Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2082/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 312/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) Handel und Warenlogistik (Beklagte) die behördliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der 1979 geborene Kläger ist Staatsangehöriger und Einwohner der Republik P ... Zur Zeit des streitigen Ereignisses war er als Lkw-Fahrer bei einem Speditionsunternehmen mit Sitz in S.-H. beschäftigt. Am 8. Dezember 2015 lieferte er in dieser Eigenschaft Güter an einen Betrieb der Volkswagen AG (VW) in H. aus. Dort musste er auf die Entladung warten. Ausweislich der später zur Akte gereichten Fahrerkarte seines Tachografen (Fahrtenschreiber) wurde sein Fahrzeug zuletzt von 18:06 bis 18:11 Uhr bewegt (Eintragung auf Polnisch: "Jazda" ["Fahrt"]). Ab 18:11 Uhr (bis 19:38 Uhr) zeichnete das Gerät "Arbeit" bei stehendem Fahrzeug ("Praca") auf. Gegen 19:15 Uhr wurde der Kläger von einer nicht bekannten Person bewusstlos und mit schweren Kopfverletzungen liegend neben seinem Lkw aufgefunden. Der herbeigerufene Notarzt beobachtete "zuckende Bewegungen" und äußerte den Verdacht auf einen Grand-mal-Anfall (Behandlungsbericht des KRH-Klinikums N. in H. vom 23. Dezember 2015). Der Kläger wurde in einem Rettungswagen ins Krankenhaus transportiert. Während der Fahrt erlitt er einen weiteren Anfall, der mit Midazolam (ein Benzodiazepin) beendet wurde. Der Notarzt berichtete, der Kläger sei außerhalb seines Lkw plötzlich aus dem Stand umgefallen (zu allem Kurzbericht des Klinikums vom 8. Dezember 2015). Bei Einlieferung gegen 20:45 Uhr war er somnolent, reagierte aber auf Lichtreize. Eine Kommunikation war nicht möglich, wobei hierzu später auch auf fehlende Deutschkenntnisse hingewiesen wurde (vgl. Bericht des Klinikums vom 16. Dezember 2015). Die wegen des Verdachts auf einen epileptischen Anfall veranlasste EEG-Untersuchung ergab einen regelgerechten Befund. Eine antikonvulsive Therapie wurde nicht durchgeführt. Bei dem Kläger wurden ein Schädel-Hirn-Trauma mit bifrontaler basaler Kontusion und traumatischer Subachnoidalblutung, eine Schädelkalottenfraktur links, eine Orbitafraktur links, eine Fraktur des Felsenbeins (Teil des Schläfenknochens) links und eine posttraumatische, persistente Anosmie (Verlust des Geruchssinns) diagnostiziert. Bei der Entlassung aus dem Klinikum am 23. Dezember 2015 war der Kläger kardio-pulmonal stabil, neurologisch defizitfrei und selbstständig mobil (Bericht vom 23. Dezember 2015).
Die Behandlung wurde bei der gesetzlichen Krankenkasse des Klägers, der AOK N.-W., abgerechnet. Dieser gegenüber gab der Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2016 an, es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, der auch von einer Überwachungskamera des Betriebs, in dem er angeliefert habe, aufgenommen worden sei. Als Zeuge komme ein Mitarbeiter an der dortigen "Halle 44" in Betracht. Daraufhin zeigte die AOK N.-W. mit Schreiben vom 9. Februar 2016 bei der BG Verkehrswirtschaft P.-Logistik T. einen Arbeitsunfall an. Diese BG leitete die Anzeige am 15. Februar 2016 an die Beklagte weiter.
Auf Nachfrage der Beklagten erstattete die Arbeitgeberin am 24. Februar 2016 eine betriebliche Unfallanzeige, wobei sie angab, sie habe bislang keine schriftliche Stellungnahme des Klägers erhalten, nach einer mündlichen Aussage könne er sich an den Unfall nicht erinnern. In dem Unfallfragebogen vom 19. Februar 2016 gab dieser ebenfalls an, er könne sich nicht erinnern, wahrscheinlich sei er von seinem Lkw abgestürzt.
Mit Bescheid vom 3. März 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe keinen Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung. Es liege kein Arbeitsunfall vor. Vielmehr sei von einem "Unfall aus innerer Ursache" auszugehen. Er sei plötzlich umgefallen, als er auf dem Boden gestanden habe, dem habe ein epileptischer Anfall zu Grunde gelegen. Der Bescheid wurde an die polnische Anschrift des Klägers versandt und nannte eine Widerspruchsfrist von drei Monaten.
Der Kläger erhob am 25. April 2016 über seinen in Deutschland ansässigen Prozessbevollmächtigten Widerspruch, wobei er vortrug, er habe den Bescheid am 10. April 2016 erhalten. Eine Begründung wurde in gesetzter Frist nicht abgegeben. Daraufhin erließ die Beklagte über ihre in Berlin ansässige Regionaldirektion Ost den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2016, den sie dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zustellte. Als Klagefrist nannte dieser Bescheid drei Monate ab Bekanntgabe, als zuständiges Gericht das Sozialgericht Mannheim (SG).
Dort hat der Kläger am 13. Juli 2016 Klage beim SG erhoben. Er hat zunächst (Schriftsatz vom 28. September 2016) weiter vorgetragen, er könne sich an den Hergang nicht erinnern. Er hat bei dem SG die bereits erwähnte Fahrerkarte seines Tachografen vorgelegt.
Das SG hat von der Werksleitung des VW-Betriebs in H., in dem der Unfall geschehen war, die Auskunft vom 12. Oktober 2016 eingeholt. Darin ist mitgeteilt worden, es könnten keine Angaben gemacht werden. Der Kläger sei bewusstlos an seinem Lkw aufgefunden worden, wor-aufhin wie üblich die Alarmkette in Gang gesetzt worden sei. Der Bereich des Unfalls sei nicht mit einer Überwachungskamera ausgestattet.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Es sehe keine Möglichkeit, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Es bleibe daher unklar, ob der Sturz des Klägers in rechtlich wesentlicher Weise auf die versicherte Tätigkeit oder auf eine innere Ursache zurückzuführen sei, wobei die Beobachtungen des Notarztes (zuckende Bewegungen) auf ein Anfallsgeschehen hindeuteten, sodass es nahe liege, dass er einen epileptischen Anfall erlitten habe. Einen "Betriebsbann", wonach alle Unfälle während der Arbeit oder auf dem Gelände des Betriebs versichert seien, kenne das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nur in der Schifffahrt, nicht aber im allgemeinen gewerblichen Bereich.
Am 17. Januar 2017 ist bei dem SG ein Schriftsatz eingegangen, in dem der Prozessbevollmächtigte vorgetragen hat, der Kläger werde therapiert und es gebe in der letzten Zeit die ersten Anzeichen der Erinnerung an den Unfall. Es sei ihm inzwischen gegenwärtig, dass er von seinem Lkw abgerutscht bzw. gestolpert sei.
Gegen den Gerichtsbescheid, der seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Januar 2017 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 25. Januar 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Würt-temberg (LSG) erhoben. Er hat auf seinen Schriftsatz vom 17. Januar 2017 verwiesen. Nach Hinweisen des Senats auf die Beweislast und die notwendige Substanziierung des Vortrags hat er unter dem 6. März 2017 ergänzend vorgetragen, er könne sich nunmehr auch daran erinnern, er sei während des Wartens in der Halle auf den Lkw aufgestiegen, weil er den Eindruck gehabt habe, dass einer der Sicherheitsgurte nicht korrekt angelegt worden sei. Dabei sei er abgerutscht und aus etwa 1,5 m Höhe auf den Boden gestürzt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Januar 2017 und den Bescheid vom 3. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2016 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 8. Dezember 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Keiner der beiden Klageanträge war nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Die primär begehrte behördliche Feststellung ist schon keine Geld-, Sach- oder Dienstleistung im Sinne dieser Vorschrift. Und der daneben gestellte Leistungsantrag betrifft bei sachgerechter Auslegung laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Einschlägig war hier die allgemeine Monatsfrist, da der Gerichtsbescheid nicht im Ausland zugestellt worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Frist ist eingehalten worden.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Soweit der Kläger mit seinem zweiten Antrag eine Verurteilung zur Gewährung von "Leistungen" begehrt, ist seine Klage bereits unzulässig. Dieser Antrag ist zu unbestimmt (§ 92 Abs. 1 Satz 3 SGG). Insoweit begehrt er ein Grundurteil (§ 130 Abs. 1 SGG) über Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 26 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Einem solchen Grundurteil sind aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R -, juris, Rz. 12) nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich, während z.B. eine Heilbehandlung, da es sich insoweit um eine Ermessensentscheidung der Beklagten handelt, mit einem Verpflichtungsantrag (Bescheidungsklage) begehrt werden muss (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Oktober 2015 – L 8 U 1345/14 –, juris, Rz. 37, vgl. auch Urteil des Senats vom 20. Oktober 2016 - L 6 U 1763/14 -, juris, Rz. 44). Sofern - wie hier - noch die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in Streit steht, ist ein Leistungsantrag ohnehin in aller Regel nicht notwendig. Für einen Versicherten reicht es aus, zunächst die Feststellung des Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) und darauf aufbauend die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen zu begehren und erst im Anschluss Leistungen wie Heilbehandlung, Verletztengeld und/oder Verletztenrente zu beantragen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 17/14 R-, juris, Rz. 13; Urteil des Senats vom 15. Dezember 2016 – L 6 U 1099/16 –, juris, Rz. 38).
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Sie ist in der nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG einschlägigen Monatsfrist ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 2 SGG) erhoben worden, sodass es unerheblich ist, ob die Widerspruchsbelehrung der Beklagten, die eine Frist von drei Monaten nannte, obwohl der Widerspruchsbescheid ebenfalls nicht im Ausland bekanntgegeben wurde, unrichtig im Sinne von § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG war.
Ferner kann der Kläger eine Verurteilung zu einer behördlichen Feststellung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGG begehren. Für einen solchen Antrag besteht ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis. Ein Versicherter ist nicht auf eine gerichtliche Feststellung nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nrn. 1 und 2 SGG beschränkt. Er kann zwischen beiden Klagearten wählen (BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, juris; Beschluss des Senats vom 17. Februar 2016 – L 6 U 4089/15 –, juris, Rz. 28). Einer solchen Verpflichtungsklage auf eine behördliche Feststellung liegt auch eine ausreichende Klagebefugnis im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG zu Grunde (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2010 - B 2 U 23/09 R -, juris, Rz. 9), weil das Unfallversicherungsrecht mit § 102 SGB VII (i.V.m. § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]) eine Anspruchsgrundlage für derartige Feststellungen der Versicherungsträger bereithält (Urteil des Senats vom 17. März 2016 – L 6 U 4796/13 –, juris, Rz. 29).
Hinsichtlich der Feststellung eines Arbeitsunfalls einschließlich des daraus folgenden Gesundheitsschadens liegt auch ein angreifbarer Verwaltungsakt (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) vor, ferner war sie Gegenstand des nach § 78 Abs. 1 SGG notwendigen Vorverfahrens.
Das angerufene SG war auch örtlich für den Rechtsstreit zuständig (§ 57 Abs. 3 SGG), weil die Beklagte ihren Sitz ausschließlich in M. hat (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 ihrer Satzung). Die in diesem Verfahren handelnde Regionaldirektion Ost der Beklagten in Berlin ist nur eine unselbständige, an Weisungen gebundene Verwaltungsstelle, die nach § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) keinen eigenen Gerichtsstand hat (vgl. BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 2 RU 20/81 –, juris, Rz. 21). Unabhängig davon kann dieser Punkt in der Berufungsinstanz ohnehin nicht überprüft werden (§ 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]).
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Feststellung zu, dass das Ereignis am 8. Dezember 2015 ein Arbeitsunfall ist.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Dabei müssen die versicherte Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. auch § 286 ZPO). Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (vgl. Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 6 U 1053/15 –, juris, Rz. 27).
Die materielle bzw. objektive Beweislast für den Unfall und den Gesundheitserstschaden im Sinne der unmittelbaren körperlichen Folgen der äußeren Einwirkung sowie für das Vorliegen etwaiger Folgeschäden trägt dabei grundsätzlich der Versicherte (Urteil des Senats vom 13. Juli 2017 – L 6 U 2225/16 –, juris, Rz. 55).
In diesem Sinne hat der Kläger einen Unfall erlitten. Bei ihm liegt offenkundig ein Gesundheitsschaden vor, denn er hat bei dem streitigen Ereignis erhebliche Kopfverletzungen erlitten. Diese Kopfverletzungen sind durch den Aufprall des Kopfes auf dem Boden entstanden; anders wären die erheblichen Verletzungen nicht zu erklären. Die Kraft, die bei diesem Aufprall auf den Kopf eingewirkt hat, stellte die notwendige äußere Einwirkung auf den Körper dar.
Grundsätzlich hat der Kläger auch eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII verrichtet und war damit Versicherter. Er war bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen angestellt, also unterlag sein Beschäftigungsverhältnis ohne Rücksicht darauf, dass er im Ausland wohnt, deutschem Recht (vgl. § 3 Nr. 1 SGB IV). Es handelte sich nicht um einen Fall der Einstrahlung nach § 5 Abs. 1 SGB IV.
Der Senat kann sich jedoch nicht in dem dafür notwendigen Maß des Vollbeweises davon überzeugen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls eine Verrichtung in Ausübung seines Beschäftigungsverhältnisses vornahm.
Versicherter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigten sind zwar Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Verrichtungen eines Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer Geschäftsreise versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sogenannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (§ 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt (BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 31/07 R -, juris, Rz. 11). Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird auch als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Versicherung begründen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 8/11 R -, juris, Rz. 21 f.; Urteil vom 26. Juni 2014 – B 2 U 4/13 R –, juris, Rz. 14 ff.).
Die letzte eindeutig als betriebsbezogen einzustufende, von außen beobachtbare Verrichtung des Klägers vor dem Ereignis war die Ankunft mit dem Lkw auf der Betriebsstätte. Der Senat geht davon aus, dass diese Ankunft um 18.11 Uhr war, als sich nach den Eintragungen auf dem automatischen Fahrtenschreiber der Lkw zuletzt bewegte. Für die Zeit danach bis zum Auffinden des bewusstlosen Klägers um 19.15 Uhr neben seinem Wagen liegen keine ausreichenden Erkenntnisse dazu vor, welche Tätigkeiten er ausübte.
Möglicherweise hat der Kläger zumindest unmittelbar nach 18.11 Uhr tatsächlich an seinem Wagen gearbeitet, z.B. die Ladung geöffnet oder festgezurrt. Selbst wenn er lediglich daneben gestanden und darauf gewartet hatte, an die Reihe zu kommen und den Lkw entladen zu können, wäre dies eine versicherte Verrichtung gewesen. Aber all dies steht nicht fest. Genauso gut ist es möglich, dass sich der Kläger in der anscheinend langen Wartezeit von seinem Wagen entfernt und andernorts etwas Privates verrichtete, z.B. etwas getrunken oder gegessen oder Besorgungen gemacht hatte, und dass er dann erst auf dem Rückweg zu seinem Wagen war, als er dort stürzte. Auch wenn feststände, dass er die ganze Zeit neben seinem Wagen stand, so ergäbe sich daraus nicht zwingend, dass diese Verrichtung betriebsbezogen war. Mangels eines erkennbaren äußeren Verhaltens wäre dann auf die Handlungstendenz abzustellen. Wenn der Kläger danach beim Warten z.B. geraucht oder private Telefonate geführt hätte, so wäre dies keine versicherte Verrichtung mehr gewesen.
Alle diese Fragen lassen sich nicht beantworten. Es sind keine Beweismittel vorhanden, die zur Klärung erhoben werden könnten.
Zeugen gibt es nicht, jedenfalls hat der Kläger keine benannt, insbesondere hat er nicht den "Mitarbeiter in der Halle 44" ausreichend namhaft gemacht, den er im Verwaltungsverfahren angegeben hatte. Anhaltspunkte, die auf eine konkrete Person hindeuteten, haben sich auch sonst nicht ergeben. Nach Aktenlage ist vielmehr davon auszugehen, dass niemand den Sturz bzw. die unmittelbar zuvor ausgeübten Verrichtungen gesehen hatte. Nach den Angaben des Notarztes bei der Einlieferung des Klägers in die Klinik, wie sie in dem Bericht vom 8. Dezember 2015 wiedergegeben sind, war er neben seinem Lkw liegend aufgefunden worden. Soweit der Notarzt auch von einem plötzlichen Umfallen gesprochen hat, kann offen bleiben, von welchem der Mitarbeiter am Unfallort er diese Information bekommen hatte, denn auch aus dieser Angabe ergibt sich nicht, dass eine betriebsbezogene Verrichtung zu dem Sturz geführt hat.
Die Unfallstelle war nach den Ermittlungen des SG auch nicht mit einer Videokamera ausgestattet, sodass keine Aufzeichnungen in Augenschein genommen werden konnten.
Auch die Eintragungen des Fahrtenschreibers, der als zusammengesetzte Urkunde verwertet werden kann (vgl. Oberlandesgericht [OLG] Stuttgart, Beschluss vom 3. Februar 1988 – 1 Ss 31/88 –, juris, Rz. 6), ergeben nicht, was konkret der Kläger unmittelbar vor dem Unfall getan hatte. Zwar weist der Tachograf für die Zeit von 18.11 Uhr bis 19.38 Uhr "Arbeit" aus. Aber diese Rubrik hatte er selbst eingestellt oder der Fahrtenschreiber war automatisch in diese Rubrik gesprungen, nachdem der Lkw stand. Mit dieser Eintragung lief er dann solange weiter, bis der Lkw um 19.38 Uhr erneut bewegt wurde.
Letztlich reichen auch die Angaben des Klägers selbst nicht für eine Überzeugungsbildung aus, unabhängig davon, dass Beteiligtenvorbringen im sozialgerichtlichen Verfahren kein Beweismittel darstellt. Anfangs hatte er angegeben, sich nicht erinnern zu können. Noch in der Klageschrift ging der Vortrag dahin, dass Angaben zum konkreten Geschehen nicht gemacht werden könnten. Zwar hat der Kläger später, erstmals in dem Schriftsatz vom 17. Januar 2017, behauptet, die Erinnerung sei zurückgekehrt und er gehe jetzt davon aus, dass er auf den Wagen gestiegen sei, um etwas festzuzurren, und dann "abgerutscht bzw. gestolpert" sei. Diese Angaben sind zwar ergiebig, denn wenn sie zutreffen, läge eine betriebsbezogene Verrichtung vor. Aber der Senat kann sie unabhängig von der Glaubwürdigkeit des Klägers als Person nicht für glaubhaft halten. Sie sind weiterhin sehr unbestimmt. So kann er sich nach wie vor nicht festlegen, ob er ausrutschte oder stolperte. Und vor allem sind diese Angaben erstmals so lange nach dem Unfall gemacht worden, dass nicht auszuschließen ist, dass sie nicht auf echter, wiedergekehrter Eigenerinnerung beruhen, sondern auf anderen Ursachen. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. auch § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung zeitlich sehr spät gemachten Angaben einen geringen Beweiswert zumessen (Urteil des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW -, juris, Rz. 144; Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Dies gilt nicht nur wegen der Gefahr einer Selbstsuggestion, die gerade bei anfänglicher Erinnerungslosigkeit, besteht, sondern auch deswegen, weil spätere Angaben unter Umständen davon beeinflusst sind, das Klagebegehren zu begünstigen (Urteil des Senats vom 15. Dezember 2016 – L 6 U 1099/16 –, juris, Rz. 56).
Ebenso wie schon das SG sieht auch der Senat keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen, mit denen geklärt werden könnte, was konkret der Kläger zur Zeit des Unfalls verrichtete. Es wäre ein so genannter Ausforschungsbeweis, eine Beweiserhebung "ins Blaue hinein", wenn der Senat jetzt bei dem VW-Werk in H. erst nachfragen müsste, ob es überhaupt Zeugen des Vorfalls gegeben hat, um dann diese in einem zweiten Schritt vernehmen zu können. Dementsprechend gehört zu einem ordnungsgemäßen Zeugenbeweisantrag, den der Kläger aber ohnehin nicht gestellt hat, die namentliche "Benennung" des Zeugen (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 373 ZPO). Zu einem solchen Ausforschungsbeweis sind auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit innerhalb des hier herrschenden Amtsermittlungsverfahrens (§ 103 Satz 1 SGG) nicht verpflichtet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 33/11 R –, juris, Rz. 26).
Wenn demnach bereits nicht geklärt werden kann, dass der Kläger eine objektiv versicherte Verrichtung ausübte, als er stürzte, kommt es auf die innere Handlungstendenz nicht an. Noch weniger ist es relevant, ob der Unfall aus einer inneren Ursache heraus geschah, etwa einem epileptischen Anfall, für den die Beklagte beweispflichtig wäre. Diese Frage ist erst relevant, wenn feststeht, dass eine versicherte Einwirkung vorliegt, aber gleichwohl ein anderer, unversicherter Umstand als wesentliche und daher rechtlich allein maßgebliche Ursache des Gesundheitsschadens angeschuldigt wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) Handel und Warenlogistik (Beklagte) die behördliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der 1979 geborene Kläger ist Staatsangehöriger und Einwohner der Republik P ... Zur Zeit des streitigen Ereignisses war er als Lkw-Fahrer bei einem Speditionsunternehmen mit Sitz in S.-H. beschäftigt. Am 8. Dezember 2015 lieferte er in dieser Eigenschaft Güter an einen Betrieb der Volkswagen AG (VW) in H. aus. Dort musste er auf die Entladung warten. Ausweislich der später zur Akte gereichten Fahrerkarte seines Tachografen (Fahrtenschreiber) wurde sein Fahrzeug zuletzt von 18:06 bis 18:11 Uhr bewegt (Eintragung auf Polnisch: "Jazda" ["Fahrt"]). Ab 18:11 Uhr (bis 19:38 Uhr) zeichnete das Gerät "Arbeit" bei stehendem Fahrzeug ("Praca") auf. Gegen 19:15 Uhr wurde der Kläger von einer nicht bekannten Person bewusstlos und mit schweren Kopfverletzungen liegend neben seinem Lkw aufgefunden. Der herbeigerufene Notarzt beobachtete "zuckende Bewegungen" und äußerte den Verdacht auf einen Grand-mal-Anfall (Behandlungsbericht des KRH-Klinikums N. in H. vom 23. Dezember 2015). Der Kläger wurde in einem Rettungswagen ins Krankenhaus transportiert. Während der Fahrt erlitt er einen weiteren Anfall, der mit Midazolam (ein Benzodiazepin) beendet wurde. Der Notarzt berichtete, der Kläger sei außerhalb seines Lkw plötzlich aus dem Stand umgefallen (zu allem Kurzbericht des Klinikums vom 8. Dezember 2015). Bei Einlieferung gegen 20:45 Uhr war er somnolent, reagierte aber auf Lichtreize. Eine Kommunikation war nicht möglich, wobei hierzu später auch auf fehlende Deutschkenntnisse hingewiesen wurde (vgl. Bericht des Klinikums vom 16. Dezember 2015). Die wegen des Verdachts auf einen epileptischen Anfall veranlasste EEG-Untersuchung ergab einen regelgerechten Befund. Eine antikonvulsive Therapie wurde nicht durchgeführt. Bei dem Kläger wurden ein Schädel-Hirn-Trauma mit bifrontaler basaler Kontusion und traumatischer Subachnoidalblutung, eine Schädelkalottenfraktur links, eine Orbitafraktur links, eine Fraktur des Felsenbeins (Teil des Schläfenknochens) links und eine posttraumatische, persistente Anosmie (Verlust des Geruchssinns) diagnostiziert. Bei der Entlassung aus dem Klinikum am 23. Dezember 2015 war der Kläger kardio-pulmonal stabil, neurologisch defizitfrei und selbstständig mobil (Bericht vom 23. Dezember 2015).
Die Behandlung wurde bei der gesetzlichen Krankenkasse des Klägers, der AOK N.-W., abgerechnet. Dieser gegenüber gab der Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2016 an, es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, der auch von einer Überwachungskamera des Betriebs, in dem er angeliefert habe, aufgenommen worden sei. Als Zeuge komme ein Mitarbeiter an der dortigen "Halle 44" in Betracht. Daraufhin zeigte die AOK N.-W. mit Schreiben vom 9. Februar 2016 bei der BG Verkehrswirtschaft P.-Logistik T. einen Arbeitsunfall an. Diese BG leitete die Anzeige am 15. Februar 2016 an die Beklagte weiter.
Auf Nachfrage der Beklagten erstattete die Arbeitgeberin am 24. Februar 2016 eine betriebliche Unfallanzeige, wobei sie angab, sie habe bislang keine schriftliche Stellungnahme des Klägers erhalten, nach einer mündlichen Aussage könne er sich an den Unfall nicht erinnern. In dem Unfallfragebogen vom 19. Februar 2016 gab dieser ebenfalls an, er könne sich nicht erinnern, wahrscheinlich sei er von seinem Lkw abgestürzt.
Mit Bescheid vom 3. März 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe keinen Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung. Es liege kein Arbeitsunfall vor. Vielmehr sei von einem "Unfall aus innerer Ursache" auszugehen. Er sei plötzlich umgefallen, als er auf dem Boden gestanden habe, dem habe ein epileptischer Anfall zu Grunde gelegen. Der Bescheid wurde an die polnische Anschrift des Klägers versandt und nannte eine Widerspruchsfrist von drei Monaten.
Der Kläger erhob am 25. April 2016 über seinen in Deutschland ansässigen Prozessbevollmächtigten Widerspruch, wobei er vortrug, er habe den Bescheid am 10. April 2016 erhalten. Eine Begründung wurde in gesetzter Frist nicht abgegeben. Daraufhin erließ die Beklagte über ihre in Berlin ansässige Regionaldirektion Ost den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2016, den sie dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zustellte. Als Klagefrist nannte dieser Bescheid drei Monate ab Bekanntgabe, als zuständiges Gericht das Sozialgericht Mannheim (SG).
Dort hat der Kläger am 13. Juli 2016 Klage beim SG erhoben. Er hat zunächst (Schriftsatz vom 28. September 2016) weiter vorgetragen, er könne sich an den Hergang nicht erinnern. Er hat bei dem SG die bereits erwähnte Fahrerkarte seines Tachografen vorgelegt.
Das SG hat von der Werksleitung des VW-Betriebs in H., in dem der Unfall geschehen war, die Auskunft vom 12. Oktober 2016 eingeholt. Darin ist mitgeteilt worden, es könnten keine Angaben gemacht werden. Der Kläger sei bewusstlos an seinem Lkw aufgefunden worden, wor-aufhin wie üblich die Alarmkette in Gang gesetzt worden sei. Der Bereich des Unfalls sei nicht mit einer Überwachungskamera ausgestattet.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Es sehe keine Möglichkeit, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Es bleibe daher unklar, ob der Sturz des Klägers in rechtlich wesentlicher Weise auf die versicherte Tätigkeit oder auf eine innere Ursache zurückzuführen sei, wobei die Beobachtungen des Notarztes (zuckende Bewegungen) auf ein Anfallsgeschehen hindeuteten, sodass es nahe liege, dass er einen epileptischen Anfall erlitten habe. Einen "Betriebsbann", wonach alle Unfälle während der Arbeit oder auf dem Gelände des Betriebs versichert seien, kenne das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nur in der Schifffahrt, nicht aber im allgemeinen gewerblichen Bereich.
Am 17. Januar 2017 ist bei dem SG ein Schriftsatz eingegangen, in dem der Prozessbevollmächtigte vorgetragen hat, der Kläger werde therapiert und es gebe in der letzten Zeit die ersten Anzeichen der Erinnerung an den Unfall. Es sei ihm inzwischen gegenwärtig, dass er von seinem Lkw abgerutscht bzw. gestolpert sei.
Gegen den Gerichtsbescheid, der seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Januar 2017 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 25. Januar 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Würt-temberg (LSG) erhoben. Er hat auf seinen Schriftsatz vom 17. Januar 2017 verwiesen. Nach Hinweisen des Senats auf die Beweislast und die notwendige Substanziierung des Vortrags hat er unter dem 6. März 2017 ergänzend vorgetragen, er könne sich nunmehr auch daran erinnern, er sei während des Wartens in der Halle auf den Lkw aufgestiegen, weil er den Eindruck gehabt habe, dass einer der Sicherheitsgurte nicht korrekt angelegt worden sei. Dabei sei er abgerutscht und aus etwa 1,5 m Höhe auf den Boden gestürzt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 16. Januar 2017 und den Bescheid vom 3. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2016 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 8. Dezember 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Keiner der beiden Klageanträge war nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Die primär begehrte behördliche Feststellung ist schon keine Geld-, Sach- oder Dienstleistung im Sinne dieser Vorschrift. Und der daneben gestellte Leistungsantrag betrifft bei sachgerechter Auslegung laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Einschlägig war hier die allgemeine Monatsfrist, da der Gerichtsbescheid nicht im Ausland zugestellt worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Frist ist eingehalten worden.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Soweit der Kläger mit seinem zweiten Antrag eine Verurteilung zur Gewährung von "Leistungen" begehrt, ist seine Klage bereits unzulässig. Dieser Antrag ist zu unbestimmt (§ 92 Abs. 1 Satz 3 SGG). Insoweit begehrt er ein Grundurteil (§ 130 Abs. 1 SGG) über Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 26 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Einem solchen Grundurteil sind aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R -, juris, Rz. 12) nur die in Betracht kommenden Geldleistungen zugänglich, während z.B. eine Heilbehandlung, da es sich insoweit um eine Ermessensentscheidung der Beklagten handelt, mit einem Verpflichtungsantrag (Bescheidungsklage) begehrt werden muss (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Oktober 2015 – L 8 U 1345/14 –, juris, Rz. 37, vgl. auch Urteil des Senats vom 20. Oktober 2016 - L 6 U 1763/14 -, juris, Rz. 44). Sofern - wie hier - noch die Anerkennung eines Arbeitsunfalls in Streit steht, ist ein Leistungsantrag ohnehin in aller Regel nicht notwendig. Für einen Versicherten reicht es aus, zunächst die Feststellung des Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit) und darauf aufbauend die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen zu begehren und erst im Anschluss Leistungen wie Heilbehandlung, Verletztengeld und/oder Verletztenrente zu beantragen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 17/14 R-, juris, Rz. 13; Urteil des Senats vom 15. Dezember 2016 – L 6 U 1099/16 –, juris, Rz. 38).
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Sie ist in der nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG einschlägigen Monatsfrist ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 2 SGG) erhoben worden, sodass es unerheblich ist, ob die Widerspruchsbelehrung der Beklagten, die eine Frist von drei Monaten nannte, obwohl der Widerspruchsbescheid ebenfalls nicht im Ausland bekanntgegeben wurde, unrichtig im Sinne von § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG war.
Ferner kann der Kläger eine Verurteilung zu einer behördlichen Feststellung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGG begehren. Für einen solchen Antrag besteht ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis. Ein Versicherter ist nicht auf eine gerichtliche Feststellung nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nrn. 1 und 2 SGG beschränkt. Er kann zwischen beiden Klagearten wählen (BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, juris; Beschluss des Senats vom 17. Februar 2016 – L 6 U 4089/15 –, juris, Rz. 28). Einer solchen Verpflichtungsklage auf eine behördliche Feststellung liegt auch eine ausreichende Klagebefugnis im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG zu Grunde (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2010 - B 2 U 23/09 R -, juris, Rz. 9), weil das Unfallversicherungsrecht mit § 102 SGB VII (i.V.m. § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]) eine Anspruchsgrundlage für derartige Feststellungen der Versicherungsträger bereithält (Urteil des Senats vom 17. März 2016 – L 6 U 4796/13 –, juris, Rz. 29).
Hinsichtlich der Feststellung eines Arbeitsunfalls einschließlich des daraus folgenden Gesundheitsschadens liegt auch ein angreifbarer Verwaltungsakt (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) vor, ferner war sie Gegenstand des nach § 78 Abs. 1 SGG notwendigen Vorverfahrens.
Das angerufene SG war auch örtlich für den Rechtsstreit zuständig (§ 57 Abs. 3 SGG), weil die Beklagte ihren Sitz ausschließlich in M. hat (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 ihrer Satzung). Die in diesem Verfahren handelnde Regionaldirektion Ost der Beklagten in Berlin ist nur eine unselbständige, an Weisungen gebundene Verwaltungsstelle, die nach § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) keinen eigenen Gerichtsstand hat (vgl. BSG, Urteil vom 8. Oktober 1981 – 2 RU 20/81 –, juris, Rz. 21). Unabhängig davon kann dieser Punkt in der Berufungsinstanz ohnehin nicht überprüft werden (§ 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]).
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Feststellung zu, dass das Ereignis am 8. Dezember 2015 ein Arbeitsunfall ist.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Dabei müssen die versicherte Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. auch § 286 ZPO). Für die Nachweise der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden gilt der Beweismaßstab der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (vgl. Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 6 U 1053/15 –, juris, Rz. 27).
Die materielle bzw. objektive Beweislast für den Unfall und den Gesundheitserstschaden im Sinne der unmittelbaren körperlichen Folgen der äußeren Einwirkung sowie für das Vorliegen etwaiger Folgeschäden trägt dabei grundsätzlich der Versicherte (Urteil des Senats vom 13. Juli 2017 – L 6 U 2225/16 –, juris, Rz. 55).
In diesem Sinne hat der Kläger einen Unfall erlitten. Bei ihm liegt offenkundig ein Gesundheitsschaden vor, denn er hat bei dem streitigen Ereignis erhebliche Kopfverletzungen erlitten. Diese Kopfverletzungen sind durch den Aufprall des Kopfes auf dem Boden entstanden; anders wären die erheblichen Verletzungen nicht zu erklären. Die Kraft, die bei diesem Aufprall auf den Kopf eingewirkt hat, stellte die notwendige äußere Einwirkung auf den Körper dar.
Grundsätzlich hat der Kläger auch eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII verrichtet und war damit Versicherter. Er war bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen angestellt, also unterlag sein Beschäftigungsverhältnis ohne Rücksicht darauf, dass er im Ausland wohnt, deutschem Recht (vgl. § 3 Nr. 1 SGB IV). Es handelte sich nicht um einen Fall der Einstrahlung nach § 5 Abs. 1 SGB IV.
Der Senat kann sich jedoch nicht in dem dafür notwendigen Maß des Vollbeweises davon überzeugen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls eine Verrichtung in Ausübung seines Beschäftigungsverhältnisses vornahm.
Versicherter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigten sind zwar Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit. Dies bedeutet aber nicht, dass alle Verrichtungen eines Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer Geschäftsreise versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sogenannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (§ 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt (BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 31/07 R -, juris, Rz. 11). Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird auch als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Versicherung begründen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 - B 2 U 8/11 R -, juris, Rz. 21 f.; Urteil vom 26. Juni 2014 – B 2 U 4/13 R –, juris, Rz. 14 ff.).
Die letzte eindeutig als betriebsbezogen einzustufende, von außen beobachtbare Verrichtung des Klägers vor dem Ereignis war die Ankunft mit dem Lkw auf der Betriebsstätte. Der Senat geht davon aus, dass diese Ankunft um 18.11 Uhr war, als sich nach den Eintragungen auf dem automatischen Fahrtenschreiber der Lkw zuletzt bewegte. Für die Zeit danach bis zum Auffinden des bewusstlosen Klägers um 19.15 Uhr neben seinem Wagen liegen keine ausreichenden Erkenntnisse dazu vor, welche Tätigkeiten er ausübte.
Möglicherweise hat der Kläger zumindest unmittelbar nach 18.11 Uhr tatsächlich an seinem Wagen gearbeitet, z.B. die Ladung geöffnet oder festgezurrt. Selbst wenn er lediglich daneben gestanden und darauf gewartet hatte, an die Reihe zu kommen und den Lkw entladen zu können, wäre dies eine versicherte Verrichtung gewesen. Aber all dies steht nicht fest. Genauso gut ist es möglich, dass sich der Kläger in der anscheinend langen Wartezeit von seinem Wagen entfernt und andernorts etwas Privates verrichtete, z.B. etwas getrunken oder gegessen oder Besorgungen gemacht hatte, und dass er dann erst auf dem Rückweg zu seinem Wagen war, als er dort stürzte. Auch wenn feststände, dass er die ganze Zeit neben seinem Wagen stand, so ergäbe sich daraus nicht zwingend, dass diese Verrichtung betriebsbezogen war. Mangels eines erkennbaren äußeren Verhaltens wäre dann auf die Handlungstendenz abzustellen. Wenn der Kläger danach beim Warten z.B. geraucht oder private Telefonate geführt hätte, so wäre dies keine versicherte Verrichtung mehr gewesen.
Alle diese Fragen lassen sich nicht beantworten. Es sind keine Beweismittel vorhanden, die zur Klärung erhoben werden könnten.
Zeugen gibt es nicht, jedenfalls hat der Kläger keine benannt, insbesondere hat er nicht den "Mitarbeiter in der Halle 44" ausreichend namhaft gemacht, den er im Verwaltungsverfahren angegeben hatte. Anhaltspunkte, die auf eine konkrete Person hindeuteten, haben sich auch sonst nicht ergeben. Nach Aktenlage ist vielmehr davon auszugehen, dass niemand den Sturz bzw. die unmittelbar zuvor ausgeübten Verrichtungen gesehen hatte. Nach den Angaben des Notarztes bei der Einlieferung des Klägers in die Klinik, wie sie in dem Bericht vom 8. Dezember 2015 wiedergegeben sind, war er neben seinem Lkw liegend aufgefunden worden. Soweit der Notarzt auch von einem plötzlichen Umfallen gesprochen hat, kann offen bleiben, von welchem der Mitarbeiter am Unfallort er diese Information bekommen hatte, denn auch aus dieser Angabe ergibt sich nicht, dass eine betriebsbezogene Verrichtung zu dem Sturz geführt hat.
Die Unfallstelle war nach den Ermittlungen des SG auch nicht mit einer Videokamera ausgestattet, sodass keine Aufzeichnungen in Augenschein genommen werden konnten.
Auch die Eintragungen des Fahrtenschreibers, der als zusammengesetzte Urkunde verwertet werden kann (vgl. Oberlandesgericht [OLG] Stuttgart, Beschluss vom 3. Februar 1988 – 1 Ss 31/88 –, juris, Rz. 6), ergeben nicht, was konkret der Kläger unmittelbar vor dem Unfall getan hatte. Zwar weist der Tachograf für die Zeit von 18.11 Uhr bis 19.38 Uhr "Arbeit" aus. Aber diese Rubrik hatte er selbst eingestellt oder der Fahrtenschreiber war automatisch in diese Rubrik gesprungen, nachdem der Lkw stand. Mit dieser Eintragung lief er dann solange weiter, bis der Lkw um 19.38 Uhr erneut bewegt wurde.
Letztlich reichen auch die Angaben des Klägers selbst nicht für eine Überzeugungsbildung aus, unabhängig davon, dass Beteiligtenvorbringen im sozialgerichtlichen Verfahren kein Beweismittel darstellt. Anfangs hatte er angegeben, sich nicht erinnern zu können. Noch in der Klageschrift ging der Vortrag dahin, dass Angaben zum konkreten Geschehen nicht gemacht werden könnten. Zwar hat der Kläger später, erstmals in dem Schriftsatz vom 17. Januar 2017, behauptet, die Erinnerung sei zurückgekehrt und er gehe jetzt davon aus, dass er auf den Wagen gestiegen sei, um etwas festzuzurren, und dann "abgerutscht bzw. gestolpert" sei. Diese Angaben sind zwar ergiebig, denn wenn sie zutreffen, läge eine betriebsbezogene Verrichtung vor. Aber der Senat kann sie unabhängig von der Glaubwürdigkeit des Klägers als Person nicht für glaubhaft halten. Sie sind weiterhin sehr unbestimmt. So kann er sich nach wie vor nicht festlegen, ob er ausrutschte oder stolperte. Und vor allem sind diese Angaben erstmals so lange nach dem Unfall gemacht worden, dass nicht auszuschließen ist, dass sie nicht auf echter, wiedergekehrter Eigenerinnerung beruhen, sondern auf anderen Ursachen. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. auch § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung zeitlich sehr spät gemachten Angaben einen geringen Beweiswert zumessen (Urteil des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW -, juris, Rz. 144; Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34). Dies gilt nicht nur wegen der Gefahr einer Selbstsuggestion, die gerade bei anfänglicher Erinnerungslosigkeit, besteht, sondern auch deswegen, weil spätere Angaben unter Umständen davon beeinflusst sind, das Klagebegehren zu begünstigen (Urteil des Senats vom 15. Dezember 2016 – L 6 U 1099/16 –, juris, Rz. 56).
Ebenso wie schon das SG sieht auch der Senat keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen, mit denen geklärt werden könnte, was konkret der Kläger zur Zeit des Unfalls verrichtete. Es wäre ein so genannter Ausforschungsbeweis, eine Beweiserhebung "ins Blaue hinein", wenn der Senat jetzt bei dem VW-Werk in H. erst nachfragen müsste, ob es überhaupt Zeugen des Vorfalls gegeben hat, um dann diese in einem zweiten Schritt vernehmen zu können. Dementsprechend gehört zu einem ordnungsgemäßen Zeugenbeweisantrag, den der Kläger aber ohnehin nicht gestellt hat, die namentliche "Benennung" des Zeugen (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 373 ZPO). Zu einem solchen Ausforschungsbeweis sind auch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit innerhalb des hier herrschenden Amtsermittlungsverfahrens (§ 103 Satz 1 SGG) nicht verpflichtet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 33/11 R –, juris, Rz. 26).
Wenn demnach bereits nicht geklärt werden kann, dass der Kläger eine objektiv versicherte Verrichtung ausübte, als er stürzte, kommt es auf die innere Handlungstendenz nicht an. Noch weniger ist es relevant, ob der Unfall aus einer inneren Ursache heraus geschah, etwa einem epileptischen Anfall, für den die Beklagte beweispflichtig wäre. Diese Frage ist erst relevant, wenn feststeht, dass eine versicherte Einwirkung vorliegt, aber gleichwohl ein anderer, unversicherter Umstand als wesentliche und daher rechtlich allein maßgebliche Ursache des Gesundheitsschadens angeschuldigt wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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