L 3 AS 2153/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 AS 4838/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2153/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klageverfahren. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum Januar 2011 bis einschließlich Oktober 2011.

Der im Juli 1978 geborene Kläger bewohnt seit August 2008 eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 60 qm in A., Landkreis B.-C ... Ausweislich des Mietvertrags vom 31.07.2008 zahlte der Kläger auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum eine monatliche Miete in Höhe von 450,00 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 100,00 EUR monatlich. Die Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 100,00 EUR monatlich umfasste dabei ohne weitere Aufschlüsselung die Heizkosten sowie die Kosten für die Warmwasseraufbereitung, für Wasser, Abwasser, für die Grundsteuer, für die Gebäude-, Haftpflicht- und Leitungswasserversicherung, für den Kaminfeger, für den Allgemeinstrom, für Schönheitsreparaturen sowie weitere Nebenkosten. Mit Schreiben vom 25.08.2008 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass seine Unterkunftskosten aus leistungsrechtlicher Sicht unangemessen hoch seien. Man fordere ihn daher auf, sich umgehend und intensiv darum zu bemühen, seine Unterkunftskosten auf das angemessene Maß zu senken. Man werde die unangemessen hohen Kosten für Unterkunft und Heizung nur so lange anerkennen, wie intensive und ergebnislose Bemühungen nachgewiesen würden, in der Regel aber maximal sechs Monate. Mit Bewilligungsbescheid vom 28.08.2008 wurde der Kläger erneut auf die aus Sicht des Beklagten unangemessen hohen Kosten der Unterkunft und die Obliegenheit zur Reduzierung derselben hingewiesen. Nachdem der Kläger zwischenzeitlich aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war, wurde er mit neuerlicher Antragstellung im Mai 2009 wiederum mit gesondertem Schreiben auf die aus Sicht des Beklagten unangemessen hohen Unterkunftskosten hingewiesen und zu Kostensenkungsmaßnahmen aufgefordert. Ab Dezember 2009 bewilligte der Beklagte dann nur noch Arbeitslosengeld II (Alg II) unter Berücksichtigung von aus seiner Sicht angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 352,54 EUR.

Mit Bescheid vom 07.10.2010 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 26.03.2011 und 12.04.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II in Höhe von zuletzt 728,44 EUR (Regelbedarf 364,00 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 364,44 EUR) für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.04.2011. Mit weiterem Bescheid vom 12.04.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis 31.10.2011 ebenfalls monatlich 728,44 EUR (364,00 EUR Regelsatz, 364,44 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung).

Mit Bescheid vom 07.10.2011 bewilligte der Beklagte Alg II für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 30.04.2012 in Höhe von wiederum monatlich 728,44 EUR. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit dem Ziel der Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2011 zurück. Auf die hiergegen erhobene Klage hin verurteilte das Sozialgericht Freiburg (SG) den Beklagten, für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 30.04.2012 Kosten der Unterkunft auf der Grundlage einer Bruttokaltmiete in Höhe von 363,00 EUR zu gewähren und wies im Übrigen die Klage ab (Urteil vom 01.02.2013, S 20 AS 6037/12). Die sich hieran anschließende Berufung unter dem Aktenzeichen L 7 AS 1644/13 fand ihren Abschluss auf Grund einer Erledigterklärung des Klägers.

Bereits am 13.11.2012 hat der Kläger die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 12.04.2011 (betreffend den Zeitraum Mai bis Oktober 2011) nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) beantragt. Mit weiterem Antrag vom 19.11.2012 beantragte der Kläger weiterhin die Überprüfung des Änderungsbescheides vom 12.04.2011, bezogen auf den Bewilligungszeitraum Januar bis April 2011. Zur Begründung führte der Kläger jeweils aus, die Kosten der Unterkunft seien rechtswidrig berechnet worden, insbesondere entspreche das angewandte Konzept nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG). Mit Bescheiden vom 19.11.2012 (bezogen auf den Zeitraum Mai bis Oktober 2011) und vom 30.11.2012 (bezogen auf den Zeitraum Januar bis April 2011) lehnte der Beklagte eine Rücknahme der beiden Bescheide vom 12.04.2011 und die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass die angegriffenen Bescheide nicht zu beanstanden seien. Einen weiteren Überprüfungsantrag des Klägers, gerichtet gegen den Änderungsbescheid vom 26.03.2011, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2013 ab, da der Änderungsbescheid vom 26.03.2011 durch den Änderungsbescheid vom 12.04.2011 ersetzt worden und damit nicht mehr existent sei.

Mit zwei weiteren Änderungsbescheiden vom 20.03.2013 änderte der Beklagte auf den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 19.11.2012 und 30.11.2012 die Bewilligung für den Zeitraum Januar bis April 2011 und für Mai bis Oktober 2011 dahingehend ab, dass für den gesamten Zeitraum nunmehr monatlich 765,00 EUR (364,00 EUR Regelbedarf, 363,00 EUR Grundmiete, 38,00 EUR Kosten der Heizung) gewährt wurden. Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.03.2013 wies der Beklagte im Übrigen den Widerspruch gegen die Bescheide vom 19.11.2012 und 30.11.2012 zurück. Zwar entspreche das von ihm, dem Beklagten, aufgestellte Konzept nicht den Anforderungen des BSG, so dass grundsätzlich die tatsächlichen Wohnkosten zu übernehmen seien. Die Übernahme der Wohnkosten finde jedoch ihre Grenze in den Tabellenwerten zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG). Unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags stehe dem Kläger eine Bruttokaltmiete in Höhe von 363,00 EUR zu. Durch diesen Pauschalbetrag seien nunmehr die Kaltmiete wie auch sämtliche kalten Nebenkosten abgegolten. Daneben würde man noch Heizungskosten in angemessener Höhe gewähren. Da der Vermieter nur eine Vorauszahlung in Höhe von insgesamt 100,00 EUR monatlich fordere und eine konkrete Aufteilung der Kosten nach kalten Nebenkosten und Heizungskosten nicht möglich sei, bediene sich der Beklagte den Feststellungen des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den Kosten der Unterkunft. Danach seien als für einen Einpersonenhaushalt angemessene Heizkosten ohne Kosten für Warmwasseraufbereitung ein Betrag in Höhe von monatlich 38,00 EUR anzunehmen. Insgesamt könnten damit für den streitbefangenen Zeitraum Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 401,00 EUR monatlich anerkannt werden. Der Beklagte hat in beiden Widerspruchsverfahren weiterhin sich jeweils bereit erklärt, die notwendigen Aufwendungen zu einem Fünftel zu erstatten.

Der Kläger hat gegen die beiden Widerspruchsbescheide jeweils gesondert am 23.04.2013 Klage beim SG erhoben, die das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung, zuletzt unter dem Aktenzeichen S 19 AS 4838/14, verbunden hat. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, eine Aufteilung der Nebenkosten in kalte Nebenkosten und Heizkosten könne nicht vorgenommen werden, da im streitigen Zeitraum eine pauschale Vorauszahlung an den Vermieter in Höhe von 100,00 EUR erfolgt sei. Da die kalten Nebenkosten nicht feststellbar seien, dürften die gesamten anfallenden Nebenkosten der Angemessenheitsgrenze nach § 12 WoGG hinzurechnen sein. Hinsichtlich der Kostenquote im Widerspruchsverfahren habe er das Konzept des Beklagten im Ganzen angefochten, weshalb die Kosten im Widerspruchsverfahren vollständig zu übernehmen seien.

Der Kläger hat auf Anforderung des SG die Nebenkostenabrechnung vom 17.01.2013 über den Abrechnungszeitraum 2011 vorgelegt. Entsprechend eines hieraus hervorgehenden Anteils der Heizkosten an den gesamten Nebenkosten in Höhe von 71 % hat der Beklagte für das Jahr 2011 weitere 33,00 EUR monatlich im streitigen Zeitraum und damit insgesamt Heizkosten in Höhe von 71,00 EUR anerkannt und weiterhin sein Konzept zur Feststellung von angemessenen Kaltmieten vom 01.05.2009 vorgelegt. Der Kläger hat das Anerkenntnis nicht angenommen.

Mit Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 09.02.2016 hat das SG den Beklagten verurteilt, dem Kläger im Zeitraum Januar bis November 2011 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 33,00 EUR zu bewilligen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass, wovon hier auch der Beklagte zutreffend ausgegangen sei, das Konzept des Beklagten zur Bemessung der Mietobergrenze kein schlüssiges Konzept darstelle und auch mit gerichtlicher Unterstützung keine Nachbesserung mehr möglich sei. Daher sei auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % zurückzugreifen, wobei der Beklagte auch unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten zutreffend die Mietenstufe III herangezogen habe. Wie anhand der Unterschiede bezüglich kultureller Angebote, weiterführender Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und ärztlicher Versorgung deutlich werde, könne die Gemeinde A. weder mit D. noch mit Bad E., die jeweils eine höhere Mietenstufe einnähmen, verglichen werden. Nach alledem sei in der "Raumschaft F." keine einheitliche Mietenstufe anzusetzen und müsse es bei der für den Landkreis B.-C. geltenden Mietenstufe III verbleiben. Nachdem der Kläger bereits im Mai 2009 zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufgefordert worden sei und sich nicht um eine solche Senkung bemüht habe, sei der Beklagte auch berechtigt gewesen, ab Dezember 2009 lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen. Im Übrigen seien auch keine über die zuletzt anerkannten 71,00 EUR monatlich hinausgehenden Heizkosten belegt. Letztlich sei auch die vom Beklagten angesetzte Kostenquote in den beiden streitgegenständlichen Widerspruchsverfahren nicht zu beanstanden. Die vom Beklagten ermittelte Kostenquote entspreche dem Verhältnis der erst im Widerspruchsverfahren bewilligten Unterkunftskosten zu den ursprünglich nicht übernommenen Unterkunftskosten.

Gegen das dem Kläger am 12.05.2016 zugestellte Urteil hat dieser am 10.06.2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und diese damit begründet, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Gemeinde A. im Hinblick auf die Mietenstufe nicht zumindest mit der Gemeinde Bad E. vergleichbar sein sollte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. Februar 2016 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 19. November 2012 und 30. November 2012 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 20. März 2013 und der Widerspruchsbescheide vom 25. März 2013 zu verurteilen, die Bescheide vom 12. April 2011 zurückzunehmen und dem Kläger für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Oktober 2011 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch unter Zugrundelegung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 550,00 EUR monatlich zu gewähren.

hilfsweise,

seine entstandenen notwendigen Aufwendungen für die beiden streitgegenständlichen Widerspruchsverfahren in voller Höhe zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 16.06.2015 (B 4 AS 44/14 R) die Bildung von sog. Raumschaften durch den Beklagten in seinem Flächenlandkreis mit vielen Klein- und Kleinstgemeinden, für die kein Mietspiegel vorliege, gebilligt. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte, den erfolgten Zuschnitt der insgesamt sieben Raumschaften in Frage zu stellen. Danach sei die Gemeinde A. der "Raumschaft F." und nicht der "Raumschaft Bad E. und Umgebung" zugeordnet, so dass sich schon aus diesem Grund eine Orientierung an den Mietstufen für Bad E. verbiete. In der "Raumschaft F." wiederum seien D. der Mietenstufe IV und G. der Mietenstufe III zugeordnet, woraus deutlich werde, dass innerhalb dieser Raumschaft das Mietniveau gerade nicht einheitlich sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg II für den streitigen Zeitraum, als in der angefochtenen Entscheidung tenoriert. Das SG hat unter Berücksichtigung des Anerkenntnisses des Beklagten die Klage im Ergebnis zu Recht im Übrigen abgewiesen.

Streitgegenstand ist die Höhe des Alg II im Zeitraum von Januar bis Oktober 2011 und damit der Änderungsbescheid vom 12.04.2011, mit dem der Beklagte letztmalig über die Höhe des Alg II für den Zeitraum Januar bis April 2011 entschieden hat, sowie der Bewilligungsbescheid vom 12.04.2011, mit dem der Beklagte Alg II für den Zeitraum Mai bis Oktober 2011 bewilligt hat. Entgegen der Auffassung des SG hat der Beklagte über diesen Zeitraum nicht erneut durch den - den hier zu prüfenden Bescheiden vom 12.04.2011 zeitlich nachfolgenden - Bescheid vom 07.10.2011 entschieden. Vielmehr hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 07.10.2011 erstmalig über die Höhe des Alg II für den anschließenden Zeitraum November 2011 bis April 2012 entschieden. Dementsprechend hat der Kläger im anschließenden Verfahren vor dem SG (S 20 AS 6037/12) auch nur diesen Zeitraum zur Überprüfung gestellt und das SG in seiner Entscheidung vom 01.02.2013 auch nur über diesen, hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum entschieden.

Soweit das SG in der hier zur Überprüfung gestellten Entscheidung im Tenor - im klaren Widerspruch zu dem Anerkenntnis des Beklagten, auf das Bezug genommen wird, zu den Entscheidungsgründen und auch zum Antrag des Klägers - zusätzlich eine Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung höherer Leistungen auch für den Monat November 2011 ausgesprochen hat, kann dahingestellt bleiben, ob dies ein Fall einer Urteilsberichtigung nach § 138 SGG ist oder damit § 123 SGG verletzt ("ne ultra petita") worden ist. Denn weder hat der Kläger die über den Klageantrag hinausgehende Begünstigung in seinen Berufungsantrag, auch nur hilfsweise, übernommen, noch hat sich der Beklagte hiergegen, gegebenenfalls im Wege der Anschlussberufung, zur Wehr gesetzt, so dass der Senat hierüber nicht zur Entscheidung berufen ist.

Die Klage ist unter Berücksichtigung des gegenüber dem SG abgegebenen Teilanerkenntnisses des Beklagten unbegründet. Der Kläger hat nach diesem Teilanerkenntnis gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II für den hier einzig streitigen Zeitraum Januar bis Oktober 2011. Darüber hinaus kommt dem Kläger auch kein Anspruch auf Übernahme höherer Kosten für die dem Klageverfahren vorausgegangenen beiden Widerspruchsverfahren zu.

Soweit der Kläger höheres Alg II für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.10.2011 geltend macht, hat der Beklagte hierüber bestandskräftig mit Bescheiden vom 12.04.2011 entschieden. Ein möglicher Anspruch des Klägers auf Rücknahme dieser Bescheide ergibt sich damit alleinig aus § 44 SGB X. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB II längstens für einen Zeitraum von einem Jahr vor der Rücknahme erbracht, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Jahreszeitraums, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Gemessen daran hat der Kläger - jedenfalls nach dem Anerkenntnis des Beklagten - keinen weitergehenden Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 12.04.2011 und auf Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheiden vom 12.04.2011 in Gestalt der Bescheide vom 20.03.2011 und unter Berücksichtigung des Anerkenntnisurteils des SG sind dem Kläger zuletzt monatlich 798,00 EUR im hier streitigen Zeitraum zuerkannt worden (Regelbedarf in Höhe von 364,00 EUR zuzüglich Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 434,00 EUR monatlich). Ein höherer Anspruch kommt dem Kläger nicht zu.

Der Kläger war auch in dem hier streitigen Zeitraum Berechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II, weil er auch im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.10.2011, in dem die hier streitigen Zeiten liegen, das 15. Lebensjahr bereits vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig war (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und auch hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II war, da ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts weder zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen noch Hilfe von anderen zur Verfügung stand (vgl. § 9 SGB II). Der Kläger hatte weiterhin seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).

Als Berechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II hatte der Kläger gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II Anspruch auf Alg II in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts; dieses umfasst den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Der Beklagte hat für den streitgegenständlichen Zeitraum den Regelbedarf gemäß § 20 SGB II zutreffend mit 364,00 EUR monatlich festgelegt. Mehrbedarfe im Sinne des § 21 SGB II liegen beim Kläger nicht vor.

Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum beliefen sich insgesamt auf 550,00 EUR (450,00 EUR Nettokaltmiete, 100,00 EUR pauschale Nebenkostenvorauszahlung). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Feststellung der ab¬strakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsrahmen zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wunschstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt BSG, Urteil vom 16.06.2015, a.a.O.).

Der Senat greift für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.02.2002 (GABl. 2002, 240) in der Fassung vom 22.01.2004 (GABl. 2004, 248) zurück (vgl. BSG a.a.O.). Hiernach ist für Alleinstehende eine Wohnungsgröße bis zu 45 qm Gesamtwohnfläche angemessen.

Bei der Festlegung der "Raumschaft F." als örtlich maßgebendem Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat der Beklagte die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung auf Grund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen (BSG a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.

Die "Raumschaft F." repräsentiert den südlichen Teil des Landkreises B.-C. und setzt sich aus den Gemeinden H., I., K.-L., M., A., N., D., G. und O. zusammen. Die Gemeinde A. mit 2.746 Einwohnern (Stand 31.12.2015) befindet sich im ländlichen Raum, ca. 15 km südlich von P. entfernt und ist zu klein, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1.378,33 qm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, für die ein Mietspiegel nicht besteht, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog. "Raumschaften" zusammengefasst hat (BSG a.a.O.). Die "Raumschaft F." mit der ehemaligen Kreisstadt D. als Zentrum umfasst gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden im Süden der Stadt P. und stellt auch unter Berücksichtigung seiner ländlichen Prägung insgesamt einen homogenen Lebens- und Wohnbereich dar. Dem gegenüber zeichnet sich die angrenzende "Raumschaft Bad E. und Umgebung" mit Bad E., Q., R., S. und T. durch einen deutlich verdichteten Charakter nahe der Großstadt P. aus. Angesichts der hinter dem Vergleichsraum "Raumschaft F." stehenden Einwohnerzahl von insgesamt 55.618 Einwohner (Stand 31.12.2015) hat der Beklagte den Vergleichsraum auch nicht zu eng bestimmt (vgl. BSG a.a.O.).

Zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche ist ein sog. schlüssiges Konzept zugrunde zu legen. Dieses schlüssige Konzept sollte eine hinreichende Gewähr bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarkts wiedergegeben werden (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/7 b 44/06 R, juris). Nach den Grundsätzen, welche das BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt hat, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Stellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig (BSG, Urteil vom 16.06.2015, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und - aufbereitung nachzuholen. Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwendige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht mehr entwickelt werden kann.

Das BSG hat zum hier maßgeblichen, zum 01.05.2009 in Kraft getretenen, Konzept des Beklagten in der Entscheidung vom 16.06.2015 (a.a.O.) ausgeführt, dass das für die "Raumschaft Umland P." erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann. Das BSG hat im Einzelnen hierzu wie folgt ausgeführt:

"Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).

Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.

Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden."

Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung in vollem Umfang an. Nachdem der Beklagte sein Konzept für seinen gesamten Zuständigkeitsbereich, d.h. nicht nur für die "Raumschaft Umland P.", sondern auch für die weiteren sechs Raumschaften seines Zuständigkeitsbereichs, darunter die hier interessierende "Raumschaft F." einheitlich nach den gleichen Maßstäben erstellt hat, liegen die vom BSG beklagten strukturellen Mängel - die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments bei ausschließlicher Heranziehung von Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage, die fehlende realitätsgerechte Abbildung der aktuellen Situation bei Neuanmietungen sowie die Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten - in gleicher Weise bei der Bestimmung der angemessenen Kaltmieten für die "Raumschaft F." vor. Aus den gleichen Gründen, aus denen das BSG eine Nachbesserung des Konzepts des Beklagten für die "Raumschaft Umland P." nicht mehr für möglich erachtet hat, kommt eine solche auch für die "Raumschaft F." nicht mehr in Betracht.

Der Kenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich (BSG, Urteil vom 22.03.2012, B 4 AS 16/11 R, juris). Die Tabellenwerte des hier maßgeblichen § 12 WoGG in der Fassung vom 09.12.2010 deckeln die dann grundsätzlich zu übernehmenden tatsächlichen Aufwendungen im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze (BSG a.a.O.) In ihnen sind die ansonsten ebenfalls abstrakt zu ermittelnden kalten Betriebskosten enthalten (vgl. § 9 Abs. 1 WoGG). Es ist dabei auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" von 10 % einzubeziehen (BSG a.a.O.).

Dabei folgt der Senat dem Beklagten und dem SG insoweit, als diese für den Wohnort des Klägers, A., von der für den Landkreis B.-C. insgesamt geltenden Mietenstufe III ausgegangen sind. Gemäß der Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) in der hier anzuwendenden Fassung vom 15.12.2008 mit Gültigkeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2015 ist für den Kreis B.-C. mit Ausnahme der Gemeinden Bad E., Breisach am Rhein, Gundelfingen, D., G. am Rhein und Titisee-Neustadt die Mietenstufe III festgestellt worden. Die Feststellung einer gesonderten Mietenstufe für die übrigen Gemeinden, darunter A., ist unterblieben, da das Mietniveau vom statistischen Bundesamt nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10.000 und mehr gesondert festgestellt wird ( § 12 Abs. 3 WoGG). Mangels der Bestimmung eines eigenständigen Mietniveaus wird für die Gemeinden der "Raumschaft F." mit Ausnahme der bereits genannten Städte D. und G. daher das Mietniveau für den gesamten Landkreis B.-C., also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.

Auch unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse (vgl. zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 16.06.2015, a.a.O.) bleibt es dabei, dass die insgesamt für den Landkreis B.-C. zugrunde gelegte Mietenstufe III auch für die Verhältnisse im Vergleichsraum, der "Raumschaft F.", als repräsentativ angesehen werden muss. Die in den Vergleichsraum mit einbezogene Stadt D. mit einer eigenen ausgewiesenen Mietenstufe IV kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl wie auch ihrer Funktion als Mittelzentrum mit einer Vielzahl kultureller Angebote, weiterführenden Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und ärztlicher Versorgung, wie bereits das SG ausgeführt hat, nicht als repräsentativ für die ansonsten ausschließlich ländlich geprägte "Raumschaft F." mit einer ganzen Reihe von kleinen und sehr kleinen Gemeinden angesehen werden. Andererseits belegt die ausdrücklich festgestellte Mietenstufe III für die gleichfalls im Vergleichsraum gelegene Stadt G., dass die insgesamt für den - durch teilweise sehr unterschiedliche Verhältnisse in topographischer, ökonomischer, kultureller und infrastruktureller Weise geprägten - Flächenlandkreis B.-C. festgelegte Mietenstufe III jedenfalls für die regionalen Verhältnisse der "Raumschaft F." durchaus repräsentativ ist. Die Mietenstufe III ist daher über die Stadt G. hinaus, für die sie ausdrücklich festgestellt ist, auch für die weiteren Klein- und Kleinstgemeinden, aus der sich die "Raumschaft F." im Wesentlichen zusammensetzt, repräsentativ und zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum heranzuziehen.

Unter Berücksichtigung der Mietenstufe III ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Ein-Personen-Haushalt des Klägers von 363,00 EUR monatlich (330,00 EUR zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 %) für das Jahr 2011. Die tatsächlichen, darüber liegenden Kosten der Unterkunft waren, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, auch nicht nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu übernehmen, da der Kläger wiederholt, zuletzt mit Schreiben des Beklagten vom 26.05.2009, auf die unangemessene Höhe seiner Unterkunftskosten hingewiesen worden und zur Einleitung kostensenkender Maßnahmen aufgefordert worden ist. Dessen ungeachtet hat der Kläger zu keiner Zeit Maßnahmen zur Reduzierung seiner Kostenunterkunft behauptet, geschweige denn nachgewiesen. Anhaltspunkte für eine Unmöglichkeit oder eine fehlende Zumutbarkeit, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Damit war der Beklagte jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum ohne Weiteres berechtigt, lediglich noch die angemessenen Kosten der Unterkunft bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen.

Auch soweit der Beklagte und ihm folgend das SG in seiner Entscheidung in die Bedarfsberechtigung (lediglich) monatliche Heizkosten in Höhe von 71,00 EUR eingestellt haben, ist dies nicht zu beanstanden. Dabei muss die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG a.a.O.). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten (wie vorliegend) gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind dabei allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung, wohingegen nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (BSG a.a.O.). Aufgrund dessen kommt - entgegen der Auffassung des SG und des Beklagten - der im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens vorgelegten Nebenkostenabrechnung vom 17.01.2013 über den Abrechnungszeitraum 2011 und über die darin dokumentierten Heizkosten in diesem Abrechnungszeitraum keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu.

Im vorliegenden Fall, in dem die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung auf Grund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten auch im streitigen Zeitraum nicht beziffert waren - vielmehr sieht der nach wie vor gültige Mietvertrag von 2008 eine pauschale Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 100,00 EUR monatlich vor - sind in einem ersten Schritt zur Ermittlung der als aufgewandt anzusehenden Heizkosten von den Vorauszahlungen in Höhe von 100,00 EUR monatlich die abstrakt angemessenen Betriebskosten je qm abzusetzen (BSG a.a.O.).

Soweit das BSG in der genannten Entscheidung für die Feststellung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten "im Ausgangspunkt" die Heranziehung örtlicher Betriebskostenübersichten und die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte für vorrangig erachtet, ist festzustellen, dass solche örtlichen Betriebskostenübersichten für das Jahr 2011 weder für das Gebiet der Gemeinde A., noch für den Landkreis B.-C. existieren. Der Senat hat deshalb keine Bedenken, auf den Betriebskostenspiegel für Baden-Württemberg des Deutschen Mieterbundes, Mieterverein Stuttgart, für das Jahr 2011 zurückzugreifen. Durch die Beschränkung auf Baden-Württemberg - gegenüber dem Betriebskostenspiegel für Deutschland des Deutschen Mieterbundes - ist noch eine hinreichende Berücksichtigung der regionalen Unterschiede gewahrt. Danach zahlen Mieter in Baden-Württemberg durchschnittlich monatlich 0,98 EUR kalte Betriebskosten pro Quadratmeter und machen die kalten Betriebskosten ca. 45 % der tatsächlich gezahlten Betriebskosten aus. Bezogen auf den konkreten Einzelfall würde dies einen Anteil von rund 45,00 EUR monatlich an den 100,00 EUR Nebenkostenvorauszahlungen ausmachen, der bereits durch den Betrag nach der Wohngeldtabelle zuzüglich des Sicherheitszuschlags gedeckt ist. Demgegenüber ist der Beklagte von 71,00 EUR Heizkosten monatlich ausgegangen und hat diese auch in vollem Umfang bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft berücksichtigt, so dass der Beklagte - zugunsten des Klägers - von kalten Nebenkosten in Höhe von lediglich 29,00 EUR ausgegangen ist. Dass der vom Beklagten letztlich angenommene Wert von kalten Betriebskosten in Höhe von 29,00 EUR keinesfalls zu hoch gegriffen ist - sondern eher zu niedrig, wodurch der Kläger, wie dargestellt, ausschließlich begünstigt wird - belegt im Übrigen auch die im Verlauf des Jahres 2010 erfolgte Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009. Danach beliefen sich für das Abrechnungsjahr 2009 die kalten Betriebskosten auf insgesamt 442,21 EUR; sie betrugen damit pro Monat 36,85 EUR.

Ausgehend von den abstrakt-generell angemessenen kalten Betriebskosten in Höhe von 45,00 EUR sind beim Kläger (lediglich) 55,00 EUR Heizkosten monatlich als aufgewandt anzusehen. Nachdem der Beklagte, wie bereits ausgeführt, aber von 71,00 EUR monatlich als Heizkostenvorauszahlung ausgegangen ist, ist eine Bedarfsunterdeckung im Hinblick auf die als aufgewandt anzusehenden Heizkosten ausgeschlossen. In wie weit die monatlich als aufgewandt anzusehenden Heizkosten in Höhe von 55,00 EUR als weitere Voraussetzung im streitigen Zeitraum auch angemessen waren, kann hier dahingestellt bleiben, da der Beklagte sogar weitergehend die höheren tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 71,00 EUR monatlich in vollem Umfang übernommen hat. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten als aufgewandt anzusehenden Heizkosten errechnet sich ein Bedarf des Klägers in Höhe von insgesamt 782,00 EUR monatlich (364,00 EUR Regelbedarf, 363,00 EUR Kosten der Unterkunft inklusive der kalten Betriebskosten und 55,00 EUR Heizkostenvorauszahlung). Der Beklagte hat dem Kläger unter Berücksichtigung seines Anerkenntnisses indes mit 798,00 EUR monatlich einen höheren Anspruch zuerkannt. Ein noch weitergehender Anspruch besteht nicht, weshalb die Berufung insoweit zurückzuweisen ist.

Auch der Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Das SG hat in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt, weshalb die vom Beklagten angesetzte Kostenquote in den beiden Widerspruchsbescheiden nicht zu beanstanden ist. Der Senat weist die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Anerkenntnis des Beklagten in erster Instanz. Denn entgegen der Auffassung des SG ist, wie bereits dargestellt, nach der Rechtsprechung des BSG die Vorlage einer nachträglichen Betriebs- oder Heizkostenabrechnung ohne Bedeutung. Das Anerkenntnis des Beklagten in Höhe von 33,00 EUR entspricht, bezogen auf das insgesamt geltend gemachte höhere Alg II in Höhe von 149,00 EUR - der Senat geht mangels konkretem Antrag des Klägers davon aus, dass er die Kosten der Unterkunft und Heizung in voller Höhe geltend macht -, einer Erfolgsquote von knapp 20 vom Hundert. Weiterhin war in der Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass der Kläger im Berufungsverfahren in vollem Umfang unterlegen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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