Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 572/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 65/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die im Anhang 3 zum EBM-Ä 2000plus festgelegten Prüfzeiten sind bundeseinheitliche Messgrößen, die für Vertragsärzte und Kassenärztliche Vereinigungen verbindlich sind.
2. Die Angaben zum Zeitaufwand sind in einem gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar, der weite Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses bei der Aufstellung des EBM-Ä als Rechtsnorm in Form von Normsetzungsverträgen ist zu beachten.
2. Die Angaben zum Zeitaufwand sind in einem gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar, der weite Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses bei der Aufstellung des EBM-Ä als Rechtsnorm in Form von Normsetzungsverträgen ist zu beachten.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 28. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 177.064,30 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnungen für die Quartale II/07 bis IV/11. Der Kläger ist als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte hatte den Kläger mit Schreiben ohne Datum (BI. 69ff. der Verwaltungsakte zum Aktenzeichen S 11 KA 572/12) hinsichtlich einer Abrechnungsprüfung für die Quartale II/05 - I/07 informiert. Da nur im Quartal I/07 Auffälligkeiten bestanden, wurde von einer weitergehenden Prüfung abgesehen. Hinsichtlich der Überschreitung der Tagesprofile durch die Akupunkturleistungen übersandte der Kläger sodann erstmalig mit Datum vom 10. Juli 2007 und danach routinemäßig quartalsweise an die Beklagte Schreiben mit folgendem Wortlaut: "Sehr geehrte Damen und Herren, trotz exakter Überprüfung der abgerechneten Leistungen ergeben sich durch die Akupunktur Überschreitungen der statistischen Tagesdurchschnittsprofile. Ich bitte Sie, die zeitlichen Vorgaben kritisch zu überprüfen, da die Akupunktur in diesen Profilen bisher nicht berücksichtigt wurde. Die Zeitvorgaben werden ledig addiert, wobei 10 min Prüfzeit pro behandelten Akupunkturpatient sicher eine falsche Vorgabe ist. Nur ein Arzt mit wenig Kenntnissen in der TCM mag vielleicht einen solchen Zeitaufwand betreiben. Das präzise Positionieren von Akupunkturnadeln in der Schmerztherapie sollte schon aus Rücksicht auf den Patienten rascher erfolgen. Die Schmerztoleranz der Patienten könnte sonst leicht überschritten werden. Die Patienten wurden lege artis gemäß der Leistungsinhalte der Ziffern diagnostiziert und behandelt. Es handelt sich bei den Akupunkturpatienten um Patienten mit einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik gemäß der Leistungslegenden, bei denen sämtlich eine medizinische Notwendigkeit zur Akupunkturbehandlung bestand."
Mit Schreiben vom 16. Juli 2017 reagierte die Beklagte hierauf wie folgt: "Das Schreiben, dass Sie mit Ihrer Quartalsabrechnung II/07 eingereicht haben, ist am 11.07.2007 eingegangen und wurde in unsere Abteilung weitergeleitet. Sollten sich bei Ihrer Quartalsabrechnung Auffälligkeiten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung zeigen, werden wir Ihr Schreiben dem Gremium zur Beurteilung der Gesamtsituation vorlegen."
Die Beklagte führte in den streitbefangenen Quartalen in drei Zeitabschnitten (Plausibilitätsprüfungen durch und übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 2011 (II/07 bis IV/07), 16. April 2012 (I/08 bis IV/08) und 23. Mai 2013 (I/09 bis IV/11) die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile. Im Schreiben vom 28. Juli 2011 wies die Beklagte darauf hin, dass die Schreiben des Klägers zur Prüfzeit der Akupunkturbehandlung berücksichtigt worden seien. Der Kläger wurde aufgefordert, konkrete Angaben über seine Akupunkturbehandlungszeiten zu machen. Es ergaben sich die folgenden Überschreitungen:
Quartalsübersicht:
Es folgen zwei Tabellen, die aus technischen Gründen nicht ordnungsgemäß dargestellt werden können.
Quartal Tagesprofil Anzahl Tage davon Maximale Arbeitszeit pro Tag im Quartal Quartalsprofil Zeitsumme Überschreitung )12 Std. )16 Std. Std.: Min Std.: Min. II/07 21 7 20:15 880:29 100:29 III/07 10 2 18:50 683:32 - IV/07 20 2 18:22 816:44 36:44 I/08 30 5 21:47 924:37 144:37 II/08 28 6 21:50 920:33 140:33 III/08 31 15 25:34 1054:51 274:51 IV/08 39 22 21:54 1122:23 342:23 I/09 36 22 20:55 1187:54 407:54 II/09 39 28 20:09 1319:44 539:44 III/09 42 31 23:38 1397:22 617:22 IV/09 44 30 25:13 1436:34 656:34 I/10 45 27 23:06 1359:06 579:06 II/10 42 24 30:22 1284:28 504:28 III/10 41 14 24:54 1186:12 406:12 IV/10 46 29 30:26 1273:37 493:37 I/11 36 17 21:59 1152:44 372:44 II/11 36 14 27:54 1137:14 357:14 III/11 42 10 19:35 1151:32 371:32 IV/11 31 13 35:23 1118:48 338:42
Tagesübersicht: Behandlungstag Zeitergebnis 2. April 2007 20:15 12. April 2007 18:58 26. April 2007 16:49 12. Juli 2007 18:50 26. Juli 2007 18:07 23. August 2007 14:31 11. Oktober 2007 14:00 18. Oktober 2007 18:22 22. Oktober 2007 16:36 17. Januar 2008 17:11 31. Januar 2008 21:47 7. Februar 2008 18:02 14. April 2008 17:01 15. Mai 2008 21:50 29. Mai 2008 16:43 1. Juli 2008 18:44 7. Juli 2008 16:59 23. September 2008 25:34 13. Oktober 2008 19:28 20. Oktober 2008 20:12 30. Oktober 2008 20:19 13 März 2009 20:55 23. April 2009 20:09 30. Juli 2009 23:38 15. Oktober 2009 25:13 17. März 2010 23:06 6. April 2010 30:22 1. Juli 2010 24:54 4. Oktober 2010 30:26 10. Januar 2011 21:59 4. April 2011 27:54 4. Juli 2011 19:35 4. Oktober 2011 35:23
Der Kläger erklärte hierzu, dass die Prüfzeiten für das EEG, EMG und die Akupunkturbehandlung für ihn als äußerst erfahrenen und routinierten Arzt viel zu hoch bemessen seien. Eine Zeitersparnis gegenüber der Prüfzeit resultiere auch aus der Spezialisierung der Praxis im Bereich Akupunktur, mit der eine besondere Qualität des Personals und einer entsprechenden Praxisorganisation einhergehe. So verfüge er über 7 Behandlungsräume, in denen gleichzeitig Patienten behandelt werden könnten. Auf der Grundlage der festgestellten Überschreitungen forderte die Beklagte mit Bescheid vom 24. November 2011 (II/07 bis IV/07) insgesamt 11.044,43 Euro, mit Bescheid vom 3. August 2012 (I/08 bis IV/08) insgesamt 26.559,07 Euro und mit Bescheid vom 9. August 2013 (I/09 bis IV/11) 139.460,80 Euro Honorar zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Überprüfung der Abrechnung habe ergeben, dass der Kläger die Grenze von 12 Stunden am Tag in den streitbefangenen Quartalen II bis IV/07 an 51 Tagen, in den Quartalen I/08 bis IV/08 an 128 Tagen und in den Quartalen I/09 bis IV/11 an 480 Tagen überschritten habe. Für die hohen Zeitüberschreitungen seien insbesondere die zum 1. Januar 2007 in den EBM aufgenommenen Akupunkturleistungen (GOP 30790 und 30791) mit einer Prüfzeit von 30 bzw. 10 Minuten verantwortlich. Bezüglich der Akupunkturleistungen nach Nummer 30791 würden täglich hohe Zeitprofile, teilweise sogar über 8 Stunden, erreicht. Dieser Ansatz von Akupunkturleistungen nach Nr. 30791 EBM 2005 erwecke angesichts der Häufigkeit und des Zeitaufwandes insgesamt den Verdacht, dass der in den Gebührenordnungspositionen vorgegebene Leistungsinhalt nicht in jedem Fall vollständig und ordnungsgemäß erbracht worden sei, so dass die Positionen nicht zum Ansatz hätten kommen dürfen. Der Zeitansatz für die einzelnen Leistungen sei gerechtfertigt. Auch die teilweise gewählte Kombination des Ordinationskomplexes mit dem Gespräch von mindestens 10 Minuten Dauer erwecke angesichts der Häufigkeit und des Zeitaufwandes ergänzend den Verdacht, dass die von den Gebührenordnungspositionen 21210 bis 21212 im fakultativen Leistungsinhalt beschriebene Mindestkontaktzeit von 10 Minuten beim Ansatz der GOP 20220 nicht in jedem Fall eingehalten worden sei, wonach die GOP 21220 also erst bei einer Kontakt- bzw. Gesprächszeit von mindestens 20 Minuten zum Ansatz hätte kommen dürfen. Der Plausibilitätsausschuss SÜD sehe darin einen Verstoß gegen die verbindliche Anmerkung unter der Leistungslegende zur GOP 21220 EBM 2000 plus, nach der "bei Nebeneinanderabrechnung der Leistungen nach den Nrn. 21210 bis 21212 und 21220 eine Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der Nr. 21220 sei" und weiterhin auch einen Verstoß gegen die Allgemeinen Bestimmungen I, 2.1 EBM, wonach eine Leistung erst dann abrechnungsfähig sei, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Im Tagesprofil werde lediglich die Zeit (nämlich mindestens 20 Minuten) für die kombinierte Abrechnung mit der Nr. 21220 aufgeführt, die der ordnungsgemäß abrechnende Arzt aufgewandt haben müsse, wenn er den Ordinationskomplex und die Gesprächsleistung am selben Tag nebeneinander abgerechnet habe. Solange ein Arzt die Ziffernkombination nur angesetzt habe, wenn er tatsächlich die geforderte Zeit (20 Minuten) für den Patienten verwandt hätte, würden sich im Tages- bzw. "Gesprächszeit" - Profil durch diese Zeitberechnung keine irrealen Zeiten ergeben. Lediglich wenn die Kontaktzeit tatsächlich unterschritten worden wäre und dies in einer großen Zahl der Fälle geschehe, werde das Tages- bzw. "Gesprächszeit"- Profil auffällig. Für die Rechtmäßigkeit des Tagesprofils sei allein entscheidend, ob es sachlich richtig erstellt worden wäre. Sachlich richtig sei das Tagesprofil, wenn es die Zeiten abbilden würde, die der Arzt bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung persönlich an diesem Tag erbracht haben müsse. Die Umsetzung der Anmerkung zur Leistungslegende der GOP 21220 im Tagesprofil sei sachlich richtig, dies sei sozialgerichtlich bestätigt. Auch die Quartalszeitgrenze von 780 Stunden seien deutlich überschritten worden. Diese Überschreitungen seien jedoch teilweise erklärbar und lägen in einem noch vertretbaren Rahmen. Von einer Honorarkorrektur im Quartalsprofil werde deshalb abgesehen.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 26. September 2012, 23. Oktober 2013 und 20. November 2013 jeweils zurück. Die für die Quartale II/07 bis IV/07 erstellten Tageszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. Die Zeitüberschreitungen würden auf der sehr häufigen Abrechnung der Akupunkturleistung Nr. 30791 beruhen, außerdem auf der häufigen Abrechnung der Nr. 16310 (EEG) sowie auf der tagesgleichen Abrechnung von Ordinationskomplex und der Beratungsleistung Nr. 21220 EBM 2000plus. Die Einwände gegen die Prüfzeiten des EBM 2000plus, insbesondere der Akupunkturleistung Nr. 30791, Nr. 16310 (EEG) und 16322 (EMG), überzeugten nicht. Die Beklagte sei verpflichtet, die in der Anlage 3 zum EBM 2000plus vorgegebenen Prüfzeiten für die Plausibilitätsprüfung zu Grunde zu legen (§ 8 Abs. 1 der Richtlinien gemäß § 106a SGB V). Die Prüfzeit für die Akupunkturleistung entspreche den vom Bundessozialgericht aufgestellten Anforderungen (Erfassung der reinen Arztzeit eines erfahrenen, zügig arbeitenden Arztes). Die Tageszeitprofile seien daher korrekt erstellt worden. Die Prüfzeiten würden auf der Einschätzung eines ärztlich-sachverständigen Fachgremiums beruhen. Die Akupunkturbehandlung sei schon vor der Aufnahme als vertragsärztliche Leistung eine bekannte (privat)ärztliche Leistung mit Erfahrungswerten für die Leistungserbringungszeit gewesen. Der Prüfzeit läge damit ein Erfahrungswert für die Zeit der Leistungserbringung eines erfahrenen, geübten und zügig arbeitenden Arztes zugrunde. Delegierbare Leistungsbestandteile würden nicht in die Prüfzeit aufgenommen, so dass die Ausbildung der Mitarbeiter und Praxisorganisation nicht relevant sei. Im Übrigen ergebe sich schon aus der Beschreibung als Durchschnittszeit, dass es Fälle gebe, in denen die Leistung sowohl in kürzerer Zeit als auch in längerer Zeit erbracht werden könnten. Der Vortrag, man habe nur Fälle, in denen die Zeiten unterschritten würden, überzeuge daher nicht. Die Prüfzeit gebe an, wie viel Zeit ein Arzt in einer gut geführten Praxis für die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten benötige. Zudem seien die Zeitbewertungen auch Grundlage für die entsprechende Honorierung der Leistungen. Dennoch sei die überwiegende Mehrzahl der Ärzte trotz Abrechnung der Leistungen in Plausibilitätsprüfungen nicht zeitauffällig. Die gleichzeitige ärztliche (Parallel-)Behandlung mehrerer Patienten sei bei dem Leistungsinhalt der Nr. 30791 - Durchführung der Akupunktur gemäß Therapieplan, Aufsuchen der Akupunkturpunkte, exakte Lokalisation, Nadelung, ggf. Adaption des Therapieplanes und Dokumentation, Festlegung neuer Punktekombination und Stichtiefe - ausgeschlossen. Dagegen könnten sich mehrere Patienten nach dem Setzen der Nadeln gleichzeitig/parallel in mehreren Behandlungsräumen befinden (Verweildauer der Nadeln mindestens 20 Minuten), dies sei aber keine zeitbewertete Arztleistung. Die Zeit für die Auswertung des Anamnesefragebogens (Nr. 30790 EBM 2000plus - Eingangsdiagnostik) falle nicht ins Tageszeitprofil, könne also die Tagesprofilhöhe nicht plausibel machen. Ob die Zeitvorgabe für die Nr. 16322 EBM 2000plus (EMG) unangemessen sei, sei nicht relevant. Sie habe diese Leistung meist in einem Umfang unter einer Stunde pro Tag abgerechnet (bei Tageszeitprofilen von über 16/18/20 Stunden). Die Prüfzeit für die Nr. 16310 (EEG) enthalte nur die ärztliche Leistungszeit, der technische, delegierbare Leistungsanteil sei in der Prüfzeit nicht enthalten. Selbst wenn man erläutere, weshalb am 12. Juli 2007 besonders viele Briefe abgerechnet worden wären, so erkläre dies nicht die vielen anderen implausiblen Tageszeitprofile, an denen die Zeit für Briefe meist weit unter einer Stunde Zeitaufwand ausmache. Zeitprofile von über 12 Stunden kämen über alle Quartale hinweg über das gesamte Quartal verteilt und an allen Wochentagen (außer Mittwoch) vor. Leistungserbringungszeiten von über 18 Stunden seien weder mit halbtägiger Praxisschließung noch Quartals-/Monatsbeginn oder Wochenende und genauso wenig mit Praxisbesonderheiten zu erklären. Entgegen der Ansicht des Klägers bedeute die Feststellung, dass Tageszeitprofile nicht plausibel seien (d.h. die Zeithöhe könne nicht erklärt werden), dass Abrechnungsfehler nachgewiesen seien (§ 12 Abs. 2 der Richtlinien gemäß § 106a SGB V). Tageszeitprofile führten den Indizienbeweis für Abrechnungsfehler. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig Leistungen auf den Abrechnungsscheinen eingetragen, deren Leistungsinhalt er nicht vollständig erbracht haben könne. Die auf den nicht ordnungsgemäßen Sammelerklärungen beruhenden Honorarbescheide seien falsch und müssten aufgehoben werden.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 29. Oktober 2012 zum Aktenzeichen S 11 KA 572/12 (Quartale II/07 bis IV/07), 25. November 2013 zum Aktenzeichen S 11 KA 590/13 (Quartale I/08 bis IV/08) und 18. Dezember 2013 zum Aktenzeichen S 11 KA 661/13 (Quartale I/09 bis IV/11) Klagen beim Sozialgericht Marburg erhoben. Das Sozialgericht hat die Verfahren unter dem führenden Aktenzeichen S 11 KA 572/12 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. März 2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, dass die in der Anlage 3 zum EBM aufgeführten Prüfzeiten unzutreffend seien. Zumindest aufgrund seiner Expertise, der Schwerpunktbildung und entsprechenden Praxisorganisation seien diese Zeitwerte nicht realistisch. Er könne die Leistung der GOP 30791 auch durchschnittlich deutlich schneller erbringen.
Mit Urteil vom 28. Mai 2014 hat das Sozialgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Die Honorarrückforderungsbescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Zur Begründung hat das Sozialgericht zunächst nach § 136 Abs. 3 SGG auf die Gründe der Widerspruchsbescheide verwiesen. Die Beklagte sei grundsätzlich berechtigt, Tages- und Quartalsprofile zu erstellen. Die Beklagte habe die Tages- und Quartalsprofile auch nicht falsch berechnet. Sie habe die Tages- und Quartalsprofile auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM 2000plus erstellt. Die Beklagte habe auch für die Körperakupunkturleistung nach Nr. 30791 EBM 2000 plus die vom EBM vorgegebene Prüfzeit im Tagesprofil von 10 Minuten bei einer Kalkulationszeit von 13 Minuten ansetzen dürfen. Die Kammer halte an ihrer Rechtsauffassung (SG Marburg, Urteile vom 13.03.2013, S 11 KA 101/1 und vom 24.04.2014, S 11 KA 442/12) sowie der Rechtsauffassung der 12. Kammer des SG Marburg (Urteil vom 19.09.2012 - Az. S 12 KA 167/11) weiterhin fest. Akupunkturleistungen seien durch Beschluss des Bewertungsausschusses zu Änderungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 119. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung), Teil C, mit Wirkung zum 1. Januar 2007 neu in den EBM eingeführt. Aus der Leistungslegende der mit 480 Punkten bewerteten Nr. 30791 werde deutlich, dass es sich auch bei der einzelnen Akupunktur als Teil einer Akupunkturbehandlung um eine umfassende Behandlung einer im Ansatz ganzheitlichen Therapie handelt. Die Kammer gehe davon aus, dass der Ansatz von 10 Minuten nicht zu beanstanden sei und zutreffend so bemessen sei, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Die vom Kläger vorgetragenen Argumente könnten diese Einschätzung nicht erschüttern. Soweit der Kläger den Vorgang der Akupunkturbehandlung als rein technischen, fast "fließbandartigen" Vorgang darstelle, der an 7 Patienten gleichzeitig durchgeführt werde, entspreche dies nicht einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Auch bei optimaler Vorbereitung durch die Praxismitarbeiter fielen Wegezeiten zum Aufsuchen und Verlassen des Behandlungsraums an und müssten insbesondere in jeder Sitzung Gespräche mit den Patienten geführt werden. In jeder Sitzung sei der zurückliegende Zeitraum bis zur letzten Sitzung aufzuarbeiten und habe eine Evaluation mit dem Patienten zu erfolgen. Es sei zu evaluieren, ob die bisherige Therapie bestätigt werden könne oder ob sie zu verändern sei. Hinzu komme das Führen der Dokumentation, dessen Umfang und Sorgfalt gerade dann zunehme, wenn Akupunkturen in einer Häufigkeit wie bei dem Kläger vorgenommen würden. Der Kläger habe die Leistung der Ziffer 30791 über den streitgegenständlichen Zeitraum bezogen auf die Gesamtpatientenzahl nahezu verdoppelt, bis auf nahezu eine 4-malige Abrechnung pro Patient im Quartal, was einen enormen Umfang bedeute und für eine fließbandartige Erbringung der Leistung spreche. Wesentlich sei, dass es sich bei der Akupunktur um einen ganzheitlichen Therapieansatz handele, bei dem nicht nur Ruhe während der Verweildauer der Nadeln von mindestens 20 Minuten notwendig sei, sondern während der gesamten Behandlung. Auch dies stehe von vornherein einer "fließbandartigen" Behandlung entgegen. Wie bei Gesprächsleistungen schließe dies auch hier eine parallele Leistungserbringung aus, könnten also während der Durchführung der Akupunktur mit dem Patienten weitere Leistungen nicht erbracht werden. Gespräche mit dem Patienten seien zunächst Teil der Akupunkturbehandlung. Sie können gesondert nur abgerechnet werden, wenn sie separat, also außerhalb der Akupunktursitzung erfolgten, und einen anderen Therapieansatz verfolgten, soweit dieser im Sinne einer Stufentherapie nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. Von daher sehe die Kammer in der genannten Kalkulations- und Prüfzeit nicht lediglich einen standespolitischen Erfolg entsprechender Verbände, sondern auch das zutreffend vom Bewertungsausschuss unterstellte Erfordernis einer sorgfältigen individuellen Behandlung, das einer Vertaktung des Behandlungsablaufs insofern entgegenstehe. Soweit die Überschreitungen auf EEG- und EMG-Leistungen beruhten, gelten die gleichen Grundsätze. Auch diesbezüglich könne sich der Kläger aufgrund der verbindlichen Vorgaben des Bewertungsausschusses nicht darauf berufen, er könne diese Leistungen schneller erbringen. Soweit die Beklagte bei einer Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 21210 bis 21212 EBM 2005 mit der Ziffer 21220 EBM 2005 davon ausgehe, dass hierfür im Behandlungsfall 20 Minuten anzusetzen seien, sei dies zutreffend. Ziffer 21220 EBM 2005 "Beratung, Erörterung und/oder Abklärung, Dauer mindestens 10 Minuten" könne für je vollendete 10 Minuten angesetzt werden und werde mit 150 Punkten berücksichtigt. Nach dem EBM 2005 sei aber bei der Nebeneinanderberechnung der Leistungen nach den Ziffern 21210 bis 21212 EBM 2005 mit der Ziffer 21220 EBM 2005 eine Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der Ziffer 21220 EBM 2005. Dies folge eindeutig aus der klaren und bestimmten Leistungslegende dieser Vorschriften. Bei der die Leistungslegende ergänzenden Anmerkung handele es sich um einen Teil des vom Bewertungsausschuss verabschiedeten EBM, der insofern die eigentliche Leistungslegende ergänze. Sie gelte für den behandelnden Vertragsarzt und die Kassenärztliche Vereinigung und normiere gleichfalls die Voraussetzungen für eine vollständige Leistungserbringung. Gerade bei zeitlichen Vorgaben verbleibe kein Auslegungs- oder Interpretationsspielraum; solche Vorgaben seien schon aus diesem Grund eindeutig und bestimmt. Der Arzt könne auch die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben ohne großen Aufwand selbst kontrollieren, da hierfür nur eine normale Uhr benötigt werde. Ein neuer Gebührentatbestand werde damit nicht geschaffen. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 21210 bis 21212 EBM 2005 mit der Ziffer 21220 EBM 2005 im Tagesprofil mit 20 Minuten bewerte. Nicht zu beanstanden sei auch die Annahme, dass bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw. bei wenigsten drei Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliegt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 04.06.2008 - S 12 KA 528/07). Schließlich bestünden auch keine Anhaltspunkte, dass der Bewertungsausschuss bei der Festlegung der Kalkulations- und Prüfzeit für die streitgegenständlichen Leistungen seinen Gestaltungsspielraum missbräuchlich überschritten habe. Auf einen Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Auch Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs sei nicht eingetreten. Die Beklagte könne eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. BSG Urt. v. 15.11.1995 - 6 RKa 57/94 und BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - m. w. N.). Nicht zu beanstanden sei auch die Berechnung der Berichtigungsbeträge. Im Rahmen ihres Schätzungsermessens habe die Beklagte den Leistungsanteil abgeschöpft, der auf Leistungen jenseits der Grenze entfalle. Ihr Rechenvorgang über die Feststellung eines Überschreitungsprozentsatzes bedeute letztlich, dass sie einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt habe. Auf diese Weise habe die Beklagte alle Vergütungsanteile und evtl. Sachkostenerstattungen einbezogen.
Gegen das ihm am 20. August 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. September 2014 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger trägt vor, die Prüfzeit für eine Behandlung nach EBM-Nr. 30791 sei mit 10 Minuten zu großzügig bemessen. Eine solche Leistung könne von einem erfahrenen und geübten Arzt in weit unter 10 Minuten ordnungsgemäß erbracht werden, sie bestehe im Wesentlichen aus der Lokalisation von Akupunkturpunkten, der Desinfektion der Haut, dem Setzen der Nadeln, der Überprüfung der Wirkung und der Entfernung der Nadel. Ein geübter und langjährig erfahrener Arzt wie er könne dies in weit unter 10 Minuten ordnungsgemäß erbringen. Ihm eine fließbandartige Behandlung zu unterstellen, sei unangemessen. Ferner sei die Häufigkeit der Erbringung der Leistung zu beachten. Seine Praxis bilde eine Art Schwerpunktpraxis im Bereich Akupunktur, was kombiniert mit seiner Behandlungserfahrung dazu führe, dass die Abbildung der Zeitprofile im Bereich der EBM-Nr. 30791 verzerrt dargestellt würden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass er gemeinsam mit gut organisiertem und geschultem Praxispersonal in der Lage sei, in kürzerer Zeit die streitgegenständlichen Leistungen zu erbringen. Mehrere Räume stünden für parallele Behandlungen mehrerer Patienten zur Verfügung, die sich auf die Behandlung vorbereiten könnten und während der Behandlung anderer Patienten die Behandlungsräume nach dem Ankleiden verlassen könnten. Die Prüfzeiten stellten – auch nach Auffassung der Beklagten – Durchschnittszeiten dar, denen es impliziert sei, dass sowohl Überschreitungen als auch Unterschreitungen üblicherweise aufträten. Die Durchführung einer Körperakupunktur und gegebenenfalls Revision des Therapieplans gem. den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V bei den Indikationen "chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule" oder "chronische Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose" seien allein vom EBM erfasst, nur die zu diesem Zweck durchgeführten Akupunkturleistungen flössen in die Tagesprofile ein. EBM-Nr. 30791 erfasse nur zwei von zahlreichen Indikationen, die relativ zentrierte Schmerzen in kleinen Bereichen des Körpers zum Gegenstand hätten Diese Beschränkung der Abrechenbarkeit von Akupunkturleistungen auf zwei Indikationsstellungen habe demnach auch eine Beschränkung der täglich aufzusuchenden Akupunkturpunkte in überschaubarer Anzahl zur Folge. Dass das Aufsuchen dieser gängigen Punkte durch einen routinierten Arzt wie ihm äußerst zügig erfolgen könne, verstehe sich von selbst. Eine Revision des Therapieplans sei nicht bei jedem Patienten und in jeder Sitzung erforderlich, sondern nur bei Änderungen der Schmerzlage. Solche Änderungen ließen sich im Vorfeld des Setzens der Akupunkturnadeln in sehr kurzer Zeit abfragen. Bereits die Leistungsbeschreibung der Abrechnungsziffer gehe davon aus, dass der Therapieplan nur "gegebenenfalls" zu revidieren sei. Während der 20-minütigen Verweildauer der Nadeln sei eine Anwesenheit des behandelnden Arztes entbehrlich. Er könne sich ferner auf Vertrauensschutz berufen, denn die Beklagte habe den ersten Eingang seines Hinweisschreibens bestätigt und in Aussicht gestellt, dies dem Gremium zur Beurteilung der Gesamtsituation vorzulegen, sollten sich bei der Quartalsabrechnung Auffälligkeiten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung zeigen. Die erste Plausibilitätsprüfung hinsichtlich der Quartale 2007 sei erst im Jahr 2011 erfolgt. Durch seinen wiederholten Hinweis sei es der Beklagten zumutbar gewesen, sich wesentlich früher mit dem Sachverhalt zu beschäftigen und eine grundsätzliche Linie zu statuieren, wie sie in Zukunft mit dem wiederholt auftretenden Problem zu verfahren gedenke. Da dies unterblieben sei, habe er davon ausgehen müssen, dass sein Abrechnungsverhalten gebilligt werde, zumal er selbst auf die auftretenden Ungereimtheiten hingewiesen und diese erklärt habe. Dringend zu klären sei die Frage, warum Praxen, die im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit schwerpunktmäßig Akupunkturbehandlungen erbringen, automatisch in den Zeitprofilen der Plausibilitätsprüfung auffällig würden. Es sei ferner unabdingbar, dass sich das Gericht durch Inaugenscheinnahme von der ordnungsgemäßen Leistungserbringung durch ihn überzeuge. Die Inaugenscheinnahme sei ein taugliches Beweismittel dafür, dass der Ansatz von 10 Minuten zu hoch angesetzt sei und dass ein erfahrener, strukturell gut organisierter Therapeut diese Leistung in kürzerer Zeit und ohne Abstriche an Qualität erbringen könne. Die erste Tatsache sei zudem dem Sachverständigenbeweis zugänglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 28. Mai 2014 und den Bescheid vom 24. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2012, den Bescheid vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2013 sowie den Bescheid vom 9. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2013 aufzuheben,
hilfsweise,
zum Beweis der Tatsache, dass er für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 aufgrund seiner Spezialisierung sowie aufgrund der besonders gut organisierten Praxisstruktur deutlich weniger als die im Anhang 3 zum EBM festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten benötigt, die richterliche Inaugenscheinnahme
und
zum Beweis der Tatsache, dass die im Anhang 3 zum EBM festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 insgesamt zu hoch bemessen ist, ein Sachverständigengutachten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Prüfzeit von 10 Minuten entspreche dem Zeitumfang, der für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung durchschnittlich anfalle. Zu berücksichtigen sei, dass in jeder Sitzung ein Gespräch mit dem Patienten notwendig sei, der zurückliegende Zeitraum sei aufzuarbeiten und eine Evaluation habe zu erfolgen. Der Arzt habe eine eventuelle Therapieänderung zu prüfen und mit dem Patienten zu besprechen. Schließlich sei die eigentliche Behandlung durchzuführen und entsprechend zu dokumentieren. Das vom Kläger vorgetragene, nahezu fließbandartige Vorgehen entspreche nicht einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung und sei insofern nicht geeignet, die festgestellten Zeitüberschreitungen plausibel zu erläutern.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 28. Mai 2014 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2012, der Bescheid vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2013 sowie der Bescheid vom 9. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Honorarberichtigung ist § 75 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 106a Abs. 1 und 2 SGB V i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä), wonach die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit berichtigt. Gemäß § 106a Abs. 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I, 2190) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Vertragsarztes. Bei der Prüfung nach Satz 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden. Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zugrunde zu legen. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich nach den nach § 106a Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbarten Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen vom 1. Juli 2008 (AbrechnPr-RL) auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 1998 - B 6 KA 48/97 R -). Die Überprüfung des Umfangs der abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den Zeitaufwand des Vertragsarztes erfolgt nach § 8 Abs. 2 AbrechnPr-RL gleichrangig durch die Ermittlung eines Tages- und eines Quartalszeitprofils. Eine weitere Überprüfung nach § 12 AbrechnPr-RL erfolgt gemäß § 8 Abs. 3 AbrechnPr-RL, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt. Die Zulässigkeit von Tagesprofilen war bereits in der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1993 – 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234, 238 f. = SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 S. 9, 13 f. - auch mit weiteren Nachweisen aus der Literatur; BSGE 86, 30, 39 = SozR 3-2500 § 83 Nr. 1, S. 1, 11; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. 1. 2001, L 5 KA 2/99 = ArztuR 2001, 166; LSG Nordrhein-Westfalen, MedR 2004, 464, 465; vgl. auch Bayer. LSG, Urteil vom 11. 10. 2000, L 12 KA 30/99). Tagesprofile müssen danach folgende Anforderungen erfüllen: Es dürfen nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzen; delegationsfähige Leistungen haben daher außer Betracht zu bleiben. Die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten müssen so bemessen sein, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspricht es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handelt, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden kann. Die Durchschnittszeiten stellen sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar. Zu beachten ist weiter, dass bestimmte Leistungen nebeneinander berechnungsfähig sind, der zu berücksichtigende Zeitaufwand also nicht für jede Leistung angesetzt werden darf. Schließlich müssen Tagesprofile für einen durchgehenden längeren Zeitraum erstellt werden (zum Ganzen: Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 12/15, § 106a SGB V, Rn. 62f). Für Quartalsprofile, die Behandlungszeiten für Leistungen dokumentieren, die der Arzt in einem Quartal und damit in einem deutlich längeren Zeitraum abgerechnet hat, gilt nichts anderes (BSG, Beschluss vom 17. August 2011 – B 6 KA 27/11 B –, Rn. 6, juris). Die Ermittlung von Tages- und Quartalsprofilen für die Prüfung der Plausibilität der Abrechnung des Klägers ist damit dem Grunde nach nicht zu beanstanden.
Wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, hat die Beklagte die Tages- und Quartalsprofile auch nicht falsch berechnet, indem sie diesen Prüfzeiten entsprechend den Zeitangaben im EBM 2000plus zugrunde gelegt hat. § 106a Abs. 2 Satz 4 SGB V bestimmt, dass im einheitlichen Bewertungsmaßstab - in der jeweils gültigen Fassung (§ 8 Abs. 1 PrüfRL) - enthaltene Angaben zum Zeitaufwand bei den Prüfungen zu Grunde zu legen sind. Hintergrund dieser Bestimmung ist die Regelung des § 87 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V. Danach sind die Partner des einheitlichen Bewertungsmaßstabs im ärztlichen Bereich - soweit möglich - verpflichtet, die dort aufgeführten Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen. Die Regelung dient neben der Verbesserung der Transparenz der Leistungsbewertung im einheitlichen Bewertungsmaßstab ausdrücklich der Verbesserung der Wirksamkeit der Abrechnungsprüfungen durch die Kassenärztliche Vereinigungen nach § 106a n. F. (FraktE-GMG, BT-Drucks. 15/1525 S. 104 zu § 87 Abs. 2). Vor dem Hintergrund dieser Regelung ist der von dem Kläger beanstandete Ansatz der Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistung nach Nr. 30791 EBM-Ä (Durchführung einer Körperakupunktur) nicht zu beanstanden, denn die zugrunde gelegte Prüfzeit wurde den "Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes gemäß § 87 Abs. 2 S. 1 SGB V i. V. m. § 106a Abs. 2 SGB V" in Anhang 3 zum EBM-Ä entnommen. Damit liegen bundeseinheitliche Messgrößen vor, die der Plausibilitätsprüfung nach Zeitprofilen zugrunde zu legen sind und die für Vertragsärzte und Kassenärztliche Vereinigungen verbindlich sind (Senatsurteil vom 26. November 2014 – L 4 KA 2/11; Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 12/15, § 106a SGB V, Rn. 71).
Da die einheitlichen Bewertungsmaßstäbe Rechtsnormen in Form von Normsetzungsverträgen darstellen, können die Angaben zum Zeitaufwand zwar inzident in einem gegen die Abrechnungsprüfung angestrengten gerichtlichen Verfahren überprüft werden, nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 26. November 2014 – L 4 KA 2/11) ist allerdings zu beachten, dass der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses und der Bewertung der Leistungen hat, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfGE 108, 1, 19), d.h. in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Juris Rn. 16 m. w. N.). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des Bewertungsausschusses ist somit im Wesentlichen auf die Prüfung beschränkt, ob sich die untergesetzliche Normen auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen können und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Der Bewertungsausschuss überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird - oder dass es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei vernünftigen Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BVerfG SozR 4-2500 § 87 Nr. 6 Rn. 19, 21; BSG, Urteil vom 29. Mai 2008, a. a. O.; BSGE 94,50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rn. 86 m. w. N.; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 39 Rn. 17). Für eine solche Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses sind hier keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, zumal die Einführung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes "EBM 2000plus" wissenschaftlich begleitet wurde (vgl. Abschlussbericht im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, Deutscher Ärzte Verlag Köln 2007) und damit die Rechtsträger des Bewertungsausschusses der aus der Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses als Normgeber korrespondierenden Beobachtungspflicht (vgl. hierzu Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 07/17, § 87 SGB V, Rn. 468f m. w. N.) nachgekommen sind. Nachdem dem "Abschlussbericht im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK" (Deutscher Ärzte Verlag Köln 2007) keine eindeutigen Ergebnisse über die Richtigkeit der in Anlage 3 zum EBM-Ä angegebenen Prüfzeiten zu entnehmen sind, sondern lediglich ausgeführt wird, dass es bei einigen Arztgruppen Hinweise gebe, "dass die Kalkulationszeit im EBM ggf. zu hoch angesetzt wurde" (Abschlussbericht im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, Deutscher Ärzte Verlag Köln 2007, S. 158), bestand nach Auffassung des Senats – jedenfalls hinsichtlich der streitgegenständlichen Quartale - auch keine Veranlassung zu einer Nachbesserung der Regelungen zu den Prüfzeiten, auch wenn die Kalkulationszeiten die Grundlage für die Quantifizierung der Prüfzeiten bilden (Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, 7. Erg-Lfg., Stand 1. Oktober 2013, zu Anhang 3 EBM-Ä). Denn generell kommt ein Eingreifen einer Reaktionspflicht frühestens dann in Betracht, wenn dem Normgeber die entsprechenden Daten vorliegen (hierzu: Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 07/17, § 87 SGB V, Rn. 468f m. w. N.).
Angesichts der – wie ausgeführt – nur eingeschränkten richterlichen Kontrolle der dem Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses unterliegenden Prüfzeiten der Anlage 3 EBM-Ä, sah sich der Senat nicht gehalten, dem Beweisantrag des Klägers, zum Beweis der Tatsache, dass die im Anhang 3 zum EBM-Ä festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 insgesamt zu hoch bemessen ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen, nachzukommen, da diese Tatsache nicht erheblich ist. Selbst unterstellt, die Annahme des Klägers sei richtig, ließe eine längere Prüfzeit für die Nr. 30791 EBM-Ä keine Rückschlüsse auf eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses im vorbeschriebenen Sinne zu. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 10. November 2009 (L 4 KA 70/09 B ER) noch zu erkennen gegeben hat, dass die Richtigkeit der Zeitansätze der Prüfzeiten im Anhang 3 zum EBM-Ä als auf ärztlichem Erfahrungswissen basierende Festlegung der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen, nimmt er hiervon für die ab Einführung des EBM 2000plus geltende Rechtslage Abstand.
Auf der Basis der – wie ausgeführt – für die Beteiligten verbindlichen Prüfzeiten des Anhangs 3 zum EBM-Ä hat die Beklagte – wie auch das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat – in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Implausibilität der Leistungserbringung durch den Kläger in den streitbefangenen Quartalen festgestellt, denn es ergeben sich aus den Quartals- und Tagesprofilen Überschreitungen der Arbeitszeit des Klägers in so erheblichen Ausmaß, das sich mit seinem Vorbringen im Verfahren nicht mehr erklären lässt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den in Anhang 3 zum EBM-Ä aufgeführten Prüfzeiten – auch zur Nr. 30791 EBM-Ä – im Unterschied zu den ebenfalls dort angegebenen Kalkulationszeiten nicht um Durchschnittszeiten handelt, sondern um Mindestzeiten (Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106a SGB V, Rn. 177; Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 12/15, § 106a SGB V, Rn. 71; Steinhilper, MedR 2004, 507, 798), die ein Vertragsarzt für die Erbringung der jeweiligen Leistung mindestens benötigt. Diese sind – normativ durch den Bewertungsausschuss bestimmt – so bemessen, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Angesichts dessen kann der Kläger gegen die Dauer der Prüfzeit von 10 Minuten für die Nr. 30791 EBM-Ä nicht mit Erfolg seine Spezialisierung und besonders gut organisierte Praxisstruktur einwenden. Da nach alledem der Vortrag des Klägers, seine Spezialisierung und besonders gut organisierte Praxisstruktur führe dazu, dass er für die Leistungserbringung der Nr. 30791 EBM-Ä deutlich weniger als 10 Minuten benötige, nicht erheblich ist, war der Senat auch nicht gehalten, dem Beweisantrag des Klägers auf richterliche Inaugenscheinnahme Folge zu leisten. Überdies hat der Kläger auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, worin seine Spezialisierung und die besonders gute Praxisorganisation im Einzelnen bestehen und wie sich daraus Unterschiede zu anderen Vertragsärzten, die Leistungen der Körperakupunktur nach Nr. 30791 EBM-Ä erbringen, von solcher Gewichtigkeit ergeben, die es dem Kläger erlauben, die Prüfzeit deutlich zu unterschreiten
Der Senat sieht im Weiteren von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt insoweit auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils, Urteilsumdruck S. 14 vorletzter Absatz bis S. 15 dritter Absatz, nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend ist noch auszuführen: Wie das Sozialgericht schon zutreffend entschieden hat, kann sich der Kläger – auch mit Rücksicht auf das Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 16. Juli 2007 – nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Nach der höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Das BSG hat hierzu im Urteil vom 28. August 2013 (B 6 KA 43/12 R) ausgeführt: "Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff)." Keine der vom BSG entwickelten Fallgruppen, die Vertrauensschutz zugunsten des Vertragsarztes begründen könnten, liegen vor. Weder hat die Beklagte die Frist von vier Jahren seit Erlass der betroffenen Honorarbescheide – wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – für die nachträgliche Korrektur der Honorarabrechnung überschritten, noch hat sie ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits dadurch "verbraucht", dass sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Sie hat es auch nicht unterlassen, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Soweit der Kläger in seinen quartalsweise vorgelegten Schreiben auf Überschreitungen der Tagesprofile wegen der – nach seiner Ansicht – zu hohen Prüfzeit von 10 Minuten für die Durchführung der Körperakupunktur nach Nr. 30791 EBM-Ä hingewiesen hat, begründet dies noch keine bekannte Ungewissheit hinsichtlich der Abrechnungsgrundlagen. Diesbezügliche Hinweispflichten entstehen erst dann, wenn gegen die Rechtmäßigkeit der von der KÄV angewandten Auslegung des Regelwerks ernsthafte Bedenken bestehen, die sich insbesondere auf Grund abweichender Gerichtsentscheidungen ergeben (Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 12/15, K § 106a RdNr 33c). Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der Beklagten auch nicht begrenzt, weil die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors besteht. Ob neben diesen Fallgruppen ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, hat das BSG zuletzt ausdrücklich offen gelassen (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 43/12 R –, BSGE 114, 170-180, SozR 4-2500 § 106a Nr. 11, Rn. 29) und bedarf hier auch keiner Entscheidung durch den Senat. Denn allein aus dem Umstand, dass die Beklagte vom Kläger in dessen Schreiben vom 10. Juli 2007 auf Überschreitungen der statistischen Tagesprofile hingewiesen worden ist, und sie den Eingang des Schreibens bestätigt sowie zugesagt hat, das Schreiben dem Prüfgremium zur Beurteilung der Gesamtsituation vorzulegen, ergibt sich noch keine wissentliche Duldung einer unberechtigten Leistungserbringung durch den Kläger. Die positive Kenntnis implausibler Leistungserbringung aufgrund von Überschreitungen von Zeitprofilen lässt sich nämlich letztlich nur durch die Durchführung des Prüfverfahrens selbst gewinnen.
Auch ist nicht von einer fehlerhaften Ausübung des Schätzungsermessens hinsichtlich der Honorarberichtigung auszugehen. Der Beklagten kommt hierbei ein weites Schätzungsermessen zu (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6RKa 86/95, Juris Rn. 23). Bei Schätzungen besteht jedoch kein der Gerichtskontrolle entzogener Beurteilungsspielraum. Vielmehr hat das Gericht die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen. Die Verpflichtung zur eigenen Schätzung bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt. Sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthält, reicht es aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollzieht (vgl. BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2, S. 14; BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6RKa 86/95, Juris Rn. 28). Insoweit macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen in den Bescheiden der Beklagten zu Eigen. Diese hat nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass sie je Quartal die Zeiten über 12 Stunden addiert und ins Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit (Angaben in Minuten) gesetzt hat und um den daraus ermittelten Überschreitungsprozentsatz die Nettohonorarforderungen der jeweiligen Quartale reduziert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Revision war zuzulassen. Der Senat misst der Frage der Verbindlichkeit der in Anlage 3 zum EBM-Ä angegebenen Prüfzeiten grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG bei. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 GKG.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 177.064,30 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnungen für die Quartale II/07 bis IV/11. Der Kläger ist als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte hatte den Kläger mit Schreiben ohne Datum (BI. 69ff. der Verwaltungsakte zum Aktenzeichen S 11 KA 572/12) hinsichtlich einer Abrechnungsprüfung für die Quartale II/05 - I/07 informiert. Da nur im Quartal I/07 Auffälligkeiten bestanden, wurde von einer weitergehenden Prüfung abgesehen. Hinsichtlich der Überschreitung der Tagesprofile durch die Akupunkturleistungen übersandte der Kläger sodann erstmalig mit Datum vom 10. Juli 2007 und danach routinemäßig quartalsweise an die Beklagte Schreiben mit folgendem Wortlaut: "Sehr geehrte Damen und Herren, trotz exakter Überprüfung der abgerechneten Leistungen ergeben sich durch die Akupunktur Überschreitungen der statistischen Tagesdurchschnittsprofile. Ich bitte Sie, die zeitlichen Vorgaben kritisch zu überprüfen, da die Akupunktur in diesen Profilen bisher nicht berücksichtigt wurde. Die Zeitvorgaben werden ledig addiert, wobei 10 min Prüfzeit pro behandelten Akupunkturpatient sicher eine falsche Vorgabe ist. Nur ein Arzt mit wenig Kenntnissen in der TCM mag vielleicht einen solchen Zeitaufwand betreiben. Das präzise Positionieren von Akupunkturnadeln in der Schmerztherapie sollte schon aus Rücksicht auf den Patienten rascher erfolgen. Die Schmerztoleranz der Patienten könnte sonst leicht überschritten werden. Die Patienten wurden lege artis gemäß der Leistungsinhalte der Ziffern diagnostiziert und behandelt. Es handelt sich bei den Akupunkturpatienten um Patienten mit einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik gemäß der Leistungslegenden, bei denen sämtlich eine medizinische Notwendigkeit zur Akupunkturbehandlung bestand."
Mit Schreiben vom 16. Juli 2017 reagierte die Beklagte hierauf wie folgt: "Das Schreiben, dass Sie mit Ihrer Quartalsabrechnung II/07 eingereicht haben, ist am 11.07.2007 eingegangen und wurde in unsere Abteilung weitergeleitet. Sollten sich bei Ihrer Quartalsabrechnung Auffälligkeiten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung zeigen, werden wir Ihr Schreiben dem Gremium zur Beurteilung der Gesamtsituation vorlegen."
Die Beklagte führte in den streitbefangenen Quartalen in drei Zeitabschnitten (Plausibilitätsprüfungen durch und übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 2011 (II/07 bis IV/07), 16. April 2012 (I/08 bis IV/08) und 23. Mai 2013 (I/09 bis IV/11) die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile. Im Schreiben vom 28. Juli 2011 wies die Beklagte darauf hin, dass die Schreiben des Klägers zur Prüfzeit der Akupunkturbehandlung berücksichtigt worden seien. Der Kläger wurde aufgefordert, konkrete Angaben über seine Akupunkturbehandlungszeiten zu machen. Es ergaben sich die folgenden Überschreitungen:
Quartalsübersicht:
Es folgen zwei Tabellen, die aus technischen Gründen nicht ordnungsgemäß dargestellt werden können.
Quartal Tagesprofil Anzahl Tage davon Maximale Arbeitszeit pro Tag im Quartal Quartalsprofil Zeitsumme Überschreitung )12 Std. )16 Std. Std.: Min Std.: Min. II/07 21 7 20:15 880:29 100:29 III/07 10 2 18:50 683:32 - IV/07 20 2 18:22 816:44 36:44 I/08 30 5 21:47 924:37 144:37 II/08 28 6 21:50 920:33 140:33 III/08 31 15 25:34 1054:51 274:51 IV/08 39 22 21:54 1122:23 342:23 I/09 36 22 20:55 1187:54 407:54 II/09 39 28 20:09 1319:44 539:44 III/09 42 31 23:38 1397:22 617:22 IV/09 44 30 25:13 1436:34 656:34 I/10 45 27 23:06 1359:06 579:06 II/10 42 24 30:22 1284:28 504:28 III/10 41 14 24:54 1186:12 406:12 IV/10 46 29 30:26 1273:37 493:37 I/11 36 17 21:59 1152:44 372:44 II/11 36 14 27:54 1137:14 357:14 III/11 42 10 19:35 1151:32 371:32 IV/11 31 13 35:23 1118:48 338:42
Tagesübersicht: Behandlungstag Zeitergebnis 2. April 2007 20:15 12. April 2007 18:58 26. April 2007 16:49 12. Juli 2007 18:50 26. Juli 2007 18:07 23. August 2007 14:31 11. Oktober 2007 14:00 18. Oktober 2007 18:22 22. Oktober 2007 16:36 17. Januar 2008 17:11 31. Januar 2008 21:47 7. Februar 2008 18:02 14. April 2008 17:01 15. Mai 2008 21:50 29. Mai 2008 16:43 1. Juli 2008 18:44 7. Juli 2008 16:59 23. September 2008 25:34 13. Oktober 2008 19:28 20. Oktober 2008 20:12 30. Oktober 2008 20:19 13 März 2009 20:55 23. April 2009 20:09 30. Juli 2009 23:38 15. Oktober 2009 25:13 17. März 2010 23:06 6. April 2010 30:22 1. Juli 2010 24:54 4. Oktober 2010 30:26 10. Januar 2011 21:59 4. April 2011 27:54 4. Juli 2011 19:35 4. Oktober 2011 35:23
Der Kläger erklärte hierzu, dass die Prüfzeiten für das EEG, EMG und die Akupunkturbehandlung für ihn als äußerst erfahrenen und routinierten Arzt viel zu hoch bemessen seien. Eine Zeitersparnis gegenüber der Prüfzeit resultiere auch aus der Spezialisierung der Praxis im Bereich Akupunktur, mit der eine besondere Qualität des Personals und einer entsprechenden Praxisorganisation einhergehe. So verfüge er über 7 Behandlungsräume, in denen gleichzeitig Patienten behandelt werden könnten. Auf der Grundlage der festgestellten Überschreitungen forderte die Beklagte mit Bescheid vom 24. November 2011 (II/07 bis IV/07) insgesamt 11.044,43 Euro, mit Bescheid vom 3. August 2012 (I/08 bis IV/08) insgesamt 26.559,07 Euro und mit Bescheid vom 9. August 2013 (I/09 bis IV/11) 139.460,80 Euro Honorar zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Überprüfung der Abrechnung habe ergeben, dass der Kläger die Grenze von 12 Stunden am Tag in den streitbefangenen Quartalen II bis IV/07 an 51 Tagen, in den Quartalen I/08 bis IV/08 an 128 Tagen und in den Quartalen I/09 bis IV/11 an 480 Tagen überschritten habe. Für die hohen Zeitüberschreitungen seien insbesondere die zum 1. Januar 2007 in den EBM aufgenommenen Akupunkturleistungen (GOP 30790 und 30791) mit einer Prüfzeit von 30 bzw. 10 Minuten verantwortlich. Bezüglich der Akupunkturleistungen nach Nummer 30791 würden täglich hohe Zeitprofile, teilweise sogar über 8 Stunden, erreicht. Dieser Ansatz von Akupunkturleistungen nach Nr. 30791 EBM 2005 erwecke angesichts der Häufigkeit und des Zeitaufwandes insgesamt den Verdacht, dass der in den Gebührenordnungspositionen vorgegebene Leistungsinhalt nicht in jedem Fall vollständig und ordnungsgemäß erbracht worden sei, so dass die Positionen nicht zum Ansatz hätten kommen dürfen. Der Zeitansatz für die einzelnen Leistungen sei gerechtfertigt. Auch die teilweise gewählte Kombination des Ordinationskomplexes mit dem Gespräch von mindestens 10 Minuten Dauer erwecke angesichts der Häufigkeit und des Zeitaufwandes ergänzend den Verdacht, dass die von den Gebührenordnungspositionen 21210 bis 21212 im fakultativen Leistungsinhalt beschriebene Mindestkontaktzeit von 10 Minuten beim Ansatz der GOP 20220 nicht in jedem Fall eingehalten worden sei, wonach die GOP 21220 also erst bei einer Kontakt- bzw. Gesprächszeit von mindestens 20 Minuten zum Ansatz hätte kommen dürfen. Der Plausibilitätsausschuss SÜD sehe darin einen Verstoß gegen die verbindliche Anmerkung unter der Leistungslegende zur GOP 21220 EBM 2000 plus, nach der "bei Nebeneinanderabrechnung der Leistungen nach den Nrn. 21210 bis 21212 und 21220 eine Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der Nr. 21220 sei" und weiterhin auch einen Verstoß gegen die Allgemeinen Bestimmungen I, 2.1 EBM, wonach eine Leistung erst dann abrechnungsfähig sei, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Im Tagesprofil werde lediglich die Zeit (nämlich mindestens 20 Minuten) für die kombinierte Abrechnung mit der Nr. 21220 aufgeführt, die der ordnungsgemäß abrechnende Arzt aufgewandt haben müsse, wenn er den Ordinationskomplex und die Gesprächsleistung am selben Tag nebeneinander abgerechnet habe. Solange ein Arzt die Ziffernkombination nur angesetzt habe, wenn er tatsächlich die geforderte Zeit (20 Minuten) für den Patienten verwandt hätte, würden sich im Tages- bzw. "Gesprächszeit" - Profil durch diese Zeitberechnung keine irrealen Zeiten ergeben. Lediglich wenn die Kontaktzeit tatsächlich unterschritten worden wäre und dies in einer großen Zahl der Fälle geschehe, werde das Tages- bzw. "Gesprächszeit"- Profil auffällig. Für die Rechtmäßigkeit des Tagesprofils sei allein entscheidend, ob es sachlich richtig erstellt worden wäre. Sachlich richtig sei das Tagesprofil, wenn es die Zeiten abbilden würde, die der Arzt bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung persönlich an diesem Tag erbracht haben müsse. Die Umsetzung der Anmerkung zur Leistungslegende der GOP 21220 im Tagesprofil sei sachlich richtig, dies sei sozialgerichtlich bestätigt. Auch die Quartalszeitgrenze von 780 Stunden seien deutlich überschritten worden. Diese Überschreitungen seien jedoch teilweise erklärbar und lägen in einem noch vertretbaren Rahmen. Von einer Honorarkorrektur im Quartalsprofil werde deshalb abgesehen.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 26. September 2012, 23. Oktober 2013 und 20. November 2013 jeweils zurück. Die für die Quartale II/07 bis IV/07 erstellten Tageszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. Die Zeitüberschreitungen würden auf der sehr häufigen Abrechnung der Akupunkturleistung Nr. 30791 beruhen, außerdem auf der häufigen Abrechnung der Nr. 16310 (EEG) sowie auf der tagesgleichen Abrechnung von Ordinationskomplex und der Beratungsleistung Nr. 21220 EBM 2000plus. Die Einwände gegen die Prüfzeiten des EBM 2000plus, insbesondere der Akupunkturleistung Nr. 30791, Nr. 16310 (EEG) und 16322 (EMG), überzeugten nicht. Die Beklagte sei verpflichtet, die in der Anlage 3 zum EBM 2000plus vorgegebenen Prüfzeiten für die Plausibilitätsprüfung zu Grunde zu legen (§ 8 Abs. 1 der Richtlinien gemäß § 106a SGB V). Die Prüfzeit für die Akupunkturleistung entspreche den vom Bundessozialgericht aufgestellten Anforderungen (Erfassung der reinen Arztzeit eines erfahrenen, zügig arbeitenden Arztes). Die Tageszeitprofile seien daher korrekt erstellt worden. Die Prüfzeiten würden auf der Einschätzung eines ärztlich-sachverständigen Fachgremiums beruhen. Die Akupunkturbehandlung sei schon vor der Aufnahme als vertragsärztliche Leistung eine bekannte (privat)ärztliche Leistung mit Erfahrungswerten für die Leistungserbringungszeit gewesen. Der Prüfzeit läge damit ein Erfahrungswert für die Zeit der Leistungserbringung eines erfahrenen, geübten und zügig arbeitenden Arztes zugrunde. Delegierbare Leistungsbestandteile würden nicht in die Prüfzeit aufgenommen, so dass die Ausbildung der Mitarbeiter und Praxisorganisation nicht relevant sei. Im Übrigen ergebe sich schon aus der Beschreibung als Durchschnittszeit, dass es Fälle gebe, in denen die Leistung sowohl in kürzerer Zeit als auch in längerer Zeit erbracht werden könnten. Der Vortrag, man habe nur Fälle, in denen die Zeiten unterschritten würden, überzeuge daher nicht. Die Prüfzeit gebe an, wie viel Zeit ein Arzt in einer gut geführten Praxis für die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten benötige. Zudem seien die Zeitbewertungen auch Grundlage für die entsprechende Honorierung der Leistungen. Dennoch sei die überwiegende Mehrzahl der Ärzte trotz Abrechnung der Leistungen in Plausibilitätsprüfungen nicht zeitauffällig. Die gleichzeitige ärztliche (Parallel-)Behandlung mehrerer Patienten sei bei dem Leistungsinhalt der Nr. 30791 - Durchführung der Akupunktur gemäß Therapieplan, Aufsuchen der Akupunkturpunkte, exakte Lokalisation, Nadelung, ggf. Adaption des Therapieplanes und Dokumentation, Festlegung neuer Punktekombination und Stichtiefe - ausgeschlossen. Dagegen könnten sich mehrere Patienten nach dem Setzen der Nadeln gleichzeitig/parallel in mehreren Behandlungsräumen befinden (Verweildauer der Nadeln mindestens 20 Minuten), dies sei aber keine zeitbewertete Arztleistung. Die Zeit für die Auswertung des Anamnesefragebogens (Nr. 30790 EBM 2000plus - Eingangsdiagnostik) falle nicht ins Tageszeitprofil, könne also die Tagesprofilhöhe nicht plausibel machen. Ob die Zeitvorgabe für die Nr. 16322 EBM 2000plus (EMG) unangemessen sei, sei nicht relevant. Sie habe diese Leistung meist in einem Umfang unter einer Stunde pro Tag abgerechnet (bei Tageszeitprofilen von über 16/18/20 Stunden). Die Prüfzeit für die Nr. 16310 (EEG) enthalte nur die ärztliche Leistungszeit, der technische, delegierbare Leistungsanteil sei in der Prüfzeit nicht enthalten. Selbst wenn man erläutere, weshalb am 12. Juli 2007 besonders viele Briefe abgerechnet worden wären, so erkläre dies nicht die vielen anderen implausiblen Tageszeitprofile, an denen die Zeit für Briefe meist weit unter einer Stunde Zeitaufwand ausmache. Zeitprofile von über 12 Stunden kämen über alle Quartale hinweg über das gesamte Quartal verteilt und an allen Wochentagen (außer Mittwoch) vor. Leistungserbringungszeiten von über 18 Stunden seien weder mit halbtägiger Praxisschließung noch Quartals-/Monatsbeginn oder Wochenende und genauso wenig mit Praxisbesonderheiten zu erklären. Entgegen der Ansicht des Klägers bedeute die Feststellung, dass Tageszeitprofile nicht plausibel seien (d.h. die Zeithöhe könne nicht erklärt werden), dass Abrechnungsfehler nachgewiesen seien (§ 12 Abs. 2 der Richtlinien gemäß § 106a SGB V). Tageszeitprofile führten den Indizienbeweis für Abrechnungsfehler. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig Leistungen auf den Abrechnungsscheinen eingetragen, deren Leistungsinhalt er nicht vollständig erbracht haben könne. Die auf den nicht ordnungsgemäßen Sammelerklärungen beruhenden Honorarbescheide seien falsch und müssten aufgehoben werden.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger am 29. Oktober 2012 zum Aktenzeichen S 11 KA 572/12 (Quartale II/07 bis IV/07), 25. November 2013 zum Aktenzeichen S 11 KA 590/13 (Quartale I/08 bis IV/08) und 18. Dezember 2013 zum Aktenzeichen S 11 KA 661/13 (Quartale I/09 bis IV/11) Klagen beim Sozialgericht Marburg erhoben. Das Sozialgericht hat die Verfahren unter dem führenden Aktenzeichen S 11 KA 572/12 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. März 2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, dass die in der Anlage 3 zum EBM aufgeführten Prüfzeiten unzutreffend seien. Zumindest aufgrund seiner Expertise, der Schwerpunktbildung und entsprechenden Praxisorganisation seien diese Zeitwerte nicht realistisch. Er könne die Leistung der GOP 30791 auch durchschnittlich deutlich schneller erbringen.
Mit Urteil vom 28. Mai 2014 hat das Sozialgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Die Honorarrückforderungsbescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Zur Begründung hat das Sozialgericht zunächst nach § 136 Abs. 3 SGG auf die Gründe der Widerspruchsbescheide verwiesen. Die Beklagte sei grundsätzlich berechtigt, Tages- und Quartalsprofile zu erstellen. Die Beklagte habe die Tages- und Quartalsprofile auch nicht falsch berechnet. Sie habe die Tages- und Quartalsprofile auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM 2000plus erstellt. Die Beklagte habe auch für die Körperakupunkturleistung nach Nr. 30791 EBM 2000 plus die vom EBM vorgegebene Prüfzeit im Tagesprofil von 10 Minuten bei einer Kalkulationszeit von 13 Minuten ansetzen dürfen. Die Kammer halte an ihrer Rechtsauffassung (SG Marburg, Urteile vom 13.03.2013, S 11 KA 101/1 und vom 24.04.2014, S 11 KA 442/12) sowie der Rechtsauffassung der 12. Kammer des SG Marburg (Urteil vom 19.09.2012 - Az. S 12 KA 167/11) weiterhin fest. Akupunkturleistungen seien durch Beschluss des Bewertungsausschusses zu Änderungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 119. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung), Teil C, mit Wirkung zum 1. Januar 2007 neu in den EBM eingeführt. Aus der Leistungslegende der mit 480 Punkten bewerteten Nr. 30791 werde deutlich, dass es sich auch bei der einzelnen Akupunktur als Teil einer Akupunkturbehandlung um eine umfassende Behandlung einer im Ansatz ganzheitlichen Therapie handelt. Die Kammer gehe davon aus, dass der Ansatz von 10 Minuten nicht zu beanstanden sei und zutreffend so bemessen sei, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Die vom Kläger vorgetragenen Argumente könnten diese Einschätzung nicht erschüttern. Soweit der Kläger den Vorgang der Akupunkturbehandlung als rein technischen, fast "fließbandartigen" Vorgang darstelle, der an 7 Patienten gleichzeitig durchgeführt werde, entspreche dies nicht einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Auch bei optimaler Vorbereitung durch die Praxismitarbeiter fielen Wegezeiten zum Aufsuchen und Verlassen des Behandlungsraums an und müssten insbesondere in jeder Sitzung Gespräche mit den Patienten geführt werden. In jeder Sitzung sei der zurückliegende Zeitraum bis zur letzten Sitzung aufzuarbeiten und habe eine Evaluation mit dem Patienten zu erfolgen. Es sei zu evaluieren, ob die bisherige Therapie bestätigt werden könne oder ob sie zu verändern sei. Hinzu komme das Führen der Dokumentation, dessen Umfang und Sorgfalt gerade dann zunehme, wenn Akupunkturen in einer Häufigkeit wie bei dem Kläger vorgenommen würden. Der Kläger habe die Leistung der Ziffer 30791 über den streitgegenständlichen Zeitraum bezogen auf die Gesamtpatientenzahl nahezu verdoppelt, bis auf nahezu eine 4-malige Abrechnung pro Patient im Quartal, was einen enormen Umfang bedeute und für eine fließbandartige Erbringung der Leistung spreche. Wesentlich sei, dass es sich bei der Akupunktur um einen ganzheitlichen Therapieansatz handele, bei dem nicht nur Ruhe während der Verweildauer der Nadeln von mindestens 20 Minuten notwendig sei, sondern während der gesamten Behandlung. Auch dies stehe von vornherein einer "fließbandartigen" Behandlung entgegen. Wie bei Gesprächsleistungen schließe dies auch hier eine parallele Leistungserbringung aus, könnten also während der Durchführung der Akupunktur mit dem Patienten weitere Leistungen nicht erbracht werden. Gespräche mit dem Patienten seien zunächst Teil der Akupunkturbehandlung. Sie können gesondert nur abgerechnet werden, wenn sie separat, also außerhalb der Akupunktursitzung erfolgten, und einen anderen Therapieansatz verfolgten, soweit dieser im Sinne einer Stufentherapie nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. Von daher sehe die Kammer in der genannten Kalkulations- und Prüfzeit nicht lediglich einen standespolitischen Erfolg entsprechender Verbände, sondern auch das zutreffend vom Bewertungsausschuss unterstellte Erfordernis einer sorgfältigen individuellen Behandlung, das einer Vertaktung des Behandlungsablaufs insofern entgegenstehe. Soweit die Überschreitungen auf EEG- und EMG-Leistungen beruhten, gelten die gleichen Grundsätze. Auch diesbezüglich könne sich der Kläger aufgrund der verbindlichen Vorgaben des Bewertungsausschusses nicht darauf berufen, er könne diese Leistungen schneller erbringen. Soweit die Beklagte bei einer Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 21210 bis 21212 EBM 2005 mit der Ziffer 21220 EBM 2005 davon ausgehe, dass hierfür im Behandlungsfall 20 Minuten anzusetzen seien, sei dies zutreffend. Ziffer 21220 EBM 2005 "Beratung, Erörterung und/oder Abklärung, Dauer mindestens 10 Minuten" könne für je vollendete 10 Minuten angesetzt werden und werde mit 150 Punkten berücksichtigt. Nach dem EBM 2005 sei aber bei der Nebeneinanderberechnung der Leistungen nach den Ziffern 21210 bis 21212 EBM 2005 mit der Ziffer 21220 EBM 2005 eine Dauer der Arzt-Patienten-Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der Ziffer 21220 EBM 2005. Dies folge eindeutig aus der klaren und bestimmten Leistungslegende dieser Vorschriften. Bei der die Leistungslegende ergänzenden Anmerkung handele es sich um einen Teil des vom Bewertungsausschuss verabschiedeten EBM, der insofern die eigentliche Leistungslegende ergänze. Sie gelte für den behandelnden Vertragsarzt und die Kassenärztliche Vereinigung und normiere gleichfalls die Voraussetzungen für eine vollständige Leistungserbringung. Gerade bei zeitlichen Vorgaben verbleibe kein Auslegungs- oder Interpretationsspielraum; solche Vorgaben seien schon aus diesem Grund eindeutig und bestimmt. Der Arzt könne auch die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben ohne großen Aufwand selbst kontrollieren, da hierfür nur eine normale Uhr benötigt werde. Ein neuer Gebührentatbestand werde damit nicht geschaffen. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 21210 bis 21212 EBM 2005 mit der Ziffer 21220 EBM 2005 im Tagesprofil mit 20 Minuten bewerte. Nicht zu beanstanden sei auch die Annahme, dass bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw. bei wenigsten drei Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliegt (vgl. SG Marburg, Urt. v. 04.06.2008 - S 12 KA 528/07). Schließlich bestünden auch keine Anhaltspunkte, dass der Bewertungsausschuss bei der Festlegung der Kalkulations- und Prüfzeit für die streitgegenständlichen Leistungen seinen Gestaltungsspielraum missbräuchlich überschritten habe. Auf einen Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Auch Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs sei nicht eingetreten. Die Beklagte könne eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (vgl. BSG Urt. v. 15.11.1995 - 6 RKa 57/94 und BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - m. w. N.). Nicht zu beanstanden sei auch die Berechnung der Berichtigungsbeträge. Im Rahmen ihres Schätzungsermessens habe die Beklagte den Leistungsanteil abgeschöpft, der auf Leistungen jenseits der Grenze entfalle. Ihr Rechenvorgang über die Feststellung eines Überschreitungsprozentsatzes bedeute letztlich, dass sie einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt habe. Auf diese Weise habe die Beklagte alle Vergütungsanteile und evtl. Sachkostenerstattungen einbezogen.
Gegen das ihm am 20. August 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. September 2014 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger trägt vor, die Prüfzeit für eine Behandlung nach EBM-Nr. 30791 sei mit 10 Minuten zu großzügig bemessen. Eine solche Leistung könne von einem erfahrenen und geübten Arzt in weit unter 10 Minuten ordnungsgemäß erbracht werden, sie bestehe im Wesentlichen aus der Lokalisation von Akupunkturpunkten, der Desinfektion der Haut, dem Setzen der Nadeln, der Überprüfung der Wirkung und der Entfernung der Nadel. Ein geübter und langjährig erfahrener Arzt wie er könne dies in weit unter 10 Minuten ordnungsgemäß erbringen. Ihm eine fließbandartige Behandlung zu unterstellen, sei unangemessen. Ferner sei die Häufigkeit der Erbringung der Leistung zu beachten. Seine Praxis bilde eine Art Schwerpunktpraxis im Bereich Akupunktur, was kombiniert mit seiner Behandlungserfahrung dazu führe, dass die Abbildung der Zeitprofile im Bereich der EBM-Nr. 30791 verzerrt dargestellt würden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass er gemeinsam mit gut organisiertem und geschultem Praxispersonal in der Lage sei, in kürzerer Zeit die streitgegenständlichen Leistungen zu erbringen. Mehrere Räume stünden für parallele Behandlungen mehrerer Patienten zur Verfügung, die sich auf die Behandlung vorbereiten könnten und während der Behandlung anderer Patienten die Behandlungsräume nach dem Ankleiden verlassen könnten. Die Prüfzeiten stellten – auch nach Auffassung der Beklagten – Durchschnittszeiten dar, denen es impliziert sei, dass sowohl Überschreitungen als auch Unterschreitungen üblicherweise aufträten. Die Durchführung einer Körperakupunktur und gegebenenfalls Revision des Therapieplans gem. den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V bei den Indikationen "chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule" oder "chronische Schmerzen eines oder beider Kniegelenke durch Gonarthrose" seien allein vom EBM erfasst, nur die zu diesem Zweck durchgeführten Akupunkturleistungen flössen in die Tagesprofile ein. EBM-Nr. 30791 erfasse nur zwei von zahlreichen Indikationen, die relativ zentrierte Schmerzen in kleinen Bereichen des Körpers zum Gegenstand hätten Diese Beschränkung der Abrechenbarkeit von Akupunkturleistungen auf zwei Indikationsstellungen habe demnach auch eine Beschränkung der täglich aufzusuchenden Akupunkturpunkte in überschaubarer Anzahl zur Folge. Dass das Aufsuchen dieser gängigen Punkte durch einen routinierten Arzt wie ihm äußerst zügig erfolgen könne, verstehe sich von selbst. Eine Revision des Therapieplans sei nicht bei jedem Patienten und in jeder Sitzung erforderlich, sondern nur bei Änderungen der Schmerzlage. Solche Änderungen ließen sich im Vorfeld des Setzens der Akupunkturnadeln in sehr kurzer Zeit abfragen. Bereits die Leistungsbeschreibung der Abrechnungsziffer gehe davon aus, dass der Therapieplan nur "gegebenenfalls" zu revidieren sei. Während der 20-minütigen Verweildauer der Nadeln sei eine Anwesenheit des behandelnden Arztes entbehrlich. Er könne sich ferner auf Vertrauensschutz berufen, denn die Beklagte habe den ersten Eingang seines Hinweisschreibens bestätigt und in Aussicht gestellt, dies dem Gremium zur Beurteilung der Gesamtsituation vorzulegen, sollten sich bei der Quartalsabrechnung Auffälligkeiten im Rahmen einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung zeigen. Die erste Plausibilitätsprüfung hinsichtlich der Quartale 2007 sei erst im Jahr 2011 erfolgt. Durch seinen wiederholten Hinweis sei es der Beklagten zumutbar gewesen, sich wesentlich früher mit dem Sachverhalt zu beschäftigen und eine grundsätzliche Linie zu statuieren, wie sie in Zukunft mit dem wiederholt auftretenden Problem zu verfahren gedenke. Da dies unterblieben sei, habe er davon ausgehen müssen, dass sein Abrechnungsverhalten gebilligt werde, zumal er selbst auf die auftretenden Ungereimtheiten hingewiesen und diese erklärt habe. Dringend zu klären sei die Frage, warum Praxen, die im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit schwerpunktmäßig Akupunkturbehandlungen erbringen, automatisch in den Zeitprofilen der Plausibilitätsprüfung auffällig würden. Es sei ferner unabdingbar, dass sich das Gericht durch Inaugenscheinnahme von der ordnungsgemäßen Leistungserbringung durch ihn überzeuge. Die Inaugenscheinnahme sei ein taugliches Beweismittel dafür, dass der Ansatz von 10 Minuten zu hoch angesetzt sei und dass ein erfahrener, strukturell gut organisierter Therapeut diese Leistung in kürzerer Zeit und ohne Abstriche an Qualität erbringen könne. Die erste Tatsache sei zudem dem Sachverständigenbeweis zugänglich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 28. Mai 2014 und den Bescheid vom 24. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2012, den Bescheid vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2013 sowie den Bescheid vom 9. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2013 aufzuheben,
hilfsweise,
zum Beweis der Tatsache, dass er für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 aufgrund seiner Spezialisierung sowie aufgrund der besonders gut organisierten Praxisstruktur deutlich weniger als die im Anhang 3 zum EBM festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten benötigt, die richterliche Inaugenscheinnahme
und
zum Beweis der Tatsache, dass die im Anhang 3 zum EBM festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 insgesamt zu hoch bemessen ist, ein Sachverständigengutachten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Prüfzeit von 10 Minuten entspreche dem Zeitumfang, der für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung durchschnittlich anfalle. Zu berücksichtigen sei, dass in jeder Sitzung ein Gespräch mit dem Patienten notwendig sei, der zurückliegende Zeitraum sei aufzuarbeiten und eine Evaluation habe zu erfolgen. Der Arzt habe eine eventuelle Therapieänderung zu prüfen und mit dem Patienten zu besprechen. Schließlich sei die eigentliche Behandlung durchzuführen und entsprechend zu dokumentieren. Das vom Kläger vorgetragene, nahezu fließbandartige Vorgehen entspreche nicht einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung und sei insofern nicht geeignet, die festgestellten Zeitüberschreitungen plausibel zu erläutern.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 28. Mai 2014 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2012, der Bescheid vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2013 sowie der Bescheid vom 9. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Honorarberichtigung ist § 75 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 106a Abs. 1 und 2 SGB V i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä), wonach die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit berichtigt. Gemäß § 106a Abs. 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I, 2190) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Vertragsarztes. Bei der Prüfung nach Satz 2 ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zugrunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumina zugrunde gelegt werden. Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen nach Satz 2 zugrunde zu legen. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich nach den nach § 106a Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbarten Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen vom 1. Juli 2008 (AbrechnPr-RL) auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße können z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 1998 - B 6 KA 48/97 R -). Die Überprüfung des Umfangs der abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den Zeitaufwand des Vertragsarztes erfolgt nach § 8 Abs. 2 AbrechnPr-RL gleichrangig durch die Ermittlung eines Tages- und eines Quartalszeitprofils. Eine weitere Überprüfung nach § 12 AbrechnPr-RL erfolgt gemäß § 8 Abs. 3 AbrechnPr-RL, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt. Die Zulässigkeit von Tagesprofilen war bereits in der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1993 – 6 RKa 70/91 - BSGE 73, 234, 238 f. = SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 S. 9, 13 f. - auch mit weiteren Nachweisen aus der Literatur; BSGE 86, 30, 39 = SozR 3-2500 § 83 Nr. 1, S. 1, 11; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. 1. 2001, L 5 KA 2/99 = ArztuR 2001, 166; LSG Nordrhein-Westfalen, MedR 2004, 464, 465; vgl. auch Bayer. LSG, Urteil vom 11. 10. 2000, L 12 KA 30/99). Tagesprofile müssen danach folgende Anforderungen erfüllen: Es dürfen nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzen; delegationsfähige Leistungen haben daher außer Betracht zu bleiben. Die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten müssen so bemessen sein, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspricht es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handelt, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden kann. Die Durchschnittszeiten stellen sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar. Zu beachten ist weiter, dass bestimmte Leistungen nebeneinander berechnungsfähig sind, der zu berücksichtigende Zeitaufwand also nicht für jede Leistung angesetzt werden darf. Schließlich müssen Tagesprofile für einen durchgehenden längeren Zeitraum erstellt werden (zum Ganzen: Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 12/15, § 106a SGB V, Rn. 62f). Für Quartalsprofile, die Behandlungszeiten für Leistungen dokumentieren, die der Arzt in einem Quartal und damit in einem deutlich längeren Zeitraum abgerechnet hat, gilt nichts anderes (BSG, Beschluss vom 17. August 2011 – B 6 KA 27/11 B –, Rn. 6, juris). Die Ermittlung von Tages- und Quartalsprofilen für die Prüfung der Plausibilität der Abrechnung des Klägers ist damit dem Grunde nach nicht zu beanstanden.
Wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat, hat die Beklagte die Tages- und Quartalsprofile auch nicht falsch berechnet, indem sie diesen Prüfzeiten entsprechend den Zeitangaben im EBM 2000plus zugrunde gelegt hat. § 106a Abs. 2 Satz 4 SGB V bestimmt, dass im einheitlichen Bewertungsmaßstab - in der jeweils gültigen Fassung (§ 8 Abs. 1 PrüfRL) - enthaltene Angaben zum Zeitaufwand bei den Prüfungen zu Grunde zu legen sind. Hintergrund dieser Bestimmung ist die Regelung des § 87 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V. Danach sind die Partner des einheitlichen Bewertungsmaßstabs im ärztlichen Bereich - soweit möglich - verpflichtet, die dort aufgeführten Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen. Die Regelung dient neben der Verbesserung der Transparenz der Leistungsbewertung im einheitlichen Bewertungsmaßstab ausdrücklich der Verbesserung der Wirksamkeit der Abrechnungsprüfungen durch die Kassenärztliche Vereinigungen nach § 106a n. F. (FraktE-GMG, BT-Drucks. 15/1525 S. 104 zu § 87 Abs. 2). Vor dem Hintergrund dieser Regelung ist der von dem Kläger beanstandete Ansatz der Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistung nach Nr. 30791 EBM-Ä (Durchführung einer Körperakupunktur) nicht zu beanstanden, denn die zugrunde gelegte Prüfzeit wurde den "Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes gemäß § 87 Abs. 2 S. 1 SGB V i. V. m. § 106a Abs. 2 SGB V" in Anhang 3 zum EBM-Ä entnommen. Damit liegen bundeseinheitliche Messgrößen vor, die der Plausibilitätsprüfung nach Zeitprofilen zugrunde zu legen sind und die für Vertragsärzte und Kassenärztliche Vereinigungen verbindlich sind (Senatsurteil vom 26. November 2014 – L 4 KA 2/11; Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 12/15, § 106a SGB V, Rn. 71).
Da die einheitlichen Bewertungsmaßstäbe Rechtsnormen in Form von Normsetzungsverträgen darstellen, können die Angaben zum Zeitaufwand zwar inzident in einem gegen die Abrechnungsprüfung angestrengten gerichtlichen Verfahren überprüft werden, nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 26. November 2014 – L 4 KA 2/11) ist allerdings zu beachten, dass der Bewertungsausschuss einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses und der Bewertung der Leistungen hat, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfGE 108, 1, 19), d.h. in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Juris Rn. 16 m. w. N.). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des Bewertungsausschusses ist somit im Wesentlichen auf die Prüfung beschränkt, ob sich die untergesetzliche Normen auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen können und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Der Bewertungsausschuss überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird - oder dass es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei vernünftigen Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BVerfG SozR 4-2500 § 87 Nr. 6 Rn. 19, 21; BSG, Urteil vom 29. Mai 2008, a. a. O.; BSGE 94,50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rn. 86 m. w. N.; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 39 Rn. 17). Für eine solche Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses sind hier keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, zumal die Einführung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes "EBM 2000plus" wissenschaftlich begleitet wurde (vgl. Abschlussbericht im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, Deutscher Ärzte Verlag Köln 2007) und damit die Rechtsträger des Bewertungsausschusses der aus der Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses als Normgeber korrespondierenden Beobachtungspflicht (vgl. hierzu Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 07/17, § 87 SGB V, Rn. 468f m. w. N.) nachgekommen sind. Nachdem dem "Abschlussbericht im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK" (Deutscher Ärzte Verlag Köln 2007) keine eindeutigen Ergebnisse über die Richtigkeit der in Anlage 3 zum EBM-Ä angegebenen Prüfzeiten zu entnehmen sind, sondern lediglich ausgeführt wird, dass es bei einigen Arztgruppen Hinweise gebe, "dass die Kalkulationszeit im EBM ggf. zu hoch angesetzt wurde" (Abschlussbericht im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, Deutscher Ärzte Verlag Köln 2007, S. 158), bestand nach Auffassung des Senats – jedenfalls hinsichtlich der streitgegenständlichen Quartale - auch keine Veranlassung zu einer Nachbesserung der Regelungen zu den Prüfzeiten, auch wenn die Kalkulationszeiten die Grundlage für die Quantifizierung der Prüfzeiten bilden (Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, 7. Erg-Lfg., Stand 1. Oktober 2013, zu Anhang 3 EBM-Ä). Denn generell kommt ein Eingreifen einer Reaktionspflicht frühestens dann in Betracht, wenn dem Normgeber die entsprechenden Daten vorliegen (hierzu: Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 07/17, § 87 SGB V, Rn. 468f m. w. N.).
Angesichts der – wie ausgeführt – nur eingeschränkten richterlichen Kontrolle der dem Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses unterliegenden Prüfzeiten der Anlage 3 EBM-Ä, sah sich der Senat nicht gehalten, dem Beweisantrag des Klägers, zum Beweis der Tatsache, dass die im Anhang 3 zum EBM-Ä festgelegte Prüfzeit von 10 Minuten für die Leistungserbringung der Akupunkturbehandlung nach der EBM-Nr. 30791 insgesamt zu hoch bemessen ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen, nachzukommen, da diese Tatsache nicht erheblich ist. Selbst unterstellt, die Annahme des Klägers sei richtig, ließe eine längere Prüfzeit für die Nr. 30791 EBM-Ä keine Rückschlüsse auf eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses im vorbeschriebenen Sinne zu. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 10. November 2009 (L 4 KA 70/09 B ER) noch zu erkennen gegeben hat, dass die Richtigkeit der Zeitansätze der Prüfzeiten im Anhang 3 zum EBM-Ä als auf ärztlichem Erfahrungswissen basierende Festlegung der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegen, nimmt er hiervon für die ab Einführung des EBM 2000plus geltende Rechtslage Abstand.
Auf der Basis der – wie ausgeführt – für die Beteiligten verbindlichen Prüfzeiten des Anhangs 3 zum EBM-Ä hat die Beklagte – wie auch das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat – in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Implausibilität der Leistungserbringung durch den Kläger in den streitbefangenen Quartalen festgestellt, denn es ergeben sich aus den Quartals- und Tagesprofilen Überschreitungen der Arbeitszeit des Klägers in so erheblichen Ausmaß, das sich mit seinem Vorbringen im Verfahren nicht mehr erklären lässt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den in Anhang 3 zum EBM-Ä aufgeführten Prüfzeiten – auch zur Nr. 30791 EBM-Ä – im Unterschied zu den ebenfalls dort angegebenen Kalkulationszeiten nicht um Durchschnittszeiten handelt, sondern um Mindestzeiten (Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106a SGB V, Rn. 177; Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 12/15, § 106a SGB V, Rn. 71; Steinhilper, MedR 2004, 507, 798), die ein Vertragsarzt für die Erbringung der jeweiligen Leistung mindestens benötigt. Diese sind – normativ durch den Bewertungsausschuss bestimmt – so bemessen, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann. Angesichts dessen kann der Kläger gegen die Dauer der Prüfzeit von 10 Minuten für die Nr. 30791 EBM-Ä nicht mit Erfolg seine Spezialisierung und besonders gut organisierte Praxisstruktur einwenden. Da nach alledem der Vortrag des Klägers, seine Spezialisierung und besonders gut organisierte Praxisstruktur führe dazu, dass er für die Leistungserbringung der Nr. 30791 EBM-Ä deutlich weniger als 10 Minuten benötige, nicht erheblich ist, war der Senat auch nicht gehalten, dem Beweisantrag des Klägers auf richterliche Inaugenscheinnahme Folge zu leisten. Überdies hat der Kläger auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, worin seine Spezialisierung und die besonders gute Praxisorganisation im Einzelnen bestehen und wie sich daraus Unterschiede zu anderen Vertragsärzten, die Leistungen der Körperakupunktur nach Nr. 30791 EBM-Ä erbringen, von solcher Gewichtigkeit ergeben, die es dem Kläger erlauben, die Prüfzeit deutlich zu unterschreiten
Der Senat sieht im Weiteren von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt insoweit auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils, Urteilsumdruck S. 14 vorletzter Absatz bis S. 15 dritter Absatz, nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Ergänzend ist noch auszuführen: Wie das Sozialgericht schon zutreffend entschieden hat, kann sich der Kläger – auch mit Rücksicht auf das Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 16. Juli 2007 – nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Nach der höchstrichterlicher Rechtsprechung kann ein Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Das BSG hat hierzu im Urteil vom 28. August 2013 (B 6 KA 43/12 R) ausgeführt: "Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff)." Keine der vom BSG entwickelten Fallgruppen, die Vertrauensschutz zugunsten des Vertragsarztes begründen könnten, liegen vor. Weder hat die Beklagte die Frist von vier Jahren seit Erlass der betroffenen Honorarbescheide – wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – für die nachträgliche Korrektur der Honorarabrechnung überschritten, noch hat sie ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits dadurch "verbraucht", dass sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Sie hat es auch nicht unterlassen, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Soweit der Kläger in seinen quartalsweise vorgelegten Schreiben auf Überschreitungen der Tagesprofile wegen der – nach seiner Ansicht – zu hohen Prüfzeit von 10 Minuten für die Durchführung der Körperakupunktur nach Nr. 30791 EBM-Ä hingewiesen hat, begründet dies noch keine bekannte Ungewissheit hinsichtlich der Abrechnungsgrundlagen. Diesbezügliche Hinweispflichten entstehen erst dann, wenn gegen die Rechtmäßigkeit der von der KÄV angewandten Auslegung des Regelwerks ernsthafte Bedenken bestehen, die sich insbesondere auf Grund abweichender Gerichtsentscheidungen ergeben (Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 12/15, K § 106a RdNr 33c). Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der Beklagten auch nicht begrenzt, weil die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors besteht. Ob neben diesen Fallgruppen ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, hat das BSG zuletzt ausdrücklich offen gelassen (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 43/12 R –, BSGE 114, 170-180, SozR 4-2500 § 106a Nr. 11, Rn. 29) und bedarf hier auch keiner Entscheidung durch den Senat. Denn allein aus dem Umstand, dass die Beklagte vom Kläger in dessen Schreiben vom 10. Juli 2007 auf Überschreitungen der statistischen Tagesprofile hingewiesen worden ist, und sie den Eingang des Schreibens bestätigt sowie zugesagt hat, das Schreiben dem Prüfgremium zur Beurteilung der Gesamtsituation vorzulegen, ergibt sich noch keine wissentliche Duldung einer unberechtigten Leistungserbringung durch den Kläger. Die positive Kenntnis implausibler Leistungserbringung aufgrund von Überschreitungen von Zeitprofilen lässt sich nämlich letztlich nur durch die Durchführung des Prüfverfahrens selbst gewinnen.
Auch ist nicht von einer fehlerhaften Ausübung des Schätzungsermessens hinsichtlich der Honorarberichtigung auszugehen. Der Beklagten kommt hierbei ein weites Schätzungsermessen zu (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6RKa 86/95, Juris Rn. 23). Bei Schätzungen besteht jedoch kein der Gerichtskontrolle entzogener Beurteilungsspielraum. Vielmehr hat das Gericht die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen. Die Verpflichtung zur eigenen Schätzung bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt. Sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthält, reicht es aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollzieht (vgl. BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2, S. 14; BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6RKa 86/95, Juris Rn. 28). Insoweit macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen in den Bescheiden der Beklagten zu Eigen. Diese hat nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass sie je Quartal die Zeiten über 12 Stunden addiert und ins Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit (Angaben in Minuten) gesetzt hat und um den daraus ermittelten Überschreitungsprozentsatz die Nettohonorarforderungen der jeweiligen Quartale reduziert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Revision war zuzulassen. Der Senat misst der Frage der Verbindlichkeit der in Anlage 3 zum EBM-Ä angegebenen Prüfzeiten grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG bei. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 GKG.
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