Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 6380/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1619/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vertragsärztliche Vergütungsbestimmungen des EBM (einschließlich in Bezug genommener OPS-Nrn. des DIMDI) sind streng wortlautbezogen auszulegen. Der Leistungsinhalt einer Exzision i.S.d. GOP 31257 EBM i.V.m. OPS 5-_035.7 erfordert einer chirurgischen Eingriff mit Entfernung von Gewebe. Dieser Leistungsinhalt wird bei einer Radiofrequenzdenervierung nicht erbracht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.03.2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 34.675,51 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung verfügte Honorarkürzung für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 im Hinblick auf die Durchführung von Radiofrequenzdenervierungen.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Orthopädie mit Sitz in M. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Als solcher ist er u. a. berechtigt, ambulante Operationen des Kapitels 31.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) durchzuführen und abzurechnen.
In dem für das Quartal 1/2012 ergangenen Honorarbescheid vom 16.07.2012 wurde ihm u. a. die Gebührenordnungsposition (GOP) 31257 EBM unter Angabe des vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) für Operationen herausgegebenen Schlüssels für Operationen und sonstige medizinische Prozeduren - OPS - (vgl. § 295 Abs. 1 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V) 5-035.7 vergütet.
Die GOP 31257 EBM - hier (wie auch die weiter genannten GOP-Ziffern) in der für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 geltenden Fassung, im Folgenden nur: EBM - hat folgenden Wortlaut:
"31257 Zentraler neurochirurgischer Eingriff der Kategorie P7 obligater Leistungsinhalt - chirurgischer Eingriff der Kategorie P7 entsprechend Anhang 2 fakultativer Leistungsinhalt - ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt Anmerkung Im Anschluss an Leistung nach der Nr. 31257 kann für die postoperative Behandlung die Gebührenordnungsposition 31675 oder 31676 berechnet werden. Berichtspflicht Nein Ausschluss der Berechnungsfähigkeit der Pauschale für die fachärztliche Grundversorgung Ja 6408 Punkte"
Der OPS 5-035.7 - hier ebenfalls (wie auch die weiter genannten OPS-Ziffern) in der für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 geltenden Fassung, im Folgenden nur: OPS - hat folgenden Wortlaut:
"Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rückenmarks und der Rückenmarkhäute: Intraspinale Nervenwurzeln und Ganglien, sonstiges erkranktes Gewebe"
In einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 23.05.2012 führte die Beklagte aus, bei der Abrechnungsprüfung des Quartals 1/2012 sei aufgefallen, dass der Kläger die GOP 31257 EBM unter Angabe des OPS-Codes 5-035.7 an einem Tag sechs Mal abgerechnet habe; der Kläger werde gebeten zu diesen Behandlungsfällen die entsprechenden Operationsberichte vorlegen.
Ausweislich der vom Kläger am 03.09.2012 vorgelegten Operationsberichte vom 29.02.2012 wurde bei allen sechs Patienten eine Radiofrequenzdenervierung durchgeführt. Bei vier Patienten wurde unter Angabe der Diagnose "Chronisches ISG Schmerzsyndrom rechts" bei bis ins Detail identischem Text als Operation "Cooled RF Neurotomie auf 3 Etagen rechts, transforaminäre Infiltration S1 re" und bei zwei Patienten unter Angabe der Diagnose "chronisches LWS Schmerzsyndrom" ebenfalls bei bis ins Detail identischem Text als Operation "Radiofrequenzdenervierung L3 - S1 bds" angegeben. Keiner der Berichte ist unterschrieben, Angaben zur Operationsdauer und das Datum der Berichterstellung fehlen.
Mit Bescheid vom 29.10.2012 verfügte die Beklagte Honorarkürzungen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 wie folgt:
• Die Leistung nach der GOP 31257 EBM mit OPS 5-035.7 wird umgewandelt in die Leistung nach GOP 34503 EBM (Bildwandlergestützte Intervention an der Wirbelsäule; obligater Leistungsinhalt: bildwandlergestützte Intervention in bzw. an Nerven, Ganglien, Gelenkkörper(n) und/oder Gelenkfacette(n) der Wirbelsäule.) mit OPS 5-040.6. (Operationen an Nerven und Nervenganglien, Inzision von Nerven, Plexus lumbosacralis); • Die Leistungen nach den GOP´s 34280 EBM (Durchleuchtungen) und 31676 EBM (Postoperative Behandlung nach der Erbringung einer Leistung entsprechend der GOP`s 31256, 31257, 31266 oder 31267 bei Erbringung durch den Operateur), welche im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) stehen, werden gestrichen. • Die Sachkosten nach der GOP 99205 EBM, welche im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) stehen, werden gestrichen.
Zur Begründung führte die Beklagte, der auch die vom behandelnden Anästhesisten für den gleichen Zeitraum angeforderten Narkoseprotokolle, die die Narkosedauer ausweisen, vorlagen, aus, die Prüfung habe ergeben, dass die Leistung der GOP 31257 EBM mit OPS 5-035.7 im Quartal 1/2012 insgesamt 19 mal abgerechnet worden sei. Sechs Operationen seien neben weiteren ambulanten Eingriffen am selben Tag (29.02.2012) abgerechnet worden. Die Zeitprofilprüfung für den 29.02.2012 habe eine auffällige Tagesarbeitszeit von 17:51 Stunden ergeben. Der zur Unterstützung der Prüfung in medizinischer Hinsicht hinzugezogene Fachberater habe festgestellt, dass die abgerechnete Leistung nicht dem angesetzten OPS, welcher auf mehr als zwei Stunden Dauer kalkuliert sei, entspreche. Es sei von einer Denervation des Iliosakralgelenks ((ISG); Verbindung zwischen Darmbeinschaufel und Kreuzbein) mittels Thermosonde auszugehen. Diese entspreche, da es sich um extra-spinale Nervenanteile des Plexus lumbosacralis handele, dem OPS 5-040.6. Diese Prozedur sei im Anhang 2 zum EBM nicht abgebildet, sondern sei, bei minimal invasiver Durchführung unter Bildwandlerkontrolle mit der GOP 34503 EBM abzurechnen. Unterstützt werde dieses Ergebnis durch die Auswertung der Narkoseprotokolle. Die Narkosezeiten lägen mit einem Zeitvolumen von 30 bis 55 Minuten deutlich unter der Kalkulationszeit des abgerechneten Eingriffs. In den Narkoseprotokollen werde auch jeweils nur eine intravenöse Narkose, die keine vertragsärztliche Leistung im Sinne des EBM sei, dargestellt. Abdeckungen seien im Rahmen von ambulanten Operationen gem. den Allgemeinen Bestimmungen des EBM unter Punkt 7.1 (Kosten für Einmal-Abdecksets) ab 01.10.2010 in den GOP enthalten und daher nicht gesondert berechnungsfähig. Der Plausibilitätsausschuss sei deshalb zur Überzeugung gekommen, dass der Leistungsinhalt der GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 nicht erfüllt worden sei. Er habe deshalb die Honorarbescheide für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 aufgehoben und die Honoraransprüche neu festgesetzt. Die Umsetzung der Berichtigungen und die sich hieraus ergebenden Berichtigungssummen erfolgten im Rahmen von maschinellen Korrekturläufen im Honorarbescheid für das Quartal 4/2012.
Am 11.11.2012 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die GOP 34503 EBM sei eine Röntgenziffer, bei der insbesondere die Radiologen in der Regel im Computertomogramm (CT) eine Kanüle an oder ggf. in das Facettengelenk vorschieben und eine Kombination von Lokalanästhetikum mit Cortison injizieren würden. Dies sei weder die Denervierung noch die Inzision eines Nerven. Eine Intervention mit Lokalanästhesie und Cortison sei auch keine Nervendestruktion. Damit handele es sich schon nach den Ausführungen der Beklagten zumindest um die OPS 5-041.5 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe von Nerven: Nerven Rumpf) oder 5-041.6 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe von Nerven: Plexus lumbosacralis). Allerdings arbeite er auch nicht am Plexus lumbosacralis und er inzidiere keine Nerven, vielmehr zerstöre er sie thermisch. Im Übrigen unterschreite er auch regelmäßig die für eine Nucleoplasty angesetzte Zeitvorgabe. Er fügte ein Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung B. vom 01.02.2012 (Abrechnung einer ISG-Denervation nach dem OPS 5-035.3 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rückenmarks und der Rückenmarkhäute, Rückenmarkhäute, sonstiges erkranktes Gewebe) möglich) und ein Schreiben der Beklagten vom 25.02.2011 bzgl. der Abrechnung von Materialkosten (steriles Probekit grundsätzlich nach 7.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM gesondert berechenbar) bei.
Die Beklagte richtete wegen der Abrechnung einer minimalinvasiven Denervation des ISG nach der GOP 31257 EBM eine Anfrage an die KBV. Im an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 20.02.2013 führte die KBV aus, die Legendierung des OPS- Codes 5-035.7 werde bei der Denervierung des ISG sicherlich nicht erbracht. Der OPS selbst steuere für die Denervierung des ISG keine zusätzlichen Informationen bei. Der OPS-Code für die Denervierung werde zwar in der Ausgabe des DIMDI genannt, allerdings als arthroskopischer Eingriff, was keinen Sinn mache, da eine Arthroskopie des ISG kaum durchführbar erscheine. Daher sei der OPS-Code nicht in den Anhang 2 aufgenommen worden. Andererseits sei die GOP 34504 EBM (CT-gesteuerte schmerztherapeutische Intervention(en)) in der derzeit gültigen Version (Stand 4. Quartal 2013) durchaus geeignet, entsprechende Eingriffe abzubilden. Dies sei nach ihrer Einschätzung die zutreffendste Abrechnungsmöglichkeit. Möglich erscheine auch die Abrechnung über den OPS-Code 5-041.6, da man aufgrund der Tatsache, dass das Gewebe zu erheblichen Schmerzen führe, mit der Definition "erkranktes Gewebe" bedingt argumentieren könne. Auch anatomisch sei der Plexus lumbosacralis durchaus mit dem ISG verbunden, so dass es sich bei diesem Abrechnungsweg um einen ausnahmsweisen Umgehungskreislauf handele.
Mit Bescheid vom 18.03.2013 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab, indem sie den Bescheid vom 29.10.2012 teilweise aufhob und in Höhe von 5.362,14 EUR die Sachkosten nach der GOP 99205 EBM, die im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM standen, zurückerstattete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 wies die Beklagte den darüber hinaus aufrechterhaltenen Widerspruch des Klägers hinsichtlich der Restbeschwer von 34.675,51 EUR zurück. Der Kläger habe die Prüfzeit, die so bemessen sei, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistung im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann, in allen sechs Prüffällen nach den Narkoseprotokollen des Anästhesisten um mehr als 50 %, in einem Fall sogar um 75 %, unterschritten. Berücksichtige man auch noch die Einschlaf- und Aufwachphasen, werde der eigentliche ambulante Eingriff in deutlich weniger als der Hälfte der Prüfzeit durchgeführt. Es sei auch nicht regelmäßig mindestens OPS 5-041.5 oder 5-041.6 erfüllt, da diese OPS die Destruktion erkrankten Gewebes forderten, die Deneveration jedoch die Destruktion gesunden Nervengewebes intendiere, um die Schmerzleitung zum ISG zu unterbrechen. Der Leistungsinhalt der OPS 5-041 sei grundsätzlich nicht erfüllt. Auch wenn in Ausnahmefällen der Ansatz der OPS 5-041 als möglich angesehen werde, wäre die Umwandlung in GOP 34503 EBM nicht zu beanstanden. Dabei handele es sich um die zutreffendste Abrechnungsweise und der Kläger habe von dieser, von ihm nunmehr als möglich erachteten Abrechnungsweise, in keinem Fall Gebrauch gemacht. Da die GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 in der Abrechnung des Klägers insgesamt und nicht nur an einzelnen Behandlungstagen Rückschlüsse auf die Unrichtigkeit der Abrechnung zulasse, habe der Plausibilitätsausschuss die Berichtigung beschlossen. Durch die Abrechnung der nicht oder nicht vollständig erbrachten Leistungen sei die Garantiefunktion der Sammelerklärung entfallen. Damit fehle eine grundlegende Voraussetzung für die Festsetzung eines Honoraranspruchs des Vertragsarztes. Als Konsequenz habe sich der Plausibilitätsausschuss veranlasst gesehen, die Honorarbescheide der Quartale 1/2011 bis 2/2012 aufzuheben und den Honoraranspruch neu festzusetzen.
Am 12.11.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass er das Honorar zu Unrecht erhalten habe. Allein aus dem Umstand, dass eine möglicherweise fehlerhafte Anwendung der Gebührenordnung wahrscheinlicher erscheine als eine unwirtschaftliche bzw. korrekte Leistungserbringung, ergebe sich keine Berechtigung zur Honorarberichtigung. Eine solche komme nur dann in Betracht, wenn Abrechnungsfehler konkret vorlägen, mithin eine nicht leistungslegendengerechte Abrechnung nachweisbar vorliege. Dies sei hier nicht der Fall. Die Beklagte beschränke sich unter Bezugnahme auf sechs Beispielfälle, die sich nur auf das Abrechnungsquartal 1/2012 bezögen, auf pauschale Unterstellungen und Schlussfolgerungen. Eine substantiierte und nachvollziehbare Begründung dafür, dass die von ihm zur Abrechnung gebrachte Leistung nach GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) nicht dem angesetzten OPS entspreche, liege nicht vor. Der pauschale Hinweis auf die Kalkulationszeit zur GOP 31257 EBM (120 Minuten) führe in der Sache ebenfalls nicht weiter. Die von der Beklagten nicht näher begründete Zuordnung der von ihm erbrachten Operationsleistungen zur GOP 34503 EBM (OPS 5-040.6) sei im Übrigen rechtsirrig. Maßgeblich sei der Wortlaut der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmung. Danach sei es weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig, wenn die Beklagte die von ihm erbrachte Operationsleistung in ihrem Sinn bewerte und gebührenrechtlich großzügig ausgelegt einer anderen Abrechnungsziffer des EBM zuordne. Darüber hinaus liege ein Wegfall der Garantiefunktion der Sammelabrechnung nur in den Fällen des qualifizierten Verschuldens vor. Für Vorsatz oder zumindest grobe Fahrlässigkeit gebe es bei ihm freilich weder tatsächlich noch rechtlich Anhaltspunkte. Sofern ein Abrechnungsfehler in einem bestimmten Abrechnungsquartal vorliegen sollte, sei jedenfalls diese Feststellung ohne konkrete Feststellungen nicht ohne Weiteres auf weitere Quartale zu übertragen. Der angefochtene Bescheid mit der pauschalen Bezugnahme auf sechs Beispielsfälle zum Quartal 1/2012 trage seinem Vertrauensschutz nicht hinreichend Rechnung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die von ihr aufgrund einer Plausibilitätsprüfung vorgenommenen Berichtigungen seien nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der GOP 31257 EBM sei der Leistungsinhalt nicht erbracht. Der Kläger habe lediglich eine Denervierung des ISG mittels Thermosonde vorgenommen. Dies erfülle nicht die Voraussetzungen für die OPS-Codierung 5-035.7. Auch die KBV teile diese Auffassung. Dem habe der Kläger auch nicht substantiiert widersprochen. Dieses Ergebnis finde auch in den einschlägigen Anästhesieprotokollen eine Stütze. Für die ambulante Operation nach der GOP 31257 EBM sei im EBM eine Kalkulationszeit von 148 Minuten und eine Prüfzeit mit 120 Minuten hinterlegt. Der Kläger müsse die eigentlichen ambulanten Operationen in deutlich weniger als der Hälfte der Prüfzeit durchgeführt haben. In einer derartigen kurzen Zeit sei die ordnungsgemäße Erfüllung der Leistungslegende schlechterdings unmöglich. Auffällig sei zudem, dass die Operationsberichte der vier bzw. zwei Patienten jeweils bis ins Detail identisch seien. Sie enthielten weder Angaben über die Operationsdauer noch seien sie unterschrieben, auch fehle das Datum der Berichterstellung. Zutreffend seien auch die Leistungen nach der GOP 34280 EBM und 31676 EBM, die in direktem Zusammenhang mit den ambulanten Operationen nach der GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 stünden, gestrichen worden. Die GOP 31676 könne nur nach der Erbringung einer Leistung entsprechend den GOP Nrn. 31256, 31257, 31266, 31267 EBM erbracht werden. Indem die Leistung nach der GOP 31257 EBM nicht ordnungsgemäß erbracht und somit zu streichen gewesen sei, sei ein Ansatz der GOP 31676 EBM nicht gerechtfertigt. Durch die von ihr, der Beklagten, zugunsten des Klägers vorgenommene Umwandlung der GOP 31257 EBM in die GOP 34503 EBM, sei der Ansatz der GOP 34280 EBM ausgeschlossen. Die Abrechnungssammelerklärungen des Klägers, mit denen dieser die Richtigkeit der in Ansatz gebrachten Leistungen bestätigt habe, seien damit falsch. Für sie, die Beklagte, entfalle damit die Verpflichtung dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Das Honorarrisiko liege auf Seiten des Klägers. Der Kläger habe auch zumindest grob fahrlässig gehandelt. Mit den Sorgfaltspflichten eines korrekt abrechnenden Arztes sei nicht vereinbar, dass OPS-Codierungen angesetzt würden, deren Legendierung nicht erfüllt seien. Bei der Neufestsetzung des Honorars stehe ihr, der Beklagten, ein weites Schätzungsermessen zu. Das Abrechnungsverhalten des Klägers im Quartal 1/2012 lasse Rückschlüsse auf die Abrechnung aller ambulanten Operationen nach der GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 nicht nur an einzelnen Behandlungstagen, sondern insgesamt zu. Sie sei im Rahmen des ihr zustehenden Schätzungsermessens deshalb berechtigt, die für das Quartal 1/2012 getroffenen Feststellungen auf die übrigen streitgegenständlichen Quartale zu übertragen. Auch in diesen Quartalen sei ein entsprechendes Abrechnungsverhalten anzunehmen. Dies werde vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt worden. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Erst nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist könnten Honorarbescheide wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden. Diese Frist sei für die streitgegenständlichen Quartale 1/2011 bis 2/2012 zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheids vom 29.10.2012 noch nicht abgelaufen gewesen.
Mit Urteil vom 15.03.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe in den von der Beklagten überprüften Fällen für die von ihm durchgeführten Radiofrequenzdenervierungen zu Unrecht die GOP 31257 EBM abgerechnet. Den Leistungsinhalt der OPS 5-035.7 habe der Kläger für die mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzte Kammer nicht erfüllt. Die Radiofrequenzdenervierung sei eine Hitzesondenbehandlung, bei der kein Gewebe exzidiert, d. h. chirurgisch entfernt, werde. Sie bewirke auch keine Destruktion erkrankten Gewebes. Dies gelte auch für die vom Kläger vorgenommenen Eingriffe. Damit habe auch die GOP 31676 EBM nicht abgerechnet werden können. Ob der Leistungsinhalt der GOP 34503 EBM erfüllt sei, habe sie, die Kammer, nicht zu prüfen, da der Kläger durch diese Entscheidung der Beklagten nicht beschwert sei. Die Beklagte sei im Rahmen des ihr zustehenden Schätzungsermessens auch berechtigt, in den streitgegenständlichen Quartalen in gleicher Weise sämtliche Ansätze der GOPen 31257, 31676 und 34280 EBM zu berichtigen. Der Kläger habe in den überprüften Behandlungsfällen ausnahmslos eine Radiofrequenzdenervierung vorgenommen und fälschlich die GOP 31257 mit OPS 5-035.7 abgerechnet. Damit habe er ein grundsätzliches (Fehl-)Verständnis der abgerechneten Leistung zum Ausdruck gebracht. Dass er in einem der berichtigten Fälle etwas anderes durchgeführt habe, habe der Kläger nicht vorgetragen. Auch die Verwendung identischer Operationsberichte spreche für eine regelhaft vom Kläger erbrachte Leistung. Die Zahl der berichtigten Fälle stehe auch nicht außer Verhältnis zur Zahl der überprüften Behandlungsfälle. Die Beklagte habe auf einer Basis von sechs überprüften Behandlungsfällen insgesamt 49 Fälle (zwischen vier und achtzehn Fälle pro Quartal) berichtigt. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Sofern wie hier die Beklagte den Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise aufhebe und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordere, setze die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus.
Gegen das ihm am 04.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.05.2016 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens rügt er, dass sich das SG mit dem Hinweis begnüge, dass die Kammer mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzt sei. Diese pauschale und nicht näher begründete Bewertung sei zu beanstanden. Das SG hätte sich mit dem entscheidungserheblichen (Abrechnungs-)Sachverhalt näher/intensiver auseinandersetzen müssen. Auch werde der Rechtsmeinung des SG widersprochen, wonach es seine, des Klägers, Sache sei, nicht nur allgemein die Beklagte zu kritisieren, sondern aufzuzeigen, dass seine Abrechnungen zutreffend seien. Die Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis etwaiger Abrechnungsfehler liege regelmäßig bei der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr liege kein sachlicher Grund vor. Es gebe keinen allgemeinen und rechtsverbindlichen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine in bestimmten Fällen möglicherweise implausibel abgerechnete Leistung automatisch auch in allen anderen Fällen/Quartalen nicht plausibel sei.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.03.2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 29.10.2012 in der Fassung des Bescheids vom 18.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.10.2013 insoweit aufzuheben, als die Leistung nach der GOP 31257 EBM mit OPS 5-035.7 in die Leistung nach GOP 34503 EBM mit OPS 5-040.6 umgewandelt wurde und die Leistungen nach den GOPs 34280 EBM und 31676 EBM gestrichen wurden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Im Rahmen eines am 02.03.2017 durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger erklärt, dass er bei der Radiofrequenzdenervierung Nervenäste, die die Gelenke versorgten, mit Wärme abtöte. Vor der Denervierung führe er einen Test mit einem Lokalanästhetikum durch. Wenn dieser mit Blick auf die Möglichkeit der Lahmlegung der Nervenästchen positiv ausfalle, könne die Radiofrequenzdenervierung durchgeführt werden. Bei den abzutötenden Nervenästchen handele es sich um zu aktive Nervenästchen, die Schmerzen verursachten. Am 29.02.2012 habe er deshalb so viel operiert, weil an diesem Tag bei ihm ein Techniker, der sich mit dem Gerät auskenne, gewesen sei. Er sei an diesem Tag sehr lange im Operationssaal gestanden. Die Operation dauere in der Regel 45 Minuten, teilweise auch viel länger.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gem. §§ 143, 144 SGG statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750,00 EUR) ist bei einer streitigen Honorarforderung in Höhe von 34.675,51 EUR unzweifelhaft überschritten.
Der Senat hat in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragstherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG).
Die Berufung führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die streitigen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Honorarbescheide für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 und die damit verbundene Festsetzung von Rückforderungen in Höhe von insgesamt 34.675,51 EUR bzgl. der GOP 31257 EBM in Verbindung mit dem OPS-Code 5-035.7 sowie die Streichung der GOPen 34280 EBM und 31676 EBM, welche in direktem Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) stehen bzw. durch die zugunsten des Klägers von der Beklagten vorgenommene Umwandlung der GOP 31257 EBM in die GOP 34503 EBM ausgeschlossen sind, sind nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf die Begründung der Bescheide der Beklagten Bezug (§§ 153 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebungen bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (in der hier noch maßgeblichen Fassung (a.F.), jetzt § 106d SGB V; i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Ersatzkassenvertrag Ärzte (EKV-Ä).
Gem. § 106a Abs. 1 SGB V a.F. prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.). Einzelheiten der Plausibilitätsprüfung ergeben sich aus den "Richtlinien gem. § 106a SGB V" (RL § 106a SGB V, hier in der Fassung vom 01.07.2008 (Deutsches Ärzteblatt 2008, A1925)), die die Partner der Bundesmantelverträge auf Grundlage des § 106a Abs. 6 SGB V a.F. vereinbart haben. Nach § 5 Abs. 1 RL § 106a SGB V stellt die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe auf Grund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten. Diese sind durch die Anwendung von Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, die es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Nach § 7 Abs. 1 RL § 106a SGB V werden Plausibilitätsprüfungen von der Kassenärztlichen Vereinigung als regelhafte Prüfungen (§ 7 Abs. 2 RL § 106a SGB V) durchgeführt, die sich auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 3 RL § 106a SGB V) erstreckt.
Konkretisierend hierzu ist in der auf § 13 Abs. 1 RL § 106a SGB V beruhenden Verfahrensordnung der Beklagten zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen festgelegt, dass die Plausibilität der Honorarabrechnung u. a. auf der Grundlage von Stichproben geprüft wird (§§ 4, 5 der Verfahrensordnung), wobei nach Anlage 1 Nr. 3 der Verfahrensordnung u. a. auch statistische Auffälligkeiten, insbesondere bei der Abrechnung von Leistungspositionen um 100 % oberhalb des Schnitts der Arztgruppe überprüft werden. Erst wenn die Kassenärztliche Vereinigung auf Grund der Plausibilitätsprüfung allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis kommt, dass die Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind, führt die Kassenärztliche Vereinigung ein Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch (§ 5 Abs. 2 Satz 1 RL § 106a SGB V); die auf Grund einer Plausibilitätsprüfung festgestellten Abrechnungsfehler führen in vollem Umfang zur Abrechnungskorrektur (Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2016, § 106a SGB V, Rdnr. 6).
Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -, in juris). Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R -, m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SG&61506; V a.F., 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen im Sinne des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) das allgemeine Sozialversicherungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -; auch Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 12/09 R -, beide in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von vier Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung "verbraucht" ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -; Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006 - B 6 KA 12/05 R -, alle in juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwürdiges Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Urteil des erkennenden Senats vom 26.10.2016 - L 5 KA 1494/14 - m. w. N. sowie BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R - und Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 39/15 R -, alle in juris).
Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die Kassenärztliche Vereinigung den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, in juris).
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.2016, - B 6 KA 17/15 R - und Urteil vom 11.02.2015, - B 6 KA 15/14 R -; BSG, Beschluss vom 28.09.2016, - B 6 KA 17/16 B - und Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -, alle in juris) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern pauschal Erstattungen vorsehen (BSG, Urteil vom 30.11.2016, - B 6 KA 17/15 R - und Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 14/13 R - m.w.N., Beschluss vom 28.09.2016 - B 6 KA 17/16 B -, alle in juris).
Über die Auslegung des von den zuständigen Gremien erlassenen Regelwerks für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Daher ist im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen grundsätzlich kein Raum für Sachverständigenvernehmungen (so jurisPK-SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 49 unter Bezugnahme u.a. auf die Rspr. des BSG). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -: u.a. Frage, welche Leistungen mit der Pauschale nach GOP 3454 EBM a.F. (bis 31.03.2005) - Grundpauschale für Ärzte für Laboratoriumsmedizin - abgegolten sind, dem Beweis durch Sachverständigen nicht zugänglich; auch etwa Senatsurteil vom 24.02.2016, - L 5 KA 5799/11 -, alle Entscheidungen in juris).
Der Normgeber des EBM hat bei der Abfassung der Vergütungstatbestände im Übrigen eine weite Gestaltungsfreiheit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 04.05.2016 - B 6 KA 16/15 R -, Urteil vom 16.12.2015, - B 6 KA 39/15 R - und Urteil vom 28.05.2008, - B 6 KA 9/07 R -, alle in juris). Er hat insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung. Unwirksam wäre eine Regelung nur dann, wenn sie nicht sachgerecht wäre. Ob dies der Fall ist, ist nach rechtlichen Kriterien zu beurteilen. Einwendungen aus medizinischer Sicht sind grundsätzlich unerheblich (jurisPK-SGB V/Clemens § 106a Rdnr. 96 m. N.).
Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben hat der Kläger mit der Durchführung der Radiofrequenzdenervierungen den Leistungsinhalt der GOP 31257 EBM (OPS-Code 5-035.7) nicht erbracht.
Die Leistungslegende der GOP 31257 EBM nimmt für die Abrechnung des chirurgischen Eingriffs auf den Anhang 2 des EBM und die darin vorgenommene Zuordnung des chirurgischen Eingriffs zu den OPS-Nrn. des DIMDI Bezug. Der Bewertungsausschuss hat damit den Wortlaut der OPS-Nrn. - hier der OPS 5-035.7 - zum Bestandteil des Wortlauts der Leistungslegende und damit des Leitungstatbestands der in Rede stehenden GOP des EBM gemacht. Der Wortlaut der in den EBM-Leistungstatbestand inkorporierten OPS-Nrn. ist deswegen nach den gleichen Rechtsgrundsätzen wie der Wortlaut der GOP selbst auszulegen (Senatsurteil vom 24.02.2016 - L 5 KA 5799/11 - a.a.O.).
Davon ausgehend kann die GOP 31257 EBM in Verbindung mit der OPS 5-035.7 nur abgerechnet werden, wenn bei einem chirurgischen Eingriff eine Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe durchgeführt wird. Die lateinische Wurzel des Begriffs "Exzision", das Verb excidere, bedeutet (her)aushauen, -schneiden, abhauen. Der Begriff "Destruktion" stammt vom lateinischen Wort destructio, was als Niederreißen übersetzt wird. Der Leistungsinhalt Exzision erfordert damit das Herausschneiden von Gewebe. Dies beinhaltet, dass das Gewebe aus dem Körper entfernt wird. Der Leistungsinhalt ist hingegen nicht erfüllt, wenn das Gewebe im Körper verbleibt. Es genügt nicht, wenn das Gewebe "nur" abgeschnitten wird, aus dem Zusatz "heraus" ergibt sich, dass das Abschneiden auch mit dem Herausnehmen - aus dem Körper - verknüpft ist. Daneben ist auch die Zerstörung von Gewebe (Destruktion) erforderlich. Dabei muss sowohl eine Exzision als auch eine Destruktion durchgeführt werden, nachdem die beiden Substantive mit dem Wort "und" verknüpft sind. Der Wortlaut der genannten OPS-Nr. lässt eine andere Auslegung nicht zu.
Den Leistungsinhalt einer Exzision hat der Kläger bei der Durchführung der hier in Rede stehenden Radiofrequenzdenervierung freilich nicht erbracht, er hat - dies hat er selbst auch anlässlich des am 02.03.2017 durchgeführten Erörterungstermins bestätigt - kein Gewebe entfernt. Er hat das Verfahren dahingehend beschrieben, dass er bei der Radiofrequenzdenervierung Nervenäste, die die Gelenke versorgen, mit Wärme abtötet. Die Nervenäste werden dabei nicht aus dem Körper entfernt, sondern - abgetötet - an Ort und Stelle belassen; sie werden denerviert. Dies wird auch aus den Operationsberichten vom 29.02.2012 deutlich, wonach "nur" das Material, jedoch kein Gewebe entfernt wurde. Eine Exzision im Sinne eines Herausschneidens findet damit nach Auffassung des fachkundig besetzten Senats nicht statt. Diese Auffassung vertritt auch die KBV in ihrem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 20.02.2013. Damit fehlt es bereits am ersten Erfordernis für die Anwendung der OPS 5-034.7. Darauf ob die Denervierung der Nervenäste eine Destruktion darstellt und ob es sich bei den denervierten Nervenästen um erkranktes Gewebe handelt, woran der Senat Zweifel hat, da die Schmerzen der Patienten nicht von den Nervenästen, sondern vom ISG oder den Wirbel- und Facettengelenken herrühren dürften und dies damit das erkrankte Gewebe sein dürfte, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Um den OPS-Code 5-035.7 anwenden zu können, muss sowohl eine Exzision als auch eine Destruktion vorliegen, nachdem die Exzision und die Destruktion durch das Wort "und" verknüpft sind. Daran fehlt es hier.
Damit ist der Leistungsinhalt des OPS-Codes 5-035.7 und damit auch die GOP 31257 EBM nicht erfüllt. Dies war im Falle des Klägers am 29.02.2012 bei sechs Ansätzen insgesamt sechs Mal der Fall. Dies entspricht einem in 100 % der Fälle fehlerhaftem Ansatz. Die von der Beklagten angenommene und der Richtigstellung zugrunde gelegte 100 % Fehlerhaftigkeit bzgl. der GOP 31257 EBM mit Blick auf alle im Quartal 1/2012 durchgeführte Radiofrequenzdenervierung ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Hierfür spricht die Auswertung der sechs Patientendokumentationen, aus der sich ergab, dass der Kläger diese GOP in sämtlichen Fällen der Radiofrequenzdenervierung angesetzt hat. Dies entspricht einer Ansatzhäufigkeit von 100 %. Diese Ansatzhäufigkeit ist bei allen 18 Patienten, bei denen die GOP 31257 EBM im Quartal 1/2012 zum Ansatz kam, anzuwenden. Der Kläger hat dieses Abrechnungsverhalten generell und nicht nur mit Blick auf die überprüften sechs Dokumentationen aufgrund seines Verständnisses der Radiofrequenzdenervierung und der Anwendung der GOP 31257 EBM an den Tag gelegt. Einer darüber hinausgehenden weiteren Prüfung bedurfte es angesichts der gleichgelagerten Fälle insoweit nicht. Anhaltspunkte für ein nachfolgend geändertes Abrechnungsverhalten liegen nicht vor. Dies trägt auch der Kläger nicht vor. Die GOP 31257 EBM wurde damit zu Recht bei allen 18 Fällen im Quartal 1/2012, bei denen sie vom Kläger angesetzt worden war, gestrichen. Dies hat zur Folge, dass auch die GOP 31676 EBM, die im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 steht, nicht abgerechnet werden kann.
Verjährung bzw. der Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs war insoweit noch nicht eingetreten. Der Honorarbescheid für das Quartal 1/2012 datiert vom 16.07.2012, der Rückforderungsbescheid vom 29.10.2012 erging damit vor Ablauf der vierjährigen Verjährungs-/Ausschlussfrist. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf Vertrauen berufen. Die Beklagte hatte den Honorarbescheid zuvor nicht bereits überprüft und vorbehaltlos bestätigt. Sie hatte den Kläger in der Vergangenheit auch nicht darin bestätigt, dass die von ihm vorgenommene Abrechnung der GOP 31257 EBM korrekt sei. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Kassenärztliche Vereinigung B. vom 01.02.2012, wonach der Eingriff ggf. nach dem OPS 5-035.3 abgerechnet werden kann. Auf das an einen anderen Orthopäden gerichtete Schreiben der nicht für ihn zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung B. vermag sich der Kläger insoweit nicht zu stützen. Ob dem Kläger deswegen Verschulden zur Last fällt, ist unerheblich, da der Honorarbescheid nicht allein wegen Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung insgesamt, sondern wegen Verstoßes gegen die genannte Abrechnungsbestimmung - unter Belassung des Vertragsarrzhonorars im Übrigen - nur teilweise aufgehoben worden ist.
Die Beklagte war darüber hinaus berechtigt, auch die Abrechnungen in den Quartalen 1/2011 bis 4/2011 und 2/2012 zu berichtigen. Auch insoweit war die Abrechnung der GOP 31257 EBM fehlerhaft. Zwar setzt die nach den obigen Ausführungen vorzunehmende Richtigstellung grundsätzlich voraus, dass die Kassenärztliche Vereinigung dem Arzt für jedes Quartal, für das sie das Quartal richtig stellen will, zumindest eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachweist. Ein solcher Nachweis liegt für die Quartale 1/2011 bis 4/2011 und 2/2012 nicht vor. Hier hat der Kläger jedoch ein grundsätzliches Verständnis der Abrechnung der Radiofrequenzdenervierung mit der GOP 31257 (OPS 5-035.7) deutlich gemacht. Dies hat er auch im Berufungsverfahren noch einmal wiederholt. Die Fälle sind auch in diesen Quartalen gleichgeartet und die Ansatzhäufigkeit mit Ansätzen zwischen vier und zehn weicht auch nicht gravierend von dem überprüften Quartal 1/2012, in dem der Kläger die Radiofrequenzdenervierung 18 mal durchführte, ab. Dies rechtfertigt die Übertragung des Honorarrisikos auf den Arzt. Der Arzt ist in solchen Fällen gehalten nachzuweisen, dass er die Leistungslegende der GOP erfüllt hat. Es wäre Sache des Klägers gewesen, nachzuweisen, dass er in diesen Quartalen die GOP 31257 EBM nur in den Fällen angewandt hat, in denen er tatsächlich Gewebe entfernt hat. Dem kam der Kläger für die Quartale 1/2011 bis 4/2011 und 2/2012 nicht nach. Von daher ist die Vorgehensweise der Beklagten nicht zu beanstanden.
Etwas anderes lässt sich auch nicht darauf stützen, dass der Kläger sich der Unrichtigkeit der von ihm abgeführten Abrechnung nicht bewusst war und es auch in den streitgegenständlichen Quartalen keine GOP gab, die in der Lage war, die Radiofrequenzdenervierung korrekt abzubilden. Die Rechtmäßigkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung setzt grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, n juris). Dies war hier nicht der Fall. Die Honorarbescheide für die streitgegenständlichen Quartale wurden nur hinsichtlich der Abrechnung dreier GOP´s mit Blick auf die Radiofrequenzdenervierung reduziert. Auch bzgl. der Quartale 1/2011 und folgende erging die Berichtigung am 29.10.2012 vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 34.675,51 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung verfügte Honorarkürzung für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 im Hinblick auf die Durchführung von Radiofrequenzdenervierungen.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Orthopädie mit Sitz in M. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Als solcher ist er u. a. berechtigt, ambulante Operationen des Kapitels 31.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) durchzuführen und abzurechnen.
In dem für das Quartal 1/2012 ergangenen Honorarbescheid vom 16.07.2012 wurde ihm u. a. die Gebührenordnungsposition (GOP) 31257 EBM unter Angabe des vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) für Operationen herausgegebenen Schlüssels für Operationen und sonstige medizinische Prozeduren - OPS - (vgl. § 295 Abs. 1 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, SGB V) 5-035.7 vergütet.
Die GOP 31257 EBM - hier (wie auch die weiter genannten GOP-Ziffern) in der für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 geltenden Fassung, im Folgenden nur: EBM - hat folgenden Wortlaut:
"31257 Zentraler neurochirurgischer Eingriff der Kategorie P7 obligater Leistungsinhalt - chirurgischer Eingriff der Kategorie P7 entsprechend Anhang 2 fakultativer Leistungsinhalt - ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt Anmerkung Im Anschluss an Leistung nach der Nr. 31257 kann für die postoperative Behandlung die Gebührenordnungsposition 31675 oder 31676 berechnet werden. Berichtspflicht Nein Ausschluss der Berechnungsfähigkeit der Pauschale für die fachärztliche Grundversorgung Ja 6408 Punkte"
Der OPS 5-035.7 - hier ebenfalls (wie auch die weiter genannten OPS-Ziffern) in der für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 geltenden Fassung, im Folgenden nur: OPS - hat folgenden Wortlaut:
"Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rückenmarks und der Rückenmarkhäute: Intraspinale Nervenwurzeln und Ganglien, sonstiges erkranktes Gewebe"
In einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 23.05.2012 führte die Beklagte aus, bei der Abrechnungsprüfung des Quartals 1/2012 sei aufgefallen, dass der Kläger die GOP 31257 EBM unter Angabe des OPS-Codes 5-035.7 an einem Tag sechs Mal abgerechnet habe; der Kläger werde gebeten zu diesen Behandlungsfällen die entsprechenden Operationsberichte vorlegen.
Ausweislich der vom Kläger am 03.09.2012 vorgelegten Operationsberichte vom 29.02.2012 wurde bei allen sechs Patienten eine Radiofrequenzdenervierung durchgeführt. Bei vier Patienten wurde unter Angabe der Diagnose "Chronisches ISG Schmerzsyndrom rechts" bei bis ins Detail identischem Text als Operation "Cooled RF Neurotomie auf 3 Etagen rechts, transforaminäre Infiltration S1 re" und bei zwei Patienten unter Angabe der Diagnose "chronisches LWS Schmerzsyndrom" ebenfalls bei bis ins Detail identischem Text als Operation "Radiofrequenzdenervierung L3 - S1 bds" angegeben. Keiner der Berichte ist unterschrieben, Angaben zur Operationsdauer und das Datum der Berichterstellung fehlen.
Mit Bescheid vom 29.10.2012 verfügte die Beklagte Honorarkürzungen im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 wie folgt:
• Die Leistung nach der GOP 31257 EBM mit OPS 5-035.7 wird umgewandelt in die Leistung nach GOP 34503 EBM (Bildwandlergestützte Intervention an der Wirbelsäule; obligater Leistungsinhalt: bildwandlergestützte Intervention in bzw. an Nerven, Ganglien, Gelenkkörper(n) und/oder Gelenkfacette(n) der Wirbelsäule.) mit OPS 5-040.6. (Operationen an Nerven und Nervenganglien, Inzision von Nerven, Plexus lumbosacralis); • Die Leistungen nach den GOP´s 34280 EBM (Durchleuchtungen) und 31676 EBM (Postoperative Behandlung nach der Erbringung einer Leistung entsprechend der GOP`s 31256, 31257, 31266 oder 31267 bei Erbringung durch den Operateur), welche im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) stehen, werden gestrichen. • Die Sachkosten nach der GOP 99205 EBM, welche im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) stehen, werden gestrichen.
Zur Begründung führte die Beklagte, der auch die vom behandelnden Anästhesisten für den gleichen Zeitraum angeforderten Narkoseprotokolle, die die Narkosedauer ausweisen, vorlagen, aus, die Prüfung habe ergeben, dass die Leistung der GOP 31257 EBM mit OPS 5-035.7 im Quartal 1/2012 insgesamt 19 mal abgerechnet worden sei. Sechs Operationen seien neben weiteren ambulanten Eingriffen am selben Tag (29.02.2012) abgerechnet worden. Die Zeitprofilprüfung für den 29.02.2012 habe eine auffällige Tagesarbeitszeit von 17:51 Stunden ergeben. Der zur Unterstützung der Prüfung in medizinischer Hinsicht hinzugezogene Fachberater habe festgestellt, dass die abgerechnete Leistung nicht dem angesetzten OPS, welcher auf mehr als zwei Stunden Dauer kalkuliert sei, entspreche. Es sei von einer Denervation des Iliosakralgelenks ((ISG); Verbindung zwischen Darmbeinschaufel und Kreuzbein) mittels Thermosonde auszugehen. Diese entspreche, da es sich um extra-spinale Nervenanteile des Plexus lumbosacralis handele, dem OPS 5-040.6. Diese Prozedur sei im Anhang 2 zum EBM nicht abgebildet, sondern sei, bei minimal invasiver Durchführung unter Bildwandlerkontrolle mit der GOP 34503 EBM abzurechnen. Unterstützt werde dieses Ergebnis durch die Auswertung der Narkoseprotokolle. Die Narkosezeiten lägen mit einem Zeitvolumen von 30 bis 55 Minuten deutlich unter der Kalkulationszeit des abgerechneten Eingriffs. In den Narkoseprotokollen werde auch jeweils nur eine intravenöse Narkose, die keine vertragsärztliche Leistung im Sinne des EBM sei, dargestellt. Abdeckungen seien im Rahmen von ambulanten Operationen gem. den Allgemeinen Bestimmungen des EBM unter Punkt 7.1 (Kosten für Einmal-Abdecksets) ab 01.10.2010 in den GOP enthalten und daher nicht gesondert berechnungsfähig. Der Plausibilitätsausschuss sei deshalb zur Überzeugung gekommen, dass der Leistungsinhalt der GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 nicht erfüllt worden sei. Er habe deshalb die Honorarbescheide für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 aufgehoben und die Honoraransprüche neu festgesetzt. Die Umsetzung der Berichtigungen und die sich hieraus ergebenden Berichtigungssummen erfolgten im Rahmen von maschinellen Korrekturläufen im Honorarbescheid für das Quartal 4/2012.
Am 11.11.2012 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die GOP 34503 EBM sei eine Röntgenziffer, bei der insbesondere die Radiologen in der Regel im Computertomogramm (CT) eine Kanüle an oder ggf. in das Facettengelenk vorschieben und eine Kombination von Lokalanästhetikum mit Cortison injizieren würden. Dies sei weder die Denervierung noch die Inzision eines Nerven. Eine Intervention mit Lokalanästhesie und Cortison sei auch keine Nervendestruktion. Damit handele es sich schon nach den Ausführungen der Beklagten zumindest um die OPS 5-041.5 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe von Nerven: Nerven Rumpf) oder 5-041.6 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe von Nerven: Plexus lumbosacralis). Allerdings arbeite er auch nicht am Plexus lumbosacralis und er inzidiere keine Nerven, vielmehr zerstöre er sie thermisch. Im Übrigen unterschreite er auch regelmäßig die für eine Nucleoplasty angesetzte Zeitvorgabe. Er fügte ein Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung B. vom 01.02.2012 (Abrechnung einer ISG-Denervation nach dem OPS 5-035.3 (Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rückenmarks und der Rückenmarkhäute, Rückenmarkhäute, sonstiges erkranktes Gewebe) möglich) und ein Schreiben der Beklagten vom 25.02.2011 bzgl. der Abrechnung von Materialkosten (steriles Probekit grundsätzlich nach 7.3 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM gesondert berechenbar) bei.
Die Beklagte richtete wegen der Abrechnung einer minimalinvasiven Denervation des ISG nach der GOP 31257 EBM eine Anfrage an die KBV. Im an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 20.02.2013 führte die KBV aus, die Legendierung des OPS- Codes 5-035.7 werde bei der Denervierung des ISG sicherlich nicht erbracht. Der OPS selbst steuere für die Denervierung des ISG keine zusätzlichen Informationen bei. Der OPS-Code für die Denervierung werde zwar in der Ausgabe des DIMDI genannt, allerdings als arthroskopischer Eingriff, was keinen Sinn mache, da eine Arthroskopie des ISG kaum durchführbar erscheine. Daher sei der OPS-Code nicht in den Anhang 2 aufgenommen worden. Andererseits sei die GOP 34504 EBM (CT-gesteuerte schmerztherapeutische Intervention(en)) in der derzeit gültigen Version (Stand 4. Quartal 2013) durchaus geeignet, entsprechende Eingriffe abzubilden. Dies sei nach ihrer Einschätzung die zutreffendste Abrechnungsmöglichkeit. Möglich erscheine auch die Abrechnung über den OPS-Code 5-041.6, da man aufgrund der Tatsache, dass das Gewebe zu erheblichen Schmerzen führe, mit der Definition "erkranktes Gewebe" bedingt argumentieren könne. Auch anatomisch sei der Plexus lumbosacralis durchaus mit dem ISG verbunden, so dass es sich bei diesem Abrechnungsweg um einen ausnahmsweisen Umgehungskreislauf handele.
Mit Bescheid vom 18.03.2013 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab, indem sie den Bescheid vom 29.10.2012 teilweise aufhob und in Höhe von 5.362,14 EUR die Sachkosten nach der GOP 99205 EBM, die im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM standen, zurückerstattete.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 wies die Beklagte den darüber hinaus aufrechterhaltenen Widerspruch des Klägers hinsichtlich der Restbeschwer von 34.675,51 EUR zurück. Der Kläger habe die Prüfzeit, die so bemessen sei, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistung im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen kann, in allen sechs Prüffällen nach den Narkoseprotokollen des Anästhesisten um mehr als 50 %, in einem Fall sogar um 75 %, unterschritten. Berücksichtige man auch noch die Einschlaf- und Aufwachphasen, werde der eigentliche ambulante Eingriff in deutlich weniger als der Hälfte der Prüfzeit durchgeführt. Es sei auch nicht regelmäßig mindestens OPS 5-041.5 oder 5-041.6 erfüllt, da diese OPS die Destruktion erkrankten Gewebes forderten, die Deneveration jedoch die Destruktion gesunden Nervengewebes intendiere, um die Schmerzleitung zum ISG zu unterbrechen. Der Leistungsinhalt der OPS 5-041 sei grundsätzlich nicht erfüllt. Auch wenn in Ausnahmefällen der Ansatz der OPS 5-041 als möglich angesehen werde, wäre die Umwandlung in GOP 34503 EBM nicht zu beanstanden. Dabei handele es sich um die zutreffendste Abrechnungsweise und der Kläger habe von dieser, von ihm nunmehr als möglich erachteten Abrechnungsweise, in keinem Fall Gebrauch gemacht. Da die GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 in der Abrechnung des Klägers insgesamt und nicht nur an einzelnen Behandlungstagen Rückschlüsse auf die Unrichtigkeit der Abrechnung zulasse, habe der Plausibilitätsausschuss die Berichtigung beschlossen. Durch die Abrechnung der nicht oder nicht vollständig erbrachten Leistungen sei die Garantiefunktion der Sammelerklärung entfallen. Damit fehle eine grundlegende Voraussetzung für die Festsetzung eines Honoraranspruchs des Vertragsarztes. Als Konsequenz habe sich der Plausibilitätsausschuss veranlasst gesehen, die Honorarbescheide der Quartale 1/2011 bis 2/2012 aufzuheben und den Honoraranspruch neu festzusetzen.
Am 12.11.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass er das Honorar zu Unrecht erhalten habe. Allein aus dem Umstand, dass eine möglicherweise fehlerhafte Anwendung der Gebührenordnung wahrscheinlicher erscheine als eine unwirtschaftliche bzw. korrekte Leistungserbringung, ergebe sich keine Berechtigung zur Honorarberichtigung. Eine solche komme nur dann in Betracht, wenn Abrechnungsfehler konkret vorlägen, mithin eine nicht leistungslegendengerechte Abrechnung nachweisbar vorliege. Dies sei hier nicht der Fall. Die Beklagte beschränke sich unter Bezugnahme auf sechs Beispielfälle, die sich nur auf das Abrechnungsquartal 1/2012 bezögen, auf pauschale Unterstellungen und Schlussfolgerungen. Eine substantiierte und nachvollziehbare Begründung dafür, dass die von ihm zur Abrechnung gebrachte Leistung nach GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) nicht dem angesetzten OPS entspreche, liege nicht vor. Der pauschale Hinweis auf die Kalkulationszeit zur GOP 31257 EBM (120 Minuten) führe in der Sache ebenfalls nicht weiter. Die von der Beklagten nicht näher begründete Zuordnung der von ihm erbrachten Operationsleistungen zur GOP 34503 EBM (OPS 5-040.6) sei im Übrigen rechtsirrig. Maßgeblich sei der Wortlaut der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmung. Danach sei es weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig, wenn die Beklagte die von ihm erbrachte Operationsleistung in ihrem Sinn bewerte und gebührenrechtlich großzügig ausgelegt einer anderen Abrechnungsziffer des EBM zuordne. Darüber hinaus liege ein Wegfall der Garantiefunktion der Sammelabrechnung nur in den Fällen des qualifizierten Verschuldens vor. Für Vorsatz oder zumindest grobe Fahrlässigkeit gebe es bei ihm freilich weder tatsächlich noch rechtlich Anhaltspunkte. Sofern ein Abrechnungsfehler in einem bestimmten Abrechnungsquartal vorliegen sollte, sei jedenfalls diese Feststellung ohne konkrete Feststellungen nicht ohne Weiteres auf weitere Quartale zu übertragen. Der angefochtene Bescheid mit der pauschalen Bezugnahme auf sechs Beispielsfälle zum Quartal 1/2012 trage seinem Vertrauensschutz nicht hinreichend Rechnung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die von ihr aufgrund einer Plausibilitätsprüfung vorgenommenen Berichtigungen seien nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der GOP 31257 EBM sei der Leistungsinhalt nicht erbracht. Der Kläger habe lediglich eine Denervierung des ISG mittels Thermosonde vorgenommen. Dies erfülle nicht die Voraussetzungen für die OPS-Codierung 5-035.7. Auch die KBV teile diese Auffassung. Dem habe der Kläger auch nicht substantiiert widersprochen. Dieses Ergebnis finde auch in den einschlägigen Anästhesieprotokollen eine Stütze. Für die ambulante Operation nach der GOP 31257 EBM sei im EBM eine Kalkulationszeit von 148 Minuten und eine Prüfzeit mit 120 Minuten hinterlegt. Der Kläger müsse die eigentlichen ambulanten Operationen in deutlich weniger als der Hälfte der Prüfzeit durchgeführt haben. In einer derartigen kurzen Zeit sei die ordnungsgemäße Erfüllung der Leistungslegende schlechterdings unmöglich. Auffällig sei zudem, dass die Operationsberichte der vier bzw. zwei Patienten jeweils bis ins Detail identisch seien. Sie enthielten weder Angaben über die Operationsdauer noch seien sie unterschrieben, auch fehle das Datum der Berichterstellung. Zutreffend seien auch die Leistungen nach der GOP 34280 EBM und 31676 EBM, die in direktem Zusammenhang mit den ambulanten Operationen nach der GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 stünden, gestrichen worden. Die GOP 31676 könne nur nach der Erbringung einer Leistung entsprechend den GOP Nrn. 31256, 31257, 31266, 31267 EBM erbracht werden. Indem die Leistung nach der GOP 31257 EBM nicht ordnungsgemäß erbracht und somit zu streichen gewesen sei, sei ein Ansatz der GOP 31676 EBM nicht gerechtfertigt. Durch die von ihr, der Beklagten, zugunsten des Klägers vorgenommene Umwandlung der GOP 31257 EBM in die GOP 34503 EBM, sei der Ansatz der GOP 34280 EBM ausgeschlossen. Die Abrechnungssammelerklärungen des Klägers, mit denen dieser die Richtigkeit der in Ansatz gebrachten Leistungen bestätigt habe, seien damit falsch. Für sie, die Beklagte, entfalle damit die Verpflichtung dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Das Honorarrisiko liege auf Seiten des Klägers. Der Kläger habe auch zumindest grob fahrlässig gehandelt. Mit den Sorgfaltspflichten eines korrekt abrechnenden Arztes sei nicht vereinbar, dass OPS-Codierungen angesetzt würden, deren Legendierung nicht erfüllt seien. Bei der Neufestsetzung des Honorars stehe ihr, der Beklagten, ein weites Schätzungsermessen zu. Das Abrechnungsverhalten des Klägers im Quartal 1/2012 lasse Rückschlüsse auf die Abrechnung aller ambulanten Operationen nach der GOP 31257 EBM in Verbindung mit OPS 5-035.7 nicht nur an einzelnen Behandlungstagen, sondern insgesamt zu. Sie sei im Rahmen des ihr zustehenden Schätzungsermessens deshalb berechtigt, die für das Quartal 1/2012 getroffenen Feststellungen auf die übrigen streitgegenständlichen Quartale zu übertragen. Auch in diesen Quartalen sei ein entsprechendes Abrechnungsverhalten anzunehmen. Dies werde vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt worden. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Erst nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist könnten Honorarbescheide wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen werden. Diese Frist sei für die streitgegenständlichen Quartale 1/2011 bis 2/2012 zum Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheids vom 29.10.2012 noch nicht abgelaufen gewesen.
Mit Urteil vom 15.03.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe in den von der Beklagten überprüften Fällen für die von ihm durchgeführten Radiofrequenzdenervierungen zu Unrecht die GOP 31257 EBM abgerechnet. Den Leistungsinhalt der OPS 5-035.7 habe der Kläger für die mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzte Kammer nicht erfüllt. Die Radiofrequenzdenervierung sei eine Hitzesondenbehandlung, bei der kein Gewebe exzidiert, d. h. chirurgisch entfernt, werde. Sie bewirke auch keine Destruktion erkrankten Gewebes. Dies gelte auch für die vom Kläger vorgenommenen Eingriffe. Damit habe auch die GOP 31676 EBM nicht abgerechnet werden können. Ob der Leistungsinhalt der GOP 34503 EBM erfüllt sei, habe sie, die Kammer, nicht zu prüfen, da der Kläger durch diese Entscheidung der Beklagten nicht beschwert sei. Die Beklagte sei im Rahmen des ihr zustehenden Schätzungsermessens auch berechtigt, in den streitgegenständlichen Quartalen in gleicher Weise sämtliche Ansätze der GOPen 31257, 31676 und 34280 EBM zu berichtigen. Der Kläger habe in den überprüften Behandlungsfällen ausnahmslos eine Radiofrequenzdenervierung vorgenommen und fälschlich die GOP 31257 mit OPS 5-035.7 abgerechnet. Damit habe er ein grundsätzliches (Fehl-)Verständnis der abgerechneten Leistung zum Ausdruck gebracht. Dass er in einem der berichtigten Fälle etwas anderes durchgeführt habe, habe der Kläger nicht vorgetragen. Auch die Verwendung identischer Operationsberichte spreche für eine regelhaft vom Kläger erbrachte Leistung. Die Zahl der berichtigten Fälle stehe auch nicht außer Verhältnis zur Zahl der überprüften Behandlungsfälle. Die Beklagte habe auf einer Basis von sechs überprüften Behandlungsfällen insgesamt 49 Fälle (zwischen vier und achtzehn Fälle pro Quartal) berichtigt. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Sofern wie hier die Beklagte den Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise aufhebe und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordere, setze die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus.
Gegen das ihm am 04.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.05.2016 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens rügt er, dass sich das SG mit dem Hinweis begnüge, dass die Kammer mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzt sei. Diese pauschale und nicht näher begründete Bewertung sei zu beanstanden. Das SG hätte sich mit dem entscheidungserheblichen (Abrechnungs-)Sachverhalt näher/intensiver auseinandersetzen müssen. Auch werde der Rechtsmeinung des SG widersprochen, wonach es seine, des Klägers, Sache sei, nicht nur allgemein die Beklagte zu kritisieren, sondern aufzuzeigen, dass seine Abrechnungen zutreffend seien. Die Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis etwaiger Abrechnungsfehler liege regelmäßig bei der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr liege kein sachlicher Grund vor. Es gebe keinen allgemeinen und rechtsverbindlichen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine in bestimmten Fällen möglicherweise implausibel abgerechnete Leistung automatisch auch in allen anderen Fällen/Quartalen nicht plausibel sei.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.03.2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 29.10.2012 in der Fassung des Bescheids vom 18.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.10.2013 insoweit aufzuheben, als die Leistung nach der GOP 31257 EBM mit OPS 5-035.7 in die Leistung nach GOP 34503 EBM mit OPS 5-040.6 umgewandelt wurde und die Leistungen nach den GOPs 34280 EBM und 31676 EBM gestrichen wurden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Im Rahmen eines am 02.03.2017 durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger erklärt, dass er bei der Radiofrequenzdenervierung Nervenäste, die die Gelenke versorgten, mit Wärme abtöte. Vor der Denervierung führe er einen Test mit einem Lokalanästhetikum durch. Wenn dieser mit Blick auf die Möglichkeit der Lahmlegung der Nervenästchen positiv ausfalle, könne die Radiofrequenzdenervierung durchgeführt werden. Bei den abzutötenden Nervenästchen handele es sich um zu aktive Nervenästchen, die Schmerzen verursachten. Am 29.02.2012 habe er deshalb so viel operiert, weil an diesem Tag bei ihm ein Techniker, der sich mit dem Gerät auskenne, gewesen sei. Er sei an diesem Tag sehr lange im Operationssaal gestanden. Die Operation dauere in der Regel 45 Minuten, teilweise auch viel länger.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gem. §§ 143, 144 SGG statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750,00 EUR) ist bei einer streitigen Honorarforderung in Höhe von 34.675,51 EUR unzweifelhaft überschritten.
Der Senat hat in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragstherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGG).
Die Berufung führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die streitigen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Honorarbescheide für die Quartale 1/2011 bis 2/2012 und die damit verbundene Festsetzung von Rückforderungen in Höhe von insgesamt 34.675,51 EUR bzgl. der GOP 31257 EBM in Verbindung mit dem OPS-Code 5-035.7 sowie die Streichung der GOPen 34280 EBM und 31676 EBM, welche in direktem Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 EBM (OPS 5-035.7) stehen bzw. durch die zugunsten des Klägers von der Beklagten vorgenommene Umwandlung der GOP 31257 EBM in die GOP 34503 EBM ausgeschlossen sind, sind nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf die Begründung der Bescheide der Beklagten Bezug (§§ 153 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebungen bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (in der hier noch maßgeblichen Fassung (a.F.), jetzt § 106d SGB V; i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Ersatzkassenvertrag Ärzte (EKV-Ä).
Gem. § 106a Abs. 1 SGB V a.F. prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.). Einzelheiten der Plausibilitätsprüfung ergeben sich aus den "Richtlinien gem. § 106a SGB V" (RL § 106a SGB V, hier in der Fassung vom 01.07.2008 (Deutsches Ärzteblatt 2008, A1925)), die die Partner der Bundesmantelverträge auf Grundlage des § 106a Abs. 6 SGB V a.F. vereinbart haben. Nach § 5 Abs. 1 RL § 106a SGB V stellt die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe auf Grund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten. Diese sind durch die Anwendung von Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, die es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Nach § 7 Abs. 1 RL § 106a SGB V werden Plausibilitätsprüfungen von der Kassenärztlichen Vereinigung als regelhafte Prüfungen (§ 7 Abs. 2 RL § 106a SGB V) durchgeführt, die sich auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 3 RL § 106a SGB V) erstreckt.
Konkretisierend hierzu ist in der auf § 13 Abs. 1 RL § 106a SGB V beruhenden Verfahrensordnung der Beklagten zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen festgelegt, dass die Plausibilität der Honorarabrechnung u. a. auf der Grundlage von Stichproben geprüft wird (§§ 4, 5 der Verfahrensordnung), wobei nach Anlage 1 Nr. 3 der Verfahrensordnung u. a. auch statistische Auffälligkeiten, insbesondere bei der Abrechnung von Leistungspositionen um 100 % oberhalb des Schnitts der Arztgruppe überprüft werden. Erst wenn die Kassenärztliche Vereinigung auf Grund der Plausibilitätsprüfung allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis kommt, dass die Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind, führt die Kassenärztliche Vereinigung ein Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch (§ 5 Abs. 2 Satz 1 RL § 106a SGB V); die auf Grund einer Plausibilitätsprüfung festgestellten Abrechnungsfehler führen in vollem Umfang zur Abrechnungskorrektur (Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2016, § 106a SGB V, Rdnr. 6).
Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -, in juris). Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl. etwa BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 5/09 R -, m. w. N., in juris). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SG&61506; V a.F., 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen im Sinne des § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) das allgemeine Sozialversicherungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -; auch Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 12/09 R -, beide in juris). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von vier Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung "verbraucht" ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -; Urteil vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R -; Urteil vom 08.12.2006 - B 6 KA 12/05 R -, alle in juris). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwürdiges Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Urteil des erkennenden Senats vom 26.10.2016 - L 5 KA 1494/14 - m. w. N. sowie BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R - und Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 39/15 R -, alle in juris).
Die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen setzt ein Verschulden des Vertragsarztes nicht voraus, sofern die Kassenärztliche Vereinigung den ergangenen Honorarbescheid wegen Falschabrechnung lediglich teilweise - hinsichtlich der als fehlerhaft beanstandeten Leistungsabrechnung - aufhebt und auch nur den hierauf entfallenden Honoraranteil zurückfordert, dem Vertragsarzt das Honorar im Übrigen also ungeschmälert belässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, in juris).
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.2016, - B 6 KA 17/15 R - und Urteil vom 11.02.2015, - B 6 KA 15/14 R -; BSG, Beschluss vom 28.09.2016, - B 6 KA 17/16 B - und Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -, alle in juris) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM - des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf; eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Diese Auslegungsgrundsätze gelten nicht allein für Vergütungstatbestände, sondern auch für Kostenerstattungstatbestände, soweit diese nicht auf die Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern pauschal Erstattungen vorsehen (BSG, Urteil vom 30.11.2016, - B 6 KA 17/15 R - und Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 14/13 R - m.w.N., Beschluss vom 28.09.2016 - B 6 KA 17/16 B -, alle in juris).
Über die Auslegung des von den zuständigen Gremien erlassenen Regelwerks für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen muss im Streitfall das Gericht im Wege der Rechtsanwendung, nämlich der Anwendung der nach der Rechtsprechung des BSG hierfür maßgeblichen Auslegungsregeln, entscheiden. Die Entscheidung über die Enge oder Weite von Leistungstatbeständen ist eine Frage der rechtlichen Auslegung. Auf Fragen der Medizin kommt es grundsätzlich nicht an. Daher ist im Streit um sachlich-rechnerische Richtigstellungen grundsätzlich kein Raum für Sachverständigenvernehmungen (so jurisPK-SGB V/Clemens, § 106a Rdnr. 49 unter Bezugnahme u.a. auf die Rspr. des BSG). Sind danach allein maßgeblich juristische Auslegungsmethoden, tritt die medizinische Beurteilung in den Hintergrund (BSG, Beschluss vom 12.12.2012, - B 6 KA 31/12 B -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.03.2004, - B 6 KA 118/03 B -: u.a. Frage, welche Leistungen mit der Pauschale nach GOP 3454 EBM a.F. (bis 31.03.2005) - Grundpauschale für Ärzte für Laboratoriumsmedizin - abgegolten sind, dem Beweis durch Sachverständigen nicht zugänglich; auch etwa Senatsurteil vom 24.02.2016, - L 5 KA 5799/11 -, alle Entscheidungen in juris).
Der Normgeber des EBM hat bei der Abfassung der Vergütungstatbestände im Übrigen eine weite Gestaltungsfreiheit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 04.05.2016 - B 6 KA 16/15 R -, Urteil vom 16.12.2015, - B 6 KA 39/15 R - und Urteil vom 28.05.2008, - B 6 KA 9/07 R -, alle in juris). Er hat insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung. Unwirksam wäre eine Regelung nur dann, wenn sie nicht sachgerecht wäre. Ob dies der Fall ist, ist nach rechtlichen Kriterien zu beurteilen. Einwendungen aus medizinischer Sicht sind grundsätzlich unerheblich (jurisPK-SGB V/Clemens § 106a Rdnr. 96 m. N.).
Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben hat der Kläger mit der Durchführung der Radiofrequenzdenervierungen den Leistungsinhalt der GOP 31257 EBM (OPS-Code 5-035.7) nicht erbracht.
Die Leistungslegende der GOP 31257 EBM nimmt für die Abrechnung des chirurgischen Eingriffs auf den Anhang 2 des EBM und die darin vorgenommene Zuordnung des chirurgischen Eingriffs zu den OPS-Nrn. des DIMDI Bezug. Der Bewertungsausschuss hat damit den Wortlaut der OPS-Nrn. - hier der OPS 5-035.7 - zum Bestandteil des Wortlauts der Leistungslegende und damit des Leitungstatbestands der in Rede stehenden GOP des EBM gemacht. Der Wortlaut der in den EBM-Leistungstatbestand inkorporierten OPS-Nrn. ist deswegen nach den gleichen Rechtsgrundsätzen wie der Wortlaut der GOP selbst auszulegen (Senatsurteil vom 24.02.2016 - L 5 KA 5799/11 - a.a.O.).
Davon ausgehend kann die GOP 31257 EBM in Verbindung mit der OPS 5-035.7 nur abgerechnet werden, wenn bei einem chirurgischen Eingriff eine Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe durchgeführt wird. Die lateinische Wurzel des Begriffs "Exzision", das Verb excidere, bedeutet (her)aushauen, -schneiden, abhauen. Der Begriff "Destruktion" stammt vom lateinischen Wort destructio, was als Niederreißen übersetzt wird. Der Leistungsinhalt Exzision erfordert damit das Herausschneiden von Gewebe. Dies beinhaltet, dass das Gewebe aus dem Körper entfernt wird. Der Leistungsinhalt ist hingegen nicht erfüllt, wenn das Gewebe im Körper verbleibt. Es genügt nicht, wenn das Gewebe "nur" abgeschnitten wird, aus dem Zusatz "heraus" ergibt sich, dass das Abschneiden auch mit dem Herausnehmen - aus dem Körper - verknüpft ist. Daneben ist auch die Zerstörung von Gewebe (Destruktion) erforderlich. Dabei muss sowohl eine Exzision als auch eine Destruktion durchgeführt werden, nachdem die beiden Substantive mit dem Wort "und" verknüpft sind. Der Wortlaut der genannten OPS-Nr. lässt eine andere Auslegung nicht zu.
Den Leistungsinhalt einer Exzision hat der Kläger bei der Durchführung der hier in Rede stehenden Radiofrequenzdenervierung freilich nicht erbracht, er hat - dies hat er selbst auch anlässlich des am 02.03.2017 durchgeführten Erörterungstermins bestätigt - kein Gewebe entfernt. Er hat das Verfahren dahingehend beschrieben, dass er bei der Radiofrequenzdenervierung Nervenäste, die die Gelenke versorgen, mit Wärme abtötet. Die Nervenäste werden dabei nicht aus dem Körper entfernt, sondern - abgetötet - an Ort und Stelle belassen; sie werden denerviert. Dies wird auch aus den Operationsberichten vom 29.02.2012 deutlich, wonach "nur" das Material, jedoch kein Gewebe entfernt wurde. Eine Exzision im Sinne eines Herausschneidens findet damit nach Auffassung des fachkundig besetzten Senats nicht statt. Diese Auffassung vertritt auch die KBV in ihrem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 20.02.2013. Damit fehlt es bereits am ersten Erfordernis für die Anwendung der OPS 5-034.7. Darauf ob die Denervierung der Nervenäste eine Destruktion darstellt und ob es sich bei den denervierten Nervenästen um erkranktes Gewebe handelt, woran der Senat Zweifel hat, da die Schmerzen der Patienten nicht von den Nervenästen, sondern vom ISG oder den Wirbel- und Facettengelenken herrühren dürften und dies damit das erkrankte Gewebe sein dürfte, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Um den OPS-Code 5-035.7 anwenden zu können, muss sowohl eine Exzision als auch eine Destruktion vorliegen, nachdem die Exzision und die Destruktion durch das Wort "und" verknüpft sind. Daran fehlt es hier.
Damit ist der Leistungsinhalt des OPS-Codes 5-035.7 und damit auch die GOP 31257 EBM nicht erfüllt. Dies war im Falle des Klägers am 29.02.2012 bei sechs Ansätzen insgesamt sechs Mal der Fall. Dies entspricht einem in 100 % der Fälle fehlerhaftem Ansatz. Die von der Beklagten angenommene und der Richtigstellung zugrunde gelegte 100 % Fehlerhaftigkeit bzgl. der GOP 31257 EBM mit Blick auf alle im Quartal 1/2012 durchgeführte Radiofrequenzdenervierung ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Hierfür spricht die Auswertung der sechs Patientendokumentationen, aus der sich ergab, dass der Kläger diese GOP in sämtlichen Fällen der Radiofrequenzdenervierung angesetzt hat. Dies entspricht einer Ansatzhäufigkeit von 100 %. Diese Ansatzhäufigkeit ist bei allen 18 Patienten, bei denen die GOP 31257 EBM im Quartal 1/2012 zum Ansatz kam, anzuwenden. Der Kläger hat dieses Abrechnungsverhalten generell und nicht nur mit Blick auf die überprüften sechs Dokumentationen aufgrund seines Verständnisses der Radiofrequenzdenervierung und der Anwendung der GOP 31257 EBM an den Tag gelegt. Einer darüber hinausgehenden weiteren Prüfung bedurfte es angesichts der gleichgelagerten Fälle insoweit nicht. Anhaltspunkte für ein nachfolgend geändertes Abrechnungsverhalten liegen nicht vor. Dies trägt auch der Kläger nicht vor. Die GOP 31257 EBM wurde damit zu Recht bei allen 18 Fällen im Quartal 1/2012, bei denen sie vom Kläger angesetzt worden war, gestrichen. Dies hat zur Folge, dass auch die GOP 31676 EBM, die im direkten Zusammenhang mit der ambulanten Operation nach der GOP 31257 steht, nicht abgerechnet werden kann.
Verjährung bzw. der Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs war insoweit noch nicht eingetreten. Der Honorarbescheid für das Quartal 1/2012 datiert vom 16.07.2012, der Rückforderungsbescheid vom 29.10.2012 erging damit vor Ablauf der vierjährigen Verjährungs-/Ausschlussfrist. Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf Vertrauen berufen. Die Beklagte hatte den Honorarbescheid zuvor nicht bereits überprüft und vorbehaltlos bestätigt. Sie hatte den Kläger in der Vergangenheit auch nicht darin bestätigt, dass die von ihm vorgenommene Abrechnung der GOP 31257 EBM korrekt sei. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Kassenärztliche Vereinigung B. vom 01.02.2012, wonach der Eingriff ggf. nach dem OPS 5-035.3 abgerechnet werden kann. Auf das an einen anderen Orthopäden gerichtete Schreiben der nicht für ihn zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung B. vermag sich der Kläger insoweit nicht zu stützen. Ob dem Kläger deswegen Verschulden zur Last fällt, ist unerheblich, da der Honorarbescheid nicht allein wegen Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung insgesamt, sondern wegen Verstoßes gegen die genannte Abrechnungsbestimmung - unter Belassung des Vertragsarrzhonorars im Übrigen - nur teilweise aufgehoben worden ist.
Die Beklagte war darüber hinaus berechtigt, auch die Abrechnungen in den Quartalen 1/2011 bis 4/2011 und 2/2012 zu berichtigen. Auch insoweit war die Abrechnung der GOP 31257 EBM fehlerhaft. Zwar setzt die nach den obigen Ausführungen vorzunehmende Richtigstellung grundsätzlich voraus, dass die Kassenärztliche Vereinigung dem Arzt für jedes Quartal, für das sie das Quartal richtig stellen will, zumindest eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachweist. Ein solcher Nachweis liegt für die Quartale 1/2011 bis 4/2011 und 2/2012 nicht vor. Hier hat der Kläger jedoch ein grundsätzliches Verständnis der Abrechnung der Radiofrequenzdenervierung mit der GOP 31257 (OPS 5-035.7) deutlich gemacht. Dies hat er auch im Berufungsverfahren noch einmal wiederholt. Die Fälle sind auch in diesen Quartalen gleichgeartet und die Ansatzhäufigkeit mit Ansätzen zwischen vier und zehn weicht auch nicht gravierend von dem überprüften Quartal 1/2012, in dem der Kläger die Radiofrequenzdenervierung 18 mal durchführte, ab. Dies rechtfertigt die Übertragung des Honorarrisikos auf den Arzt. Der Arzt ist in solchen Fällen gehalten nachzuweisen, dass er die Leistungslegende der GOP erfüllt hat. Es wäre Sache des Klägers gewesen, nachzuweisen, dass er in diesen Quartalen die GOP 31257 EBM nur in den Fällen angewandt hat, in denen er tatsächlich Gewebe entfernt hat. Dem kam der Kläger für die Quartale 1/2011 bis 4/2011 und 2/2012 nicht nach. Von daher ist die Vorgehensweise der Beklagten nicht zu beanstanden.
Etwas anderes lässt sich auch nicht darauf stützen, dass der Kläger sich der Unrichtigkeit der von ihm abgeführten Abrechnung nicht bewusst war und es auch in den streitgegenständlichen Quartalen keine GOP gab, die in der Lage war, die Radiofrequenzdenervierung korrekt abzubilden. Die Rechtmäßigkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung setzt grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärung aufhebt (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, n juris). Dies war hier nicht der Fall. Die Honorarbescheide für die streitgegenständlichen Quartale wurden nur hinsichtlich der Abrechnung dreier GOP´s mit Blick auf die Radiofrequenzdenervierung reduziert. Auch bzgl. der Quartale 1/2011 und folgende erging die Berichtigung am 29.10.2012 vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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