L 5 R 942/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 R 789/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 942/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Leistungen zur Rehabilitation: Kinderrehabilitationsbehandlung - Auswirkungen auf die spätere Erwerbsfähigkeit als Leistungsvoraussetzung
Voraussetzung für die Bewilligung einer Kinderrehabilitation ist, dass diese einen positiven Einfluss auf die spätere Erwerbsfähigkeit des Kindes hat. Anspruchsberechtigt sind daher nur die Kinder, bei denen durch Leistungen zur Kinderrehabilitation nicht nur ihre Gesundheit, sondern darüber hinaus auch ihre spätere Erwerbsfähigkeit positiv beeinflusst werden kann; diese muss auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgerichtet sein.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 24. September 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Leistung zur medizinischen Kinderrehabilitation in Form einer stationären dermatologischen Rehabilitation.

Bei dem am 1986 geborenen Kläger besteht eine frühkindliche Hirnschädigung mit fehlender sozialer Kompetenz und ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten. Er verfügt über keinen Schul- oder Berufsabschluss, steht unter rechtlicher Betreuung und wohnt in einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderungen. Bei ihm ist seit 4. Dezember 1992 ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen G, H und RF anerkannt. Er verfügt über die Pflegestufe II. Er bezog Halbwaisenrente nach dem Tod seiner am 1999 verstorbenen Mutter, der Versicherten Z ...

Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag vom 30. März 2010 mit Bescheid vom 12. April 2010 eine stationäre Kinderrehabilitation wegen seiner dermatologischen Leiden. Die Rehabilitation wurde im Zeitraum vom 20. Juli bis 24. August 2010 im Klinikzentrum Y ... durchgeführt.

Am 21. Juni 2013 beantragte der Kläger erneut wegen seiner Hautleiden eine medizinische Kinderrehabilitation. Die Beklagte zog daraufhin den Rehabilitationsentlassungsbericht des Klinikzentrums Y ... vom 23. August 2010 bei und holte einen Befundbericht von Dr. E ... (Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Allergologie und Phlebologie) vom -ohne Datum- ein. Mit Bescheid vom 14. August 2013 lehnte sie die Gewährung einer medizinischen Rehabilitation ab. Zur Begründung führte sie aus: Der Verbleib des Klägers in einer Werkstatt für behinderte Menschen sei durch seine körperlichen, seelischen oder geistigen Einschränkungen nicht gefährdet. Eine medizinische Rehabilitation sei daher nicht erforderlich. Es bestehe auch kein Rehabilitationsbedarf nach anderen Vorschriften. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 30. August 2013 Widerspruch und führte aus, er befinde sich nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen, was wegen seiner Behinderungen gar nicht möglich sei. Erforderlich sei eine Kinderrehabilitation. Die Beklagte nahm mit Teilabhilfe- und Ablehnungsbescheid vom 4. Februar 2014 den Bescheid vom 14. August 2013 zurück und lehnte die Gewährung der beantragten Kinderrehabilitation ab. Zur Begründung führte sie aus: Der Bescheid vom 14. August 2013 sei fehlerhaft, da der Kläger sich nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen befinde. Die begehrte Kinderrehabilitation könne jedoch nicht gewährt werden, weil diese nicht erforderlich sei. Vielmehr sei eine Krankenbehandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2014 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger sei bei Antragstellung zwar Waisenrentenbezieher gewesen, eine stationäre Kinderrehabilitation sei jedoch nicht erforderlich. Einerseits könnten die Gesundheitsstörungen, nämlich der Zustand nach einem Hirnschaden, mit einer Rehabilitation nicht wesentlich gebessert werden. Andererseits würden für die Behandlung der Hauterkrankungen ambulante Maßnahmen der Krankenversicherung ausreichen. Rehabilitationsbedarf im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht feststellbar, so dass der Antrag nicht weitergeleitet werden habe können.

Auf die hiergegen am 19. Juni 2014 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz Befundberichte von Dr. E ... am 11. Juni 2015, von Dr. F ..., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, am 9. Juni 2015 und von Dipl.-Med. D ..., Facharzt für Allgemeinmedizin, am 13. Juli 2015 eingeholt, weitere Krankenunterlagen (Epikrisen der Hautklinik G ... aus den Jahren 2012 bis 2014) beigezogen und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24. September 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auf der Grundlage der gerichtlichen Ermittlungen hätten sich keine ausreichenden Gründe ergeben, die eine Kinderrehabilitation rechtfertigen würden. Nach dem Befundbericht von Dipl.-Med. D ..., dem behandelnden Allgemeinarzt des Klägers, sei kein langfristiger Erfolg zu erwarten. In dermatologischer Behandlung bei Dr. E ... befinde sich der Kläger bereits seit dem Jahr 2013 nicht mehr. Vor diesem Hintergrund könne dahinstehen, ob eine Kinderrehabilitation vorfristig, nämlich vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist, erbracht werden könne. Weitere Ermittlungen seien nicht erforderlich. Insbesondere die von der Klägerseite angeregte Vernehmung der benannten Mitarbeiterinnen des Heimes, in der sich der Kläger befinde, zu den Voraussetzungen der Kinderrehabilitation sei nicht erforderlich, da es sich um einen medizinischen Sachverhalt handle. Die Prüfung von krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften nach § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei bei Kinderrehabilitationen nicht einschlägig. Außerdem würden stationäre Rehabilitationsmaßnahmen daran scheitern, dass die ambulanten fachärztlichen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft seien.

Gegen den am 28. September 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21. Oktober 2015 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz sei bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft. Der Kläger habe kein Einverständnis zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid erteilt. Außerdem habe das Sozialgericht seinen Beweisantrag hinsichtlich der Befragung der Mitarbeiter des Heimes übergangen. Die geistige Behinderung könne bei der erforderlichen Rehabilitation durch eine Begleitperson kompensiert werden. Die Kinderrehabilitation sei im Übrigen eine normale Rehabilitation im Sinne der Vorschriften des SGB IX, so dass sie auch von der Krankenkasse durchgeführt werden könne. Es werde weiterhin angeregt, die Mitarbeiter der Wohnstätte nach den Voraussetzungen der Kinderrehabilitation zu befragen und ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben.

Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 24. September 2015 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 14. August 2013 in der Fassung des Bescheides vom 4. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2014, zu verurteilen, ihm eine Leistung der stationären medizinischen Kinderrehabilitation zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 3. November 2016 die zuständige Krankenkasse des Klägers zum Verfahren beigeladen, Befundberichte von Dr. F ... am 8. November 2016, von Dr. E ... am 18. November 2016 und von Dipl.-Med. D ... am 12. Dezember 2016 eingeholt, Epikrisen des Helios-Klinikums G ... über dermatologische Behandlungen beigezogen und ein Gutachten auf dermatologischem Fachgebiet von Dr. I ... (Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, psychosomatische Grundversorgung und Berufsdermatologie) am 25. März 2017 erstellen lassen.

Mit Schriftsätzen vom 6. April 2017 (Beklagte), 20. April 2017 (Beigeladene) und 2. Mai 2017 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Sozialgericht Chemnitz die Klage zu Recht mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 24. September 2015 abgewiesen hat. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14. August 2013 in der Fassung des Teilabhilfe- und Ablehnungsbescheides vom 4. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG), weil er keinen Anspruch auf Gewährung einer stationären (Kinder-) Rehabilitationsmaßnahme hat.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Kinderrehabilitation nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, weil die Leistungsvoraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 der, auf § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VI beruhenden, Kinderrehabilitationsrichtlinien in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung sowie nach § 15a Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist unter anderem Voraussetzung für die Erbringung einer Kinderrehabilitation, dass 1. durch die Kinderrehabilitation voraussichtlich eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit beseitigt oder die (insbesondere durch chronische Erkrankungen) beeinträchtigte Gesundheit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann und 2. dies Einfluss auf die spätere Erwerbsfähigkeit haben kann.

Auf Grund des aktuellen Gutachtens auf dermatologischem Fachgebiet von Dr. I ... vom 25. März 2017 sowie der eingeholten aktuellen Befundberichte von Dr. F ... vom 8. November 2016, von Dr. E ... vom 18. November 2016 sowie von Dipl.-Med. D ... vom 12. Dezember 2016 steht fest, dass keine der vorbezeichneten Voraussetzungen, die im Übrigen ohnehin kumulativ vorliegen müssen, erfüllt ist.

Soweit die den Kläger behandelnden Ärzten eine dermatologische Rehabilitationsbehandlung wiederholt für sinnvoll bzw. "schon angezeigt" (Dr. F ... im Befundbericht vom 9. Juni 2015) oder "nicht schädlich" (Dipl.-Med. D ... im Befundbericht vom 13. Juli 2015) erachteten, reicht dies nicht aus. Der Kläger leidet unter einer atopischen Dermatitis (mit polyvalenter Sensibilisierung und Asthma bronchiale), bei der es sich, wie die einzelnen Befunderhebungen über verschiedene Zeiträume zeigten, um eine weitgehend unberechenbare, in meist unvorhersehbaren Schüben verlaufende chronische Hauterkrankung handelt. Die Krankheitsaktivität ist über selektiv betrachtete Zeiträume unterschiedlich ausgeprägt. Der auf die atopische Dermatitis bezogene Gesundheitszustand des Klägers ist im gesamten Zeitraum seit Antragstellung im Juni 2013 gleich geblieben, wie die gutachtliche Untersuchung von Dr. I ... am 13. Februar 2017 belegte, zumal sich die Erkrankung durch den schubweisen Verlauf gerade auszeichnet. Eine Beseitigung der durch die atopische Dermatitis erheblich gefährdeten bzw. beeinträchtigten Gesundheit des Klägers durch eine dermatologische Rehabilitation ist nicht möglich, weil die Krankheit chronisch ist. Eine stationäre dermatologische Heilbehandlung kann lediglich die beeinträchtigte Gesundheit des Klägers temporär bessern bzw. vorübergehend lindern, was allerdings nicht ausreicht um die Voraussetzungen für die Gewährung einer Kinderrehabilitation zu erfüllen. Eine wesentliche oder nachhaltige Besserung oder gar eine Wiederherstellung der beeinträchtigten Gesundheit ist jedoch nicht zu erwarten, da es sich um eine chronische, schubweise verlaufende Hautkrankheit handelt, die in ihrem wesentlichen Verlauf durch ein stationäres Heilverfahren nicht längerfristig verändert oder gar geheilt werden kann. Eine atopische Dermatitis ist bereits dem Grunde nach nicht heilbar. Auch von Schulungsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit einem stationären Rehabilitationsverfahren zur besseren Bewältigung der Hauterkrankung angeboten werden, wird der Kläger wegen seiner schweren psychiatrischen Erkrankung (frühkindliche Hirnschädigung, die mit Zwangshandlungen im Rahmen einer Schizophrenie, einer Intelligenzminderung und einer mittleren motorischen Funktionseinschränkung einhergeht) nicht profitieren können. Auch die im Sommer des Jahres 2010 im Klinikzentrum Y ... bereits durchgeführte dermatologische Rehabilitationsbehandlung bestätigt dies. Zum einen zeigte sie, dass eine wesentliche oder nachhaltige Besserung des Gesundheitszustands des Klägers nicht erreicht werden konnte, zumal bereits im Sommer des Jahres 2011 ein stationärer Akutaufenthalt in der Hautklinik in G ... erneut erforderlich war. Zum anderen konnte ausweislich des Entlassungsberichts vom 23. August 2010 das Rehabilitationsziel nur mit einer Woche Verlängerung erreicht werden, wobei die Verlängerungswoche "psychischen Stress beim Patienten" auslöste. Damit wird die Besserungsprognose, die ohnehin keine wesentliche oder nachhaltige, wie jedoch erforderlich, ist, zusätzlich negativ durch die psychische Erkrankung des Klägers beeinflusst. Das stationäre Heilverfahren mit temporärem Verlust der gewohnten Umgebung führt regel- und erfahrungsgemäß zu psychischen Reaktionen, wie Dr. I ... ausführte. Dies entspricht auch der Einschätzung des behandelnden Hausarztes Dipl.-Med. D ... im Befundbericht vom 13. Juli 2015; er führte zusammenfassend unter anderem aus, dass es im Rahmen einer ungewohnten stationären Einrichtung zu einer Exazerbation, also einer akute Verschlechterung, der psychiatrischen Situation kommen kann, die einer Verbesserung des Hautzustandes entgegen wirkt. Soweit Dipl.-Med. D ... außerdem ausführte, eine stationäre Rehabilitation unter Klimareizbedingungen sei für die Hauterkrankung (See) nicht von Schaden, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es nicht ausreicht, wenn die Rehabilitation "nicht von Schaden" ist und zum anderen, dass eine Hauterkrankung unter Reizklima erst nach drei bis sechs Wochen, nachdem sich die Haut an das Reizklima gewöhnt hat, überhaupt Besserungstendenzen zeigt. Eine so langfristige Rehabilitation ist dem Kläger aber bereits wegen der aufgezeigten psychischen Problemkreise nicht zumutbar.

Im Übrigen konnte Dr. I ... anlässlich der gutachtlichen dermatologischen Untersuchung des Klägers am 13. Februar 2017 feststellen, dass sich die Haut des Klägers in einem recht gut gepflegten Zustand zeigte, was darauf schließen lässt, dass die Behandlung der Hauterkrankung mit Hilfe des Pflegepersonals der betreuten Wohneinrichtung, in der sich der Kläger befindet, gewissenhaft erfolgt. Um eine weitere Verbesserung bzw. Stabilisierung des Hautzustandes zu erreichen, ist daher lediglich eine hautfachärztliche Behandlung, in der sich der Kläger seit März 2014 nicht mehr befindet, erforderlich. Auch dies stimmt mit den befundberichtlichen Einschätzungen von Dipl.-Med. D ... in den Befundberichten vom 13. Juli 2015 und 12. Dezember 2016 überein, der ausführte, dass die ambulanten Maßnahmen, welche im Heim korrekt und fachgerecht umgesetzt werden, ausreichend sind, wenn sich der Kläger in einem psychisch relativ stabilen Zustand befindet, und, dass in regelmäßigen Abständen bei Notwendigkeit eine stationäre Therapieoptimierung, vorallem des Hautbefundes, stattfindet. Hausärztliche und fachpsychiatrische Konsultationen finden direkt im Heim sowohl durch Dipl.-Med. D ... als Hausarzt als auch durch Dr. F ... als behandelnde Psychiaterin statt. Akute Krankheitsschübe der atopischen Dermatitis wurden und werden sach- und fachgerecht in der Hautklinik im Krankenhaus G ... behandelt (September/Oktober 2009, Januar/Februar 2010, März 2010, Juli 2011, November/Dezember 2012, April 2013, Juli 2013, Oktober 2013, Dezember 2013/Januar 2014, Juli 2014, Oktober/November 2014 mit Medikamentenumstellung, August 2016). Betrachtet man die Frequenz der stationären Aufenthalte in der Hautklinik innerhalb der letzten drei Jahre, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass seit diesen letzten drei Jahren keine hautärztliche ambulante Behandlung mehr stattfand und vergleicht dies mit der Frequenz der stationären Aufenthalte unmittelbar nach dem stationären Heilverfahren in Y ... im Sommer des Jahres 2010, so lassen sich keine nachweisbaren signifikanten Unterschiede feststellen. Damit wird erneut deutlich, dass sich das Hautbild seit dem stationären Rehabilitationsverfahren in Y ... nicht generell gebessert hat; dagegen sprechen die wiederholten Hautklinikaufenthalte des Klägers in den Jahren 2013 und 2014.

Darüber hinaus steht fest, dass die begehrte dermatologische Kinderrehabilitation beim Kläger auch keinerlei positiven Einfluss auf die spätere Erwerbsfähigkeit haben wird, was jedoch – wie bereits aufgezeigt – ebenfalls zwingende Voraussetzung für die Bewilligung der begehrten Leistung ist. Anspruchsberechtigt sind nämlich nur die Kinder, bei denen durch Leistungen zur Kinderrehabilitation nicht nur ihre Gesundheit, sondern darüber hinaus auch ihre spätere Erwerbsfähigkeit positiv beeinflusst werden kann; diese muss auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgerichtet sein (vgl. dazu: BT-Drucks. 18/9787, S. 34). Eine stationäre dermatologische Heilbehandlung wird jedoch unter keinen Umständen zur einer (Wieder-) Eingliederung des Klägers in das Berufsleben auf dem allgemeinen (ersten) Arbeitsmarkt führen. Dem steht die frühkindliche Hirnstörung des Klägers mit fehlender sozialer Kompetenz und mit ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten entgegen. Auch dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten von Dr. I ... vom 25. März 2017, sondern auch aus sämtlichen Befundberichten der behandelnden Ärzte. So führte Dr. F ... in ihren Befundberichten vom 9. Juni 2015 und 8. November 2016 aus, dass der Kläger sehr schwer behindert ist, ständig externe Steuerung benötigt, ausgeprägte Beziehungsstörungen aufweist, Anpassungsstörungen hat und ohne fremde Hilfe nicht lebensfähig ist. Die schon immer vorhandenen sehr schweren Beeinträchtigungen lassen eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht erwarten. Dipl.-Med. D ... führte, dem korrespondierend, in seinen Befundberichten vom 13. Juli 2015 und 12. Dezember 2016 ebenfalls aus, dass beim Kläger eine erhebliche Intelligenzminderung mit massiver Verhaltensstörung aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens vorliegt, sich daraus eine Zwangsstörung entwickelt hat, deren Ursache in einer nachgewiesenen Schizophrenie liegt und dass bei den schon immer vorliegenden schweren geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen keine Besserung des Gesamtzustandes zu erwarten ist. Die im Vordergrund stehende erhebliche geistige Behinderung macht es dem Kläger unmöglich am öffentlichen Leben geregelt teilzunehmen. Soweit hiergegen von den Kläger-Prozessbevollmächtigten inzident bereits eingewandt worden ist, die Beklagte habe dem Kläger bereits in der Vergangenheit eine Kinderrehabilitationsleistung gewährt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bewilligung nach den vorstehenden Erörterungen rechtswidrig war, weil ein positiver Einfluss auf die (spätere) Erwerbsfähigkeit des Klägers zu keinem Zeitpunkt im Raum stand. Aus der vorangegangenen rechtswidrigen Bewilligung folgt kein Anspruch des Klägers auf Wiederholung einer solchen rechtswidrigen Bewilligung. Denn das geltende Recht kennt keinen Grundsatz auf Gleichbehandlung im Unrecht, weil dies der Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) zuwiderlaufen würde.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Bewilligung von Leistungen der Kinderrehabilitation zum jetzigen Zeitpunkt auch deshalb nicht (mehr) in Betracht kommt, weil der inzwischen 30jährige Kläger kein Kind mehr ist und das 27. Lebensjahr, als Maximalgrenze um als Kind im Sinne der Kinderrehabilitation zu gelten (§ 3 Abs. 3 der Kinderrehabilitationsrichtlinien), längst überschritten hat. Da es sich vorliegend um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage handelt, ist das aktuelle Lebensalter des Klägers auch relevant bei der Beurteilung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen. Würde dennoch auf den Antragszeitpunkt (21. Juni 2013) abgestellt, zu dem der Kläger noch 26jährig war, wäre zu beachten, dass es sich dann um eine wiederholte Kinderrehabilitationsbeantragung innerhalb der vierjährigen Frist nach Durchführung der letzten Kinderrehabilitation im Juli/August 2010 (in Y ...) gehandelt hätte. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 der, auf § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VI beruhenden, Kinderrehabilitationsrichtlinien werden weitere Kinderrehabilitationen nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung einer solchen oder ähnlichen Leistung zur Rehabilitation erbracht. Dies gilt nach § 4 Abs. 4 Satz 2 der Kinderrehabilitationsrichtlinien nur dann nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Dringende gesundheitliche Erfordernisse, die eine vorzeitige dermatologische Kinderrehabilitation erforderlich machten, lagen allerdings zu keinem Zeitpunkt vor.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme als Leistung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt des zuerst angegangenen Leistungsträgers (§ 14 SGB IX), der vorliegend – entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Chemnitz im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 24. September 2015 – mit zu prüfen ist, wie sich bereits aus § 40 Abs. 4 SGB V schlussfolgern lässt (vgl. dazu: Jüttner in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, § 31, RdNr. 44 [Stand: Februar 2016]; Luik in: JURIS-Praxiskommentar zum SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14, RdNr. 45). Nach § 40 Abs. 2 SGB V gewähren zwar auch die Krankenversicherungsträger entsprechende stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, diese sind jedoch nachrangig gegenüber Leistungen der medizinischen Rehabilitation in ambulanten Rehabilitationseinrichtungen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Einleitungssatz SGB V), die ihrerseits wiederum nachrangig gegenüber Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung sind (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Einleitungssatz SGB V).

Zur Behandlung der atopischen Dermatitis stehen hinreichende Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung in Form von gezielter hautärztlicher Behandlung, die vom Kläger seit März 2014 nicht mehr in Anspruch genommen wird, zur Verfügung, die bislang vom Kläger auch noch nicht ausgeschöpft worden sind, sodass ambulante oder stationäre Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen nicht in Betracht kommen. Insbesondere liegen die abstrakten Voraussetzungen, nämlich die Notwendigkeit eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, für die Gewährung einer ärztlichen Behandlung als vorrangige Maßnahme vor (§§ 27 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 28 Abs. 1 SGB V).

Maßnahmen der ambulanten Krankenbehandlung erbringt allein die Krankenkasse. Diese Maßnahmen sind vom streitgegenständlichen Begehren (stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme) nicht umfasst und können daher im anhängigen Verfahren weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen verpflichtend beansprucht werden.

3. Eine umfassende und aktuelle Begutachtung liegt damit vor und liefert keinen einzigen plausiblen Anhalt für die Gewährung einer stationären dermatologischen Kinderrehabilitation. Die im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 22. Dezember 2015 vom Kläger ausdrücklich erbetene Überprüfung durch das Sächsische Landessozialgericht wurde umfassend und unter Berücksichtigung sämtlicher medizinischer Befunde vorgenommen. Eine Befragung der Pflegekräfte (Frau X ... und Frau W ...) in der betreuten Wohnstätte des Klägers "zu den Voraussetzungen der Kinderrehabilitation" (so der Antrag der Kläger-Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 31. August 2015) ist nicht erforderlich, weil die Pflegekräfte weder die juristischen noch die sozialmedizinischen "Voraussetzungen für eine Kinderrehabilitation" zu beurteilen geeignet sind. Rechtsfragen hat das Gericht zu beantworten; was es getan hat. Medizinische Fragen wurden von Ärzten und einer Gutachterin beantwortet. Soweit die Kläger-Prozessbevollmächtigten außerdem monierten, sie hätten einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht zugestimmt, ist dies unbeachtlich, weil es einer Zustimmung der Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht bedarf; erforderlich ist lediglich die vorherige Anhörung (§ 105 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Anhörung ist durch das Sozialgericht (gerichtliches Schreiben vom 4. August 2015) in der erforderlichen und zutreffenden Form sowie Art und Weise vorgenommen worden. Die von den Kläger-Prozessbevollmächtigten im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 22. Dezember 2015 gerügten "Verfahrensfehler" liegen nicht vor, zumal das Sozialgericht im Gerichtsbescheid auch über die Beweisanregung befunden hat; die gegenteilige Behauptung der Kläger-Prozessbevollmächtigten ist schlicht unzutreffend.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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