Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KR 218/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 399/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 55/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit für die Teilnahme an einem Reha-Sport in Gruppen ist auf den Einzelfall abzustellen und hierbei auf den Schweregrad der Beeinträchtigung unter Berücksichtigung des rehabilitativen Zwecks des Gemeinschaftserlebnisses, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können.
2. Der Übergang zwischen Reha-Sport und allgemeiner Wirbelsäulengeymnastik in einem Sportverein oder der VHS ist fließend.
2. Der Übergang zwischen Reha-Sport und allgemeiner Wirbelsäulengeymnastik in einem Sportverein oder der VHS ist fließend.
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. August 2014 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2012 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für die Teilnahme am Rehabilitationssport (Reha-Sport) in Höhe von 250.- EUR.
Der 1947 geborene Kläger und Berufungsbeklagte beantragte am 8. Februar 2012, eingegangen am 24. Februar 2012, unter Vorlage einer Verordnung für Rehabilitationssport des Allgemeinarztes Dr. H. die erneute Kostenübernahme für Rehabilitationssport Gymnastik (auch im Wasser) / Schwimmen. Dies diene zum Erhalt der Beweglichkeit. Es handele sich um 50 Übungseinheiten.
2007 hatte die Beklagte und Berufungsklägerin einen entsprechenden Antrag genehmigt, 2009 abgelehnt.
Mit Bescheid vom 18. April 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) gingen aus der Verordnung keine Gründe für eine nochmalige Kostenübernahme hervor.
Im Widerspruch verwies der Kläger auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Juni 2008 (B 1 KR 31/07 R) und vom 2. November 2010 (B 1 KR 8/10 R). Die Beklagte holte eine (erneute) Stellungnahme des MDK vom 18. Mai 2012 ein. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe nicht hervor, dass eine außergewöhnliche Gesundheitsstörung entsprechend der Sonderregelung in der Rahmenvereinbarung zur Durchführung von Reha-Sport vorliege. Eine Weiterführung der aus medizinischer Sicht bei Wirbelsäulenleiden unzweifelhaft empfehlenswerten sportlichen Betätigung obliege der Eigenverantwortung des Klägers.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2012 zurück. Es sei, gestützt auf die Stellungnahme des MDK, eine medizinische Notwendigkeit für die weitere Kostenübernahme von Reha-Sport nicht gegeben. Der Kläger sei durch die bisherige Teilnahme in die Lage versetzt, erlernte Übungen eigenverantwortlich, ggf. auch auf eigene Kosten, durchzuführen. Das in der Widerspruchsbegründung zitierte Urteil des BSG vom 2. November 2010 finde in diesem Fall keine Anwendung. Vielmehr sei die medizinische Notwendigkeit jeweils im Einzelfall festzustellen.
Mit der Klage zum Sozialgericht Landshut hat der Kläger (weiterhin) Mittel zur Durchführung von Rehabilitationssport begehrt. Er hat sich nochmals auf die Rechtsprechung des BSG bezogen und Ausfertigungen weiterer sozialgerichtlicher Urteile übermittelt. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass zu den bisherigen Leiden im August 2012 eine Thrombose und eine Lungenembolie hinzugekommen seien. Während des Klageverfahrens ist ferner ausgeführt worden, dass zu dem bereits bei der Verordnung bekannten Wirbelsäulenleiden eine starke Arthrose im Hüftgelenk, zwei versteifte Rückenwirbel sowie laut MRT-Bericht vom 15. Januar 2014 starke Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule (HWS) hinzugetreten seien. Er befinde sich daher seit Dezember 2013 in orthopädischer Behandlung sowie in weiterer krankengymnastischer Behandlung - letztmalig seien im August 2013 Leistungen der physikalischen Therapie wegen Wirbelsäulenleidens beantragt worden.
Die Beklagte hat weiterhin die medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports verneint. In diesem Sinne sei die Rechtsprechung des BSG zu verstehen. § 11 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) sei zu beachten. In einer erneuten Stellungnahme des MDK vom 17. Mai 2013 ist dieser nochmals zu dem Ergebnis gekommen, dass der Reha-Sport beim Kläger medizinisch nicht notwendig sei. Durch die verordnungsbegründende Diagnose "WS-Leiden" drohe weder eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit noch liege diese vor. Ein dem Reha-Sport gleichwertiger Effekt sei mit regelmäßigen Übungsstunden im Sportverein zu erzielen. Reha-Sport in Gruppen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sollte sich, wie auch das BSG deutlich zum Ausdruck gebracht habe, auf Fälle beschränken, bei denen der rehabilitative Gruppeneffekt zu Lasten der Solidargemeinschaft medizinisch notwendig im Sinne des § 11 SGB X sei.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 1. August 2014 unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2012 verurteilt, die Kosten für die Teilnahme des Klägers am Rehabilitationssport auf Grundlage der Verordnung vom 8. Februar 2012 in Höhe von 250.- EUR zu erstatten. Der Kostenerstattungsanspruch für den durchgeführten Reha-Sport in Gruppen sei nach §§ 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 in Verbindung mit §§ 11 Abs. 2 S. 1 letzter Fall, 43 Abs. 1 SGB V, 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX gegeben. Der Reha-Sport sei beim Kläger geeignet, notwendig und wirtschaftlich. Das Sozialgericht hat sich dabei auf die Verordnung des Dr. H., den ausgefüllten Fragebogen zur Klärung eines weiteren Bedarfs von Rehabilitationssport vom 29. März 2012 sowie die MDK-Stellungnahmen vom 18. Mai 2012 und 17. Mai 2013 gestützt. Im Unterschied zum Funktionstraining handele es sich beim Reha-Sport nicht um eine bloße Hilfe zur Selbsthilfe, wie sich aus dem Urteil des BSG vom 2. November 2010 (B 1 KR 8/10 R) ergebe. Es sei unbeachtlich, ob eine eigenverantwortliche Durchführung des Reha-Sports möglich sei und über welche individuellen Vorkenntnisse der Leistungsberechtigte verfüge. Auch die Verweisung auf Training in anderer Form, z.B. durch Eigenübungen oder die Teilnahme an anderen Trainingsmaßnahmen wie Gymnastikgruppen im Sport, sei rechtlich nicht relevant. Das Sozialgericht hat insbesondere ausgeführt:
"Die Kammer vertritt die Auffassung, dass es gemessen am Sinn und Zweck der ergänzenden Maßnahme, Betroffenen im Rahmen ihrer medizinisch notwendigen Rehabilitation und Krankenbehandlung auch sportlich Gruppenaktivitäten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen, nicht darauf ankommt, dass die Versicherten möglicherweise auch andere sportliche Aktivitäten außerhalb des Rehabilitationssports aus-üben könnten. Die Notwendigkeit im Sinn des § 11 Abs. 2 Satz 1 SBG V ist nicht gleichzusetzen mit der zwingenden Erforderlichkeit des Reha-Sports in Gruppen, sondern es reicht aus, dass die Teilnahme des Versicherten am Reha-Sport in Gruppen im Hinblick auf das Behandlungsziel medizinisch sinnvoll und empfehlenswert ist." (Urteil, S. 12).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat die Kammer die Berufung zugelassen, da die Verweisung der Versicherten auf Training in anderer Form durch Eigenübungen und die Teilnahme an anderen Trainingsmaßnahmen bisher weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt sei.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und erneut die medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen angezweifelt. Die ergänzenden Leistungen (zur Rehabilitation) stünden mit der eigentlichen Hauptleistung auch inhaltlich bzw. indikationsbezogen im Zusammenhang. Es treffe nicht zu, dass Reha-Sport in Gruppen schon allein deswegen notwendig sei, weil beim Versicherten eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorliege oder drohe. Aus dem Antrag selbst ergebe sich nicht die Notwendigkeit von Reha-Sport in Gruppen. Es fehlten in dem Urteil insgesamt Feststellungen zur Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen. Die Entscheidung des BSG vom 2. November 2010 (BSG, a.a.O.) führe nicht dazu, dass Feststellungen zur Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen entbehrlich seien. Das BSG habe lediglich ausgeführt, dass sich die Frage der Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen nicht nach den Vorkenntnissen des jeweiligen Leistungsberechtigten richte. Ferner bestehe ein Anspruch auf die ergänzenden Leistungen nur dann, wenn die Behinderung oder eine Pflegebedürftigkeit vorliege oder drohe und zusätzlich die ergänzenden Leistungen auch (medizinisch) notwendig seien. Dies sei ein grundlegendes Prinzip des Leistungsrechts des SGB V, vgl. § 2 Abs. 4 SGB V. Dies gelte gemäß § 7 S. 2 SGB IX auch gemäß den Regelungen des SGB IX. Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit und Erforderlichkeit der Leistung sei darauf hinzuweisen, dass die Versicherten nach § 1 S. 2 HS 2 SGB V für ihre Gesundheit mit verantwortlich seien und daher einen gewissen eigenen Beitrag zu ihrer Gesundheit leisten müssten. Ähnliches ergebe sich aus § 2 Abs. 1 S. 1 SGB V und der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und Funktionstraining. Dem stehe das Urteil des BSG vom 2. November 2010 nicht entgegen. Schließlich fehlten Feststellungen des Sozialgerichts, ob und welche Kosten der Kläger tatsächlich für den Reha-Sport in Gruppen aufgewendet habe.
Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass Rehabilitationssport medizinisch notwendig sei, wenn er erforderlich sei, eine Behinderung zu verhindern bzw. deren Verschlimmerung hinauszuzögern. Dies gelte auch bei Reha-Sport in Gruppen. Unklar sei das Vorbringen der Beklagten, warum die medizinische Notwendigkeit beim Kläger trotz seiner Erkrankungen nicht gegeben sein solle. Die Rahmenvereinbarungen seien nach der Rechtsprechung des BSG nicht geeignet, den grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Reha-Sport einzuschränken. Im Übrigen beinhalte eine Hilfe zur Selbsthilfe eine Steigerung der Alltagskompetenz, nicht das Betreiben auf eigene Kosten. Es gehe dem Kläger schließlich nicht um eine Steigerung seines allgemeinen Wohlbefindens, sondern um die medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports. Er hat hierbei auf verschiedene erstinstanzliche Entscheidungen hingewiesen.
Der Kläger hat außerdem auf das Parallelverfahren der C. L. hingewiesen; dort habe dieselbe Kammer des Sozialgerichts die entsprechende Klage auf Reha-Sport in Gruppen abgewiesen, da es die medizinische Notwendigkeit verneint habe (Az.: S 4 KR 217/12). Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat die dortige Klägerin zurückgenommen (Az.: L 4 KR 387/14 NZB).
Der Sachverhalt ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung vom 23. November 2016 erörtert worden. Der Kläger hat angegeben, die Leistung in Anspruch genommen und die entsprechenden Kosten verauslagt zu haben. Die Beklagte hat dargelegt, dass die Versehrtensportgruppe des TSV A-Stadt eine Anerkennung für Rehasport als Wassergymnastik erst seit dem Jahre 2015 habe. Zum damaligen Zeitpunkt 2012 habe nur die Anerkennung für Trockengymnastik bestanden.
Der TSV A-Stadt hat auf gerichtliche Anfrage mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 mitgeteilt, dass 1. für die Zeit ab Februar 2012 für den Kläger keine von der AOK genehmigte Verordnung vorgelegen habe; 2. der Kläger an dem wöchentlichen einstündigen Reha-Sport regelmäßig teilgenommen habe; 3. der Reha-Sport als Trockengymnastik von Übungsleitern mit entsprechenden Qualifikationen gestaltet worden sei; 4. der Reha-Sport keine ärztliche Betreuung während den Gymnastikstunden fordere. Mit einer Vergütung von 5.- EUR je Übungseinheit sei auch eine Arztanwesenheit nicht bezahlbar. Ein Arzt sei aber während der Gymnastikstunden in Rufbereitschaft gewesen; 5. der Kläger 2012 und 2013 insgesamt 224.- EUR an den Verein bezahlt habe.
Eine vergleichsweise Erledigung hat die Beklagte abgelehnt. Eine Stellungnahme zu dem Schreiben des TSV A-Stadt hat die Beklagte ausdrücklich nicht abgegeben.
Der Senat hat die Schwerbehindertenakte beigezogen. Mit Bescheid vom 8. Mai 2007 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt wegen Hirnschädigung (Einzel-GdB: 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, muskuläre Verspannungen, Bandscheibenschäden und Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB: 10) und Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck (Einzel-GdB: 10). Mit Änderungsbescheid vom 14. Mai 2014 wurde ein GdB von 30 festgestellt; für die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule wurde der Einzel-GdB auf 20 angehoben, neu bewertet wurde eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke bei Verschleiß (Einzel-GdB: 10).
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 31. Mai 2017 mitgeteilt, dass er den Termin am 20. Juni 2017 "nicht wahrnehmen werde". Ein Verlegungsantrag wurde nicht gestellt. Auf die Niederschrift der Sitzung wird im Übrigen verwiesen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragte mit Schriftsatz vom 15. September 2014,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten, der Schwerbehindertenakte sowie die Klage- und Berufungsakte hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen. Hieran ist der Senat gebunden. Sie ist auch begründet.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers bzw. dessen Prozessbevollmächtigten entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Der Kläger begehrte Kostenerstattung nach §§ 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 i.V.m. §§ 11 Abs. 2 S. 1 letzter Fall, 43 Abs. 1 SGB V, 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX für seine Teilnahme am Rehabilitationssport in der Gruppe in Höhe von 250.- EUR. Dies hat ihm das Sozialgericht in dem von der Beklagten angefochtenen Urteil zugesprochen. Aufgrund der Bestätigung des TSV A-Stadt vom 21. Dezember 2016 sind verauslagte Kosten des Klägers für die Teilnahme in den Jahren 2012 und 2013 in Höhe von lediglich 224.- EUR und somit nicht von 250.- EUR nachgewiesen.
Soweit das Sozialgericht den darüber hinausgehenden Betrag in Höhe von 26.- EUR zugesprochen hat, ist die Berufung bereits mangels tatsächlich vom Kläger geleisteter Kosten begründet.
Die Berufung ist aber auch darüber hinaus begründet.
Der Kläger hat an dem Reha-Sport bereits teilgenommen und die Kosten an den TSV A-Stadt als Ausführenden beglichen; es kommt nur ein Kostenerstattungsanspruch gemäß den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht - da die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme mit dem streitgegenständlichen Bescheid ablehnte, hier in Form der zweiten Fallvariante: "zu Unrecht abgelehnt". § 11 Abs. 2 S. 1 SGB V regelt einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs. 2 S. 3 SGB V). Die Krankenkasse kann neben den Leistungen, die nach § 44 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 SGB IX sowie nach § 53 und § 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind, weitere Leistungen zur Rehabilitation ganz oder teilweise erbringen oder fördern, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern. Dies gilt zum einen, wenn zuletzt die Krankenkasse Krankenbehandlung geleistet hat oder leistet sowie wenn die Leistungen zur Rehabilitation nicht zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zu den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX sieht als ergänzende Leistung u.a. zur medizinischen Rehabilitation, welche die in § 6 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 SGB IX genannten Reha- -Träger (die Beklagte gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) zu erbringen haben, "ärztlich verordneten Rehabilitationssport in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" vor. (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 2. November 2010, a.a.O. - juris Rn. 12). Dabei besteht ein Rechtsanspruch auf die ergänzende Leistung "Reha-Sport in Gruppen"; die Regelungen zu den ergänzenden Leistungen zur Reha finden auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Anwendung (siehe hierzu: BSG, a.a.O., Rn. 13). Die Leistung muss im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich sein (§ 11 Abs. 2 S. 1, § 43 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, § 12 Abs. 1 SGB V; BSG, a.a.O., Rn. 15). Vorliegend zielt die Verordnung des Dr. H. vom 8. Februar 2012 sowie der Antrag des Klägers ausdrücklich nicht auf eine Kostenübernahme für Funktionstraining, sondern auf Reha-Sport ab. Diese Differenzierung wird gerade auch in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 1. Juni 2012 nicht hinreichend deutlich, in dem zum einen die Normen für "ergänzende Leistungen" benannt werden, zum anderen aber in der Begründung auf Funktionstraining abgestellt wird. Allerdings ergibt sich hieraus nicht eine formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, da die Auslegung des Tenors ergibt, dass die Kostenübernahme für Reha-Sport insgesamt abgelehnt wurde.
In der o.g. Entscheidung weist das BSG auf den Unterschied zwischen Funktionstraining und Reha-Sport in Gruppen wie folgt hin:
"Die Sachlage bei der vom Gesetz von vornherein nicht nur als "Reha-Sport", sondern ausdrücklich als Reha-Sport "in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" bezeichneten ergänzenden Leistung unterscheidet sich von derjenigen des Funktionstrainings in wesentlicher Hinsicht und kann folglich auch unterschiedlich geartete Ansprüche auslösen und in Bezug auf die "Notwendigkeit" anders beurteilt werden. Das Gesetz misst bereits durch die Leistungskennzeichnung der Betätigung behinderter Menschen gerade in einer rehabilitationsorientierten Sportgruppe einen besonderen Stellenwert im Zusammenhang mit ihren Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit bei, der über denjenigen des gesundheitlichen Nutzens allgemeinen Sporttreibens und sinnvoller regelmäßiger körperteilbezogener gymnastischer Übungen hinausgeht. Die Hervorhebung des Sports "in Gruppen" beruht hier offensichtlich auf der Erkenntnis, dass für behinderte Menschen - zumal für Menschen, die wie der Kläger in jungen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen sind - häufig nur eine begrenzte Zahl von Sportarten in Betracht kommen wird (vgl. hierzu allgemein die in Nr. 5 bis 5.3 Rahmenvereinbarung 2003 hervorgehobenen Reha-Sportarten). Insoweit wirkt gerade das Gemeinschaftserlebnis, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können, in besonderer Weise rehabilitativ. Selbst die Rahmenvereinbarung 2003 enthält teilweise bereichsspezifische Regelungen für "Reha-Sport" einerseits (Nr. 2 bis 2.5, 4, 4.2, 4.4.2, 4.4.3, 4.6, 5 bis 5.3, 8 bis 8.8, 10 bis 10.3, 12 bis 12.2, 13 bis 13.3) und "Funktionstraining" andererseits (Nr. 3 bis 3.4, 4.4.4, 6, 9 bis 9.8, 11 bis 11.4, 14 bis 14.4). Entsprechend wäre im Falle des Klägers auch gar nicht einmal erkennbar, auf welche von ihm nur als Einzelperson zu betreibende und dem Reha-Sport in einer Gruppe gleichwertige sportliche Alternative - zumal "unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" - er zumutbar verwiesen werden könnte, insbesondere dann, wenn sein Revisionsvorbringen zutreffen sollte, dass es bislang wesentlich auch um die Teilnahme am Rollstuhlbasketballsport ging." (BSG, a.a.O., Rn. 18).
Einen wesentlichen Unterschied in der Folge der Differenzierung hat das BSG in dem Urteil dargelegt: "Während beim "Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung" in Betracht kommt, dass der Betroffene nach Erlernen von Übungen in der Gruppe (z.B. Wassergymnastik) nach bestimmter Zeit der fachkundigen Anleitung und Überwachung in der Lage ist, derartige Übungen auch eigenständig durchzuführen und einer gruppenweise durchgeführten Maßnahme nicht mehr bedarf, gilt das nicht in gleicher Weise für den Reha-Sport in Gruppen." (BSG, a.a.O., Rn. 17).
Das Sozialgericht hat diese Unterscheidung berücksichtigt und ist von einem Anspruch auf eine ergänzende Leistung Reha-Sport ausgegangen. Nur hierüber hat der Senat im Rahmen des Berufungsverfahrens zu entscheiden.
Der beantragte Reha-Sport ergänzte gemäß der vorliegenden Verordnung die ärztliche Behandlung des Klägers. Bei diesem bestehen ein Wirbelsäulenleiden sowie inzwischen auch eine starke Arthrose im Hüftgelenk, zwei versteifte Rückenwirbel sowie laut MRT-Bericht vom 15. Januar 2014 starke Verschleißerscheinungen an der HWS. Nach der unbestrittenen Darlegung des Klägers befindet er sich daher seit Jahren in hausärztlicher Behandlung sowie wegen Zunahme der Gesundheitsbeeinträchtigungen seit Dezember 2013 in orthopädischer Behandlung und in weiterer krankengymnastischer Behandlung - letztmalig wurden im streitigen Zeitraum im August 2013 auch Leistungen der physikalischen Therapie wegen Wirbelsäulenleidens beantragt. Umstritten ist, ob der Reha-Sport in Gruppen beim Kläger medizinisch notwendig war. Abzustellen ist dabei allerdings nicht auf die aktuellen Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern auf die in den streitbefangenen Jahren 2012 und 2013.
Das Vorbringen der Beklagten, dass das Sozialgericht die Geeignetheit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit in seiner Entscheidung nicht geprüft habe, ist nicht zutreffend. Vielmehr berief sich das Sozialgericht ausdrücklich auf den festgestellten Einzel-GdB sowie - in allgemeiner Form - auf die Äußerungen des Dr. H. und die Stellungnahmen des MDK. Soweit das Sozialgericht aber ausführte, dass die Notwendigkeit im Sinn des § 11 Abs. 2 Satz 1 SBG V nicht gleichzusetzen sei mit der zwingenden Erforderlichkeit des Reha-Sports in Gruppen, sondern es generell ausreiche, dass die Teilnahme des Versicherten am Reha-Sport in Gruppen im Hinblick auf das Behandlungsziel medizinisch sinnvoll und empfehlenswert sei, folgt der Senat dem nicht ausnahmslos. Abzustellen ist vielmehr auf den Einzelfall und hierbei auf den Schweregrad der Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung des rehabilitativen Zwecks des Gemeinschaftserlebnisses, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können (vgl. auch § 1 SGB IX).
Das BSG berücksichtigte bei der Frage der medizinischen Notwendigkeit in Abgrenzung zu der auch von der Beklagten vorgebrachten Argumentation, der Reha-Sport solle nur bloße "Hilfe zur Selbsthilfe" bezwecken und sei nicht auf Dauer angelegt, gerade auch die besonderen Belange behinderter und chronisch kranker Menschen bzw. die besonderen Anliegen, behinderten Menschen zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe besondere Rechte zu gewähren (§ 10 SGB I, § 1 SGB IX) wie ein Wunsch- und Wahlrecht nach § 33 SGB I (BSG, Urteil vom 2. November 2010, a.a.O., Rn. 16). Dabei muss in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist im Hinblick auf die ergänzende Leistung zwar nicht der Stellungnahme des MDK vom 18. Mai 2012 zu folgen, der bei seiner Ablehnung maßgeblich von einer Hilfe zur Selbsthilfe ausgegangen ist, die durch die vergangenen Reha-Sport-Bewilligungen bereits geleistet worden sei. Der Kläger hatte in der Vergangenheit (2004/2005 und 2007) bereits eine Kostenübernahme für die Teilnahme am Reha-Sport erhalten. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte auf die "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" (vom 1. Januar 2011) verwiesen. Allerdings richtet sich ein Rechtsanspruch des Klägers allein nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine Rahmenvereinbarung ist grundsätzlich "nicht geeignet, eigenständig und gegen die gesetzlichen Vorgaben einen höchstzulässigen Leistungsumfang für Reha-bedürftige Leistungsberechtigte in Bezug auf ergänzende Leistungen zu begründen (BSG, a.a.O., Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG, SozR 4-2500 § 43 Nr. 1 Rn. 31 ff).
Insgesamt ergibt sich aber, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers im orthopädischen Bereich zumindest zum damaligen Zeitpunkt noch wenig ausgeprägt waren und weitgehend altersentsprechend waren. Die Stellungnahmen des MDK gehen auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers nicht weiter ein; eine schwere Mobilitätsbehinderung wird allerdings offensichtlich nicht angenommen, eine außergewöhnliche Gesundheitsstörung entsprechend der Sonderregelung in der Rahmenvereinbarung zur Durchführung von Reha-Sport verneint. Jedoch sei zur weiteren Verbesserung bzw. zum Erhalt der Beweglichkeit, Koordination und Stabilisierung der stützenden Muskulatur eine regelmäßige Beübung auch weiterhin empfehlenswert.
In der Stellungnahme vom 17. Mai 2013 kommt der MDK zu dem Ergebnis, dass sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ableiten lasse, dass zum Erreichen der aufgeführten Behandlungsziele zwingend die Weiterführung von Reha-Sport in der Gruppe erforderlich sei. Durch die verordnungsbegründende Diagnose "WS-Leiden" drohe weder eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit noch liege diese vor. Ein dem Reha-Sport gleichwertiger Effekt sei mit regelmäßigen Übungsstunden im Sportverein zu erzielen. Nach Ansicht des MDK ist ein rückenzentriertes Training in Eigenregie oder in anderer Form wie z.B. in Gymnastikgruppen im Sportverein, VHS etc. ausreichend. Dem schließt sich der Senat an. Der Kläger ist Jahrgang 1947. Nach der Verordnung liegen degenerative Wirbelsäulenleiden und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung vor. Der Reha-Sport soll zur Stärkung der Rumpfmuskulatur dienen. Rehabilitationsziel ist die "Erhaltung der Beweglichkeit". Der GdB nach dem Schwerbehindertenrecht betrug 20, wobei vor allem eine Hirnschädigung mit einem Einzel-GdB von 20 maßgeblich war, und beträgt 30 seit 2014. Der Kurs war als Trockengymnastik konzipiert und fand einmal wöchentlich für eine Stunde statt. Eine ärztliche Betreuung war nicht vor Ort, jedoch in Rufbereitschaft.
Beim Kläger lag zwar eine gewisse gesundheitliche Einschränkung bzw. Behinderung vor, diese war jedoch nicht stark ausgeprägt. Der Einzel-GdB für die 2012/2013 maßgeblichen Wirbelsäulenbeschwerden betrug nur 10. Erst ab 2014 wurde ein Einzel-GdB von 20 hierfür festgesetzt und ein Einzel-GdB von 10 für das neu aufgetretene Hüftleiden. Rehabilitationsgrund und -ziel sind vom verordnenden Arzt sehr allgemein gehalten. Eine orthopädische Behandlung fand offensichtlich erst seit Dezember 2013 statt, so dass auch der Leidensdruck nicht stark war. Nach Aktenlage hat sich erst in der 2. Jahreshälfte 2013 auch eine gewisse Verschlechterung der gesundheitlichen Situation ergeben.
Der Übergang zwischen Reha-Sport und allgemeiner Wirbelsäulengymnastik in einem Sportverein oder der VHS ist fließend. Eine ärztliche Betreuung fand während der Gymnastikstunden nicht statt. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX ist jedoch eine "ärztliche Betreuung und Überwachung" erforderlich. Die ständige, persönliche Anwesenheit eines Arztes während der Übungsveranstaltung ist jedoch nur bei Rehabilitationssport in Herzgruppen erforderlich (so auch die Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 1. Januar 2011, Pkt. 12.2). Vorliegend bestand nach Angaben des TSV A-Stadt aber eine Rufbereitschaft. Offen ist, ob eine Betreuung der Rehabilitationssportgruppe durch einen Arzt in Form von Beratung erfolgte. Dies muss aufgrund der Kalkulation des Vereins (Vergütung von 5.- EUR je Übungseinheit) angezweifelt werden.
Die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers sind auf keinen Fall mit denen des vom BSG (a.a.O.) entschiedenen Falls eines jungen Mannes mit Querschnittslähmung nach Frakturen der BWS-Körper und Spastik der unteren Extremitäten vergleichbar. Dass sich auch nach dieser Entscheidung die Notwendigkeit einer Prüfung des Einzelfalls vor allem bzgl. der medizinischen Notwendigkeit ergibt, wurde oben dargelegt. Da eine Einzelfallprüfung notwendig ist, ist auch ein Eingehen auf die im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegten erstinstanzlichen Entscheidungen verschiedener Sozialgericht entbehrlich. Ganz überwiegend lagen diesen Entscheidungen jedenfalls erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Querschnittslähmungen, Herzinfarkt oder Parkinsonerkrankung zugrunde, die auch nach Einschätzung des Senats grundsätzlich zu einer Reduzierung der Anforderungen an die rein medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports führen können. Es ist im Falle des Klägers nicht erkennbar, dass gerade das Gemeinschaftserlebnis, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können, in besonderer Weise rehabilitativ wirkt. Vielmehr betreibt der Kläger eine Wirbelsäulengymnastik wie tausende andere Personen in seinem Alter in Sportvereinen, den Volkshochschulen oder in privaten Fitnessstudios. Es bestand daher kein Anspruch auf Kostenübernahme für die ergänzende Leistung Rehabilitationssport in Gruppen.
Soweit die Beklagte den Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Funktionstrainings abgelehnt hat, übernahm sie die Argumentation des MDK, dass der KIäger unter Berücksichtigung seiner konkret vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der vor-angegangenen, übernommenen Trainingseinheiten in der Lage war, die Übungen eigenständig durchzuführen. Dies ist nicht zu beanstanden, da auch das BSG beim Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung darauf hinweist, dass der Betroffene nach Erlernen von Übungen in der Gruppe nach bestimmter Zeit der fachkundigen Anleitung und Überwachung in der Lage ist, derartige Übungen auch eigenständig durchzuführen und einer gruppenweise durchgeführten Maßnahme nicht mehr bedarf (BSG, a.a.O., Rn. 17).
Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V greift vorliegend nicht. Der Antrag des Klägers ist am 24. Februar 2012 bei der Beklagten eingegangen. Die Regelung des Absatz 3 a wurde jedoch erst durch Gesetz vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 277) eingefügt.
Der Berufung der Beklagten war daher statt zu geben. Das Urteil des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für die Teilnahme am Rehabilitationssport (Reha-Sport) in Höhe von 250.- EUR.
Der 1947 geborene Kläger und Berufungsbeklagte beantragte am 8. Februar 2012, eingegangen am 24. Februar 2012, unter Vorlage einer Verordnung für Rehabilitationssport des Allgemeinarztes Dr. H. die erneute Kostenübernahme für Rehabilitationssport Gymnastik (auch im Wasser) / Schwimmen. Dies diene zum Erhalt der Beweglichkeit. Es handele sich um 50 Übungseinheiten.
2007 hatte die Beklagte und Berufungsklägerin einen entsprechenden Antrag genehmigt, 2009 abgelehnt.
Mit Bescheid vom 18. April 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) gingen aus der Verordnung keine Gründe für eine nochmalige Kostenübernahme hervor.
Im Widerspruch verwies der Kläger auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Juni 2008 (B 1 KR 31/07 R) und vom 2. November 2010 (B 1 KR 8/10 R). Die Beklagte holte eine (erneute) Stellungnahme des MDK vom 18. Mai 2012 ein. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe nicht hervor, dass eine außergewöhnliche Gesundheitsstörung entsprechend der Sonderregelung in der Rahmenvereinbarung zur Durchführung von Reha-Sport vorliege. Eine Weiterführung der aus medizinischer Sicht bei Wirbelsäulenleiden unzweifelhaft empfehlenswerten sportlichen Betätigung obliege der Eigenverantwortung des Klägers.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2012 zurück. Es sei, gestützt auf die Stellungnahme des MDK, eine medizinische Notwendigkeit für die weitere Kostenübernahme von Reha-Sport nicht gegeben. Der Kläger sei durch die bisherige Teilnahme in die Lage versetzt, erlernte Übungen eigenverantwortlich, ggf. auch auf eigene Kosten, durchzuführen. Das in der Widerspruchsbegründung zitierte Urteil des BSG vom 2. November 2010 finde in diesem Fall keine Anwendung. Vielmehr sei die medizinische Notwendigkeit jeweils im Einzelfall festzustellen.
Mit der Klage zum Sozialgericht Landshut hat der Kläger (weiterhin) Mittel zur Durchführung von Rehabilitationssport begehrt. Er hat sich nochmals auf die Rechtsprechung des BSG bezogen und Ausfertigungen weiterer sozialgerichtlicher Urteile übermittelt. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass zu den bisherigen Leiden im August 2012 eine Thrombose und eine Lungenembolie hinzugekommen seien. Während des Klageverfahrens ist ferner ausgeführt worden, dass zu dem bereits bei der Verordnung bekannten Wirbelsäulenleiden eine starke Arthrose im Hüftgelenk, zwei versteifte Rückenwirbel sowie laut MRT-Bericht vom 15. Januar 2014 starke Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule (HWS) hinzugetreten seien. Er befinde sich daher seit Dezember 2013 in orthopädischer Behandlung sowie in weiterer krankengymnastischer Behandlung - letztmalig seien im August 2013 Leistungen der physikalischen Therapie wegen Wirbelsäulenleidens beantragt worden.
Die Beklagte hat weiterhin die medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports verneint. In diesem Sinne sei die Rechtsprechung des BSG zu verstehen. § 11 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) sei zu beachten. In einer erneuten Stellungnahme des MDK vom 17. Mai 2013 ist dieser nochmals zu dem Ergebnis gekommen, dass der Reha-Sport beim Kläger medizinisch nicht notwendig sei. Durch die verordnungsbegründende Diagnose "WS-Leiden" drohe weder eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit noch liege diese vor. Ein dem Reha-Sport gleichwertiger Effekt sei mit regelmäßigen Übungsstunden im Sportverein zu erzielen. Reha-Sport in Gruppen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sollte sich, wie auch das BSG deutlich zum Ausdruck gebracht habe, auf Fälle beschränken, bei denen der rehabilitative Gruppeneffekt zu Lasten der Solidargemeinschaft medizinisch notwendig im Sinne des § 11 SGB X sei.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 1. August 2014 unter Abänderung des Bescheides vom 18. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2012 verurteilt, die Kosten für die Teilnahme des Klägers am Rehabilitationssport auf Grundlage der Verordnung vom 8. Februar 2012 in Höhe von 250.- EUR zu erstatten. Der Kostenerstattungsanspruch für den durchgeführten Reha-Sport in Gruppen sei nach §§ 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 in Verbindung mit §§ 11 Abs. 2 S. 1 letzter Fall, 43 Abs. 1 SGB V, 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX gegeben. Der Reha-Sport sei beim Kläger geeignet, notwendig und wirtschaftlich. Das Sozialgericht hat sich dabei auf die Verordnung des Dr. H., den ausgefüllten Fragebogen zur Klärung eines weiteren Bedarfs von Rehabilitationssport vom 29. März 2012 sowie die MDK-Stellungnahmen vom 18. Mai 2012 und 17. Mai 2013 gestützt. Im Unterschied zum Funktionstraining handele es sich beim Reha-Sport nicht um eine bloße Hilfe zur Selbsthilfe, wie sich aus dem Urteil des BSG vom 2. November 2010 (B 1 KR 8/10 R) ergebe. Es sei unbeachtlich, ob eine eigenverantwortliche Durchführung des Reha-Sports möglich sei und über welche individuellen Vorkenntnisse der Leistungsberechtigte verfüge. Auch die Verweisung auf Training in anderer Form, z.B. durch Eigenübungen oder die Teilnahme an anderen Trainingsmaßnahmen wie Gymnastikgruppen im Sport, sei rechtlich nicht relevant. Das Sozialgericht hat insbesondere ausgeführt:
"Die Kammer vertritt die Auffassung, dass es gemessen am Sinn und Zweck der ergänzenden Maßnahme, Betroffenen im Rahmen ihrer medizinisch notwendigen Rehabilitation und Krankenbehandlung auch sportlich Gruppenaktivitäten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen, nicht darauf ankommt, dass die Versicherten möglicherweise auch andere sportliche Aktivitäten außerhalb des Rehabilitationssports aus-üben könnten. Die Notwendigkeit im Sinn des § 11 Abs. 2 Satz 1 SBG V ist nicht gleichzusetzen mit der zwingenden Erforderlichkeit des Reha-Sports in Gruppen, sondern es reicht aus, dass die Teilnahme des Versicherten am Reha-Sport in Gruppen im Hinblick auf das Behandlungsziel medizinisch sinnvoll und empfehlenswert ist." (Urteil, S. 12).
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat die Kammer die Berufung zugelassen, da die Verweisung der Versicherten auf Training in anderer Form durch Eigenübungen und die Teilnahme an anderen Trainingsmaßnahmen bisher weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt sei.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und erneut die medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen angezweifelt. Die ergänzenden Leistungen (zur Rehabilitation) stünden mit der eigentlichen Hauptleistung auch inhaltlich bzw. indikationsbezogen im Zusammenhang. Es treffe nicht zu, dass Reha-Sport in Gruppen schon allein deswegen notwendig sei, weil beim Versicherten eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorliege oder drohe. Aus dem Antrag selbst ergebe sich nicht die Notwendigkeit von Reha-Sport in Gruppen. Es fehlten in dem Urteil insgesamt Feststellungen zur Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen. Die Entscheidung des BSG vom 2. November 2010 (BSG, a.a.O.) führe nicht dazu, dass Feststellungen zur Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen entbehrlich seien. Das BSG habe lediglich ausgeführt, dass sich die Frage der Notwendigkeit des Reha-Sports in Gruppen nicht nach den Vorkenntnissen des jeweiligen Leistungsberechtigten richte. Ferner bestehe ein Anspruch auf die ergänzenden Leistungen nur dann, wenn die Behinderung oder eine Pflegebedürftigkeit vorliege oder drohe und zusätzlich die ergänzenden Leistungen auch (medizinisch) notwendig seien. Dies sei ein grundlegendes Prinzip des Leistungsrechts des SGB V, vgl. § 2 Abs. 4 SGB V. Dies gelte gemäß § 7 S. 2 SGB IX auch gemäß den Regelungen des SGB IX. Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit und Erforderlichkeit der Leistung sei darauf hinzuweisen, dass die Versicherten nach § 1 S. 2 HS 2 SGB V für ihre Gesundheit mit verantwortlich seien und daher einen gewissen eigenen Beitrag zu ihrer Gesundheit leisten müssten. Ähnliches ergebe sich aus § 2 Abs. 1 S. 1 SGB V und der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und Funktionstraining. Dem stehe das Urteil des BSG vom 2. November 2010 nicht entgegen. Schließlich fehlten Feststellungen des Sozialgerichts, ob und welche Kosten der Kläger tatsächlich für den Reha-Sport in Gruppen aufgewendet habe.
Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass Rehabilitationssport medizinisch notwendig sei, wenn er erforderlich sei, eine Behinderung zu verhindern bzw. deren Verschlimmerung hinauszuzögern. Dies gelte auch bei Reha-Sport in Gruppen. Unklar sei das Vorbringen der Beklagten, warum die medizinische Notwendigkeit beim Kläger trotz seiner Erkrankungen nicht gegeben sein solle. Die Rahmenvereinbarungen seien nach der Rechtsprechung des BSG nicht geeignet, den grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Reha-Sport einzuschränken. Im Übrigen beinhalte eine Hilfe zur Selbsthilfe eine Steigerung der Alltagskompetenz, nicht das Betreiben auf eigene Kosten. Es gehe dem Kläger schließlich nicht um eine Steigerung seines allgemeinen Wohlbefindens, sondern um die medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports. Er hat hierbei auf verschiedene erstinstanzliche Entscheidungen hingewiesen.
Der Kläger hat außerdem auf das Parallelverfahren der C. L. hingewiesen; dort habe dieselbe Kammer des Sozialgerichts die entsprechende Klage auf Reha-Sport in Gruppen abgewiesen, da es die medizinische Notwendigkeit verneint habe (Az.: S 4 KR 217/12). Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat die dortige Klägerin zurückgenommen (Az.: L 4 KR 387/14 NZB).
Der Sachverhalt ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung vom 23. November 2016 erörtert worden. Der Kläger hat angegeben, die Leistung in Anspruch genommen und die entsprechenden Kosten verauslagt zu haben. Die Beklagte hat dargelegt, dass die Versehrtensportgruppe des TSV A-Stadt eine Anerkennung für Rehasport als Wassergymnastik erst seit dem Jahre 2015 habe. Zum damaligen Zeitpunkt 2012 habe nur die Anerkennung für Trockengymnastik bestanden.
Der TSV A-Stadt hat auf gerichtliche Anfrage mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 mitgeteilt, dass 1. für die Zeit ab Februar 2012 für den Kläger keine von der AOK genehmigte Verordnung vorgelegen habe; 2. der Kläger an dem wöchentlichen einstündigen Reha-Sport regelmäßig teilgenommen habe; 3. der Reha-Sport als Trockengymnastik von Übungsleitern mit entsprechenden Qualifikationen gestaltet worden sei; 4. der Reha-Sport keine ärztliche Betreuung während den Gymnastikstunden fordere. Mit einer Vergütung von 5.- EUR je Übungseinheit sei auch eine Arztanwesenheit nicht bezahlbar. Ein Arzt sei aber während der Gymnastikstunden in Rufbereitschaft gewesen; 5. der Kläger 2012 und 2013 insgesamt 224.- EUR an den Verein bezahlt habe.
Eine vergleichsweise Erledigung hat die Beklagte abgelehnt. Eine Stellungnahme zu dem Schreiben des TSV A-Stadt hat die Beklagte ausdrücklich nicht abgegeben.
Der Senat hat die Schwerbehindertenakte beigezogen. Mit Bescheid vom 8. Mai 2007 wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt wegen Hirnschädigung (Einzel-GdB: 20), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, muskuläre Verspannungen, Bandscheibenschäden und Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB: 10) und Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck (Einzel-GdB: 10). Mit Änderungsbescheid vom 14. Mai 2014 wurde ein GdB von 30 festgestellt; für die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule wurde der Einzel-GdB auf 20 angehoben, neu bewertet wurde eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke bei Verschleiß (Einzel-GdB: 10).
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 31. Mai 2017 mitgeteilt, dass er den Termin am 20. Juni 2017 "nicht wahrnehmen werde". Ein Verlegungsantrag wurde nicht gestellt. Auf die Niederschrift der Sitzung wird im Übrigen verwiesen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 1. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragte mit Schriftsatz vom 15. September 2014,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten, der Schwerbehindertenakte sowie die Klage- und Berufungsakte hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Sozialgericht hat die Berufung zugelassen. Hieran ist der Senat gebunden. Sie ist auch begründet.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers bzw. dessen Prozessbevollmächtigten entscheiden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).
Der Kläger begehrte Kostenerstattung nach §§ 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 i.V.m. §§ 11 Abs. 2 S. 1 letzter Fall, 43 Abs. 1 SGB V, 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX für seine Teilnahme am Rehabilitationssport in der Gruppe in Höhe von 250.- EUR. Dies hat ihm das Sozialgericht in dem von der Beklagten angefochtenen Urteil zugesprochen. Aufgrund der Bestätigung des TSV A-Stadt vom 21. Dezember 2016 sind verauslagte Kosten des Klägers für die Teilnahme in den Jahren 2012 und 2013 in Höhe von lediglich 224.- EUR und somit nicht von 250.- EUR nachgewiesen.
Soweit das Sozialgericht den darüber hinausgehenden Betrag in Höhe von 26.- EUR zugesprochen hat, ist die Berufung bereits mangels tatsächlich vom Kläger geleisteter Kosten begründet.
Die Berufung ist aber auch darüber hinaus begründet.
Der Kläger hat an dem Reha-Sport bereits teilgenommen und die Kosten an den TSV A-Stadt als Ausführenden beglichen; es kommt nur ein Kostenerstattungsanspruch gemäß den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht - da die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme mit dem streitgegenständlichen Bescheid ablehnte, hier in Form der zweiten Fallvariante: "zu Unrecht abgelehnt". § 11 Abs. 2 S. 1 SGB V regelt einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs. 2 S. 3 SGB V). Die Krankenkasse kann neben den Leistungen, die nach § 44 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 SGB IX sowie nach § 53 und § 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind, weitere Leistungen zur Rehabilitation ganz oder teilweise erbringen oder fördern, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern. Dies gilt zum einen, wenn zuletzt die Krankenkasse Krankenbehandlung geleistet hat oder leistet sowie wenn die Leistungen zur Rehabilitation nicht zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zu den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX sieht als ergänzende Leistung u.a. zur medizinischen Rehabilitation, welche die in § 6 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 SGB IX genannten Reha- -Träger (die Beklagte gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) zu erbringen haben, "ärztlich verordneten Rehabilitationssport in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" vor. (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 2. November 2010, a.a.O. - juris Rn. 12). Dabei besteht ein Rechtsanspruch auf die ergänzende Leistung "Reha-Sport in Gruppen"; die Regelungen zu den ergänzenden Leistungen zur Reha finden auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Anwendung (siehe hierzu: BSG, a.a.O., Rn. 13). Die Leistung muss im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich sein (§ 11 Abs. 2 S. 1, § 43 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX, § 12 Abs. 1 SGB V; BSG, a.a.O., Rn. 15). Vorliegend zielt die Verordnung des Dr. H. vom 8. Februar 2012 sowie der Antrag des Klägers ausdrücklich nicht auf eine Kostenübernahme für Funktionstraining, sondern auf Reha-Sport ab. Diese Differenzierung wird gerade auch in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 1. Juni 2012 nicht hinreichend deutlich, in dem zum einen die Normen für "ergänzende Leistungen" benannt werden, zum anderen aber in der Begründung auf Funktionstraining abgestellt wird. Allerdings ergibt sich hieraus nicht eine formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, da die Auslegung des Tenors ergibt, dass die Kostenübernahme für Reha-Sport insgesamt abgelehnt wurde.
In der o.g. Entscheidung weist das BSG auf den Unterschied zwischen Funktionstraining und Reha-Sport in Gruppen wie folgt hin:
"Die Sachlage bei der vom Gesetz von vornherein nicht nur als "Reha-Sport", sondern ausdrücklich als Reha-Sport "in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" bezeichneten ergänzenden Leistung unterscheidet sich von derjenigen des Funktionstrainings in wesentlicher Hinsicht und kann folglich auch unterschiedlich geartete Ansprüche auslösen und in Bezug auf die "Notwendigkeit" anders beurteilt werden. Das Gesetz misst bereits durch die Leistungskennzeichnung der Betätigung behinderter Menschen gerade in einer rehabilitationsorientierten Sportgruppe einen besonderen Stellenwert im Zusammenhang mit ihren Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit bei, der über denjenigen des gesundheitlichen Nutzens allgemeinen Sporttreibens und sinnvoller regelmäßiger körperteilbezogener gymnastischer Übungen hinausgeht. Die Hervorhebung des Sports "in Gruppen" beruht hier offensichtlich auf der Erkenntnis, dass für behinderte Menschen - zumal für Menschen, die wie der Kläger in jungen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen sind - häufig nur eine begrenzte Zahl von Sportarten in Betracht kommen wird (vgl. hierzu allgemein die in Nr. 5 bis 5.3 Rahmenvereinbarung 2003 hervorgehobenen Reha-Sportarten). Insoweit wirkt gerade das Gemeinschaftserlebnis, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können, in besonderer Weise rehabilitativ. Selbst die Rahmenvereinbarung 2003 enthält teilweise bereichsspezifische Regelungen für "Reha-Sport" einerseits (Nr. 2 bis 2.5, 4, 4.2, 4.4.2, 4.4.3, 4.6, 5 bis 5.3, 8 bis 8.8, 10 bis 10.3, 12 bis 12.2, 13 bis 13.3) und "Funktionstraining" andererseits (Nr. 3 bis 3.4, 4.4.4, 6, 9 bis 9.8, 11 bis 11.4, 14 bis 14.4). Entsprechend wäre im Falle des Klägers auch gar nicht einmal erkennbar, auf welche von ihm nur als Einzelperson zu betreibende und dem Reha-Sport in einer Gruppe gleichwertige sportliche Alternative - zumal "unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" - er zumutbar verwiesen werden könnte, insbesondere dann, wenn sein Revisionsvorbringen zutreffen sollte, dass es bislang wesentlich auch um die Teilnahme am Rollstuhlbasketballsport ging." (BSG, a.a.O., Rn. 18).
Einen wesentlichen Unterschied in der Folge der Differenzierung hat das BSG in dem Urteil dargelegt: "Während beim "Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung" in Betracht kommt, dass der Betroffene nach Erlernen von Übungen in der Gruppe (z.B. Wassergymnastik) nach bestimmter Zeit der fachkundigen Anleitung und Überwachung in der Lage ist, derartige Übungen auch eigenständig durchzuführen und einer gruppenweise durchgeführten Maßnahme nicht mehr bedarf, gilt das nicht in gleicher Weise für den Reha-Sport in Gruppen." (BSG, a.a.O., Rn. 17).
Das Sozialgericht hat diese Unterscheidung berücksichtigt und ist von einem Anspruch auf eine ergänzende Leistung Reha-Sport ausgegangen. Nur hierüber hat der Senat im Rahmen des Berufungsverfahrens zu entscheiden.
Der beantragte Reha-Sport ergänzte gemäß der vorliegenden Verordnung die ärztliche Behandlung des Klägers. Bei diesem bestehen ein Wirbelsäulenleiden sowie inzwischen auch eine starke Arthrose im Hüftgelenk, zwei versteifte Rückenwirbel sowie laut MRT-Bericht vom 15. Januar 2014 starke Verschleißerscheinungen an der HWS. Nach der unbestrittenen Darlegung des Klägers befindet er sich daher seit Jahren in hausärztlicher Behandlung sowie wegen Zunahme der Gesundheitsbeeinträchtigungen seit Dezember 2013 in orthopädischer Behandlung und in weiterer krankengymnastischer Behandlung - letztmalig wurden im streitigen Zeitraum im August 2013 auch Leistungen der physikalischen Therapie wegen Wirbelsäulenleidens beantragt. Umstritten ist, ob der Reha-Sport in Gruppen beim Kläger medizinisch notwendig war. Abzustellen ist dabei allerdings nicht auf die aktuellen Gesundheitsbeeinträchtigungen, sondern auf die in den streitbefangenen Jahren 2012 und 2013.
Das Vorbringen der Beklagten, dass das Sozialgericht die Geeignetheit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit in seiner Entscheidung nicht geprüft habe, ist nicht zutreffend. Vielmehr berief sich das Sozialgericht ausdrücklich auf den festgestellten Einzel-GdB sowie - in allgemeiner Form - auf die Äußerungen des Dr. H. und die Stellungnahmen des MDK. Soweit das Sozialgericht aber ausführte, dass die Notwendigkeit im Sinn des § 11 Abs. 2 Satz 1 SBG V nicht gleichzusetzen sei mit der zwingenden Erforderlichkeit des Reha-Sports in Gruppen, sondern es generell ausreiche, dass die Teilnahme des Versicherten am Reha-Sport in Gruppen im Hinblick auf das Behandlungsziel medizinisch sinnvoll und empfehlenswert sei, folgt der Senat dem nicht ausnahmslos. Abzustellen ist vielmehr auf den Einzelfall und hierbei auf den Schweregrad der Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung des rehabilitativen Zwecks des Gemeinschaftserlebnisses, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können (vgl. auch § 1 SGB IX).
Das BSG berücksichtigte bei der Frage der medizinischen Notwendigkeit in Abgrenzung zu der auch von der Beklagten vorgebrachten Argumentation, der Reha-Sport solle nur bloße "Hilfe zur Selbsthilfe" bezwecken und sei nicht auf Dauer angelegt, gerade auch die besonderen Belange behinderter und chronisch kranker Menschen bzw. die besonderen Anliegen, behinderten Menschen zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe besondere Rechte zu gewähren (§ 10 SGB I, § 1 SGB IX) wie ein Wunsch- und Wahlrecht nach § 33 SGB I (BSG, Urteil vom 2. November 2010, a.a.O., Rn. 16). Dabei muss in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist im Hinblick auf die ergänzende Leistung zwar nicht der Stellungnahme des MDK vom 18. Mai 2012 zu folgen, der bei seiner Ablehnung maßgeblich von einer Hilfe zur Selbsthilfe ausgegangen ist, die durch die vergangenen Reha-Sport-Bewilligungen bereits geleistet worden sei. Der Kläger hatte in der Vergangenheit (2004/2005 und 2007) bereits eine Kostenübernahme für die Teilnahme am Reha-Sport erhalten. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte auf die "Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining" (vom 1. Januar 2011) verwiesen. Allerdings richtet sich ein Rechtsanspruch des Klägers allein nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine Rahmenvereinbarung ist grundsätzlich "nicht geeignet, eigenständig und gegen die gesetzlichen Vorgaben einen höchstzulässigen Leistungsumfang für Reha-bedürftige Leistungsberechtigte in Bezug auf ergänzende Leistungen zu begründen (BSG, a.a.O., Rn. 14 unter Bezugnahme auf BSG, SozR 4-2500 § 43 Nr. 1 Rn. 31 ff).
Insgesamt ergibt sich aber, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers im orthopädischen Bereich zumindest zum damaligen Zeitpunkt noch wenig ausgeprägt waren und weitgehend altersentsprechend waren. Die Stellungnahmen des MDK gehen auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers nicht weiter ein; eine schwere Mobilitätsbehinderung wird allerdings offensichtlich nicht angenommen, eine außergewöhnliche Gesundheitsstörung entsprechend der Sonderregelung in der Rahmenvereinbarung zur Durchführung von Reha-Sport verneint. Jedoch sei zur weiteren Verbesserung bzw. zum Erhalt der Beweglichkeit, Koordination und Stabilisierung der stützenden Muskulatur eine regelmäßige Beübung auch weiterhin empfehlenswert.
In der Stellungnahme vom 17. Mai 2013 kommt der MDK zu dem Ergebnis, dass sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht ableiten lasse, dass zum Erreichen der aufgeführten Behandlungsziele zwingend die Weiterführung von Reha-Sport in der Gruppe erforderlich sei. Durch die verordnungsbegründende Diagnose "WS-Leiden" drohe weder eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit noch liege diese vor. Ein dem Reha-Sport gleichwertiger Effekt sei mit regelmäßigen Übungsstunden im Sportverein zu erzielen. Nach Ansicht des MDK ist ein rückenzentriertes Training in Eigenregie oder in anderer Form wie z.B. in Gymnastikgruppen im Sportverein, VHS etc. ausreichend. Dem schließt sich der Senat an. Der Kläger ist Jahrgang 1947. Nach der Verordnung liegen degenerative Wirbelsäulenleiden und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung vor. Der Reha-Sport soll zur Stärkung der Rumpfmuskulatur dienen. Rehabilitationsziel ist die "Erhaltung der Beweglichkeit". Der GdB nach dem Schwerbehindertenrecht betrug 20, wobei vor allem eine Hirnschädigung mit einem Einzel-GdB von 20 maßgeblich war, und beträgt 30 seit 2014. Der Kurs war als Trockengymnastik konzipiert und fand einmal wöchentlich für eine Stunde statt. Eine ärztliche Betreuung war nicht vor Ort, jedoch in Rufbereitschaft.
Beim Kläger lag zwar eine gewisse gesundheitliche Einschränkung bzw. Behinderung vor, diese war jedoch nicht stark ausgeprägt. Der Einzel-GdB für die 2012/2013 maßgeblichen Wirbelsäulenbeschwerden betrug nur 10. Erst ab 2014 wurde ein Einzel-GdB von 20 hierfür festgesetzt und ein Einzel-GdB von 10 für das neu aufgetretene Hüftleiden. Rehabilitationsgrund und -ziel sind vom verordnenden Arzt sehr allgemein gehalten. Eine orthopädische Behandlung fand offensichtlich erst seit Dezember 2013 statt, so dass auch der Leidensdruck nicht stark war. Nach Aktenlage hat sich erst in der 2. Jahreshälfte 2013 auch eine gewisse Verschlechterung der gesundheitlichen Situation ergeben.
Der Übergang zwischen Reha-Sport und allgemeiner Wirbelsäulengymnastik in einem Sportverein oder der VHS ist fließend. Eine ärztliche Betreuung fand während der Gymnastikstunden nicht statt. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX ist jedoch eine "ärztliche Betreuung und Überwachung" erforderlich. Die ständige, persönliche Anwesenheit eines Arztes während der Übungsveranstaltung ist jedoch nur bei Rehabilitationssport in Herzgruppen erforderlich (so auch die Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 1. Januar 2011, Pkt. 12.2). Vorliegend bestand nach Angaben des TSV A-Stadt aber eine Rufbereitschaft. Offen ist, ob eine Betreuung der Rehabilitationssportgruppe durch einen Arzt in Form von Beratung erfolgte. Dies muss aufgrund der Kalkulation des Vereins (Vergütung von 5.- EUR je Übungseinheit) angezweifelt werden.
Die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers sind auf keinen Fall mit denen des vom BSG (a.a.O.) entschiedenen Falls eines jungen Mannes mit Querschnittslähmung nach Frakturen der BWS-Körper und Spastik der unteren Extremitäten vergleichbar. Dass sich auch nach dieser Entscheidung die Notwendigkeit einer Prüfung des Einzelfalls vor allem bzgl. der medizinischen Notwendigkeit ergibt, wurde oben dargelegt. Da eine Einzelfallprüfung notwendig ist, ist auch ein Eingehen auf die im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegten erstinstanzlichen Entscheidungen verschiedener Sozialgericht entbehrlich. Ganz überwiegend lagen diesen Entscheidungen jedenfalls erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Querschnittslähmungen, Herzinfarkt oder Parkinsonerkrankung zugrunde, die auch nach Einschätzung des Senats grundsätzlich zu einer Reduzierung der Anforderungen an die rein medizinische Notwendigkeit des Reha-Sports führen können. Es ist im Falle des Klägers nicht erkennbar, dass gerade das Gemeinschaftserlebnis, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können, in besonderer Weise rehabilitativ wirkt. Vielmehr betreibt der Kläger eine Wirbelsäulengymnastik wie tausende andere Personen in seinem Alter in Sportvereinen, den Volkshochschulen oder in privaten Fitnessstudios. Es bestand daher kein Anspruch auf Kostenübernahme für die ergänzende Leistung Rehabilitationssport in Gruppen.
Soweit die Beklagte den Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Funktionstrainings abgelehnt hat, übernahm sie die Argumentation des MDK, dass der KIäger unter Berücksichtigung seiner konkret vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der vor-angegangenen, übernommenen Trainingseinheiten in der Lage war, die Übungen eigenständig durchzuführen. Dies ist nicht zu beanstanden, da auch das BSG beim Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung darauf hinweist, dass der Betroffene nach Erlernen von Übungen in der Gruppe nach bestimmter Zeit der fachkundigen Anleitung und Überwachung in der Lage ist, derartige Übungen auch eigenständig durchzuführen und einer gruppenweise durchgeführten Maßnahme nicht mehr bedarf (BSG, a.a.O., Rn. 17).
Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3 a SGB V greift vorliegend nicht. Der Antrag des Klägers ist am 24. Februar 2012 bei der Beklagten eingegangen. Die Regelung des Absatz 3 a wurde jedoch erst durch Gesetz vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 277) eingefügt.
Der Berufung der Beklagten war daher statt zu geben. Das Urteil des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved