L 1 KR 455/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 363/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 455/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist ein Krankgeldanspruch.

Der 1955 geborene Kläger war ab 1992 als Selbstständiger bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Er hatte für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 die Teilnahme am Wahltarif Krankengeld Classic mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit gewählt. Die Satzung der Beklagten ermöglichte dies in ihren §§ 28, 28 a bis 28 f der Satzung in der bis zum 31. Juli 2009 gültigen Fassung. Nach § 28 d Abs. 1 und 2 der Satzung der Beklagten in der bis zum 31. Juli 2009 gültigen Fassung war die Tarifwahl schriftlich vorzunehmen und gegenüber der Kasse abzugeben. Der Kläger hatte hierzu auf eine entsprechende Wahlerklärung aufgrund der Information der Beklagten vom 10. November 2008 die Wahlerklärung am 24. November 2008 vorgenommen und den entsprechenden Tarif gewählt.

Aufgrund ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit ab 6. Februar 2009 erhielt der Kläger von der Beklagten ab dem 28. Februar 2009 bis zum 27. August 2010 Krankengeld bewilligt.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die seit Januar 2009 bestehende Krankengeldregelung mit Wirkung zum 1. August 2009 wieder aufgehoben worden sei (Bezugnahme auf Art. 15 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 – BGBl I S. 1190). Alle Krankengeldwahltarife, die ab dem 1. Janaur 2009 abgeschlossen worden seien, endeten kraft Gesetzes zum 31. Juli 2009. Die Beklagte bot dem Kläger die Wahl des Krankgeld Comfort-Tarifes oder des Krankengeld Premium-Tarifes an. Das Schreiben enthielt ferner folgenden Inhalt:

"Wichtig für Sie: Sofern Sie am 31.07.2009 Krankengeld als Tarifleistung beziehen, erhalten Sie diese Leistung wie bisher nach den bestehenden Bestimmungen Ihres bisherigen Tarifes weiter." Dem Schreiben war ein Wahlformular zur Absicherung im Krankheitsfall ab dem 1. August 2009 beigefügt, in dem durch Ankreuzen gewählt werden konnte.

Dieses Schreiben hat der Kläger (ausweislich der von ihm später eingereichten Kopie) am 24. Juli 2009 durch Ankreuzen des Wahltarifs Krankengeld-Premium und Unterschrift ausgefüllt. Sein Antwortschreiben ist bei der Beklagten nach deren Angaben jedoch nicht eingegangen.

Auf telefonische Rücksprache erhielt der Kläger am 12. November 2012 die Information der Beklagten, dass er nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei. Er beantragte an diesem Tag erneut die Versicherung mit Krankengeldanspruch. Nachdem der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem 23. November 2012 eingereicht hatte, teilte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 19. Dezember 2012 mit, dass ein Vertrag mit einem Anspruch auf Krankengeld während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht geschlossen werden könne, so dass er auch über den 30. November 2012 hinaus ohne Krankengeldanspruch versichert sei.

Hiergegen erhob der Kläger durch seinen Steuerberater am 4. Januar 2013 Widerspruch. Die Beklagte wies ihn ergänzend darauf hin, dass der Kläger ab August 2009 auch keine Krankengeldprämie mehr bezahlt habe.

Der Kläger antwortete, er habe nochmals seine Unterlagen durchgesehen und das Schreiben der Beklagten vom 24. Juli 2009 vorgefunden. Er habe den Vordruck ausgefüllt bei der Beklagten eingereicht. Als Laie sei er davon ausgegangen, dass der fortwährende Leistungsbezug auf der gesetzlichen Regelung ab dem 1. August 2009 basiert habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2013 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 7. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben: Seine Angestellte R könne bestätigen, dass er das Fax mit der Wahlerklärung an die Beklagte abgesandt habe. Das SG hat seine Mitarbeiterinnen R und R als Zeuginnen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17. September 2015 vernommen. Auf die Niederschrift wird ergänzend verwiesen.

Es hat die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Der Kläger sei ab dem 1. August 2009 nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert. Der Kläger habe aufgrund der Wahl am 24. November 2008 einen Krankengeldtarif mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit gewählt. Er habe aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit ab 6. Februar 2009 einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für die Zeit ab 28. Februar 2009 bei durchgehend bestehender Arbeitsunfähigkeit bis zum 27. August 2010 gehabt. Aus § 319 Abs. 2 SGB V ergebe sich, dass Versicherte, die wie der Kläger am 31. Juli 2009 Leistungen aus einem Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V bezogen hätten, Anspruch auf Leistungen nach Maßgabe des Wahltarifes bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit gehabt hätten. Für die ab dem 23. November 2012 bestehende Arbeitsunfähigkeit bestehe jedoch kein Anspruch auf Krankengeld. Für diesen sei grundsätzlich der Versicherungsschutz maßgebend, der zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bestehe ("Zeitpunkt der Anspruchsentstehung", Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 22. März 2005 – B 1 KR 22/04 R- juris-Rdnr. 31 sowie Urteil vom 19. September 2002 – B 1 KR 11/02 R – juris-Rdnr. 36). Bei Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 23. November 2012 habe kein Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld bestanden. Der Wahltarif Krankengeld Classic sei aufgrund der Gesetzesnovelle zum 31. Juli 2009 beendet worden. Mit Wirkung vom 1. August 2009 sei § 53 Abs. 6 SGB V dahingehend ergänzt worden, dass die Höhe der Prämienzahlung nun unabhängig von Alter, Geschlecht oder Krankheitsrisiko des Mitglieds festzulegen sei. Dementsprechend habe der ebenfalls mit Wirkung zum 1. August 2009 eingeführte § 319 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass die alten Wahltarife zu diesem Zeitpunkt endeten. Darüber habe die Beklagte den Kläger in dem Schreiben vom 24. Juli 2017 richtig informiert. Er sei ferner auch zutreffend auf die fortbestehende Leistung nach den bisherigen Bestimmungen hingewiesen worden, allerdings auch aussagekräftig darüber, dass alle Krankengeldwahltarife, die ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossen worden seien, kraft Gesetz zum 31. Juli 2009 geendet hätten. Der Kläger habe angegeben, die (neue) Wahlerklärung entsprechend an die Beklagte Ende Juli 2009 zurückgefaxt zu haben. Diese Angaben hätten sich jedoch weder durch seine Angaben noch durch die der Zeuginnen im Termin bestätigt. Eine entsprechende Wahlerklärung sei bei der Beklagten nicht eingegangen. Ein entsprechendes Faxprotokoll über die Sendung existiere nicht. Der Kläger habe dazu angegeben, dass sein Faxgerät nicht über die Möglichkeit des Ausdruckes eines Faxprotokolles verfüge. Auch die Zeugin R habe nicht glaubhaft bestätigen können, dass sie die maßgebliche Wahlerklärung als Fax an die Beklagte abgesandt habe. Sie habe (nur) mitgeteilt, gelegentlich etwas gefaxt zu haben, und bei der Beklagten öfter etwas eingereicht oder in den Briefkasten geworfen zu haben, da sie selbst in Potsdam wohne. Sie habe allerdings nicht genau erklären können, dass sie Ende Juli 2009 ein Fax an die Beklagte abgesandt habe. Sie habe außerdem mitgeteilt, dass sie einmal etwas gefaxt habe, es sei etwas ganz Wichtiges gewesen, da habe der Kläger neben ihr gestanden. Das habe dann auch erst nicht funktioniert. Dann hätten es beide gemeinsam abgeschickt. Auch insoweit habe die Zeugin nicht bekunden können, dass es sich bei dieser Sendung tatsächlich um die Wahlerklärung gehandelt habe. Außerdem habe sie mitgeteilt, dass die Faxabsendung nicht so richtig geklappt habe. Es sei deshalb nachvollziehbar, dass dieses Fax gegebenenfalls nicht bei der Beklagten angekommen sei. Die Zeugin habe auch nicht bekunden können, welchen Inhalts das Schreiben gewesen sei, welches sie dann als Brief an die Beklagte weggebracht oder in einen Briefkasten geworfen habe. Auch die Zeugin R habe nicht bestätigen können, dass sie das Wahltarifschreiben vom Juni 2009 abgesandt habe, da sie zu dieser Zeit wahrscheinlich in Urlaub gewesen sei. Der Kläger habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, weiterhin mit Krankengeldanspruch versichert zu sein, da er die entsprechenden Beiträge zumindest nach dem Ablauf seines Krankgeldbezuges nicht geleistet habe.

Gegen dieses ihm am 13. Oktober 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 28. Oktober 2015. Das Sozialgericht habe aus den Zeugenaussagen die falschen Schlüsse getroffen. Die Zeugin Rhabe zutreffend ausgesagt, dass sie etwas gefaxt habe und danach bei der Krankenkasse für den Kläger abgegeben habe. Sie habe sehr wohl bestätigt, ein Fax Ende Juli 2009 an die Beklagte abgesandt zu haben. Dass der Kläger das Wahlschreiben am 28. Juli 2009 zunächst an die Beklagte gefaxt habe und es dann der Zeugin R zur Ablieferung bei der Beklagten in Potsdam mitgegeben habe, bestätige auch die Aussage die Zeugin R, wonach sich der Kläger bei dieser beschwert habe, dass das zweite Wahlschreiben so schnell habe antwortet werden müssen. Entgegen dem Vortrag der Beklagten habe er seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sehr wohl immer bei der Beklagten eingereicht. Fehler bzw. das Verschwinden von Unterlagen könnten ihm nicht zur Last gereichen.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. September 2015 unter Abänderung des Bescheides vom 19. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld ab dem 15. Dezember 2012 bis zum 4. Juli 2014 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf Nachfrage des Senats erklärt, dass bei ihr weder unter der Faxnummer: 0311/901 199 noch unter anderen Faxnummer Protokolle über Eingänge vom 28. Juli 2009 vorlägen und auch nicht archiviert seien.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine entschieden werden. Die Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise im Erörterungstermin am 8. Mai 2017 einverstanden erklärt.

Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung hatten hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige grundsätzlich keinen Anspruch auf Krankgengeld. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB V blieb allerdings § 53 Abs. 6 SGB V unberührt. Nach dieser Vorschrift hatte die Krankenkasse u. a. die hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen Versicherten Tarife anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld entstehen ließen.

Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass nicht von einem Eingang der Wahlerklärung des Klägers bei der Beklagten auszugehen ist. Dieser kann weder ein Faxprotokoll der (aus seiner Sicht) erfolgreichen Absendung der Erklärung per Fax nachweisen, noch ergibt sich aus den Aussagen der Zeuginnen hinreichend und überzeugend, dass eine Faxabsendung erfolgreich gewesen ist und erst bei der Beklagten untergegangen ist. Wieso das Schreiben gleich doppelt (per Fax und im Original) verloren gegangen sein soll, erschließt sich nicht.

Auf die zutreffende Begründung des SG wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Zu ergänzen ist nur noch folgendes:

Die Passage aus dem Schreiben, wonach der Kläger, sofern er am 31. Juli 2009 Krankengeld als Tarifleistung beziehe, er diese Leistung wie bisher nach den bestehenden Bestimmungen des bisherigen Tarifes weiter erhalte, konnte in objektiver Betrachtung nicht so verstanden werden, dass sich in Fällen laufenden Krankengeldbezuges der bisher gewählte Tarif unverändert fortsetze, auch wenn der aktuelle Krankengeldbezug ende. Dies ergibt sich aus der Formulierung "diese Leistung". Auch hat der Kläger nach seinem eigenen Vortrag den Hinweis nicht missverstanden. Er behauptet, rechtzeitig die Wahl eines Tarifes für die Zeit ab August 2009 ausgeübt zu haben.

Zu Recht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Wahlerklärung des Klägers als nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V Versichertem aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt ihrer Abgabe erst zu dem Tag wirksam werden kann, der auf das Ende der Arbeitsunfähigkeit folgt. Die entsprechende Bestimmung im gemeinsamen Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene vom 25. August 2009 zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 entspricht der Rechtslage. Denn ein Krankgeldanspruch setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit eine Versicherung mit Krankengeldanspruch bestanden hat (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 02/16 § 44 SGB V Rdnr. 35 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. September 2002 – B 1 KR 11/02 R, BSG 90, 72 ff.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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