Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 EG 519/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1685/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2017 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des den Klägern anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge gewährten Elterngelds.
Die Kläger sind verheiratet und Eltern des 2010 geborenen J., der 2013 geborenen Jo. sowie der 2015 geborenen Zwillinge L. und S. Die Klägerin erhielt während der Mutterschutzfrist vom 20.02.bis 26.06.2015 eine Zahlung ihrer Dienstbezüge als Beamtin, im letzten Jahr davor übte sie keine Tätigkeit aus. Die Klägerin beantragte Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat von S. und den 13. bis 14. Lebensmonat von L., der Kläger beantragte Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat von L. und den 13. bis 14. Lebensmonat von S. Nach einem Hinweis der Beklagten, dass bei einer Mehrlingsgeburt nach der Neufassung des § 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur ein Anspruch auf Elterngeld bestehe, legten die Kläger die Bezugszeiträume unter Vorbehalt neu fest. Die Klägerin beantragte Elterngeld für den 1. bis 4. Lebensmonat der Kinder und der Kläger für den 1. bis 10. Lebensmonat.
Mit Bescheid vom 18.11.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 4. Lebensmonat unter Anrechnung der gezahlten Dienstbezüge. Für den 4. Lebensmonat erhielt die Klägerin anteilig 607,50 EUR unter Berücksichtigung von Geschwisterbonus und Mehrlingszuschlag.
Mit Bescheid vom 19.11.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat der Kinder iHv 2.280 EUR. Ausgehend von einem im Bemessungszeitraum März 2014 bis Februar 2015 erzielten Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iHv 52.322,48 EUR legte die Beklagte den Maximalbetrag von monatlich 1.800 EUR zugrunde zuzüglich eines Geschwisterbonus iHv 180 EUR und des Mehrlingszuschlags iHv 300 EUR.
Mit ihrem Widerspruch forderten die Kläger einen eigenen Elterngeldanspruch für jedes Zwillingskind entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2013.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.01.2016 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Entscheidungen des BSG vom 27.06.2013 (B 10 EG 3/12 R und B 10 EG 8/12 R) seien zu der bis 31.12.2014 geltenden Fassung des § 1 BEEG ergangen und auf die hier geltende Fassung ab dem 01.01.2015 nicht mehr anwendbar.
Hiergegen richten sich die am 29.02.2016 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klagen. Zur Begründung führen die Kläger aus, es sich nicht ersichtlich, weshalb die Rechtsprechung des BSG nach der geänderten Fassung des § 1 BEEG nicht mehr gelten solle. In den Beratungen des Bundestages fänden sich keine Argumente, warum in § 27 BEEG die Anwendung von § 1 in der früheren Fassung nur bis 01.01.2015 angeordnet worden sei, während nach Satz 2 Kinder, die bis 01.07.2015 geboren werden, von der Anwendung des alten Rechts ausgenommen seien. Die zeitliche Beschränkung des Anspruchs widerspreche dem Selbstbestimmungsrecht und dem Wesen der Ehe, sich frei für ein Kind zu entscheiden. Bei Mehrlingsgeburten sollte die besondere Belastung der Eltern berücksichtigt werden. Nicht näher begründete Sparmaßnahmen rechtfertigten keine Kürzung der Ansprüche für die im März geborenen Zwillinge.
Mit Urteil vom 16.03.2016 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für weitere Monate anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge. Nach § 1 Abs 1 BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung bestehe bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld. Auf den Anspruch sei § 4 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung anzuwenden (§ 27 Abs 1 Satz 2 BEEG). Die Eltern hätten danach insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge sowie auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolge. In Übereinstimmung mit dieser Rechtslage habe die Beklagte bereits für insgesamt 14 Monate Elterngeld gewährt. Die Kläger könnten sich nicht auf die Rechtsprechung des BSG zu § 1 BEEG aF berufen. Diese Rechtsprechung sei durch den Gesetzgeber mit § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG zum 01.01.2015 korrigiert worden; sie habe bereits nicht dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entsprochen. Vielmehr sollte von Anfang an dem Mehraufwand der Eltern von Mehrlingen mit der Gewährung des Mehrlingszuschlages iHv 300 EUR monatlich Rechnung getragen werden. Diese Regelung sei angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei steuerfinanzierten Sozialleistungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen das ihnen am 25.03.2017 zugestellte Urteil richten sich die am 24.04.2017 eingelegten Berufungen der Kläger. Sie bleiben bei ihrer Auffassung, dass die Rechtsprechung des BSG von 2013 weiter gelte. Die vom SG angenommene Klarstellung des Gesetzesinhalts sei, wie sich in Internetforen zeige, nicht so verstanden worden. Das BSG habe § 2 Abs 6, jetzt Abs 4 BEEG nicht als Beschränkung des Anspruchs angesehen. Effektiv seien beide Elternteile bei der Erziehung von Zwillingen stärker belastet. Das BSG habe festgestellt, dass eine Leistungsausweitung durch mehrfaches Elterngeld bei Zwillingen nicht gegen Sinn und Zweck des BEEG verstoße. Die vorhandene unklare Situation sei durch den Gesetzgeber noch nicht geklärt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2016 zu verurteilen, ihr für ihre Tochter S. Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat sowie für die Tochter L. für den 13. bis 14. Lebensmonat zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2016 zu verurteilen, ihm für seine Tochter L. Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat sowie für die Tochter S. für den 13. bis 14. Lebensmonat zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der doppelte Elterngeldanspruch für Mehrlingseltern sei mit Einführung des Elterngeld Plus zum 01.01.2015 abgeschafft worden. Das BSG habe seine auf die Vorgängerfassung von § 1 Abs 1 BEEG bezogene Entscheidung für einen doppelten Elterngeldanspruch darauf gestützt, dass sich weder in § 1 noch in § 4 BEEG Sonderregelungen für Mehrlingskinder fänden. Für ab dem 01.01.2015 geborene Kinder sei jetzt aber in § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG ausdrücklich klargestellt, dass bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld bestehe. Der Wortlaut sei eindeutig. Seinen Willen habe der Gesetzgeber bereits im Gesetzentwurf vom 12.06.2012 deutlich gemacht (BT-Drs 17/9917 S 10): "Beim Elterngeld ist dagegen in § 2 Abs 6 für die Fälle der Mehrlingsgeburten ein Mehrlingszuschlag vorgesehen und keine mehrfache Gewährung von Elterngeld."
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 17.07.2017 darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen. Die Kläger haben sich dazu nicht geäußert, die Beklagte hat sich mit der Verfahrensweise einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Kläger haben keinen Erfolg. Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Senat weist die Berufungen durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Gegenstand der Berufungen sind die Bescheide vom 18.11.2015 bzw 19.11.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.01.2016. Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keine Anspruch auf Bewilligung weiteren Elterngelds anlässlich der Geburt ihrer Töchter L. und S. am 24.03.2015.
Der Anspruch der Kläger auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat An-spruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Kläger erfüllen diese Leistungsvoraussetzungen. Sie hatten im Bezugszeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebten mit den 2015 geborenen Zwillingen in einem Haushalt, betreuten und erzogen sie und übten während des Bewilligungszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben der Kläger im Verwaltungsverfahren.
Die Beklagte hat zutreffend der Klägerin Elterngeld für den 4. Lebensmonat iHv 607,50 EUR und dem Kläger für die Lebensmonate 1. bis 10. iHv 2.280 EUR bewilligt. Hinsichtlich der Begründung zur Berechnung im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die Bescheide vom 18.11.2015 und 19.11.2015 einschließlich der dortigen Berechnungsbögen (§§ 153 Abs 1, 136 Abs 3 SGG). Die Höhe der Ansprüche wird von den Klägern auch überhaupt nicht beanstandet, sie verlangen vielmehr Elterngeld für weitere Monate auf der Grundlage eines von ihnen angenommenen eigenen Elterngeldanspruchs für jeden Zwilling. Ein derartiger Anspruch besteht indes nicht. Die Beklagte hat bereits für die maximal mögliche Dauer von 14 Monaten gemäß § 27 Abs 1 Satz 2 iVm § 4 Abs 2 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung entsprechend der von den Klägern gewählten Aufteilung Elterngeld bewilligt.
Nach der hier anzuwendenden Regelung des § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG (idF vom 27.01.2015, BGBl I 33), die für Geburten ab 01.01.2015 gilt, besteht bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld. Die zuvor bestehende rechtliche Unklarheit, welche die Kläger monieren, ist damit gerade ausgeräumt worden. Hatte zuvor die Gesetzesauslegung des BSG in den Urteilen vom 27.06.2013 (B 10 EG 3/12 R und B 10 EG 8/12 R) noch zu kindbezogenen Ansprüchen auch bei Mehrlingsgeburten geführt, lässt sich dies angesichts der eindeutig gefassten Regelung in § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG nicht mehr begründen (vgl Wiegand in Wiegand, BEEG, § 1 RdNr 22a und § 2a RdNr 10a). Das BSG hatte in den genannten Entscheidungen noch darauf Bezug genommen, dass – anders als nach der jetzigen Rechtslage – weder in § 1 noch in § 4 BEEG Sonderregelungen für Mehrlingskinder getroffen worden seien. Auf die Frage, ob auch schon nach der bis 31.12.2014 geltenden Rechtslage der Gesetzgeber eigentlich nur einen Elterngeldanspruch zuzüglich Mehrlingszuschlag vorsehen wollte (so BT-Drs 17/9917 S 10 und BT-Drs 18/2583 S 23), kommt es für Geburten ab 01.01.2015 nicht mehr an.
Der Senat hält die Regelung in § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG nicht für verfassungswidrig. Insbesondere ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, bei Mehrlingsgeburten über den vorgesehenen Mehrlingszuschlag hinaus einen eigenständigen, mehrfachen Elterngeldanspruch vorzusehen (so bereits Senatsurteile vom 23.02.2016, L 11 EG 4042/15 und vom 21.03.2016, L 11 EG 3167/15).
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Elterngeld den konkreten, durch Kinderbetreuung verursachten Einkommensverlust – teilweise – ersetzt. Insoweit unterscheidet es sich grundlegend von Familienleistungen, die den finanziellen (Unterhalts-)Mehraufwand für Kinder im Blick haben, denn diese sind gesondert für jedes Kind zu gewähren, zB Kindergeld. Soll die Leistung dagegen – wie das Elterngeld – den Einkommensausfall von Eltern ersetzen, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder einschränken (müssen), weil sie ihre Kinder betreuen, kommt es – weil Einkommen nur einmal ausfallen kann – auf die Zahl der Kinder nicht an (so zutreffend SG Berlin 03.05.2017, S 2 EG 71/15, juris; vgl Dau, juris PR- SozR 17/2012, Anm 4). Die mit der Betreuung von Geschwister- oder Mehrlingskindern verbundene höhere Belastung wird durch die gesetzlichen Regelungen zum Geschwisterbonus und zum Mehrlingszuschlag berücksichtigt.
Ein Verstoß gegen Art 3 GG in Form einer Benachteiligung von Mehrlingseltern gegenüber anderen Eltern von Geschwisterkindern ist nicht gegeben. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG): BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 §1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; ständige Rechtsprechung). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Der Gesetzgeber darf generalisieren und pauschalieren, er muss – und kann - nicht für jede denkbare Fallkonstellation die optimale und bestmögliche Lösung regeln. Praktikabilität und Einfachheit des Rechts sind im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12 S 25; BVerfGE 67, 70, 85f; ständige Rechtsprechung). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96f; 105, 73, 110f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip Art 20 Abs 1 GG von Bedeutung sein.
Die Vergleichsgruppen weisen insoweit Unterschiede auf, als dass ein Einkommensverlust infolge der Kinderbetreuung bei Geburt von Mehrlingen zeitlich nur einmal im Anschluss an die Geburt auftritt, bei mehreren Geburten von Geschwisterkindern jedoch wiederholt und damit insgesamt für einen längeren Zeitraum. Angesichts des Gesetzeszwecks ist dieser Unterschied sachlich erheblich und gebietet geradezu eine unterschiedliche Behandlung. Zweck des Elterngeldes ist weder ein Ausgleich für Erziehungstätigkeit (so beim Erziehungsgeld), noch eine Unterhalts- oder Existenzsicherung für die Kinder selbst. Es geht vielmehr darum, dass sich die wirtschaftliche Situation und spätere Möglichkeiten der Daseinsvorsorge für Mütter und Väter nicht dadurch verschlechtern sollen, dass sie ihr Kind in den ersten Lebensmonaten vorrangig selbst betreuen. Das BEEG bezweckt daher, den Einkommensausfall der Eltern weitgehend auszugleichen, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um sich der Kinderbetreuung zu widmen (BT-Drs 16/1889 S 18f). Diesem Zweck wird die Gestaltung der Elterngeldansprüche auch für Mehrlinge mit den vorgesehen Mehrlingszuschlägen gerecht. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum ein mehrfacher Einkommensausgleich für denselben Berechtigten für den gleichen Zeitraum erfolgen sollte.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
Die Entscheidungsfreiheit von Zwillingseltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung wird durch das BEEG nicht in verfassungswidriger Weise berührt, denn weder indirekt noch direkt wird ein Zwang auf die Eltern ausgeübt, anstelle der Kinderbetreuung wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen wie auch fiskalischen Interessen dienen (BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7838 § 3 Nr 1). Eine Zweckverfehlung des Elterngeldes bei Mehrlingsgeburten ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus verpflichtet Art 6 Abs 1 GG den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869).
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des den Klägern anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge gewährten Elterngelds.
Die Kläger sind verheiratet und Eltern des 2010 geborenen J., der 2013 geborenen Jo. sowie der 2015 geborenen Zwillinge L. und S. Die Klägerin erhielt während der Mutterschutzfrist vom 20.02.bis 26.06.2015 eine Zahlung ihrer Dienstbezüge als Beamtin, im letzten Jahr davor übte sie keine Tätigkeit aus. Die Klägerin beantragte Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat von S. und den 13. bis 14. Lebensmonat von L., der Kläger beantragte Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat von L. und den 13. bis 14. Lebensmonat von S. Nach einem Hinweis der Beklagten, dass bei einer Mehrlingsgeburt nach der Neufassung des § 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur ein Anspruch auf Elterngeld bestehe, legten die Kläger die Bezugszeiträume unter Vorbehalt neu fest. Die Klägerin beantragte Elterngeld für den 1. bis 4. Lebensmonat der Kinder und der Kläger für den 1. bis 10. Lebensmonat.
Mit Bescheid vom 18.11.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 4. Lebensmonat unter Anrechnung der gezahlten Dienstbezüge. Für den 4. Lebensmonat erhielt die Klägerin anteilig 607,50 EUR unter Berücksichtigung von Geschwisterbonus und Mehrlingszuschlag.
Mit Bescheid vom 19.11.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat der Kinder iHv 2.280 EUR. Ausgehend von einem im Bemessungszeitraum März 2014 bis Februar 2015 erzielten Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iHv 52.322,48 EUR legte die Beklagte den Maximalbetrag von monatlich 1.800 EUR zugrunde zuzüglich eines Geschwisterbonus iHv 180 EUR und des Mehrlingszuschlags iHv 300 EUR.
Mit ihrem Widerspruch forderten die Kläger einen eigenen Elterngeldanspruch für jedes Zwillingskind entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2013.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 28.01.2016 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Entscheidungen des BSG vom 27.06.2013 (B 10 EG 3/12 R und B 10 EG 8/12 R) seien zu der bis 31.12.2014 geltenden Fassung des § 1 BEEG ergangen und auf die hier geltende Fassung ab dem 01.01.2015 nicht mehr anwendbar.
Hiergegen richten sich die am 29.02.2016 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klagen. Zur Begründung führen die Kläger aus, es sich nicht ersichtlich, weshalb die Rechtsprechung des BSG nach der geänderten Fassung des § 1 BEEG nicht mehr gelten solle. In den Beratungen des Bundestages fänden sich keine Argumente, warum in § 27 BEEG die Anwendung von § 1 in der früheren Fassung nur bis 01.01.2015 angeordnet worden sei, während nach Satz 2 Kinder, die bis 01.07.2015 geboren werden, von der Anwendung des alten Rechts ausgenommen seien. Die zeitliche Beschränkung des Anspruchs widerspreche dem Selbstbestimmungsrecht und dem Wesen der Ehe, sich frei für ein Kind zu entscheiden. Bei Mehrlingsgeburten sollte die besondere Belastung der Eltern berücksichtigt werden. Nicht näher begründete Sparmaßnahmen rechtfertigten keine Kürzung der Ansprüche für die im März geborenen Zwillinge.
Mit Urteil vom 16.03.2016 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für weitere Monate anlässlich der Geburt ihrer Zwillinge. Nach § 1 Abs 1 BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung bestehe bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld. Auf den Anspruch sei § 4 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung anzuwenden (§ 27 Abs 1 Satz 2 BEEG). Die Eltern hätten danach insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge sowie auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolge. In Übereinstimmung mit dieser Rechtslage habe die Beklagte bereits für insgesamt 14 Monate Elterngeld gewährt. Die Kläger könnten sich nicht auf die Rechtsprechung des BSG zu § 1 BEEG aF berufen. Diese Rechtsprechung sei durch den Gesetzgeber mit § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG zum 01.01.2015 korrigiert worden; sie habe bereits nicht dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entsprochen. Vielmehr sollte von Anfang an dem Mehraufwand der Eltern von Mehrlingen mit der Gewährung des Mehrlingszuschlages iHv 300 EUR monatlich Rechnung getragen werden. Diese Regelung sei angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei steuerfinanzierten Sozialleistungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen das ihnen am 25.03.2017 zugestellte Urteil richten sich die am 24.04.2017 eingelegten Berufungen der Kläger. Sie bleiben bei ihrer Auffassung, dass die Rechtsprechung des BSG von 2013 weiter gelte. Die vom SG angenommene Klarstellung des Gesetzesinhalts sei, wie sich in Internetforen zeige, nicht so verstanden worden. Das BSG habe § 2 Abs 6, jetzt Abs 4 BEEG nicht als Beschränkung des Anspruchs angesehen. Effektiv seien beide Elternteile bei der Erziehung von Zwillingen stärker belastet. Das BSG habe festgestellt, dass eine Leistungsausweitung durch mehrfaches Elterngeld bei Zwillingen nicht gegen Sinn und Zweck des BEEG verstoße. Die vorhandene unklare Situation sei durch den Gesetzgeber noch nicht geklärt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2016 zu verurteilen, ihr für ihre Tochter S. Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat sowie für die Tochter L. für den 13. bis 14. Lebensmonat zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2016 zu verurteilen, ihm für seine Tochter L. Elterngeld für den 1. bis 10. Lebensmonat sowie für die Tochter S. für den 13. bis 14. Lebensmonat zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Der doppelte Elterngeldanspruch für Mehrlingseltern sei mit Einführung des Elterngeld Plus zum 01.01.2015 abgeschafft worden. Das BSG habe seine auf die Vorgängerfassung von § 1 Abs 1 BEEG bezogene Entscheidung für einen doppelten Elterngeldanspruch darauf gestützt, dass sich weder in § 1 noch in § 4 BEEG Sonderregelungen für Mehrlingskinder fänden. Für ab dem 01.01.2015 geborene Kinder sei jetzt aber in § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG ausdrücklich klargestellt, dass bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld bestehe. Der Wortlaut sei eindeutig. Seinen Willen habe der Gesetzgeber bereits im Gesetzentwurf vom 12.06.2012 deutlich gemacht (BT-Drs 17/9917 S 10): "Beim Elterngeld ist dagegen in § 2 Abs 6 für die Fälle der Mehrlingsgeburten ein Mehrlingszuschlag vorgesehen und keine mehrfache Gewährung von Elterngeld."
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 17.07.2017 darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen. Die Kläger haben sich dazu nicht geäußert, die Beklagte hat sich mit der Verfahrensweise einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Kläger haben keinen Erfolg. Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Senat weist die Berufungen durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Gegenstand der Berufungen sind die Bescheide vom 18.11.2015 bzw 19.11.2015 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28.01.2016. Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keine Anspruch auf Bewilligung weiteren Elterngelds anlässlich der Geburt ihrer Töchter L. und S. am 24.03.2015.
Der Anspruch der Kläger auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat An-spruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Kläger erfüllen diese Leistungsvoraussetzungen. Sie hatten im Bezugszeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebten mit den 2015 geborenen Zwillingen in einem Haushalt, betreuten und erzogen sie und übten während des Bewilligungszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben der Kläger im Verwaltungsverfahren.
Die Beklagte hat zutreffend der Klägerin Elterngeld für den 4. Lebensmonat iHv 607,50 EUR und dem Kläger für die Lebensmonate 1. bis 10. iHv 2.280 EUR bewilligt. Hinsichtlich der Begründung zur Berechnung im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die Bescheide vom 18.11.2015 und 19.11.2015 einschließlich der dortigen Berechnungsbögen (§§ 153 Abs 1, 136 Abs 3 SGG). Die Höhe der Ansprüche wird von den Klägern auch überhaupt nicht beanstandet, sie verlangen vielmehr Elterngeld für weitere Monate auf der Grundlage eines von ihnen angenommenen eigenen Elterngeldanspruchs für jeden Zwilling. Ein derartiger Anspruch besteht indes nicht. Die Beklagte hat bereits für die maximal mögliche Dauer von 14 Monaten gemäß § 27 Abs 1 Satz 2 iVm § 4 Abs 2 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung entsprechend der von den Klägern gewählten Aufteilung Elterngeld bewilligt.
Nach der hier anzuwendenden Regelung des § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG (idF vom 27.01.2015, BGBl I 33), die für Geburten ab 01.01.2015 gilt, besteht bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld. Die zuvor bestehende rechtliche Unklarheit, welche die Kläger monieren, ist damit gerade ausgeräumt worden. Hatte zuvor die Gesetzesauslegung des BSG in den Urteilen vom 27.06.2013 (B 10 EG 3/12 R und B 10 EG 8/12 R) noch zu kindbezogenen Ansprüchen auch bei Mehrlingsgeburten geführt, lässt sich dies angesichts der eindeutig gefassten Regelung in § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG nicht mehr begründen (vgl Wiegand in Wiegand, BEEG, § 1 RdNr 22a und § 2a RdNr 10a). Das BSG hatte in den genannten Entscheidungen noch darauf Bezug genommen, dass – anders als nach der jetzigen Rechtslage – weder in § 1 noch in § 4 BEEG Sonderregelungen für Mehrlingskinder getroffen worden seien. Auf die Frage, ob auch schon nach der bis 31.12.2014 geltenden Rechtslage der Gesetzgeber eigentlich nur einen Elterngeldanspruch zuzüglich Mehrlingszuschlag vorsehen wollte (so BT-Drs 17/9917 S 10 und BT-Drs 18/2583 S 23), kommt es für Geburten ab 01.01.2015 nicht mehr an.
Der Senat hält die Regelung in § 1 Abs 1 Satz 2 BEEG nicht für verfassungswidrig. Insbesondere ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, bei Mehrlingsgeburten über den vorgesehenen Mehrlingszuschlag hinaus einen eigenständigen, mehrfachen Elterngeldanspruch vorzusehen (so bereits Senatsurteile vom 23.02.2016, L 11 EG 4042/15 und vom 21.03.2016, L 11 EG 3167/15).
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Elterngeld den konkreten, durch Kinderbetreuung verursachten Einkommensverlust – teilweise – ersetzt. Insoweit unterscheidet es sich grundlegend von Familienleistungen, die den finanziellen (Unterhalts-)Mehraufwand für Kinder im Blick haben, denn diese sind gesondert für jedes Kind zu gewähren, zB Kindergeld. Soll die Leistung dagegen – wie das Elterngeld – den Einkommensausfall von Eltern ersetzen, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder einschränken (müssen), weil sie ihre Kinder betreuen, kommt es – weil Einkommen nur einmal ausfallen kann – auf die Zahl der Kinder nicht an (so zutreffend SG Berlin 03.05.2017, S 2 EG 71/15, juris; vgl Dau, juris PR- SozR 17/2012, Anm 4). Die mit der Betreuung von Geschwister- oder Mehrlingskindern verbundene höhere Belastung wird durch die gesetzlichen Regelungen zum Geschwisterbonus und zum Mehrlingszuschlag berücksichtigt.
Ein Verstoß gegen Art 3 GG in Form einer Benachteiligung von Mehrlingseltern gegenüber anderen Eltern von Geschwisterkindern ist nicht gegeben. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG): BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 §1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; ständige Rechtsprechung). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Der Gesetzgeber darf generalisieren und pauschalieren, er muss – und kann - nicht für jede denkbare Fallkonstellation die optimale und bestmögliche Lösung regeln. Praktikabilität und Einfachheit des Rechts sind im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers als hochrangige Ziele zu berücksichtigen (BVerfG 07.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329 = SozR 4100 § 168 Nr 12 S 25; BVerfGE 67, 70, 85f; ständige Rechtsprechung). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96f; 105, 73, 110f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Darüber hinaus kann im vorliegenden Zusammenhang auch das Sozialstaatsprinzip Art 20 Abs 1 GG von Bedeutung sein.
Die Vergleichsgruppen weisen insoweit Unterschiede auf, als dass ein Einkommensverlust infolge der Kinderbetreuung bei Geburt von Mehrlingen zeitlich nur einmal im Anschluss an die Geburt auftritt, bei mehreren Geburten von Geschwisterkindern jedoch wiederholt und damit insgesamt für einen längeren Zeitraum. Angesichts des Gesetzeszwecks ist dieser Unterschied sachlich erheblich und gebietet geradezu eine unterschiedliche Behandlung. Zweck des Elterngeldes ist weder ein Ausgleich für Erziehungstätigkeit (so beim Erziehungsgeld), noch eine Unterhalts- oder Existenzsicherung für die Kinder selbst. Es geht vielmehr darum, dass sich die wirtschaftliche Situation und spätere Möglichkeiten der Daseinsvorsorge für Mütter und Väter nicht dadurch verschlechtern sollen, dass sie ihr Kind in den ersten Lebensmonaten vorrangig selbst betreuen. Das BEEG bezweckt daher, den Einkommensausfall der Eltern weitgehend auszugleichen, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, um sich der Kinderbetreuung zu widmen (BT-Drs 16/1889 S 18f). Diesem Zweck wird die Gestaltung der Elterngeldansprüche auch für Mehrlinge mit den vorgesehen Mehrlingszuschlägen gerecht. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum ein mehrfacher Einkommensausgleich für denselben Berechtigten für den gleichen Zeitraum erfolgen sollte.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
Die Entscheidungsfreiheit von Zwillingseltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung wird durch das BEEG nicht in verfassungswidriger Weise berührt, denn weder indirekt noch direkt wird ein Zwang auf die Eltern ausgeübt, anstelle der Kinderbetreuung wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen wie auch fiskalischen Interessen dienen (BSG 20.12.2012, B 10 EG 19/11 R, SozR 4-7838 § 3 Nr 1). Eine Zweckverfehlung des Elterngeldes bei Mehrlingsgeburten ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus verpflichtet Art 6 Abs 1 GG den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG 06.06.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011, 2869).
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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