Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 36 AS 303/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 2268/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 28/17 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2013 geändert. Die Beigeladene wird verurteilt, den Klägern Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.06.2007 und vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt 1/8 der außergerichtlichen Kosten der Kläger im ersten Rechtszug. Der Beigeladene trägt 7/8 der außergerichtlichen Kosten der Kläger im ersten Rechtszug und die außergerichtlichen Kosten der Kläger im zweiten Rechtszug in vollem Umfang. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger streiten um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.04 2010 und 01.11.2010 bis 30.11.2010.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der zwischen 1993 und 2001 geborenen Kläger zu 2) bis 7). Alle Kläger sind irakische Staatsangehörige. Sie sind im Jahr 2002 aus dem Irak in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Als Grund für Ihre Einreise gab die Klägerin zu 1) gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge an, dass sich der Ehemann bereits seit dem Jahr 1999 in Deutschland aufgehalten habe und die Situation ohne ihn im Irak sehr schwierig gewesen sei, sowohl in finanzieller Hinsicht, als auch im Bezug auf die Betreuung der Kinder. Mit Bescheid vom 01.12.2012 wurde der Asylantrag der Kläger abgelehnt und festgestellt, dass weder ein Abschiebungsverbot nach § 51 AuslG in der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung noch ein Abschiebehindernis nach § 53 AuslG vorlägen. Die Klage gegen diesen Bescheid wies das Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Urteil vom 30.04.2004 ab. Seit 06.07.2004 sind die Kläger im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG.
Der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) bis 7), O. Z. B., ist ebenfalls irakischer Staatsangehöriger. Er wurde zunächst durch Bescheid vom 08.06.1999 als Flüchtling anerkannt. Ein zwischenzeitlich erfolgter Widerruf dieser Anerkennung wurde wieder aufgehoben. Seit 17.10.2008 verfügt er über eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG. Außerdem sind zwei weitere Kinder der Ehepartner nach § 26 AsylVfG als Flüchtlinge anerkannt. Sie haben eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 20 Abs. 2 AufenthG. Ein weiteres Kind, das nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum geboren wurde, hat die deutsche Staatsangehörigkeit.
Nach ihrer Einreise bezogen die Kläger zunächst bis April 2004 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Anschließend erhielten sie nach Auskunft des Beigeladenen keine Leistungen, da der Ehemann der Klägerin zu 1) Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezog, das den Bedarf auch der Antragsteller vollständig deckte. Im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2006 bezogen sie Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Vom 01.05.2006 bis zum 30.06.2007 erhielten sie erneut Leistungen nach § 3 AsylbLG. Im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.05.2010 bezogen sie Leistungen nach § 2 AsylblG von der Beigeladenen. Der Beklagte gewährte den Klägern sowie dem Ehemann und zwei weiteren Kindern mit Bescheid vom 29.03.2006 zunächst auch für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis zum 30.09.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II i.H.v. 1.848,00 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 31.03.2006 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung gegenüber den Klägern jedoch wieder auf und forderte diese zur Erstattung eines Betrages in Höhe von insgesamt 1.444,30 EUR auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kläger wussten oder hätten wissen müssen, dass der ihnen zuerkannte Anspruch ganz oder teilweise im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X weggefallen sei. Die Klägerin sei nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II. In der Folgezeit bewilligte der Beklagte den Klägern keine Leistungen mehr. Der Ehemann und die zwei weiteren Kinder bezogen dagegen weiterhin Leistungen vom Beklagten.
Mit Schreiben vom 26.02.2010 beantragten die Kläger die Überprüfung aller bereits bestandskräftigen Leistungszeiträume und wiesen darauf hin, dass Ihnen ebenfalls ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zustehe. Dieser ergebe sich aus Art. 28 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (so genannte Qualifikationsrichtlinie - QualRL). Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 1 Abs. 1 AsylbLG stehe im Widerspruch zu dem nach Art. 28 QualRL unbedingt formulierten Anspruch auf Zugang zu sozialen Leistungen, wie sie auch den deutschen Staatsangehörigen gewährt würden. Sofern ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht bestehe, wäre jedenfalls ein Anspruch auf Sozialhilfe nach den Regelungen des SGB XII gegeben.
Am 24.06.2010 stellten die Kläger beim Sozialgericht Köln (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 21 AY 113/10 ER). Damit wendeten sie sich gegen einen Bescheid der Beigeladenen, mit dem ab 01.06.2010 nur noch Leistungen auf dem Niveau der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt worden waren. Das SG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 29.07.2010 ab, da die Kläger die nach der Rechtsprechung des BSG erforderlichen Vorbezugszeiten von Grundleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nicht erfüllten. Die Beschwerde dagegen (L 20 AY 75/10 B ER) wurde mit Beschluss vom 31.05.2011 zurückgewiesen. Auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII wurde verneint.
Mit Bescheid vom 15.10.2010 bewilligte der Beklagte dem Vater der Kläger zu 2) bis 7) sowie den zwei weiteren nicht am Verfahren beteiligten Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010.
Mit Bescheid vom 23.11.2010 lehnte der Beklagte eine Änderung der bestandskräftigen Bescheide gegenüber den Klägern bis zum 26.02.2010 ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Bescheide nicht zu beanstanden seien.
Gegen beide Bescheide legten die Kläger mit Schreiben vom 27.10.2010 und 02.12.2010 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II mit Art. 28 QualRL nicht vereinbar sei.
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2010 (Überprüfungsantrag) und 10.03.2011 (Leistungsbescheid November 2010) zurück.
Am 24.01.2011 und 23.03.2011 haben die Kläger Klage beim SG erhobenen. Die unter den Aktenzeichen S 36 AS 303/11 und S 36 AS 1199/11 geführten Verfahren hat das SG mit Beschluss vom 18.10.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Kläger haben sich für ihre Klagebegründung auf die Entscheidung des LSG NRW vom 27.02.2012 (L 20 AY 48/08) bezogen, in dem dieses einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II direkt aus Art. 28 QualRL hergeleitet hatte.
Der Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass der vorliegende Fall mit dem vom 20. Senat entschiedenen nicht vergleichbar sei, da dort beide Elternteile Leistungen nach dem SGB II bezogen hätten.
Mit Urteil vom 11.03.2013 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 31.03.2006 verurteilt, die Bescheide vom 21.06.2007, 30.11.2007, 15.07.2008, 05.08.2008, 12.12.2008, 25.03.2009, 17.06.2009, 15.07.2009 und 01.10.2009 abzuändern und den Klägern für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis zum 30.04.2010 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Darüber hinaus hat es den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II zu gewähren. Die Kläger seien als Angehörige eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen anspruchsberechtigt. Ihnen stünde Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 S. 1 SGB II zu. Dieser Anspruch folge aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II nicht unmittelbar aus dem nationalen Recht, sondern aus dem höherrangigen Recht der Regelungen der QualRL. Gemäß Art. 28 Abs. 1 QualRL trügen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Personen denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiären Schutz zuerkannt worden sei, in dem Mitgliedstaat, der die Rechtsstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedsstaates erhalten. Gemäß Art. 23 Abs. 1 QualRL trügen die Mitgliedstaaten weiter dafür Sorge, dass der Familienverband aufrechterhalten werden könne. Darüber hinaus trügen sie nach Art. 23 Abs. 2 QualRL dafür Sorge, dass die Familienangehörigen der Person, der die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sei, die selbst nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines entsprechenden Status erfüllten, gemäß den einzelstaatlichen Verfahren Anspruch auf die in Art. 24-34 QualRL genannten Vergünstigungen hätten, sofern dies mit der persönlichen Rechtsstellung des Familienangehörigen vereinbar sei. Der Ehemann der Klägerin zu 1) sei als Flüchtling im Sinne von Art. 2 d QualRL anzusehen. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 7) als deren minderjährige Kinder unterfielen dem Begriff des Familienangehörigen im Sinne der QualRL. Diesen sei demnach Zugang zur Sozialhilfe im Sinne des Art. 28 Abs. 1 QualRL dem Grundsatz nach eröffnet. Hinsichtlich des Leistungsumfangs schließe sich die Kammer den überzeugenden Ausführungen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 27.02.2012 (L 20 AY 48/08) an. Daraus ergebe sich, dass die QualRL für die Kläger hinsichtlich des Zugangs zur Sozialhilfe im Sinne des Art. 28 QualRL nicht umgesetzt worden sei, denn diese seien von den Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII ausgeschlossen. Auch eine gemeinschaftskonforme Auslegung sei nicht möglich, so dass der Anspruch der Kläger unmittelbar aus der QualRL hergeleitet werden könne. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor, da die Regelungen der Richtlinie hinreichend genau und inhaltlich unbedingt seien. Die mit der Richtlinie in Bezug genommene Sozialhilfe könne als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII bestimmt werden.
Am 18.04.2013 hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der die vom SG ausgesprochene Aufhebung des Bescheides vom 31.03.2006 ausdrücklich nicht beanstandet worden ist. Wegen ihrer Berechtigung zum Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG seien die Kläger jedoch gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II von Grundsicherungsleistungen ausgenommen.
Mit Beschluss vom 08.05.2014 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens angeordnet im Hinblick auf das beim BSG anhängige Verfahren B 7 AY 4/12 R. Nach Veröffentlichung der Gründe des Urteils vom 28.05.2015 ist das Verfahren im Dezember 2015 wieder aufgenommen worden.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung des BSG vom 28.05.2015 eindeutig sei. Art. 28 der QualRL vermittele entgegen der Auffassung der Kläger keinen unmittelbaren Leistungsanspruch. Ihnen stünden in Anwendung der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II daher keine Leistungen nach dem SGB II zu.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie die Verurteilung zur Erbringung von Leistungen für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.04.2010 und für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 betrifft.
Die Kläger beantragen,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2013 zurückzuweisen, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach § 2 AsylbLG für den streitgegenständlichen Zeitraum zu gewähren.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Kläger halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sind weiterhin der Auffassung, dass ihnen Leistungen nach dem SGB II unmittelbar aus Art. 23 i.V.m. Art. 28 der QualRL zustünden. Darüber hinaus sei der Leistungsausschluss für Familienangehörige anerkannter Flüchtlinge verfassungswidrig. Eine Rechtfertigung für den Leistungsausschluss nach dem SGB II wäre allenfalls dann gegeben, wenn sich die Kläger nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten würden. Die allein an dem Aufenthaltsstatus anknüpfende Vermutung des nur kurzfristigen Aufenthaltes sei nach den ausdrücklichen Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Eine Beschränkung auf ein abweichendes Existenzminimum sei unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsstatus und ohne Rücksicht auf die Berechtigung einer ursprünglich gegenteiligen Prognose eines etwaigen Kurzaufenthaltes dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn der tatsächliche Aufenthalt die Spanne eines Kurzaufenthaltes deutlich überschritten habe. Die tatsächlichen Verhältnisse widerlegten hier die an den Status anknüpfende Vermutung des nur vorübergehenden Aufenthaltes. Damit sei eine Differenzierung im Rahmen des menschenwürdigen Existenzminimums verfassungsrechtlich nicht zulässig. Es bestehe eine Regelungslücke, die durch eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend zu schließen sei, dass die Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auch für die Familienangehörigen mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestünde. Selbst wenn sich keine unmittelbaren Ansprüche über die QualRL ableiten lassen sollten, so seien die nationalen Regeln verfassungskonform auszulegen.
Darüber hinaus sind sie der Auffassung, dass dem vom BSG mit Urteil vom 28.05.2015 entschiedenen Fall eine andere Sach- und Rechtslage zugrundegelegen habe. Dort habe eine Fallgestaltung nach Art. 28 Abs. 2 QualRL vorgelegen, wonach den Mitgliedstaaten die Möglichkeit offengelassen werde, die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sei, auf Kernleistungen zu beschränken. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit liege aber eine Fallgestaltung des Art. 28 Abs. 1 der QualRL vor. Aufgrund des Verweises "auf die notwendige Sozialhilfe für Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates" sei auch die Höhe der zu gewährenden Leistungen hinreichend bestimmt, da auf die Situation der eigenen Staatsangehörigen verwiesen werde. Sofern der Senat auch in dieser Fallkonstellation weder eine unmittelbare Wirkung noch eine Vorlagepflicht erkenne, bestünden gegenüber der Beigeladenen Leistungsansprüche nach § 2 AsylbLG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG den Beklagten zur Änderung seiner Bescheide und zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II verurteilt.
Das Begehren der Kläger ist zum einen darauf gerichtet, durch die Aufhebung des ablehnenden Überprüfungsbescheides vom 23.11.2010 eine Überprüfung sämtlicher Leistungsbescheide für die Zeit ab Einstellung der Leistungen nach dem SGB II und eine Bewilligung von Leistungen nach diesem Buch zu erreichen. Richtige Klageart ist insoweit die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. Darüber hinaus begehren die Kläger im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die Aufhebung des Bescheides vom 15.10.2010, mit dem lediglich den weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind, und die Zahlung eben solcher Leistungen im Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010. Soweit die Kläger mit ihrem Überprüfungsantrag auch eine Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 31.03.2006 und eine Leistungsgewährung für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.09.2006 beantragt haben, ist dieser Bescheid nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens, da das SG die Beklagte zur Aufhebung dieses Bescheides verurteilt hat und diese ihre Berufung ausdrücklich auf diesen Teil des Urteilsspruchs nicht erstreckt hat.
Im Übrigen haben die Kläger jedoch keinen Anspruch auf Änderung der für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.04.2010 ergangenen Leistungsbescheide.
Die Kläger haben für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie waren von den Leistungen nach diesem Buch ausgeschlossen, weil sie leistungsberechtigt nach dem AsylbLG waren, § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II. Alle sechs Personen verfügten im gesamten Zeitraum lediglich über eine Duldung gemäß § 60a AufenthG, so dass sie gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG nach diesem Gesetz leistungsberechtigt waren. Zwar sind sie der Auffassung, dass auch ihnen die Flüchtlingseigenschaft hätte zuerkannt werden müssen. Jedoch ist die Ablehnung bestandskräftig. Auch eine Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylG erfolgte nicht. Der Erteilung des Titels kommt mit Blick auf die Zuordnung zum Leistungssystem des AsylbLG Tatbestandswirkung zu (BSGE 117, 297-302). Wie auch schon vom SG ausgeführt, können die Kläger auch aus der Bedarfsgemeinschaft mit dem leistungsberechtigten Ehemann der Klägerin zu 1) keinen Leistungsanspruch herleiten.
Entgegen der Auffassung des SG folgt ein Leistungsanspruch auch nicht aus Art. 28 Abs. 1 iVm Art. 23 QualRL. Dabei kommt es nicht auf die Zugehörigkeit der Betroffenen zum Kreis der subsidiär Schutzberechtigten oder darauf an, dass die Kläger Familienangehörige eines anerkannten Flüchtlings sind, was über Art. 23 QualRL zu einer Anwendung des Art. 28 QualRL führt. Denn Art. 28 Abs. 1 QualRL entfacht keine unmittelbare Wirkung, die einen Leistungsanspruch herbeiführen könnte, da die Vorschrift keine konkrete Ausgestaltung von Leistungen der Sozialhilfe festlegt, die allein aus dem Richtlinientext heraus klar erkennbar und der Leistungshöhe nach bezifferbar wäre (BSG Urteil vom 28.05.2015 - B 7 AY 4/12 R - juris Rn 14 ff.).
Die Kläger haben jedoch im Zeitraum vom 01.10.2006 bis zum 30.06.2007 gegen den Beigeladenen einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der bis zum 27.08.2007 geltenden Fassung (a.F.) (sog. Analogleistungen) statt der bislang in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen nach § 3 AsylbLG.
Der Beigeladene ist gemäß § 10 AsybLG iVm § 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger. Die Kläger erfüllten im genannten Zeitraum die Voraussetzungen für den Bezug von Analogleistungen. Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. ist das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistugen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Obwohl ein Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG tatsächlich nicht über einen Zeitraum von 36 Monaten erfolgte, sind die Voraussetzungen der Vorschrift als erfüllt anzusehen. Denn auch die Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II sind als Vorbezugszeiten zu berücksichtigen. Der entsprechenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.05.2015 aaO) schließt sich des Senat an.
Jedenfalls vom 11.08.2003 bis zum 30.04.2004 (8 Monate und 21 Tage) bezogen alle Kläger Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Ab 01.01.2005 standen sie gemeinsam mit den übrigen Familienmitgliedern im Leistungsbezug nach dem SGB II. Dieser dauerte bis zum 31.03.2006 an (15 Monate). Vom 01.05.2006 bis zum 30.09.2006 folgten erneut 5 Monate Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG. Insgesamt liegen damit 28 Monate und 21 Tage des Leistungsbezugs nach SGB II oder § 3 AsylbLG bei den Klägern vor, was für sich genommen nicht zum Erreichen der notwendigen Vorbezugszeiten ausreicht. Im Lichte der o.g. Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Vorbezugszeiten ist zur Überzeugung des Senates jedoch über die Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II und nach § 3 AsylbLG hinaus auch der Zeitraum vom 01.05.2004 bis zum 31.12.2004 als Vorbezugszeit zu berücksichtigen. Denn in diesem Zeitraum gehörten die Kläger weiterhin zum dem Grunde nach anspruchsberechtigten Personenkreis des § 3 AsylbLG. Dem Bezug dieser Leistung stand nach Auskunft der Beigeladenen lediglich das bedarfsdeckende Einkommen des Ehemannes der Klägerin zu 1) entgegen. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 28.05.2015 unter Bezugnahme auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 132, 134ff. Rn. 74) dargestellt, dass ein Bedarf an existenznotwendigen Leistungen für Menschen mit nur vorübergehendem Aufenthalt in Deutschland abweichend von dem gesetzlich bestimmten Bedarf anderer Hilfebedürftiger überhaupt nur dann festgelegt werden kann, wenn wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts konkrete Minderbedarfe gegenüber Hilfeempfängern mit Daueraufenthaltsrecht nachvollziehbar festgestellt und bemessen werden können. Diese Vorgabe schließe eine Auslegung aus, die einen Bezug von höheren Leistungen als den Grundleistungen generell als Vorbezugszeit nicht ausreichen lasse. Von einem nur vorübergehenden Aufenthalt und einer fehlenden Integration könne dann nicht mehr die Rede sein, wenn Leistungen bezogen würden, die der Gesetzgeber überhaupt erst im Falle eines verfestigten Aufenthalts gewähre. Entsprechend verbietet sich zur Überzeugung des Senates eine Auslegung, die Zeiten ohne jeglichen Sozialleistungsbezug aufgrund bedarfsdeckenden Einkommens als Vorbezugszeit nicht berücksichtigt. Auch in derartigen Konstellationen besteht kein Raum für die Annahme eines nur vorübergehenden Aufenthaltes und fehlender Integration. Darüber hinaus würde eine solche Auslegung der in § 7 Abs. 3 AsylbLG zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers, Erwerbstätigkeit durch die Gewährung eines 25-prozentigen Freibetrages zu belohnen, entgegen laufen. Eine mit diesem Instrument wirksame Motivation zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kann nur dadurch erreicht werden, dass auch bei Erzielung eines Erwerbseinkommens, das zum vollständigen Wegfall der Leistungen führt, der Lauf der Vorbezugszeit nicht unterbrochen wird.
Auch im Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 haben die Kläger einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007. Die hiernach erforderliche Vorbezugszeit von 48 Monaten haben die Kläger durch den Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG und dem SGB II erfüllt. Über die bereits oben genannten 28 Monate und 21 Tage Vorbezugszeit hinaus haben die Kläger im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.05.2010 (35 Monate) Analogleistungen bezogen.
Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer bestehen nicht.
Der Senat sah sich nicht veranlasst, die Frage, ob § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 AsylbLG im Falle von Familienangehörigen anerkannter Flüchtlinge gegen Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 Qual RAL verstößt, dem EuGH gemäß Art. 267 AEUV im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen. Die den Mitgliedsstaaten in den vorgenannten Vorschriften auferlegte Gleichbehandlung der Familienangehörigen anerkannter Flüchtlinge mit Staatsangehörigen des Mitgliedstaates in Bezug auf die zu gewährende Sozialhilfe ist durch die Gewährung von Analogleistungen nach § 2 AsybLG (Leistungen nach dem SGB XII) im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt.
Aus eben diesen Gründen teilt der Senat im Falle der Kläger auch die von diesen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände gegen den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die bislang lediglich von dem für die Leistungen nach dem SGB XII und das AsylbLG zuständigen Senat des BSG entschiedene Frage des unmittelbar aus Art. 28 QualRL herleitbaren Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II und die Bewertung von Zeiten ohne Sozialleistungsbezug als Vorbezugszeiten im Sinne des § 2 AsylbLG gemäß § 160 Abs. 1, 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger streiten um Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.04 2010 und 01.11.2010 bis 30.11.2010.
Die Klägerin zu 1) ist die Mutter der zwischen 1993 und 2001 geborenen Kläger zu 2) bis 7). Alle Kläger sind irakische Staatsangehörige. Sie sind im Jahr 2002 aus dem Irak in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Als Grund für Ihre Einreise gab die Klägerin zu 1) gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge an, dass sich der Ehemann bereits seit dem Jahr 1999 in Deutschland aufgehalten habe und die Situation ohne ihn im Irak sehr schwierig gewesen sei, sowohl in finanzieller Hinsicht, als auch im Bezug auf die Betreuung der Kinder. Mit Bescheid vom 01.12.2012 wurde der Asylantrag der Kläger abgelehnt und festgestellt, dass weder ein Abschiebungsverbot nach § 51 AuslG in der bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung noch ein Abschiebehindernis nach § 53 AuslG vorlägen. Die Klage gegen diesen Bescheid wies das Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Urteil vom 30.04.2004 ab. Seit 06.07.2004 sind die Kläger im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG.
Der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) bis 7), O. Z. B., ist ebenfalls irakischer Staatsangehöriger. Er wurde zunächst durch Bescheid vom 08.06.1999 als Flüchtling anerkannt. Ein zwischenzeitlich erfolgter Widerruf dieser Anerkennung wurde wieder aufgehoben. Seit 17.10.2008 verfügt er über eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG. Außerdem sind zwei weitere Kinder der Ehepartner nach § 26 AsylVfG als Flüchtlinge anerkannt. Sie haben eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 20 Abs. 2 AufenthG. Ein weiteres Kind, das nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum geboren wurde, hat die deutsche Staatsangehörigkeit.
Nach ihrer Einreise bezogen die Kläger zunächst bis April 2004 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Anschließend erhielten sie nach Auskunft des Beigeladenen keine Leistungen, da der Ehemann der Klägerin zu 1) Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezog, das den Bedarf auch der Antragsteller vollständig deckte. Im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2006 bezogen sie Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Vom 01.05.2006 bis zum 30.06.2007 erhielten sie erneut Leistungen nach § 3 AsylbLG. Im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.05.2010 bezogen sie Leistungen nach § 2 AsylblG von der Beigeladenen. Der Beklagte gewährte den Klägern sowie dem Ehemann und zwei weiteren Kindern mit Bescheid vom 29.03.2006 zunächst auch für den Zeitraum vom 01.04.2006 bis zum 30.09.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II i.H.v. 1.848,00 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 31.03.2006 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung gegenüber den Klägern jedoch wieder auf und forderte diese zur Erstattung eines Betrages in Höhe von insgesamt 1.444,30 EUR auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kläger wussten oder hätten wissen müssen, dass der ihnen zuerkannte Anspruch ganz oder teilweise im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X weggefallen sei. Die Klägerin sei nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II. In der Folgezeit bewilligte der Beklagte den Klägern keine Leistungen mehr. Der Ehemann und die zwei weiteren Kinder bezogen dagegen weiterhin Leistungen vom Beklagten.
Mit Schreiben vom 26.02.2010 beantragten die Kläger die Überprüfung aller bereits bestandskräftigen Leistungszeiträume und wiesen darauf hin, dass Ihnen ebenfalls ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zustehe. Dieser ergebe sich aus Art. 28 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (so genannte Qualifikationsrichtlinie - QualRL). Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 1 Abs. 1 AsylbLG stehe im Widerspruch zu dem nach Art. 28 QualRL unbedingt formulierten Anspruch auf Zugang zu sozialen Leistungen, wie sie auch den deutschen Staatsangehörigen gewährt würden. Sofern ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht bestehe, wäre jedenfalls ein Anspruch auf Sozialhilfe nach den Regelungen des SGB XII gegeben.
Am 24.06.2010 stellten die Kläger beim Sozialgericht Köln (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 21 AY 113/10 ER). Damit wendeten sie sich gegen einen Bescheid der Beigeladenen, mit dem ab 01.06.2010 nur noch Leistungen auf dem Niveau der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt worden waren. Das SG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 29.07.2010 ab, da die Kläger die nach der Rechtsprechung des BSG erforderlichen Vorbezugszeiten von Grundleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nicht erfüllten. Die Beschwerde dagegen (L 20 AY 75/10 B ER) wurde mit Beschluss vom 31.05.2011 zurückgewiesen. Auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII wurde verneint.
Mit Bescheid vom 15.10.2010 bewilligte der Beklagte dem Vater der Kläger zu 2) bis 7) sowie den zwei weiteren nicht am Verfahren beteiligten Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010.
Mit Bescheid vom 23.11.2010 lehnte der Beklagte eine Änderung der bestandskräftigen Bescheide gegenüber den Klägern bis zum 26.02.2010 ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Bescheide nicht zu beanstanden seien.
Gegen beide Bescheide legten die Kläger mit Schreiben vom 27.10.2010 und 02.12.2010 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II mit Art. 28 QualRL nicht vereinbar sei.
Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2010 (Überprüfungsantrag) und 10.03.2011 (Leistungsbescheid November 2010) zurück.
Am 24.01.2011 und 23.03.2011 haben die Kläger Klage beim SG erhobenen. Die unter den Aktenzeichen S 36 AS 303/11 und S 36 AS 1199/11 geführten Verfahren hat das SG mit Beschluss vom 18.10.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Kläger haben sich für ihre Klagebegründung auf die Entscheidung des LSG NRW vom 27.02.2012 (L 20 AY 48/08) bezogen, in dem dieses einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II direkt aus Art. 28 QualRL hergeleitet hatte.
Der Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass der vorliegende Fall mit dem vom 20. Senat entschiedenen nicht vergleichbar sei, da dort beide Elternteile Leistungen nach dem SGB II bezogen hätten.
Mit Urteil vom 11.03.2013 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 31.03.2006 verurteilt, die Bescheide vom 21.06.2007, 30.11.2007, 15.07.2008, 05.08.2008, 12.12.2008, 25.03.2009, 17.06.2009, 15.07.2009 und 01.10.2009 abzuändern und den Klägern für den Zeitraum vom 01.10.2006 bis zum 30.04.2010 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Darüber hinaus hat es den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II zu gewähren. Die Kläger seien als Angehörige eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen anspruchsberechtigt. Ihnen stünde Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 S. 1 SGB II zu. Dieser Anspruch folge aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II nicht unmittelbar aus dem nationalen Recht, sondern aus dem höherrangigen Recht der Regelungen der QualRL. Gemäß Art. 28 Abs. 1 QualRL trügen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Personen denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiären Schutz zuerkannt worden sei, in dem Mitgliedstaat, der die Rechtsstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedsstaates erhalten. Gemäß Art. 23 Abs. 1 QualRL trügen die Mitgliedstaaten weiter dafür Sorge, dass der Familienverband aufrechterhalten werden könne. Darüber hinaus trügen sie nach Art. 23 Abs. 2 QualRL dafür Sorge, dass die Familienangehörigen der Person, der die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sei, die selbst nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines entsprechenden Status erfüllten, gemäß den einzelstaatlichen Verfahren Anspruch auf die in Art. 24-34 QualRL genannten Vergünstigungen hätten, sofern dies mit der persönlichen Rechtsstellung des Familienangehörigen vereinbar sei. Der Ehemann der Klägerin zu 1) sei als Flüchtling im Sinne von Art. 2 d QualRL anzusehen. Die Klägerin zu 1) und die Kläger zu 2) bis 7) als deren minderjährige Kinder unterfielen dem Begriff des Familienangehörigen im Sinne der QualRL. Diesen sei demnach Zugang zur Sozialhilfe im Sinne des Art. 28 Abs. 1 QualRL dem Grundsatz nach eröffnet. Hinsichtlich des Leistungsumfangs schließe sich die Kammer den überzeugenden Ausführungen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 27.02.2012 (L 20 AY 48/08) an. Daraus ergebe sich, dass die QualRL für die Kläger hinsichtlich des Zugangs zur Sozialhilfe im Sinne des Art. 28 QualRL nicht umgesetzt worden sei, denn diese seien von den Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII ausgeschlossen. Auch eine gemeinschaftskonforme Auslegung sei nicht möglich, so dass der Anspruch der Kläger unmittelbar aus der QualRL hergeleitet werden könne. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor, da die Regelungen der Richtlinie hinreichend genau und inhaltlich unbedingt seien. Die mit der Richtlinie in Bezug genommene Sozialhilfe könne als Leistung nach dem SGB II oder SGB XII bestimmt werden.
Am 18.04.2013 hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der die vom SG ausgesprochene Aufhebung des Bescheides vom 31.03.2006 ausdrücklich nicht beanstandet worden ist. Wegen ihrer Berechtigung zum Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG seien die Kläger jedoch gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II von Grundsicherungsleistungen ausgenommen.
Mit Beschluss vom 08.05.2014 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens angeordnet im Hinblick auf das beim BSG anhängige Verfahren B 7 AY 4/12 R. Nach Veröffentlichung der Gründe des Urteils vom 28.05.2015 ist das Verfahren im Dezember 2015 wieder aufgenommen worden.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung des BSG vom 28.05.2015 eindeutig sei. Art. 28 der QualRL vermittele entgegen der Auffassung der Kläger keinen unmittelbaren Leistungsanspruch. Ihnen stünden in Anwendung der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II daher keine Leistungen nach dem SGB II zu.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie die Verurteilung zur Erbringung von Leistungen für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.04.2010 und für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 betrifft.
Die Kläger beantragen,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2013 zurückzuweisen, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach § 2 AsylbLG für den streitgegenständlichen Zeitraum zu gewähren.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Kläger halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und sind weiterhin der Auffassung, dass ihnen Leistungen nach dem SGB II unmittelbar aus Art. 23 i.V.m. Art. 28 der QualRL zustünden. Darüber hinaus sei der Leistungsausschluss für Familienangehörige anerkannter Flüchtlinge verfassungswidrig. Eine Rechtfertigung für den Leistungsausschluss nach dem SGB II wäre allenfalls dann gegeben, wenn sich die Kläger nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten würden. Die allein an dem Aufenthaltsstatus anknüpfende Vermutung des nur kurzfristigen Aufenthaltes sei nach den ausdrücklichen Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Eine Beschränkung auf ein abweichendes Existenzminimum sei unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsstatus und ohne Rücksicht auf die Berechtigung einer ursprünglich gegenteiligen Prognose eines etwaigen Kurzaufenthaltes dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn der tatsächliche Aufenthalt die Spanne eines Kurzaufenthaltes deutlich überschritten habe. Die tatsächlichen Verhältnisse widerlegten hier die an den Status anknüpfende Vermutung des nur vorübergehenden Aufenthaltes. Damit sei eine Differenzierung im Rahmen des menschenwürdigen Existenzminimums verfassungsrechtlich nicht zulässig. Es bestehe eine Regelungslücke, die durch eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend zu schließen sei, dass die Leistungsberechtigung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auch für die Familienangehörigen mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestünde. Selbst wenn sich keine unmittelbaren Ansprüche über die QualRL ableiten lassen sollten, so seien die nationalen Regeln verfassungskonform auszulegen.
Darüber hinaus sind sie der Auffassung, dass dem vom BSG mit Urteil vom 28.05.2015 entschiedenen Fall eine andere Sach- und Rechtslage zugrundegelegen habe. Dort habe eine Fallgestaltung nach Art. 28 Abs. 2 QualRL vorgelegen, wonach den Mitgliedstaaten die Möglichkeit offengelassen werde, die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden sei, auf Kernleistungen zu beschränken. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit liege aber eine Fallgestaltung des Art. 28 Abs. 1 der QualRL vor. Aufgrund des Verweises "auf die notwendige Sozialhilfe für Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates" sei auch die Höhe der zu gewährenden Leistungen hinreichend bestimmt, da auf die Situation der eigenen Staatsangehörigen verwiesen werde. Sofern der Senat auch in dieser Fallkonstellation weder eine unmittelbare Wirkung noch eine Vorlagepflicht erkenne, bestünden gegenüber der Beigeladenen Leistungsansprüche nach § 2 AsylbLG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG den Beklagten zur Änderung seiner Bescheide und zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II verurteilt.
Das Begehren der Kläger ist zum einen darauf gerichtet, durch die Aufhebung des ablehnenden Überprüfungsbescheides vom 23.11.2010 eine Überprüfung sämtlicher Leistungsbescheide für die Zeit ab Einstellung der Leistungen nach dem SGB II und eine Bewilligung von Leistungen nach diesem Buch zu erreichen. Richtige Klageart ist insoweit die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. Darüber hinaus begehren die Kläger im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die Aufhebung des Bescheides vom 15.10.2010, mit dem lediglich den weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind, und die Zahlung eben solcher Leistungen im Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010. Soweit die Kläger mit ihrem Überprüfungsantrag auch eine Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 31.03.2006 und eine Leistungsgewährung für die Zeit vom 01.04.2006 bis zum 30.09.2006 beantragt haben, ist dieser Bescheid nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens, da das SG die Beklagte zur Aufhebung dieses Bescheides verurteilt hat und diese ihre Berufung ausdrücklich auf diesen Teil des Urteilsspruchs nicht erstreckt hat.
Im Übrigen haben die Kläger jedoch keinen Anspruch auf Änderung der für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 30.04.2010 ergangenen Leistungsbescheide.
Die Kläger haben für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Sie waren von den Leistungen nach diesem Buch ausgeschlossen, weil sie leistungsberechtigt nach dem AsylbLG waren, § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II. Alle sechs Personen verfügten im gesamten Zeitraum lediglich über eine Duldung gemäß § 60a AufenthG, so dass sie gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG nach diesem Gesetz leistungsberechtigt waren. Zwar sind sie der Auffassung, dass auch ihnen die Flüchtlingseigenschaft hätte zuerkannt werden müssen. Jedoch ist die Ablehnung bestandskräftig. Auch eine Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylG erfolgte nicht. Der Erteilung des Titels kommt mit Blick auf die Zuordnung zum Leistungssystem des AsylbLG Tatbestandswirkung zu (BSGE 117, 297-302). Wie auch schon vom SG ausgeführt, können die Kläger auch aus der Bedarfsgemeinschaft mit dem leistungsberechtigten Ehemann der Klägerin zu 1) keinen Leistungsanspruch herleiten.
Entgegen der Auffassung des SG folgt ein Leistungsanspruch auch nicht aus Art. 28 Abs. 1 iVm Art. 23 QualRL. Dabei kommt es nicht auf die Zugehörigkeit der Betroffenen zum Kreis der subsidiär Schutzberechtigten oder darauf an, dass die Kläger Familienangehörige eines anerkannten Flüchtlings sind, was über Art. 23 QualRL zu einer Anwendung des Art. 28 QualRL führt. Denn Art. 28 Abs. 1 QualRL entfacht keine unmittelbare Wirkung, die einen Leistungsanspruch herbeiführen könnte, da die Vorschrift keine konkrete Ausgestaltung von Leistungen der Sozialhilfe festlegt, die allein aus dem Richtlinientext heraus klar erkennbar und der Leistungshöhe nach bezifferbar wäre (BSG Urteil vom 28.05.2015 - B 7 AY 4/12 R - juris Rn 14 ff.).
Die Kläger haben jedoch im Zeitraum vom 01.10.2006 bis zum 30.06.2007 gegen den Beigeladenen einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der bis zum 27.08.2007 geltenden Fassung (a.F.) (sog. Analogleistungen) statt der bislang in diesem Zeitraum erbrachten Leistungen nach § 3 AsylbLG.
Der Beigeladene ist gemäß § 10 AsybLG iVm § 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger. Die Kläger erfüllten im genannten Zeitraum die Voraussetzungen für den Bezug von Analogleistungen. Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. ist das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistugen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Obwohl ein Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG tatsächlich nicht über einen Zeitraum von 36 Monaten erfolgte, sind die Voraussetzungen der Vorschrift als erfüllt anzusehen. Denn auch die Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II sind als Vorbezugszeiten zu berücksichtigen. Der entsprechenden Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.05.2015 aaO) schließt sich des Senat an.
Jedenfalls vom 11.08.2003 bis zum 30.04.2004 (8 Monate und 21 Tage) bezogen alle Kläger Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Ab 01.01.2005 standen sie gemeinsam mit den übrigen Familienmitgliedern im Leistungsbezug nach dem SGB II. Dieser dauerte bis zum 31.03.2006 an (15 Monate). Vom 01.05.2006 bis zum 30.09.2006 folgten erneut 5 Monate Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG. Insgesamt liegen damit 28 Monate und 21 Tage des Leistungsbezugs nach SGB II oder § 3 AsylbLG bei den Klägern vor, was für sich genommen nicht zum Erreichen der notwendigen Vorbezugszeiten ausreicht. Im Lichte der o.g. Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Vorbezugszeiten ist zur Überzeugung des Senates jedoch über die Zeiten des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II und nach § 3 AsylbLG hinaus auch der Zeitraum vom 01.05.2004 bis zum 31.12.2004 als Vorbezugszeit zu berücksichtigen. Denn in diesem Zeitraum gehörten die Kläger weiterhin zum dem Grunde nach anspruchsberechtigten Personenkreis des § 3 AsylbLG. Dem Bezug dieser Leistung stand nach Auskunft der Beigeladenen lediglich das bedarfsdeckende Einkommen des Ehemannes der Klägerin zu 1) entgegen. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 28.05.2015 unter Bezugnahme auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 132, 134ff. Rn. 74) dargestellt, dass ein Bedarf an existenznotwendigen Leistungen für Menschen mit nur vorübergehendem Aufenthalt in Deutschland abweichend von dem gesetzlich bestimmten Bedarf anderer Hilfebedürftiger überhaupt nur dann festgelegt werden kann, wenn wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts konkrete Minderbedarfe gegenüber Hilfeempfängern mit Daueraufenthaltsrecht nachvollziehbar festgestellt und bemessen werden können. Diese Vorgabe schließe eine Auslegung aus, die einen Bezug von höheren Leistungen als den Grundleistungen generell als Vorbezugszeit nicht ausreichen lasse. Von einem nur vorübergehenden Aufenthalt und einer fehlenden Integration könne dann nicht mehr die Rede sein, wenn Leistungen bezogen würden, die der Gesetzgeber überhaupt erst im Falle eines verfestigten Aufenthalts gewähre. Entsprechend verbietet sich zur Überzeugung des Senates eine Auslegung, die Zeiten ohne jeglichen Sozialleistungsbezug aufgrund bedarfsdeckenden Einkommens als Vorbezugszeit nicht berücksichtigt. Auch in derartigen Konstellationen besteht kein Raum für die Annahme eines nur vorübergehenden Aufenthaltes und fehlender Integration. Darüber hinaus würde eine solche Auslegung der in § 7 Abs. 3 AsylbLG zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers, Erwerbstätigkeit durch die Gewährung eines 25-prozentigen Freibetrages zu belohnen, entgegen laufen. Eine mit diesem Instrument wirksame Motivation zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kann nur dadurch erreicht werden, dass auch bei Erzielung eines Erwerbseinkommens, das zum vollständigen Wegfall der Leistungen führt, der Lauf der Vorbezugszeit nicht unterbrochen wird.
Auch im Zeitraum vom 01.11.2010 bis zum 30.11.2010 haben die Kläger einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007. Die hiernach erforderliche Vorbezugszeit von 48 Monaten haben die Kläger durch den Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG und dem SGB II erfüllt. Über die bereits oben genannten 28 Monate und 21 Tage Vorbezugszeit hinaus haben die Kläger im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 31.05.2010 (35 Monate) Analogleistungen bezogen.
Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer bestehen nicht.
Der Senat sah sich nicht veranlasst, die Frage, ob § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 3 AsylbLG im Falle von Familienangehörigen anerkannter Flüchtlinge gegen Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 Qual RAL verstößt, dem EuGH gemäß Art. 267 AEUV im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen. Die den Mitgliedsstaaten in den vorgenannten Vorschriften auferlegte Gleichbehandlung der Familienangehörigen anerkannter Flüchtlinge mit Staatsangehörigen des Mitgliedstaates in Bezug auf die zu gewährende Sozialhilfe ist durch die Gewährung von Analogleistungen nach § 2 AsybLG (Leistungen nach dem SGB XII) im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt.
Aus eben diesen Gründen teilt der Senat im Falle der Kläger auch die von diesen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände gegen den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die bislang lediglich von dem für die Leistungen nach dem SGB XII und das AsylbLG zuständigen Senat des BSG entschiedene Frage des unmittelbar aus Art. 28 QualRL herleitbaren Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II und die Bewertung von Zeiten ohne Sozialleistungsbezug als Vorbezugszeiten im Sinne des § 2 AsylbLG gemäß § 160 Abs. 1, 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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