L 9 R 2725/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 354/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2725/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit streitig.

Der 1955 geborene Kläger hat vom 01.09.1970 bis 07.04.1974 den Beruf des Werkzeugmachers erlernt. Nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung war er zunächst als Werkzeugmacher versicherungspflichtig beschäftigt, anschließend von 1978 bis 1980 als Kontrolleur in der Qualitätskontrolle tätig. Vom 08.09.1980 bis zum 25.06.1982 besuchte er eine Fachschule für Technik; die Ausbildung zum Staatlich geprüften Techniker - Fachrichtung Maschinentechnik/Schwerpunkt Fertigungstechnik - schloss er am 25.06.1982 ab. Im Anschluss war er bis Mai 1985 als Kontrolleur in der Qualitätssicherung und von Juni 1985 bis Juni 1993 als Prüfplaner in der Qualitätssicherung versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 01.07.1993 ist der Kläger alleiniger geschäftsführender Gesellschafter einer Wohnbaugesellschaft und entrichtet freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (Versicherungsverlauf vom 24.08.2016, Bl. 39 ff. der Senatsakte). Seit einem privaten Unfall im Juni 2011 ist er arbeitsunfähig erkrankt.

Am 25.10.2011 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Beklagte veranlasste Begutachtungen des Klägers durch den Orthopäden Dr. V. und die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. Dr. V. gab in seinem Gutachten vom 08.02.2012 als Diagnosen den Zustand nach einer LWK1-Berstungsfraktur, Adipositas, leichte Coxarthrose beidseits, eine chronische Schmerzkrankheit sowie mäßige Osteochondrose der mittleren bis unteren Brustwirbelsäule an. Aufgrund des Unfalls und der persistierenden Beschwerden habe sich trotz operativer Versorgung ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt, das gesondert zu begutachten sei. Rein orthopädisch seien leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen mit eigenständig wählbaren Pausen und insbesondere mit einem höhenverstellbaren Arbeitspult möglich. Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten und das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sollten vermieden werden, ebenso das Besteigen von Leitern und die Fortbewegung in ungesicherter Umgebung (Baustellen). Der Kläger könne sowohl eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter als auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten. In ihrem Gutachten vom 01.02.2012 führte Dr. E. aus, es bestehe weiterhin eine Schmerzsymptomatik, von der Stärke her wechselnd. Eine Schmerzmedikation werde zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingenommen. Der Kläger habe eine Anpassungsstörung mit im Vordergrund stehenden somatischen Beschwerden (abdominellen Schmerzen) und Schlafstörungen. Insgesamt sei die psychische Symptomatik weitestgehend remittiert; die Medikation sei bereits reduziert worden. Auf rein neurologischem Fachgebiet fänden sich keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens.

Mit Bescheid vom 25.05.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab; die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten oder Behinderungen des Klägers ergeben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Nach der medizinischen Beurteilung könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Außerdem könnte der Kläger in seinem bisherigen Beruf als geschäftsführender Gesellschafter mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher auch nicht berufsunfähig.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens (Widerspruch vom 18.06.2012) zog die Beklagte den Befundbericht des Dr. H. vom 20.07.2012 und des Dr. M. vom 24.08.2012 bei, veranlasste eine Begutachtung durch den Arzt für Nervenheilkunde Dr. W., die der Kläger ablehnte, und holte die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. L. vom 01.10.2012 ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auch die zusätzlich eingeholten Befundberichte hätten keine weitere Einschränkung des festgestellten Leistungsvermögens ergeben.

Hiergegen hat der Kläger am 01.02.2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und zu deren Begründung er ausführte, als Folge des beim Unfall gebrochenen und zertrümmerten 1. Lendenwirbels habe er starke Einschränkungen in seiner Bewegungs- und Leistungsfähigkeit und leide unter ständigen, teilweise sehr starken Rückenschmerzen, die auch in den Nacken-/Kopfbereich, das Becken und die Beine ausstrahlten. Dies bestimme seinen Tagesablauf; seit dem Unfall sei er nicht mehr in der Lage, seine bisherige Tätigkeit auszuüben oder in einer sonstigen Tätigkeit mehrere Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Er hat einen Bericht des Chirurgen Dr. H. vom 06.09.2012 an die private Rentenversicherung und eine Tätigkeitsbeschreibung für die Tätigkeit als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter vorgelegt.

Das SG hat im Rahmen der Beweisaufnahme die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. S. hat unter dem 14.05.2013 mitgeteilt, er antworte anhand der Aktenlage und in Vertretung des aus der Praxis ausgeschiedenen Dr. H. Der Kläger habe sich wegen der Berstungsfraktur des 1. Lendenwirbelkörpers vom 14.07.2011 bis 24.01.2012 in ambulanter Behandlung befunden. Beschränke sich die Tätigkeit als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter auf eine reine Bürotätigkeit, könne von einer Arbeitsfähigkeit von sechs Stunden täglich ausgegangen werden. Aufgrund der Verletzung mit anschließender sich einstellender Deformierung der Wirbelsäule sei davon auszugehen, dass auch eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr möglich sei. Es müsse ein Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen möglich sein, wobei körperliche Belastungen zu vermeiden seien. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger Wege über 500 m zu Fuß zurücklegen und auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen könne. Der Nervenarzt Dr. M. hat am 17.05.2013 mitgeteilt, bei dem Kläger liege eine Angst- und depressive Störung gemischt vor. Diese habe nach dem Unfall im Frühjahr 2011, bei dem er drei Meter von einem Dach gestürzt sei und sich eine Lendenwirbelfraktur zugezogen habe, begonnen. Da der Kläger im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit auch in nicht unerheblichem Maß Bauaufsicht durchführen, dazu Baustellen besuchen und auf Gerüste steigen müsse, sei eine Berufstätigkeit mit diesen Anforderungen auch nicht weniger als sechs Stunden täglich möglich. Diese Einschränkung sei aber weniger durch die psychiatrische Erkrankung als vielmehr durch die Folgen der Wirbelfraktur zu erklären. Aus psychiatrischer Sicht seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich möglich. Auf erneute Nachfragen hat Dr. S. mit Schreiben vom 23.05.2013 klargestellt, dass nach seiner Einschätzung eine Bürotätigkeit, vorausgesetzt sie falle unter leichte körperliche Arbeit, ebenfalls sechs Stunden arbeitstäglich möglich wäre. Dr. M. hat seine Aussage am 24.05.2013 dahingehend ergänzt, dass der Kläger nach seiner Einschätzung weniger als sechs Stunden täglich seiner Berufstätigkeit nachgehen könne.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.07.2013 mitgeteilt, nach nochmaliger Prüfung der letzten beruflichen Tätigkeit jetzt von dem Berufsbild des Prüfplaners in der Qualitätssicherung auszugehen. Hierbei habe es sich um die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt. Ergänzend wird die berufskundliche Stellungnahme vom 06.08.2013 vorgelegt, wonach für diese berufliche Tätigkeit ein qualifizierter Berufsschutz anzuerkennen sei, so dass eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auszuschließen sei. Eine reine Bürotätigkeit sei aus chirurgisch-orthopädischer Sicht mindestens sechs Stunden täglich möglich. Daneben liege eine Angst- und depressive Störung vor. Der Kläger solle nervenärztlich begutachtet werden, um die dadurch bedingten Einschränkungen zu objektivieren.

Der Kläger hat daraufhin das Zeugnis der Firma P. vom 30.09.1993 über die Tätigkeit dort vom 25.10.1982 bis 30.09.1993 und ein Zeugnis der Firma P. für die Tätigkeit vom 05.06.1978 bis 05.09.1980 sowie das Zeugnis der Firma M. GmbH vom 05.06.1978 vorgelegt.

Das SG hat von Amts wegen den Neurologen Dr. V. und den Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. N. mit der Erstattung von Gutachten beauftragt. Mit Schreiben vom 15.01.2014 hat der Kläger mitgeteilt, eine Begutachtung unter Bezugnahme auf den Beruf des Prüfplaners in der Qualitätssicherung abzulehnen. Zu Begutachtungen, in denen sich die Begutachtung auch auf seine berufliche Tätigkeit als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter beziehe, sei er weiterhin jederzeit bereit. Das SG hat dann die Gutachtensaufträge aufgehoben.

Anschließend hat das SG erneut die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Dr. W., Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie hat am 05.05.2014 mitgeteilt, bei den Untersuchungen am 31.05.2013 und 04.04.2014 habe der Kläger erneut über Rückenschmerzen geklagt, röntgenologisch habe sich gezeigt, dass der frakturierte Lendenwirbel stark höhengemindert sei. Ventral hätten sich Spangenbildungen nach BWK12 und LWK2 gezeigt. Leichte körperliche Arbeiten mit wechselnden Arbeitshaltungen (sitzende Tätigkeit, Tätigkeit im Stehen) seien auch über einen beschränkten Zeitraum sicherlich möglich. Er sei der Meinung, dass eine leichtere körperliche Arbeit über einen Zeitraum von vier Stunden täglich möglich sein sollte. Dr. M. hat unter dem 24.06.2014 mitgeteilt, den Kläger zuletzt am 24.06.2014 behandelt zu haben. Aus psychiatrischer Sicht bestehe eine Depression gemischt mit Angst, somatisch ein chronisches Schmerzsyndrom nach LWS-Fraktur 2011. Arbeiten, die langes Sitzen am Schreibtisch erforderten, verstärkten die Rückenschmerzen so stark, dass der Kläger Pausen einlegen müsse. Derartige Tätigkeiten, wie auch die in der Anfrage des Gerichts genannte als Prüfplaner in der Qualitätssicherung, seien nur noch unter sechs Stunden täglich möglich. Längere Tätigkeiten führten zu einer unzumutbaren Verstärkung der Schmerzen.

Das SG hat schließlich Dr. von S., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt, den Gutachtenauftrag aber aufgehoben, nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, sich keiner weiteren Begutachtung unterziehen zu wollen.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.06.2016 hat das SG nach vorheriger Anhörung die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe weder Anspruch auf Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente lägen nicht vor. Der Kläger sei insbesondere nicht berufsunfähig, denn er sei zur Überzeugung des Gerichts in der Lage, die Tätigkeit des Prüfplaners in der Qualitätssicherung mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Es habe nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden können, dass eine rentenbegründende Berufsunfähigkeit vorliege. Die für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgeblichen Erkrankungen lägen einerseits auf orthopädischem und andererseits auf nervenärztlichem Fachgebiet. Das Gericht gehe vom Bezugsberuf des Prüfplaners in der Qualitätssicherung aus. Nach Auffassung des SG sei der Beruf des Prüfplaners durchaus mit den von den behandelnden Ärzten des Klägers genannten qualitativen Leistungseinschränkungen (keine Zwangshaltungen, kein langes Sitzen, wechselnde Arbeitshaltung) vereinbar, nachdem es sich dabei wohl in erster Linie um einen Büroarbeitsplatz handle.

Gegen den ihm am 25.06.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.07.2016 Berufung eingelegt; seinen Antrag hat er ausdrücklich auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beschränkt. Auch die Tätigkeit als Prüfplaner in der Qualitätssicherung könne nicht auf eine reine Bürotätigkeit beschränkt werden. Das Leistungsvermögen sei auch für diese Tätigkeit auf unter sechs Stunden arbeitstäglich eingeschränkt. Dies folge aus den Stellungnahmen seiner behandelnden Fachärzte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2013 zu verurteilen, ihm ab dem 1. November 2011 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und eine berufskundliche Stellungnahme der berufskundlichen Beraterin T. vom 05.04.2017, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Bl. 55 der Senatsakte Bezug genommen wird. Nach den medizinischen Beurteilungen sei dem Kläger eine berufliche Tätigkeit als Techniker im Bereich der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zuzumuten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4, 56 SGG) ist der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 25.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.01.2013, soweit die Beklagte darin die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Der Kläger hat seine Berufung ausdrücklich diesbezüglich beschränkt, so dass die Ablehnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bestandskräftig geworden ist.

Die Ablehnung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in den genannten Bescheiden ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Zur sozialen Zumutbarkeit hat das BSG ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Berufe - ausgehend von Umfang und Dauer der Ausbildung - in verschiedene Gruppen einteilt (seit BSG, Urteil vom 24.03.1983, 1 RA 15/82, Juris). Das zunächst für Arbeiter herausgearbeitete Mehrstufenschema ist auch auf die Angestelltenversicherung ausgedehnt worden (BSG, Beschluss vom 27.08.2009, B 13 R 85/09 B, Juris). Sie sind charakterisiert durch die Leitberufe der Ungelernten, der Angelernten im unteren Bereich (Anlernzeit von drei Monaten bis zu einem Jahr), der Angelernten im oberen Bereich (Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und der Ausgebildeten in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mehr als zwei Jahren sowie durch die Berufe der Angestellten mit Vorgesetztenfunktion und mit besonders hoher (akademischer) Qualifikation. In diesem Rahmen kann ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf allenfalls auf die nächstniedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 02.12.1987, 1 RA 11/86, Juris).

Maßgebend für die Beurteilung ist im Falle des Klägers die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Prüfplaner in der Qualitätssicherung. Diese Beschäftigung hat der Kläger von Juni 1985 bis Juni 1993 und damit mehr als nur vorübergehend und hinsichtlich seiner Erwerbsbiographie prägend ausgeübt. Nicht abzustellen war auf die seit 1993 bis 2011 ausgeübte Tätigkeit als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter einer Wohnungsbaugesellschaft. Der Kläger hat zwar während dieser selbstständigen Tätigkeit durchgehend freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Der bisherige Beruf bestimmt sich bei Versicherten, die neben freiwilligen Beiträgen auch Pflichtbeiträge gezahlt haben, aber allein nach der versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung. Durch freiwillige Beiträge, die seit dem 01.01.1984 gezahlt wurden, kann der bisherige Beruf nicht verändert werden, weil sie gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 keinen anspruchsbegründenden, sondern nur einen anspruchserhaltenden Charakter haben (BSG, Urteile vom 08.12.1970, 11 RA 8/68 und vom 25.08.1993, 13 RJ 59/92, Juris; Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand Mai 2017, § 240 Rdnr. 16, Nazarek in Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB VI, 2. Aufl., 2013, § 240 Rdnr. 36).

Dem Kläger ist sowohl die Tätigkeit als Prüfplaner in der Qualitätssicherung als auch weitere Tätigkeiten im Bereich des Qualitätsmanagements/der Qualitätssicherung sechs Stunden und mehr arbeitstäglich trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar.

Diese Tätigkeiten sind dem Kläger aufgrund seiner Ausbildung zumutbar. Der Kläger hat neben einer Ausbildung zum Werkzeugmacher eine Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker erfolgreich abgeschlossen; er verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung als Prüfplaner und als Kontrolleur in der Qualitätssicherung. So wird bei dem letzten Arbeitszeugnis der Firma P. vom 20.09.1993 angegeben, er habe Prüfpläne für Fahrwerk-Kaufteile und Aggregate erstellt, geeignete Messmittel für die Prüfung von Kaufteilen ausgewählt, Prüfvorgänge analysiert, Prüfkonzepte, Prüfmittel und Prüfmittelspezifikationen erstellt, Prüfumfänge aufgrund der Qualitätsgeschichte und fundierter statischer Kenntnisse festgelegt und Prüfmethoden mit den Lieferanten abgestimmt. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund seiner Ausbildungen und der bestehenden Vorkenntnisse den Anforderungen, die an einen Qualitätstechniker ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Tätigkeitsbeschreibung (Bl. 73 ff. der Senatsakte) gestellt werden, gerecht werden kann.

Die Tätigkeiten sind darüber hinaus auch gesundheitlich leidensgerecht. Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stehen dessen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Der Kläger leidet im Wesentlichen unter den Folgen einer Berstungsfraktur des 1. Lendenwirbelkörpers, die er sich bei einem privaten Unfall am 03.06.2011 zugezogen hat, und die in der Folge zu einer chronischen Schmerzkrankheit geführt hat. Hinzu kommt eine leichte Coaxarthrose beidseits und eine mäßige Osteochondrose der mittleren bis unteren Brustwirbelsäule. Diese Diagnosen entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. V. vom 08.12.2012. Der Gutachter hat die Diagnosen nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden abgeleitet; sie stehen darüber hinaus in Übereinstimmung mit den durch die behandelnden Orthopäden Dr. H. und Dr. S. mitgeteilten Diagnosen und den vorliegenden Befundberichten des Klinikums L. Eine Verschlechterung wird durch die vorliegenden Befundberichte nicht dokumentiert; insbesondere ist nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin derzeit keine verstärkte Therapie erforderlich, Schmerzmedikamente nimmt er lediglich gelegentlich ein. Zwischen den einzelnen Behandlungsterminen in der Praxis Dr. S. lagen zum Teil länger Pausen, so fand beispielsweise zwischen dem 27.02.2012 und dem 31.05.2013 sowie zwischen dem 31.05.2013 und dem 04.04.2014 keine Behandlung statt. Die von Dr. V. getroffene Leistungseinschätzung, wonach dem Kläger - unter Berücksichtigung noch näher darzulegender qualitativer Einschränkungen - zumindest leichte Tätigkeiten noch sechs Stunden täglich zugemutet werden können, ist daher aus Sicht des Senats weiterhin zutreffend. Diese Einschätzung wird durch Dr. S. in seinen Stellungnahmen vom 14.05.2013 und 23.05.2013 bestätigt. Nicht nachvollziehbar ist die Einschätzung von Dr. W. vom 05.05.2014, wonach auch eine leichtere Tätigkeit nur noch unter vier Stunden täglich möglich sein sollte; diese Einschätzung ist bei unveränderten Befunden nicht nachzuvollziehen.

Weitere Leistungseinschränkungen resultieren insbesondere nicht aus Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet; der Kläger selbst hat in seinen Schriftsätzen gegenüber der Beklagten und dem SG betont, nicht unter relevanten Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet zu leiden. Dies deckt sich auch mit dem Ergebnis der Ermittlungen. Der Senat stützt seine Überzeugung insoweit im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. E. vom 01.02.2012, die angegeben hat, die durch den Kläger nach dem Unfall im Juni 2011 entwickelte Anpassungsstörung mit im Vordergrund stehenden somatischen Beschwerden (abdominelle Schmerzen) und Schlafstörungen sei weitestgehend remittiert und eine wesentliche Einschränkung des Leistungsvermögens hieraus nicht abzuleiten. Auch der behandelnden Nervenarzt Dr. M. hält trotz der von ihm mitgeteilten Diagnose (Angst- und depressive Störung gemischt) aus psychiatrischer Sicht leichte Tätigkeiten noch für mindestens sechs Stunden möglich. Die von ihm mitgeteilten Einschränkungen beziehen sich auf die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Dass dem Kläger nach Einschätzung des behandelnden Arztes die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer (in der konkreten Ausgestaltung) nicht mehr sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar ist, führt, da es aus den genannten Gründen hierauf nicht ankommt, zu keiner anderen Beurteilung. Nachdem sich aus den Berichten von Dr. M. nach der Begutachtung durch Dr. E. keine Verschlechterung der psychiatrischen Erkrankungen ergibt und der Kläger selbst ausdrücklich angegeben hatte, sich (trotz der von Dr. M. berichteten weiteren Behandlungstermine) nicht durch psychiatrische Erkrankungen beeinträchtigt zu fühlen, sah der Senat auch insoweit keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen.

Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit den Gutachten von Dr. V. und Dr. E. damit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, bei denen die Möglichkeit besteht, die Körperhaltung zu wechseln, ohne häufiges Arbeiten in Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder auf unebenem Gelände, ohne überdurchschnittliche Stressbelastung, ohne Nachtschicht und hohe Verantwortung sowie mit ständigem Publikumsverkehr ausüben.

Unter Berücksichtigung dieses Leistungsvermögens kann der Kläger sowohl die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als auch eine sonstige Tätigkeit im Bereich des Qualitätsmanagements sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben.

Bei den Tätigkeiten handelt es sich nach den schlüssigen und für den Senat überzeugenden berufskundlichen Stellungnahme der Beklagten vom 05.04.2017, die sich wiederum auf die Stellungnahme des technischen Beratungsdienstes der Agentur für Arbeit W. vom 30.10.2013 zu einem Auskunftsersuchen des Bayerischen Landessozialgerichts (L 13 R 1009/11) sowie Ausdrucke aus dem Berufenet der Bundesagentur für Arbeit stützt, um körperlich leichte Innendiensttätigkeiten, die PC-gestützt ausgeführt werden. Die Körperhaltung ist sitzend, erfolgt jedoch auch arbeitsorganisatorisch bedingt und individuell steuerbar einhergehend mit einem zeitweisen Wechsel von Gehen und Stehen. Ein Arbeiten an einem Büroarbeitstisch bedeutet dabei nicht ein Arbeiten unter Einnahmen von Zwangshaltungen, denn zum einen sind Büroarbeitsplätze nach ergonomischen Richtlinien einzurichten und zum anderen kann die Körperhaltung selbstständig im Einzelnen variiert werden, so dass eine einseitig belastende und statische Körperhaltung ausgeschlossen werden kann. Diese Anforderungen können mit dem Leistungsvermögen des Klägers und den zu beachtenden qualitativen Einschränkungen in Einklang gebracht werden. Gründe dafür, dass ihm eine leichte Innendiensttätigkeit nicht zumutbar wäre, bestehen, wie bereits dargelegt, nicht. Insbesondere wird dem Umstand, dass, wie Dr. M. in seiner Aussage vom 24.06.2014 mitteilt, langes Sitzen am Schreibtisch die Rückenschmerzen verstärkt und längere Pausen erforderlich macht, durch die Einrichtung eines ergonomischen Schreibtischs Rechnung getragen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gesundheitliche Einschränkungen hat, die zu Schwierigkeiten bei der Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz führen, bestehen nicht.

Der Kläger ist darüber hinaus auch in der Lage, einen Arbeitsplatz aufzusuchen; seine Wegefähigkeit ist nicht eingeschränkt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001, B 10 LW 18/00 R und Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R, Juris). Das BSG hält dabei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in weniger als 20 Minuten zurückzulegen, für eine derart schwere Leistungseinschränkung, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens als verschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 21.03.2006, B 5 RJ 51/04 unter Hinweis auf BSG Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95, Juris). Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, vom 19.11.1997, 5 RJ 16/97 und vom 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R, Juris). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997, 5 RJ 16/97, vom 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R und vom 14.03.2002, B 13 RJ 25/01 R, Juris). Trotz der Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule wird eine Einschränkung des Gehvermögens weder durch Dr. V. noch durch Dr. S. ("übliche Wege können bewältigt werden") mitgeteilt. Darüber hinaus hat der Kläger selbst im Erörterungstermin angegeben, ein Kraftfahrzeug zu besitzen, mit dem er auch die Fahrtdauer zum Termin von 25 bis 30 Minuten zurücklegen konnte.

Nach alledem hat die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu Recht abgelehnt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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