L 2 R 4181/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3809/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 4181/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - über die Höhe der bewilligten Rente.

Die am 29. Oktober 1947 geborene Klägerin war beim Land Baden-Württemberg angestellt und arbeitete dort zuletzt (vom 1. Mai 2003 bis zum 31. Dezember 2007) in Altersteilzeit (Blockmodell). Die Arbeitsphase dauerte bis 31. August 2005; daran schloss sich die Freistellungsphase an.

Am 16. Oktober 2007 (vor Bl. 1 der Verwaltungsakte - VA -) beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente. Im Antrag ist "Altersrente nach § 237a SGB VI für Frauen" angekreuzt. Die Beklagte bewilligte die beantragte Rente mit Bescheid vom 14. November 2007 ab 01. Januar 2008 in Höhe von monatlich 745,90 EUR (Bl. 43 VA). Bei der Festsetzung der Rente wurde ein Abschlag von 17,4% aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente vorgenommen. Hiergegen ging die Klägerin zunächst nicht vor.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2009 (Bl. 31 VA) beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 14. November 2007. Sie wies darauf hin, dass für sie die Vertrauensschutzregelung gelten müsse, da sie zu den rentennahen Jahrgängen gehöre. Die Altersteilzeitregelung sei vor dem 1. Januar 2004 getroffen worden; das Arbeitsverhältnis habe nach dem 31. Dezember 2003 geendet. Der Rentenabschlag müsse daher geringer sein. In einem weiteren Schreiben vom 01. November 2009 (Bl. 41 VA) führte die Klägerin aus, dass auch die Angaben zur Fachschule und den Ausbildungszeiten nur unvollständig berücksichtigt worden seien. Die Kinder und Kinderberücksichtigungszeiten seien sehr unübersichtlich dargestellt worden. Die Qualifikationsgruppe II gemäß ihrer Ausbildung sei nicht berücksichtigt worden. Die persönlichen Entgeltpunkte in Anlage 6 Seite 1 seien unvollständig aufgelistet worden.

Mit Bescheid vom 09. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 14. November 2007 ab und verwies auf die Überprüfung des Bescheides, die ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Bei der Altersrente für Frauen sei die Altersgrenze von 60 Jahren stufenweise auf das 65. Lebensjahr angehoben worden. Hiervon seien nach § 237a Absatz 2 SGB VI in Verbindung mit Anlage 20 zum SGB VI alle weiblichen Versicherten betroffen, die nach dem 31. Dezember 1939 geboren wurden und nicht unter die Vertrauensschutzregelung des § 237a Absatz 3 SGB VI fielen. Für die Geburtsjahrgänge 1945 bis 1951 gelte daher die Altersgrenze von 65 Jahren. Allerdings gelte für Frauen, die bis einschließlich 7. Mai 1944 geboren wurden, die Vertrauensschutzregelung des § 237a Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, so dass eine Inanspruchnahme der Rente nach wie vor mit 60 Jahren möglich sei. Die Voraussetzungen hierfür erfülle die Klägerin indes nicht. Für den Fall der Inanspruchnahme der Altersrente nach Altersteilzeit ergebe sich keine günstigere Entscheidung. Auch für diesen Fall liege die Altersgrenze für die Regelaltersrente bei 65 Jahren; § 237 Abs. 3 SGB VI. Insoweit bestehe allerdings nach § 237 Absatz 5 SGB VI unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme dieser Rente. Die Klägerin erfülle diese Voraussetzungen. Das führe jedoch lediglich dazu, dass die Altersrente vorzeitig – bereits mit 60 Jahren - in Anspruch genommen werden könne. Als vorzeitige Rente unterliege diese aber (sowohl als Altersrente für Frauen als auch als Rente wegen Altersteilzeitarbeit) den Abschlägen des § 237 Absatz 3 SGB VI in Verbindung mit der Anlage 19.

Die Ausbildungszeiten seien korrekt anhand der eingereichten Unterlagen berücksichtigt worden. Bis März 1965 habe eine Schulausbildung an einer allgemeinbildenden Schule stattgefunden. Ab April dieses Jahres werde zutreffend die Fachschule berücksichtigt. Die Fachschulausbildung habe 36 Monate betragen und sei im Rahmen der Rentenberechnung auch bewertet worden. Eine Bewertung der schulischen Ausbildung bis März 1965 sei nicht möglich, da nach § 74 SGB VI nur höchstens 36 Monate fachschulische Ausbildung bewertet werden dürften; diese Zeit sei bereits durch die Fachschulausbildung erreicht. Für die Tochter der Klägerin seien Kindererziehungszeiten vom 01. Dezember 1975 bis zum 30. November 1976 und Kinderberücksichtigungszeiten vom 14. November 1975 bis zum 13. November1985 berücksichtigt worden. Die Kinderberücksichtigungszeiten träfen teilweise mit Entgelten zusammen. Die Entgeltpunkte für die bereits vorhandenen Beitragszeiten und die Kinderberücksichtigungszeiten dürften zusammen den Wert der Anlage 2b zum SGB VI nicht überschreiten. Für die Zeiten von April 1978 bis September 1978 und von Februar 1979 bis Dezember 1982 seien die Werte überschritten worden. Sie würden daher auf die Anlage 2b begrenzt. So sei der Wert der Anlage 2b zum Beispiel für 1980 1,7093 Entgeltpunkte. Als Beitragszeiten seien gemäß Anlage 3 zum Rentenbescheid bereits 1,1073 Entgeltpunkte für diesen Zeitraum ermittelt worden. Somit könnten die Berücksichtigungszeiten nur noch mit 0,6020 Entgeltpunkten berücksichtigt werden.

Bezüglich der von der Klägerin angegebenen Berücksichtigung der Qualifikationsgruppe II fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Die Bestimmung der Höhe des Entgelts anhand von Qualifikationsgruppen komme nur in Betracht, wenn die Beitragszeit nur glaubhaft gemacht oder zwar nachgewiesen worden sei, aber die Entgelthöhe nicht mehr ermittelt werden könne. Bei der Klägerin lägen jedoch durchgängig nachgewiesene Beitragszeiten mit Entgeltmeldungen vor. In einem solchen Fall seien die Entgeltpunkte - wie geschehen - aus den tatsächlichen Beitragszeiten und den gemeldeten Entgelten zu ermitteln.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 22. Dezember 2009 Widerspruch ein (Bl. 76 VA) und machte zunächst geltend, sie erfülle auch die Voraussetzungen für eine Rente nach Altersteilzeit. Sie bitte um Gewährung einer solchen incl. der darin enthaltenen Vertrauensschutzregelungen. Weiter machte sie geltend, eine Begrenzung der durch ihre Ausbildungszeit erworbenen Entgeltpunkte sei unzulässig. Bei den Kinderberücksichtigungszeiten sei in den Jahren 1978 und 1979 die Begrenzung der Punkteanzahl der Anlage 4 Seite 2 nicht richtig errechnet worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, für die Klägerin gelte sowohl bei der Altersrente für Frauen als auch bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit die Altersgrenze von 65 Jahren. Die Klägerin könne zwar auch vor Erreichen des 65. Lebensjahres Altersrente beziehen, aber nicht abschlagsfrei. Die Vertrauensschutzregelung des § 237 Absatz 3 SGB VI gelte für die Klägerin nicht. Vielmehr vermindere sich der Zugangsfaktor für jeden Kalendermonat, den sie vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen werde, um 0,003, insgesamt bei 58 Kalendermonaten also um 0,174.

Am 29. Juni 2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben und ihr Anliegen weiterverfolgt. Sie habe einen Anspruch auf Altersrente nach Altersteilzeit nach § 237 SGB VI ohne Abschläge und nicht, wie von der Beklagten angenommen, einen Anspruch auf Altersrente für Frauen. Dies sei bei der Berechnung der Höhe des Abschlages zu berücksichtigen. Sie falle unter die Regelung des § 237 Absatz 5 Nr. 4 SGB VI, so dass die Altersgrenze nicht anzuheben und die Kürzung unzulässig sei. Zudem seien die Zeiten der Schwangerschaft/des Mutterschutzes nicht vollständig berücksichtigt worden. Sie sei vom 15. Oktober 1975 bis zum 30. November 1975 schwanger bzw. in Mutterschutz gewesen, es werde aber lediglich ein Monat als Anrechnungszeit nach § 58 Absatz 1 Nr. 2 SGB VI anerkannt. Zudem habe sie vom 01. April 1965 bis zum 31. März 1968 eine berufliche Ausbildung absolviert. Insoweit handele es sich um eine beitragsgeminderte Zeit nach § 54 Absatz 3 SGB VI. Falsch sei jedoch, dass auch die Zeiten vom 01. April 1968 bis zum 31. März 1971 als beitragsgeminderte Zeiten angerechnet würden. Es handele sich hier um reine Pflichtbeitragszeiten. Ebenfalls seien die Pflichtbeitragszeiten für die Kindererziehung fehlerhaft berechnet.

Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide entgegengetreten.

Mit Urteil vom 12. September 2012 hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) die Klage abgewiesen und ergänzend zur in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Begründung ausgeführt, die Klägerin genieße im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Rente Vertrauensschutz insoweit, als sie sowohl die Altersrente für Frauen als auch die Altersrente nach Altersteilzeitarbeit vorzeitig mit 60 Jahren in Anspruch nehmen könne. Diese Vertrauensschutzregelungen könnten aber nicht verhindern, dass - wie bei jeder vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente - Abschläge hinzunehmen seien. Diese Abschläge habe die Beklagte zutreffend berechnet. Die Zeiten seien ebenfalls zutreffend berücksichtigt worden. Der Monat Oktober 1975 sei als beitragsgeminderte Zeit berücksichtigt worden, da die Klägerin für diese Zeit Beiträge gezahlt habe und gleichzeitig eine Anrechnungszeit vorliege. Der November 1975 sei zu Recht nach § 54 Abs. 4 SGB VI als beitragsfreie Zeit gewertet worden. Eine Höherbewertung der Ausbildungszeiten vom 1. April 1965 bis zum 31. März 1968 scheide aus, da diese Zeiten mit einem auf 75% zu begrenzenden Gesamtleistungswert zu bewerten seien, der 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen dürfe, § 74 SGB VI. Dem entspreche die Bewertung im Rentenbescheid. Auch die nachfolgende Zeit bis einschließlich März 1971 könne nicht höher bewertet werden. Bei dieser Zeit handele es sich um die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vor dem 25. Lebensjahr, die nach § 71 Abs. 1 Satz 3 SGB VI pauschal höher zu bewerten seien (mit 0,0833 Entgeltpunkten). Hiervon seien, um eine doppelte Bewertung zu vermeiden, die aufgrund der Entgelteintragungen in dieser Zeit tatsächlich erarbeiteten Entgeltpunkte in Abzug zu bringen. Eine Höherbewertung nach § 263 Abs. 5 SGB VI könne nicht erfolgen, da die durch die nachgewiesenen Entgelte erzielten Entgeltpunkte höher seien als die mögliche pauschale Erhöhung.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. September 2012 zugestellte Urteil hat dieser am 6. Oktober 2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Die Klägerin macht weiterhin geltend, die von ihr gewünschte Rente sei die Rente nach Altersteilzeit. Diese habe sie beantragt; sie sei ihr ohne Abschläge zu gewähren, weil sie Vertrauensschutz genieße. Sie dürfe die Altersrente vorzeitig ohne Abschläge in Anspruch nehmen, denn hiervon sei sowohl sie als ihr damaliger Arbeitgeber bei Abschluss des Vertrages über die Altersteilzeit ausgegangen. Hätte sie damals gewusst, dass sie vorzeitige Rente nur mit Abschlägen erhalten würde, hätte sie sich darauf nicht eingelassen. Bei der Bewertung der Zeit der Fachschulausbildung dürfe § 74 SGB VI nicht angewandt werden. Vielmehr sei diese Zeit mit dem Faktor 0,0833 aus § 71 SGB VI zu bewerten. Bei den Kinderberücksichtigungszeiten sei versäumt worden, die hierdurch ermittelten Entgeltpunkte bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte zu berücksichtigen. Die Zeit des Mutterschutzes vom 15. bis 31. Oktober 1975 sei nicht bewertet worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 14. November 2007 abzuändern und der Klägerin ab 1. Januar 2008 Rente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung macht sie ergänzend zur ausführlichen Erläuterung im Hinblick auf die Bewertung der einzelnen Zeiten im Schriftsatz vom 23.03.2010 geltend, die Rente sei wegen vorzeitiger Inanspruchnahme auch dann zu mindern, wenn der Klägerin Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit gewährt würde. Für die Höhe der Rente komme es auf die Art der Rente also nicht an.

Im Verfahren ist am 20. Juni 2013 ein Erörterungstermin durchgeführt worden, in dem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- bzw. Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten (1 Band) sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. September 2012 zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Abänderung des Rentenbescheides der Beklagten vom 14. November 2007 und Gewährung einer höheren Rente ab 1. Januar 2008, da die Beklagte den Rentenanspruch richtig berechnet hat.

Rechtliche Grundlage des Begehrens der Klägerin ist zunächst § 44 SGB X. Nach dieser Norm ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Voraussetzung eines Anspruchs der Klägerin auf Abänderung des Rentenbescheides vom 14. November 2007 wäre demnach, dass dieser Bescheid rechtswidrig war. Dies ist nicht der Fall.

Dies gilt zunächst für das Begehren der Klägerin, ihr statt der bewilligten Altersrente für Frauen Altersrente nach Altersteilzeit zu gewähren. Bei ihrer Antragstellung hat die Klägerin angekreuzt, sie beantrage "Altersrente nach § 237a SGB VI für Frauen". Eine solche wurde ihr bewilligt. Altersrente nach § 237 SGB VI wegen Altersteilzeitarbeit hat sie nicht beantragt. Im Übrigen wäre auch eine solche Rente nur mit Abschlägen zu gewähren, so dass die Klägerin ihr eigentliches Ziel - die Gewährung einer abschlagsfreien Rente - auch auf diesem Weg nicht erreichen könnte.

Für die im Jahr 1947 geborene Klägerin wäre für den Fall der Bewilligung einer Rente wegen Altersteilzeit zunächst § 237 Abs. 3 Satz 1 SGB VI einschlägig, wonach die Altersgrenze von 60 Jahren für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1936 geboren sind, angehoben wird. Für die Klägerin gilt seitdem die Altersgrenze von 65 Jahren. Nach § 237 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ist indes die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Rente weiterhin möglich. Für die Klägerin wäre aus Gründen des Vertrauensschutzes die Regelung des § 237 Abs. 5 Nr. 4 SGB VI einschlägig, da sie vor dem 1. Januar 2004 einen Vertrag über Altersteilzeit vereinbart hat. Rechtsfolge dieser Vertrauensschutzregelung ist, dass die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Altersteilzeit in bestimmten Fällen weiterhin bereits mit 60 Jahren möglich ist. Angehoben wurde also zwar die Altersgrenze, zu der eine Regelaltersgrenze in Anspruch genommen werden kann, nicht aber die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme.

Folglich würde es sich auch im Fall einer Rente wegen Altersteilzeit bei der Inanspruchnahme der Rente mit knapp über 60 Jahren um eine vorzeitige Inanspruchnahme handeln, für die sich der Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a SGB VI bestimmt. Nach dieser Norm ist der Zugangsfaktor für die Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0. Auch für den Fall der Gewährung einer Rente wegen Altersteilzeit wäre der Zugangsfaktor also um 0,174 zu vermindern.

Dieser Rechtsfolge kann die Klägerin nicht entgegenhalten, sie habe den Vertrag über die Altersteilzeit bereits am 24. Juni 2003 abgeschlossen und habe sich zu der Zeit darauf verlassen dürfen, dass sie nach Ablauf der Freistellungsphase abschlagsfrei Rente würde in Anspruch nehmen können. Auch zu dieser Zeit galt schon die Regelung, wonach die Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Regelaltersrente stufenweise angehoben wurde mit der Folge, dass es sich bei einer Inanspruchnahme der Rente mit knapp über 60 Jahren um eine vorzeitige Rente mit den sich daraus ergebenden Folgen handelte. Der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin angesprochene § 38 SGB VI a.F., nach dem Altersrente bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen bereits mit 60 Jahren ohne Abschläge in Anspruch genommen werden konnte, galt im Jahr 2003 bereits nicht mehr.

Ebenfalls in zutreffender Weise hat die Beklagte die Ausbildungszeiten der Klägerin berücksichtigt. Der von der Klägerin vorgebrachte Einwand, wonach Zeiten einer beruflichen Ausbildung nach § 71 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 mit 0,0833 und nicht mit 0,0625 Entgeltpunkten (vgl. § 74 Satz 2 SGB VI) zu bewerten seien, greift nicht durch. Bei der vom 01. April 1965 bis zum 31. März 1968 durchgeführten Fachschulausbildung handelt es sich um eine (beitragsfreie) Anrechnungszeit (vgl. § 58 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI). Die Bewertung einer solchen Zeit erfolgt mit einem auf 75 % zu begrenzenden Gesamtleistungswert, § 74 Satz l SGB VI, umgerechnet auf einen Kalendermonat sind dies 0,0625 Entgeltpunkte (vgl. § 74 Satz 2 SGB VI). Dementsprechend wurde die Bewertung vorgenommen (vgl. Anlage 4, Seite 5 sowie Anlage 6, Seite 1 des Rentenbescheides).

Eine Bewertung dieser Zeit mit einem Faktor von 0,0833 je Kalendermonat nach § 71 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI kommt nicht in Betracht. Absatz 3 dieser Norm regelt nicht, mit welchem Faktor beitragsfreie Zeiten zur Ermittlung der dadurch erworbenen Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Dort wird vielmehr geregelt, wie Zeiten einer beruflichen Ausbildung für die Gesamtleistungsbewertung zu bewerten sind. Mit Hilfe dieses Wertes werden also nicht Entgeltpunkte für die endgültige Berechnung der Rente ermittelt, sondern es wird der Gesamtleistungswert bestimmt, mit dessen Hilfe in einem zweiten Schritt beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten bewertet werden. Für diesen zweiten Schritt enthält § 74 SGB VI für Zeiten einer beruflichen Ausbildung eine Sonderregelung im Sinne einer Begrenzung.

Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Beklagte ihrer Berechnung keine weiteren Entgeltpunkte für Kinderberücksichtigungszeiten zugrundegelegt hat. Dabei ist zunächst festzustellen, dass Berücksichtigungszeiten nicht in der Weise berücksichtigt werden, dass ihnen Entgeltpunkte zugeordnet werden. Berücksichtigungszeiten nach § 57 SGB VI können nicht selber die Rente erhöhen, weshalb sie im Rentenbescheid in Anlage 6 unter der Überschrift "Persönliche Entgeltpunkte" auch nicht auftauchen. Kinderberücksichtigungszeiten können sich nur mittelbar auf die Höhe der Rente auswirken, indem sie bei der Gesamtleistungsbewertung zu einem höheren Wert führen können. Dies hat die Beklagte berücksichtigt, indem sie für die Monate mit Berücksichtigungszeiten in Anlage 4, Seite 2 des Rentenbescheides Entgeltpunkte ermittelt. Diese Entgeltpunkte dienen aber nur der Bestimmung des Gesamtleistungswertes, wie sich bereits aus der Überschrift der Anlage 4 zum Rentenbescheid "Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten" ergibt. Dass die Werte für einzelne Monate bei der Gesamtleistungsbewertung in Anlage 4 vermeintlich nicht richtig berechnet wurden (Bsp: April bis Juni 1978; 3 Monate x 0,0833 = 0,2258) hat folgenden Hintergrund: Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung erhalten Monate, in denen Entgeltpunkte (z.B. durch eine Beschäftigung) erworben wurden, ebenfalls 0,0833 zusätzliche Entgeltpunkte wie Monate ohne durch Beschäftigung erworbene Entgeltpunkte auch. Allerdings wird der sich dann insgesamt ergebende Wert in Höhe des Wertes gekappt, wie er sich durch Entgelte in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze ergeben würde. Daraus folgt, dass eine Erhöhung in einzelnen Monaten nicht mit den gesamten 0,0833 Entgeltpunkten vorgenommen wird, sondern nur bis zur Kappungsgrenze. Auch dies ist nicht zu beanstanden.

In zutreffender Weise berücksichtigt hat die Beklagte auch die Zeit des Mutterschutzes der Klägerin vom 15. bis 31. Oktober 1975. Da die Klägerin bis zum 14. Oktober 1975 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, für welches Entgelte gemeldet wurden, wurde der Monat Oktober 1975 als beitragsgeminderte Zeit bewertet. Beitragsgeminderte Zeiten sind solche Monate, die sowohl mit beitragsfreien Zeiten als auch mit Beitragszeiten belegt sind, § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI. Der Monat Oktober wurde nun zur Ermittlung der zusätzlich zu berücksichtigenden persönlichen Entgeltpunkte mit dem Gesamtleistungswert in voller Höhe berücksichtigt (vgl. Rentenbescheid, Anlage 4 Seite 5 unten). Hiervon wurden die aufgrund der tatsächlich verdienten Entgelte erworbenen Entgeltpunkte abgezogen, so dass sich insgesamt zusätzliche Entgeltpunkte in Höhe von 0,0755 Punkten ergaben. Diese wurden sodann "als zusätzliche Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten" in die Aufstellung der persönlichen Entgeltpunkte in Anlage 6, Seite 1 des Rentenbescheides übernommen.

Die Berufung war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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