L 3 U 22/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 92/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 22/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 179/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für die Feststellung der Diagnose eines CRPS ist Voraussetzung, dass die Symptome Schmerz und sichtbare Klinik in zeitlichem Zusammenhang mit dem Extremitätentrauma nachgewiesen sind.

2. Zur Ablehnung eines Antrags des Versicherten auf gutachterliche Anhörung eines bestimmten Arztes.
I. Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Gießen vom 29. Juli 2005 und vom 9. Dezember 2010 werden zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1948 geborene Kläger begehrt Leistungen von der Beklagten wegen der Folgen eines am 14. November 1998 und eines am 17. Januar 2002 erlittenen Unfalls. Am 14. November 1998 stürzte der Kläger bei einer Geschäftsreise als angestellter Geschäftsführer der (eigenen) Firma F. GmbH in Vietnam auf die rechte Körperseite, insbesondere auf den rechten Ellenbogen. Er stellte sich am 18. November 1998 nach Rückkehr nach Deutschland dem Durchgangsarzt vor, der die Diagnosen "Mittelhandknochen V-Fraktur rechts. Abbruch vom Kronenfortsatz rechte Elle. Verdacht auf Irritation Nervus ulnaris und Nervus medianus rechts" stellte. Der Kläger wurde mit einer dorsalen Oberarm-Gipsschiene mit Einschluss des Grundgelenkes des rechten Kleinfingers versorgt, die am 20. November 1998 wieder entfernt wurde (Berichte der Durchgangsärzte Prof. Dr. G./Dr. H. vom 20. November 1998 und vom 23. November 1998). In der Folgezeit wurde der Kläger wiederholt in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Frankfurt/Main (BGU) chirurgisch und neurologisch behandelt. Der Chirurg Dr. J., BGU, äußerte in seinem Bericht vom 20. November 1998 den Verdacht auf eine Sudeck`sche Durchblutungsstörung des rechten Armes. In seinem Bericht vom 4. Januar 1999 nach stationärer Behandlung des Klägers in der BGU schloss dieser Arzt die Diagnose "Sudeck" auf Grund des klinischen Befundes und auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Dreiphasenskelettszintigraphie aus. Der Bruch des 5. Mittelhandknoches sei während der Bewegungsbehandlung ausgeheilt, die auch zu einer freien Beweglichkeit des rechten Kleinfingers geführt habe; auch im Ellenbogengelenk könne freie Beweglichkeit festgestellt werden. Eine axiale Computertomographie beider Schultergelenke wegen der Schultersteife rechts hat nach dem Bericht vom 4. Januar 1999 ein normal geformtes und regelrecht strukturiertes Schulterskelett ergeben, die Rotatorenmanschette war völlig unauffällig. Eine Magnetresonanztomographie (MRT) der LWS hat ein degeneriertes Segment L5/S1 nach zweimaliger Operation gezeigt und resultierende beiderseitige Foramenstenosen, aber keine Hinweise auf eine akute Schädigung. Die Beschwerden des Klägers von Seiten der Wirbelsäule sind und waren nach den Feststellungen des Dr. J. unfallfremd. Der Neurologe Dr. K., BGU, stellte als Unfallfolgen bei dem Kläger eine minimale sensible Störung des Ellennervens (Nervus ulnaris) rechts sowie eine leichtgradige Läsion des Nervus radialis profundus (Speichennerv) fest (Berichte vom 1. Dezember 1998, 22. Februar 1999, 18. November 1999, 21. Januar 2000 und Zusammenhangsgutachten vom 15. Februar 2000), die lediglich mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 10 v. H. bewertet werden könnten. Unfallfremd sei der Zustand nach C2/C3-Spondylodese nach Auffahrunfall 1991 sowie eine anamnestisch bekannte Lendenwirbelsäulensymptomatik bei Status nach 2x-iger Wirbelsäulenoperation auf Niveau L5 und L4 (vgl. die Arztbriefe/Berichte der Ärzte der Schulthess Klinik, Zürich, aus den Jahren 1991 und 1992 Bl. 308-315 VA II). Der Chirurg Dr. L., BGU, bescheinigte dem Kläger im Rahmen der verbleibenden Unfallfolgen Arbeitsfähigkeit ab 25. März 2000 und schätzte die verbliebenen neurologischen und unfallchirurgischen Folgen insgesamt mit einer MdE von 20 v. H. ein (Bericht vom 12. April 2000). Die Beklagte gewährte dem Kläger auf Grund der Ermittlungsergebnisse Verletztengeld bis zum 24. März 2000 und mit Bescheid vom 24. Mai 2000 Rente nach einer MdE von 20 v. H. als vorläufige Entschädigung ab dem 25. März 2000. Als Folgen des Versicherungsfalles vom 14. November 1998 erkannte sie an: "Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk in allen Ebenen, Einschränkungen in der Streck- und Beugebeweglichkeit im rechten Ellenbogengelenk, Bewegungseinschränkungen in der Beweglichkeit im rechten Handgelenk, Schwellneigung im Bereich des rechten Oberarms, sensible Störungen des rechten Ellennervs sowie leichtgradige Läsion des tieferliegenden Speichennervs, nach Bruch des rechten 5. Mittelhandknochens und Abbruch des Kronenfortsatzes an der rechten Elle". Auf Grund des Widerspruches des Klägers holte die Beklagte ein unfallchirurgisches Gutachten von Dr. M. vom 18. Mai 2001 ein. Das Gutachten erfolgte nach Aktenlage, da der Kläger den Untersuchungstermin unentschuldigt nicht wahrnahm. Der Gutachter, der den Kläger zuvor am 17. März 2000 im Auftrage dessen privater Unfallversicherung untersucht und begutachtet hatte, führte aus, chirurgisch seien bei dem Kläger als Unfallfolgen eine Narbenplattenbildung im Bereich des rechten Oberarmes nach Muskelruptur, eine Kraftminderung rechts und eine endgradige Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk festzustellen. Bei der Untersuchung im März 2000 habe weder eine Funktionseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk vorgelegen noch eine Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk. Die Außenrotation im rechten Schultergelenk sei völlig frei gewesen; dies bedeute, dass dann auch der Nackengriff rechts hätte vorgeführt werden müssen. Da dies nicht der Fall gewesen sei, sei er der Meinung, dass der Versicherte ehemals bei der Prüfung der Schultergelenksfunktionen nicht richtig mitgewirkt habe, was sich dann auch bei der weiteren Überprüfung der Schultergelenksfunktionen gezeigt habe. Bei der Untersuchung im März 2000 habe weder eine Muskelverschmächtigung am rechten Schultergürtel noch am rechten Arm festgestellt werden können, was gegen eine Schonung des rechten Armes spreche, so dass die vorgeführten Funktionswerte nicht nachvollziehbar seien. Die unfallchirurgischen Unfallfolgen seien nur mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten. Die neurologischen Unfallfolgen seien so geringfügig, dass sie voll unter die unfallchirurgische MdE zu einer Gesamt-MdE von 10 v. H. zu subsumieren seien. Die von dem Kläger geklagten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule seien auf den bekannten Vorschaden (1989 Autounfall mit Verletzung im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) mit Notwendigkeit der operativen Verplattung im Bereich der oberen HWS 1992) zurückzuführen; eine durch den Unfall vom 14. November 1998 bedingter geweblicher Neuschaden im Bereich der HWS sei nicht zu dokumentieren. Nach vorheriger Anhörung entzog die Beklagte dem Kläger die vorläufige Entschädigung mit Ablauf des Monats Juni 2001 (Bescheid vom 26. Juni 2001), da die Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenberechtigendem Maße gemindert sei. Der Kläger erhob dagegen Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheiden jeweils vom 8. November 2001 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen den Bescheid vom 24. Mai 2000 und gegen den Bescheid vom 26. Juni 2001 zurück. Der Kläger hat gegen beide Widerspruchsbescheide jeweils am 26. November 2001 Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben. Das Gericht hat diese Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Beschluss vom 8. Mai 2002). Der Kläger hat geltend gemacht, ihm sei eine höhere Rente als Dauerrente zu gewähren. Es sei allgemein bekannt, dass "die sozialrechtlichen Körperschaften aufgrund skandalöser und perverser Praktiken versuchen würden, Kosten zu sparen". Nähere Begründungen könne er wegen seines akuten Gesundheitszustandes nicht abgeben. Mit Gerichtsbescheid vom 29. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Dem Kläger stehe eine Dauerrente nicht zu. Nach § 62 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII könne bei der erstmaligen Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit nach der vorläufigen Entschädigung von dem Vom-Hundert-Satz der MdE der vorläufigen Entschädigung abgewichen werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert hätten. Zu Recht habe die Beklagte in den angegriffenen Entscheidungen auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. M. festgestellt, dass eine MdE in rentenberechtigendem Grade bei dem Kläger nicht vorliege. Gegen das ihm am 19. August 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. September 2005 beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt Berufung (Az.: L 3 U 205/05) eingelegt und sein Begehren auf Zuerkennung einer Dauerrente weiter verfolgt. Der Senat hat auf Antrag des Klägers ein neurologisches Gutachten von Prof. Dr. C., vom 18. Januar 2008 eingeholt. Der Sachverständige hat festgestellt, in Zusammenschau der Vorbefunde nach Aktenlage sowie der Ergebnisse der klinisch-neurologischen Untersuchung sowie der ergänzenden apparativen Untersuchungen vom 19. Dezember 2007 könne ein Morbus Sudeck der rechten Hand sicher ausgeschlossen werden. Seit dem 25. März 2000 liege nur noch eine Teilschädigung des Nervus radialis rechts geringen Ausmaßes vor. Die nach Aktenlage beschriebene Teilschädigung des Nervus ulnaris rechts sei aktuell nicht mehr nachweisbar; die Funktion des rechten Armes sowie der rechten Hand sei völlig kompensiert. Auf Grund der Schmerzen sei jedoch eine MdE von 20 v. H. zuzuerkennen.

Der Beratungsarzt Dr. N. hat in seiner Stellungnahme vom 30. Mai 2008 zu diesem Gutachten ausgeführt, die Bewertung des subjektiven "Symptoms" Schmerz als Unfallfolge sei angesichts der klinisch unauffälligen objektiven Befunde sowie angesichts der erheblichen Vorerkrankungen im Bereich der HWS nicht nachvollziehbar.

Der Sachverständige Prof. Dr. C. hat daraufhin in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Dezember 2008 ausgeführt, auch geringste Verletzungen könnten unter Umständen zu starken Schmerzen führen; er revidiere seine Angaben aber dahingehend, dass die auf den Arbeitsunfall zurückzuführende MdE sicherlich nur zwischen 10 und 15 v. H. liege.

Mit Beschluss vom 2. Februar 2011 hat der Senat diesen Rechtsstreit L 3 U 205/05 mit dem Rechtsstreit L 3 U 22/11 (führend) verbunden.

Dem führenden Verfahren L 3 U 22/11 liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Am 17. Januar 2002 stolperte der Kläger über eine Schwelle in seinem Büro, stürzte und verletzte sich den linken Knöchel. Der Durchgangsarzt Dr. O., Mathilden-Hospital Büdingen, untersuchte den Kläger am selben Tag und fertigte Röntgenaufnahmen des verletzten linken Sprunggelenks. In Auswertung der Röntgenaufnahmen ergab sich kein Anhalt für eine Fraktur des Vorfußes; er diagnostizierte ein Distorsionstrauma des linken Sprunggelenks und hielt die Dauer der Arbeitsunfähigkeit für einen Zeitraum von insgesamt drei Wochen für wahrscheinlich. In einem Nachschaubericht vom 26. März 2002 äußerte Dr. O. den Verdacht auf Tarsaltunnelsyndrom links oder ein Sudeck-Syndrom. Die daraufhin erfolgte neurologische Abklärung am 22. April 2002 durch Prof. Dr. P., Direktor der Klinik für Neurologie des Klinikums Darmstadt bestätigte diese Verdachtsdiagnosen nicht (Arztbrief des Prof. Dr. P. an Dr. O. vom 23. April 2002). Die Untersuchung ergab ein normales Haarwachstum an beiden Unterschenkeln und Füßen, keine Schwellung, keine dystrophischen Störungen der Haut, keine Hyperhidrose, keine manifeste Parese, eine normatone Muskulatur, keine Muskelreizphänomene. Sämtliche Muskeldehnungsreflexe waren seitengleich mittellebhaft erhältlich, pathologische Zeichen fanden sich nicht und keine lokale Überwärmung. Der klinische Befund wird nach Prof. Dr. P. durch die Elektromyographie (EMG) bestätigt. In den Muskeln Extensor digitorum brevis links und Tibialis anterior links ist das EMG unauffällig. Die sympathische Hautreflexantwort ist an den Füßen seitengleich gut reproduzierbar. Die motorische Tibialis-Leitgeschwindigkeit links ist regelrecht. Die distale Sensiblitätsstörung, in der Mitte des Unterschenkels beginnend und nach distal zunehmend, ist nach Prof. Dr. P. keinem radikulären oder peripheren Versorgungsareal zuzuordnen. Es fänden sich keine Zeichen einer peripheren Nervenschädigung im Rahmen der Verletzung, auch keine Beeinträchtigung des Nervus tibialis. Eine weitere sonographische Untersuchung führte zum Ausschluss der Diagnose einer Beinvenenthrombose links (Arztbrief des Facharztes für Chirurgie Dr. Q. an Dr. O. vom 24. April 2002). Ein MRT des linken oberen Sprunggegelenkes vom 19. April 2002 (Arztbrief des Radiologen Dr. R., Klinikum Hanau, an Dr. O. vom 22. April 2002) ergab einen unauffälligen altersentsprechenden knöchernen Status ohne Hinweis auf ein Knochenödem. Ein Gelenkerguss ist nicht nachweisbar, die Sehnenstruktur erhalten, insbesondere die Achillessehnen unauffällig. Die Syndesmose ist regelrecht abgebildet; die miterfassten Weichteilstrukturen sind unauffällig. Die Beklagte gewährte dem Kläger auf Grund der Ermittlungen bis einschließlich 17. März 2002 Verletztengeld. Nachdem dieser geltend gemacht hatte, er sei auch weiterhin arbeitsunfähig, versuchte die Beklagte zunächst weitere Befundunterlagen beim Kläger beizuziehen. Dieser verweigerte die Vorlage. Daraufhin leitete die Beklagte das Verfahren zur Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens ein und informierte den Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2002 über die beabsichtigte Gutachterauswahl nach § 200 SGB VII. Der vorgeschlagenen Untersuchung in der BGU widersprach der Kläger mit Schreiben vom 5. August 2002 und führte aus, dass er grundsätzlich nicht bereit sei, sich einer ärztlichen Begutachtung "durch eine sich im Netzwerk der Berufsgenossenschaften stehende medizinische Institution" zu unterziehen. Er beantragte, mit der Begutachtung seinen behandelnden Arzt Prof. Dr. S., International Neuroscience Institute (INI) Hannover, Neurochirurgie, zu beauftragen. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2003 schlug die Beklagte nochmals mehrere Sachverständige vor und belehrte den Kläger gleichzeitig über seine Mitwirkungspflichten. Mit Bescheid vom 15. März 2004 lehnte sie die Gewährung weiterer Entschädigungsleistungen über den 17. März 2002 hinaus ab. Hiergegen legte der Kläger am 6. April 2004 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2004 zurückgewiesen wurde. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner am 15. Oktober 2004 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Nach Anhörung wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 15. August 2005 die Klage ab. Im Berufungsverfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht (Az.: L 3 U 219/05) schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2006 folgenden Vergleich:
"1. Die Beklagte hebt den Bescheid vom 15.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2004 auf.
2. Die Beklagte ist nach Beiziehung der medizinischen Unterlagen des Klägers bereit, den Kläger bei Prof. S.; INI, Hannover untersuchen und begutachten zu lassen.
3. Der Kläger ist bereit, sich bei Prof. Dr. S., INI, Hannover bzw. durch den von Prof. Dr. S. hinzugezogenen Arzt untersuchen und begutachten zu lassen. Zu diesem Zweck erklärt der Kläger sich mit der Beiziehung aller für erforderlich gehaltenen medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte einschließlich der Röntgen- und MRT-Aufnahmen einverstanden. Die behandelnden Ärzte heißen: Dres. T., U., V., W., O., X., Y., Prof. Z ... Die Anschriften dieser Ärzte und ggf. noch weiterer Ärzte, die mir heute nicht einfallen, reiche ich innerhalb von 14 Tagen der Beklagten schriftlich nach.
4. Die Beklagte erstattet dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten.
5. Im Übrigen erklären die Beteiligten den Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt."
Aufgrund dieses Vergleichs leitete die Beklagte erneut ein Verwaltungsverfahren ein und zog die Behandlungs- und Krankenunterlagen der von dem Kläger im Vergleich benannten Ärzte bei. Sodann beauftragte sie Prof. Dr. S. mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 27. April 2008 sowie in einer ergänzenden Stellungnahme vom 27. Mai 2008 zu dem Ergebnis, seit dem 17. Januar 2002 bis zum Untersuchungstag bestehe Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit durch die Unfallfolgen. Ein chronisches regionales Schmerzsyndrom (CRPS; früher Morbus Sudeck) im Bereich des linken Fußes sei am "ehesten durch das Trauma vom 17. Januar 2002 verursacht worden. Die unfallbedingte MdE betrage 100 v. H. In seinen Stellungnahmen vom 17. Mai 2008 und vom 22. Juni 2008 zu diesem Gutachten führte der Beratungsarzt Dr. N. aus, das Gutachten überzeuge nicht. Eine bildgebende Diagnostik sei nicht durchgeführt, ein Messblatt für untere Gliedmaßen nicht erstellt. Nach den Sachinformationen laut Gutachten seien im Bereich der Füße eine seitengleiche Trophik bei linksseitiger kühlerer Fußaußenkante festzustellen. Beschrieben würden Hyp- bzw. Hyperästhesien, ohne dass diese neurologisch verifiziert würden. Unfallnah ergäben sich im Übrigen keine Hinweise auf ein regionales komplexes Schmerzsyndrom. Auch sei eine unfallnahe durchgehende regelmäßige Behandlung nicht erkennbar. Mit Bescheid vom 25. September 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente und Zahlung von Verletztengeld über den 17. März 2002 hinaus ab. Zur Begründung führte sie aus, das bei Prof. Dr. S. eingeholte Gutachten sei nicht verwertbar. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem am 17. November 2008 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch, den diese mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2010 zurückwies. Der Kläger hat am 19. Mai 2010 beim Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Er ist der Ansicht, aufgrund des vor dem Landessozialgericht am 25. Juli 2006 geschlossenen Vergleiches sei die Beklagte verpflichtet, die Ergebnisse des bei Prof. Dr. S. eingeholten Gutachtens in ihrem Bescheid zu übernehmen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Dezember 2010 abgewiesen. Dem Gutachten des Prof. Dr. S. könne nicht gefolgt werden. Dieses habe nicht mit dem notwendigen Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit einen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 17. Januar 2002 und dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom begründet. Zu folgen sei vielmehr Dr. N., wonach das Schmerzsyndrom in der direkten Folge nach dem Arbeitsunfall nicht nachgewiesen sei und schon von daher ein Zusammenhang nicht mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Gegen den ihm am 14. Dezember 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. Januar 2011 beim Sozialgericht Gießen Berufung eingelegt, die von dort an das zuständige Hessische Landessozialgericht in Darmstadt weitergeleitet worden ist (Az.: L 3 U 22/11). Der Kläger verfolgt sein Begehren auf eine Dauerrente weiter und hat Berichte des Leitenden Arztes BB. aus der Schönklinik, Rückeninstitut, vom 13. Juni 2012 sowie von Prof. Dr. CC., Klinik Rabenstein, Beratungsstelle und Kompetenz-zentrum für Orthopädie, vom 27. Oktober 2011 sowie von Prof. Dr. DD., Privatpraxis für kernspintomographische Diagnostik vom 6. November 2013 und von Dr. EE./ Dr. FF., Schulthessklinik, Zürich, vom 9. Januar 2014 vorgelegt.

Nach Verbindung der Verfahren L 3 U 205/05 (Unfall vom 14. November 1998) und L 3 U 22/11 (Unfall vom 17. Januar 2002) hat der Senat am 23. Oktober 2014 einen Erörterungstermin durchgeführt und die weitere Vorgehensweise mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat in diesem Termin sein Begehren präzisiert und im Hinblick auf den von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall von 1998 geltend gemacht, er habe Dauerschmerzen am rechten Arm, weil am Radialisnerv eine dauerhafte Schädigung infolge des Unfalles eingetreten sei, im geringeren Umfange auch eine Schädigung des Nervus medianus sowie des Nervus ulnaris. Hinzu kämen Schäden im Bereich der HWS bei C6/7 und im Bereich des 4. Brustwirbelkörpers. Durch den Unfall im Jahre 1998 habe sich zudem eine von ihm 1964 erlittene LWK5-Fraktur verschlimmert. Im Hinblick auf den Arbeitsunfall vom 17. Januar 2002 hat er vorgetragen, insoweit gehe es ihm um die Feststellung einer CRPS-Erkrankung als Folge dieses Arbeitsunfalles, die zumindest in der Anfangszeit eine MdE in Höhe von 100 v. H. bedingt habe. Er bezieht sich für sein Vorbringen auf den radiologischen Befund von Prof. GG. und Dr. HH. vom 21. Oktober 2014. Nach Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger mit einem am 19. Juli 2017 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz einen MRT-Befund der Ärzte Dr. JJ./Dr.KK., DRK Krankenhaus Neuwied, vom 7. Juni 2017, einen Kurzarztbrief von Dr. LL., Frankfurter Rotkreuz-Kliniken, vom 18. Mai 2016 sowie einen radiologischen Befund von Dr. MM. ebenfalls vom 18. Mai 2016 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 29. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 24. Mai 2000 und 26. Juni 2001 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide jeweils vom 8. November 2001 zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. November 1998 Rente nach einer MdE von mindestens 30 v. H. zu gewähren
sowie
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 9. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 8. Oktober 2008 und vom 25. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2010 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 17. Januar 2002 Verletztengeld über den 17. März 2002 hinaus und im Anschluss Rente nach einer MdE in Höhe von 100 v. H. zu gewähren
und die Beklagte zu verurteilen, die gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. N. vom 17. Mai 2008, 30. Mai 2008 und 22. Juni 2008 aus den Akten zu entfernen,
hilfsweise, von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten einzuholen, weiter hilfsweise gemäß § 109 SGG auf orthopädischem Fachgebiet Prof. Dr. NN. Ethianum Heidelberg gutachterlich zu hören und ferner von Amts wegen hilfsweise nach § 109 SGG auf neurologischem Fachgebiet ein Zusammenhangsgutachten durch Prof. Dr. M. S., dem gestattet werden soll, ein neurochirurgisches Zusatzgutachten durch Prof. Dr. OO. einzuholen, sowie ein spezielles neurologisches Gutachten durch Prof. PP., alle von der INI Klinik Hannover einzuholen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, auch nach den Ermittlungen im Berufungsverfahren habe der Kläger keinen Anspruch auf weitere Leistungen auf Grund der beiden Arbeitsunfälle. Der Senat hat nach dem Erörterungstermin vom 23. Oktober 2014 von der Beklagten die kompletten Behandlungsunterlagen des Klägers mitsamt Bildmaterial von der BGU und von dem Mathilden-Hospital Büdingen beigezogen (s. Anlagen zu Bl. 191, 198 und 210 der Gerichtsakten Band I). Sodann hat der Senat ein orthopädisches Gutachten bei Prof. Dr. E. sowie ein neurologisches Gutachten bei Dr. D. in Auftrag gegeben. Der Kläger nahm die für die Untersuchung von dem Sachverständigen Prof. Dr. E. angesetzten Termine nicht wahr und lehnte den Sachverständigen wegen Befangenheit ab. Den Befangenheitsantrag lehnte der Senat mit Beschluss vom 28. April 2016 ab. Für die erneut angeordnete Begutachtung bei Prof. Dr. E. beantragte der Kläger, einen von ihm mitgebrachten Beistand zuzulassen als Zeugen, falls seine Angaben nicht richtig wiedergegeben würden. Prof. Dr. E. wurde daraufhin auf eigenen Wunsch von der Verpflichtung zur Begutachtung durch den Senat entbunden. Der neurologische Sachverständige Dr. D. traf in seinem Gutachten vom 20. März 2017 sowie in der ergänzenden Stellungnahme vom 12. Juli 2017 folgende Feststellungen: Eine Sudeck-Dignose bzw. ein CRPS an der rechten Hand auf Grund des ersten Unfalls lasse sich nicht untermauern. Insbesondere die Erstbefunde sprächen dagegen. Eine Heilentgleisung sei nicht belegt. In der BGU sei im Dezember 1998 die Diagnose auf Grund der Ergebnisse des MRT und der Szintigrafie wie auch auf Grund des klinischen Untersuchungsbefundes verworfen worden. Auf neurologischem Gebiet ließen sich auch keine unfallbedingten Folgen einer peripheren Nervenschädigung im Bereich des Oberarms, des Ellenbogens oder der Hand plausibel machen, weder eine Schädigung des Nervus ulnaris noch des Nervus radialis noch des Nervus medianus. Auch die Verdachtsdiagnose einer CRPS des linken Fußes als Folge des Unfalls vom 17. Januar 2002 könne nicht bestätigt werden. Der einzige technische Befund, der ein Symptom objektiviere, welches neben Schmerzen für ein CRPS sprechen könnte, sei die von Prof. Dr. X. am 28. September 2005 gemessene Temperaturdifferenz der Füße von 4 Grad Celsius. Auch Prof. Dr. X. habe äußerlich keine trophischen Zeichen wie Hautveränderungen, vermehrtes Schwitzen oder ein verändertes Haarwachstum gesehen, die für eine CRPS sprechen könnten. Wenn er vegetative Störungen annehme, stütze sich dieser Arzt alleine auf die Angaben des Klägers. Bei fehlenden Brückensymptomen lasse sich jedenfalls ein unfallbedingtes CRPS allein auf Grund einer Temperaturdifferenz der Füße 3 Jahre nach dem Trauma ganz sicher nicht mehr mit Wahrscheinlichkeit belegen. Eine Nervenschädigung am linken Fuß sei nie wahrscheinlich gemacht worden und lasse sich auch in der aktuellen Untersuchung nicht belegen. Die Verdachtsdiagnose eines Tarsaltunnelsyndroms, also einer Schädigung des Nervus tibialis im Bereich des Tarsaltunnelsyndroms im Bereich des Innenknöchels könne nicht bestätigt werden. Dieser Verdacht sei erstmals in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 5. März 2002 aufgetaucht und von dem Neurologen Prof. Dr. P. abgeklärt und ausgeschlossen worden. Nur auf Grund von "Ertasten", wie es Prof. Dr. S. gemacht habe, könne die Diagnose nicht gestellt werden. Hinsichtlich der von dem Kläger geäußerten Schmerzen nach dem Hand-Trauma und dem Fuß-Trauma könne eine Funktionsbeeinträchtigung auf Grund der Anamnese und des eigenen Untersuchungsbefundes nicht verifiziert werden. Schmerzmittel würden zudem nicht mehr regelmäßig eingenommen und seien auch in den letzten Jahren nach Angaben des Klägers nicht regelmäßig eingenommen worden. Die geltend gemachte Verschlimmerung von Wirbelsäulenschmerzen nach Umknicken des Fußes bzw. Anprallen des Armes sei schon allein vom Unfallmechanismus her nicht plausibel. Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 3. Mai 2017 mitgeteilt, dass er weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht mehr für erforderlich hält und dass das Verfahren für eine Terminierung am 27. Juni 2017 oder 25. Juli 2017 vorgesehen ist.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand sowie zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten (3 Bände mit Anlagen) sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten (5 Bände) Bezug genommen, die zum Verfahren beigezogen worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Klägers haben keinen Erfolg. Über den von dem Kläger ohne weitere substantiierte Begründung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2017 gestellten Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die "gutachterlichen Stellungnahmen" des Dr. N. vom 17. Mai 2008, 30. Mai 2008 und 22. Juni 2008 aus den Akten zu entfernen, brauchte der Senat nicht entscheiden. Dieser ist nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens. Bei dem insoweit von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Löschung unzulässig gespeicherter Daten nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und dem hier zur Entscheidung anstehenden Verfahren um die Feststellung von Leistungen aus Versicherungsfällen handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 - B 2 U 17/09 R - juris). Der Senat hält eine Änderung der Klage durch Einbeziehung dieses Streitgegenstandes nicht für sachdienlich im Sinne von § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn die Entscheidung über die Löschung der Daten ist nicht vorgreiflich für die streitgegenständliche Entscheidung über Leistungen aus den beiden Versicherungsfällen (BSG, Urteil vom 20. Juli 2010, a.a.O.). Unabhängig davon weist der Senat auf Folgendes hin: Wenn der Senat über den Antrag zu entscheiden hätte, wäre dieser als unzulässig abzuweisen. Denn die Entscheidung über die Löschung der Daten erfolgt durch Verwaltungsakt der Beklagten (BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 24/04 R- juris). Ein solches Verwaltungsverfahren wurde bisher nicht durchgeführt. Der Senat wäre mangels Vorgreiflichkeit des Verfahrens im Sinne des § 114 Abs. 2 Satz 1 SGG durch diesen Antrag auch nicht veranlasst, vor der Entscheidung über Leistungen aus den Versicherungsfällen ein entsprechendes Verwaltungsverfahren über die Löschung der Daten abzuwarten. Auch im Hinblick auf ein etwaiges Beweisverwertungsverbot in diesem Verfahren kam es auf den betreffenden Antrag nicht an. Denn die betreffenden Stellungnahmen des Dr. N. sind für die Feststellungen und Würdigungen des Senats in diesem Verfahren nicht maßgeblich. Selbst wenn es aber auf die Stellungnahmen hier ankäme, wäre der Senat an der Verwertung nicht gehindert. Bei den beiden Stellungnahmen des Dr. N. vom 17. Mai 2008 und 22. Juni 2008 handelt es sich um Äußerungen zu dem Gutachten des Prof. Dr. S. im Verwaltungsverfahren. Etwaige Verfahrensmängel hätte der Kläger im Verwaltungsverfahren rechtzeitig anzeigen müssen. Sie können vom Unfallversicherungsträger nur bis zum Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens (u.U. des Widerspruchsverfahrens) geheilt werden (BSG, Urteil vom 20. Juli 2010, a.a.O.). Etwaige Mängel, die erstmalig in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht geltend gemacht werden, bleiben unter diesen Umständen unbeachtlich. Zudem sind sowohl bezüglich dieser beiden Stellungnahmen als auch der Stellungnahme von Dr. N. im Berufungsverfahren vom 30. Mai 2008 zu dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. C. datenschutzrechtliche Mängel, wie Fehler im Hinblick auf die Gutachterbenennungspflicht nach § 200 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII oder die Widerspruchsbelehrungspflicht nach § 76 Abs. 2 SGB II weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich. Bei den drei Stellungnahmen handelt es sich nicht um Gutachten der Verfasser Dr. N. ist im Übrigen im Hinblick auf die Beklagte kein externer Gutachter. Bei den betreffenden Äußerungen des Beratungsarztes/Unfallmedizinischer Service Dr. N. handelt es sich um reine Würdigungen der Gutachten des Prof. Dr. S. bzw. Prof. Dr. C. und nicht um umfassende wissenschaftliche Bearbeitungen einer im konkreten Fall relevanten fachlichen Fragestellung in der Qualität eines Gutachtens durch den betreffenden Arzt. Der Anwendungsbereich des § 200 Abs. 2 SGB VII erstreckt sich indes nur auf medizinische Gutachten (BSG, Urteil vom 11. April 2013 - B 2 U 34/11 - juris). Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht keine weiteren Leistungen wegen der beiden von ihr anerkannten Arbeitsunfälle aus den Jahren 1998 und 2002 gewährt. Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass bezüglich des Arbeitsunfalls des Klägers vom 14. Januar 1998 keine Unfallfolgen mehr bestehen, die eine MdE in rentenberechtigendem Maße nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII rechtfertigen. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Folgen des Unfalls vom 14. November 1998 haben während des Zeitraums der vorläufigen Entschädigung keine höhere MdE als 20 v. H. hervorgerufen und bedingen seitdem nicht mehr eine MdE in Höhe von 20 v. H. Die Beklagte durfte dabei, wie mit Bescheid vom 26. Juni 2001 geschehen, nach § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII die mit Bewilligung der vorläufigen Entschädigung zunächst zuerkannte MdE ohne weitere Voraussetzungen neu feststellen bzw. eine MdE in rentenberechtigendem Maße für die Zukunft ablehnen, da es sich hierbei um die erstmalige Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit nach der vorläufigen Entschädigung gehandelt hat. Die von der Beklagten mit Bescheid vom 25. Mai 2000 anerkannten Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. November 1998 auf orthopädisch/chirurgischem Fachgebiet, "Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk in allen Ebenen, Einschränkungen in der Streck- und Beugebeweglichkeit im rechten Ellenbogengelenk, Bewegungseinschränkungen in der Beweglichkeit im rechten Handgelenk nach Bruch des rechten 5. Mittelhandknochens und Abbruch des Kronenfortsatzes an der rechten Elle", beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit des rechten Arms des Klägers nur gering und bedingen allenfalls eine Einzel-MdE in Höhe von 10 v. H. Für diese Feststellung stützt sich Senat insbesondere auf die Ausführungen des Dr. J. im Bericht vom 4. Januar 1999 nach stationärer Behandlung des Klägers in der BGU vom 24. November bis 18. Dezember 1998 sowie auf die Ausführungen des Gutachters Dr. M. in dessen Gutachten vom 18. Mai 2001. Nach Entfernung der Gipsschiene haben die Ärzte der BGU Prof. Dr. G./Dr. H. in ihrem Bericht vom 20. November 1998 hinsichtlich des rechten Ellenbogens noch eine mäßige Einschränkung der Beugefähigkeit und ein leichtes Streckdefizit bescheinigt. Nach der Reha-Maßnahme ist eine Besserung zu verzeichnen. Dr. J. schildert in dem Bericht vom 4. Januar 1999 nicht nur eine freie Beweglichkeit des rechten Kleinfingers nach Ausheilung des Bruches am Mittelhandknochen, sondern auch im Ellenbogengelenk freie Beweglichkeit. Dr. M. bestätigt dies auf Grund seiner Untersuchung des Klägers am 17. März 2000. Auch er konnte weder eine Funktionseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk noch im rechten Handgelenk feststellen. Die Außenrotation im rechten Schultergelenk war völlig frei. Die Feststellungen und Überprüfungen des Gutachters im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des rechten Armes und des rechten Schultergelenks sind dabei nachvollziehbar, da er diese jeweils durch passive Durchführung verifiziert. Der Gutachter weist zudem darauf hin, dass sich eine Verschmächtigung der Muskulatur weder am rechten Arm noch im Bereich des rechten Schultergürtels noch im Bereich der rechten Hand feststellen ließen. Dies unterstützt seine Feststellung, dass nur geringe Funktionsstörungen (endgradige Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk, Kraftminderung rechts) vorliegen, die auch nur eine MdE in Höhe von 10 v. H. bedingen. Für die Zuerkennung einer MdE sind allein die Funktionsstörungen - nicht die Diagnosen - maßgeblich. Auf Grund der umfassenden Untersuchungen und durchgeführten bildgebenden Verfahren zeitnah zu dem Unfall steht zudem fest, dass der Kläger seinerzeit an der rechten Schulter keinen substanziellen Erstschaden erlitten hat. Bei der am 25. November 1998 durchgeführten Computertomographie (CT) beider Schultergelenke wegen Schultersteife rechts hat sich ein normal geformtes und regelrecht strukturiertes Schulterskelett sowie eine völlig unauffällige Rotatorenmanschette ergeben (s. den Bericht des Dr. J. vom 4. Januar 1999). Entgegen der Auffassung des Klägers lassen sich somit seine aktuellen Gesundheitsstörungen am rechten Schultergelenk, wie die AC-Gelenkarthrose rechts (Bericht des Dr. MM. vom 18. Mai 2016) nicht in Zusammenhang bringen. Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren bzgl. von etwaigen Schulterschäden als Unfallfolge nicht geboten. Die von der Beklagten mit Bescheid vom 24. Mai 2000 festgestellten Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet, sensible Störungen des rechten Ellennervs (Nervus ulnaris) und leichtgradige Läsion des tieferliegenden Speichennervs (Nervus radialis) bewirken, wenn überhaupt so geringe Funktionsstörungen, dass sie, wie schon Dr. M. zutreffend festgestellt hat, in der MdE für die chirurgisch/orthopädischen Unfallfolgen aufgehen. Dr. K. hat den Kläger nach dem Unfall mehrfach untersucht und bei seiner letzten Untersuchung und Begutachtung vom 15. Februar 2000 nur noch minimale sensible Störungen des Ellennervs rechts sowie eine leichtgradige Läsion des Speichennervs festgestellt. Der Sachverständige Dr. D. hat bei seiner aktuellen Untersuchung klinisch-neurologisch bei seitengleicher Muskulatur keine Hinweise auf eine Schädigung der betreffenden Nerven finden können. Überzeugend hat Dr. D. zudem dargelegt, dass eine Schädigung des Nervus radialis ein chronisches Schmerzsyndrom nicht begründen kann, wenn der sensible Ast nicht betroffen ist. Hier ist dieser Ast nicht betroffen. Dr. D. weist darauf hin, dass Dr. K. den sensiblen N. radialis superficialis bei seiner Untersuchung am 30. November 1998 (Bericht vom 1. Dezember 1998) als unauffällig gemessen hat. Der Vortrag des Klägers, er habe "Dauerschmerzen" am rechten Arm, weil am Radialisnerv eine "dauerhafte Schädigung" infolge des Unfalls eingetreten sei, hat sich somit nicht objektivieren lassen. Es liegen keine weiteren Unfallfolgen auf Grund des Unfalls vom 14. Januar 1998 vor, die eine höhere MdE bei dem Kläger begründen können, und zwar weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung.

Gesundheitsstörungen müssen, um als Unfallfolge anerkannt zu werden, zunächst im Vollbeweis nachgewiesen sein, d. h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (§ 128 SGG; BSGE 103, 99, 104).

Zur Überzeugung des Senats ist und war die im Verfahren diskutierte Diagnose CRPS (komplexes regionales Schmerzsyndrom; Bezeichnung früher "Morbus Sudeck") des rechten Armes zu keinem Zeitpunkt im Vollbeweis gesichert und kommt von daher schon als Unfallfolge nicht in Betracht.

Für diese Feststellung stützt sich der Senat insbesondere auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. in dessen Gutachten vom 20. März 2017 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 12. Juli 2017 sowie auf die Ausführungen des Chirurgen Dr. J., BGU, insbesondere auf die Berichte dieses Arztes vom 20. November 1998 und nach stationärer Heilbehandlung des Klägers vom 4. Januar 1999. Die Feststellungen dieser Ärzte überzeugen. Sie stehen in Einklang mit dem aktuellen Wissensstand zu diesem Krankheitsbild in den Leitlinien und in der Literatur (vgl. S1-Leitlinie zur CRPS, Stand: September 2012, gültig bis 30. September 2017, AMWF-Registernummer: 030/116 und in der Literatur Widder/Tegenthoff, Begutachtung komplexer regionaler Schmerzsyndrome (CRPS) in: MEDSACH 1/2014 S. 26 ff. und Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, in der aktuellen 9. Auflage 2017, Seiten 398 ff.).

Nach der genannten S1-Leitlinie und der aktuellen Literatur ist das CRPS ein posttraumatisches Schmerzsyndrom einer Extremität, bei dem die Schmerzen im Vergleich zum erwarteten Heilungsverlauf unangemessen stark sind, wobei ursächlich vorwiegend somatische Faktoren sind. Die Diagnose CRPS ist eine klinische Diagnose. Deshalb sind die Anamneseerhebung, die klinisch-orthopädische und neurologische Untersuchung die entscheidenden Schritte. Es gilt nach der Leitlinie, dass die dokumentierten Befunde wichtiger sind als die subjektiven Beschwerden. Erforderlich ist zudem für die Stellung der Diagnose, dass Schmerz und sichtbare Klinik in zeitlichem Zusammenhang mit dem Extremitätentrauma stehen (S1-Leitlinie, a.a.O. Diagnostik S. 3; Widder/Tegenthoff in: MEDSACH, a.a.O., Seite 30; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 401). Maßgebliche diagnostische Grundlage für ein CRPS bilden dabei die im Folgenden wiedergegebenen sog. "Budapester Konsensus-Kriterien":
1. Anhaltender Schmerz, der durch das Anfangstrauma nicht mehr erklärt wird.
2. In der Anamnese mindestens ein Symptom aus 3 der 4 folgenden Kategorien:
Sensorik Hyperästhesie und/oder Allodynie
Vasomotorik Asymmetrie der Hauttemperatur und/oder Änderung bzw. Asymmetrie der Hautfarbe
Sudomotorik/Ödem Ödem und/oder Änderung bzw. Asymmetrie der Schweißproduktion
Motorik/Trophik reduzierte Beweglichkeit und/oder motorische Dysfunktion (Schwäche, Tremor, Dystonie) und/oder Veränderungen der Trophik (Haare, Nägel, Haut)
3. Zum Zeitpunkt der Untersuchung mindestens ein Symptom aus 2 der 4 folgenden Kategorien:
Sensorik Nachweis einer Hyperalgesie auf spitze Reize (z.B. Nadelstich) und/oder Allodynie auf leichte Berührung, Temperaturänderung, Fingerdruck und/oder Gelenkbewegungen
Vasomotorik Nachweis einer Asymmetrie der Hauttemperatur) 1 °C und/oder einer Änderung bzw. Asymmetrie der Hautfarbe
Sudomotorik/Ödem Nachweis eines Ödems und/oder einer Änderung bzw. Asymmetrie der Schweißproduktion
Motorik/Trophik Nachweis einer reduzierten Beweglichkeit und/oder motorischen Dysfunktion (Schwäche, Tremor, Dystonie) und/oder veränderter Trophik (Haare, Finger/ Zehennägel, Haut)
4. Es gibt keine andere Diagnose, die diese Schmerzen erklärt.

Diese Kriterien beschreiben damit sowohl Symptome, die allein auf subjektiven Angaben des Betroffenen beruhen als auch objektivierbare klinische Befunde vor allem im Bereich Motorik und Trophik. Für den gutachterlichen Kontext, d. h. für den Vollbeweis des Krankheitsbildes CRPS in der gesetzlichen Unfallversicherung muss den objektivierbaren Befunden wesentliche Bedeutung zukommen. Denn bei einem Krankheitsbild wie der CRPS, welches zwischen den Polen einer organischen und einer psychischen Erkrankung liegt und bei dem Symptome durch den Betroffenen durch Immobilisation selbst beeinflusst werden können (vgl. dazu Widder/Tegenthoff in: MEDSACH, a.a.O., S. 27, S. 28, S. 29), kann das Vorliegen allein "weicher Befunde", d.h. beeinflussbarer Symptome und subjektiver Angaben, die volle richterliche Überzeugung nicht begründen (vgl. HLSG, Urteil vom 14. Juni 2016 - L 3 U 238/12 - juris; Widder/Tegenthoff in: MEDSACH, a.a.O., Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 402). Vorliegend ist die Diagnose CRPS am rechten Arm zu keinem Zeitpunkt im Vollbeweis gesichert. Der Chirurg Dr. J. hat zwar zeitnah zu dem Unfall eine entsprechende Verdachtsdiagnose gestellt. Nach Entfernung der Gipsschiene (s. Bericht des Prof. Dr. G./Dr. H. vom 20. November 1998) und nach stationärer Abklärung in der BGU schließt der Arzt die Diagnose selbst aus, und zwar auf Grund des klinischen Befundes (freie Beweglichkeit der Extremität) und auf Grund des negativen Ergebnisses der am 7. Dezember 1998 durchgeführten Dreiphasenskelettszintigraphie (Bericht vom 4. Januar 1999). Auch die Schmerztherapeutin der Klinik (Anlage zu Blatt 191 der Gerichtsakte) kommt am 3. Dezember 1998 auf Grund des klinischen Befundes zu diesem Ergebnis. Damit ist der Beginn einer solchen Erkrankung klinisch zeitnah zu dem Trauma nicht dokumentiert. Zutreffend weist insoweit auch Dr. D. darauf hin, dass in den ersten Tagen nach dem Unfall kein Symptom beschrieben sei, welches eine Heilentgleisung dokumentiert. Das Fehlen eines entsprechenden klinischen Befundes zeitnah zu dem Unfall schließt schon aus, dass in der Folgezeit die Diagnose CRPS in Zusammenhang zu dem Trauma gebracht werden kann. Prof. Dr. S., der die entsprechende Diagnose (auch) am rechten Arm bei einer Begutachtung im Jahr 2008 aufgeführt hat, kann aus diesem Grund schon nicht überzeugen; abgesehen davon begründet er seine diesbezügliche Feststellung auch nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. C. (Gutachten auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG vom 18. Januar 2008) hat unter Anwendung der einschlägigen Budapester Kriterien sowohl nach klinischer und apparativer Untersuchung ebenso wie später Dr. D. festgestellt, ein CRPS könne zu keinem Zeitpunkt nach dem Unfall 1998 diagnostiziert werden. Dieses Gutachten, welches der Kläger im Verfahren sehr kritisiert hat, ist für die Überzeugungsbildung des Gerichts indes nicht ausschlaggebend, so dass sich der Senat mit der Kritik und der Verwertbarkeit dieses Gutachtens nicht auseinandersetzen muss. Die von dem Kläger an der Halswirbelsäule, an der Brustwirbelsäule und an der Lendenwirbelsäule geltend gemachten Gesundheitsstörungen sind von den im Verfahren gehörten Ärzten übereinstimmend festgestellt und damit nachgewiesen. Sie sind indes weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung kausal auf den Unfall vom 14. November 1998 zurückzuführen.

Für die Kausalitätsfeststellung zwischen den durch ein Ereignis unmittelbar hervorgerufenen Gesundheitserstschäden (haftungsbegründende Kausalität) und den als Unfallfolgen geltend gemachten länger andauernden Gesundheitsstörungen (haftungsausfüllende Kausalität) gilt wie für alle Kausalitätsfeststellungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der gegenüber dem Vollbeweis geringere Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - juris). Die Kausalitätsfeststellungen zwischen den einzelnen Gliedern des Versicherungsfalles basieren auf der im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach geht es auf einer ersten Stufe der Kausalitätsprüfung um die Frage, ob ein Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinne vorliegt, d. h.- so die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - ob eine objektive Verursachung zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Beweisrechtlich ist zudem zu beachten, dass der möglicherweise aus mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.) und dass die Anknüpfungstatsachen der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssen (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BU 194/97 - Deppermann-Wöbbeking in: Thomann (Hrsg), Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, S. 630). In einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann durch Wertung die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die wesentlich sind, weil sie rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O; BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Die Wirbelsäulenschäden des Klägers sind schon im naturwissenschaftlichen Sinne, d. h. auf der ersten Prüfungsstufe, hinreichend wahrscheinlich weder als Erstschaden noch als Folgeschaden auf den Arbeitsunfall vom 14. November 1998 zurückzuführen. In Bezug auf die Wirbelsäule sind zeitnah zu dem betreffenden Ereignis keine Erstschäden festgestellt worden, aus denen wiederum hinreichend wahrscheinlich länger andauernde Unfallfolgen erwachsen könnten. In dem Bericht von Dr. J. vom 4. Januar 1999 nach stationärer Behandlung des Klägers ist ausdrücklich festgehalten, dass die geklagten Beschwerden an der WS insgesamt unfallfremd sind. Die dort wiedergegebenen Ergebnisse bildgebender Verfahren der HWS, BWS, LWS sowie der rechten Schulter zeigen keine bzw. keine akuten traumatischen Veränderungen. Schäden an der HWS hat der Kläger vielmehr, wie aus den Behandlungsunterlagen der Schulthess Klinik, Zürich, aus den Jahren 1991 und 1992 hervorgeht, auf Grund eines früheren Auffahrunfalls 1991 mit der Folge einer OP-Verblockung bzw. Spondylodese C2/C3 erlitten. Bei C6/7 werden als Ergebnis des MRT vom 17. Dezember 1998 in dem Bericht von Dr. J. nur degenerative Veränderungen mitgeteilt. Auch Dr. M. hat unter Bezugnahme auf eine Untersuchung durch den Neuro-Chirurgen Dr. QQ. ausgeführt, ein unfallbedingter geweblicher Neuschaden im Bereich der HWS sei nicht zu dokumentieren. Ebenso hat sich Dr. L., BGU, in seinem Bericht vom 8. Januar 1999 (Anlage zu Bl. 191 Gerichtsakten Band I) geäußert. Dorsal in Höhe Th4 wird in dem Bericht des Dr. J. vom 4. Januar 1999 als Ergebnis des MRT vom 17. Dezember 1998 eine durch Gelenkfacettenhypertrophie bedingte Spinalkanalstenose beschrieben. Diese kann nach dem Bericht des Prof. Dr. Z., Schulthess Klinik, Zürich, vom 12. Januar 2005 (Anlage zu Blatt 210 der Gerichtsakten Band I) die Schmerzen in der BWS erklären. Sie steht aber nach Dr. J. in keinem Zusammenhang mit dem Unfall im Jahr 1998. Entgegen dem Vortrag des Klägers sind durch den Unfall 1998 auch nicht seine Schäden an der LWS verschlimmert worden. Der Kläger ist nach eigenen Angaben 1986 und 1988 in dem Segment L5/S1 links operiert worden. In dem Bericht des Dr. J. vom 4. Januar 1999 wird als Ergebnis eines MRT vom 9. Dezember 1998 ein degeneriertes Segment L5/S1 nach zweimaliger OP festgestellt. Hinweise auf eine akute Schädigung werden ausgeschlossen. Dr. D. hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die geltend gemachte Verschlimmerung von Wirbelsäulenschmerzen nach Anprallen des Arms schon alleine vom Unfallmechanismus her nicht plausibel ist. Der von der Beklagten anerkannte Arbeitsunfall des Klägers vom 17. Januar 2002 (Sturz über die Türschwelle mit Verletzung am linken Knöchel) führt zu keinem Anspruch auf weitere Leistungen. Es liegen insoweit keine Unfallfolgen bei dem Kläger vor, die über den 17. März 2002 hinaus zur Arbeitsunfähigkeit als Geschäftsführer geführt haben und einen weitergehenden Anspruch auf Verletztengeld nach § 45 SGB VII rechtfertigen oder eine rentenberechtigende MdE im Sinne des § 56 Abs. 1 SGB VII begründen. Das von dem Durchgangsarzt Dr. O. am Unfalltag diagnostizierte Distorsionstrauma (Verstauung/Zerrung) ist ausgeheilt, wobei Dr. O. die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nur für einen Zeitraum von insgesamt drei Wochen für wahrscheinlich hielt. Weitere Erstschäden sind nicht nachgewiesen. Das MRT des linken oberen Sprunggelenkes vom 19. April 2002 durch Dr. R. ergab einen unauffälligen altersentsprechenden knöchernen Status, ohne Knochenödem und ohne Gelenkerguss bei erhaltener Sehnenstruktur, insbesondere unauffälligen Achillessehnen, regelrechter Syndesmose und unauffälligen Weichteilstrukturen. Das von dem Kläger in den Vordergrund gestellte CRPS am linken Bein kommt als Unfallfolge nicht in Betracht, da das Vorliegen einer solchen Gesundheitsstörung nicht im Vollbeweis gesichert ist. Prof. Dr. S. überzeugt insoweit nicht. Er stützt seine Feststellung dieser Diagnose allein auf die subjektiven Angaben des Klägers zu Schmerzen und Berührungsempfindlichkeit. Objektivierbare Befunde, die zur Sicherung der Diagnose wie oben ausgeführt unbedingt erforderlich sind, hat er nicht gesehen. Die Trophik im Bereich der Füße wird als seitengleich beschrieben; ein Bewegungsverlust der Gelenke sei nicht zu verzeichnen. Ebenso wie Prof. Dr. S. hat Prof. Dr. X., Klinikum rechts der Isar, TU München, als behandelnder Arzt bei seiner Untersuchung am 26. September 2005 ein CRPS am linken Fuß angenommen (Anlage zu Blatt 210 der Gerichtsakte). Er stützt dies auf eine gemessene Temperaturdifferenz der Füße und Berührungsempfindlichkeit. Auch dieser Arzt hat keine Symptome, wie trophische Zeichen durch Hautveränderungen, vermehrtes Schwitzen, ein Ödem oder ein verändertes Haarwachstum gesehen oder eine reduzierte Beweglichkeit, motorische Dysfunktion beschrieben, die ein CRPS objektivieren könnten. Überzeugend im Hinblick auf den Ausschluss der Diagnose sind hingegen die Feststellungen von Prof. Dr. P ... Dieser Arzt hat zeitnah zum Unfall - und darauf kommt es für die Sicherung einer solchen Diagnose wie oben ausgeführt an - die Verdachtsdiagnose durch klinische und apparative Untersuchung sorgfältig abgeklärt. Objektive Kriterien/Symptome wie trophische, motorische Veränderungen, Schwellung der Haut etc. hat der Arzt nicht vorgefunden. Gestützt auf diese zeitnahe Abklärung weist Dr. D. in seiner Auswertung überzeugend darauf hin, dass sich ein unfallbedingtes CRPS bei fehlenden Brückensymptomen allein mit den Feststellungen von Prof. Dr. X. zur Temperaturdifferenz der Füße drei Jahre nach dem Trauma nicht begründen lässt. Unterstellt ein CRPS liege unfallbedingt vor, müssten zudem gerade auf Grund der Chronifizierung bei den Jahre später erfolgten Untersuchungen durch Prof. Dr. X. und Prof. Dr. S. deutliche Zeichen in Form von trophischen und arthrogenen Veränderungen vorhanden sein (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 400; vgl. auch Widder/Tegenthoff, MEDSACH a.a.O., Seite 29: "Wesentliches Unterscheidungskriterium bei vorgetäuschten motorischen Störungen ist das Fehlen von Muskelatrophien und/oder Gelenkkontrakturen"). Der Radiologe Prof. Dr. GG., auf den sich der Kläger im Erörterungstermin am 23. November 2014 bezogen hat, nimmt zwar ein CRPS an, allerdings hat er diese Diagnose offensichtlich übernommen. Er geht in seinem Bericht aus von "klinisch bekannter Morbus Sudeck". Das CRPS kann als klinische Diagnose nicht auf Grund einer MRT-Untersuchung, und damit war Prof. Dr. GG. beauftragt, gestellt werden. Prof. Dr. GG. teilt im Übrigen als Ergebnis des MRT des OSG vom 10. Oktober 2014 u.a. das Fehlen von pathologischen Befunden mit, "insbesondere kein Hinweis auf Arthrosen oder osteochondrale Defekte". Dr. D. weist zudem darauf hin, dass eine Nervenschädigung am linken Fuß, die für ein CRPS(Typ II) sprechen kann, nie wahrscheinlich gemacht worden ist, was auch für die aktuelle Untersuchung durch diesen Sachverständigen gilt. Auch die von Prof. Dr. S. als behandelnder Arzt (s. Unterlagen aus 2003, Anlage zu Blatt 210 der Gerichtsakten Band I) gestellte Diagnose eines Tarsaltunnelsyndroms links kommt als Unfallfolge nicht in Betracht. Sie ist ebenfalls im Vollbeweis nicht gesichert. Diese Gesundheitsstörung kann durch eine Kompression des Nervus tibialis (Schienbeinnerv) entstehen, wodurch Gefühlsstörungen unterhalb des Innenknöchels verursacht werden können (Thomann [Hrsg], Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, S. 539). Prof. Dr. P. hat bei seiner Untersuchung am 22. April 2002 aber keine Zeichen einer Schädigung des Nervus tibialis feststellen können (unauffälliges EMG, motorische Tibialis Leitgeschwindigkeit links regelrecht) und damit die Diagnose ausgeschlossen, worauf Dr. D. zu Recht hinweist. Im Übrigen beschreibt auch Prof. Dr. GG. in seinem MRT-Befund vom 10. Oktober 2014 eine unauffällige Darstellung der Tibia. Da der Arbeitsunfall vom 17. Januar 2002 für sich allein somit nicht einmal eine MdE in Höhe von wenigstens 10 v. H. begründet, kommt vorliegend eine Rentenleistung auch nicht nach § 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII auf Grund von Stützrenten bei mehreren Versicherungsfällen in Betracht. Die MdE aus beiden Unfällen ergibt nicht insgesamt eine MdE in Höhe von wenigstens 20 v. H. Den von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen brauchte der Senat nicht nachkommen. Soweit der Kläger beantragt hat nochmals ein Gutachten von Prof. Dr. S. mit Zusatzgutachten einzuholen, wohl um die Diagnose CRPS festzustellen, ist das Antragsrecht nach § 109 SGG verbraucht. Prof. Dr. S. ist dazu auf Wunsch des Klägers im Verfahren schon gehört worden. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Anhörung im Verfahren nach § 109 SGG oder nach § 106 SGG erfolgt ist oder wie hier als Ergebnis eines Vergleichs vor dem Berufungsgericht von der Beklagten selbst eingeholt worden ist. Dass zwischenzeitlich ein weiteres neurologisches Gutachten von Dr. D. eingeholt worden ist, begründet hier nicht das Erfordernis einer erneuten Anhörung. Insoweit haben sich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse ergeben (vgl. dazu Keller in: Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage, § 109 Rdnr. 10b). Wie oben ausgeführt sind vor allem die Befunde zeitnah zu dem Ereignis für die Beurteilung der Diagnose CRPS maßgeblich. Diese haben Prof. Dr. S. vorgelegen. Die Anhörung weiterer Zusatzgutachter auf neurologischem und neurochirurgischem Fachgebiet ist schon deshalb abzulehnen, weil der Kläger nicht dargetan hat, welche zusätzlichen Aspekte Prof. Dr. OO. und Prof. Dr. PP., die zur gleichen Facharztgruppe wie Prof. Dr. S. gehören, aufzeigen könnten (vgl. dazu Keller in: Meyer-Ladewig, a.a.O.).

Der in mündlicher Verhandlung am 25. Juli 2017 gestellte weitere (Hilfs)Antrag des Klägers, auf orthopädischem Fachgebiet Prof. Dr. RR. zu hören, wird nach § 109 Abs. 2 SGG wegen Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits abgelehnt. Dieser Antrag ist zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden. Mit Schreiben vom 3. Mai 2017 hat der Senat die Beteiligten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Ermittlungen von Amts wegen nicht mehr beabsichtigt seien, und eine konkrete Terminierung in Aussicht gestellt. Unter diesen Umständen hätte der (anwaltlich vertretene) Kläger spätestens innerhalb eines Monats einen Antrag nach § 109 SGG stellen bzw. mitteilen müssen, ob und mit welcher Maßgabe etwaige zu Beginn des Verfahrens im Jahr 2011 gestellte Anträge aufrecht erhalten werden (vgl. zur Angemessenheit der Frist Keller in: Meyer-Ladewig, a.a.O. Rdnr. 11). Innerhalb dieser Frist, mit Schreiben vom 15. Mai 2017 (Eingang bei Gericht 18. Mai 2017), hat der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter indes nur den Antrag wiederholt, Prof. Dr. S. erneut zu hören. Der Antrag, Prof. Dr. RR. auf orthopädischem Fachgebiet zu hören, ist durch den Prozessbevollmächtigen erst mit Fax vom 19. Juli 2017 erfolgt. Dies stellt zur Überzeugung des Senats unter den gegebenen Umständen eine grobe Nachlässigkeit im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG dar, zumal der Prozessbevollmächtigte die Ladung zum Termin am 25. Juli 2017 schon am 6. Juni 2017 erhalten hat. Der Kläger muss sich das Verhalten seines Vertreters zurechnen lassen (§ 73 Abs. 6 Satz 7 SGG i. V. m. § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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