuten empirisch kaum erreichbaren Parameter der Vollauslastung aufrecht zu halten, andererseits aber mit den empirischen Betriebskosten aus einer Umsatzklasse, die nicht einmal 2/3 des Sollumsatzes bringt, die Abweichung von einem Parameter der Modellrechnung des BSG zu rechtfertigen. Insoweit wäre es geboten gewesen, das für eine im Sinne des BSG tatsächlich voll ausgelastete Praxis mit einem Umsatz von etwa 140.000,- EUR verfügbare Datenmaterial zu untersuchen. Darüber hinaus seien die empirisch erhobenen Personalkosten um 3.948,- EUR bereinigt worden, so dass die Beschäftigung einer Raumpflegekraft nicht mehr refinanziert wurden. Darüber hinaus habe der Bewertungsausschuss in weiten Teilen keine differenzierten Daten bekanntgegeben, so dass das Transparenzgebot verletzt sei. Jedenfalls lege es aber den Verdacht nahe, dass die herangezogenen Daten nicht repräsentativ seien oder die Interpolation auf die Vollauslastung ein günstigeres Ergebnis für die Psychotherapeuten erbringen würde. Jedenfalls zeige eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2007, dass bereits 49.000,- EUR an Praxiskosten bei einem Umsatz von 110.000,- EUR angefallen seien. Letztlich würde auch der Strukturzuschlag nur quotiert ausgezahlt, was dazu führe, dass gerade einmal ein Bruchteil der Personalkosten, die in die Bewertung eingestellt worden sei, refinanziert werde. Die Regelung, dass der Strukturzuschlag nur für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen gewährt würde, stelle außerdem eine rechtswidrige Ungleichbehandlung dar. Insoweit kämen Psychotherapeuten, die neben diesen Leistungen in großem Umfang andere (für die Versorgung notwendige) Leistungen erbringen, nicht in den Genuss des Strukturzuschlages. Dies sei sachfremd und willkürlich.

Die Beigeladene zu 1) hat mit Schriftsatz vom 30.08.2016 ausgeführt, dass das Bundesministerium für Gesundheit als Rechtsaufsicht keine Rechtswidrigkeit des Beschlusses zu erkennen vermochte, obwohl die klägerischen Argumente bereits bekannt gewesen seien. Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe einen weiten Gestaltungsspielraum, so dass auch eine Abweichung von der BSG- Rechtsprechung für sich genommen nicht rechtswidrig ist. Soweit die Regelung zu dem Strukturzuschlag bemängelt werde, sei auszuführen, dass es kaum psychotherapeutische Praxen gebe, die Hilfspersonal beschäftigten. Es habe auch keine bedeutende Zunahme von Beschäftigungsverhältnissen gegeben, nachdem die normativen Personalaufwendungen in den EBM einkalkuliert worden seien. Insoweit sei wohl unstreitig, dass der überwiegende Teil der psychotherapeutischen Praxen keinen Bedarf an einer Beschäftigung von Praxispersonal habe. Darüber hinaus sei die "Einpreisung" normativer Personalkosten dem EBM dem Grunde nach wesensfremd. § 87 Abs. 2 SGB V gebe insofern vor, dass die Bewertung von Leistungen aufgrund einer betriebswirtschaftlichen Basis erfolgen solle. Dies bedeute, dass nur solche Kosten in die Bewertung einfließen, die in der Versorgungsrealität auch anfallen. Dies sei nur in Höhe der aktuell eingepreisten Kosten der Fall. Die Schaffung des Konstrukts der "normativen Personalkosten" habe einzig und allein den Zweck, Beschäftigungsverhältnisse in psychotherapeutischen Praxen zu ermöglichen. Damit sei aber klar, dass es sich um eine Ausnahme handele, die nicht zwingend bei der Bewertung der Leistung zu berücksichtigen sei, sondern nur dort, wo die Leistungsmenge überhaupt das Erfordernis einer Hilfskraft rechtfertige. Dies sei mit der Schaffung des Strukturzuschlages rechtmäßig umgesetzt worden. Insoweit sei sichergestellt, dass diejenigen Praxen, welche den Leistungsumfang erreichen auch die Möglichkeit erhalten, eine Hilfskraft einzustellen. Im EBM seien hingegen nur die auf betriebswirtschaftlicher Basis erhobenen Kosten berücksichtigt worden, wie bei allen anderen Arztgruppen auch. Auch die Auswahl des Fachgruppenmix für den Vergleichsertrag sei rechtmäßig. Das BSG verlange nämlich nur einen Vergleich mit den unteren Einkommensgruppen. Daher sei die Herausnahme bestimmter Arztgruppen, die nunmehr deutlich über dem Durchschnittseinkommen lägen, rechtlich unbedenklich. Dies gelte umso mehr, als die verbliebenen Gruppen insgesamt 50% aller Fachärzte ausmachen.

Die Beklagte beantragt weiterhin, die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, auch ist das Sozialgericht Marburg zuständig. Sie ist auch begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale I/2013 und II/2013 vom 21.08.2013 und 20.11.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.09.2014 und 10.12.2014, allesamt in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014, und die Änderungsbescheide vom 04.07.2016 und 09.02.2017, die nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Neufestsetzung ihres Honorars, so dass die Beklagte –nach Neuregelung durch den Bewertungsausschuss- zur Neubescheidung verpflichtet ist.

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Honorarbescheide sind im Wesentlichen § 87b SGB V in der Fassung vom 22.12.2011, gültig ab 01.01.2012, sowie der Honorarverteilungsmaßstab für das Jahr 2013 vom 23.02.2013/25.05.2013 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22.02.2014 und schließlich die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses in seiner 27. Sitzung am 31.08.2011 und der 43. Sitzung am 22.09.2015 zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und –therapeuten und der Änderung des EBM gemäß § 87 Abs. 1S. 1 und Abs. 2 SGB V.

Die Psychotherapie-Punktzahlen, die den von der Beklagten zuletzt erlassenen Nachvergütungsbescheiden für die hier streitbefangenen Quartale zugrunde liegen und gemäß § 96 Abs. 1 SGG für die gerichtliche Überprüfung maßgeblich sind, entsprechen nicht den Vorgaben in § 87 b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 S. 3 SGB V. Die Regelungen, die in dem am 22.09.2015 veröffentlichten Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Berechnung der Psychotherapie-Punktwerte getroffen wurden, sind für die hier maßgeblichen Zeiträume rechtswidrig.

Der Bewertungsausschuss hat nach § 87 Abs. 2 c S. 6 SGB V (in der Fassung vom 23.10.2012) insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass "die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen" eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Diese Regelung entstand aus dem Hintergrund, dass ab dem 1.1.2009 Orientierungspunktwerte (§ 87 Abs. 2e SGB V) die Vergütungshöhe bundeseinheitlich bestimmen und damit eine angemessene Bewertung im EBM-Ä Rechnung notwendig geworden ist. Nach § 87 Abs. 1 S.1 SGB V vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse einen einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) für die ärztlichen Leistungen. Nach Abs. 2 der Vorschrift bestimmt der EBM-Ä den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Darüber hinaus ist der EBM- Ä nach § 87 Abs. 2 S. 2 in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen. S. 3 bestimmt weiterhin, dass die Bewertung der Leistungen nach S. 1 unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweils betroffenen Arztgruppen auf der Grundlage von sachgerechten Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern auf betriebswirtschaftlicher Basis zu ermitteln ist.

Durch die personelle Zusammensetzung des Bewertungsausschusses und den vertraglichen Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte Abgrenzung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck aber nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Den Gerichten ist es deshalb grundsätzlich verwehrt, eine im EBM-Ä vorgenommene Bewertung als rechtswidrig zu beanstanden, weil sie den eigenen, abweichenden Vorstellungen von der Wertigkeit der Leistung und der Angemessenheit der Vergütung nicht entspricht. Es ist daher nicht Aufgabe der Gerichte, mit punktuellen Entscheidungen zu einzelnen Gebührenpositionen in ein umfassendes, als ausgewogen zu unterstellendes Tarifgefüge einzugreifen und dadurch dessen Funktionsfähigkeit in Frage zu stellen. Etwas anderes gilt aber in den Fällen, in denen sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum überschritten, seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt hat oder der Beschluss nicht mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang steht.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit der gesetzlichen Vorgaben für die Honorierung der psychotherapeutischen Leistungen und die Normsetzungsbefugnis des Bewertungsausschusses bestehen nicht. Vergütungsregelungen stellen Berufsausübungsregelungen dar, welche gemäß Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes getroffen werden können. Sie sind rechtmäßig, wenn ihnen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zu Grunde liegen und sie auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Soweit Regelungen die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten bzw. verbessern sollen, dienen sie einem Gemeinwohlbelang von erheblicher Bedeutung (st. Rspr des BVerfG und des BSG, vgl. z.B. BVerfGE 103, 172, 184 f = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 S 27; BSGE 82, 41, 45, 49 = SozR 3-2500 § 103 Nr. 2 S 15, 19; BSGE 90, 111, 114 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 49 S 418; kritisch zuletzt Hufen, NJW 2004, 14). Mit der Normierung der "angemessenen Vergütung je Zeiteinheit" hat der Gesetzgeber die überwiegend aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen abgeleitete Rechtsprechung des BSG zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen normativ abgesichert. Eigene Vorgaben zur Bemessung der "Angemessenheit" hat er nicht getroffen, sondern dies im Rahmen zulässiger Delegation der Rechtsetzung dem Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 1 SGB V) übertragen. Dass insoweit Verfassungsrecht verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich. Die Beteiligten machen das im Übrigen auch nicht geltend.

Das Tatbestandsmerkmal der "angemessenen Höhe der Vergütung je Zeiteinheit" in § 87 Abs. 2c Satz 6 SGB V ist im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des BSG zu konkretisieren. Die Höhe der Vergütung je Therapiestunde ist die entscheidende Berechnungsgröße in dem vom BSG entwickelten Modell für eine dem Gebot der Gleichbehandlung mit anderen Gruppen von Leistungserbringern entsprechende Honorierung der Psychotherapeuten [vgl. BSG Urteile vom 20.01.1999 – B 6 KA 46/97 R; vom 25.08.1999 – B 6 KA 14/98 R; vom 28.01.2004 – B 6 KA 52/03 R und B 6 KA 53/03 R; vom 28.05.2008 – B 6 KA 9/07 R]. Daraus ist zunächst abzuleiten, dass der Bewertungsausschuss im Rahmen der ihm übertragenen Konkretisierung der "Angemessenheit" nicht gehalten war, ein Honorar in einer bestimmten absoluten Höhe je Zeiteinheit zu schaffen. Da die Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung begrenzt ist, und alle an ihr teilnehmenden Leistungserbringer angemessen zu vergüten sind, beeinflussen sich die Vergütungsansprüche aller Gruppen von Leistungserbringern gegenseitig, so dass jede Gruppe nur beanspruchen kann, auf der Grundlage der von ihr erbrachten Leistungen und der dafür abrechenbaren Punkte einen in Relation zu den Honoraransprüchen anderer Gruppen von Leistungserbringern angemessenen Anteil zu erhalten [vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 41/02 R]. Deshalb hat das BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung die Honoraransprüche der Psychotherapeuten stets mit anderen Arztgruppen verglichen (zunächst mit den Allgemeinärzten und nach Trennung der Fachärzte und der Allgemeinmediziner mit einem Fachgruppenmix), und die durch psychotherapeutische Tätigkeit im Rahmen der GKV maximal erzielbaren Überschüsse an dem durchschnittlichen Ertrag dieser Gruppen ausgerichtet. Kern dieser Rechtsprechung ist, dass es einem Vertragspsychotherapeuten, der im vollen zeitlichen Umfang Versicherte der Krankenkassen behandelt, möglich sein muss, einen Honorarüberschuss zu erzielen, der dem Durchschnittsüberschuss der Vergleichsärzte entspricht. Dabei hat das BSG keine Vergleichs-Arztgruppe vorgegeben, sondern stets betont, dass es im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des Bewertungsausschusses liegt, welche Arztgruppen er zum Vergleich heranzieht, soweit ein ausgewogenes Verhältnis besteht. Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen der Psychotherapeuten im Zeitraum bis Ende 1998 grundsätzlich mit einem Punktwert von 10 Pf. vergütet werden mussten (vgl. BSGE 89, 1, 2 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 328 mwN). Gleichwohl hat das BSG in dieser Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass es sich nicht um einen absoluten Wert handele, sondern stets die Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich im Auge zu behalten ist. Das Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs. 1 GG) als zentraler Anknüpfungspunkt der Rechtsprechung stellt damit keine Handhabe dafür dar, ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten von dem Risiko eines sinkenden Ertrags völlig freizustellen. Ein bestimmtes, in EUR auszudrückendes Honorierungsniveau ist deshalb den Psychotherapeuten weder generell noch je Zeiteinheit garantiert. Auch dieser Aspekt der bisherigen Rechtsprechung beansprucht Geltung bei Konkretisierung und Anwendung des Merkmals der "Angemessenheit".

Der Bewertungsausschuss hat sich in seinem Beschluss vom 22.09.2015 ausdrücklich auf die bisherige Rechtsprechung des BSG bezogen und die Berechnungsgrundlagen des BSG aus seinem Urteil vom 28.05.2008 (B 6 KA 9/07 R) übernommen. Er hat im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit damit auf die Schaffung eigner Berechnungsmodelle verzichtet und sich auf die grundsätzliche Beibehaltung des Modells des BSG verständigt. Danach sind für die aktuelle EBM- Bewertung weiterhin drei Elemente maßgeblich: Der fiktive (Soll-)Umsatz eines voll ausgelasteten Psychotherapeuten, der durchschnittliche Ertrag der zum Vergleich herangezogenen Arztgruppe und die Betriebskosten voll ausgelasteter Psychotherapeuten. Nach der Vorgabe des Beschlusses wird den Psychotherapeuten dabei der durchschnittliche Ertrag der Vergleichsgruppe als Gewinn zugeschrieben und dann um die typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden Betriebskosten erhöht. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein vollausgelasteter Therapeut, bezogen auf die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBM, im Jahr in 43 Wochen jeweils 36 Therapiestunden, also 1.548 Therapiestunden pro Jahr bzw. 387 Therapiestunden pro Quartal erbringt. Abweichungen zum Modell des BSG hat der Bewertungsausschuss jedoch im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Betriebsausgaben und die Zusammensetzung der Vergleichsgruppe getroffen. Die Tatsache, dass sich der Bewertungsausschuss teilweise von Annahmen und Berechnungen des BSG löst, führt für sich genommen zwar nicht dazu, dass sein Beschluss rechtswidrig ist. Allerdings sind die vorgenommenen Modifikationen sowohl auf ihre Vereinbarkeit mit den einfachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, als auch das Gesamtgefüge im Lichte des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes zu überprüfen.

Das abgeänderte Berechnungsmodell des Bewertungsausschusses beruht teilweise auf strukturellen Fehlfestlegungen und kann deshalb in seiner Umsetzung durch die KÄVen nicht zu einer angemessenen Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen führen. Der Beschluss vom 22.09.2015 ist deshalb rechtswidrig.

Wie bereits ausgeführt hat der Bewertungsausschuss in seinem streitgegenständlichen Beschluss von der ihm kraft Gesetzes zukommenden Gestaltungsfreiheit insofern keinen Gebrauch gemacht, als er davon abgesehen hat, für die Ermittlung der maßgeblichen Punkte psychotherapeutischer Leistungen einen von der bisherigen Rechtsprechung des BSG abweichenden Weg vorzugeben. Er hat vielmehr die in der bisherigen Rechtsprechung herangezogenen Grundelemente der Modellberechnung (erzielbarer Umsatz vollausgelasteter psychotherapeutischer Praxen, Vergleich des Durchschnittsüberschusses mit einem Fachgruppenmix) aufgegriffen und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. Modifiziert hat der Bewertungsausschuss aber die Zusammensetzung der Vergleichsgruppe, indem die umsatzstärksten Gruppen der Orthopäden und Augenärzte aus dem Fachgruppenmix herausgenommen wurden. Dies unterliegt – entgegen der Auffassung der Klägerin- keinen rechtlichen Bedenken. Das BSG hat die grundsätzliche Heranziehung eines Facharztgruppenmix von Arztgruppen im unteren Einkommensbereich für rechtmäßig erachtet (BSG; Urteil vom 28.05.2008, B 6 KA 9/07 R; Urteile vom 28.01.2004, B 6 KA 52/03 R und B 6 KA 53/03 R). In den genannten Urteilen hat das BSG sogar betont, dass die Einbeziehung von Arztgruppen mit traditionell überdurchschnittlichen Einkommen rechtlich nicht geboten ist. Mehrfach hat das BSG insoweit auch ausgeführt, dass der Bewertungsausschuss auch nur auf die Gruppe der Nervenärzte, Neurologen und Psychiater hätte abstellen können. Auch die vom Bewertungsausschuss vorgenommene Bereinigung der zum Vergleich herangezogenen Honorare um bestimmte Leistungen begegnet keinen Bedenken. Gerade bei Vergütungsregelungen, die zur Wahrung vergleichbarer Ertragschancen getroffen werden, darf der Bewertungsausschuss die zum Einkommensvergleich herangezogenen Ertragsbestandteile in Randbereichen eigenständig modellieren. Er muss dabei nur darauf achten, dass Umsätze, welche die zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen im Rahmen der vertragsärztlichen Regelversorgung erzielen und deren Ertragssituation prägend bestimmen, nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Danach ist die Entscheidung des Bewertungsausschusses, die Orthopäden und Augenärzte aus der Vergleichsgruppe herauszunehmen nicht zu beanstanden. Daneben ist es auch gerechtfertigt, die Umsätze der Vergleichsgruppe um Erträge aus belegärztlicher Behandlung, Pauschalerstattungen, Dialysesachkosten, Honorare aus Modellvorhaben, sowie Laborleistungen (mit Ausnahme der Urologen) zu bereinigen. Soweit es sich überhaupt um prägende Leistungsanteile der jeweiligen Arztgruppe handelt, ist die Herausnahme jedenfalls gerechtfertigt. Insbesondere bei den belegärztlichen Leistungen bestimmt § 39 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte, dass die stationäre Tätigkeit eines Belegarztes nicht den Schwerpunkt seiner gesamten vertragsärztlichen Tätigkeit bilden darf, sondern er im erforderlichen Maße der ambulanten Versorgung zur Verfügung stehen muss. Die belegärztliche Tätigkeit ist zudem als zusätzliche Tätigkeit des betreffenden Vertragsarztes außerhalb der ambulanten Versorgung zu qualifizieren und als solche mit einer Zweit- oder Nebenbeschäftigung vergleichbar. Insoweit ist der Klägerseite zwar zuzustimmen, dass insbesondere Chirurgen nicht unwesentliche Umsätze aus belegärztlicher oder durchgangsärztlicher Tätigkeit generieren. Darauf kommt es bei der Vergleichsbetrachtung aber nicht an. Denn in der Vergleichsberechnung kommt es zum Einen nur auf den Ertrag aus der vertragsärztlichen Regelversorgung an und zum Anderen nur auf den Durchschnittsertrag einer vergleichbaren Arztgruppe im unteren Einkommensbereich. Damit reicht es aus, wenn der zugrunde gelegte Durchschnittsertrag des Fachgruppenmix (noch) den Durchschnittsertrag einer vergleichbaren Arztgruppe im unteren Einkommensbereich erreicht. Dies ist hier der Fall. Ausgehend von dem vom Bewertungsausschuss zugrunde gelegten Honorarbericht für das Jahr 2012 ergibt sich ein Überschuss der Vergleichsgruppe der Nervenärzte, Neurologen und Psychiater von 90.598,66 EUR (Werte dieser Gruppen berechnet auf der Grundlage der mittleren Gesamthonorare je Arztgruppe gemäß den von der Beklagten jeweils veröffentlichten Honorarberichte für 2012). Damit liegt der ermittelte Wert des Faxgruppenmix noch über dem Mindestwert, so dass sich daraus jedenfalls keine strukturelle Fehlsteuerung ergibt.

Darüber hinaus ist der Bewertungsausschuss hinsichtlich der anzusetzenden Praxiskosten von der Modellberechnung des BSG abgewichen und hat diesbezüglich eine neue Berechnung vorgegeben. Diese Abweichung wirkt ausschließlich in Richtung einer Reduzierung des Punktwertes für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen. Abweichungen in die andere Richtung, also Annahmen, die zu einer Erhöhung des Punktwertes für die psychotherapeutischen Leistungen führen würden, enthält der Beschluss nicht.

Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses sind bei der Festsetzung der normativen Betriebskosten die Personalkosten in Höhe von 3.948,- EUR zu berücksichtigen, so dass als normativer Betriebskostenansatz nur noch ein Betrag in Höhe von 37.436,- EUR zum Tragen kommt. Daneben wurden auf der Basis eines jährlichen Strukturzuschlags in Höhe von 11.045,- EUR Zuschlags- GOP geschaffen, die bei Erreichen von Mindestgrenzen (anteilig) zum Tragen kommen. Zur Begründung führt der Beschluss aus, dass nach einer empirischen Überprüfung der Personalkosten festgestellt worden sei, dass annähernd 75% der psychotherapeutischen Praxen keine Personalaufwendungen gehabt hätten, obwohl seit dem 2003 normative Praxiskosten für eine Halbtagskraft in die EBM- Bewertung einkalkuliert wurden. Damit verdeutliche sich, dass der überwiegende Teil der Psychotherapeuten keinen Bedarf an einer Beschäftigung von Praxispersonal habe. Daher seien sind bei der Berechnung der Praxiskosten nur die empirisch festgestellten Personalkosten zu berücksichtigen. Praxen, welche mindestens die Hälfte der Vollauslastung erfüllten, sei es durch die Schaffung der Zuschlagsziffern weiterhin möglich, eine Halbtagskraft zu beschäftigen. Diese Vorgehensweise ist zu beanstanden.

Soweit der Beschluss die Vorgabe eines festen Betrags von 33.488,- EUR (ohne Personalkosten) für die bei der Berechnung des Psychotherapie-Punktwertes zu berücksichtigenden Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis vorsieht, begegnet diese Festlegung keinen rechtlichen Bedenken. Der EBM bezieht sich an mehreren Stellen auf normativ ermittelte Werte, da die exakte Ermittlung bei den verschiedenen Arztgruppen faktisch nicht möglich ist. Gerade auch bei den Kostenansätzen handelt es sich daher stets um Näherungswerte, die auf Grund einer Bewertung der zur Verfügung stehenden, zum Teil erheblich voneinander abweichenden statistischen und betriebswirtschaftlichen Daten festgelegt worden sind. Insoweit geht das BSG in ständiger Rechtsprechung auch von einem normativen Charakter der im EBM zum Tragen kommenden Kostensätze aus (BSGE 83, 205, 215 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 29; BSGE 84, 235, 240 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 33; BSGE 89, 1, 8 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 41), die anhand von empirischen Daten herzuleiten sind und die Realität möglichst genau abzubilden haben (BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 6 KA 9/07 R). Die Vorgabe eines einheitlichen Betrags zur Berücksichtigung der typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden Betriebskosten ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Insoweit macht sich die Kammer die Rechtsprechung des BSG zu Eigen und verweist insoweit insbesondere auf das Urteil vom 28.05.2008 (B 6 KA 9/07 R). Dabei ist es nach dem oben genannten Urteil insbesondere methodisch unbedenklich, wenn die Betriebskosten der Psychotherapeuten normativ anders bestimmt werden, als die Betriebskosten der Vergleichsgruppe, welche im Sinne einer prozentualen Kostenquote in die Ermittlung des Überschusses einfließen. Das BSG führt dazu aus: "Die Sachlogik der Berechnungssystematik zwingt insoweit nicht dazu, die durchschnittlichen Betriebsausgaben der zum Vergleich herangezogenen Arztgruppen und die Betriebsausgaben einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen (Modell-)Praxis in exakt derselben Weise zu ermitteln." Das BSG verlangt also nur, dass das Erfordernis einer realitätsgerechten Erfassung - gegebenenfalls pauschaliert und typisierend - beachtet wird. Ein Fehler liegt auch nicht deshalb vor, weil der Bewertungsausschuss die Festsetzung nicht näher begründet hat. Eine generelle Pflicht, die ihn leitenden Erwägungen offen zu legen, besteht nicht. Akte der Rechtsetzung brauchen grundsätzlich nicht begründet zu werden (vgl. BSGE 88, 126, 136 f = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 S 156 mit Nachweisen aus der Rspr. des BVerfG). Zu einer Begründung ist der Normsetzer nur ausnahmsweise verpflichtet, etwa dann, wenn Grundrechtsbeeinträchtigungen von großer Intensität zu besorgen sind oder wenn sachliche Gründe für eine Regelung nicht ohne weiteres erkennbar sind und diese daher als willkürlich erscheinen könnte (BSGE 88, 126, 137 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 S 156 mit Hinweis auf zB BVerfGE 85, 36, 57). Keiner dieser Fälle liegt vor. Es handelt sich bei der Festsetzung des Kostensatzes um eine Regelung, die nicht die Berufswahl, sondern nur die Berufsausübung i.S. des Art 12 Abs. 1 GG betrifft und keine berufswahlnahen Wirkungen hat. Dafür, dass die Festsetzung als willkürlich zu beurteilen sein könnte, weil der gewählte Kostenansatz der Realität nicht entspricht, besteht kein greifbarer Anhaltspunkt. Die Höhe des zur Berücksichtigung der Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen festgesetzten Betrags (ohne Personalkosten) hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses. Insbesondere musste der Bewertungsausschuss nicht auf die Daten in der Prime-Networks-Studie zurückzugreifen. Es handelt sich hierbei um Daten aus dem Jahr 2005, veröffentlicht im Jahr 2007, die im Zusammenhang mit der EBM-Anpassung (Punktzahl psychotherapeutischer Leistungen) erhoben wurden. Insoweit dürfte der Vorteil der Prime-Networks-Studie zwar darin bestehen, dass diese repräsentativer sind, als die der ZI oder des Statistischen Bundesamtes. Die Prime-Networks-Studie hat jedoch nur durchschnittliche Praxen untersucht, während bei der ZI-Erhebung vollausgelastete psychotherapeutische Praxen betrachtet wurden. Auch das Statistische Bundesamt hat mehrere Umsatzklassen gebildet, die eine isolierte Betrachtung von voll ausgelasteten Praxen erlaubt. Ausgehend von der vorliegenden Begründung des Bewertungsausschusses, sind die Daten des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 2 Reihe 1.6.1 Unternehmen und Arbeitsstätten Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten) aus dem Jahr 2007 zugrunde gelegt worden. Diese Heranziehung ist vom Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses umfasst und bedarf keiner Korrektur, da aktuellere Daten des Statistischen Bundesamtes bzw. des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) erst im Laufe des Jahres 2013 erschienen sind. Zwar haben diese aktuelleren Daten zum Zeitpunkt des Beschlusses am 22.09.2015 bereits vorgelegen und mussten vom Bewertungsausschuss insoweit auch berücksichtigt werden. Dies allerdings nur im Sinne einer Korrektur bzw. Überprüfung der ermittelten Werte mit den aktuell vorliegenden Verhältnissen. Insoweit war der Bewertungsausschuss von Rechts wegen nicht daran gehindert, die alten Daten zur Grundlage seiner Ermittlung zu machen, soweit diese nicht wesentlich von der aktuelleren Datengrundlage abweicht. Auch in rein tatsächlicher Hinsicht geht die Kammer nicht davon aus, dass der Betrag von 33.488,- EUR (ohne Personalkosten) keine realitätsgerechte Festsetzung darstellt. Diese Einschätzung ergibt sich aus Folgendem: Die idealtypische Modellpraxis des BSG mit 1548 Sitzungen pro Jahr zu nunmehr 2375 Punkten erzielt 3.676.500 Punkte. Multipliziert mit dem im Jahr 2013 geltenden Orientierungswert von 3,5363 Cent ergibt sich ein Idealumsatz in Höhe von 130.012,- EUR. Legt man nun die Daten des Statistischen Bundesamtes zugrunde, erzielte ein Praxisinhaber im oberen Einkommensbereich "100.000 EUR und mehr" im Jahr 2011 einen Umsatz von durchschnittlich 114.000 EUR (Tabelle 20.1.). Die Praxen im oberen Einkommensbereich hatten im Jahr 2011durchschnittlich 29,9 % der Einnahmen an Gesamtaufwendungen und 3,6% der Einnahmen für Personalkosten. Das entspricht einem Betrag von 42.159,- EUR abzüglich 5.076,- EUR an Personalkosten, also 37.083,- EUR. Da sich dieser Wert aber auf alle Praxen bezieht und im Durchschnitt 1,22976 Praxisinhaber pro Praxis zugelassen waren, sind die errechneten Werte auf einen Praxisinhaber umzurechnen, um den "Modellpsychotherapeuten" zu erhalten. Dies ergibt einen Betriebskostenbetrag je Inhaber ohne Personalkosten von ca. 30.000,- EUR Der normative Ansatz von 33.488,- EUR (ohne Personalkosten) seitens des Bewertungsausschusses bleibt damit nicht hinter den tatsächlichen Verhältnissen des Jahres 2011 zurück. Aktuellere Werte lagen der Kammer zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vor, wobei im Hinblick auf den angesetzten Betrag noch Spielraum nach oben gegeben ist. Eine evidente Fehlfestlegung liegt damit nicht vor.

Soweit der Beschluss die Angleichung der Bewertungsgrundlagen im Sinne einer ausschließlichen Berücksichtigung von empirisch festgestellten Personalkosten bei dem festgelegten Kostensatz vorsieht, erscheint dies auf den ersten Blick ebenfalls gerechtfertigt. Insoweit ist es zunächst folgerichtig, wenn bei der Festlegung der Kosten für alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren ist. Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums darf und muss der Bewertungsausschuss ggf. weitere Gesichtspunkte wie z.B. eine unterschiedliche Einkommensentwicklung der Arztgruppen oder andere Besonderheiten berücksichtigen. Insoweit zutreffend hat der Bewertungsausschuss in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Personalkosten bei Psychotherapeuten trotz der normativen Berücksichtigung bei der Bemessung der EBM- Bewertung sehr gering sind und den Schluss zulassen, dass diese Gruppe generell wenig Personal anstellt. Allerdings besteht hier eine Besonderheit in dem Sinne, dass die Einkommenssituation der Psychotherapeuten im Vergleich zu anderen Arztgruppen generell als schlecht zu bezeichnen ist und das BSG bereits in der Vergangenheit entschieden hat, dass es auch einem Psychotherapeuten möglich sein muss, eine Halbtagskraft anzustellen. Die Bezugnahme auf die faktische Möglichkeit der Anstellung einer Halbtagskraft stellt eine normative Komponente des anzusetzenden Kostensatzes dar, die gerade nicht anhand empirischer Daten verifiziert werden kann. Insoweit ist neben der mathematischen Herleitung des vom Bewertungsausschuss angesetzten Betrages in Höhe von 3.948,- EUR auch die absolute Begrenzung auf die empirisch erhobenen Kosten nicht von seinem Gestaltungsspielraum gedeckt. Aus den Daten des Jahres 2007 ergibt sich, dass von den zu berücksichtigenden Praxen mit einem Umsatz von mehr als 83.000,- EUR (Beschluss des Bewertungsausschusses zu Nr. 4) im Durchschnitt pro Praxis 1 Beschäftigter tätig war (Tabelle 3.3 der Kostenstrukturerhebung 2007 des Statistischen Bundesamtes). Für diese Beschäftigten wurden im Durchschnitt 3,4% der Brutto-Einnahmen bzw. Umsätze (im Durchschnitt 141.000,- EUR) aufgewendet (Tabelle 3.2.1.), was einem Betrag von 4.794,- EUR entspricht. Die Daten des Jahres 2011 ergeben ein ähnliches Bild. In den zu berücksichtigenden Praxen war wiederum 1 Beschäftigter tätig (Tabelle 20.3 der Kostenstrukturerhebung 2011 des Statistischen Bundesamtes). Für diese Beschäftigten wurden im Durchschnitt 3,6% der Brutto-Einnahmen bzw. Umsätze (im Durchschnitt 141.000,- EUR) aufgewendet (Tabelle 20.2.). Damit sind sowohl die Prozentsätze und die absoluten Beträge in etwa gleich geblieben, so dass –ausgehend von diesen Daten- noch keine Korrektur durch den Bewertungsausschuss erfolgen musste. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei der Heranziehung der vom ZI erhobenen Daten, so dass der Rückgriff auf die Daten des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2007 vom Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses gedeckt ist. Nicht nachvollziehbar ist für das Gericht allerdings die Ermittlung des Betrages für die der Bewertung zugrunde gelegten Personalkosten in Höhe von 3.948,- EUR. Denn ausgehend von den vom Bewertungsausschuss verwendeten Daten sind -wie oben ausgeführt- pro Praxis 4.794,- EUR an tatsächlichen Personalkosten erhoben worden und nicht 3.948,- EUR. Aber selbst wenn dies noch vom Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses gedeckt wäre, ist jedenfalls die ausschließliche Heranziehung der tatsächlichen Personalkosten rechtswidrig. Das BSG hat in mehreren Entscheidungen zu der Frage der Vergütung der Psychotherapeuten ausgeführt, dass es einer voll ausgelasteten Psychotherapeutenpraxis möglich sein muss, eine Halbtagskraft zu beschäftigen und die normative Festsetzung von Personalkosten vorgegeben [vgl. dazu Urteile vom 28.01.2004, B 6 KA 52/03 R und B 6 KA 53/03 R, sowie Urteil vom 28.05.2008, B 6 KA 9/07 R]. Das BSG führt in seiner Entscheidung vom 28.05.2008 (B 6 KA 9/07 R) diesbezüglich aus: "Zu Recht hat der Bewertungsausschuss die Notwendigkeit einer Modifikation dieser empirisch erhobenen Betriebskostendaten in Bezug auf die vom ZI ermittelten Personalkosten gesehen, da diese selbst in der höchsten Umsatzklasse - über 100.000 DM bzw. 51.129 Euro - lediglich 12.042 DM bzw. 6.157 Euro pro Jahr ausmachten. Dieser Durchschnittswert resultiert daraus, dass nach den Ergebnissen der Erhebung in den Psychotherapeutenpraxen häufig ganz ohne Personal gearbeitet wurde (Sonderauswertung des ZI, Nr 3.2.2 - S 8). Es bedarf keiner näheren Darlegungen, dass mit diesem Betrag die vom Senat - losgelöst von den tatsächlichen Verhältnissen - für erforderlich gehaltene Berücksichtigung der Aufwendungen für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung einer Halbtagskraft nicht realisiert worden wäre." Das BSG geht also davon aus, dass die tatsächlich erhobenen Daten im Sinne einer normativen Festsetzung zu korrigieren sind, obwohl die empirisch erhobenen Daten belegen, dass psychotherapeutische Praxen häufig ohne Personal arbeiten. An dieser Situation hat sich weder tatsächlich, noch rechtlich etwas geändert, so dass die vom BSG vorgegeben Maßstäbe auch weiterhin Gültigkeit beanspruchen. Insoweit dürfte außer Zweifel stehen, dass mit dem vom Bewertungsausschuss festgelegten Betrag in Höhe von 3.948,- EUR realistisch keine Sprechstundenhilfe in Teilzeit angestellt werden kann, selbst wenn diese auf der Basis eines 450,- EUR- Jobs arbeiten würde.

Dem Bewertungsausschuss ist es insoweit nicht verwehrt, die (normativen) Personalkosten, die er in einer Neuregelung zu berücksichtigen hätte, anhand des Gehaltstarifvertrages für Medizinische Fachangestellte einschließlich Lohnnebenkosten zu ermitteln, wie er es im Rahmen der Zuschlagsziffer getan hat. Insoweit ist es nach der Rechtsprechung des BSG von dem Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses gedeckt, wenn er wegen der Sachnähe ausschließlich diesen Tarifvertrag heranzieht und nicht etwa auf die Gehaltsstruktur des öffentlichen Dienstes abstellt [BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 6 KA 9/07 R]. Nach dem genannten Tarifwerk (DÄ, 2012, Jg. 109, Heft 12, A603; DÄ 2011, Jg. 108, Heft 9, S. A 481) erhielt ein/e Mitarbeiter/in in der Tätigkeitsgruppe II im 11.- 16. Berufsjahr ein Monatsgehalt von 1.895,- EUR (bis einschließlich März) bzw. 1950,- EUR (ab April) und damit ein Jahresgehalt von 25.185,- EUR. Zuzüglich der Lohnnebenkosten im Jahr 2012 von 19,615% auf Arbeitgeberseite ergibt dies eine Summe von 30.124,90 EUR, bezogen auf eine Halbtagesbeschäftigung 15.062,45 EUR. Der Bewertungsausschuss hat für die Beschäftigung einer Halbtagskraft einen Betrag in Höhe von 14.993,- EUR angesetzt, was aufgrund der geringen Differenz zu dem von der Kammer ermittelten Betrag als realistischer Wert eingestuft wird. Diesen ermittelten Betrag hätte der Bewertungsausschuss bei der Bemessung der EBM – Ziffern zu berücksichtigen gehabt.

Dass die fiktiven Kosten einer Halbtagskraft nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses in Form eines Zuschlags zu den normalen Gesprächsziffern berücksichtigt werden, gleicht die Unzulänglichkeit der EBM- Bewertung nicht aus.

Denn die Ausgestaltung der Zuschlagsziffern ist ebenfalls in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig. Zum einen erschließt sich dem Gericht schon nicht, dass der Bewertungsausschuss die normativ ermittelten Personalkosten einer medizinischen Halbtagskraft um die empirisch ermittelten Personalkosten kürzt. Denn ausgehend von der Tatsache, dass Psychotherapeuten im Regelfall -wie andere Ärzte auch- eine Reinigungskraft beschäftigen werden, dürften die empirisch erhobenen Personalkosten –auch in Anbetracht des Betrages- zu einem Großteil auf diese Reinigungskräfte entfallen. Zum anderen hätte der Bewertungsausschuss, so er denn davon ausgeht, dass die empirisch erhobenen Kosten ausschließlich auf eine medizinische Fachangestellte bezogen sind, noch zusätzlich Kosten für eine Reinigungskraft berücksichtigen müssen.

Jedenfalls aber steht die Ausgestaltung der Zuschlagsziffern nicht mit höherrangigem Recht in Einklang, weil sie eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der psychotherapeutisch tätigen Psychotherapeuten bewirkt. Regelungen des EBM-Ä dürfen weder unmittelbar noch mittelbar gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG verstoßen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG schreibt dabei vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfGE 115, 381, 389 mwN; BVerfG (Kammer) Beschluss vom 2.5.2006 - 1 BvR 1275/97 - NJW 2006, 2175, 2177). Damit ist dem Normgeber zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht aber dann, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG (Kammer) SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN). Der Schutzbereich des Grundrechts erfasst sowohl ungleiche Belastungen als auch - wie im vorliegenden Fall - ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 (17); 126, 400 (416); BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011, 1 BvR 2035/07, juris, Rn. 63). Die hier vorhandene Begünstigung von psychologischen Psychotherapeuten, welche eine bestimmte Leistungsmenge an antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen erbringen, ist nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. nur Beschluss des BVerfG vom 21. Juni 2011, 1 BvR 2035/07, juris, Rn. 64) folgen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 (30); 122, 1 (23); 126, 400 (416) m.w.N.). Dabei müssen Differenzierungen stets durch Sachgründe gerechtfertigt werden, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt insofern auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich "als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht" erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 (220)). Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist umso enger begrenzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (s. BVerfGE 88, 87 (96)60, 123 (134); 82, 126 (146)). Diese für parlamentarische Gesetze geltenden Anforderungen gelten auch bei der Schaffung untergesetzlicher Rechtsnormen, wie dem EBM (s. nur BSG, Urteil vom 24. September 2003 – B 6 KA 41/02 R). Nach diesen Maßstäben liegt eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Psychotherapeuten vor, da nur die Psychotherapeuten von den normativ ermittelten Personalkosten profitieren, die eine bestimmte Leistungsmenge an antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen erbringen. Darüber hinaus wird der Zuschlag auch erst ab einer bestimmten Punktzahlmenge erbracht, so dass die in der Zuschlagsziffer zum Tragen kommenden normativen Personalkosten (welche Teil der angemessenen Vergütung sind) stets nur anteilig ausgeschüttet werden. Letztlich werden durch die bestehende Regelung Psychotherapeuten mittelbar begünstigt, die lediglich einen halben Vertragsarztsitz haben und durch die Möglichkeit der Ausweitung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen innerhalb der Plausibilitätsgrenzen überproportional von den Zuschlagsziffern profitieren. Ein sachlicher Grund dafür ist nicht erkennbar. Anzuerkennende sachliche Gründe können sich allein aus Unterschieden ergeben, die innerhalb der Gruppe der Psychotherapeuten bestehen. Solche liegen nicht vor. Die der Regelung zugrunde liegende Vorstellung, Personalkosten entstünden nur bei annähernder Vollauslastung, ist in ihrer Kernaussage zwar zutreffend und die Begünstigung solcher Praxen, stellt im Grunde genommen auch einen legitimen Zweck dar. Allerdings nimmt die Regelung nicht in den Blick, dass Psychotherapeuten neben den antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen auch niederschwellige Versorgungsangebote vorhalten müssen. Der Ausbau dieser niederschwelligen Therapieangebote ist seit langem in der Diskussion und als gesetzgeberischer Auftrag auch im Versorgungsstärkungsgesetz formuliert worden. Mit der neuen, am 01.04.2017 in Kraft getretenen Psychotherapie- Richtlinie ist das Ziel der Stärkung und des Ausbaus der niederschwelligen Therapieangebote neben der Richtlinienpsychotherapie auch umgesetzt worden. Psychotherapeuten, die diesem gesetzgeberischen Auftrag bereits in der Vergangenheit nachgekommen sind und solche Angebote verstärkt angeboten haben, mussten zwangsläufig Leistungen an anderer Stelle –namentlich den antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen- reduzieren. Die streitgegenständliche Zuschlagsregelung wirkt diesbezüglich diametral, da sie den Anreiz schafft, möglichst viele antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zu erbringen und unterstellt, dass nur in diesem Fall eine Vollauslastung besteht, die zur Beschäftigung von Personal führt. Der Psychotherapeut muss sich damit quasi entscheiden, ob er viele antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen erbringt und in den Genuss der Zuschlagsregelung kommt oder dem Auftrag der niederschwelligen Therapieangebote nachkommt und –nach dem Verständnis der Zuschlagsnorm- auf Personal verzichtet. Hätte der Bewertungsausschuss die Personalkosten bei der EBM- Bewertung der Hauptleistung belassen, so wären alle Psychotherapeuten entsprechend dem Umfang ihrer Leistungen begünstigt gewesen. Jeder Psychotherapeut hätte damit -wenigstens anteilig und proportional zur Menge der erbrachten Leistungen- von den angesetzten Personalkosten profitiert und dafür eine angemessene Vergütung erhalten.

Darüber hinaus gibt es keinen sachlichen Grund für die festgelegte Quotierung des Zuschlags. Insoweit hat der Bewertungsausschuss festgelegt, dass der Zuschlag sich monetär erst ab der ersten Therapiestunde nach Erreichen der Mindestgrenze auswirkt. Damit kommt der Zuschlag in voller Höhe nur zum Tragen, wenn die Vollauslastung gemäß der Modellrechnung des BSG erreicht ist. Das BSG selbst hat jedoch bereits mehrfach betont, dass die Modellberechnung auf einer Fiktion basiert, die regelmäßig nicht der Realität entspricht. Ist danach aber von vornherein klar, dass der Großteil der zugelassenen Psychotherapeuten den vollen Personalkostenansatz nicht erhalten kann und –wegen der Quotierung- in letzter Konsequenz auch nur ein Bruchteil des veranschlagten Betrages tatsächlich bezahlt bekommt, so stellt dies einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Vergütung je Zeiteinheit dar.

Eine solche Regelung entspricht auch nicht der Kalkulationssystematik des EBM. Der EBM stellt eine zeit- und kostenbezogene Bewertung der darin enthaltenen Leistungen dar, wobei die betriebswirtschaftliche Berechnung mit Hilfe des Standardbewertungssystems als zentralem Bestandteil des Kalkulationsmodells durchgeführt wird. Grundlage ist dabei eine Vollkostenkalkulation. Grundgedanke der Kalkulation des EBM ist die Trennung der Leistung in einen einheitlich bewerteten ärztlichen Anteil, also die eigentliche ärztliche Leistung, und einen technischen Leistungsanteil, der die Kosten (sowohl die realen, als auch die kalkulatorischen) abbildet. Zu diesem technischen Leistungsanteil zählen alle Betriebsausgaben und damit auch die Personalkosten. Die technischen Leistungsanteile werden aufgrund von Expertenschätzungen, Kostenerhebungen und steuerlichen Aufwands- und Ertragsrechnungen kalkuliert und stellen damit eine normative Bezugsgröße dar. Für jede EBM- Leistung wird der Zeitaufwand zur Leistungserstellung in den jeweiligen Kostenstellen geschätzt und auf die jeweiligen EBM- Positionen umgelegt. Nach Addition des ärztlichen und technischen Leistungsanteils ergibt sich daraus der (EBM)Wert einer Leistung. Dabei spielt es naturgemäß keine Rolle, ob der in die Kalkulation eingestellte Aufwand tatsächlich angefallen ist oder nicht, oder wie die Auslastung der Praxis ist. Nur allein dadurch wird sichergestellt, dass eine Leistung stets gleich und im Verhältnis zu anderen Leistungen angemessen vergütet wird. Dieses in sich stimmige System wird jedoch verlassen, wenn bestimmte Kosten aus der Kalkulation herausgenommen werden und außerhalb der Technischen Leistungen quotiert vergütet werden. Mit der streitgegenständlichen Zuschlagsregelung findet insoweit eine individualisierte Vergütung statt, die dazu führt, dass jeder Therapeut für eine Therapiestunde unterschiedlich vergütet wird, je nachdem, wie viele antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen er erbringt.

Letztlich führt die Regelung auch faktisch zu einer Besserstellung der Psychotherapeuten mit halben Vertragsarztsitzen. Denn ihnen ist es im Gegensatz zu den voll zugelassenen Kollegen möglich, neben den niederschwelligen Therapieangeboten, die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen bis zur Grenze der Plausibilität auszudehnen und damit die Zuschlagsziffern überproportional häufig zu bekommen. Dieser wohl unbeabsichtigte Nebeneffekt führt faktisch zu einer Manifestierung der Sachwidrigkeit in der Vergütungsstruktur und damit mittelbar ebenfalls zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung.

Die festgestellte Verfassungswidrigkeit der Regelung führt allerdings nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger weiteres Honorar für die streitgegenständlichen Quartale zu zahlen, sondern nur zu einer Verpflichtung zur Neubescheidung. Denn zum einen ist es, sofern eine Bestimmung verfassungswidrig ist, dem Normgeber wegen des diesem zustehenden Gestaltungsermessens grundsätzlich überlassen, in welcher Weise er den Sachverhalt in verfassungskonformer Weise neu regelt (s. hierzu nur BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 - 3 B 6 KA 10/13 R -). Dem Bewertungsausschuss steht es insofern frei, ein neues abweichendes Regelungskonzept zu schaffen, oder die bestehenden Regelungen zu überarbeiten.

Soweit die Klägerin die quotierte Auszahlung der übrigen (nicht antrags- und genehmigungspflichtigen) Gesprächsleistungen nach den Abschnitten 35.1 und 35.3 EBM nach den Bestimmungen des HVM der Beklagten beanstandet, ist die Klage ebenfalls begründet, allerdings nur im Umfang des Hilfsantrags. Insoweit sind die Honorarbescheide ebenfalls rechtswidrig und die Beklagte ist verpflichtet, über die dem Kläger für die Quartale I/2013 und II/2013 zustehenden Honorare unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen war die Klage daher abzuweisen.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Honorierung der streitgegenständlichen Quartale I/2013 und II/2013 ist der HVM 2013 in seinen Beschlussfassungen der Vertreterversammlung vom 23.02.2013, 25.05.2013 und 22.02.2014, welcher aufgrund von §87 b SGBV und dem Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 266. Sitzung am 14.12.2011 erstellt wurde. In Ziff. 2.4.4 HV 2013 heißt es: "Für die Honorierung der von - Psychologischen Psychotherapeuten - Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten - Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten gemäß den Kriterien der Bedarfsplanungsrichtlinien erbrachten Leistungen (mit Ausnahme der probatorischen Sitzungen nach der GOP 35150 inkl. Suffix und der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM) steht deren im Vorjahresquartal anerkannter und mit dem Punktwert von 0,035048 EUR sowie etwaigen Anpassungsfaktoren gemäß § 87 a SGB V, die sich aus dem Honorarvertrag 2013 ergeben, multiplizierter Leistungsbedarf in vollem Umfang (100%) zur Verfügung. Sofern das zur Verfügung stehende Honorarvolumen überschritten wird, erfolgt eine Quotierung der Vergütung nach der Euro- Gebührenordnung dieser Leistungsbereiche."

Die rechnerische Herleitung der Quote aus den MGV-Anteilen des Vorjahresquartals unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Für die Bildung des Honorarkontingents hat die Beklagte auf die Vergütungsanteile des Vorjahresabrechnungsquartals (hier: Quartal I/2012 und II/2012) als Referenzmenge Bezug genommen. Mittelbar knüpft die Berechnung damit an die im Referenzzeitraum geltenden Regelungen des Honorarverteilungsvertrages für das Jahr 2012 an. Anhaltspunkte dafür, dass die Honorarverteilung in den Referenzquartalen rechtswidrig war, sind nicht ersichtlich und von den Beteiligten auch nicht vorgetragen.

Allerdings ist die vorgesehene Quotierung nicht vollständig mit den bundesrechtlichen Vorgaben vereinbar. In der Rechtsprechung zwar anerkannt, dass es zulässig ist, Leistungen die aus dem RLV ausgenommen sind, anderweitigen Begrenzungsmaßnahmen zu unterwerfen. Gleiches gilt im Grundsatz auch für die psychotherapeutischen Leistungen. Auch in diesem Bereich kann die Notwendigkeit bestehen, mengensteuernd einzuwirken (vgl. auch Engelhardt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/13, § 87b SGB V Rn. 104). In den Quartalen vor der streitigen Regelung war jedem Psychotherapeuten daher eine zeitbezogene Kapazitätsgrenze pro Quartal zugewiesen, um eine übermäßige Ausdehnung der psychotherapeutischen Tätigkeit zu verhindern. Danach wurde, soweit die abgerechnete Zuwendungszeit, die ermittelte zeitbezogene Kapazitätsgrenze überschritt, diese maximal bis zur 1,5-fachen zeitbezogenen Kapazitätsgrenze mit abgestaffelten Preisen vergütet. Die nunmehr geltende Regelung sieht hingegen quotierte Auszahlung aller erbrachten Leistungen der betroffenen Bereiche vor. Zwar hat das BSG zur Frage der Rechtmäßigkeit der Quotierung von "freien Leistungen" bereits entschieden, dass eine solche grundsätzlich zulässig und rechtmäßig ist, da in einem System begrenzter Mittel eine Quotierung die notwendige Folge sei und die vom Gesetz geforderte "Förderung" bereits in der Herausnahme der Leistungen aus dem RLV und der damit verbundenen zusätzlichen Honorierung (neben den RLV- Leistungen) liege. § 87 b Abs. 2 S. 3 SGB V in der Fassung des GKV- Versorgungsstrukturgesetzes bestimmt aber im Gegenzug dazu, dass im Verteilungsmaßstab Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen sind, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. In der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift heißt es: "In Satz 3 ist festgelegt, dass bei Regelungen in den Honorarverteilungsverträgen zu mengensteuernden Maßnahmen nach Satz 2 zu berücksichtigen ist, dass die zeitgebundenen und vorab von den Krankenkassen zu genehmigenden psychotherapeutischen Leistungen bereits einer Form der Mengensteuerung unterliegen und weiterhin eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten ist. Die antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen waren nach bisherigem Recht außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen zu vergüten. Da das künftige Recht keine Regelleistungsvolumen vorsieht, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig in ihren Honorarverteilungsmaßstäben zur Sicherung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der in diesem Absatz genannten psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer die bisherige Beschlussfassung der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen im Bewertungsausschuss bei der Vergütung der psychotherapeutischen antragspflichtigen und nicht-antragspflichtigen Leistungen innerhalb zeitbezogener Kapazitätsgrenzen entsprechend zu berücksichtigen. Die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen ist demzufolge mittels des Konzepts der zeitlich definierten Obergrenzen zu gestalten, innerhalb derer sich die Summe der nicht-antragspflichtigen und der antragspflichtigen Leistungen ohne Abstaffelungen der Preise der regionalen Euro- Gebührenordnung abbildet." (BT- Drucks. 17/6906, S. 65)

Der Gesetzgeber ist damit davon ausgegangen, dass die Vergütung der Psychotherapeuten für die innerhalb eines bestimmten Zeitkontingents erbrachten Leistungen keine Abstaffelung erfahren darf. Dieses Grundprinzip beansprucht auch nach außer Kraft Setzung des Beschlusses vom 26.03.2010 weiterhin Geltung.

Selbst wenn die gesetzgeberische Intention keine Umsetzungspflicht der KV auslösen würde, ist die konkrete Regelung rechtswidrig. Zwar schließt die Bildung eines festen Honorarkontingents eine Quotierung von Leistungen nicht aus. Das Bundessozialgericht hat in der Vergangenheit insoweit wiederholt die Quotierung von ärztlichen Leistungen, auch soweit sie auf Überweisung erfolgen, gebilligt. Da eine "Nachschusspflicht" der Krankenkassen und damit eine Erhöhung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nicht vorgesehen ist, können Leistungen bei Überschreitung des Vergütungsvolumens nur quotiert vergütet werden, wenn sich die Überschreitung nicht zum Nachteil anderer Arztgruppen bzw. Leistungsbereiche auswirken soll (BSG, Urt. v. 23.03.2016 - B 6 KA 33/15 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 8, juris Rdnr. 13). Insofern gilt der Grundsatz, dass angesichts begrenzter Gesamtvergütungen kein Leistungsbereich generell von Steuerungsmaßnahmen ausgenommen werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2016 - B 6 KA 33/15 R - a.a.O. Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 19.08.2015 - B 6 KA 34/14 R - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2500 § 87b Nr. 7, juris Rdnr. 28). Dieser Grundsatz gilt selbst für Kostenerstattungen und Kostenpauschalen (vgl. BSG, Urt. v. 19.08.2015 - B 6 KA 34/14 R - a.a.O. Rdnr. 42 ff.).

Bei den Psychotherapeuten besteht aufgrund der strikten Zeitbezogenheit ihrer Leistungen aber keine Gefahr einer Leistungs- und Mengenausweitung in relevantem Ausmaß. Eine solche entsteht aber dann, wenn z.B. neue Psychotherapeuten zugelassen werden, was aber in Sphäre der Beklagten fällt. Genau dies ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch passiert. Aufgrund der geänderten Bedarfsplanung in 2013, sind mehr Psychotherapeuten zugelassen worden, als in der Vergangenheit. Der kalkulatorische Leistungsbedarf hat diesen Faktor nicht berücksichtigt, so dass den Psychotherapeuten letzten Endes nicht genug Verteilmasse zur Verfügung stand. Dies ist für sich genommen kein Problem, da es andere Arztgruppen gegebenenfalls ebenso trifft. Allerdings haben die Psychotherapeuten insoweit kein eigenes "Steuerungsinstrument", da ihre Leistungen aufgrund der Zeitbezogenheit nicht ohne weiteres "vermehrt" werden können. Zudem bestimmt sich die Vergütung erst im Nachhinein an Hand des Verhältnisses aus dem auf Basis des Referenzzeitraums ermittelten und ggf. angepassten Verteilungsvolumen und der tatsächlich abgerechneten Leistungsmenge und kann je nach Ausgestaltung der regionalen Honorarverteilungsregelungen und der jeweiligen Referenzmengen regional unterschiedlich ausfallen, was zu (Fehl-)anreizen im Sinne einer Reduzierung auf antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen führen kann und damit wiederum die gesetzgeberische Intention der Stärkung der niederschwelligen Therapieangebote konterkariert. Die KV hätte nach Ansicht des Gerichts insoweit eine Regelung vorsehen müssen, welche verhindert, dass die Honorare der Psychotherapeuten aufgrund der Quotierung absinken. Die Quotierungsuntergrenze von 60 % reicht als Gegenmaßnahme insoweit nicht aus.

Rechtswidrig ist insoweit auch die quotierte Auszahlung der Zuschlagsleistungen. Rechtsgrundlage für die in den streitgegenständlichen Quartalen vorgenommene Quotierung der oben genannten Leistungen sind Ziff. 2.2 HV 2013 in Verbindung mit Anlage 3 III, wonach im Zeitraum ab 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 für die in der Anlage benannten besonders förderungswürdigen Leistungen eine Quotierung erfolgt, wenn der für diese Leistungen zur Verfügung gestellte Betrag von der jeweiligen Fachgruppe überschritten wird. Ermittelt wird der zu Verfügung stehende Betrag, indem die Gesamtvergütung (die außerhalb der MGV geleistet wird) anhand des Trennungsfaktors auf den hausärztlichen und den fachärztlichen Versorgungsbereich aufgeteilt und sodann innerhalb des haus- und fachärztlichen Versorgungsbereichs im Verhältnis des jeweiligen aktuellen Leistungsbedarfs (innerhalb des MGV) auf die Facharztgruppen verteilt wird. Sofern das zur Verfügung stehende Honorarvolumen überschritten wird, erfolgt eine für den jeweiligen Versorgungsbereich einheitliche Quotierung. Dies ist rechtswidrig. Die Beklagte hat in den streitgegenständlichen Quartalen eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 11 Mio. EUR außerhalb der MGV erhalten und diese zur Finanzierung der besonders förderungswürdigen Leistungen eingesetzt, um dem Auftrag aus § 87 a Abs. 3 S. 5 SGB V nachkommen zu können. Das Problem, dass die "freien Leistungen" ohne Quotierung zu einer Verringerung des Volumens für die Vergütung sämtlicher RLV- Leistungen führen und damit andere Arztgruppen benachteiligt werden, besteht damit nicht.

Ebenso wenig besteht die Gefahr einer übermäßigen Mengenausweitung, da die Leistungen der Psychotherapeuten –wie oben bereits ausgeführt- aufgrund ihrer Zeitbezogenheit per se einer Mengenbegrenzung unterliegen und insoweit eine Besonderheit der Leistungserbringung vorliegt.

Der Honorarverteilungsvertrag hätte diese Besonderheit aufgreifen und entsprechend umsetzen müssen. Eine generelle Quotierung war jedenfalls unzulässig.

Dieser Umstand macht es notwendig, die Beklagte zu verpflichten, einen neuen Aufteilungsmaßstab anzuwenden und auf dieser Grundlage die Honoraransprüche der Klägerin neu zu bescheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Kammer hat die Revision gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG auf Antrag der Beteiligten zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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