L 3 U 3495/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1861/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 3495/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2106 (Druckschädigung der Nerven) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - nachfolgend BK 2106 - streitig.

Die 1953 geborene Klägerin absolvierte ab 1996 die Ausbildung zur Physiotherapeutin und war ab 1998 vollberuflich als Krankengymnastin tätig. Ab 2002 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Unfalls am 14.12.2011 (Sturz mit distaler Unterarmfraktur rechts) war sie im erlernten Beruf in ihrer eigenen Praxis (und dabei bei der Beklagten versichert) tätig, die sie dann im Jahr 2012 verkaufte.

Erstmalig im Jahr 1997 befand sich die Klägerin wegen Beschwerden am rechten Ellenbogen in Behandlung, die klinisch wiederholt typische Zeichen einer radialen Epicondylopathie gezeigt hätten, so Dr. A. in seiner Stellungnahme vom 11.07.2012. In einem Befundbericht vom 21.01.1998 berichtete Dr. B., Rheumatologe und Orthopäde, über eine Druckschmerzhaftigkeit über dem rechten Ellenbogen, welche, so die Angabe der Klägerin, bereits seit Jahren, verstärkt allerdings seit ca. 4 Wochen, auftreten würde. Er diagnostizierte eine Epicondylitis humeri radialis rechts. Am 23.08.2003 stürzte die Klägerin bei der Behandlung eines Patienten auf beide Knie und die rechte Hand. Dr. C., Facharzt für Neurologie, konnte am 10.02.2004, abgesehen von einem Druckschmerz im Zehenzwischenraum, auch unter Berücksichtigung der durchgeführten Neurographie keinen pathologischen Befund erheben. Er führte die Beschwerden der Klägerin im Armbereich auf Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule zurück und schloss ein Karpaltunnelsyndrom beidseits, insbesondere mit Operationsindikation, aus. Im Rahmen einer neuerlichen Vorstellung bei Dr. C. im Februar 2005 berichtete die Klägerin über einen instabilen rechten Ellenbogen mit Schmerzen (Arztbrief des Dr. C. vom 21.02.2005). Klinisch, nicht jedoch neurographisch, so Dr. C., habe sich ein Sulcus ulnaris-Syndrom leichteren Ausmaßes ohne Operationsindikation diagnostizieren lassen. Aufgrund zweier am 17.05.2005 und 23.05.2005 erfolgter MRT-Untersuchungen des rechten Ellenbogengelenks stellte der Radiologe Dr. D. Zeichen einer degenerativen Schädigung der gemeinsamen Ansatzsehne der Extensorengruppe sowie Zeichen einer leichten Epicondylitis humeri radialis und eines Sulcus ulnaris-Syndroms fest. Dr. C. diagnostizierte im Arztbericht vom 13.06.2005 daraufhin eine leichte Affektion des Nervus ulnaris rechts bei Tennisarm. Bei motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeiten im Normbereich und damit gut bestehender Funktion der Nerven bestehe kein eigentliches "neurologisches" Sulcus ulnaris-Syndrom. Im Frühjahr 2008 diagnostizierte Dr. C. bei der Klägerin dann ein Karpaltunnelsyndrom links und eine leichte Ulnarisschädigung links im Ellenbogenbereich, die sich klinisch, nicht jedoch elektrophysiologisch nachweisen ließ; das Karpaltunnelsyndrom links sei inzwischen operationsbedürftig. Am 03.07.2008 führte Dr. E. eine Dekompression und Neurolyse des Nervus medianus und des motorischen Thenarastes links sowie eine Synovialektomie links durch. Bei Diagnose einer beginnenden Ellenbogengelenksarthrose rechts führte Prof. Dr. F. am 11.07.2008 eine arthroskopische partielle Synovektomie durch und teilte in einem Arztbrief vom 18.07.2008 mit, nach Durchführung der operativen Therapie sei eine Ruhigstellung nicht erforderlich. Dr. C. diagnostizierte bei der Klägerin im Arztbrief vom 11.06.2009 einen Zustand nach Operation eines Karpaltunnelsyndroms links, eine leichte Ulnarisschädigung im Ellenbogenbereich beidseits, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom sowie ein Burn-out-Syndrom. Rein neurologisch sei die Klägerin jetzt nicht auffällig und das Karpaltunnelsyndrom saniert.

Die Beklagte veranlasste wegen des Ereignisses vom 23.08.2003 eine unfallchirurgisch-orthopädische Begutachtung durch Prof. Dr. G ... Der Gutachter teilte im Gutachten vom 11.10.2010 mit, man habe lediglich eine Ellenbogengelenksarthrose mittleren Ausmaßes feststellen können, die mangels Zeichen einer stattgehabten Fraktur aller Wahrscheinlichkeit nach ohne äußere Einwirkung entstanden sei. Die Sensibilitätsstörungen an der ulnaren Handkante auf der rechten Seite seien am ehesten einer Irritation an der Loge de Guyon zuzuordnen. Der Chirurg Dr. H. berichtete über eine Vorstellung der Klägerin im August 2010 aufgrund von Beschwerden im rechten Handgelenk und Ellenbogengelenk (Arztbericht vom 12.10.2010). Er diagnostizierte eine Epicondylitis humeri radialis rechts bei röntgenologisch festgestellter fortgeschrittener Ellenbogengelenksarthrose rechts. Die vereinbarte Wiedervorstellung nach einer Woche zur Befundkontrolle habe nicht mehr stattgefunden. Bei einer weiteren Vorstellung der Klägerin Ende 2010 bei Dr. H. beklagte die Klägerin im wesentlichen Schmerzen im Bereich der Vorfüße und gab weiterhin Schmerzen im Bereich der Hand rechts an.

Am 03.01.2011 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sei aufgrund verschiedener gesundheitlicher Probleme demnächst gezwungen, einen Großteil ihrer beruflichen Tätigkeit als Krankengymnastin für eine unabsehbare Zeit aufzugeben. Sie verwies zur Begründung auf den Arztbericht des Prof. Dr. I. über die am 22.12.2010 stattgehabte Operation in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik O. mit Spaltung des Karpalbands und der Loge de Guyon rechts, Dekompression des Nervus ulnaris im Unterarm sowie kompletter Resektion eines Ganglions in der Hand. Weiterhin legte sie einen Arztbericht des Dr. C. vom 08.12.2010 vor. Danach gehe es der Klägerin "insgesamt beschissen, Burn out. Sie wolle aussteigen." Die Klägerin habe sich aktuell wegen Schmerzen in beiden Händen vorgestellt. Aufgrund der elektromyographischen Untersuchung sei jetzt doch eine distale Ulnarisläsion anzunehmen, wenngleich leichtgradig und ohne Operationsindikation. Der Chefarzt Dr. J., K. Gelenk- und Rheumazentrum Bad K., stellte bei der Klägerin eine Fingerpolyarthrose fest (Arztbrief vom 08.02.2011). Gegenüber der Beklagten teilte Dr. C. unter dem 21.02.2011 mit, im Zuge der Vorstellung im Dezember 2010 habe sich eine normale Neurographie der Nerven gezeigt. In Anbetracht des EMG- und Kernspinbefundes habe eine Schädigung des Nervus ulnaris in der Loge de Guyon angenommen werden müssen. Weitere neurographische Befunde erhob Dr. C. am 24.06.2011 und am 21.10.2011; aufgrund des elektromyographischen Befundes ging er weiterhin von einem leichten Sulcus ulnaris-Syndrom links aus. Bereits am 25.05.2011 ermittelte der Präventionsdienst der Beklagten die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen bei der Klägerin für die BK 2106 und kam zur Bewertung, es liege bei der Klägerin eine leicht erhöhte Belastung vor.

Die Klägerin erlitt am 14.12.2011 einen weiteren Unfall, bei dem sie in ihrer Praxis stolperte, auf die rechte Hand stürzte und sich dabei eine nicht dislozierte Fraktur des Processus styloideus radii (Knochenfortsatz am seitlich-unteren Ende der Speiche) zuzog (Befundbericht des Prof. Dr. I. vom 25.01.2012). Bei einer in diesem Zusammenhang durchgeführten MRT-Untersuchung des rechten Ellenbogengelenks vom 09.01.2012 zeigten sich ausweislich des Radiologen Dr. L. arthrotische Veränderungen im Gelenk sowie ein Sulcus nervus ulnaris-Syndrom. Dr. M., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, teilte im neurologischen Befundbericht vom 08.03.2012 mit, er habe bei der Untersuchung am 02.03.2012 bei der Klägerin neurotechnische Normalbefunde erhoben und schließe einen Nervenschaden im rechten Unterarm und der rechten Hand aus. Im ausführlichen Befundbericht vom 14.03.2012 sah auch Prof. Dr. I. keinen Anhalt auf Nervenkompression bzw. Nervenschädigung und schlug die Durchführung einer komplex-stationären Reha-Maßnahme vor.

Im Zuge des hier streitgegenständlichen Verfahrens zur Anerkennung einer BK 2106 erstattete Dr. N. der Beklagten am 26.03.2012 ein neurologisches Gutachten. Bei der Klägerin würden Karpaltunnelsyndrome vorliegen, die unabhängig von beruflicher Einwirkung seien, des weiteren degenerative Gelenkserkrankungen aufgrund schicksalhafter Entwicklung ohne berufliche Einwirkung und eine chronifizierte depressive Episode. Bei der Klägerin lägen außerberufliche Faktoren in Gestalt von degenerativen Veränderungen an den Händen und im Ellenbogen, ein Karpaltunnelsyndrom beidseits, eine Fraktur des Unterarms sowie Heberden-Arthrosen vor. Eine BK komme für das Schädigungsbild nicht in Betracht.

Auch die im April 2012 durchgeführte komplex-stationäre Rehabilitation in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik O. blieb ohne Erfolg, so dass dort am 16.04.2012 im Rahmen einer Arthroskopie des rechten Handgelenks ein Debridement (chirurgisch durchgeführte Reinigung einer Wunde) am Diskus vorgenommen wurde. Trotz Fortsetzung der Physiotherapie trat in der Folgezeit keine wesentliche Befundverbesserung mehr ein, so dass die Klägerin - so Dr. P., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik O., im Befundbericht vom 02.08.2012 - seit dem Unfalltag dauerhaft in ihrer bisherigen Tätigkeit arbeitsunfähig ist. Die Klägerin verkaufte im Mai 2012 ihre Praxis.

In einer Stellungnahme vom 31.05.2012 teilte die Beratungsärztin Dr. Q. mit, es erscheine aus arbeitsmedizinischer und pathophysiologischer Sicht möglich, dass die beschriebenen Tätigkeiten der Klägerin Friktionen im Sulcus ulnaris durch repetitive Flexionen und Extensionen im Ellenbogengelenk verursachen könnten. Mit Bescheid vom 11.07.2012 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK 2106 ab. Ein Zusammenhang der Beschwerden der Klägerin mit der beruflichen Tätigkeit sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Verfahren wegen der Anerkennung von Unfallfolgen aufgrund des Ereignisses vom 23.08.2003 veranlasste die Beklagte eine weitere unfallchirurgische Begutachtung durch Dr. R ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 30.01.2013 eine vollständige Stabilität bei der Bewegungsprüfung des Ellenbogengelenks fest; in der Zusammenschau der Befunde sei mit Wahrscheinlichkeit von einer degenerativen Erkrankung des Ellenbogengelenks rechts auszugehen, welche die Sehnenansätze, die Epicondylen und letztlich auch das Gelenk selbst betreffen würde. Diese Erkrankung sei mit aller Wahrscheinlichkeit ohne äußere Einwirkung schicksalhaft entstanden. Der spezielle Test für den Sulcus ulnaris sei negativ, also nicht pathologisch, ausgefallen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 11.07.2012 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.05.2013 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der sie zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer BK 2106 begehrt hat. Im Hinblick auf das Ereignis vom 14.12.2011 hat im Auftrag der Beklagten Prof. Dr. S. das chirurgische Zusammenhangsgutachten vom 12.06.2013 mit radiologischem Zusatzgutachten des Prof. Dr. T. vom 05.06.2013 erstattet.

In der Folgezeit hat die Klägerin weiterhin Klage gegen die Beklagte wegen der Anerkennung einer BK 2101 - Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - (S 3 U 585/15 - gegen die ablehnende Entscheidung des SG ist mittlerweile vor dem erkennenden Senat das Berufungsverfahren L 3 U 3496/16 anhängig) sowie wegen der Anerkennung eines Karpaltunnelsyndroms rechts als eine Wie-BK (S 3 U 1130/14 - die ablehnende Entscheidung des SG ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig) erhoben. Ein Karpaltunnelsyndrom links ist als Wie-BK von der Beklagten mittlerweile anerkannt worden.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Prof. Dr. Dr. U. unter dem 27.11.2015 ein neurologisches Gutachten, gestützt auf eine ambulante Untersuchung der Klägerin am 01.07.2015, erstattet. Die von Dr. C. und Dr. M. beschriebenen wie auch im Rahmen der Begutachtung erhobenen Nervenleitgeschwindigkeiten würden eindeutig gegen eine Ulnarisschädigung im Sulcus rechts sprechen; eine Schädigung des Nervus ulnaris im linken Sulcus-Bereich lasse sich nicht feststellen. Weder die erstmalig von Dr. M. erhobene noch die im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung festgestellte Latenzzeit gebe Hinweise für eine fassbare Schädigung des Nervus ulnaris in der Loge de Guyon rechts wie links. Es ließen sich damit insgesamt keine Gesundheitsstörungen nachweisen, die durch eine berufsbedingte Druckschädigung von peripheren Nerven an den Armen entstanden wären. Nachdem die Klägerin die Richtigkeit der vorgenommenen elektrophysiologischen Befunde bestritten hat, hat Prof. Dr. Dr. U. diese dem SG vorgelegt und darauf hingewiesen, dass der Name und das Geburtsdatum der Klägerin nicht eingetragen worden seien. Auf weitere Einwendungen der Klägerin hin wegen der Richtigkeit dieser Messergebnisse unter Bezugnahme auf eine E-Mail des Dr. V., V. (Schweiz), vom 09.01.2016, in welcher dieser Prof. Dr. Dr. U. sinngemäß Tendenzgutachten vorgeworfen und als Mittel der Wahl zur Feststellung peripherer Nervenengpässe das MRT benannt hat, hat Prof. Dr. Dr. U. unter dem 07.05.2016 ergänzend Stellung genommen. Aus dem Aufnahmedatum und der Aufnahmezeit in Verbindung mit dem aus dem Terminplan der Praxis ersichtlichen Umstand, dass lediglich der Sachverständige sich zu dieser Zeit in der Praxis aufgehalten habe, ergebe sich eine eindeutige Zuordnung der Unterlagen zur Klägerin. Mit Urteil vom 03.08.2016 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Eine von der BK 2106 erfasste Nervenschädigung sei bei der Klägerin nicht nachgewiesen; es fehle hierfür an hinreichenden elektrophysiologischen Befunden. Da für das Vorliegen einer BK 2106 nach dem maßgeblichen Merkblatt eine eindeutige Beziehung zwischen der Lokalisation des einwirkenden Drucks und dem anatomisch zuzuordnenden klinisch-neurologischen Befund kennzeichnend sei, sei der elektroneurographische Nachweis einer Veränderung der peripheren Nervenleitfähigkeit regelmäßig unverzichtbar. Einen solchen Nachweis habe der Sachverständige sowohl für den Zeitpunkt der von ihm vorgenommenen Untersuchung als auch für die davor liegenden Zeiträume überzeugend verneint. Die Einwendungen der Klägerin gegen die Richtigkeit und die Authentizität der vom Sachverständigen vorgenommenen Messungen habe Prof. Dr. Dr. U. überzeugend widerlegt.

Gegen das der Klägerin am 18.08.2016 zugestellte Urteil hat diese am 14.09.2016 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, eine von der BK 2106 erfasste Erkrankung sei bei ihr bereits mehrfach nachgewiesen worden. Nach der AWMF-Leitlinie "Kubitaltunnelsyndrom" weise die Untersuchung mit MRT gegenüber der neurophysiologischen Messung eine höhere Sensibilität und Genauigkeit auf. Bereits im Rahmen der MRT-Untersuchung im Mai 2005 sei ein Sulcus ulnaris-Syndrom diagnostiziert worden. Dr. C. habe bei der Verneinung von pathologischen Werten im Rahmen der neurographischen Untersuchung die Messungen teilweise falsch interpretiert und sei generell dazu geneigt gewesen, viele ihrer Symptome dem Bereich der Psychosomatik zuzuordnen. Ihre Einwände gegen das Gutachten von Prof. Dr. Dr. U. seien nicht ausführlich genug behandelt worden. Dies betreffe zunächst die Problematik mit den falschen Namen auf einigen Untersuchungsbögen. Sie bemängele auch die technischen Ergebnisse, weil die Darstellung keine Überprüfung möglich machen und insgesamt nicht korrekt erscheinen würde. Die Anamnese sei unvollständig. Einzelne Arztbriefe habe er verschwiegen, andere Untersuchungen nur lückenhaft zitiert. Insgesamt unterstellt sie dem Sachverständigen, er habe ein Gefälligkeitsgutachten geschrieben, er nenne sich "BG-Gutachter" und wolle gerne weitere Aufträge von der Beklagten. Soweit das Merkblatt neurophysiologische Befunde als Nachweis einer Schädigung verlange, gebe es solche für den Nervus ulnaris rechts und links. Vor allem würden aber neben den klinischen und neurophysiologischen Befunden auch MRT-Befunde vorliegen. Der Sachverständige habe weiterhin wichtige Untersuchungsergebnisse gezielt ausgelassen, um zu dem von ihm gewünschten Ergebnis zu gelangen, dass niemals Erkrankungen der peripheren Nerven vorgelegen hätten. Bezüglich der Loge de Guyon übersehe der Sachverständige, dass die vor der Operation durchgeführten Messungen stets nur auf das Minimum beschränkt und auch offensichtlich fehlerhaft gewesen seien und die Erkrankung mithilfe von Elektromyographie und MRT bestätigt worden sei. Bezüglich des Nervus sulcus ulnaris-Syndroms links habe der Sachverständige einen Befund, der auf den Untergang sensibler Nervenfasern hindeute, erhoben. Ganz gezielt verschweige der Sachverständige die Untersuchungsergebnisse des Dr. C. vom 21.10.2011; dieser habe damals mithilfe von Elektromyographie die Erkrankung festgestellt. Im Übrigen sei die Erkrankung als Wie-BK anzuerkennen. Auch das Gutachten des Prof. Dr. C./Dr. R. lehne sie im Übrigen ab. Sie habe (nur) Dr. R. als Gutachter ausgewählt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. August 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2013 zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 2106 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.

sowie

die Überlastung der ulnaren Handkante und des Kleinfingerballens wie eine Berufskrankheit anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Die Klägerin ersetze die in den Entscheidungsgründen getroffenen Wertungen durch eigene medizinische Ausführungen und Zitate aus der AWMF-Leitlinie, die indes nicht mehr gültig sei und sich derzeit in Überarbeitung befinde.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Zu Recht haben die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden die Anerkennung einer BK 2106 abgelehnt und das SG die auf dieses Ziel gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen. Denn bei der Klägerin liegt keine BK 2106 vor, da das Vorliegen einer Druckschädigung der Nerven nicht nachgewiesen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Karpaltunnelsyndrom als ein Fall einer Druckschädigung der Nerven nicht der BK 2106 unterfällt (Merkblatt zu BK 2106, Bek. des BMA v. 01.10.2002, BArbBl 11/2002, 62 - künftig: Merkblatt); ohnedies ist das Karpaltunnelsyndrom links bereits von der Beklagten als Wie-BK anerkannt worden, während die Ablehnung der Anerkennung eines Karpaltunnelsyndroms rechts als Wie-BK mit Urteil des SG vom 03.08.2016 im Verfahren S 3 U 1130/14 nach Rücknahme der hiergegen eingelegten Berufung rechtskräftig entschieden ist.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BK bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählt nach Nr. 2106 der Anlage 1 zur BKV die Druckschädigung der Nerven.

Dabei müssen nach ständiger Rechtsprechung im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. BK) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/8, juris). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R, beide in juris). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87, juris). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90, juris).

Der erkennende Senat vermag sich, wie bereits zuvor das SG, nicht mit der notwendigen Sicherheit davon überzeugen, dass bei der Klägerin eine Druckschädigung der Nerven vorliegt. Das SG hat die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2106 zutreffend dargelegt und gleichfalls zutreffend auf Grundlage des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens von Prof. Dr. Dr. U., insbesondere des Ergebnisses der von ihm vorgenommenen elektroneurographischen Nervenmessungen - von dessen Verwertbarkeit und Richtigkeit, auch was die Zuordnung zur Klägerin angeht, das SG zu Recht ausgegangen ist -, den Nachweis einer Nervendruckschädigung im Sinne der BK 2106 verneint. Der Senat schließt sich der Begründung des SG insoweit in vollem Umfang an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab.

Das Berufungsvorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Klägerin, gestützt auf die mittlerweile außer Kraft getretene Leitlinie der Deutschen Gesellschaften für Handchirurgie, Neurochirurgie, Neurologie und Orthopädie zum Kubitaltunnelsyndrom (Sulcus ulnaris-Syndrom), AWMF-Leitlinien-Register Nr. 005/009 und auf die E-Mail-Stellungnahme des Dr. V., einen Nachweis mittels MRT für gegeben und ausreichend erachtet und die Aussagekraft elektrophysiologischer Messungen in Zweifel zieht, lässt sie das Merkblatt außer Acht. Danach sind eine sorgfältige Einzelfallprüfung auf objektivierbare und reproduzierbare neurologische und neurophysiologische Parameter, differenzialdiagnostische Überlegungen sowie eine sorgfältige Arbeitsanamnese unentbehrlich, um eine eindeutige Diagnose vor allem im Hinblick auf eine arbeitsbedingte Ursache stellen zu können. Der elektroneurographische Nachweis einer Veränderung der peripheren Nervenleitfähigkeit ist dabei in der Regel unverzichtbar (Merkblatt, a.a.O., Abschnitt IV. Weitere Hinweise). Dies stellt nach wie vor den Stand der Wissenschaft dar. So wird auch in der von der Klägerin zitierten AWMF-Leitlinie "Kubitaltunnelsyndrom" die elektrophysiologische Diagnostik zur Bestätigung der Diagnose bzw. zur differenzialdiagnostischen Einordnung mit dem Empfehlungsgrad: "A starke Empfehlung" bewertet. Demgegenüber wird der bildgebenden Diagnostik mit dem MRT mit dem abgeschwächten Empfehlungsgrad "B Empfehlung" lediglich im Hinblick auf die Abklärung eines Tumorverdachts bzw. zur Lokalisation der Läsion eine vergleichbare oder bessere Sensitivität als der Neurographie zuerkannt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt es an dem - im Merkblatt nach alledem zutreffend als aktueller Erkenntnisstand wiedergegebenen - erforderlichen elektroneurographischen Nachweis. So hat der Sachverständige bei seiner umfangreichen elektroneurographischen Untersuchung jeder einzelnen Muskelgruppe im Bereich der oberen Extremitäten keine elektrophysiologischen Befunde erheben können, die eine Ulnarisschädigung im rechten und/oder linken Sulcus oder ein Syndrom der Loge de Guyon belegen würden. Die anhand der Erniedrigung des sensiblen Nervenaktionspotenzials von ihm festgestellte leichte Schädigung sensibler Anteile des Nervus ulnaris links lässt keine Höhenlokalisation zu, so der Sachverständige, und kann bereits durch eine sehr leichte Druckschädigung infolge des Aufstützens des Ellenbogens auf der Tischplatte entstehen. Es ist deshalb für den Senat überzeugend, wenn der Sachverständige diesem Befund angesichts der übrigen Normalbefunde keine Bedeutung für die Frage eines Nachweises eines Sulcus ulnaris-Syndroms beimisst. Ebenso hat der Nervenarzt Dr. M. bei der Untersuchung am 02.03.2012, bezogen auf den von ihm (nur) untersuchten rechten Unterarm mit rechter Hand, lediglich neurographische Normalbefunde erhoben und einen Nervenschaden im rechten Unterarm und der rechten Hand explizit ausgeschlossen. Ihm folgend hat auch Prof. Dr. I. ausweislich seines Befundberichtes vom 14.03.2012 keinen Anhalt für eine Nervenkompression oder Nervenschädigung gesehen. Auch Dr. C. hat im Übrigen zu keinem Zeitpunkt einen neurographischen Befund erhoben, der eine Nervendruckschädigung belegen würde. Vielmehr hat Dr. C. bereits im Februar 2004 einen pathologischen Befund verneint und im Juni 2005 angesichts der von ihm festgestellten Nervenleitgeschwindigkeiten im Normbereich ein "eigentliches neurologisches" Sulcus ulnaris-Syndrom verneint. Im Frühjahr 2008 hat Dr. C. klinisch eine leichte Ulnarisschädigung angenommen, zugleich aber darauf hingewiesen, dass diese sich nicht elektrophysiologisch nachweisen ließ. Im Juli 2009 hat er einen neurologisch unauffälligen Status der Klägerin erhoben. Auch im Dezember 2010, im Juni 2011 und in der von der Klägerin in der Berufungsbegründung thematisierten Untersuchung am 21.10.2011 ist die Neurographie ohne Befund geblieben. Allerdings hat die Elektromyographie im Musculus abductor digiti V eine Spontanaktivität gezeigt, weshalb Dr. C. eine Schädigung des Nervus ulnaris in der Loge de Guyon angenommen hat. Für das Vorliegen eines Loge de Guyon-Syndroms wäre aber in jedem Falle, so Prof. Dr. Dr. U., auch im Musculus abductor pollicis das Vorhandensein von Spontanaktivität zu fordern gewesen, was bei der Klägerin indes nicht der Fall gewesen ist. Es kann daher für diesen Zeitpunkt allenfalls von einer subklinischen Schädigung ausgegangen werden, die im Übrigen im Rahmen der elektromyographischen Untersuchung durch Dr. M. weniger als anderthalb Jahre später nicht mehr nachgewiesen werden konnte.

Soweit die Klägerin demgegenüber einwendet, Dr. C. habe teilweise die Werte der neurographischen Untersuchung falsch interpretiert, so ist dieser Vortrag der Klägerin für den Senat angesichts der übereinstimmenden Beurteilung eben dieser Werte durch Dr. C. und durch Prof. Dr. Dr. U., beides - im Unterschied zur Klägerin - Neurologen und damit zur Auswertung neurographischer Befunde berufen, nicht nachvollziehbar. Zu den von Dr. C. im Dezember 2010 und Oktober 2011 erhobenen elektromyographischen Befunden hat sich der Sachverständige, wie dargestellt, durchaus verhalten und mit schlüssiger und nachvollziehbarer Begründung einen Nachweis eines Loge de Guyon-Syndroms abgelehnt. Letztlich ist entscheidend, dass jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt ausweislich der aktuellen Untersuchungsbefunde des Dr. M. und des Prof. Dr. Dr. U. elektroneurographisch wie auch elektromyographisch (Dr. M.) kein Nachweis einer Druckschädigung der Nerven (mehr) erbracht werden kann.

Mit den Einwänden der Klägerin gegen das Gutachten des Prof. Dr. Dr. U. hat sich bereits das SG auseinandergesetzt. Es ist zu Recht von der Richtigkeit der erhobenen elektromyographischen Befunde und der Verwertbarkeit des Gutachtens insgesamt ausgegangen. Das teilweise ehrabschneidende Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ändert hieran nichts. Der Umstand, dass der Sachverständige unter anderem auch für Berufsgenossenschaften als Gutachter tätig geworden ist, lässt seine Pflicht zur Erstattung des ihm vom Gericht - im Übrigen auf Antrag der Klägerin - übertragenen Gutachtens in unparteiischer Weise und nach bestem Wissen und Gewissen unberührt. Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige dieser Pflicht nicht genügt hätte, sind nicht ersichtlich. Die Enttäuschung der Klägerin über das für sie ungünstige Gutachtensergebnis "ihres" Gutachters des Vertrauens mag nachvollziehbar sein, begründet aber selbstverständlich keine Zweifel an der unparteilichen Wahrnehmung der Amtspflichten durch den Sachverständigen; für eine nicht diesen Anforderungen genügende Gutachtenserstellung durch den Sachverständigen sind auch keine sonstigen Anhaltspunkte ersichtlich. Vorwürfe bezüglich einer fehlerhaften und unvollständigen Anamneseerhebung sowie der Unterschlagung relevanter medizinischer Sachverhalte hat die Klägerin lediglich pauschal geäußert, ohne diese schlüssig zu begründen. Die von der Klägerin ohne eigenen (nerven-)ärztlichen Hintergrund vorgebrachten abweichenden Interpretationen der vom Sachverständigen erhobenen neurographischen Befunde sind für den Senat nicht nachvollziehbar und vom Sachverständigen bereits widerlegt. Dabei gehört die Bewertung der neurographischen Befunde zur ureigensten Aufgabe des Sachverständigen, der hierzu als Neurologe - anders als die Klägerin - auch befähigt ist; im Übrigen deckt sich der vom ihm erhobene neurographische Befund, wie bereits dargelegt, auch mit dem zuvor von Dr. M. und den in der Vergangenheit von Dr. C. erhobenen Befunden.

Auch die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.02.2017 vorgebrachten Einwände gegen das Gutachten des Dr. R. verfangen nicht. Die Klägerin selbst hat mit Schreiben ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2012 um eine Begutachtung durch Dr. R. ersucht. Entsprechend der klägerischen Auswahl hat Dr. R. die Klägerin am 20.12.2012 untersucht und unter dem 30.01.2013 das Gutachten erstattet. Der Umstand, dass der dem Dr. R. vorgesetzte Klinikdirektor der Unfall-, Hand- und orthopädischen Chirurgie, Professor Dr. C., mitunterzeichnet hat, begründet keine Verletzung des in § 200 Abs. 2 SGB VII normierten Auswahl- und Widerspruchsrechts. Denn der von ihr ausgewählte Gutachter Dr. R. hat sich das Gutachten mit seiner Unterschrift in vollem Umfang zu eigen gemacht, selbst wenn es - wofür keinerlei Anhaltspunkte vorliegen - in Teilen nach Erstellung durch Dr. R. durch Prof. Dr. C. korrigiert worden sein sollte. Sonstige Anhaltspunkte, die gegen eine Verwertbarkeit des Gutachtens sprechen, liegen weder vor, noch sind sie von der Klägerin geltend gemacht worden.

Der Senat verkennt nicht, dass bei der Klägerin in der Vergangenheit wiederholt, gestützt auf klinische und bildgebende Befunde, Nervendruckschädigungen in Gestalt eines Sulcus ulnaris-Syndroms rechts wie links und eines Syndroms der Loge de Guyon erhoben worden sind. So hat Dr. D. im Mai 2005 mittels MRT des Ellenbogengelenks rechts Signalveränderungen im Nervus ulnaris, die mit einem entsprechendem Syndrom vereinbar sind, festgestellt. Eine deutliche Signalanhebung des Nervus ulnaris hat im Januar 2012 auch der Radiologe Dr. L. festgestellt. Dr. C. hat wiederholt ein leichtes Nervus ulnaris-Syndrom rechts und 2011 auch links aufgrund des klinischen Befundes diagnostiziert, gleichzeitig allerdings eingeräumt, dass angesichts der von ihm festgestellten guten Funktion der Nerven kein eigentliches Nervus ulnaris-Syndrom vorliege. In diesem Zusammenhang bleibt zunächst festzuhalten, dass zuletzt, namentlich bei Untersuchungen im Zuge der Begutachtung durch Dr. R. und Prof. Dr. Dr. U., auch klinisch keine Nervendruckschädigung mehr festgestellt worden ist. Ebenso hat Prof. Dr. I. zuletzt eine Nervenkompression bzw. Nervenschädigung auch anhand des klinischen Befundes verneint. Möglicherweise haben die Eingriffe im Juli 2008 sowie die im Dezember 2010 durchgeführte Operation mit Spaltung des Karpalbands und der Loge de Guyon rechts, Dekompression des Nervus ulnaris im Unterarm sowie kompletter Resektion eines Ganglions in der Hand zu einer Befundbesserung geführt. Jedenfalls ist derzeit auch klinisch kein Nachweis einer Druckschädigung der Nerven geführt, unabhängig davon, inwieweit dieser genügen würde. Darüber hinaus liegt bei der Klägerin eine Vielzahl von Erkrankungen im Bereich der oberen Extremitäten vor: So sind bei der Klägerin immer wieder, gestützt auf den klinischen Befund, Karpaltunnelsyndrome diagnostiziert worden, von denen das den linken Unterarm betreffende Karpaltunnelsyndrom mittlerweile als Wie-BK anerkannt ist, ebenso wiederholt Erkrankungen der Ansätze von Muskeln und Sehnen im rechten Ellenbogengelenk (Epicondylitis humeri radialis und ulnaris). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus die ebenfalls im Mai 2005 radiologisch festgestellte und von Dr. H. wie auch vom Gutachter Prof. Dr. G. als mittlerweile fortgeschritten eingestufte Ellenbogengelenksarthrose rechts mit degenerativer Schädigung der gemeinsamen Ansatzsehne der Extensorengruppe. 2011 hat Dr. J. bei der Klägerin zusätzlich eine Fingerpolyarthrose festgestellt. Bei der Klägerin liegt weiterhin eine erhebliche Beschwerdesituation aufgrund der im Dezember 2011 erlittenen, nicht dislozierten Fraktur des Processus styloideus radii vor, die trotz Durchführung einer komplex-stationären Rehabilitation in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik O. sowie eines arthroskopisch durchgeführten Debridements am Diskus des rechten Handgelenks nicht mehr gebessert werden konnte und zur Beschäftigungsaufgabe seitens der Klägerin geführt hat. Diese Vielzahl an konkurrierenden Beschwerden, die allesamt die oberen Extremitäten, insbesondere den rechten Arm und die rechte Hand, betreffen, wie auch die widersprechenden klinischen Befunde der verschiedenen Behandler und Gutachter belegen geradezu exemplarisch die im Merkblatt postulierte Notwendigkeit eines elektroneurographischen Nachweises, um eine eindeutige Diagnose und gegebenenfalls auch eine arbeitsbedingte Genese feststellen zu können. Im Einklang mit dem im Merkblatt verkörperten Stand der Wissenschaft und auch für den Senat nachvollziehbar und schlüssig beharrt deshalb Prof. Dr. Dr. U. zu Recht auf den - im konkreten Fall im Besonderen gebotenen - neurographischen Nachweis einer Nervendruckschädigung, der aber weder für die Vergangenheit noch derzeit erbracht werden kann.

Sind damit bereits die medizinischen Voraussetzungen der BK 2106 nicht nachgewiesen, so kommt die Feststellung einer entsprechenden BK von vornherein nicht in Betracht.

Erstmalig im Berufungsverfahren begehrt die Klägerin daneben die Feststellung der Überlastung der ulnaren Handkante und des Kleinfingerballens als Wie-BK. Das diesbezügliche Klagebegehren ist bereits unzulässig. Es liegt hier keine Identität zu dem noch im sozialgerichtlichen Verfahren geltend gemachten Anspruch vor. Die Zulässigkeit der somit vorliegenden Klageänderung in der Form einer Klageerweiterung beurteilt sich nach § 99 SGG, welcher gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren Anwendung findet. Danach ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Inwieweit diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, kann dahingestellt bleiben. Denn die Unzulässigkeit des im Wege der Klageänderung geltend gemachten Klagebegehrens ergibt sich jedenfalls aus der fehlenden Zuständigkeit des Landessozialgerichts (LSG) als erstinstanzliches Gericht (BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 20/01 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Das LSG ist grundsätzlich nur zuständig für Entscheidungen im Berufungsverfahren (§ 29 SGG). Auch eine an sich zulässige Klageänderung entbindet das Gericht nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten Klage zu prüfen. Infolgedessen müssen für die geänderte Klage sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, mithin auch die Zuständigkeit des LSG gegeben sein. Ein Ausnahmetatbestand für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG liegt nicht vor, so dass die Klage insoweit mangels instanzieller Zuständigkeit des LSG unzulässig ist. Daneben ergibt sich die Unzulässigkeit der Klage auch daraus, dass über die geltend gemachte Anerkennung einer Wie-BK wegen der Überlastung der ulnaren Handkante und des Kleinfingerballens bislang noch keine Verwaltungsentscheidung vorliegt.

Die Berufung bleibt damit insgesamt ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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