L 24 KA 35/17 KL ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 35/17 KL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Anordnung des Sofortvollzuges eines Schiedsspruches nach § 120 Abs 2 S 2, Abs 4 SGB 5
Die sofortige Vollziehung des Beschlusses der Antrags-gegnerin vom 16. Juni 2016 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1) tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Alle Beigeladenen haben jedoch für ihre eigenen Kosten selbst aufzukommen. Der Verfahrensstreitwert wird auf 181.492,85 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Schiedsspruches der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2016, mit welchem Vergütungsregelungen für das von der Antragsgegnerin betriebene Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) für die Jahre 2015 und 2016 festgelegt wurden.

Die Antragstellerin auf der einen und die Beigeladenen auf der anderen Seite hatten sich für das Jahr 2014 noch auf eine Vereinbarung zur Vergütung der Leistungen des SPZ der Antragstellerin geeinigt. Zur Regelung der Vergütung für die Jahre 2015 und 2016 rief die Antragstellerin die Schiedsstelle nach § 18 a Krankenhausentgeltgesetz (KHG) für das Land Brandenburg die Antragsgegnerin an. Die Antragstellerin beantragte dort u. a. die Festsetzung einer Fallpauschale in Höhe von 522,01 EUR pro Fall und Quartal für das Jahr 2015. Die Gegenseite beantragte u. a., für das Jahr 2015 eine Vergütungspauschale in Höhe von 296,16 EUR je Patient und Quartal bis zu einer Behandlungsfallzahl von 2200 pro Kalenderjahr und in Höhe von 236,93 EUR je Patient und Quartal für darüber hinausgehende Behandlungsfälle festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beschloss aufgrund mündlicher Verhandlung am 16. Juni 2016 u. a., für 2015 eine Fallpauschale in Höhe von 348,43 EUR für eine maximale Fallzahl pro Kalenderjahr von 2200 Fällen. Bei einer Überschreitung der vereinbarten Fallzahl sollten die mehr erbrachten Fälle mit einer um 20 v. H. reduzierten Fallpauschale vergütet werden. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin u. a. aus, der Vergütungsanspruch der Antragstellerin gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei umfassend. Alle Leistungen, die ein SPZ an seinen Patienten erbringe, seien in die Bemessung der Vergütung nach § 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB V einzubeziehen, insbesondere alle Leistungen der Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie (Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG , Urteil vom 29. Juli 2011 – B 6 KA 34/10 R, juris Rdnr. 10, Rdnr. 11). Eine finanzielle Ausgliederung einzelner Leistungen innerhalb der Behandlung eines Patienten finde nicht statt. Soweit zu einer sozialpädiatrischen Behandlung im SPZ Frühförderleistungen gehörten, d. h. solche Leistungen, die bei isolierter Betrachtung an sich auch eine Frühförderstelle erbringen könnte, handele es sich, da der Patient in der Behandlung des SPZ stehe, um eine von den Krankenkassen gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB V zu finanzierende Leistung. Das SPZ könne nicht darauf verwiesen werden, für einen Teil der sozialpädiatrischen Gesamtbehandlung die Sozialhilfeträger in Anspruch nehmen zu müssen. Das Leistungsspektrum des SPZ der Antragstellerin umfasse nur solche Leistungen, die von den Krankenkassen gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB V zu finanzieren seien. Dies ergebe sich aus den Ausführungen der Ärztlichen Leiterin des SPZ. Diese habe in der mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2016 dargelegt, dass sich ihr SPZ auf solche Leistungen konzentriere. Es erbringe keine anderweitig zu finanzierenden Leistungen wie z. B. sogenannte Komplexleistungen im Sinne der §§ 8, 9 Frühförderungsverordnung (FrühV in der Fassung vom 24. Juni 2003; BGBl. I Seite 998). Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben. Die Antragsgegnerin habe keinen Anlass gehabt, weiter nachzuforschen. Mehr als eine solche Vernehmung sei selbst bei Zugrundelegung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht erforderlich. Anhaltspunkte für eine mangelnde Glaubhaftigkeit der ärztlichen Leiterin seien nicht ersichtlich. Da die Leistungen gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB V ganz von den gesetzlichen Krankenkassen zu finanzieren seien, sei kein Raum dafür, das SPZ ganz oder auch nur teilweise auf andere Zahler zu verweisen. In der Vergütungsvereinbarung 2014 sei dies jedoch hinsichtlich der Regelung in Anlage 5 der Fall gewesen. Darin habe es – in Fortführung gleichartiger Vertragsformulierungen jedenfalls seit 1998 – geheißen: "Die Vertragspartner vereinbaren ( ...) eine Fallpauschale in Höhe von 339,83 Euro. Die zu Lasten der Krankenkassen abrechnungsfähige Fallpauschale beträgt ( ...) 288,85 Euro (85 v. H.). Der von Seiten der Krankenversicherung nicht gedeckte Betrag ist von den Sozialhilfeträgern aufzubringen." In einem Vertrag mit einem Leistungserbringer, der keine Komplexleistungen im Sinne der §§ 8, 9 FrühV erbringe und daher keinen Vergütungsanspruch gegen Sozialhilfeträger haben könne, den Anschein zu erwecken, er würde trotz einer nur 85-prozentigen Zahlung der Krankenkassen dennoch ein 100-prozentiges Vergütungsvolumen einfahren können, könne nicht akzeptiert werden. Demgegenüber greife auch nicht der Einwand, die Antragstellerin selbst habe sich auf die Formulierung einer 85% zu 15% -Aufteilung eingelassen. Ihr könne nicht vorgehalten werden, sie hätte überblicken müssen, bei ihrer Leistungsstruktur letztlich nur 85 % der Vergütung erhalten zu können. Ein solcher Vorhalt gegenüber einem Leistungserbringer sei angesichts der wenig übersichtlichen Gemengelage mit vielfältigen Leistungen und verschiedenen Leistungsträgern nicht legitim. Das besondere – engere – Leistungsspektrum des SPZ der Antragstellerin, dessen Leistungsspektrum sich nur auf solche Leistungen erstrecke, die von den Krankenkassen gemäß § 120 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB V zu finanzieren seien, kennzeichne den vorliegenden Fall. Als Folgerung aus diesen Verhältnissen sei die 2014 vereinbarte Fallpauschale in Höhe von 339,83 EUR in voller Höhe die Grundlage für die Vergütungssteigerungen gemäß der Veränderungsrate. Die Steigerungsrate für 2015 betrage 2,53 % und die für 2016 2,95 %. Daraus errechneten sich Vergütungspauschalen von 348,43 EUR für 2015 und 358,71 EUR für 2016. Soweit die Antragsgegner hiergegen u. a. einwandten, das Ergebnis laufe darauf hinaus, dass die Ausgabensteigerungen für das SPZ der Antragstellerin faktisch 15 % zzgl. der Steigerungsraten betrage, sei dies im Hinblick auf den Grundsatz der Beitragssatzstabilität ein gewichtiger, aber nicht durchschlagender Einwand. Es sei Folge dessen, dass sie mit der Antragstellerin eine Vergütungsvereinbarung geschlossen hätten, die den Anschein erweckt habe, die Antragstellerin würden insgesamt die 100 % (im Jahr 2014 339,83 EUR) je Behandlungsfall erhalten. Aus der in der Vergangenheit erfolgten eigenen Zahlung nur von 85 % könnten die Antragsgegner nicht herleiten, auch in Zukunft nur gemäß der Ausgangsbasis von 85 % zzgl. Veränderungsraten zahlen zu müssen.

Gegen diesen ihr am 1. August 2016 zugegangenen Schiedsspruch erhob die Beigeladene zu 1) am 30. August 2016 Klage beim hiesigen Gericht gegen die Antragsgegnerin mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, über die Anträge der Beteiligten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Klagebegründung hat sie ausgeführt, die Antragsgegnerin habe die 85%:15%-Aufteilung in der Vergütungsvereinbarung 2014 nicht akzeptiert und infolge dessen ausgelegt. Der Vergütungsstruktur von 85:15 liege eine langjährige einvernehmliche Vertragspraxis mit allen SPZ in Brandenburg zugrunde. Die Antragsgegnerin habe sich für ihre Entscheidung ausschließlich auf die Erklärung der Ärztlichen Leiterin des SPZ, Frau Dr. M, gestützt. Deren Behauptung, dass im SPZ keine Leistungen der Frühförderung erbracht würden, auch keine Komplexleistungen im Sinne der §§ 8, 9 FrühV, sei von der Antragstellerin zuvor weder schriftsätzlich noch in den Vertragsverhandlungen erhoben worden. Obwohl die Krankenkassen zur Historie auch bezüglich anderer SPZ und zum Zahlungsverhalten seitens der anderen Träger vorgetragen hätten, habe die Antragsgegnerin keine weiteren Ermittlungen angestellt. Die Aussage der Ärztlichen Leiterin hätte als Parteivortrag gewürdigt werden müssen. Die Antragstellerin hätte sich fragen lassen müssen, weshalb sie SPZ Abrechnungen gegenüber den Sozialhilfeträgern vorgenommen habe, wenn das SPZ nach eigenem Bekunden gerade keine Leistungen der Frühförderung und solche im Sinne der §§ 7, 8 FrühV erbracht habe. Wenn es solche Leistungen nicht gegeben habe, bleibe klärungsbedürftig, was tatsächliche Grundlage für erfolgte Abrechnungen gewesen sei. Im Ergebnis sei die zentrale Annahme der Antragsgegnerin, dass das SPZ keine Leistungen der Frühförderungen und auch keine Leistungen im Sinne der §§ 7, 8 FrühV erbringe, zweifelhaft und nicht frei von Widersprüchen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass weitergehende Ermittlungen zu einer anderen Sachlage führten. Gleichzeitig liege ein Verstoß gegen die Angemessenheitsvermutung vor, wonach vereinbarte oder festgesetzte Vergütungsregelungen der Vorjahre die Vermutung ihrer Angemessenheit in sich trügen. In der Sache sei ferner die Antragsgegnerin nicht zu einer Vertragsauslegung der Vergütungsvereinbarung 2014 berufen gewesen. Streitigkeiten über die Auslegung von bereits geschlossenen Verträgen seien nämlich nicht schiedsfähig. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Auslegung überschreite den eindeutigen Wortlaut sowie die erkennbare Regelungsabsicht. Dem Wortlaut des Abs. 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung 2014 sei zu entnehmen, dass die Krankenkassen rechtlich verpflichtet würden, ausschließlich 288,85 EUR zu vergüten. Davon abweichend entnehme die Antragsgegnerin der Vereinbarung eine zusätzliche Einstandsverpflichtung der Krankenkassen für Vergütungen seitens der Träger der Sozialhilfe, für die die Krankenkassen explizit nicht zur Zahlung verpflichtet worden seien. Sie begründe eine Art gesamtschuldnerische Haftung der Krankenkassen neben den Trägern der Sozialhilfe. Auch liege mit einer Erhöhung bzw. Vergütungssteigerungen von 20,62 % bzw. 24,18 % ein Verstoß gegen den Grundsatz der Beitragsstabilität vor. Der Schutz der Versichertengemeinschaft vor Beitragserhöhungen infolge überproportionaler Vergütungssteigerungen wiege höher als der Schutz von Krankenhäusern vor den Folgen ihres eigenen Verhaltens in der Vergangenheit.

Am 1. Dezember 2016 hat die Antragstellerin beim hiesigen Gericht ein Antragsverfahren nach § 86 b Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht. Dabei hat die Antragstellerin zunächst als Antragsgegnerin die AOK Nordost, die jetzige Beigeladene zu 1), benannt. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2017 hat die Antragstellerin erklärt, ihr Antrag richte sich gegen die Schiedsstelle. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klage der Beigeladenen zu 1) habe aufschiebende Wirkung nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG. Damit sei nach der vertraglichen Regelung die bisherige Vergütung entsprechend der Vereinbarung 2014 fortzuzahlen. Die Klage werde erfolglos bleiben. Zutreffend habe die Antragsgegnerin als Grundlage für die Steigerung der Vergütung die für das Jahr 2014 vereinbarte Fallpauschale zu 100 % angesetzt. Die dort vereinbarte Absenkung auf 85 % sei als Vertrag zu Lasten Dritter nicht mit den §§ 137, 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vereinbar. Die Aussage ihrer Ärztlichen Leiterin des SPZ sei richtig. Das SPZ erbringe keine anderweitig zu finanzierenden Leistungen wie z. B. Komplexleistungen im Sinne der §§ 8, 9 FrühV. Ihr – der Antragstellerin – könne auch nicht vorgehalten werden, sich bis 2014 nur mit 85 % des ihr zustehenden Vergütungsvolumens begnügt zu haben. Ihr könne nicht vorgehalten werden, sie habe überblicken müssen, letztlich nur 85 % der Vergütung zu erhalten. Für die Zahlung der weiteren nicht-ärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen gäbe es keine landeseinheitlichen Regelungen. Es gäbe keine Vereinbarungen zwischen ihrem SPZ und Sozialhilfeträgern. Seit Jahren bestehe eine finanzielle Unterdeckung im SPZ der Antragstellerin. Dies resultiere im großen Umfang daraus, dass die Sozialhilfeträger den 15 % Anteil nicht an das SPZ entrichteten. Eine Quersubventionierung des SPZ durch das Krankenhaus der Antragstellerin sei im Hinblick darauf, dass auch die Krankenhausbudgets gedeckelt seien, nicht möglich. Es bestehe die reelle Gefahr, dass das SPZ zum Nachteil der behandelten Kinder den bisherigen Umfang nicht weiter aufrechterhalten könne. Der notwendige Ausbau des SPZ zum Abbau der Wartezeiten von derzeit sechs bis zwölf Monaten könne nicht vorgenommen werden. Durch die Suspendierung der höheren Vergütungen könnten seit 2014 eingetretene Kostensteigerungen insbesondere durch Tarifsteigerung im Personalbereich nicht abgedeckt werden. Die Fortführung der Vergütungspauschale des Jahres 2014 ohne Berücksichtigung der in den Folgejahren eingetretenen Kostensteigerungen führe dazu, dass das Defizit der Antragstellerin weiter wachse.

Sie beantragt,

die sofortige Vollziehung des Beschlusses der Antragsgegnerin anzuordnen. Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.

Sie führt aus, eine Entscheidung über die Anordnung einer sofortigen Vollziehung allein aufgrund einer Würdigung ihres Schiedsspruches könne kaum getroffen werden. Die Aussage, der Schiedsspruch sei klar rechtmäßig, könne kaum ohne Weiteres getroffen werden, genau so wenig wie eine Wertung, dass er klar rechtswidrig sei. Maßgeblich für die Interessenabwägung müsse deshalb die individuell-finanzielle Situation der Antragstellerin sein. Sie habe bislang keine neuen Erkenntnisse gefunden, welche sie veranlassen könnte, vom in der Hauptsache streitgegenständlichen Schiedsspruch abzurücken. § 43 a SGB V sei ohne Relevanz für den hier maßgeblichen Maßstab für die Bestimmung der Vergütungsansprüche in § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Zu möglichen Ausgrenzungen nicht-ärztlicher Leistungen aus dem Finanzierungsanspruch des SPZ für Leistungen nach § 119 SGB V nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB V sei darauf hinzuweisen, dass es für sogenannte Komplexleistungen Sonderregelungen gäbe, vgl. §§ 26 Abs. 2 Nr. 2, 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, 56 Abs. 2 SGB IX i. V. m. § 32 SGB IX, §§ 6, 9 FrühV. Dabei handele es sich um die Kombination von Leistungen einer Frühförderstelle und eines SPZ. Dafür gelte eine Mischfinanzierung. Entgeltmäßig seien, vgl. § 9 FrühV, sowohl der Sozialhilfeträger als auch der Rehabilitationsträger unter Berücksichtigung auch von Landeszuwendungen eingebunden, so dass sich insoweit wohl ergeben könne, dass Leistungen des SPZ letztlich von anderen Institutionen als den Krankenkassen (mit) finanziert würden. Diesen Sonderregelungen, die möglicherweise eine Modifikation der an sich den Krankenkassen obliegenden Finanzierungspflicht gemäß §§ 119, 120 Abs. 2 Satz 1 ergeben könnten, brauche im vorliegenden Verfahren aber nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn das hier betroffene SPZ erbringe nach den bisher vorliegenden Tatsachenfeststellungen keine Komplexleistungen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

den Antrag auf sofortige Vollziehung abzulehnen.

Zur Begründung trägt sie vor, ein besonderes Vollzugsinteresse liege nicht vor. Ihre eigene Klage habe nicht nur geringe Erfolgsaussichten. Rechtsfolge eines Vertrages zu Lasten Dritter sei nach allgemeinen Grundsätzen nicht, dass der wirksam vertraglich verpflichtete Vergütungsschuldner die Verpflichtung des Dritten ersatzweise mit zu übernehmen habe. Dass sich im Vertrag 2014 der von den Kassen geschuldete Betrag je Fall nicht 339,83 EUR, sondern nur 288,85 EUR betragen sollten, ergebe sich daraus, dass die Vertragspartner die fallzahlabhängige Abstaffelung nur von einer Ausgangsvergütung von explizit 288,85 EUR vereinbart hätten und nicht konsequenterweise von 339,83 EUR. Ihres Erachtens ergäben sich gesetzliche Bestimmungen für die Ausgrenzung nicht-ärztlicher Leistungen aus dem Finanzierungsanspruch des SPZ nach den §§ 119, 120 SGB V. Der Vergütungsanspruch richte sich nach seinem Aufgabenspektrum gemäß § 119 SGB V, also ausschließlich nach leistungserbringerrechtlichen Vorschriften. Der Umfang müsse sich ausschließlich am Umfang des Leistungsrechts, d. h. hier an § 43 a SGB V, orientieren. Die Vergütungspflicht der Krankenkasse könne nicht weiter reichen als die der Vergütung zugrunde liegenden leistungsrechtlichen Verpflichtungen. Mit der Einführung der 85: 15 Regel seien die Finanzierungsverpflichtungen der Krankenkassen weiterhin zu 100 % abgedeckt gewesen, und die Finanzierungspflicht der Krankenkassen habe keine Absenkung um 15 % erfahren. Selbst wenn es sich so verhalten sollte, dass die Antragstellerin keine Leistungen nach der FrühV, auch keine Komplexleistungen im Sinne der §§ 8, 9 FrühV erbringe, bleibe es dabei, dass vieles dafür spreche, dass die Antragstellerin für erbrachte Leistungen in jedem Fall Einnahmen über die Sozialhilfeträger erziele. Je nach Verständnis würden diese Leistungen nicht nur als Leistungen nach der FrühV bzw. als Komplexleistungen qualifiziert. Auf Grundlage einer solchen Einnahmesituation gebe es entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) gerade keine Auslegungsnotwendigkeit der Kostenteilungsregelung zu Lasten der Krankenkassen. Unter Beachtung dieser Einnahmesituation habe die vertraglich vereinbarte Kostenteilung bis heute ihre Berechtigung. Bei der Betrachtung von Vergütungsregelungen und deren Kalkulationsgrundlagen müsste die Einnahmesituation in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Rein vorsorglich werde vorgetragen, dass die Kostenaufteilungsregel entgegen der Auffassung der Antragstellerin zumindest mittelbar im Ergebnis auch die Sozialhilfeträger binde. Diese seien über die Rahmenvereinbarung Brandenburg gebunden. Dort sei in § 4 Abs. 4 Rahmenvereinbarung bestimmt, dass sich die Vergütung nach den Bestimmungen des SGB V richte. Unabhängig hiervon ergebe sich mittelbar eine Bindung aus dem Umstand, dass die Sozialhilfeträger keine eigenen Vergütungsvereinbarungen geschlossen hätten. Die Sozialhilfeträger seien verpflichtet, den vom SPZ in Rechnung gestellten Kostenansatz zu übernehmen, solange der jeweilige Sozialhilfeträger keine eigene Vergütungsvereinbarung geschlossen habe In der Sache werde nochmals betont, dass die bis 2014 vertraglich vereinbarten 15 % für anderweitige Aufwendungen der Sozialhilfeträger vorgesehen seien. Sofern die Antragstellerin tatsächlich keine solchen Leistungen erbringe bzw. erbracht habe, bleibe es bei der zu Lasten der krankenkassenabrechnungsfähigen Pauschale in Höhe von 85 %. Es gehe vorliegend nicht nur um rein finanzielle Interessen, die jederzeit durch Rückabwicklung ausgeglichen werden könnten. Es drohe nämlich ein kassenspezifischer Zusatzbeitrag. Dieser wirke sich nachteilig auf die Marktposition der Krankenkasse aus.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

1. Er ist zulässig. Das LSG Berlin-Brandenburg ist als Gericht der Hauptsache zuständig. Für Klagen gegen Schiedsstellen sind erstinstanzlich die Landessozialgerichte zuständig, §§ 51 Abs. 1 Satz 2 SGG, 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Zuständig ist der Senat als solcher für Vertragsarztrecht. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGG gehören zu den Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten, Vertragszahnärzten (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 10 Abs. 2 Satz 1 SGG) unter anderem Klagen wegen der Vergütung nach § 120 SGB V. Die Formulierung "Klagen wegen der Vergütung nach § 120 SGB V" erfasst nicht nur Leistungsbegehren im Einzelfall, sondern auch Streitigkeiten im Zusammenhang mit den nach § 120 Abs. 2 SGB V zu treffenden Vergütungsvereinbarungen. Da die Schiedsstelle nach § 120 Abs. 4 SGB V an die Stelle der Vertragsparteien tritt, wenn eine Vereinbarung nicht zustande kommt, gehören auch die Klagen gegen die Festsetzung der Vergütung durch die Schiedsstelle zum Vertragsarztrecht. Dass die Entscheidung von der nach § 18a Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) zu bildenden Schiedsstelle getroffen wird, steht dem nicht entgegen, obgleich im Schiedsverfahren die Krankenkassen und die Träger der Einrichtungen beteiligt sind, nicht aber Vertreter der Vertragsärzte. Entscheidend ist jedoch, dass die SPZ im Wege der Ermächtigung nach § 119 Abs. 1 SGB V in die vertragsärztliche Versorgung eingebunden sind (BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R –, BSGE 119, 43-57, Rdnr. 16 mit Bezugnahme auf BT-Druck 17/6764 S. 26 u. Rdnr. 20).

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung anordnen.

Hier hat die Klage der Beigeladenen zu 1) gegen den Schiedsspruch der Antragsgegnerin aufschiebende Wirkung.

In der Hauptsache ist ein Neubescheidungsbegehren gemäß § 54 Abs. 1 i. V. m. § 131 Abs. 3 SGG mit dem Ziel, einen inhaltlich neuen Schiedsspruch zu erreichen, die richtige Klageart. Die Festsetzung der Vergütung durch die Schiedsstelle nach § 120 Abs. 4 SGB V ist als Verwaltungsakt anzusehen. Die Schiedsstelle nach § 18a KHG wird als Stelle tätig, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) wahrnimmt und damit als Behörde im funktionalen Sinne (BSG, a. a. O. Rdnr. 21) Die Schiedsstelle trifft hier eine Regelung mit unmittelbarer Rechtswirkung (§ 31 Satz 1 SGB X). Anders als nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist aber nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG nicht nur die Leistungsklage zu erheben, sondern eine Anfechtungs- und eine Neubescheidungsklage. Im Gegensatz zu § 80 Abs. 1 VwGO kommt der Klage hier deshalb nach § 86a Abs. 1 S. 1 SGG als Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zu.

Der Zulässigkeit der Klage und damit deren aufschiebender Wirkung steht auch nicht entgegen, dass ein Vorverfahren nach § 78 SGG nicht durchgeführt worden ist. Zwar liegt einer der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG ausdrücklich genannten Fälle, in denen es eines Vorverfahrens nicht bedarf, nicht vor. Eine gesetzliche Vorschrift, die ausdrücklich bestimmt, dass es für Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 120 Abs. 4 SGB V i. V. m. § 18a Abs. 1 KHG eines Vorverfahrens nicht bedarf, gibt es nicht. Die Entbehrlichkeit der Durchführung eines Vorverfahrens ergibt sich aber aus der Eigenart der Tätigkeit der Schiedsstelle, die bei der Vergütungsfestsetzung an die Stelle der Vertragsparteien tritt. Der Zweck des Vorverfahrens, im Interesse des Rechtsschutzes des betroffenen Bürgers eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen, wird bei der Überprüfung einer Festsetzung durch diejenigen, die dieses Ergebnis in einer bestimmten Verhandlungssituation erzielt haben, nicht erreicht. In der besonderen Situation der Vertragsgestaltung durch eine Schiedseinrichtung kann eine Überprüfung nur im gerichtlichen Verfahren erfolgen. Für die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 120 Abs. 4 SGB V i. V. m. § 18a Abs. 1 KHG gilt insofern nichts anderes als für die Entscheidung des Schiedsamtes nach § 89 SGB V (BSG, a. a. O. Rdnr. 24).

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Im Hauptsacheverfahren kann sie sich -als Beigeladene- auf ihre Rechte aus dem streitbefangenen Schiedsspruch berufen bzw. wäre bei einem für sie negativen Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens befugt, Rechtsmittel zu erheben (vgl. zur Antragsbefugnis bei Klagebefugnis in der Hauptsache (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Keller, SGG, 11. A. 2014, § 86b Rdnr. 8)

Bei dem Austausch des Antragsgegners durch die Antragstellerin handelt es sich um eine sachliche Antragsänderung. Ganz allgemein ist der gewillkürte Beteiligtenwechsel ein Fall der Klageänderung. Diese ist im Rahmen des Dispositionsgrundsatzes einem Kläger bzw. hier Antragsteller unbenommen.

Als solche ist sie nach § 99 Abs. 1 SGG sachdienlich. Einer förmlichen Beiladung bedurfte es nicht, weil die AOK Nordost von Anfang an Verfahrensbeteiligte gewesen ist. Richtiger Antragsgegnerin ist die Schiedsstelle. Diese ist der Klagegegner in der Hauptsache (vgl. Keller a. a. O.). Dafür lässt sich anführen, dass das vorläufige Rechtsschutzverfahren ein Annexverfahren zu dem in der Hauptsache ist. Die Schiedsstelle könnte zudem die Antragstellerin "klaglos" stellen, indem sie selbst nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung anordnet.

2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

2.1 Von Bedeutung ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nur bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung, die einen Dritten entweder begünstigen oder belasten. Der von dem Verwaltungsakt Begünstigte hat ein Interesse an seiner sofortigen Vollziehung; der von ihm Belastete hat den Rechtsbehelf eingelegt und daher ein Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Zwischen diesen Interessen ist eine Abwägung vorzunehmen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. Dezember 2016 – L 1 KR 268/16 B ER –, juris-Rdnr. 46 mit Bezugnahme auf Wehrhahn in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 86b, Rdnr. 27). Eine solche Situation liegt hier vor. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG handelt es sich um eine gerichtliche Interessenabwägung nach pflichtgemäßem Ermessen, bei welcher die für und gegen einen Sofortvollzug sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen sind. Maßgeblich ist dabei primär, ob das Hauptsacherechtsmittel voraussichtlich erfolglos bleiben oder zur Aufhebung des angegriffenen Bescheides führen wird, weil dieser sich als rechtswidrig darstellt und auch ein Klägerrecht verletzt. Keinesfalls besteht ein öffentliches Interesse an der Vollziehung rechtswidriger Maßnahmen. Da jedoch nach § 86a Abs. 1 S. 1 SGG die aufschiebende Wirkung der Regelfall auch für Klagen gegen Schiedssprüche nach § 120 SGB V darstellt, rechtfertigt das Ergebnis der summarischen Prüfung, dass das Hauptsacherechtsmittel voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, für sich alleine nicht den Sofortvollzug. § 86a Abs. 2 Nr. 5, 2. Alt SGG fordert für die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Sozialträger im Interesse eines Beteiligten, dass dessen Interesse überwiegen müssen.

Hier überwiegt jedoch das Interesse der Antragstellerin und der Allgemeinheit am Sofortvollzug des Schiedsspruches der Antragsgegnerin gegenüber dem Interesse der Beigeladenen am Fortbestand aufschiebender Wirkung.

2.2 Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren alleine möglichen summarischen Prüfung wird die von der Beigeladenen zu 1) in der Hauptsache erhobenen Klage eher erfolglos bleiben. Dies spricht bereits mit Gewicht für ein Überwiegen des Sofortvollzugsinteresses der Antragstellerin, da ihr damit zumindest vorläufig die höheren Vergütungen gegenüber der aktuell fortgeltenden Vereinbarung 2014 zustehen.

Nach § 119 Abs. 2 SGB V soll ein SPZ die Versorgung derjenigen Kinder sicherstellen, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können und deshalb auf die Leistungen gerade eines SPZ angewiesen sind. Seine Aufgabe und Versorgungsfunktion liegt in der gleichzeitigen integrierten multidisziplinären Arbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften. Dies betrifft die gesamte Behandlung, also Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie (vgl. Marburger, jurisPR-SozR 4/2012 Anm. 5). Für die Vergütung der ärztlichen und nicht-ärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen der SPZ bei Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie sind die Regelungen des § 120 Abs. 2 ff SGB V maßgebend (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 34/10 R Rdnr. 10 mit Bezugnahme auf Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2011, K § 85 Rdnr.106a).

Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V wird die Vergütung der Leistungen eines SPZ von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen gemeinsam mit den Krankenhäusern oder den sie vertretenden Vereinigungen im Land vereinbart. Kommt eine Vereinbarung nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V ganz oder teilweise nicht zustande, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 KHG auf Antrag einer Vertragspartei die Vergütung fest (§ 120 Abs. 4 SGB V), in Brandenburg die Antragsgegnerin. In materieller Hinsicht muss nach § 120 Abs. 2 Satz 3 SGB V die Vergütung die Leistungsfähigkeit des SPZ bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten. Die Vergütung kann pauschaliert werden, § 120 Abs. 3 Satz 1 SGB V.

Der Schiedsstelle kommt bei der Festsetzung der Vergütung für SPZ ein Gestaltungsspielraum zu. Deshalb unterliegt der Schiedsspruch nur in eingeschränktem Umfang einer gerichtlichen Kontrolle. Die Schiedssprüche sind ebenso wie die von ihnen ersetzten Vereinbarungen der vorrangig zum Vertragsabschluss berufenen Vertragsparteien auf Interessenausgleich angelegt und haben Kompromisscharakter. Insofern gelten die gleichen Maßstäbe wie bei der Überprüfung der Entscheidungen der Schiedsämter nach § 89 SGB V (BSG, Urteil vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 20/14 R – Rdnr. 26). Sie sind nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der vom Schiedsspruch zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob -insoweit auch in materieller Hinsicht- das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, insbesondere die maßgeblichen rechtlichen Vorgaben beachtet hat, die auch für die Vertragsparteien gelten. Nach Maßgabe dieser Prüfungsbefugnis ist es dem Senat eröffnet, den angefochtenen Schiedsspruch nicht nur in formeller Hinsicht, sondern im Umfang des Streitgegenstandes des Revisionsverfahrens auch inhaltlich zu überprüfen (BSG, a. a. O.).

Formelle und materielle Mängel vermag der Senat hier bei Anwendung der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren alleine möglichen summarischen Prüfung nicht zu erkennen.

In formeller Hinsicht geht es primär darum, ob die Schiedsstelle den von ihr zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise erkennen lässt. (Sonnhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 120 SGB V Rdnr. 32).

Es ist hier nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Schiedsverfahren der Beklagten nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat und/oder deren Vortrag nicht gewürdigt hat. Der -recht umfassend begründete- Schiedsspruch nimmt zu den hier streitigen Punkten (Notwendigkeit weiterer Sachverhaltsaufklärung [?], Vergütungsanhebung "um 15% und zudem die Veränderungsraten") dezidiert Stellung.

Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der von der Schiedsstelle zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob die Schiedsstelle den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d. h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat (Sonnhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 120 SGB V Rdnr. 32).

Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Vergütung nach § 120 Abs. 2 SGB V ist die Leistungsfähigkeit des SPZ bei wirtschaftlicher Betriebsführung (BSG, a. a. O. Rdnr. 28). Der Senat folgt dabei der Auffassung der Antragstellerin und der Antragsgegnerin, dass für die Berechnung der Vergütung alle vom SPZ nach § 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB V erbrachten Leistungen der Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie einzubeziehen sind (BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 34/10 R , juris Rdnr. 10).

Soweit die Antragsgegnerin als hierfür relevant die Leistungen angesehen hat, welche im Vertrag für 2014 100% der Kosten ausmachen, obgleich die Krankenkassen davon nur 85% übernehmen sollten, hat sie aus Sicht des Senats nicht den Vertrag für 2014 "ausgelegt", sondern für 2015 eine neue Regelung getroffen, welches die Kosten sind. Bereits deshalb kann sich die Beigeladene zu 1) nicht erfolgreich auf das Urteil des BSG vom 31. Mai 2016 B 1 KR 39/15 R – (Rdnr. 16) berufen und ausführen, Abrechnungsbestimmungen seien eng am Wortlaut orientiert auszulegen und allenfalls unterstützend durch systematische Erwägungen, Bewertungen und Bewertungsrelationen blieben hingegen außer Betracht. Die Ausführungen des BSG haben sich zudem speziell auf die Anwendung des EBM bezogen.

Die Antragsgegnerin durfte im Rahmen der Vereinbarung für 2015 die bisherige Regelung beenden und als Vergütungsbasis 100 % statt wie bisher 85%ansetzen:

Dass sich bereits in den Vorjahren der Gegenstand der Vergütungsvereinbarung ("die 100%) zusätzlich auf Kosten für weitere Leistungen des SPZ erstreckt hat (welche nicht von den Krankenkassen, sondern von anderen zu tragen waren), lässt sich bereits dem Vertragswerk für 2014 nicht entnehmen

In der Vereinbarung des Jahres 2014 sind die Leistungen als Grundlage der Vereinbarung in § 3 ausdrücklich definiert.

"Die Leistungen des SPZ umfassen die ärztlich verantwortete Diagnostik, Behandlungsplanung und Therapie sowie die auf ärztliche Veranlassung erbrachten nicht-ärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen, soweit sie gemäß § 119 SGB V i. V. m. § 43 a SGB V in den Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung fallen."

Soweit die Beigeladene zu 1) vortragen will, ein SPZ erbringe Leistungen, welche zwar zum Aufgabengebiet nach § 119 SGB V gehörten, wofür aber nicht die Krankenkassen aufzukommen hätten, weil der Leistungsanspruch der versicherten Kinder und Jugendliche aus § 43a SGB V nur einen Teil des Aufgabengebietes umfasse, widerspricht es der angeführten Rechtsprechung, wonach Gegenstand der Vergütung nach § 120 Abs. 2 SGB V alle Aufgaben nach § 119 SGB V sind.

"Belastbare Ansätze" dafür, dass -wie die Beigeladene zu 1) meint- das BSG in seinem Urteil vom 29. Juni 2011 (B 6 KA 34/10 R) den von der Schiedsstelle herangezogenen "Umfassungsgrundsatz" möglicherweise doch nicht so gesehen habe, weil es sich insoweit nicht um einen entscheidungserheblichen Rechtssatz gehandelt habe, sieht der hier erkennende Senat nicht. Er folgt dem BSG, auch soweit es sich nur um ein obiter dictum gehandelt hat.

Nicht ersichtlich ist aber auch, dass die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung überhaupt Leistungspositionen umfasst, auf die die versicherten Kinder und Jugendlichen nicht nach § 43 a Abs. 1, Abs. 2 SGB V einen Anspruch hätten.

Die Schiedsstelle konnte also -in anderen Worten- konstatieren, dass die Antragstellerin bis einschließlich 2014 auf 15% der ihr gegenüber den Kassen zustehenden Vergütung verzichtet hat, weil die Vertragspartner der Annahme waren, die Sozialhilfeträger würden hierfür -aus welchen Gründen auch immer- aufkommen.

Nach den Vorgaben des BSG im Urteil vom 13. Mai 2015 (B 6 KA 20/14 R – Rdnr. 32, 35; ähnlich für eine andere Materie: Urteil vom 13. August 2014 – B 6 KA 6/14 R Rdnr. 40 und 44) sind Steigerungen der Vergütungen auch über die bloße Veränderungsrate aufgrund gestiegener Lohn- und Sachkosten etc. hinaus unter anderem dann möglich, wenn in den Vorjahren fehlerhaft kalkuliert wurde und jetzt höhere Kostensätze verwendet werden. Einen solchen Sachverhalt hat hier der Sache nach die Antragsgegnerin zutreffend angenommen. Eine Verletzung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität scheidet aus, wenn die Krankenkasse bisher gesetzwidrig zu wenig leisten mussten.

Auch die Frage, ob ein SPZ mit einer Begrenzung seines Leistungsspektrums auf die Aufgaben nach § 119 SGB V eine Aufgaben voll erfülle bzw. ob ein Angebot von Komplexleistungen (vgl. § 30 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch -SGB IX) mit zum Leistungsspektrum eines SPZ gehören muss, ist nicht im Rahmen des Schiedsverfahrens um den Vergütungsanspruch nach § 120 SGB V zu klären.

Soweit die Beigeladene zu 1) vortragen will, die Antragstellerin verlange eine Vergütung ausschließlich von den Krankenkassen, obgleich für einen Teil (15%) auch der jeweilige Sozialhilfeträger gesamtschuldnerisch mit der jeweiligen Krankenkasse verpflichtet sei und es deshalb rechtswidrig sei, von einem Gesamtschuldner die Gesamtsumme zu fordern, ist dies nicht zugkräftig.

Die Schiedsstelle darf anstelle der Vertragsparteien alles regeln, was die Vertragsbeteiligten selbst regeln könnten. Ein Gesamtschuldner kann sich gegenüber dem Gläubiger verpflichten, die Gesamtschuld zu übernehmen. Nach BGB kann sich der Gläubiger sowieso an einen seiner Schuldner alleine halten, § 421 S. 1 BGB. Die Frage, inwieweit aus Vertrauensschutzgründen die Kassen darauf vertrauen durften, die bisherige Verteilung werde auch künftig beachtet, ist gerichtlich nicht überprüfbar sondern gehört zum Freiraum der Schiedsstelle.

Im Kern wendet sich die Beigeladene zu 1) gegen den streitgegenständlichen Schiedsspruch der Antragsgegnerin, weil sie darin ihren Vorwurf gegen die Antragsgegnerin nicht relevant berücksichtigt sieht, diese trage zu den Abrechnungen ihres SPZ gegenüber Sozialhilfeträgern unrichtig vor bzw. erhalte Gelder von diesen, für welche sie nunmehr aufgrund der Aufstockung von 85% zu 100% auch solche von den Krankenkassen fordere.

Auch diese Angriffe gegen die Aufklärung des Sachverhaltes durch die Antragsgegnerin und deren Schluss, nicht von unwahren Aussagen der Antragstellerin auszugehen, greifen nicht.

Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, die gebotene Sachverhaltsermittlung durch Vernehmung der ärztlichen Leiterin des SPZ vorgenommen zu haben. Die Beigeladene zu 1) regt bis jetzt nur Ermittlungen ins Blaue an und erhofft sich lediglich, Indizien aufzufinden für ihre Behauptung der Falschaussage.

Der Senat sieht keine Veranlassung, im Rahmen des hiesigen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes an der Richtigkeit der Aussage der Ärztlichen Leiterin des SPZ der Antragstellerin zu zweifeln.

Darin ändert sich auch nichts dadurch, dass der Vorhalt, es spreche vieles dafür, dass die Antragstellerin auch für Leistungen, die sich nicht als solche der FrühV darstellten, Gelder der Sozialhilfeträger vereinnahme, nur als Vorwurf ungerechtfertigter Doppelabrechnung angesehen werden kann, letztlich als Vorwurf eines (versuchten) Abrechnungsbetruges. Alleine, weil sich damit die Beigeladene zu 1) bzw. die für sie Handelnden ihrerseits möglicherweise dem Vorwurf einer Straftat aussetzen, ändert sich nichts an dessen ungenügendem Substanzgehalt.

Es ist bislang weder vorgetragen oder belegt, dass das SPZ dieselbe Leistung tatsächlich doppelt in Rechnung gestellt hat. Alleine aus dem Umstand, dass ungeachtet des Vortrages, keine Leistungen zu erbringen, die nicht unter §§ 119, 120 II SGB V fielen, Rechnungen an Sozialhilfeträger aktenkundig sind, folgt dies nicht. Denn es kann sich aus Sicht der Antragstellerin um die vergeblichen Bemühungen gehandelt haben, von einem unzuständigen Leistungsträger Gelder zu erhalten, weil sie bis einschließlich 2014 gegenüber den Kassen auf 15% der ihr zustehenden Vergütung verzichtet hat.

Auch das Argument der Beigeladenen zu 1), die 85% zu 15%-Regelung sei vor vielen Jahren auf Wunsch der SPZ selbst eingeführt worden unter Hinweis auf eine Erörterung zwischen dem zuständigen Bundesministerium und den einschlägigen Verbänden zur Umsetzung des § 43a SGB V, ist ohne Beweisrelevanz.

Nach § 4 Abs. 2 der Vereinbarung 2014 hatte zuletzt das SPZ pro Quartal eine Leistungsdokumentation zu erstellen und den Krankenkassen zu übersenden. In der Anlage 2 der Vergütungsvereinbarung sind die vom SPZ zu erbringenden und dem Leistungsrahmen der GKV unterfallenden Leistungen genannt. In dieser Leistungsaufstellung sind keine Komplexleistungen und keine als Frühförderleistung gekennzeichneten Maßnahmen aufgeführt. Dies stützt die Aussage der Antragstellerin.

Der Senat braucht abschließend nicht dazu Stellung zu nehmen, ob der Schiedsspruch der Antragsgegnerin hinsichtlich der eigentlichen Veränderungsrate und der Abschlagsregelung bei Überschreiten der Regelfallzahl im vollen Umfang rechtmäßig ist. Die Beteiligten greifen dies im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht an.

2.3 Neben den Interessen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1), bereits vorläufig von den Vergütungsregeln des Schiedsspruches zu profitieren bzw. einstweilen davon verschont zu bleiben, tritt das öffentliche Interesse an einer adäquaten Betreuung der im SPZ zu betreuenden Kinder und Jugendlichen. Unstreitig bestehen (zu) lange Wartezeiten, welche den Sofortvollzug hier selbst dann rechtfertigten, wenn von offenen Erfolgschancen im Hauptsacheverfahren auszugehen wäre.

Es ist im öffentlichen Interesse, dass Streitigkeiten zwischen Sozialhilfeträgern zwischen diesen und nicht direkt oder indirekt zu Lasten der auf die Leistungen Angewiesenen ausgetragen werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Kostenschuldner ist nach dieser Vorschrift "der unterliegende Teil". Wer den Rechtsstreit verliert und wer gewinnt, richtet sich nicht nach der formalen Beteiligtenstellung, sondern nach dem materiellen Interesse und den gestellten Anträgen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Juli 2014 – 1 ME 71/14 , juris-Rdnr. 23). Die Antragsgegnerin hat hier zwar keinen Antrag gestellt, ist der Sache nach aber der Beigeladenen zu 1) beigetreten

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGB i. V. m. §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 GKG. Auszugehen ist -wie allgemein- vom Interesse der Antragstellerin. Diese hat dargelegt, die streitige Vergütungsdifferenz betrage für 2015 und 2016 jeweils (mindestens) 181.492,85 EUR. Da vorliegend nur eine vorläufige Regelung erstritten werden soll, war als Hälfte nur der Betrag eines Jahres anzusetzen. Der Streitwert des konkreten Hauptsacheverfahrens mit anderen Beteiligtenrollen, bei dem das Interesse der Beigeladenen als dortiger Klägerin in den Blick zu nehmen ist, ist davon unberührt. Soweit die Beigeladene zu 1) vorträgt, nach ihren Recherchen hätten die gesetzlichen Krankenkasse für 2015 nur rund 131.000 EUR und 2016 rund 153.000 EUR bezahlt, führt dies im Rahmen der Schätzung nicht zu einem niedrigeren Streitwert. Es ist nämlich weder bekannt, ob die Recherchen valide sind und ob damit alle Leistungen bereits abgegolten sind.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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