Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 6490/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4844/13 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts F. vom 14. Dezember 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme bisher vom Kläger nicht gezahlter Kosten für eine systemische Bewegungstherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab dem 1. Januar 2008 streitig.
Der 1996 geborene Kläger, der im Landkreis E. wohnt, leidet seit seiner Geburt am Lowe-Syndrom, einer unheilbaren schweren Stoffwechselerkrankung. Bei ihm besteht eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung, eine geistige Behinderung, ein hirnorganisches Anfallsleiden, eine Niereninsuffizienz, eine allgemeine Muskelhypertonie, eine Sprachentwicklungsstörung sowie ein Zustand nach Linsenentfernung beider Augen bei Katarakt beidseits.
Vom Jahr 2000 bis zum 31. Juli 2004 hatte der Beklagte die Kosten von zuletzt 43,35 EUR wöchentlich für eine systemische Bewegungstherapie, durchgeführt von der Beigeladenen, übernommen. Nachdem der Kläger zuvor den Waldorfkindergarten besucht und für seinen Integrationsbedarf vom Beklagten Eingliederungshilfe erhalten hatte, wurde er zum Schuljahr 2004/2005 in der Freien Waldorfschule E. (jetzt: Integrative Waldorfschule E.) eingeschult. Seit dem Jahr 2009 ist die Schule als Ersatzschule mit integrativer Beschulung von bis zu vier sonderschulpflichtigen Kindern pro Klasse anerkannt. Das Staatliche Schulamt F. stimmte der Erfüllung der Schulbesuchspflicht in dieser Schule zu und stellte mit Bescheid vom 8. Juli 2004 die Schulbesuchspflicht im Sinne der Schule für Geistigbehinderte fest. Das dafür anfallende Schulgeld übernahm der Beklagte. Die Integrative Waldorfschule E. beschulte den Kläger zunächst im Rahmen des befristeten Schulversuchs "integratives Schulentwicklungsprojekt zur gemeinsamen schulischen Förderung von Schülern mit geistiger Behinderung und nicht behinderten Schülern". Der Unterricht erfolgte gemeinsam durch eine Lehrkraft und eine Heilpädagogin mit Unterstützung durch einen Integrationshelfer/eine Integrationshelferin.
Im April 2012 wechselte der Kläger von der Integrativen Waldorfschule E. in die E.-S.Schule E. in eine Hauptstufenklasse mit zwei Jungen und drei Mädchen. Mit Bescheid vom 1. August 2015 stellte das Staatliche Schulamt F. fest, dass der Kläger zukünftig seine Schulpflicht in der Schule für Sehbehinderte St. M. in W. erfüllen solle und die Schulpflicht zum Schuljahr 2015/2016 ende. Seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 ist der Kläger Schüler der Berufsschule im Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) W. (Staatliche Schule für Sehbehinderte W. Heim-Sonderschule St. M.) und wird nach dem Bildungsplan der Schule für Geistig- und Sehbehinderte unterrichtet. Mit Schreiben vom 29. Juni 2016 stimmte das Staatliche Schulamt F. einer Verlängerung des Schulbesuchs bis zum Ende des Schuljahres 2016/2017 zu.
Mit Schreiben an die Beklagte vom 27. September 2004 (Bl. 255) hatte die Mutter und jetzige Betreuerin des Klägers die weitere Kostenübernahme der von der Beigeladenen durchzuführenden systemischen Bewegungstherapie beantragt und ausgeführt, das Ziel der Behandlung des Klägers liege in der Unterstützung der schulischen Integration, insbesondere beim Auseinandersetzen mit räumlichen Zusammenhängen, der Bildung von Mengen- und Raumbegriffen und der Förderung der feinmotorischen Kompetenz. Die Beigeladene beobachte den Kläger ganz anders hinsichtlich seiner Lernstrategien und berate die Familie, damit sie ihm eine angemessene Unterstützung für sein schulisches Lernen im außerschulischen Bereich, d.h. zunächst vor allem zu Hause, geben könne. Nachdem die Eltern des Klägers zu ihren Einkommen- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht hatten, versagte der Beklagte die beantragte Kostenübernahme für die systemische Bewegungstherapie wegen fehlender Mitwirkung (bestandskräftiger Bescheid vom 15. November 2004; Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2005) und führte aus, bei der systemischen Bewegungstherapie handle es sich um eine (bedürftigkeitsabhängige) Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Am 12. April 2007 beantragte der Kläger bei dem Beklagten erneut die Übernahme der Kosten für die systemische Bewegungstherapie durch die Beigeladene. Die Mutter des Klägers trug vor, in den ersten drei Schuljahren sei keine Therapie durchgeführt worden, da der Kläger seit Schulbeginn wieder vermehrt unter epileptischen Anfällen leide, die vor allem bei Überforderung bzw. Überlastung aufträten; insoweit habe sich sein Zustand nunmehr stabilisiert. Der Beklagte zog den Entwicklungsbericht und Förderplan der Integrativen Waldorfschule E. vom 21. Februar 2007 sowie die Zeugnisse der letzten zwei Jahre bei. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2007 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme ab, weil der Kläger in den Schulunterricht gut integriert sei und insofern keiner weiteren Therapie mehr bedürfe, um erfolgreich die Schule besuchen zu können. Die systemische Bewegungstherapie könne vielleicht zur erfolgreichen Unterstützung zum Besuch der Regelschule ihre Berechtigung finden, da der Kläger aber die Integrative Waldorfschule besuche, die den sonderpädagogischen Bedarf bereits abdecke, sei kein Raum mehr für zusätzliche Therapien.
Hiergegen erhob die Betreuerin des Klägers Widerspruch mit der Begründung, der Kläger leide neben der bestehenden Sehbehinderung nunmehr auch an einem Glaukom; dieses Augenleiden führe zu Verhaltensänderungen, die ihre Ursache hauptsächlich in der Sehänderung hätten. Heilpädagogen seien hierfür nicht geschult. Für und mit dem Kläger müssten Strategien entworfen werden, damit er dem Unterricht in entsprechender Form folgen und überhaupt am Unterricht teilnehmen könne. Die Therapie würde bedarfsorientiert außerhalb der Schulzeit erfolgen, allerdings seien sicherlich auch Beratungstätigkeiten innerhalb der Schule nötig. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2007 wies der Beklage den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Dezember 2007 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben. Das SG hat die Beigeladene, den behandelnden Kinderarzt des Klägers Dr. Z. und die an der Integrativen Waldorfschule E. seinerzeit tätige Dipl. Heilpädagogin/Physiotherapeutin M. schriftlich befragt. Die Beigeladene hat in der Stellungnahme vom 15. August 2008 u.a. ausgeführt, die systemische Bewegungstherapie habe als wichtigen konzeptuellen Bestandteil die Zusammenarbeit mit Eltern und Geschwisterkindern, um das Entwicklungsumfeld der Kinder so zu stärken, dass die Familie den Herausforderungen des Alltags begegnen könne. In der neuen Situation als alleinerziehende Mutter sei diese auf Unterstützung in der häuslichen Förderung ihres Sohnes angewiesen, um den komplexen Aufgaben, die durch eine integrative Beschulung für die Mutter entstünden, entsprechen zu können. Für den Kläger gehe es darum, sich in seiner komplexer werdenden Welt zurechtzufinden. Je einfacher die Bewältigung grundlegender Aufgaben gelinge - z.B. der Orientierung, des Erschließens neuer Handlungsräume, des Erarbeitens von Beobachtungsstrategien um herauszufinden, was genau andere Kinder oder Erwachsene tun usw. - und je mehr Kompetenzen er hierfür erwerben könne, desto mehr Freiräume habe er, sich spezifischen schulischen Lernprozessen zuzuwenden. Um für die Zusammenarbeit richtungsweisende Ziele zu erarbeiten seien unterschiedliche Arbeitsschritte erforderlich, u.a. die Beobachtung des Klägers im schulischen sowie im häuslichen Zusammenhang, Gespräche mit der Mutter und den Lehrerinnen, um herauszufinden, welche Themen und Lernbereiche dringend eine Veränderung erforderlich machten. Sie hat weiter ausgeführt, jede neue Situation unter Körperspannung wahrzunehmen mit der Gewissheit, dass sie einem viel Anstrengung abverlangen werde, sei nicht nur ein Ergebnis der Behinderung, sondern auch ein erlerntes Muster, eine Gewohnheit. An deren Veränderung zu arbeiten könne nicht im Aufgabenbereich von Schule liegen, erleichtere den erfolgreichen Schulbesuch aber ungemein.
Dr. Z. hat unter dem 6. Oktober 2008 ausgeführt, aufgrund der hochgradigen Sehbehinderung des Klägers seien alle alltäglichen Prozesse beeinträchtigt, störungsanfällig und zum Teil gefährlich. Es werde also eine möglichst normale Teilhabe am Leben gefördert. Durch die Sicherheit, die der Kläger durch seine regelmäßigen Übungsstunden erhalte, könne er Lerninhalte ohne visuelle Koppelung besser verarbeiten. Gerne werde auch eine Kontaktaufnahme des Lehrpersonals mit der systemischen Bewegungstherapeutin ermöglicht, damit die Lehrer besser mit Sehbehinderten umgehen könnten und ihren Lernstoff begreiflich machen könnten. Allerdings habe der Schulbesuch trotz der zuletzt nur sporadisch durchgeführten systemischen Bewegungstherapie bisher nicht wesentlich gelitten. Wegen der geistigen Behinderung sei die zuverlässige Automatisierung eingeschränkt und ein mittelfristiges Auffrischen neben der Vermittlung neuer Inhalte auch weiterhin nötig.
Dipl. Heilpädagogin M. hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2009 u.a. ausgeführt, die Hauptfrage sei derzeit, wie sich die soziale Entwicklung und die Entwicklung von Lernkompetenz für den Kläger im häuslichen Bereich gestalte. Dieser Bereich könne von der Schule aus aufgrund der komplexen Behinderung nicht im benötigten Rahmen betreut werden, würde aber einen hohen Wert an Rückkoppelung im Bereich Lernen und Sozialverhalten und damit der Integration im konkreten Schulalltag bieten. Ein bestimmter Therapieansatz werde nicht vorgeschlagen. Wünschenswert wäre natürlich auch eine Zusammenarbeit mit der Schule.
Die Mutter des Klägers hat mitgeteilt (Schreiben vom 15. Juni 2009), seit der Einschulung im September 2004 bis Ende 2007 habe keine therapeutische Arbeit stattgefunden, da der Kläger in dieser Zeit keine Kapazitäten für irgendwelche therapeutischen Maßnahmen gehabt habe, sondern voll und ganz mit der Bewältigung der Anforderungen der Schulsituation in Anspruch genommen gewesen sei. In dieser Zeit seien lediglich telefonische Beratungen nach Bedarf durch die Beigeladene erfolgt. Für weitergehende Probleme und Fragen hätten halbjährliche Treffen mit der Beigeladenen stattgefunden. Seit Anfang 2008 träfen sie sich im Durchschnitt zwei Stunden monatlich. Rechnungen seien bisher nicht erstellt worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. Dezember 2009 hat der Kläger sein Begehren auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 beschränkt. Die Mutter des Klägers hat angegeben, seit 2004 habe ihr die Beigeladene unregelmäßig - jedenfalls halbjährlich - in telefonischen Kontakten zur Seite gestanden. Seit Januar 2008 finde eine Therapie bei der Beigeladenen wieder statt. Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Kostenübernahme für die durch die Beigeladene durchgeführte "systemische Bewegungstherapie" - ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern - ab dem 1. Januar 2008 dem Grunde nach zu gewähren. Auf die Gründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 18. Februar 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15. März 2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, der Kläger werde zieldifferent nach dem Lehrplan für geistig Behinderte unterrichtet. Die sonderpädagogische Förderung erfolge durch Lehrkräfte mit entsprechender Befähigung und erfasse schulische sowie außerschulische Fähigkeiten. Nach Rdnr. 54.13/3 (jetzt: Rdnr. 54.13/5) der Sozialhilferichtlinien Baden-Württemberg (SHR) zum SGB XII komme Eingliederungshilfe in Schulen nur für Assistenzdienste in Betracht. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrages hingegen seien hierunter nicht zu subsumieren und fielen in den Verantwortungsbereich der Schule. Durch die Übernahme der Kosten für die Assistenzdienste erhalte der Kläger bereits die ihm zustehende Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe. Für zusätzliche Therapien im Rahmen der Eingliederung zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung sei daher kein Raum. Ferner weise selbst das Schulpersonal aktenkundig nicht auf solche behandlungsbedürftigen Defizite hin. Bestünde jedoch ein solcher Bedarf, so wären die Maßnahmen nicht etwa Assistenzdienste, sondern ebenfalls pädagogische Maßnahmen, die im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung durch die Schule abzudecken seien. Auch seien von der Beigeladenen bisher keinerlei individuelle Ziele mit einem konkreten Förderplan für den Kläger, auch in Kooperation mit der Integrativen Waldorfschule, benannt worden. Es sei weder ersichtlich, welche Übungen mit welchen Zielsetzungen und Inhalten erarbeitet, noch welche konkreten Strategien mit der durchgeführten systemischen Bewegungstherapie für eine angemessene Schulbildung entwickelt worden seien. Die Schule beschreibe im Entwicklungsbericht bzw. Förderplan vom 6. März 2010 - ebenso wie in den bisherigen Entwicklungsberichten und Förderplänen - keinen Förderbedarf, der durch die Schule nicht gedeckt werde. Es sei Aufgabe der Schule, für geistig behinderte Schüler einen strukturierten Tagesablauf mit einem klaren Rhythmus zu organisieren, damit die schulische Förderung ohne Irritationen für den behinderten Schüler erfolgen könne.
Die Beigeladene hat im Schreiben vom 17. Januar 2011 ausgeführt, von Januar bis August 2008 hätten Konsultationen mit der Mutter des Klägers stattgefunden. Ab September 2008 sei vierzehntägig eine zweistündige systemische Bewegungstherapie durchgeführt worden. Die gewünschte und erforderliche Kooperation mit der Schule habe aus Kostengründen nicht direkt, sondern nur vermittelt durch die Mutter des Klägers erfolgen können, die "Themen der Schule" seien von dieser eingebracht worden. Seit 2011 erfolge die Erweiterung der systemischen Bewegungstherapie auf zwei Stunden wöchentlich. Mit diesem Schritt werde auch eine direkte Zusammenarbeit der Beigeladenen mit den Lehrern und Lehrerinnen der Integrativen Waldorfschule E. erfolgen.
In der Stellungnahme vom 21. Juli 2011 hat die Waldorflehrerin/Heilpädagogin Frau B. (Nachfolgerin von Dipl. Heilpädagogin M. seit September 2010) ausgeführt, der Kläger benötige neben dem schulischen Angebot zusätzliche qualifizierte Hilfe, um den immer komplexer werdenden Situationen innerhalb und außerhalb der Schule begegnen zu können. Der für den Kläger so wertvolle integrative Aspekt der Schule stelle für ihn andererseits auch eine Herausforderung in Bezug auf sein Raumerfassen oder das Erfassen der Personen und der von ihnen verursachten Geräusche dar. Hier wäre eine Therapie, die ihm eine Sehförderung bieten würde, wünschenswert. Sie habe sich über die Therapiemöglichkeiten der Beigeladenen informiert und diese persönlich kennengelernt. Dabei habe sie erlebt, wie vertraut diese mit dem Kläger umgehe. Aus den anschließenden Gesprächen habe sie den Eindruck gewonnen, dass diese die Hilfen geben könnte, die der Kläger so nötig für seinen Schulalltag brauche, seien es Strategien zur Orientierung, Augen-Hand-Koordination oder lebenspraktische Tätigkeiten.
Vorgelegt worden ist weiter der Entwicklungsbericht und Förderplan 2011 vom 28. Juni 2011. Eine Förderung durch die systemische Bewegungstherapie ist darin nicht erwähnt. Hierzu hat der Beklagte in der Stellungnahme vom 22. August 2011 ausgeführt, ein ergänzender Förderbedarf, der von der Schule nicht abgedeckt werden könne, sei nicht ersichtlich. Dies bestätige der Entwicklungsbericht und Förderplan 2011. Die Schule habe auch seit der Einschulung des Klägers keinen zusätzlichen Bedarf beschrieben oder geltend gemacht. Zusätzliche Maßnahmen und Therapien dürften nicht nur allgemein förderlich sein, sondern müssten dem behinderten Schüler tatsächlich beim Schulbesuch helfen. Von Seiten der Schule werde nicht erläutert, wie und in welcher Form sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft die systemische Bewegungstherapie in den Förderplan der Schule mit einbezogen gewesen sei, um dem Kläger den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zumindest zu erleichtern. Nach Aussage von Frau B. sei davon auszugehen, dass in der Vergangenheit keine Kooperation zwischen der Schule und der Therapeutin erfolgt sei. Grundvoraussetzung für eine Leistung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sei jedoch, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt sei, damit diese dem Kläger nicht nur allgemein förderlich sei, sondern ihm tatsächlich beim Schulbesuch helfe. Gerade an dieser Abstimmung fehle es im Falle des Klägers.
In der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2012 hat die Mutter des Klägers angegeben, seit dem Jahr 2011 sei eine systemische Bewegungstherapie nicht mehr erfolgt, es hätten nur noch therapeutische Beratungsgespräche zwischen ihr und der Beigeladenen stattgefunden.
Mit Urteil vom 23. Februar 2012 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts F. vom 14. Dezember 2009 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene durchgeführte systemische Bewegungstherapie ab dem 1. Januar 2008 in tatsächlich entstandener Höhe sowie ab dem 23. Februar 2012 im Umfang von bis zu zwei Stunden wöchentlich, jeweils ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern, zu gewähren.
Auf die Revision des Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. SG und LSG hätten zu Unrecht nur ein Grundurteil erlassen. Das LSG habe zudem weder den konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie festgestellt noch dazu Ausführungen gemacht, wie sich die Therapie im Einzelnen auf dessen Lernfähigkeit auswirke. Dem Kläger könne allerdings nicht entgegengehalten werden, er besuche eine seiner Behinderung nicht angemessene Schule und dieser Bildungsgang vermittle keine angemessene Schulbildung. Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung sei, beurteile sich nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger sei folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw. über eine bestimmte Schulart gebunden.
Mit Beschluss vom 4. August 2014 hat der Senat die Therapeutin S. zum Verfahren beigeladen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die systemische Bewegungstherapie sei nicht geeignet (gewesen), die Aufnahme von bestimmten schulischen Lerninhalten durch den Kläger zu fördern oder zu erleichtern. Die Beigeladene habe den konkreten Inhalt der Therapie bezogen auf den Kläger weder beschreiben noch nachvollziehbar erklären können, wie sich die Therapie auf die Lernfähigkeit des Klägers auswirke. Es lägen weder Entwicklungsberichte mit konkreten Zielsetzungen über die durchgeführte Therapie noch Berichte der Schule, dass sich die Therapie positiv auf die Lernfähigkeit des Klägers ausgewirkt habe, vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2009 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger die für die vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 durch die Beigeladene durchgeführten 96 Behandlungseinheiten der systemischen Bewegungstherapie entstandenen Kosten in Höhe von 4.739,50 EUR ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern zu erstatten sowie den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zuzusichern, einer künftigen Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen in Höhe von 50,25 EUR je Behandlungseinheit wegen der Durchführung einer systemischen Bewegungstherapie im Umfang von wöchentlich zwei Behandlungseinheiten bis zum Ende des Schulbesuchs des Klägers ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern beizutreten.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie hat mit Schreiben vom 15. September 2014 mitgeteilt, die Therapie sei seit 2011 nicht fortgesetzt worden. Ihre Kostenforderung belaufe sich für 2008 für 26 Behandlungseinheiten à 47,00 EUR auf 1.222,00 EUR, für 2009 für 24 Behandlungseinheiten à 50,25 EUR auf 1.206,00 EUR und für 2010 für 46 Behandlungseinheiten à 50,25 EUR auf 2.311,50 EUR. Bisher seien keine Kosten beglichen worden. Langfristige Ziele der Zusammenarbeit seien gewesen, dass der Kläger Erfahrungen sammeln, Kompetenzen erwerben und Strategien entwickeln sollte, die ihm helfen sollten, die Angst und den Stress beim Lernen immer wieder zu vermindern und neue, wenn möglich auch flexiblere und für das Bewältigen der aktuellen vor allem auch sozialen Herausforderungen passendere Handlungsroutinen zu entwickeln. Es sei mehr um die Entwicklung allgemeiner förderlicher Lernvoraussetzungen, die Weiterentwicklung emotionaler, psychischer, sozialer und wahrnehmungsspezifischer Erlebnisweisen und Strategien in Bezug auf neue Lernanlässe gegangen und weniger um das Erreichen bestimmter sachbezogener Ziele. Die Frage, worin die Unterschiede zu der im konkreten Fall des Klägers von der Schule im Rahmen der integrativen Beschulung erbrachten Unterstützung und Hilfeleistung bestehe, könne nur unzureichend beantwortet werden, da sie hierzu die ganz konkreten Unterstützungs- und Hilfeleistungen der Schule kennen müsste. Im Unterschied zur schulischen Förderung habe sich ihre Arbeit jedoch primär auf das Ziel bezogen, den Stress, die Angst und die Anstrengung des Klägers in Verbindung mit Lernen allgemein und mit z.T. schulischen Lerninhalten zu reduzieren, den Kläger in der Weiterentwicklung seiner emotionalen, psychischen, sozialen und wahrnehmungsspezifischen Lernvoraussetzungen zu unterstützen; hierbei sei es vor allem auch um soziale Probleme gegangen, zudem habe ihre Arbeit die besondere Wahrnehmungssituation (Sehschädigung) des Klägers mit einbezogen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat die Berichte (Zeugnisse) der E.-S.Schule vom 20. Juli 2012 (Schuljahr 2011/2012, Schulbesuch ab 23. April 2012), 19. Juli 2013 (Schuljahr 2012/2013) und 25. Juli 2014 (Schuljahr 2013/2014), den Schulbericht der SBBZ St. M. W. vom 30. November 2015 sowie die Arztbriefe des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum F. vom 30. September 2014 und 4. November 2015 vorgelegt. Weiter vorgelegt wurde der Bericht (Zeugnis) des SBBZ St. M. W. vom 26. Juli 2016 über das Schuljahr 2015/2016. Auf diese wird Bezug genommen.
Am 9. März 2017 ist ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt worden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten des SG, des Senats und des BSG Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist auch begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit § 9 baden-württembergisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII (AG SGB XII) vom 1. Juli 2004 - Gesetzblatt 534), inhaltlich begrenzt auf die vom Vermögenseinsatz gänzlich und vom Einkommenseinsatz bis auf die Aufbringung der Kosten des Lebensunterhalts freigestellte (Eingliederungs-) Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2013, a.a.O. - juris Rdnr. 9).
Da bisher noch keine Bezahlung der beigeladenen Therapeutin erfolgt ist, steht nicht ein Anspruch auf Kostenerstattung im Streit, sondern ein Anspruch auf Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung). Allerdings kommt ein Schuldbeitritt für in der Vergangenheit liegende Zeiten nur in Betracht, soweit tatsächlich Leistungen der systemischen Bewegungstherapie erbracht und bisher nicht bezahlt worden sind. Ausweislich des Schreibens der Beigeladenen vom 17. Januar 2011 fand eine systemische Bewegungstherapie mit dem Kläger im streitigen Zeitraum erst ab September 2008 in einem Umfang von acht Stunden im Jahr 2008 statt. Die im Schreiben der Beigeladenen vom 15. September 2014 aufgeführten 26 Behandlungseinheiten im Jahr 2008 haben darüber hinaus auch Beratungsgespräche mit der Mutter umfasst, die von Januar bis August 2008 stattgefunden haben. Diese stellen keine systemische Bewegungstherapie dar und sind deshalb von vornherein nicht zu übernehmen. Seit Januar 2011 ist keine systemische Bewegungstherapie mehr durchgeführt worden, sodass es seitdem an einer Schuld fehlt, welcher der Beigeladene beitreten könnte. Bezüglich zukünftiger Zeiträume ist die Klage gerichtet auf die Zusicherung, einer künftigen Schuld des Klägers beizutreten (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 8 SO 23/13 R - juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 - B 8 SO 18/14 R - juris Rdnr. 12; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 15 f.). Der Berufungsantrag war entsprechend auszulegen (§ 123 SGG).
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme durch den zuständigen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 AG-SGB XII) Beklagten bilden § 19 Abs. 3 (in den Fassungen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demographische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20. April 2007 - BGBl. I S. 554 - und des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 - BGBl. I S. 453) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Satz 1 (in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 - BGBl. I S. 3022), § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 und des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30. Juli 2009 - BGBl. I S. 2495) und § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO - (in der Fassung, die diese durch das Gesetz vom 27. Dezember 2003 erhalten hat) in Verbindung mit § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII (in den Fassungen der Gesetze vom 27. Dezember 2003 und vom 24. März 2011).
Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teil zu haben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger durch seine Erkrankung am Lowe-Syndrom in seiner körperlichen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 1 Nr. 4 Eingliederungshilfe-VO), vor allem aber in seiner geistigen Funktion wesentlich beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben dabei unberührt. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne dieser Vorschrift umfasst nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zu Gunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Eine allgemein gültige Definition dessen, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist, findet sich weder im SGB XII noch im SGB IX; auch in § 12 Eingliederungshilfe-VO sind nur beispielhaft Maßnahmen benannt, die Gegenstand der möglichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung sein können. Gleiches gilt für Art. 24 Abs. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK), Gesetz vom 21. Dezember 2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26. März 2009 - BGBl II 812), das als ranggleiches Bundesrecht im Rahmen der Auslegung zu beachten und anzuwenden ist (vgl. hierzu BSGE 110, 194 ff. Rdnr. 19 = SozR 4-1100 Art. 3 Nr. 69). Art. 24 Abs. 2 UNBRK setzt ebenfalls ein "allgemeines Bildungssystem" voraus, zu dem Menschen mit Behinderung gleichberechtigter Zugang zu ermöglichen und die notwendige Unterstützung zu leisten ist; die UNBRK schreibt selbst aber keine Anforderungen an ein "allgemeines Bildungssystem" fest (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 23). Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung ist, beurteilt sich deshalb, wie der Verweis in § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB XII deutlich macht, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger ist folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer bestimmten Schule bzw. über eine bestimmte Schulart gebunden (BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rdnr. 21).
Wie bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Verbindung mit § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zu Grunde (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - juris Rdnr. 22). Grundsätzlich kommen alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSG, Urteil vom 25. Juni 2008 - B 11b AS 19/07 R - juris Rdnr. 25), soweit es sich nicht um solche handelt, die dem Kernbereich der eigentlichen Schulbildung zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R - juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 24). Maßgeblich ist danach, ob primär die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, somit der Unterricht selbst, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll, seine Inhalte, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung wie auch die Bewertung der Schülerleistungen den Lehrkräften vorbehalten bleibt. Der Kernbereich ist dann nicht betroffen, wenn die beantragte Leistung die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrkraft absichern und mit die Rahmenbedingungen dafür schaffen soll, dem betroffenen Kind/Jugendlichen erst den erfolgreichen Besuch der Schule zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 25). Zu diesem Kernbereich gehört die lediglich unterstützende Tätigkeit der beigeladenen Therapeutin außerhalb des Schulbetriebs nicht (BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rdnr. 18).
Eine unterstützende Tätigkeit liegt z.B. vor, wenn sich die Hilfe auf die Umsetzung der Arbeitsaufträge der Lehrer beschränkt, z.B. dadurch, dass die Schulbegleitung durch Organisation des Arbeitsplatzes und Strukturierung der Arbeit, durch direkte Einflussnahme auf das Verhalten des betroffenen Kindes, durch Einzelgespräche in oder nach kritischen Situationen und durch Gestaltung der Pausen dafür sorgt, dass das betroffene Kind dem Unterricht nach den von den Lehrkräften vorgegebenen Inhalten folgen, die Arbeitsaufträge der Lehrkräfte ausführen und sich in den Schulbetrieb und in das fachliche Leben zusammen mit seinen Schul- und Klassenkameraden integrieren kann, auch Hilfestellungen beim Erfassen und Umsetzen der Lernaufträge, motorische Unterstützung beim Experimentieren oder im Sportunterricht, stützende Anwesenheit beim Kontakt zu oder der Zusammenarbeit mit Mitschülern oder organisatorische Hilfen beim Raum- und Fachwechsel (vgl. Verwaltungsgericht (VG) Würzburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 - W 3 E 16.459 - juris Rdnr. 50).
Für die Qualifizierung einer Leistung als Hilfe zur angemessenen Schulbildung i.S.d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ist nicht unbedingt notwendig, dass sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den schulischen Pflichtveranstaltungen steht. Maßgeblich ist vielmehr in erster Linie, ob die Hilfe den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht erleichtert (vgl. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO). Danach kann z.B. ausnahmsweise auch die notwendige Betreuung während einer von der Schule angebotenen und für die Schüler freiwilligen Nachmittags-Arbeitsgemeinschaft eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung darstellen, wenn diese Veranstaltung in einem - gemessen an dem Hilfezweck - hinreichenden zeitlichen, örtlichen und personellen Zusammenhang mit dem Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht steht. Ein solcher Zusammenhang kann etwa darin liegen, dass den Schülern in einer solchen freiwilligen Veranstaltung Lerninhalte vermittelt werden sollen, die die Teilnahme am regulären Schulunterricht erleichtern, indem sie auf diesen aufbauen oder diesen ergänzen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10. April 2014 – L 8 SO 506/13 B ER – juris Rdnr. 25). Ein solcher Zusammenhang war vorliegend nicht gegeben.
Die beantragte Leistung war zunächst nicht erforderlich, damit der Kläger das pädagogische Angebot der Schule überhaupt wahrnehmen konnte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 – B 8 SO 8/15 R – juris Rdnr. 25). Denn der Schulbesuch war dem Kläger auch ohne Durchführung der systemischen Bewegungstherapie möglich. Ein Anspruch käme danach allein in Betracht, wenn die Therapie erforderlich oder geeignet gewesen wäre, um den Schulbesuch zu erleichtern. Die beantragte systemische Bewegungstherapie ist zwar grundsätzlich geeignet, den Schulbesuch des Klägers zu erleichtern. Allein die abstrakte Geeignetheit einer Therapie ist jedoch noch nicht ausreichend, um sie als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung zu qualifizieren. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus ein Bezug der konkret durchgeführten Therapie zum schulischen Unterricht und eine inhaltliche Anknüpfung an diesen. Ausgangspunkt ist hierbei, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt ist und zu einer noch zu erreichenden gewissen Schulbildung führt. Eine Qualifizierung als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung käme danach nur in Betracht, wenn die Hilfe einen Bezug zu den in der jeweiligen Schule maßgeblichen Lernzielen und dem konkreten Lernen dort aufweisen würde. Dies setzt in der Regel einen Kontakt und Koordination zwischen den schulischen Lehrkräften und der Therapeutin voraus (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2013 – L 7 SO 2915/12 ZVW – juris Rdnr. 43 f.). Ein solcher hat hier nicht vorgelegen. Eine allein durch die Mutter des Klägers vermittelte Kommunikation zwischen den schulischen Lehrkräften und der Therapeutin ist insoweit nicht ausreichend.
Hinsichtlich des konkreten Inhalts der mit dem Kläger durchgeführten Therapie liegen Berichte der Beigeladenen über die von ihr durchgeführte Therapie, anders als für die Zeit vor Schuleintritt des Klägers, nicht vor. Ihrem Schreiben vom 15. September 2014 kann entnommen werden, dass die Therapie im Aufsuchen von unterschiedlichen sozialen Handlungsplätzen und Gebäuden (Bibliothek, Bahnhof, Bus, Turnhalle etc.) bestand, um dort zu beobachten, zu erhandeln, etwas von dem zu verstehen, was dort vor sich geht und sich in neuen situativen Kontexten unter Berücksichtigung der Bedingungen der Sehschädigung zurecht zu finden. Der Kläger sollte lernen, Wege alleine zu gehen, Fahrrad fahren zu lernen, allein zum Bäcker zu gehen, schreiben und malen zu wollen, darüber hinaus sollten Handlungsroutinen aufgebrochen werden.
Im Vordergrund der von der Beigeladenen durchgeführten Therapie stand damit eine Verbesserung der lebenspraktischen Fähigkeiten des Klägers, die ihrer Zielsetzung nach der Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen ist. So hat schon Dr. Z. in der Stellungnahme vom 25. August 2004 hinsichtlich der Ziele von Maßnahmen der Eingliederungshilfe ausgeführt, die hochgradige Sehbehinderung des Klägers mache eine spezifische Entwicklungsförderung im alltäglichen Lebensumfeld durch speziell geschulte Sehgeschädigten-Pädagogen notwendig. Dipl. Heilpädagogin M. hat in der Stellungnahme vom 22. Februar 2009 angegeben, die Hauptfrage sei derzeit, wie sich die soziale Entwicklung des Klägers und die Entwicklung von Lernkompetenz im häuslichen Bereich gestalte. Dies sei ein Bereich, den die Schule im benötigten Rahmen nicht betreuen könne, der aber einen hohen Wert an Rückkopplung im Bereich des Lern- und Sozialverhaltens und damit der Integration des Klägers im konkreten Schulalltag bieten würde. Für einen Schwerpunkt der Therapie im Bereich der Verbesserung der lebenspraktischen Fähigkeiten sprechen auch die Angaben der Beigeladenen im Schreiben vom 15. August 2008, die systemische Bewegungstherapie habe als wichtigen konzeptuellen Bestandteil die Zusammenarbeit mit Eltern und Geschwisterkindern, um das Entwicklungsumfeld der Kinder so zu stärken, dass die Familie den Herausforderungen des Alltags begegnen könne. Die Therapie sei erforderlich, weil die Mutter des Klägers in der neuen Situation als alleinerziehende Mutter auf diese Unterstützung in der häuslichen Förderung ihres Sohnes angewiesen sei, um den komplexen Aufgaben, die durch eine integrative Beschulung entständen, entsprechen zu können. Soweit sie weiter ausgeführt hat, der Bezug der Therapie zu einer angemessenen Schulbildung liege darin, dass sich der Kläger in seiner komplexer werdenden Welt zurechtfinde, lässt sich dem nicht entnehmen, inwieweit dadurch eine Verbesserung schulischer Fertigkeiten des Klägers erzielt werden sollte.
Zielsetzung der Therapie sollte nach den Angaben der Therapeutin zwar auch eine Verbesserung der schulischen Fähigkeiten des Klägers durch den Abbau von Stress bei neuen Lern-Herausforderungen sowie der Erwerb von Kompetenzen und Entwicklung von Strategien, um Angst und Stress beim Lernen zu vermindern, sein. Allerdings ist insoweit zunächst zu berücksichtigen, dass weder ein Kontakt der Beigeladenen mit den jeweiligen schulischen Lehrkräften bestand noch dass die systemische Bewegungstherapie am Lehr- und Förderplan der Schule orientiert war. So hat die Beigeladene gegenüber dem SG angegeben (Bl. 41 der SG-Akten), um für die Zusammenarbeit richtungsweisende Ziele zu erarbeiten, sei es erforderlich, den Kläger u.a. im schulischen Zusammenhang zu beobachten, um herauszufinden, welche Probleme er in diesem Lernbereich habe, sowie in Gesprächen mit den Lehrern diejenigen Themen und Lernbereiche herauszufinden, die dringend eine Veränderung erforderlich machten. Entsprechende Gespräche mit den Lehrern geschweige denn Unterrichtsbesuche haben jedoch - über einmalige Kontakte hinaus - nicht stattgefunden. Es ist schon nicht erkennbar, dass insoweit hinsichtlich der genannten Behinderungsfolgen und möglichen Therapien eine Zusammenarbeit oder Absprache zwischen den Lehrkräften des Klägers und der Beigeladenen stattgefunden hat. Dipl. Heilpädagogin M. hat insoweit ausgeführt, gerne werde auch eine Kontaktaufnahme des Lehrpersonals mit der systemischen Bewegungstherapeutin ermöglicht, damit die Lehrer besser mit Sehbehinderten umgehen und ihren Lernstoff begreiflich machen könnten. Wünschenswert wäre eine Zusammenarbeit mit der Schule (Schreiben vom 22. Februar 2009). Diese Aussage kann nur so verstanden werden, dass bis dahin eine Kontaktaufnahme nicht erfolgt war. Dass auch in der Folgezeit keine Zusammenarbeit erfolgt ist, entnimmt der Senat der Mitteilung der Beigeladenen im Schreiben vom 17. Januar 2011, im Jahr 2011 sei eine Erweiterung der systemischen Bewegungstherapie geplant, mit diesem Schritt werde auch eine direkte Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Integrativen Waldorfschule E. erfolgen. Zu dieser Zusammenarbeit ist es jedoch, nachdem die systemische Bewegungstherapie nicht fortgeführt worden ist, nicht gekommen.
Auch für das von der Beigeladenen genannte Therapieziel, beim Kläger Stress abzubauen, damit er neuen Lernsituationen besser gewachsen sei, lassen sich den Aussagen der Lehrer und den schulischen Entwicklungsberichten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass beim Kläger überhaupt ein entsprechender Förderungsbedarf bestanden hat. Die Schul- und Entwicklungsberichte enthalten keine Hinweise darauf, dass der Kläger in der schulischen Umwelt unter vermehrter Angst oder Stress gelitten hätte, die es erforderlich gemacht hätten, insoweit eine spezielle Therapie durchzuführen. Den Schulentwicklungsberichten kann zudem entnommen werden, dass es für den Kläger darauf ankam, die jeweilige Lernumwelt kennenzulernen, um stressfrei agieren zu können. Ein Lernen abstrakter Inhalte oder allgemeiner Verhaltensweisen, unabhängig von der jeweiligen konkreten Situation, war gerade nicht möglich. Der Stellungnahme von Dipl. Heilpädagogin M. vom 22. Februar 2009 ist zwar zu entnehmen, dass sich der Kläger sehr häufig in motorischer und innerer Unruhe befunden hat. Er benutze die Hände sehr wenig zum Tasten, seine Vitalität sei eingeschränkt, sodass keine großen Anforderungen an ihn gestellt werden könnten. Die Auffälligkeiten im Sozialverhalten hat sie als Ausdruck von Überreizung interpretiert. Auch nach der Stellungnahme ihrer Nachfolgerin, Frau B., vom 21. Juli 2011 besaß der stark sehbehinderte Kläger noch zu wenig motorische Sicherheit und war insbesondere im Gebrauch der Hände eingeschränkt. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass insoweit in Absprache mit den schulischen Lehrkräften eine Konzeption entwickelt worden ist, um gezielt dieses Defizit zu bearbeiten.
Ein Anspruch auf Schuldbeitritt zu den künftigen Kosten einer systemischen Bewegungstherapie für die Folgezeit besteht gleichfalls nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seit dem Schuljahr 2015/2016 das SBBZ St. M. W. (Sehbehindertenschule) besucht und der schulische Förderbedarf durch die pädagogische Betreuung an der Schule abgedeckt ist. Der Senat entnimmt dies dem Bericht (Zeugnis) des SBBZ St. M. W. vom 26. Juli 2016. Danach ist es dem Kläger nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Hilfe der Unterstützung durch eine FSJ-Kraft immer besser gelungen, sich auf dem Gelände und im Schulalltag zurecht zu finden, sich auf neue Unterrichtsinhalte einzulassen und sich auch über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe zu fokussieren und diese zu bearbeiten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Klassenlehrer K. erstellten Schulbericht vom 30. November 2015. Soweit darin ausgeführt wird, es werde eine systemische Bewegungstherapie empfohlen, um das Selbstkonzept des Klägers zunehmend positiv zu gestalten, ihn psychisch zu stabilisieren und ihn in Bezug auf eine eigenständige Lebensführung zu fördern, ist ein Bezug auf eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nicht hinreichend konkretisiert. So wird denn auch weiter lediglich ausgeführt, diese Therapieform stelle für den Kläger eine sinnvolle Ergänzung zu schulischen Förderangeboten dar. Soweit Herr K. weiter die Auffassung vertreten hat, die systemische Bewegungstherapie könne die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Teilhabe an schulischen und außerschulischen Aktivitäten verbessern, ist nicht ersichtlich, auf welche gesundheitlichen Voraussetzungen hierbei Bezug genommen wird. Soweit seitens des Klägers darauf hingewiesen worden ist, dass durch die schulischen Belastungssituationen eine Verstärkung des Anfallsleidens zu befürchten sei, kann jedenfalls den Berichten des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum F. vom 30. September 2014 und 4. November 2015 kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass durch die beantragte Therapie die cerebralen Krampfanfälle beeinflusst werden könnten. Dem Bericht vom 30. September 2014 kann vielmehr entnommen werden, dass Nebenwirkungen der Medikamente im Sinne von Verhaltensauffälligkeiten nicht beobachtet werden konnten und dass durch eine Aufdosierung des Medikaments vermutlich ein besserer Schutz vor Anfällen bestehen würde. Auch im Bericht vom 4. November 2015 wird angegeben, mit der aktuellen Therapie sei die Anfallssituation zufriedenstellend gelöst. Auch die Schulsituation habe sich verbessert und der Kläger entwickle sich sowohl von seinem Sprachvermögen als auch seiner sozialen Interaktion weiter fort. Damit besteht auch aufgrund der jetzigen Schulsituation des Klägers kein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form einer Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme bisher vom Kläger nicht gezahlter Kosten für eine systemische Bewegungstherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab dem 1. Januar 2008 streitig.
Der 1996 geborene Kläger, der im Landkreis E. wohnt, leidet seit seiner Geburt am Lowe-Syndrom, einer unheilbaren schweren Stoffwechselerkrankung. Bei ihm besteht eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung, eine geistige Behinderung, ein hirnorganisches Anfallsleiden, eine Niereninsuffizienz, eine allgemeine Muskelhypertonie, eine Sprachentwicklungsstörung sowie ein Zustand nach Linsenentfernung beider Augen bei Katarakt beidseits.
Vom Jahr 2000 bis zum 31. Juli 2004 hatte der Beklagte die Kosten von zuletzt 43,35 EUR wöchentlich für eine systemische Bewegungstherapie, durchgeführt von der Beigeladenen, übernommen. Nachdem der Kläger zuvor den Waldorfkindergarten besucht und für seinen Integrationsbedarf vom Beklagten Eingliederungshilfe erhalten hatte, wurde er zum Schuljahr 2004/2005 in der Freien Waldorfschule E. (jetzt: Integrative Waldorfschule E.) eingeschult. Seit dem Jahr 2009 ist die Schule als Ersatzschule mit integrativer Beschulung von bis zu vier sonderschulpflichtigen Kindern pro Klasse anerkannt. Das Staatliche Schulamt F. stimmte der Erfüllung der Schulbesuchspflicht in dieser Schule zu und stellte mit Bescheid vom 8. Juli 2004 die Schulbesuchspflicht im Sinne der Schule für Geistigbehinderte fest. Das dafür anfallende Schulgeld übernahm der Beklagte. Die Integrative Waldorfschule E. beschulte den Kläger zunächst im Rahmen des befristeten Schulversuchs "integratives Schulentwicklungsprojekt zur gemeinsamen schulischen Förderung von Schülern mit geistiger Behinderung und nicht behinderten Schülern". Der Unterricht erfolgte gemeinsam durch eine Lehrkraft und eine Heilpädagogin mit Unterstützung durch einen Integrationshelfer/eine Integrationshelferin.
Im April 2012 wechselte der Kläger von der Integrativen Waldorfschule E. in die E.-S.Schule E. in eine Hauptstufenklasse mit zwei Jungen und drei Mädchen. Mit Bescheid vom 1. August 2015 stellte das Staatliche Schulamt F. fest, dass der Kläger zukünftig seine Schulpflicht in der Schule für Sehbehinderte St. M. in W. erfüllen solle und die Schulpflicht zum Schuljahr 2015/2016 ende. Seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 ist der Kläger Schüler der Berufsschule im Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) W. (Staatliche Schule für Sehbehinderte W. Heim-Sonderschule St. M.) und wird nach dem Bildungsplan der Schule für Geistig- und Sehbehinderte unterrichtet. Mit Schreiben vom 29. Juni 2016 stimmte das Staatliche Schulamt F. einer Verlängerung des Schulbesuchs bis zum Ende des Schuljahres 2016/2017 zu.
Mit Schreiben an die Beklagte vom 27. September 2004 (Bl. 255) hatte die Mutter und jetzige Betreuerin des Klägers die weitere Kostenübernahme der von der Beigeladenen durchzuführenden systemischen Bewegungstherapie beantragt und ausgeführt, das Ziel der Behandlung des Klägers liege in der Unterstützung der schulischen Integration, insbesondere beim Auseinandersetzen mit räumlichen Zusammenhängen, der Bildung von Mengen- und Raumbegriffen und der Förderung der feinmotorischen Kompetenz. Die Beigeladene beobachte den Kläger ganz anders hinsichtlich seiner Lernstrategien und berate die Familie, damit sie ihm eine angemessene Unterstützung für sein schulisches Lernen im außerschulischen Bereich, d.h. zunächst vor allem zu Hause, geben könne. Nachdem die Eltern des Klägers zu ihren Einkommen- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht hatten, versagte der Beklagte die beantragte Kostenübernahme für die systemische Bewegungstherapie wegen fehlender Mitwirkung (bestandskräftiger Bescheid vom 15. November 2004; Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2005) und führte aus, bei der systemischen Bewegungstherapie handle es sich um eine (bedürftigkeitsabhängige) Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Am 12. April 2007 beantragte der Kläger bei dem Beklagten erneut die Übernahme der Kosten für die systemische Bewegungstherapie durch die Beigeladene. Die Mutter des Klägers trug vor, in den ersten drei Schuljahren sei keine Therapie durchgeführt worden, da der Kläger seit Schulbeginn wieder vermehrt unter epileptischen Anfällen leide, die vor allem bei Überforderung bzw. Überlastung aufträten; insoweit habe sich sein Zustand nunmehr stabilisiert. Der Beklagte zog den Entwicklungsbericht und Förderplan der Integrativen Waldorfschule E. vom 21. Februar 2007 sowie die Zeugnisse der letzten zwei Jahre bei. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2007 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme ab, weil der Kläger in den Schulunterricht gut integriert sei und insofern keiner weiteren Therapie mehr bedürfe, um erfolgreich die Schule besuchen zu können. Die systemische Bewegungstherapie könne vielleicht zur erfolgreichen Unterstützung zum Besuch der Regelschule ihre Berechtigung finden, da der Kläger aber die Integrative Waldorfschule besuche, die den sonderpädagogischen Bedarf bereits abdecke, sei kein Raum mehr für zusätzliche Therapien.
Hiergegen erhob die Betreuerin des Klägers Widerspruch mit der Begründung, der Kläger leide neben der bestehenden Sehbehinderung nunmehr auch an einem Glaukom; dieses Augenleiden führe zu Verhaltensänderungen, die ihre Ursache hauptsächlich in der Sehänderung hätten. Heilpädagogen seien hierfür nicht geschult. Für und mit dem Kläger müssten Strategien entworfen werden, damit er dem Unterricht in entsprechender Form folgen und überhaupt am Unterricht teilnehmen könne. Die Therapie würde bedarfsorientiert außerhalb der Schulzeit erfolgen, allerdings seien sicherlich auch Beratungstätigkeiten innerhalb der Schule nötig. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2007 wies der Beklage den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Dezember 2007 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben. Das SG hat die Beigeladene, den behandelnden Kinderarzt des Klägers Dr. Z. und die an der Integrativen Waldorfschule E. seinerzeit tätige Dipl. Heilpädagogin/Physiotherapeutin M. schriftlich befragt. Die Beigeladene hat in der Stellungnahme vom 15. August 2008 u.a. ausgeführt, die systemische Bewegungstherapie habe als wichtigen konzeptuellen Bestandteil die Zusammenarbeit mit Eltern und Geschwisterkindern, um das Entwicklungsumfeld der Kinder so zu stärken, dass die Familie den Herausforderungen des Alltags begegnen könne. In der neuen Situation als alleinerziehende Mutter sei diese auf Unterstützung in der häuslichen Förderung ihres Sohnes angewiesen, um den komplexen Aufgaben, die durch eine integrative Beschulung für die Mutter entstünden, entsprechen zu können. Für den Kläger gehe es darum, sich in seiner komplexer werdenden Welt zurechtzufinden. Je einfacher die Bewältigung grundlegender Aufgaben gelinge - z.B. der Orientierung, des Erschließens neuer Handlungsräume, des Erarbeitens von Beobachtungsstrategien um herauszufinden, was genau andere Kinder oder Erwachsene tun usw. - und je mehr Kompetenzen er hierfür erwerben könne, desto mehr Freiräume habe er, sich spezifischen schulischen Lernprozessen zuzuwenden. Um für die Zusammenarbeit richtungsweisende Ziele zu erarbeiten seien unterschiedliche Arbeitsschritte erforderlich, u.a. die Beobachtung des Klägers im schulischen sowie im häuslichen Zusammenhang, Gespräche mit der Mutter und den Lehrerinnen, um herauszufinden, welche Themen und Lernbereiche dringend eine Veränderung erforderlich machten. Sie hat weiter ausgeführt, jede neue Situation unter Körperspannung wahrzunehmen mit der Gewissheit, dass sie einem viel Anstrengung abverlangen werde, sei nicht nur ein Ergebnis der Behinderung, sondern auch ein erlerntes Muster, eine Gewohnheit. An deren Veränderung zu arbeiten könne nicht im Aufgabenbereich von Schule liegen, erleichtere den erfolgreichen Schulbesuch aber ungemein.
Dr. Z. hat unter dem 6. Oktober 2008 ausgeführt, aufgrund der hochgradigen Sehbehinderung des Klägers seien alle alltäglichen Prozesse beeinträchtigt, störungsanfällig und zum Teil gefährlich. Es werde also eine möglichst normale Teilhabe am Leben gefördert. Durch die Sicherheit, die der Kläger durch seine regelmäßigen Übungsstunden erhalte, könne er Lerninhalte ohne visuelle Koppelung besser verarbeiten. Gerne werde auch eine Kontaktaufnahme des Lehrpersonals mit der systemischen Bewegungstherapeutin ermöglicht, damit die Lehrer besser mit Sehbehinderten umgehen könnten und ihren Lernstoff begreiflich machen könnten. Allerdings habe der Schulbesuch trotz der zuletzt nur sporadisch durchgeführten systemischen Bewegungstherapie bisher nicht wesentlich gelitten. Wegen der geistigen Behinderung sei die zuverlässige Automatisierung eingeschränkt und ein mittelfristiges Auffrischen neben der Vermittlung neuer Inhalte auch weiterhin nötig.
Dipl. Heilpädagogin M. hat in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2009 u.a. ausgeführt, die Hauptfrage sei derzeit, wie sich die soziale Entwicklung und die Entwicklung von Lernkompetenz für den Kläger im häuslichen Bereich gestalte. Dieser Bereich könne von der Schule aus aufgrund der komplexen Behinderung nicht im benötigten Rahmen betreut werden, würde aber einen hohen Wert an Rückkoppelung im Bereich Lernen und Sozialverhalten und damit der Integration im konkreten Schulalltag bieten. Ein bestimmter Therapieansatz werde nicht vorgeschlagen. Wünschenswert wäre natürlich auch eine Zusammenarbeit mit der Schule.
Die Mutter des Klägers hat mitgeteilt (Schreiben vom 15. Juni 2009), seit der Einschulung im September 2004 bis Ende 2007 habe keine therapeutische Arbeit stattgefunden, da der Kläger in dieser Zeit keine Kapazitäten für irgendwelche therapeutischen Maßnahmen gehabt habe, sondern voll und ganz mit der Bewältigung der Anforderungen der Schulsituation in Anspruch genommen gewesen sei. In dieser Zeit seien lediglich telefonische Beratungen nach Bedarf durch die Beigeladene erfolgt. Für weitergehende Probleme und Fragen hätten halbjährliche Treffen mit der Beigeladenen stattgefunden. Seit Anfang 2008 träfen sie sich im Durchschnitt zwei Stunden monatlich. Rechnungen seien bisher nicht erstellt worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. Dezember 2009 hat der Kläger sein Begehren auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 beschränkt. Die Mutter des Klägers hat angegeben, seit 2004 habe ihr die Beigeladene unregelmäßig - jedenfalls halbjährlich - in telefonischen Kontakten zur Seite gestanden. Seit Januar 2008 finde eine Therapie bei der Beigeladenen wieder statt. Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Kostenübernahme für die durch die Beigeladene durchgeführte "systemische Bewegungstherapie" - ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern - ab dem 1. Januar 2008 dem Grunde nach zu gewähren. Auf die Gründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 18. Februar 2010 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15. März 2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, der Kläger werde zieldifferent nach dem Lehrplan für geistig Behinderte unterrichtet. Die sonderpädagogische Förderung erfolge durch Lehrkräfte mit entsprechender Befähigung und erfasse schulische sowie außerschulische Fähigkeiten. Nach Rdnr. 54.13/3 (jetzt: Rdnr. 54.13/5) der Sozialhilferichtlinien Baden-Württemberg (SHR) zum SGB XII komme Eingliederungshilfe in Schulen nur für Assistenzdienste in Betracht. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrages hingegen seien hierunter nicht zu subsumieren und fielen in den Verantwortungsbereich der Schule. Durch die Übernahme der Kosten für die Assistenzdienste erhalte der Kläger bereits die ihm zustehende Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe. Für zusätzliche Therapien im Rahmen der Eingliederung zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung sei daher kein Raum. Ferner weise selbst das Schulpersonal aktenkundig nicht auf solche behandlungsbedürftigen Defizite hin. Bestünde jedoch ein solcher Bedarf, so wären die Maßnahmen nicht etwa Assistenzdienste, sondern ebenfalls pädagogische Maßnahmen, die im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung durch die Schule abzudecken seien. Auch seien von der Beigeladenen bisher keinerlei individuelle Ziele mit einem konkreten Förderplan für den Kläger, auch in Kooperation mit der Integrativen Waldorfschule, benannt worden. Es sei weder ersichtlich, welche Übungen mit welchen Zielsetzungen und Inhalten erarbeitet, noch welche konkreten Strategien mit der durchgeführten systemischen Bewegungstherapie für eine angemessene Schulbildung entwickelt worden seien. Die Schule beschreibe im Entwicklungsbericht bzw. Förderplan vom 6. März 2010 - ebenso wie in den bisherigen Entwicklungsberichten und Förderplänen - keinen Förderbedarf, der durch die Schule nicht gedeckt werde. Es sei Aufgabe der Schule, für geistig behinderte Schüler einen strukturierten Tagesablauf mit einem klaren Rhythmus zu organisieren, damit die schulische Förderung ohne Irritationen für den behinderten Schüler erfolgen könne.
Die Beigeladene hat im Schreiben vom 17. Januar 2011 ausgeführt, von Januar bis August 2008 hätten Konsultationen mit der Mutter des Klägers stattgefunden. Ab September 2008 sei vierzehntägig eine zweistündige systemische Bewegungstherapie durchgeführt worden. Die gewünschte und erforderliche Kooperation mit der Schule habe aus Kostengründen nicht direkt, sondern nur vermittelt durch die Mutter des Klägers erfolgen können, die "Themen der Schule" seien von dieser eingebracht worden. Seit 2011 erfolge die Erweiterung der systemischen Bewegungstherapie auf zwei Stunden wöchentlich. Mit diesem Schritt werde auch eine direkte Zusammenarbeit der Beigeladenen mit den Lehrern und Lehrerinnen der Integrativen Waldorfschule E. erfolgen.
In der Stellungnahme vom 21. Juli 2011 hat die Waldorflehrerin/Heilpädagogin Frau B. (Nachfolgerin von Dipl. Heilpädagogin M. seit September 2010) ausgeführt, der Kläger benötige neben dem schulischen Angebot zusätzliche qualifizierte Hilfe, um den immer komplexer werdenden Situationen innerhalb und außerhalb der Schule begegnen zu können. Der für den Kläger so wertvolle integrative Aspekt der Schule stelle für ihn andererseits auch eine Herausforderung in Bezug auf sein Raumerfassen oder das Erfassen der Personen und der von ihnen verursachten Geräusche dar. Hier wäre eine Therapie, die ihm eine Sehförderung bieten würde, wünschenswert. Sie habe sich über die Therapiemöglichkeiten der Beigeladenen informiert und diese persönlich kennengelernt. Dabei habe sie erlebt, wie vertraut diese mit dem Kläger umgehe. Aus den anschließenden Gesprächen habe sie den Eindruck gewonnen, dass diese die Hilfen geben könnte, die der Kläger so nötig für seinen Schulalltag brauche, seien es Strategien zur Orientierung, Augen-Hand-Koordination oder lebenspraktische Tätigkeiten.
Vorgelegt worden ist weiter der Entwicklungsbericht und Förderplan 2011 vom 28. Juni 2011. Eine Förderung durch die systemische Bewegungstherapie ist darin nicht erwähnt. Hierzu hat der Beklagte in der Stellungnahme vom 22. August 2011 ausgeführt, ein ergänzender Förderbedarf, der von der Schule nicht abgedeckt werden könne, sei nicht ersichtlich. Dies bestätige der Entwicklungsbericht und Förderplan 2011. Die Schule habe auch seit der Einschulung des Klägers keinen zusätzlichen Bedarf beschrieben oder geltend gemacht. Zusätzliche Maßnahmen und Therapien dürften nicht nur allgemein förderlich sein, sondern müssten dem behinderten Schüler tatsächlich beim Schulbesuch helfen. Von Seiten der Schule werde nicht erläutert, wie und in welcher Form sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft die systemische Bewegungstherapie in den Förderplan der Schule mit einbezogen gewesen sei, um dem Kläger den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zumindest zu erleichtern. Nach Aussage von Frau B. sei davon auszugehen, dass in der Vergangenheit keine Kooperation zwischen der Schule und der Therapeutin erfolgt sei. Grundvoraussetzung für eine Leistung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sei jedoch, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt sei, damit diese dem Kläger nicht nur allgemein förderlich sei, sondern ihm tatsächlich beim Schulbesuch helfe. Gerade an dieser Abstimmung fehle es im Falle des Klägers.
In der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2012 hat die Mutter des Klägers angegeben, seit dem Jahr 2011 sei eine systemische Bewegungstherapie nicht mehr erfolgt, es hätten nur noch therapeutische Beratungsgespräche zwischen ihr und der Beigeladenen stattgefunden.
Mit Urteil vom 23. Februar 2012 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts F. vom 14. Dezember 2009 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene durchgeführte systemische Bewegungstherapie ab dem 1. Januar 2008 in tatsächlich entstandener Höhe sowie ab dem 23. Februar 2012 im Umfang von bis zu zwei Stunden wöchentlich, jeweils ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern, zu gewähren.
Auf die Revision des Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. SG und LSG hätten zu Unrecht nur ein Grundurteil erlassen. Das LSG habe zudem weder den konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie festgestellt noch dazu Ausführungen gemacht, wie sich die Therapie im Einzelnen auf dessen Lernfähigkeit auswirke. Dem Kläger könne allerdings nicht entgegengehalten werden, er besuche eine seiner Behinderung nicht angemessene Schule und dieser Bildungsgang vermittle keine angemessene Schulbildung. Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung sei, beurteile sich nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger sei folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw. über eine bestimmte Schulart gebunden.
Mit Beschluss vom 4. August 2014 hat der Senat die Therapeutin S. zum Verfahren beigeladen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die systemische Bewegungstherapie sei nicht geeignet (gewesen), die Aufnahme von bestimmten schulischen Lerninhalten durch den Kläger zu fördern oder zu erleichtern. Die Beigeladene habe den konkreten Inhalt der Therapie bezogen auf den Kläger weder beschreiben noch nachvollziehbar erklären können, wie sich die Therapie auf die Lernfähigkeit des Klägers auswirke. Es lägen weder Entwicklungsberichte mit konkreten Zielsetzungen über die durchgeführte Therapie noch Berichte der Schule, dass sich die Therapie positiv auf die Lernfähigkeit des Klägers ausgewirkt habe, vor.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2009 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger die für die vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 durch die Beigeladene durchgeführten 96 Behandlungseinheiten der systemischen Bewegungstherapie entstandenen Kosten in Höhe von 4.739,50 EUR ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern zu erstatten sowie den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zuzusichern, einer künftigen Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen in Höhe von 50,25 EUR je Behandlungseinheit wegen der Durchführung einer systemischen Bewegungstherapie im Umfang von wöchentlich zwei Behandlungseinheiten bis zum Ende des Schulbesuchs des Klägers ohne Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Eltern beizutreten.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie hat mit Schreiben vom 15. September 2014 mitgeteilt, die Therapie sei seit 2011 nicht fortgesetzt worden. Ihre Kostenforderung belaufe sich für 2008 für 26 Behandlungseinheiten à 47,00 EUR auf 1.222,00 EUR, für 2009 für 24 Behandlungseinheiten à 50,25 EUR auf 1.206,00 EUR und für 2010 für 46 Behandlungseinheiten à 50,25 EUR auf 2.311,50 EUR. Bisher seien keine Kosten beglichen worden. Langfristige Ziele der Zusammenarbeit seien gewesen, dass der Kläger Erfahrungen sammeln, Kompetenzen erwerben und Strategien entwickeln sollte, die ihm helfen sollten, die Angst und den Stress beim Lernen immer wieder zu vermindern und neue, wenn möglich auch flexiblere und für das Bewältigen der aktuellen vor allem auch sozialen Herausforderungen passendere Handlungsroutinen zu entwickeln. Es sei mehr um die Entwicklung allgemeiner förderlicher Lernvoraussetzungen, die Weiterentwicklung emotionaler, psychischer, sozialer und wahrnehmungsspezifischer Erlebnisweisen und Strategien in Bezug auf neue Lernanlässe gegangen und weniger um das Erreichen bestimmter sachbezogener Ziele. Die Frage, worin die Unterschiede zu der im konkreten Fall des Klägers von der Schule im Rahmen der integrativen Beschulung erbrachten Unterstützung und Hilfeleistung bestehe, könne nur unzureichend beantwortet werden, da sie hierzu die ganz konkreten Unterstützungs- und Hilfeleistungen der Schule kennen müsste. Im Unterschied zur schulischen Förderung habe sich ihre Arbeit jedoch primär auf das Ziel bezogen, den Stress, die Angst und die Anstrengung des Klägers in Verbindung mit Lernen allgemein und mit z.T. schulischen Lerninhalten zu reduzieren, den Kläger in der Weiterentwicklung seiner emotionalen, psychischen, sozialen und wahrnehmungsspezifischen Lernvoraussetzungen zu unterstützen; hierbei sei es vor allem auch um soziale Probleme gegangen, zudem habe ihre Arbeit die besondere Wahrnehmungssituation (Sehschädigung) des Klägers mit einbezogen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat die Berichte (Zeugnisse) der E.-S.Schule vom 20. Juli 2012 (Schuljahr 2011/2012, Schulbesuch ab 23. April 2012), 19. Juli 2013 (Schuljahr 2012/2013) und 25. Juli 2014 (Schuljahr 2013/2014), den Schulbericht der SBBZ St. M. W. vom 30. November 2015 sowie die Arztbriefe des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum F. vom 30. September 2014 und 4. November 2015 vorgelegt. Weiter vorgelegt wurde der Bericht (Zeugnis) des SBBZ St. M. W. vom 26. Juli 2016 über das Schuljahr 2015/2016. Auf diese wird Bezug genommen.
Am 9. März 2017 ist ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt worden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten des SG, des Senats und des BSG Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist auch begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit § 9 baden-württembergisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII (AG SGB XII) vom 1. Juli 2004 - Gesetzblatt 534), inhaltlich begrenzt auf die vom Vermögenseinsatz gänzlich und vom Einkommenseinsatz bis auf die Aufbringung der Kosten des Lebensunterhalts freigestellte (Eingliederungs-) Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2013, a.a.O. - juris Rdnr. 9).
Da bisher noch keine Bezahlung der beigeladenen Therapeutin erfolgt ist, steht nicht ein Anspruch auf Kostenerstattung im Streit, sondern ein Anspruch auf Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung). Allerdings kommt ein Schuldbeitritt für in der Vergangenheit liegende Zeiten nur in Betracht, soweit tatsächlich Leistungen der systemischen Bewegungstherapie erbracht und bisher nicht bezahlt worden sind. Ausweislich des Schreibens der Beigeladenen vom 17. Januar 2011 fand eine systemische Bewegungstherapie mit dem Kläger im streitigen Zeitraum erst ab September 2008 in einem Umfang von acht Stunden im Jahr 2008 statt. Die im Schreiben der Beigeladenen vom 15. September 2014 aufgeführten 26 Behandlungseinheiten im Jahr 2008 haben darüber hinaus auch Beratungsgespräche mit der Mutter umfasst, die von Januar bis August 2008 stattgefunden haben. Diese stellen keine systemische Bewegungstherapie dar und sind deshalb von vornherein nicht zu übernehmen. Seit Januar 2011 ist keine systemische Bewegungstherapie mehr durchgeführt worden, sodass es seitdem an einer Schuld fehlt, welcher der Beigeladene beitreten könnte. Bezüglich zukünftiger Zeiträume ist die Klage gerichtet auf die Zusicherung, einer künftigen Schuld des Klägers beizutreten (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 8 SO 23/13 R - juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 24. Februar 2016 - B 8 SO 18/14 R - juris Rdnr. 12; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 15 f.). Der Berufungsantrag war entsprechend auszulegen (§ 123 SGG).
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme durch den zuständigen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 AG-SGB XII) Beklagten bilden § 19 Abs. 3 (in den Fassungen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demographische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20. April 2007 - BGBl. I S. 554 - und des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 - BGBl. I S. 453) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Satz 1 (in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 - BGBl. I S. 3022), § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 und des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30. Juli 2009 - BGBl. I S. 2495) und § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO - (in der Fassung, die diese durch das Gesetz vom 27. Dezember 2003 erhalten hat) in Verbindung mit § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII (in den Fassungen der Gesetze vom 27. Dezember 2003 und vom 24. März 2011).
Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teil zu haben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger durch seine Erkrankung am Lowe-Syndrom in seiner körperlichen (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 1 Nr. 4 Eingliederungshilfe-VO), vor allem aber in seiner geistigen Funktion wesentlich beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben dabei unberührt. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne dieser Vorschrift umfasst nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zu Gunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Eine allgemein gültige Definition dessen, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist, findet sich weder im SGB XII noch im SGB IX; auch in § 12 Eingliederungshilfe-VO sind nur beispielhaft Maßnahmen benannt, die Gegenstand der möglichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung sein können. Gleiches gilt für Art. 24 Abs. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (UN-Behindertenrechtskonvention (UNBRK), Gesetz vom 21. Dezember 2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik in Kraft seit 26. März 2009 - BGBl II 812), das als ranggleiches Bundesrecht im Rahmen der Auslegung zu beachten und anzuwenden ist (vgl. hierzu BSGE 110, 194 ff. Rdnr. 19 = SozR 4-1100 Art. 3 Nr. 69). Art. 24 Abs. 2 UNBRK setzt ebenfalls ein "allgemeines Bildungssystem" voraus, zu dem Menschen mit Behinderung gleichberechtigter Zugang zu ermöglichen und die notwendige Unterstützung zu leisten ist; die UNBRK schreibt selbst aber keine Anforderungen an ein "allgemeines Bildungssystem" fest (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 23). Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung ist, beurteilt sich deshalb, wie der Verweis in § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB XII deutlich macht, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger ist folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer bestimmten Schule bzw. über eine bestimmte Schulart gebunden (BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rdnr. 21).
Wie bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Verbindung mit § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zu Grunde (BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - juris Rdnr. 22). Grundsätzlich kommen alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSG, Urteil vom 25. Juni 2008 - B 11b AS 19/07 R - juris Rdnr. 25), soweit es sich nicht um solche handelt, die dem Kernbereich der eigentlichen Schulbildung zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R - juris Rdnr. 15; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 24). Maßgeblich ist danach, ob primär die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, somit der Unterricht selbst, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll, seine Inhalte, das pädagogische Konzept der Wissensvermittlung wie auch die Bewertung der Schülerleistungen den Lehrkräften vorbehalten bleibt. Der Kernbereich ist dann nicht betroffen, wenn die beantragte Leistung die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrkraft absichern und mit die Rahmenbedingungen dafür schaffen soll, dem betroffenen Kind/Jugendlichen erst den erfolgreichen Besuch der Schule zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R - juris Rdnr. 25). Zu diesem Kernbereich gehört die lediglich unterstützende Tätigkeit der beigeladenen Therapeutin außerhalb des Schulbetriebs nicht (BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rdnr. 18).
Eine unterstützende Tätigkeit liegt z.B. vor, wenn sich die Hilfe auf die Umsetzung der Arbeitsaufträge der Lehrer beschränkt, z.B. dadurch, dass die Schulbegleitung durch Organisation des Arbeitsplatzes und Strukturierung der Arbeit, durch direkte Einflussnahme auf das Verhalten des betroffenen Kindes, durch Einzelgespräche in oder nach kritischen Situationen und durch Gestaltung der Pausen dafür sorgt, dass das betroffene Kind dem Unterricht nach den von den Lehrkräften vorgegebenen Inhalten folgen, die Arbeitsaufträge der Lehrkräfte ausführen und sich in den Schulbetrieb und in das fachliche Leben zusammen mit seinen Schul- und Klassenkameraden integrieren kann, auch Hilfestellungen beim Erfassen und Umsetzen der Lernaufträge, motorische Unterstützung beim Experimentieren oder im Sportunterricht, stützende Anwesenheit beim Kontakt zu oder der Zusammenarbeit mit Mitschülern oder organisatorische Hilfen beim Raum- und Fachwechsel (vgl. Verwaltungsgericht (VG) Würzburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 - W 3 E 16.459 - juris Rdnr. 50).
Für die Qualifizierung einer Leistung als Hilfe zur angemessenen Schulbildung i.S.d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ist nicht unbedingt notwendig, dass sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den schulischen Pflichtveranstaltungen steht. Maßgeblich ist vielmehr in erster Linie, ob die Hilfe den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht erleichtert (vgl. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO). Danach kann z.B. ausnahmsweise auch die notwendige Betreuung während einer von der Schule angebotenen und für die Schüler freiwilligen Nachmittags-Arbeitsgemeinschaft eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung darstellen, wenn diese Veranstaltung in einem - gemessen an dem Hilfezweck - hinreichenden zeitlichen, örtlichen und personellen Zusammenhang mit dem Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht steht. Ein solcher Zusammenhang kann etwa darin liegen, dass den Schülern in einer solchen freiwilligen Veranstaltung Lerninhalte vermittelt werden sollen, die die Teilnahme am regulären Schulunterricht erleichtern, indem sie auf diesen aufbauen oder diesen ergänzen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10. April 2014 – L 8 SO 506/13 B ER – juris Rdnr. 25). Ein solcher Zusammenhang war vorliegend nicht gegeben.
Die beantragte Leistung war zunächst nicht erforderlich, damit der Kläger das pädagogische Angebot der Schule überhaupt wahrnehmen konnte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016 – B 8 SO 8/15 R – juris Rdnr. 25). Denn der Schulbesuch war dem Kläger auch ohne Durchführung der systemischen Bewegungstherapie möglich. Ein Anspruch käme danach allein in Betracht, wenn die Therapie erforderlich oder geeignet gewesen wäre, um den Schulbesuch zu erleichtern. Die beantragte systemische Bewegungstherapie ist zwar grundsätzlich geeignet, den Schulbesuch des Klägers zu erleichtern. Allein die abstrakte Geeignetheit einer Therapie ist jedoch noch nicht ausreichend, um sie als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung zu qualifizieren. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus ein Bezug der konkret durchgeführten Therapie zum schulischen Unterricht und eine inhaltliche Anknüpfung an diesen. Ausgangspunkt ist hierbei, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt ist und zu einer noch zu erreichenden gewissen Schulbildung führt. Eine Qualifizierung als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung käme danach nur in Betracht, wenn die Hilfe einen Bezug zu den in der jeweiligen Schule maßgeblichen Lernzielen und dem konkreten Lernen dort aufweisen würde. Dies setzt in der Regel einen Kontakt und Koordination zwischen den schulischen Lehrkräften und der Therapeutin voraus (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2013 – L 7 SO 2915/12 ZVW – juris Rdnr. 43 f.). Ein solcher hat hier nicht vorgelegen. Eine allein durch die Mutter des Klägers vermittelte Kommunikation zwischen den schulischen Lehrkräften und der Therapeutin ist insoweit nicht ausreichend.
Hinsichtlich des konkreten Inhalts der mit dem Kläger durchgeführten Therapie liegen Berichte der Beigeladenen über die von ihr durchgeführte Therapie, anders als für die Zeit vor Schuleintritt des Klägers, nicht vor. Ihrem Schreiben vom 15. September 2014 kann entnommen werden, dass die Therapie im Aufsuchen von unterschiedlichen sozialen Handlungsplätzen und Gebäuden (Bibliothek, Bahnhof, Bus, Turnhalle etc.) bestand, um dort zu beobachten, zu erhandeln, etwas von dem zu verstehen, was dort vor sich geht und sich in neuen situativen Kontexten unter Berücksichtigung der Bedingungen der Sehschädigung zurecht zu finden. Der Kläger sollte lernen, Wege alleine zu gehen, Fahrrad fahren zu lernen, allein zum Bäcker zu gehen, schreiben und malen zu wollen, darüber hinaus sollten Handlungsroutinen aufgebrochen werden.
Im Vordergrund der von der Beigeladenen durchgeführten Therapie stand damit eine Verbesserung der lebenspraktischen Fähigkeiten des Klägers, die ihrer Zielsetzung nach der Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen ist. So hat schon Dr. Z. in der Stellungnahme vom 25. August 2004 hinsichtlich der Ziele von Maßnahmen der Eingliederungshilfe ausgeführt, die hochgradige Sehbehinderung des Klägers mache eine spezifische Entwicklungsförderung im alltäglichen Lebensumfeld durch speziell geschulte Sehgeschädigten-Pädagogen notwendig. Dipl. Heilpädagogin M. hat in der Stellungnahme vom 22. Februar 2009 angegeben, die Hauptfrage sei derzeit, wie sich die soziale Entwicklung des Klägers und die Entwicklung von Lernkompetenz im häuslichen Bereich gestalte. Dies sei ein Bereich, den die Schule im benötigten Rahmen nicht betreuen könne, der aber einen hohen Wert an Rückkopplung im Bereich des Lern- und Sozialverhaltens und damit der Integration des Klägers im konkreten Schulalltag bieten würde. Für einen Schwerpunkt der Therapie im Bereich der Verbesserung der lebenspraktischen Fähigkeiten sprechen auch die Angaben der Beigeladenen im Schreiben vom 15. August 2008, die systemische Bewegungstherapie habe als wichtigen konzeptuellen Bestandteil die Zusammenarbeit mit Eltern und Geschwisterkindern, um das Entwicklungsumfeld der Kinder so zu stärken, dass die Familie den Herausforderungen des Alltags begegnen könne. Die Therapie sei erforderlich, weil die Mutter des Klägers in der neuen Situation als alleinerziehende Mutter auf diese Unterstützung in der häuslichen Förderung ihres Sohnes angewiesen sei, um den komplexen Aufgaben, die durch eine integrative Beschulung entständen, entsprechen zu können. Soweit sie weiter ausgeführt hat, der Bezug der Therapie zu einer angemessenen Schulbildung liege darin, dass sich der Kläger in seiner komplexer werdenden Welt zurechtfinde, lässt sich dem nicht entnehmen, inwieweit dadurch eine Verbesserung schulischer Fertigkeiten des Klägers erzielt werden sollte.
Zielsetzung der Therapie sollte nach den Angaben der Therapeutin zwar auch eine Verbesserung der schulischen Fähigkeiten des Klägers durch den Abbau von Stress bei neuen Lern-Herausforderungen sowie der Erwerb von Kompetenzen und Entwicklung von Strategien, um Angst und Stress beim Lernen zu vermindern, sein. Allerdings ist insoweit zunächst zu berücksichtigen, dass weder ein Kontakt der Beigeladenen mit den jeweiligen schulischen Lehrkräften bestand noch dass die systemische Bewegungstherapie am Lehr- und Förderplan der Schule orientiert war. So hat die Beigeladene gegenüber dem SG angegeben (Bl. 41 der SG-Akten), um für die Zusammenarbeit richtungsweisende Ziele zu erarbeiten, sei es erforderlich, den Kläger u.a. im schulischen Zusammenhang zu beobachten, um herauszufinden, welche Probleme er in diesem Lernbereich habe, sowie in Gesprächen mit den Lehrern diejenigen Themen und Lernbereiche herauszufinden, die dringend eine Veränderung erforderlich machten. Entsprechende Gespräche mit den Lehrern geschweige denn Unterrichtsbesuche haben jedoch - über einmalige Kontakte hinaus - nicht stattgefunden. Es ist schon nicht erkennbar, dass insoweit hinsichtlich der genannten Behinderungsfolgen und möglichen Therapien eine Zusammenarbeit oder Absprache zwischen den Lehrkräften des Klägers und der Beigeladenen stattgefunden hat. Dipl. Heilpädagogin M. hat insoweit ausgeführt, gerne werde auch eine Kontaktaufnahme des Lehrpersonals mit der systemischen Bewegungstherapeutin ermöglicht, damit die Lehrer besser mit Sehbehinderten umgehen und ihren Lernstoff begreiflich machen könnten. Wünschenswert wäre eine Zusammenarbeit mit der Schule (Schreiben vom 22. Februar 2009). Diese Aussage kann nur so verstanden werden, dass bis dahin eine Kontaktaufnahme nicht erfolgt war. Dass auch in der Folgezeit keine Zusammenarbeit erfolgt ist, entnimmt der Senat der Mitteilung der Beigeladenen im Schreiben vom 17. Januar 2011, im Jahr 2011 sei eine Erweiterung der systemischen Bewegungstherapie geplant, mit diesem Schritt werde auch eine direkte Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Integrativen Waldorfschule E. erfolgen. Zu dieser Zusammenarbeit ist es jedoch, nachdem die systemische Bewegungstherapie nicht fortgeführt worden ist, nicht gekommen.
Auch für das von der Beigeladenen genannte Therapieziel, beim Kläger Stress abzubauen, damit er neuen Lernsituationen besser gewachsen sei, lassen sich den Aussagen der Lehrer und den schulischen Entwicklungsberichten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass beim Kläger überhaupt ein entsprechender Förderungsbedarf bestanden hat. Die Schul- und Entwicklungsberichte enthalten keine Hinweise darauf, dass der Kläger in der schulischen Umwelt unter vermehrter Angst oder Stress gelitten hätte, die es erforderlich gemacht hätten, insoweit eine spezielle Therapie durchzuführen. Den Schulentwicklungsberichten kann zudem entnommen werden, dass es für den Kläger darauf ankam, die jeweilige Lernumwelt kennenzulernen, um stressfrei agieren zu können. Ein Lernen abstrakter Inhalte oder allgemeiner Verhaltensweisen, unabhängig von der jeweiligen konkreten Situation, war gerade nicht möglich. Der Stellungnahme von Dipl. Heilpädagogin M. vom 22. Februar 2009 ist zwar zu entnehmen, dass sich der Kläger sehr häufig in motorischer und innerer Unruhe befunden hat. Er benutze die Hände sehr wenig zum Tasten, seine Vitalität sei eingeschränkt, sodass keine großen Anforderungen an ihn gestellt werden könnten. Die Auffälligkeiten im Sozialverhalten hat sie als Ausdruck von Überreizung interpretiert. Auch nach der Stellungnahme ihrer Nachfolgerin, Frau B., vom 21. Juli 2011 besaß der stark sehbehinderte Kläger noch zu wenig motorische Sicherheit und war insbesondere im Gebrauch der Hände eingeschränkt. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass insoweit in Absprache mit den schulischen Lehrkräften eine Konzeption entwickelt worden ist, um gezielt dieses Defizit zu bearbeiten.
Ein Anspruch auf Schuldbeitritt zu den künftigen Kosten einer systemischen Bewegungstherapie für die Folgezeit besteht gleichfalls nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seit dem Schuljahr 2015/2016 das SBBZ St. M. W. (Sehbehindertenschule) besucht und der schulische Förderbedarf durch die pädagogische Betreuung an der Schule abgedeckt ist. Der Senat entnimmt dies dem Bericht (Zeugnis) des SBBZ St. M. W. vom 26. Juli 2016. Danach ist es dem Kläger nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Hilfe der Unterstützung durch eine FSJ-Kraft immer besser gelungen, sich auf dem Gelände und im Schulalltag zurecht zu finden, sich auf neue Unterrichtsinhalte einzulassen und sich auch über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe zu fokussieren und diese zu bearbeiten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von dem Klassenlehrer K. erstellten Schulbericht vom 30. November 2015. Soweit darin ausgeführt wird, es werde eine systemische Bewegungstherapie empfohlen, um das Selbstkonzept des Klägers zunehmend positiv zu gestalten, ihn psychisch zu stabilisieren und ihn in Bezug auf eine eigenständige Lebensführung zu fördern, ist ein Bezug auf eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nicht hinreichend konkretisiert. So wird denn auch weiter lediglich ausgeführt, diese Therapieform stelle für den Kläger eine sinnvolle Ergänzung zu schulischen Förderangeboten dar. Soweit Herr K. weiter die Auffassung vertreten hat, die systemische Bewegungstherapie könne die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Teilhabe an schulischen und außerschulischen Aktivitäten verbessern, ist nicht ersichtlich, auf welche gesundheitlichen Voraussetzungen hierbei Bezug genommen wird. Soweit seitens des Klägers darauf hingewiesen worden ist, dass durch die schulischen Belastungssituationen eine Verstärkung des Anfallsleidens zu befürchten sei, kann jedenfalls den Berichten des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum F. vom 30. September 2014 und 4. November 2015 kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass durch die beantragte Therapie die cerebralen Krampfanfälle beeinflusst werden könnten. Dem Bericht vom 30. September 2014 kann vielmehr entnommen werden, dass Nebenwirkungen der Medikamente im Sinne von Verhaltensauffälligkeiten nicht beobachtet werden konnten und dass durch eine Aufdosierung des Medikaments vermutlich ein besserer Schutz vor Anfällen bestehen würde. Auch im Bericht vom 4. November 2015 wird angegeben, mit der aktuellen Therapie sei die Anfallssituation zufriedenstellend gelöst. Auch die Schulsituation habe sich verbessert und der Kläger entwickle sich sowohl von seinem Sprachvermögen als auch seiner sozialen Interaktion weiter fort. Damit besteht auch aufgrund der jetzigen Schulsituation des Klägers kein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form einer Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG) liegen nicht vor.
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