Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 37 KR 184/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 508/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 98/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf Grund einer betrieblichen Altersversorgung.
Der 1949 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1991 bei der Beklagten zu 1) (nachfolgend " die Beklagte") krankenversichert.
Die G-Versicherung teilte ihr mit Schreiben 26. Februar 2011 mit, dass der Kläger aus einer Direktversicherung eine einmalige Kapitalzahlung als Alters- oder Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 44.317,30 EUR erhalte. Mit Bescheid vom 14. Mai 2011, der – wie allgemein – auch in Namen der Beklagten zu 2) erging, teilte die Beklagte mit, dass die Kapitalleistung mit ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Beitragspflicht unterliege.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er habe ab März 1992 zusätzlich zur betrieblichen Altersversorgung eine "Direktversicherung durch Entgeltumwandlung" über seine Arbeitgeberin, die I, später I als seine private Altersvorsorge abgeschlossen und nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis weitergeführt. Ihm sei versichert worden, dass die Beiträge bei monatlicher Zahlung sozialversicherungspflichtig blieben, was ein wichtiges Kriterium für ihn gewesen sei. Sein Arbeitgeber habe keinen Pfennig und keinen Cent in die Versicherung eingezahlt. Die Beklagte erließ daraufhin unter dem 24. Mai 2011 erneut einen Beitragsbescheid. Bei diesem wurde ein Gesamtbetrag in Höhe von 41.989,62 EUR zugrunde gelegt. Da der Kläger ausweislich seines Widerspruchsschreibens nach dem Ausscheiden den Versicherungsvertrag übernommen habe und Beiträge in Höhe von 2.327,68 EUR privat weiter eingezahlt habe, seien diese abzuziehen. Die Beklagte hat sich zur Darstellung der Rechtslage auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sowie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 – 1 BVR 1660/08) bezogen. Der Kläger legte erneut Widerspruch ein.
Die G-Versicherung teilte der Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2011 mit, dass eine beitragspflichtige Versorgungsleistung im Sinne des § 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Höhe von 41.128,86 EUR geleistet worden sei.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 änderte die Beklagte daraufhin den Bescheid vom 24. Mai 2011 ab und ging von einer anzurechnenden Kapitalleistung von 41.128,86 EUR aus. Sie setzte ab 1. April 2011 Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 59,80 EUR fest. Sie wies ferner mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2011 die Widersprüche des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass seit 1. Januar 2004 mit Neufassung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienten, der Beitragspflicht unterlägen.
Hiergegen richtet sich die am 29. November 2011 beim Sozialgericht Cottbus (SG) erhobene Klage.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. Oktober 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V müsse bei versicherungspflichtigen Beschäftigten der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragsbemessung mit zugrunde gelegt werden. Gleiches gelte nach § 237 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB V für versicherungspflichtige Rentner. Als der Rente vergleichbare Einnahmen im Sinne dieser Vorschriften gehörten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen auch die "Renten der betrieblichen Altersversorgung" i. S. v. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden. Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder sei eine solche vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden, gälte nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der ab dem 1. Januar 2004 anzuwendenden Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ferner 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate. Für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung gälten nach § 57 Abs.1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Regelungen durch Verweisung auf §§ 237 und 229 SGB V entsprechend. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung auch Renten gehörten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung i. S. v § 1b Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gehörten (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 24/09 R- Rdnr. 14). Um eine solche Direktversicherung handele es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen werde und dieser ohne seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt seien. Diese Leistung sei dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität der Tod bezweckte, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen solle. Dieser Versorgungszweck könne sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich sei, ob der Abschluss nach Auffassung der Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerrechtlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolge. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung sei - wie beim Kläger – bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 12. November 2008 – B 12 KR 6/08 R – Rdnr. 14). Es sei unerheblich, ob die Einmalzahlungen aus einer Direktversicherung auf Beitragszahlungen des Versicherten selbst beruhen (Bezugnahme auf BSG, a. a. O.) und zwar auch dann, wenn die Beiträge ihrerseits auf beitragspflichtigem Arbeitsentgelt beruhten. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Kapitalleistungen auf Beiträgen beruhten, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt habe (Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08-; BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R- Rdnr. 29). Das SG hat sich ergänzend auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides nach § 136 Abs. 3 SGG berufen.
Gegen dieses ihm am 29. Oktober 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 24. November 2015. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Vorschlag zum Abschluss der Versicherung sei von seinem damaligen Arbeitgeber im Dezember 1991 erfolgt. Die Bedingungen für eine steuerbegünstige Direktversicherung sei u.a. gewesen, dass der Arbeitgeber Versicherungsnehmer habe sein müssen. Der Prospekt der ursprünglichen Versicherung V habe angeboten gehabt, durch Einmalzahlungen die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Dies sei aber beim Kläger und seinen Kollegen ausgeschlossen worden. Für ihn habe festgestanden, dass er eine private Unfall- und Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen habe, die nur deshalb über den Arbeitgeber gelaufen sei, um die völlig legalen Steuervorteile zu nutzen. Die nachträglichen Änderungen am Gesundheitssystem hätten zu ungerechten Situationen geführt. Er habe auf seine eingezahlten Beiträge volle Sozialversicherungsbeiträge bezahlt und werde nun mit Personen gleichgestellt, die keine Beiträge gezahlt hätten. Er erwarte eine individuelle Betrachtung und Bewertung seines konkreten Falles. Er fühle sich von der Politik betrogen und erwarte Gerechtigkeit. Die Gerichte müssten ihre Aufgabe gerecht wahrnehmen, Fehler der Politik zu korrigieren.
Die Beteiligten haben Kopien weiterer zwischenzeitlich ergangener Beitragsbescheide eingereicht, auf die ergänzend Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Cottbus vom 5. Oktober 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2011 sowie die Bescheide vom 1. Januar 2013, 19. Januar 2015 und 20. Januar 2017 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nur auf den Ertragsanteil der Direktversicherung in Höhe von 92,53 Euro zu erheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Die Beteiligten haben sich mit dieser Vorgehensweise im Erörterungstermin am 30. Juni 2017 einverstanden erklärt.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen zunächst gem. § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird. Das SG hat insbesondere bereits ausgeführt, warum es rechtlich ohne Belang ist, dass der Kläger die Beiträge für die Direktversicherung aus Nettobezügen erbracht hat.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch zu ergänzen:
Wie das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich betont hat, überschreiten die Fachgerichte (nur) dann die Grenzen zulässiger Typisierung bei der Auslegung des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, wenn auch Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat, der Beitragspflicht unterwerfen, weil sie dann nicht mehr von Leistungen aus privaten Lebensversicherungen von Arbeitnehmern unterscheiden, welche nicht der Beitragspflicht unterliegen. Eine solche von den Fachgerichten vorgenommene Typisierung wäre mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar. Es sei aber im Rahmen einer Typisierung nicht zu beanstanden, wenn die eingezahlten Beiträge auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer als noch betrieblich veranlasst eingestuft werden, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt werde. Es liege damit ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherung erlaube (Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23. März 2017 – 1 BVR 631/15 – Rdnr. 10).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Senat, ebenso wie die Beklagten, an das geltende Recht gebunden. Billigkeitskorrekturen am Gesetz vorbei sind nicht möglich.
Soweit sich der Kläger von der Politik ungerecht behandelt fühlt, weil er bei Abschluss der Direktversicherung die Gesetzesänderung des Jahres 2004 nicht habe vorhersehen können, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BVR 1924/07 Rdnr. 36 bereits aufgeführt:
"§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BVerfGE 95, 64 (86); 103, 392 (403)); denn die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprechen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE 101, 239 (263); 103, 392 (403)). Diesen Grundsätzen genügt die angegriffene Regelung. Auch insoweit wird zur weiteren Begründung auf die Gründe des Beschlusses vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2136/06) verwiesen. Die Versicherten konnten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz (RAG) 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I S. 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, in den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, nicht uneingeschränkt vertrauen. Übergangsregelungen waren verfassungsrechtlich nicht geboten, vor allem auch deshalb, weil bei der Einmalzahlung von Versorgungsbezügen den Versicherten schon am Anfang der Belastung die gesamte Liquidität zur Tragung der finanziellen Mehrbelastung zur Verfügung steht".
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit steht die Höhe von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf Grund einer betrieblichen Altersversorgung.
Der 1949 geborene Kläger ist seit dem 1. Januar 1991 bei der Beklagten zu 1) (nachfolgend " die Beklagte") krankenversichert.
Die G-Versicherung teilte ihr mit Schreiben 26. Februar 2011 mit, dass der Kläger aus einer Direktversicherung eine einmalige Kapitalzahlung als Alters- oder Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 44.317,30 EUR erhalte. Mit Bescheid vom 14. Mai 2011, der – wie allgemein – auch in Namen der Beklagten zu 2) erging, teilte die Beklagte mit, dass die Kapitalleistung mit ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Beitragspflicht unterliege.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er habe ab März 1992 zusätzlich zur betrieblichen Altersversorgung eine "Direktversicherung durch Entgeltumwandlung" über seine Arbeitgeberin, die I, später I als seine private Altersvorsorge abgeschlossen und nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis weitergeführt. Ihm sei versichert worden, dass die Beiträge bei monatlicher Zahlung sozialversicherungspflichtig blieben, was ein wichtiges Kriterium für ihn gewesen sei. Sein Arbeitgeber habe keinen Pfennig und keinen Cent in die Versicherung eingezahlt. Die Beklagte erließ daraufhin unter dem 24. Mai 2011 erneut einen Beitragsbescheid. Bei diesem wurde ein Gesamtbetrag in Höhe von 41.989,62 EUR zugrunde gelegt. Da der Kläger ausweislich seines Widerspruchsschreibens nach dem Ausscheiden den Versicherungsvertrag übernommen habe und Beiträge in Höhe von 2.327,68 EUR privat weiter eingezahlt habe, seien diese abzuziehen. Die Beklagte hat sich zur Darstellung der Rechtslage auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sowie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 – 1 BVR 1660/08) bezogen. Der Kläger legte erneut Widerspruch ein.
Die G-Versicherung teilte der Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2011 mit, dass eine beitragspflichtige Versorgungsleistung im Sinne des § 229 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Höhe von 41.128,86 EUR geleistet worden sei.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 änderte die Beklagte daraufhin den Bescheid vom 24. Mai 2011 ab und ging von einer anzurechnenden Kapitalleistung von 41.128,86 EUR aus. Sie setzte ab 1. April 2011 Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 59,80 EUR fest. Sie wies ferner mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2011 die Widersprüche des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass seit 1. Januar 2004 mit Neufassung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V alle Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienten, der Beitragspflicht unterlägen.
Hiergegen richtet sich die am 29. November 2011 beim Sozialgericht Cottbus (SG) erhobene Klage.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. Oktober 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V müsse bei versicherungspflichtigen Beschäftigten der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragsbemessung mit zugrunde gelegt werden. Gleiches gelte nach § 237 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB V für versicherungspflichtige Rentner. Als der Rente vergleichbare Einnahmen im Sinne dieser Vorschriften gehörten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen auch die "Renten der betrieblichen Altersversorgung" i. S. v. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden. Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder sei eine solche vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden, gälte nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der ab dem 1. Januar 2004 anzuwendenden Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ferner 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate. Für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung gälten nach § 57 Abs.1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Regelungen durch Verweisung auf §§ 237 und 229 SGB V entsprechend. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung auch Renten gehörten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung i. S. v § 1b Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gehörten (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 24/09 R- Rdnr. 14). Um eine solche Direktversicherung handele es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen werde und dieser ohne seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt seien. Diese Leistung sei dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität der Tod bezweckte, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen solle. Dieser Versorgungszweck könne sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich sei, ob der Abschluss nach Auffassung der Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerrechtlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolge. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung sei - wie beim Kläger – bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 12. November 2008 – B 12 KR 6/08 R – Rdnr. 14). Es sei unerheblich, ob die Einmalzahlungen aus einer Direktversicherung auf Beitragszahlungen des Versicherten selbst beruhen (Bezugnahme auf BSG, a. a. O.) und zwar auch dann, wenn die Beiträge ihrerseits auf beitragspflichtigem Arbeitsentgelt beruhten. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Kapitalleistungen auf Beiträgen beruhten, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt habe (Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08-; BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R- Rdnr. 29). Das SG hat sich ergänzend auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides nach § 136 Abs. 3 SGG berufen.
Gegen dieses ihm am 29. Oktober 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 24. November 2015. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Vorschlag zum Abschluss der Versicherung sei von seinem damaligen Arbeitgeber im Dezember 1991 erfolgt. Die Bedingungen für eine steuerbegünstige Direktversicherung sei u.a. gewesen, dass der Arbeitgeber Versicherungsnehmer habe sein müssen. Der Prospekt der ursprünglichen Versicherung V habe angeboten gehabt, durch Einmalzahlungen die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Dies sei aber beim Kläger und seinen Kollegen ausgeschlossen worden. Für ihn habe festgestanden, dass er eine private Unfall- und Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen habe, die nur deshalb über den Arbeitgeber gelaufen sei, um die völlig legalen Steuervorteile zu nutzen. Die nachträglichen Änderungen am Gesundheitssystem hätten zu ungerechten Situationen geführt. Er habe auf seine eingezahlten Beiträge volle Sozialversicherungsbeiträge bezahlt und werde nun mit Personen gleichgestellt, die keine Beiträge gezahlt hätten. Er erwarte eine individuelle Betrachtung und Bewertung seines konkreten Falles. Er fühle sich von der Politik betrogen und erwarte Gerechtigkeit. Die Gerichte müssten ihre Aufgabe gerecht wahrnehmen, Fehler der Politik zu korrigieren.
Die Beteiligten haben Kopien weiterer zwischenzeitlich ergangener Beitragsbescheide eingereicht, auf die ergänzend Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Cottbus vom 5. Oktober 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2011 sowie die Bescheide vom 1. Januar 2013, 19. Januar 2015 und 20. Januar 2017 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nur auf den Ertragsanteil der Direktversicherung in Höhe von 92,53 Euro zu erheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter alleine nach §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Die Beteiligten haben sich mit dieser Vorgehensweise im Erörterungstermin am 30. Juni 2017 einverstanden erklärt.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen zunächst gem. § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird. Das SG hat insbesondere bereits ausgeführt, warum es rechtlich ohne Belang ist, dass der Kläger die Beiträge für die Direktversicherung aus Nettobezügen erbracht hat.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch zu ergänzen:
Wie das Bundesverfassungsgericht erst kürzlich betont hat, überschreiten die Fachgerichte (nur) dann die Grenzen zulässiger Typisierung bei der Auslegung des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, wenn auch Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat, der Beitragspflicht unterwerfen, weil sie dann nicht mehr von Leistungen aus privaten Lebensversicherungen von Arbeitnehmern unterscheiden, welche nicht der Beitragspflicht unterliegen. Eine solche von den Fachgerichten vorgenommene Typisierung wäre mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar. Es sei aber im Rahmen einer Typisierung nicht zu beanstanden, wenn die eingezahlten Beiträge auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses durch den früheren Arbeitnehmer als noch betrieblich veranlasst eingestuft werden, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt werde. Es liege damit ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherung erlaube (Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23. März 2017 – 1 BVR 631/15 – Rdnr. 10).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Senat, ebenso wie die Beklagten, an das geltende Recht gebunden. Billigkeitskorrekturen am Gesetz vorbei sind nicht möglich.
Soweit sich der Kläger von der Politik ungerecht behandelt fühlt, weil er bei Abschluss der Direktversicherung die Gesetzesänderung des Jahres 2004 nicht habe vorhersehen können, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BVR 1924/07 Rdnr. 36 bereits aufgeführt:
"§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BVerfGE 95, 64 (86); 103, 392 (403)); denn die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprechen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE 101, 239 (263); 103, 392 (403)). Diesen Grundsätzen genügt die angegriffene Regelung. Auch insoweit wird zur weiteren Begründung auf die Gründe des Beschlusses vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2136/06) verwiesen. Die Versicherten konnten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz (RAG) 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I S. 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, in den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, nicht uneingeschränkt vertrauen. Übergangsregelungen waren verfassungsrechtlich nicht geboten, vor allem auch deshalb, weil bei der Einmalzahlung von Versorgungsbezügen den Versicherten schon am Anfang der Belastung die gesamte Liquidität zur Tragung der finanziellen Mehrbelastung zur Verfügung steht".
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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