L 6 VS 4106/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VS 3009/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 4106/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Ulm vom 14. Oktober 2016 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in den Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Beschädigtengrundrente, auch wegen besonderer beruflicher Betroffenheit, und eines Berufsschadensausgleiches nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der 1976 geborene Kläger, der 1982 eine Oberarmfraktur rechts erlitten hatte und von Juli 1997 bis Februar 1998 als Wehrpflichtiger seinen Dienst bei der Bundeswehr leistete, machte einen während eines wehrdienstbedingten Geländemarsches am 16. Juli 1997 eingetretenen so bezeichneten "Überlastungsschaden" geltend, weil er während einer mehrtägigen Übung einen schweren Rucksack getragen habe. Im Bundeswehrkrankenhaus U. wurden bei der anschließenden Untersuchung ein Supraspinatussehnensyndrom des rechten Schultergelenks und während der stationären Behandlung vom 22. Januar bis 10. Februar 1998 eine Läsion des Plexus brachialis unklarer Genese diagnostiziert.

Auf Antrag des Klägers anerkannten die Wehrbereichsverwaltung V unter Zugrundelegung des truppenärztlichen Gutachtens von Dr. M. mit Bescheid vom 24. April 1998 und das Versorgungsamt U. ausgehend von der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Medizinaldirektorin St. mit Bescheid vom 17. Juni 1998 "Reizzustände des Nervenwurzelgeflechts des rechten Armes" als Folgen der Wehrdienstbeschädigung. Die Gewährung einer Beschädigtengrundrente wurde abgelehnt, weil eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Umfang von wenigstens 25 vom Hundert (v. H.) nicht erreicht sei. Nach Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. Sp., Chefarzt der Orthopädischen Klinik der Klinik am Eichert in G. von Dezember 1999 verurteilte das Sozialgericht Ulm (SG) das Land B.-W. als Rechtsvorgänger der Beklagten (im Folgenden einheitlich: die Beklagte) im Verfahren S 5 VS 2267/98 mit Urteil vom 20. April 2000 zur Anerkennung weiterer Folgen der Wehrdienstbeschädigung. In Ausführung dieser Entscheidung stellten die Wehrbereichsverwaltung V und das Versorgungsamt U. mit ihren Bescheiden vom 15. August 2000 und 12. März 2001 ein "Impingementsyndrom der rechten Schulter bei chronischer Bursitis subdeltoidea rechts" fest. Eine MdE in rentenberechtigendem Umfang von wenigstens 25 v. H. werde nicht erreicht. Die Beklagte bewertete die Schädigungsfolgen auf der Grundlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. von April 2002 mit einer MdE von 10 v. H.

Sein im Rahmen der Kriegsopferfürsorge gefördertes Studium von September 2002 bis Februar 2007 als Diplom-Ingenieur (FH), Fachrichtung Optoelektronik, schloss der Kläger mit Diplomurkunde vom 4. April 2007 ab. Von März bis Anfang Juli 2007 war er in diesem Beruf bei der C. Z. AG auf dem Gebiet der Interferometrie tätig. Wiederum im Rahmen der Kriegsopferfürsorge wurde sein Studium zum Innovationsmanager an der Fachhochschule E. finanziell unterstützt, welches er Ende Februar 2011 mit dem Master abschloss.

Prof. Dr. S., Chefarzt der Neurologischen Klinik, Ch.-Bad G., erstattete im Auftrag des Landratsamtes G. ein Gutachten. Nach der ambulanten Begutachtung des Klägers am 6. September 2011 führte er aus, bei der von ihm durchgeführten klinisch-neurologischen und neurophysiologischen Untersuchung habe sich eine sichtbare Asymmetrie der rechten Schulter- und Oberkörpermuskulatur sowie eine leichte Einschränkung im Bereich der Beweglichkeit des Schultergelenkes gezeigt. Gleichwohl sei eine gute Kraftentwicklung im Bereich der rechten Körperhälfte mit nur geringer Seitendifferenz zu erkennen gewesen. Elektroneurographisch habe die von ihm geäußerte sensible Störung auf der Kleinfingerseite nicht bestätigt werden können. Die geschilderten Schmerzen würden von ihm einerseits mit hohen Dosen Diclofenac behandelt, andererseits sei er für die gutachtliche Empfehlung, die Beschwerden unter dem Postulat von neuropathischen Schmerzen etwa mit Gabapentin oder Pregabalin zu behandeln, nicht sehr empfänglich gewesen. In Bezug auf die vom Kläger berichtete geringere Leistungsfähigkeit gegenüber anderen Personen im Alltag sei während der Untersuchung nichts objektivierbar gewesen. Die beiden von ihm abgeschlossenen Studiengänge untermauerten eine mindestens normale Leistungsfähigkeit. Die noch bestehende Atrophie sei durch die Schonung der rechten Körperhälfte trotz Physiotherapie bedingt und sollte aktiv weiter "auftrainiert" werden. Klinisch-neurologisch sei keine maßgebende Veränderung eingetreten, insbesondere keine Verschlimmerung im Vergleich zu den Vorbefunden. Den Grad der Schädigungsfolgen (GdS) schätze er auf 10.

Die vom Kläger am 16. August und 10. Oktober 2007 gestellten Anträge, die MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit höher zu bewerten und eine "einkommensabhängige Beschädigtenrente" zu gewähren, waren vom Landratsamt G. mit Bescheid vom 12. Februar 2008 abgelehnt worden. Der Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2008 zurückgewiesen. Die hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage wurde im Verfahren S 2 VS 3384/08 mit Urteil vom 7. Juni 2010 abgewiesen.

Unter Hinweis darauf, dass sich in den letzten Jahren sein Gesundheitszustand signifikant verschlechtert habe, begehrte der Kläger gegenüber der Beklagten noch während des hiergegen angestrengten Berufungsverfahrens am 11. November 2010 die Erhöhung des GdS. Am 9. März 2011 beantragte er die Gewährung eines Berufsschadensausgleiches und die Höherbewertung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit. Das Landratsamt G. lehnte den Antrag auf Neufeststellung des Versorgungsanspruches von November 2010 mit Bescheid vom 13. Oktober 2011 ab. Klinisch-neurologisch habe sich keine maßgebende Veränderung ergeben, insbesondere keine Verschlimmerung gegenüber den Befunden, welche dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. Dr. Sp. von Dezember 1999 zugrunde gelegen hätten. Mit Bescheid vom 23. April 2012 lehnte das Landratsamt G. den Antrag des Klägers auf Höherbewertung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit von März 2011 ab. Mit Bescheid vom 24. April 2012 lehnte es seinen gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung eines Berufsschadensausgleiches ab. Die Widersprüche wurden vom Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheiden vom 2., 3. und 4. September 2013 zurückgewiesen.

Die Berufung gegen die Entscheidung des SG vom 7. Juni 2000 wies der Senat im Verfahren L 6 VS 4178/10 mit Urteil vom 21. Februar 2013 zurück. Die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs sei auf den Zeitraum vom 16. August 2007 bis 22. beziehungsweise 23. April 2012 beschränkt gewesen. Denn auf einen Folgeantrag des Klägers vom 9. März 2011 habe die Beklagte mit weiteren Bescheiden vom 23. und 24. April 2012 erneut die Leistungsgewährung versagt. Mit der Erteilung dieser Verwaltungsentscheidungen ende daher der Zeitraum, für welchen die erste mit Bescheid vom 12. Februar 2008 ablehnende Entscheidung ihre Wirkung entfalte. Die Verwaltungsakte von April 2012 seien auch nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einzubeziehen, weil die Ablehnung der Leistung kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung sei und mit Wirkung für die Zukunft weder geändert noch ersetzt werden könne. Im streitigen Zeitraum habe der Kläger keinen Anspruch auf eine Beschädigtengrundrente, weil die Folgen der Wehrdienstbeschädigung lediglich einen GdS von 10 bedingten. Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. S. sei hinsichtlich der Schädigungsfolgen keine maßgebende Veränderung eingetreten. Seine gutachtliche Einschätzung sei im Hinblick auf die von ihm erhobenen Befunde überzeugend. An pathologischen Funktionseinschränkungen sei lediglich in der Schulter bei der Abduktion eine auf 100° eingeschränkte Beweglichkeit und eine auf den Kraftgrad 5- rechts gegenüber links im Seitenvergleich leicht reduzierte Handkraft festgestellt worden. Ansonsten habe keine Einschränkung der oberen Extremitäten vorgelegen. Die Armeigenreflexe seien symmetrisch mittellebhaft erhalten gewesen. Die Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus medianus und des Nervus ulnaris sei jeweils beidseits unauffällig gewesen. Eine Erhöhung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit komme nicht in Betracht. Das Begehren des Klägers scheitere schon vor dem Hintergrund, dass es vorliegend für die Gewährung einer Beschädigtengrundrente einer Erhöhung des GdS um mindestens 15 bedürfe. § 30 Abs. 2 BVG sei eine Härteregelung, nach der nur ausnahmsweise individuelle berufliche Belastungen zur Erhöhung des GdS führten. Es entspreche der ständigen Übung in Verwaltung und Rechtsprechung, bei besonderer beruflicher Betroffenheit regelmäßig nur eine Erhöhung des GdS um 10 zuzubilligen. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Härte außergewöhnlich groß sei, komme eine Erhöhung des GdS um 20 in Betracht. Denn der Sinn des § 30 Abs. 2 BVG sei auch im Zusammenhang mit der in § 31 Abs. 1 BVG getroffenen Grundentscheidung zu sehen, Beschädigten zuzumuten, weniger erhebliche Einschränkungen ohne Entschädigung hinzunehmen, und eine Entschädigung erst ab einem GdS von 30 zu erhalten. Werden diese nach dem allgemeinen Arbeitsleben mit weniger als 30 bewertet, sei es grundsätzlich keine Härte, wenn Beschädigten keine Rente gezahlt werde. Solle im Einzelfall von der Grundentscheidung, erst ab einem GdS von 30 Rente zu gewähren, abgewichen werden, müssten besondere Gründe festgestellt werden. Solche seien vorliegend vor dem Hintergrund, dass beim Kläger kaum auf die Folgen der Wehrdienstbeschädigung zurückzuführende Funktionseinschränkungen objektivierbar seien, nicht ersichtlich. Sein Anspruch scheitere weiter daran, dass er sich bis 25. Februar 2011 in einer beruflichen Umschulungsmaßnahme befunden habe. Denn es gelte der Grundsatz "Rehabilitation vor Rente", welcher seinen Ausdruck in § 29 BVG finde. Seine Umschulung zum Innovationsmanager sei erfolgreich gewesen und er habe das Studium abschließen können, weshalb von der Zumutbarkeit und der Erfolgsaussicht der beruflichen Rehabilitationsmaße auszugehen sei. Dass der Kläger anschließend nicht auf eine entsprechende Arbeitsstelle habe vermittelt werden können, sei unerheblich. Für die Zeit ab 26. Februar 2011 habe der Kläger ebenfalls keinen Anspruch auf Erhöhung des GdS, weil er seither in der Lage sei, einen sozial gleichwertigen Beruf im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG auszuüben. Der im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung geltende Grundsatz, dass sich Versicherte immer auf einen Umschulungsberuf verweisen lassen müssten, gelte im Versorgungsrecht entsprechend. Wer erfolgreich umgeschult worden sei, könne jedoch nicht geltend machen, dieser sei nicht sozial gleichwertig. Im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung könne er bei dem Begehren nach einem Recht auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung bis 31. Dezember 2000 beziehungsweise auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 genauso wenig geltend machen, der Beruf sei nicht zumutbar. Dass der Kläger durch die Art der Folgen der Wehrdienstbeschädigung in seinem Umschulungsberuf als Innervationsmanager oder einem sozial gleichwertigen Beruf besonders betroffen sei, habe nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden können. Diesbezüglich stütze sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. L.-Sch. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von April 2012. Sie habe dargelegt, dass vor dem Hintergrund der aktenkundigen und nach Überzeugung des Senats zutreffenden Tätigkeitsbeschreibung der Hochschule E. in dem Beruf des Innovationsmanagers, bei der es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit handele, durch die Folgen der Wehrdienstbeschädigung aus ärztlicher Sicht keine wesentliche Beeinträchtigung zu erwarten sei. Gleiches gelte im Übrigen für den ersten Umschulungsberuf zum Ingenieur für Optoelektronik. Eine besondere berufliche Betroffenheit liege auch nicht deswegen vor, weil der Kläger im Anschluss an die Umschulung arbeitslos geblieben sei. Zwar seien nach der Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit von April 2012 die Integrationsaussichten des Klägers in Bezug auf eine Tätigkeit als Idea- und Innovationsmanager gering bis aussichtslos. Die Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine erfolgreiche Umschulung sei aber kein schädigungsbedingter beruflicher Nachteil. Für den streitigen Zeitraum habe dieser auch keinen Anspruch auf einen Berufsschadensausgleich. Denn die Gewährung eines solchen setze eine Rentenberechtigung voraus, woran es beim Kläger fehle.

Gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2013 und den Bescheid vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 hat der Kläger am 18. September 2013 beim SG Klage erhoben, welche unter dem Aktenzeichen (Az.) S 2 VS 3009/13 geführt worden ist. Er hat eine "Höherbewertung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit" und einen "Berufsschadensausgleich" begehrt. Gleichzeitig hat er Klage gegen den Bescheid vom 23. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 erhoben, welche das Az. S 2 VS 3010/13 getragen hat. In diesem Verfahren hat er eine "Höherbewertung des GdS" verfolgt.

Das SG hat Dr. B., Facharzt für Chirurgie, schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat im September 2015 ausgeführt, er behandle den Kläger seit Januar 2000. Auf unfallchirurgisch-orthopädischem Fachgebiet habe er nie einen wesentlichen Befund erheben können. Die Beschwerdesymptomatik werde allein durch neurologische Probleme geleitet. Seiner Ansicht nach habe dringlich eine neurologisch-psychiatrische Abklärung zu erfolgen. Von einer Rückkehr des Klägers in das Arbeitsleben sei sicher nicht auszugehen. Trotz einer intensiven krankengymnastischen Beschäftigungstherapie sei keine Besserung zu erwarten. Dr. B. hat zudem das sozialmedizinische Gutachten von A. M., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung B.-W., vom 30. August 2013 aus Anlass einer langfristigen Genehmigung von Heilmitteln nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgelegt, wonach der Bedarf einer fortlaufend gleichbleibenden Heilmitteltherapie über ein Jahr hinaus aus medizinischer Sicht weder sinnvoll noch plausibel sei. Nachvollziehbar sei jedoch die Notwendigkeit weiterer Therapien hinsichtlich des wechselnden Behandlungsverlaufes. Nach einer neurologischen Untersuchung im Juni 2013 habe sich eine eingeschränkte aktive und passive Beweglichkeit des rechten Armes mit Schmerzen im Schultergelenk, ein Schultertiefstand rechts und eine angedeutete Atrophie der Supra- und Infraspinatusmuskulatur gezeigt. Die Halsmuskulatur sei seitengleich gewesen. Die neurologische Untersuchung habe eine deutliche Besserung der "Tornister-Läsion" ergeben. Im jeweiligen Bereich des Musculus abductor pollicis und Biceps brachii habe keine sichere pathologische Veränderung vorgelegen. Nach den neurologischen Befundberichten von Juni 2013 hätten sich die neurogenen Folgeschädigungen der "Tornister-Läsion" deutlich gebessert, ohne Nachweisbarkeit von belangvollen nervalen Läsionen. Im Vordergrund hätten die angeführten Sekundärfolgen bei noch geringgradiger schmerzbedingter Beweglichkeitseinschränkung gestanden. Ferner hat Dr. B. den Bericht von Dr. K., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, übersandt, welcher nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 19. Juni 2013 eine Läsion des Plexus brachialis rechts (ICD-10 G54.9) diagnostiziert hat. Er habe vor Jahren eine Plexusläsion im Sinne einer "Tornister-Lähmung" erlitten. Es habe noch eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes und eine Schwäche der Armbewegungen bestanden. Sensibel sei lediglich ein Taubheitsgefühl im rechten Kleinfinger beklagt worden. Die neurogenen Folgeschädigungen der "Tornister-Läsion" hätten sich deutlich gebessert. Im Vordergrund hätten aktuell eher die Sekundärfolgen, möglicherweise im Rahmen einer Einsteifung des Gelenkes nach der Lähmung, vorgeherrscht.

Der Kläger hat ein Schreiben der Bundesagentur für Arbeit von August 2015 vorgelegt, wonach die Agentur für Arbeit G. nun nach seiner Zustimmung in anonymisierter Form zwei Stellengesuche in ihre Jobbörse eingestellt habe. Das erste habe sich auf die Berufe Idea- und Innovationsmanager, Produktmanager und Ingenieur - Technisches Management, das zweite auf die Berufe Technischer Kaufmann, Vertriebsassistent und Bürokraft/kaufmännische Kraft bezogen. In Bezug auf das erste Stellengesuch bestünden Vermittlungschancen als Innovationsmanager meist nur dann, wenn über eine langjährige Berufserfahrung und verhandlungssicheres Englisch verfügte werde. Ohne diese Kenntnisse werde eine Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt schwer gelingen. Die letzten Jahre hätten gezeigt, dass ihr für diesen Beruf so gut wie keine Stellen zur Vermittlung gemeldet worden seien. Sei dies der Fall gewesen, seien eine ausreichende Berufserfahrung und Englischkenntnisse als Anforderungsprofil genannt worden. Selbst mit derartigen Sprachkenntnissen schätze sie die Integrationschancen des Klägers als Innovationsmanager wegen seiner Erwerbsbiographie als eher gering bis nahezu aussichtslos ein. Ähnlich würden die Integrationschancen in den Alternativberufen Produktmanager und Ingenieur - Technisches Management bewertet. Insoweit setzten Arbeitgebende ebenfalls eine entsprechende Berufserfahrung beziehungsweise beim Produktmanager spezifische Produktkenntnisse voraus, welche beim Kläger nicht vorhanden seien. Bei der Bewertung der Integrationschancen bezüglich des zweiten Stellengesuches für die Berufe Technischer Kaufmann, Vertriebsassistent und Bürokraft/kaufmännische Kraft lägen ihrer Einschätzung nach die Chancen etwas höher. Es würden meist gute Anwendungskenntnisse für die Bürosoftware "MS-Office" gefordert, welche der Kläger mitbringe. Beim Technischen Kaufmann könne er technische Kenntnisse einbringen, wobei es sehr auf die Branche ankomme. Allerdings werde bei vielen von diesen Stellenangeboten, wie die letzte Zeit gezeigt habe, Berufserfahrung gefordert. Daher kämen am ehesten Stellen für Berufseinsteiger in Betracht, wobei jedoch die Erwerbsbiographie des Klägers ein Hemmnis für viele sei. Trotz der insgesamt eher schlechten Integrationsprognose werde sie ihre Vermittlungsbemühungen in den genannten Berufen fortsetzen.

In den erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger das im Zusammenhang mit seinem Begehren, ihm abermals eine Badekur zu gewähren, von der Beklagten eingeholte Gutachten von Dr. O.-K., Fachärztin für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, vorgelegt. Diese hat nach dessen ambulanter klinischer Untersuchung am 22. März 2016 ausgeführt, in Bezug auf die rechte Schulter seien das Zusammenklatschen beider Hände über dem Kopf und die volle Streckung des Gelenkes nicht möglich gewesen. Demgegenüber habe der Schürzen- und Nackengriff vorgenommen werden können. Es habe durch eine muskuläre Verkürzung infolge der Verletzung der rechten Schulter eine Streckhemmung des rechten Ellenbogens um etwa 10° bestanden.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage im Verfahren S 2 VS 3009/13 mit Gerichtsbescheid vom 14. Oktober 2016 abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf Gewährung einer Versorgung wegen der Wehrdienstbeschädigung nach einem GdS von mindestens 25 noch auf diejenige eines Berufsschadensausgleiches. Die bestandskräftig festgestellten Wehrdienstbeschädigungen "Reizzustände des Nervenwurzelgeflechtes des rechten Armes" und "Impingement-Syndrom der rechten Schulter bei chronischer Bursitis subdeltoidea rechts" rechtfertigten die vom Kläger begehrten Leistungen weiterhin nicht. Die Folgen der Wehrdienstbeschädigung erreichten lediglich einen GdS von 10. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. S. im Juni 2011 habe sich an pathologischen Befunden lediglich in der rechten Schulter bei der Abduktion eine auf 100° eingeschränkte Beweglichkeit und eine auf den Kraftgrad 5- rechts gegenüber links im Seitenvergleich leicht reduzierte Handkraft ergeben. Ansonsten habe keine Einschränkung der oberen Extremitäten bestanden. Die Armeigenreflexe seien symmetrisch mittellebhaft erhalten gewesen. Die Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus medianus und des Nervus ulnaris sei beidseits unauffällig gewesen. Bestätigung habe diese Einschätzung in der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. B. gefunden, wonach auf unfallchirurgisch-orthopädischem Gebiet nie ein wesentlicher Befund habe erhoben werden können. Die Beschwerdesymptomatik sei allein durch neurologische Probleme geleitet gewesen. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes sei ausweislich des Gutachtens von Dr. O.-K. nach der Begutachtung durch Prof. Dr. S. nicht eingetreten. Es seien lediglich die volle Streckung der rechten Schulter und das Zusammenklatschen beider Hände über dem Kopf nicht möglich gewesen. Es habe weiter infolge einer muskulären Verletzung der rechten Schulter eine Streckhemmung des rechten Ellenbogens um etwa 10° bestanden. Demgegenüber habe der Schürzen- und Nackengriff vorgenommen werden können. Die damit einhergehenden Funktionsstörungen erreichten unter Berücksichtigung der VG, Teil B, Nr. 18.13 keinen GdS von wenigstens 25. Mangels Rentenberechtigung habe der Kläger auch keinen Anspruch auf die Gewährung eines Berufsschadensausgleiches. Im Verfahren S 2 VS 3010/13 hat das SG die Klage ebenfalls nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 14. Oktober 2016 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Versorgung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit, wobei es im Wesentlichen die Argumentation des Senats im Urteil vom 21. Februar 2013 aufgegriffen hat.

Gegen beide Entscheidungen hat der Kläger am 9. November 2016 jeweils Berufung beim LSG eingelegt, welche zunächst unter den Az. L 6 VS 4106/16 und L 6 VS 4107/16 geführt worden sind. Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 sind die Rechtsstreitigkeiten unter dem Az. L 6 VS 4106/17 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, er könne beim besten Willen nicht nachvollziehen, worüber das SG im Verfahren S 2 VS 3009/13 entschieden habe. Er habe jedenfalls einen Berufsschadensausgleich und eine Höherbewertung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit begehrt. Wie die Bundesagentur für Arbeit mitgeteilt habe, sei bei ihm nie eine Umschulungsmaßnahme erfolgreich abgeschlossen worden. Dies sei erst der Fall, wenn das vermittelte Wissen und die erlernten Fähigkeiten ausreichend seien, eine Arbeitsstelle zu finden. Es sei von der Bundesagentur für Arbeit klar bekundet worden, dass seine Qualifikation nicht ausreichend sei, um den Beruf als Innovationsmanager auszuüben. Selbst die Richtlinien der Kriegsopferfürsorge führten in Bezug auf denjenigen des Mediziners an, dass eine berufliche Umschulung nicht mit dem Hochschulabschluss beendet sei. Denn nur mit zusätzlicher Promotion habe dieser eine reale Chance der Integration. Wie die letzten Jahre und viele tausende Bewerbungen gezeigt hätten, bestehe bei ihm keine Möglichkeit der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Für den Bereich Optoelektronik oder Lasertechnik bedürfe er einer Berufsassistenz, welche von der Beklagten jedoch immer wieder abgelehnt worden sei. Nur wenn er darauf zurückgreifen könne, habe er eine Möglichkeit, Berufserfahrung zu sammeln und eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Im Verfahren S 2 VS 3010/13 habe das SG ebenfalls über etwas entschieden, was er nicht begehrt habe. In diesem Verfahren sei es ihm nicht um einen Berufsschadensausgleich und die Höherbewertung des GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit, sondern allein um die Höherbewertung des GdS gegangen. Im gerichtlichen Verfahren sei bislang keine unabhängige, zeitnahe medizinische Begutachtung veranlasst worden, was in Anbetracht der nun durchgeführten Schmerztherapie erforderlich sei.

Er beantragt (sachgerecht),

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Ulm vom 14. Oktober 2016 und die Bescheide vom 13. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2013, vom 23. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 und vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Wehrdienstbeschädigung vom 16. Juli 1997 eine Beschädigtengrundrente, auch unter Berücksichtigung besonderer beruflicher Betroffenheit, und einen Berufsschadensausgleich zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, dieser dringe mit seinen Begehren nicht durch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (5 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers aufgrund der mündlichen Verhandlung am 3. August 2017 über seine Berufung entscheiden, da ordnungsgemäß zum Termin geladen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Mit der Terminsmitteilung wurde er darüber unterrichtet, dass im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die gemäß § 151 Abs. 1 in Verbindung mit § 105 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Halbsatz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten sowie auch im Übrigen zulässigen, insbesondere statthaften Berufungen des Klägers sind nicht begründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind die Gerichtsbescheide des SG vom 14. Oktober 2016, mit denen die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG; vgl. BSG, Urteile vom 15. Dezember 1999 - B 9 VS 2/98 R -, SozR 3-3200 § 81 Nr. 16 und 29. April 2010 - B 9 VS 1/09 R -, SozR 4-3100 § 16b Nr. 1) erhobenen Klagen, mit welchen der Kläger nach sachgerechter Auslegung seiner Begehren (§ 123 SGG), wie sie bereits das SG vornahm, unter Aufhebung der Bescheide vom 13. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2013, vom 23. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 und vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2013 die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Beschädigtengrundrente, auch unter Berücksichtigung besonderer beruflicher Betroffenheit, und eines Berufsschadensausgleiches verfolgt hat, abgewiesen wurden. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist für Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 - B 6 KA 34/08 R -, BSGE 104, 116 (124); Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche am 3. August 2017 stattfand.

Die Beklagte ist nach der Änderung des § 88 Abs. 1 Satz 1 SVG, wonach die Soldatenversorgung aufgrund des Gesetzes zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des SVG (§§ 80 bis 86) auf den Bund vom 15. Juli 2013 (BGBl I S. 2416) nunmehr von Behörden der Bundeswehrverwaltung durchgeführt wird, seit dem 1. Januar 2015 auch für in der Vergangenheit geltend gemachte Ansprüche für die Ausführung des BVG zuständig, es sei denn, was hier nicht der Fall ist, die Versorgung besteht in Leistungen nach §§ 25 bis 27j BVG. Insoweit kommt es nicht auf die nach früherer Rechtslage zu treffende Zuständigkeitsabgrenzung zwischen der Bundeswehrverwaltung und den damals noch für die Ausführung des BVG zuständigen Behörden nach § 88 SVG alte Fassung an, also ob es um die Feststellung von Folgen einer Wehrdienstbeschädigung geht, die bereits während des Wehrdienstes vorgelegen haben oder die erst nach dessen Ende aufgetreten sind (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 9 V 1/15 R - juris, Rz. 14; Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, juris, Rz. 32; zur früheren Rechtslage BSG, Urteil vom 29. April 2010 - B 9 VS 2/09 R -, SozR 4-3200 § 88 Nr. 4, Rz. 33 ff.).

Die Berufungen sind unbegründet, da der Kläger weder Anspruch auf eine Beschädigtengrundrente, auch unter Berücksichtigung besonderer beruflicher Betroffenheit, noch auf einen Berufsschadensausgleich wegen der Wehrdienstbeschädigung vom 16. Juli 1997 hat. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind daher rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Der Anspruch auf Gewährung einer Beschädigtengrundrente richtet sich nach § 80, § 81 SVG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, § 30, § 31 BVG, einen solchen hat der Kläger nicht, auch nicht wegen besonderer beruflicher Betroffenheit, § 30 Abs. 2 BVG.

Ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, erhält gemäß § 80 Satz 1 SVG nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine Wehrdienstbeschädigung ist nach § 81 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS - bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als MdE bezeichnet - nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Nachdem für die Beurteilung der MdE und des GdS dieselben Grundsätze gelten, wird im Folgenden allein auf die Beurteilung des GdS Bezug genommen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, juris, Rz. 42; Dau, in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2).

Durch diese gesetzlichen Bestimmungen ist nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum für die Anerkennung von Schädigungsfolgen, welche eine Beschädigtengrundrente stützen können, eine dreigliedrige Kausalkette vorgegeben: Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung geführt haben, welche wiederum die geltend gemachte Schädigungsfolge bedingt haben muss. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 3/13 R -, SozR 4-3200 § 81 Nr. 6, Rz. 14 m. w. N.), wie dies § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung normiert. Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 und 12 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08, S. 3 f.) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, SozR 4-7945 § 3 Nr. 1, Rz. 17). Ein Gesundheitsschaden muss darüber hinaus nicht nur sicher feststehen. Er muss auch durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (z. B. ICD-10, DSM IV) unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet werden können (Urteil des Senats vom 17. Dezember 2015 - L 6 VS 2234/15 -, juris, Rz. 33 m. w. N.). Der Senat orientiert sich bei der Beurteilung von MdE und GdS für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 an den im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteile vom 29. August 1990 - 9a/9 RVs 7/89 -, BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, vom 23. Juni 1993 - 9/9a RVs 1/91 -, BSGE 72, 285, vom 9. April 1997 - 9 RVs 4/95 -, SozR 3-3870 § 4 Nr. 19 und vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R -, BSGE 190, 205) AHP in der jeweils geltenden Fassung, danach an den VG (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, juris, Rz. 43).

Die Folgen der Wehrdienstbeschädigung vom 16. Juli 1997 sind nicht mit Funktionsbeeinträchtigungen verbunden, welche nach den VG, insbesondere Teil B, Nr. 18.13, einen GdS von wenigstens 25 bedingen. Sie sind demgegenüber weiterhin mit einem solchen von 10 ausreichend bewertet. Jedenfalls bis 22. April 2012 steht nach der rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 21. Februar 2013 im Verfahren L 6 VS 4178/10 (vgl. juris, Rz. 33) aufgrund des bestandskräftigen Verwaltungsaktes vom 12. Februar 2008 bindend (§ 77 SGG) fest, dass der Kläger keine Recht auf Beschädigtengrundrente hat. Für die Zeit danach stützt sich der Senat auf die Begründung des SG in der angefochtenen Entscheidung im Verfahren S 2 VS 3009/13, der er sich nach eigener Überzeugungsbildung anschließt, und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Hierzu hat der Kläger im Berufungsverfahren nichts Substanzielles vorgetragen. Trotz der im "Schmerzzentrum Kirchheim" durchgeführten Schmerztherapie ist eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG) solange nicht veranlasst, wie die behandelnden Ärzte selbst von keiner Verschlimmerung der wehrdienstbedingen Gesundheitsstörungen ausgehen, was der Senat ebenso wie das SG auch den von Dr. O.-K. und Dr. B. erhobenen Befunden entnimmt. Dies gilt umso mehr, als die Schmerzen vorliegend bestenfalls neurologisch zu erklären wären. Eine neurologische Untersuchung im Juni 2013 ergab indes eine deutliche Besserung der "Tornister-Läsion", ohne dass belangvolle nervale Läsionen überhaupt nachweisbar waren. Im Vordergrund standen die Sekundärfolgen bei noch geringgradiger schmerzbedingter Einschränkung der Beweglichkeit, wie A. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. in seinem Gutachten von August 2013 schlüssig aufgezeigt hat.

Eine Erhöhung des GdS von 10 wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit kommt nicht in Betracht. Rechtsgrundlage hierfür ist § 30 Abs. 2 BVG. Der Grad der Schädigungsfolgen ist danach höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird (Satz 1). Das ist nach Satz 2 insbesondere der Fall, wenn auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann (Nr. 1), zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind (Nr. 2), oder die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat (Nr. 3). Das Begehren des Klägers scheitert bereits vor dem Hintergrund, dass es vorliegend für die Gewährung einer Beschädigtengrundrente einer Erhöhung des GdS um mindestens 15 bedürfte, was vorliegend fernliegt. Ferner scheitert eine Erhöhung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit daran, dass er in der Lage ist, einen sozial gleichwertigen Beruf im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG auszuüben, wobei nicht entgegensteht, dass er im Anschluss an die Umschulung arbeitslos geblieben ist, weshalb sich trotz der neuerlichen Auskunft der Bundesagentur für Arbeit von August 2015 keine besondere berufliche Betroffenheit ergibt. Hiermit hat sich der Senat bereits ausführlich in seiner den Kläger betreffenden Entscheidung vom 21. Februar 2013 befasst. An der Auffassung wird weiterhin festgehalten.

Der Kläger hat ebenfalls keinen Anspruch auf einen Berufsschadensausgleiches, dessen Voraussetzungen in § 30 Abs. 3 BVG bestimmt sind. Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten danach nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6. Die Bewilligung eines Berufsschadensausgleiches setzt damit eine Rentenberechtigung voraus, woran es im Falle des Klägers fehlt.

Nach alledem waren die Berufungen des Klägers zurückzuweisen.

Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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