L 2 AS 488/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 2 AS 950/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 488/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 360/17 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.01.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes.

Der 1973 geborene Kläger ist diplomierter Wirtschaftsingenieur. Er ist alleinstehend und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - Arbeitslosengeld II - nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Mit Bescheid vom 11.04.2016 wurde sein Arbeitslosengeld II wegen Verstoßes gegen die Pflichten aus einem für den Zeitraum 10.02.2016 bis 09.08.2016 erlassenen Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.02.2016 für den Zeitraum 01.05.2016 bis 31.07.2016 um 30% des Regelbedarfs gemindert. Mit weiterem Bescheiden vom 03.05.2016 bzw. vom 03.06.2016 wurde das Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 01.06.2016 bis 31.08.2016 um 60% des Regelbedarfs und für den Zeitraum 01.07.2016 bis 30.09.2016 um 100% gemindert. Im nachfolgenden Klageverfahren wurden die Sanktionen um 60 % und 100 % aufgehoben. Hinsichtlich der Kürzung um 30 % des Regelbedarfs hatte das Klageverfahren keinen Erfolg.

Mit Bescheid vom 13.09.2016 wurden dem Kläger für den Zeitraum 01.10.2016 bis 30.09.2017 monatlich 404,- Euro Regelleistungen gewährt. Im Rahmen eines am 26.08.2016 geführten Beratungsgesprächs zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung im Anschluss an den auslaufenden Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.02.2016 wurde er zu seinen aktuellen Vorstellungen zur Arbeitsaufnahme befragt. Der Kläger teilte diesbezüglich mit, dass er mit seinem erlernten Beruf zufrieden sei und auch problemlos eine hoch bezahlte Stelle finden könne, das aktuelle Wirtschaftssystem aber nicht unterstützen möchte. Den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung lehne er ab. Dem Kläger wurde dennoch der Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung mit der Bitte mitgegeben, sich in Ruhe zu überlegen, ob er diese unterschreiben könne. Es wurde eine Frist bis zum 31.08.2016 eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist ohne weitere Reaktion des Klägers erließ der Beklagte am 14.09.2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum 14.09.2016 bis 13.03.2017. Dieser Eingliederungsverwaltungsakt sah unter anderem vor, dass der Kläger bis zum 30.09.2016 eine vollständig aktualisierte Bewerbungsmappe vorlegt und sich bis zum 01.10.2016 dreimalig und anschließend monatlich fünf Mal um eine Arbeitsstelle bemüht und diese Bemühungen in einem Aktionsplan festhält, den er dem Beklagten jeweils zum Monatsersten, erstmalig am 01.10.2016, vorlegt. Der Beklagte bot dem Kläger im Gegenzug Beratungsgespräche und die Übernahme von Fahrt- und Bewerbungskosten an. Er wollte dem Kläger außerdem nach Abgleich des Bewerberprofils des Klägers mit Stellenangeboten geeignete Stellen vorschlagen und eine Einstellung bei entsprechenden Voraussetzungen durch Eingliederungszuschüsse bzw. mit einem Einstiegsgeld unterstützen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 Bezug genommen.

Der Kläger legte gegen den Eingliederungsverwaltungsakt am 29.09.2016 Widerspruch ein. Dieser Verwaltungsakt und die dort angedrohte Sanktion seien rechtswidrig und nichtig. Ihm stehe das staatlich garantierte Existenzminimum zu. Der Entzug dieses Existenzminimums sei grundrechtswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt sei nicht zu beanstanden.

Mit Sanktionsbescheid vom 12.10.2016 stellte der Beklagte nach Anhörung eine Minderung des Arbeitslosengeldes II um 60 % des maßgebenden Regelbedarfs (242,40 Euro monatlich) für den Zeitraum 01.11.2016 bis 31.01.2017 fest. Der Kläger habe entgegen der im Verwaltungsakt vom 14.09.2016 festgelegten Pflichten keine Bewerbungsmappe bis zum 30.09.2016 vorgelegt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 zurück. Die daraufhin vom Kläger vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Urteil vom 26.01.2017 (S 2 AS 949/16) ab. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat zurückgewiesen (L 2 AS 489/17 NZB).

Gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 hat der Kläger am 25.10.2016 ebenfalls Klage erhoben. Das Sozialgericht hat auch diese Klage mit Urteil vom 26.01.2017 abgewiesen. Der Eingliederungsverwaltungsakt sei rechtmäßig und erfülle die Voraussetzungen des § 15 SGB II. Die Regelungen seien auch nicht verfassungswidrig.

Mit weiterem Sanktionsbescheid vom 14.02.2017 hat der Beklagte das Arbeitslosengeld II des Klägers wegen Verstoßes gegen die Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 für den Zeitraum 01.03.2017 bis 31.05.2017 um 100 % gemindert. Den hiergegen erhobenen Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2017 zurückgewiesen. Der Kläger hat auch hiergegen Klage erhoben.

Gegen das ihm am 14.02.2017 zugestellte Urteil des Sozialgerichts vom 26.01.2017 hat der Kläger am 13.03.2017 Berufung eingelegt. Er beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.01.2017 abzuändern und den Bescheid vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 aufzuheben.

Zur Begründung macht der Kläger geltend, sein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums werde durch die angedrohte Sanktionierung massiv verletzt. Hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Bedenken sei ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig (1 BvL 7/16). Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei der Eingliederungsverwaltungsakt nichtig. Die Auffassung des Senats, das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums könne an die Einhaltung von Mitwirkungspflichten geknüpft werden, sei unzutreffend. Sie verstoße gegen das Grundrecht auf Selbstbestimmung und Vertragsfreiheit (Artikel (Art.) 2 Grundgesetz (GG)) und auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG).

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.01.2017 zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten. Die Akten haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung.

II.
1. Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, die dazu führt, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung regelmäßig nicht vorliegen (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R, RdNrn. 9 ff bei juris), ist nicht gegeben. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich und deren Klärung auch durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 RdNr. 6). Klärungsfähigkeit setzt dabei voraus, dass die klärungsbedürftige Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall erheblich ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 RdNr. 9). Eine solche entscheidungserhebliche Rechtfrage wirft der Fall nicht auf.

Aktuell noch nicht höchstrichterlich geklärt ist hier lediglich die Frage, ob in der vorliegenden Konstellation eine Anfechtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage die statthafte Klageart ist (siehe hierzu unter 2.). Diese Frage ist für das Verfahren aber nicht entscheidungserheblich, weil bei unstatthafter Anfechtungsklage die Möglichkeit besteht, die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG fortzuführen und im Rahmen dieser Klageart zu prüfen, ob der Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig ist. Dies ist grundsätzlich möglich und statthaft (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 45/15 R, RdNr. 18 bei juris). Die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage lägen auch vor, da dem Kläger weitere Eingliederungsverwaltungsakte mit vergleichbarem Inhalt konkret drohen, so dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in der Form der Wiederholungsgefahr gegeben ist. Diese liegt vor, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergehen wird (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R, RdNr. 16 bei juris). Die Klage bleibt daher unabhängig von der Entscheidung des Senats, welche Klageart hier statthaft ist, zulässig, da die Umstellung einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage keine Klageänderung und daher auch im Revisionsverfahren noch möglich ist (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R, RdNr. 12 bei juris). Die Frage der statthaften Klageart ist damit aber für die Entscheidung in diesem Verfahren nicht entscheidungserheblich.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich auch nicht aus dem beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren (1 BvL 7/16). Allein der Umstand, dass ein erstinstanzliches Gericht eine Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, begründet nicht zwingend eine grundsätzliche Bedeutung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 RdNr. 9a). Der Senat geht davon aus, dass die dortige Fragestellung bereits hinreichend geklärt ist (vgl. hierzu unter 3.).

2. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 erhobene Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG ist zulässig aber unbegründet.

Der Eingliederungsverwaltungsakt hat sich nicht durch Zeitablauf nach § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt, denn er entfaltet noch Regelungswirkungen, weil der Beklagte auf die Verletzung der Pflichten aus diesem Eingliederungsverwaltungsakt zwei Sanktionsbescheide (12.10.2016 und 14.02.2017) gestützt hat und das Klageverfahren gegen den letzten Sanktionsbescheid noch anhängig ist (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.06.2017 - L 25 AS 1631/16, RdNr. 63 bei juris). Die Regelungen im Eingliederungsverwaltungsakt entfalten damit weiterhin Rechtswirkungen und der Kläger ist trotz des Zeitablaufs durch diese Regelungen weiterhin beschwert (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Klage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil gegen den wegen eines Verstoßes gegen den Eingliederungsverwaltungsakt ergangenen Sanktionsbescheid vom 14.02.2017 noch ein Klageverfahren anhängig ist, in dem die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes inzidenter zu prüfen ist. Weil der Verwaltungsakt unabhängig vom rechtlichen Schicksal des Sanktionsbescheides noch Rechtswirkungen entfaltet, muss eine Prüfung seiner Rechtmäßigkeit auch unabhängig von dem Verfahren gegen diesen Sanktionsbescheid erfolgen können. Hierfür spricht auch, dass unklar ist, ob in dem Verfahren gegen den Sanktionsbescheid überhaupt eine Inzidenterprüfung erfolgen wird, weil sich dieser auch aus anderen Gründen als rechtswidrig erweisen kann (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.06.2017 - L 25 AS 1631/16, RdNr. 63 bei juris).

3. Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil der Eingliederungsverwaltungsakt vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage für den Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes ist § 15 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB II (in der Fassung vom 01.08.2016, BGBl I S. 1824). Danach sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, wenn eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 2 SGB II nicht zustande kommt. Dies war hier der Fall, weil der Kläger sich grundsätzlich weigert, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen und den ihm vorgelegten Entwurf aus diesem Grund nicht unterzeichnet hat. Unterzeichnet ein Leistungsberechtigter einen ihm unterbreiteten Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung nicht, besteht jedenfalls deshalb Raum für den Erlass eines ersetzenden Eingliederungsverwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 11 bei juris mwN). Dies muss insbesondere im Fall einer grundsätzlichen Weigerung gelten, weil sich dann weitere Verhandlungen über den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung erübrigen.

Die bei der Ersetzungsentscheidung zu treffenden Ermessenserwägungen hat der Beklagte beachtet. Die ersetzenden Regelungen sind im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, wie dies für die konsensuale Eingliederungsvereinbarung gilt (BSG, Urteile vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 12 bei juris). Auch die Regelungen eines Eingliederungsverwaltungsaktes müssen daher den Anforderungen genügen, die sich aus § 15 Abs. 2 SGB II ergeben. Zu beachten ist außerdem, dass der Eingliederungsverwaltungsakt als öffentlich-rechtlicher Vertrag den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X unterliegt. Danach muss die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde verpflichtet, "den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen". Dies erfordert, dass die Konkretisierung der Eigenbemühungen des Leistungsempfängers nur zulässig ist, wenn ihr eine angemessene vertragliche Leistung der Behörde, also der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II gegenübersteht (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 13 bei juris).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt gerecht. Die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten sind dem gut ausgebildeten und körperlich nicht beeinträchtigten Kläger zumutbar. Der Senat verweist diesbezüglich auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts vom 26.01.2017 (§ 153 Abs. 2 SGG). Diesen Pflichten stehen auch ausreichend individualisierte Unterstützungsleistungen zur Eingliederung in Arbeit durch den Beklagten gegenüber. Dies ist nicht der Fall, wenn über den Verweis auf die Rechtsansprüche der Erstattung von Bewerbungskosten und Fahrtkosten hinaus keine konkreten Eingliederungsleistungen bezeichnet werden, ohne dass dies von hinreichenden Ermessenserwägungen getragen wäre (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R, RdNr. 21 bei juris). Ein Verstoß ist daher anzunehmen, wenn der Obliegenheit des Klägers zu individuellen, konkreten und verbindlichen Bewerbungsbemühungen keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen des Beklagten gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R, RdNrn. 21 ff. bei juris). Solche individuellen Unterstützungsleistungen sieht der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt indes vor. Er legt fest, dass es neben der Erstattung von Fahrt- und Bewerbungskosten unter anderem Aufgabe des Beklagten ist, einen Abgleich des Bewerberprofils des Klägers mit Stellenangeboten durchzuführen und diesen für geeignete Stellen vorzuschlagen. Daneben wird bei entsprechenden Voraussetzungen die Unterstützung einer Einstellung durch Eingliederungszuschüsse oder mit einem Einstiegsgeld festgelegt. Diese Leistungsangebote des Beklagten sind gerade auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich nachhaltig weigert, eine Beschäftigung in diesem Wirtschaftssystem aufzunehmen, als ausreichend anzusehen. Noch konkretere Eingliederungszusagen sind vor dem Hintergrund dieser Weigerung nicht möglich.

Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes. Konkrete Einwände gegen die diesbezüglichen Feststellungen des Sozialgerichts hat der Kläger auch nicht erhoben. Er macht vielmehr geltend, dass die Handlungsform des Eingliederungsverwaltungsaktes gegen sein Selbstbestimmungsrecht und die damit verbundenen Sanktionen gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verstoßen. Dem schließt sich der Senat nicht an. Grundlegende Bedenken gegen die Handlungsform des Eingliederungsaktes und die dort getroffenen Verpflichtungen des Leistungsberechtigten bestehen aus seiner Sicht nicht (so auch BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 45/15 R, RdNr. 14 bei juris).

Ein Verstoß gegen die nach Art. 2 GG grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kläger gerade nicht zum Abschluss eines Vertrages gezwungen wird, sondern bei fehlender Einigung ein Verwaltungsakt ergeht, den der Kläger gerichtlich überprüfen lassen kann (vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 15.11.2012 - L 4 AS 73/12, RdNr. 22 bei juris; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2015 - L 12 AS 1884/15 B ER, RdNr. 17 bei juris). Auch ein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl bzw. -ausübung (Art. 12 GG) ist nicht erkennbar. Fraglich ist bereits, ob der Schutzbereich des Art. 12 GG überhaupt betroffen ist. Selbst wenn ein solcher Eingriff in den Schutzbereich wegen der Sanktionsandrohungen im Falle eines Verstoßes gegen die an den Kläger gerichteten Pflichten angenommen werden könnte, wäre dieser aber gerechtfertigt, weil die Verpflichtungen durch den allgemeinen Grundsatz im SGB II, dass jeder Leistungsempfänger seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen und alle Möglichkeiten zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss (§ 2 SGB II), gerechtfertigt sind. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat diesbezüglich bereits für die entsprechenden Vorschriften im Bundessozialhilfegesetz festgestellt, dass der Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, mit höherrangigem Recht vereinbar ist und nicht im Widerspruch zu Art. 12 GG steht ( vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.02.1979 - 5 B 114/78, RdNr. 5 bei juris mwN). Dem schließt sich der Senat an (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.02.2014 - L 19 AS 749/13, RdNr. 35 bei juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2015 - L 12 AS 1884/15 B ER, RdNrn. 17 f. bei juris).

Auch das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums wird durch die dort angedrohten Sanktionen nicht verletzt. Dieses Grundrecht folgt aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Es sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz, für die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischem Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, RdNrn. 133 ff. bei juris). Dies bedeutet aber nicht, dass die Leistungen voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 51 bei juris, unter Hinweis auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09, RdNr. 13 bei juris). Bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums steht dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, RdNr. 138 bei juris), der ihn verfassungsrechtlich nicht daran hindert, die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II an (Mitwirkungs-) Obliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 52 bei juris). Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht aktuell mit Urteil vom 12.05.2017 nochmals bestätigt und erneut festgestellt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums den Gesetzgeber nicht daran hindert, die uneingeschränkte Gewährung existenzsichernder Leistungen an die Einhaltung von Mitwirkungspflichten zu knüpfen (Pressemitteilung 23/2017 vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R).

Eine andere Auslegung würde letztlich zu einem Recht auf eine voraussetzungslose steuerfinanzierte Staatsleistung (sogenanntes bedingungsloses Grundeinkommen) führen; eine solche Entscheidung muss aber dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 53 bei juris). Dieser ist aber bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem SGB II davon ausgegangen, dass der Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss, und hat die fehlende Bereitschaft hierzu an für diesen negative Konsequenzen geknüpft. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange die unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, RdNr. 54 bei juris; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.07.2016 - L 11 AS 162/16, RdNr. 20 bei juris; Berlit in LPK-SGB II, § 31 RdNr. 13 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat geht insbesondere unter Bezugnahme auf die Ausführungen unter 1. nicht von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aus.
Rechtskraft
Aus
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