L 14 R 699/16 WA

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 1714/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 699/16 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.10.2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 1) und zu 2) im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Zeit vom 01.04.2010 bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigeladenen zu 2) am 31.12.2017 streitig.

Die am 00.00.1982 geborene Klägerin ist approbierte Tierärztin und war zunächst seit dem 01.04.2008 Mitglied der Landestierärztekammer Niedersachsen I. Die Klägerin war bereits mehrfach befristet beschäftigt und von der Versicherungspflicht befreit. Zuletzt war die Klägerin befristet ab 01.01.2010 bis zum 31.03.2010 Teilzeitbeschäftigte bei der tierärztlichen Hochschule I. Auch für diese Beschäftigung war die Klägerin von der Pflichtmitgliedschaft in der Deutschen Rentenversicherung befreit.

Ab dem 01.04.2010 stand die Klägerin aufgrund unbefristeten Arbeitsvertrags vom 01.03.2010 bei der Beigeladenen zu 2) - der Firma S Tiernahrung GmbH & Co KG - als wissenschaftliche Marketingassistenz/Junior Produktmanagerin Vetcare (= Tierarztpflege) im Bereich der Tierfutterproduktion in einem Beschäftigungsverhältnis. Seit diesem Zeitpunkt war die Klägerin zudem Mitglied der Landestierärztekammer Nordrhein sowie des berufsständischen Versorgungswerkes. Das Beschäftigungsverhältnis wird durch Aufhebungsvertrag zum 31.12.2017 beendet sein.

Am 11.05.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und legte die Stellenausschreibung, ihren Arbeitsvertrag vom 01.03.2010 sowie eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 09.07.2010 vor.

Nach der Stellenausschreibung ist der Bewerber für die Aufbereitung wissenschaftlicher Grundlagen in kundenrelevanter Form verantwortlich, hat Informations- und Schulungsmaterial zu erarbeiten und ist Ansprechpartner für Ernährungsfragen von Tierärzten, tiermedizinischen Fachangestellten, Studierenden der Veterinärmedizin sowie Tierhaltern und Mitarbeiter aus den Fachabteilungen. In der Rubrik "Ihr Profil" führte die Beigeladene zu 2) aus: "Hochschulstudium der Veterinärmedizin erfolgreich absolviert und eigene Erfahrung in der Kleintierpraxis".

Im Arbeitsvertrag war unter § 3 Abs. 2 die Aufgabenstellung umschrieben. Danach umfasst die Tätigkeit der Klägerin schwerpunktmäßig Tätigkeiten einer wissenschaftlichen Assistentin eines Veterinärs für die Marke S und der übrigen Marken der Firma.

In der Bescheinigung vom 09.07.2010 führte die Beigeladene zu 2) u.a. zur konkreten Stelle der Klägerin aus, der Aufgabenbereich umfasse Planung, Koordination und Durchführung von Marketingmaßnahmen, Tierarztdirektservice, Betreuung und Unterstützung der Tierarztaußendienstmitarbeiter mit Materialien, Informationen und Schulungsmaßnahmen, Vortragstätigkeit in Praxen zu Ernährungs- und Praxismanagementthemen, Schulung tierärztlicher Mitarbeiter, fachliche Beratung bei Ernährungsfragen. Ausdrücklich führte die Beigeladene zu 2) aus, ein veterinärmedizinisches Studium sei für die Stelle zwingend erforderlich.

Mit Bescheid vom 25.08.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Tätigkeit als Marketingassistentin stelle keine tierärztliche Tätigkeit dar. Tierärzte verhüteten, linderten und heilten Leiden und Krankheiten von Tieren und arbeiteten hauptsächlich in Tierarztpraxen. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Tätigkeit nur mit tierärztlicher Approbation ausgeübt werden könne.

Hiergegen erhob die Klägerin am 17.09.2010 Widerspruch; für die Ausübung ihrer jetzigen Tätigkeit sei eine tierärztliche Ausbildung zwingend erforderlich.

Die Klägerin legte eine erweiterte Stellenbeschreibung der Beigeladenen zu 2) vom 14.09.2010 vor. Hierin führte die Beigeladene zu 2) aus, die Stelle umfasse tierärztliche Tätigkeiten in Form der Vortragstätigkeit zu den Themen Ernährung von Hunden, Katzen und kleinen Heimtieren, der Schulung von Mitarbeitern des Tierärzteteams, Entwicklung von Informationsmaterialien für Tierärzte und tiermedizinische Beratung der Mitarbeiter am Servicetelefon. Betriebswirtschaftlich erfasse die Tätigkeit Planung, Koordinierung und Durchführung von Marketingmaßnahmen sowie Marktbeobachtung und Marktanalysen. Die Klägerin werde berufsbegleitend im Bereich Betriebswirtschaft und Marketing weitergebildet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2010 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Ausgangsbescheid zurück. Voraussetzung für die Befreiung sei, dass die akademische Ausbildung bzw. Approbation als Tierarzt zwingend erforderlich sei. Die Stellen- und Funktionsbeschreibung vom 14.09.2010 beinhalte jedoch Aufgaben der Planung und Koordination von Marketingmaßnahmen sowie der Marktbeobachtung und Marktanalyse. Dies habe mit einer medizinischen Tätigkeit nichts zu tun.

Hiergegen hat die Klägerin am 29.12.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, ihre tiermedizinischen Kenntnisse seien für ihre Tätigkeit entscheidend, da sie schwerpunktmäßig wissenschaftlich tätig sei. Der Arbeitgeber arbeite mit diversen Hochschulen zusammen und entwickle und verbessere spezielle Ernährung für Tiere, die an bestimmten Krankheiten litten. Die herausgegebenen Arbeitsunterlagen des Arbeitgebers erfolgten auf Englisch; diese müssten in Deutschland durchgesehen, übersetzt und ausgewertet werden. Die Arbeitsunterlagen würden von ihr aufbereitet. Sie begleite im Übrigen auch sogenannte Multi-Center-Studien. Hierzu prüfe sie Fragebögen von veterinärmedizinischen Kollegen aus Frankreich. Die Klägerin führe auch selbst medizinische Studien durch, zum Beispiel über zweckmäßige Ernährung älterer Hunde. Dies könne nur durch ausgebildete, approbierte Tierärzte geleistet werden. Der Arbeitgeber betreibe im Übrigen den Absatzweg Vetcare. Dieser Absatzweg betreffe die Lieferung ausschließlich an Tierärzte und Tierkliniken. Nur für diesen Absatzkanal sei die Klägerin angestellt worden. Hier habe die Klägerin die Aufgabe einer ernährungswissenschaftlichen Betreuung niedergelassener Tierärzte bei Fragen zur Ernährung von kranken- oder behandlungsbedürftigen Tieren. Sie sei zuständig für die Schulung eigener Mitarbeiter, die im Vertrieb für einen Tierarzt tätig seien und vermittle hier tiermedizinische Grundlagen und Grundlagen der Tierernährung einschließlich der klinischen Diätetik. Sie nehme darüber hinaus durch Vorträge an der obligatorischen tierärztlichen Fortbildung teil, die von den Tierärztekammern organisiert würde. Außerdem halte sie Vorträge auf Seminarveranstaltungen und Kongressen. Die Beklagte begründe daher ihre ablehnende Entscheidung zu Unrecht mit dem Begriff der wissenschaftlichen Marketingassistenz. Die Klägerin trage zum Erhalt und zur Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes sowie zur Linderung deren Leiden bei. Insbesondere bei der telefonischen Beratung von Tierärzten seien einschlägige Kenntnisse erforderlich. Gegenüber all diesem sei der Marketinganteil ihrer Tätigkeit zeitlich und sachlich von untergeordneter Bedeutung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2010 zu verurteilen, sie ab dem 01.04.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Verhandlungstermin vom 24.10.2012 hat sich die Klägerin auf Befragen der Kammervorsitzenden zu ihrem typischen Tagesablauf eines Arbeitstages eingelassen und hierzu mitgeteilt, der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit läge auf der Seminartätigkeit. Hierzu bereite sie den Vortrag vor, dies erfordere für einen neuen Vortrag in der Regel 2-3 Wochen Arbeit. Für die Überarbeitung eines alten Vortrags benötige sie ca. 2-3 Tage. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Gestaltung von Informationsmaterial wie beispielsweise Broschüren oder die Auswertung von Fragebögen, die das Forschungszentrum in Frankreich erstellt habe. Ein dritter Schwerpunkt läge auf der Beantwortung von Anrufen und E-Mails von Tierärzten, Helfern und Tierhaltern.

Mit Urteil vom 24.10.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin ab dem 01.04.2010 in der gesetzlichen Rentenversicherung von der Versicherungspflicht zu befreien. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Die Voraussetzungen für die Befreiung lägen vor, insbesondere entspräche die Tätigkeit der Klägerin dem tierärztlichen Berufsbild. Das klassische Berufsbild eines Tierarztes umfasse zunächst die Behandlung von erkrankten und verletzten Tieren. Tierärzte seien aber auch in einer Vielzahl anderer Bereiche tätig. Sie überwachten den Tierschutz, die Tiergesundheit und die Sicherheit von Lebensmitteln tierischer Herkunft. Die Klägerin sei zwar nicht im klassischen Sinne tierärztlich tätig, unterfalle jedoch dem weiten Berufsbild des Tierarztes. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin läge im wissenschaftlichen Bereich. Als Marketingkraft sei zwar ihr oberstes Ziel die Vermarktung der Produkte des Arbeitgebers. Sie erfülle diese Aufgabe aber im Wesentlichen durch wissenschaftliches Tätigwerden. Schwerpunkt des Aufgabenbereichs der Klägerin sei die inhaltliche Gestaltung von Informationsmaterial für den Tierarzt und sein Fachpersonal. Das Material werde zum Teil eigenständig entwickelt. Außerdem läge ein Schwerpunkt auf der Beantwortung von Anfragen von Tierärzten. Die Klägerin halte regelmäßig Seminare zum Thema Ernährung ab. Diese seien zum Teil im Rahmen der Facharztausbildung durchzuführen. Der Bereich der Tierernährung sei ein fachtierärztlicher Schwerpunkt. Der Marketinganteil der Tätigkeit der Klägerin bestehe in der Analyse der Bedarfe, um dann mit Informationsmaterial darauf reagieren zu können. Dies sei insgesamt wiederum ein wissenschaftliches Tätigwerden. Die eigentliche klassische Marketingarbeit werde daher nicht durch die Klägerin, sondern von den hierzu zuständigen Abteilungen erbracht.

Gegen das am 21.11.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.12.2012 Berufung eingelegt.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin müsse mit ihrer Beschäftigung dem typischen Berufsbild eines approbierten Tierarztes entsprechen. Dies sei zu verneinen. Ausgangspunkt sei § 1 Abs. 1 Bundestierärzte- Ordnung (BTÄO). Für die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit sei die Approbation als Tierärztin keine notwendige Zugangsvoraussetzung. Die Hauptaufgabe der Klägerin bestehe in der Planung und Koordination von Marketingmaßnahmen u.a. Keine der genannten Aufgaben stelle eine berufsspezifische tierärztliche Tätigkeit dar. Die vom SG herausgestellten Forschungsarbeiten, die Seminare und die Bewertung von Sachverhalten zum Thema Tierernährung dienten letztlich der Vermarktung der Tiernahrung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.10.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin hat noch die Mitgliedsakte der Beigeladenen zu 1) überreicht und mitgeteilt, es seien durchgehend seit dem 01.04.2010 Beiträge nach § 15 Abs. 2 der Satzung des Versorgungswerkes entrichtet worden.

Im Verhandlungstermin am 24.08.2017 teilte im Übrigen die Beigeladene zu 2) mit, dass in der Vorstellungsrunde der Klägerin ausschließlich approbierte Tierärzte eingeladen worden waren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 25.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat für ihre bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübte Tätigkeit als wissenschaftliche Marketingassistentin im Bereich der Tierfutterproduktion seit 01.04.2010 bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 31.12.2017 Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das SG hat die Beklagte daher zurecht verurteilt, die Klägerin ab dem 01.04.2010 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Berufung der Beklagten gegen das stattgebende Urteil des SG ist daher abzuweisen.

Der Anspruch auf Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung richtet sich nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Danach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

Die Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Klägerin übt im hier streitigen Zeitraum ab 01.04.2010 bis 31.12.2017 bei der Beigeladenen zu 2) eine Beschäftigung aus (hierzu unter 1.), für diese Beschäftigung besteht seit dem 01.04.2010 eine Pflichtmitgliedschaft sowohl im berufsständischen Versorgungswerk als auch in der berufsständischen Kammer, wobei die gesetzliche Verpflichtung hierfür bereits vor dem 01.01.1995 bestand (hierzu unter 2.), die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit entspricht auch einer berufsspezifischen Tätigkeit als Tierärztin, es besteht der notwendige innere Zusammenhang zwischen Beschäftigung und Pflichtmitgliedschaft (hierzu unter 3.), die Klägerin hat für diese Tätigkeit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze an das Versorgungswerk im gesamten streitigen Zeitraum entrichtet (hierzu unter 4.), aufgrund dieser Beitragsentrichtung besteht auch ein Anspruch auf Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist (hierzu unter 5.), letztlich liegt auch eine fristgerechte Antragstellung vor (hierzu unter 6.).

1. Die Klägerin stand ab dem 01.04.2010 bzw. steht noch bis zum 31.12.2017 bei der Beigeladenen zu 2) in einem Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnis als wissenschaftliche Marketingassistenz/Junior Produktmanagerin Vetcare (= Tierarztpflege) im Bereich der Tierfutterproduktion; es handelt sich insoweit um eine grundsätzlich befreiungsfähige weisungsabhängige Beschäftigung im Sinne des § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieses Arbeitsverhältnis wurde kraft Aufhebungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) zum 31.12.2017 aufgelöst.

2) Seit dem 01.04.2010 war die Klägerin Mitglied der Landestierärztekammer Nordrhein sowie des berufsständischen Versorgungswerkes. Für die Klägerin bestand seit Beginn der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) ab 01.04.2010 diese Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Nordrhein aufgrund des Heilberufsgesetzes NRW. Nach § 1 S. 1 Nr. 4 Heilberufsgesetz NRW in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Heilberufsgesetz NRW gehören den Kammern alle in § 1 S. 1 Heilberufsgesetz NRW genannten Personen - mit Ausnahme derjenigen, die bei der Aufsichtsbehörde beschäftigt sind - an, die im Land Nordrhein-Westfalen ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies trifft auf die Klägerin als approbierte Tierärztin zu, da in § 1 S. 1 Nr. 4 Heilberufsgesetz NRW ausdrücklich die Tierärzte genannt sind. Für die Klägerin bestand darüber hinaus seit Beginn der Beschäftigung am 01.04.2010 bei der Beigeladenen zu 2) auch eine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk Nordrhein. Die Pflichtmitgliedschaft ergibt sich aus § 7 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerkes der Tierärztekammer Nordrhein; danach sind Pflichtmitglieder des Versorgungswerkes grundsätzlich alle Angehörigen der Tierärztekammer Nordrhein.

3) Die Klägerin übt mit ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Marketingassistenz/Junior Produktmanagerin Vetcare (= Tierarztpflege) im Bereich der Tierfutterproduktion für die Beigeladene zu 2) auch eine berufsspezifische Tätigkeit aus. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht der notwendige innere Zusammenhang zwischen Beschäftigung und Pflichtmitgliedschaft. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht Beschäftigte für die Beschäftigung befreit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseigenrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (Berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind (LSG NRW, Urteil vom 11.07.2016 - L 3 R 877/13 -, Rn. 24, juris). Maßgeblich für eine Befreiung von der Versicherungspflicht kommt es daher darauf an, ob ein Beschäftigter wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer geworden ist. Wegen der Anknüpfung des Befreiungstatbestandes an die konkret ausgeübte Beschäftigung kommt es nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten an. Maßgebend ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird (BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R, Rn 35, LSG NRW, Urteil vom 11.07.2016 - L 3 R 877/13 -, Rn. 25, juris). Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI kommt insoweit nur bei Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit in Betracht (Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 6 SGB VI, Rn. 44; vgl. auch Dankelmann, jurisPR-SozR 4/2012 Anm. 3). Das hat bereits das BSG mit seinen Entscheidungen vom 22.10.1998 (B 5/4 RA 80/97 R - SozR 3-2600 § 56 Nr. 12) und vom 07.12.2000 (B 12 KR 11/00 R - SozR 3-2600 § 6 Nr. 5) deutlich gemacht. Diese Kriterien zugrunde gelegt übt die Klägerin nach Überzeugung des Senats eine befreiungsfähige, hinreichend berufsspezifische Tätigkeit wie eine Tierärztin mit ihrer beratenden Tätigkeit als wissenschaftliche Marketingassistentin bei der Beigeladenen zu 2) seit 01.04.2010 aus.

Dabei gilt kammerrechtlich ein weiter veterinärmedizinischer Tätigkeitsbegriff, der bereits schon dann zu bejahen ist, wenn der Versicherte nicht kurativ unmittelbar am Tier tätig ist (hierzu unter a.). Der so kammerrechtlich weit verstandene veterinärmedizinische Tätigkeitsbegriff kann sich auch auf "einen" nach den kammerrechtlichen Vorschriften aufgeführten Tätigkeitsbereich - hier Schutz des Wohlbefindens der Tiere bzw. Haltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen - beziehen (hierzu unter b.). Die Tätigkeit der Klägerin erfordert ihrem Anforderungsprofil nach auch die Ausübung durch einen Veterinärmediziner (hierzu unter c.). Die Klägerin verfügt darüber hinaus auch über die notwendige Approbation im Sinne des § 2 Abs. 1 BTÄO (hierzu unter d.).

a. Die beratende Tätigkeit der Klägerin als wissenschaftliche Marketingassistentin allein auf dem Gebiet der Tierernährung ist grundsätzlich von einem weiten versorgungs- und kammerrechtlichen Begriff tierärztlicher Tätigkeit abgedeckt. Die Beratung auf diesem Gebiet kann grundsätzlich dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben eines Tierarztes zugeordnet werden; es ist für die Zuordnung einer Tätigkeit zum versorgungs- und kammerrechtlichen Kernbereich keine Ausübung einer kurativen Tätigkeit unmittelbar am Tier notwendig. Ein so verstandener enger versorgungs- und kammerrechtlicher Begriff tierärztlicher Tätigkeit legt das einschlägige Kammerrecht nicht nahe. Eine berufsspezifische - und damit eine zu befreiende Tätigkeit - ist dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden kann. Entscheidend ist, dass es sich bei der tatsächlich verrichteten Beschäftigung um die Erledigung typischer Aufgaben nach Maßgabe der Berufsordnung der zuständigen Landestierärztekammer handelt. In Nordrhein-Westfalen sind typische Aufgaben geregelt in § 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein. Hierbei kommt es auf die einschlägigen landesrechtlichen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen an und nicht auf die Bundestierärzte-Ordnung (hier § 1 BTÄO) (zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09. November 2016 - L 2 R 3151/15 -, Rn. 30, juris). Das Vorliegen einer solchen berufsgruppenspezifischen Tätigkeit muss vor dem Hintergrund des jeweils gesetzlich festgelegten Berufsbildes des landesrechtlich geregelten Kammerberufs überprüft und bewertet werden (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09. November 2016 - L 2 R 3151/15 -, Rn. 33, juris).

§ 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein (Geltungsbereich) regelt:

"Tierärztinnen und Tierärzte haben die Aufgabe, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, das Leben und das Wohlbefinden der Tiere zu schützen, zur Entwicklung und Erhaltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen beizutragen und den Menschen vor Gefahren und Schäden durch vom Tier übertragbare Krankheiten oder durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen. Tierärztinnen und Tierärzte sind ebenso dazu berufen, zum Schutz des Verbrauchers und der Umwelt die Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln sowie nicht von Tieren stammender Lebensmittel und Bedarfsgegenstände sicherzustellen."

Nach § 1 Abs. 2 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein ist tierärztliche Berufsausübung

" ...jede Tätigkeit, bei der die während eines abgeschlossenen veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden; dabei muss es sich nicht zwingend um eine Erwerbstätigkeit handeln."

Nach § 1 Abs. 1 S. 2 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein gilt:

"Die Berufsordnung gilt ferner für Tierärzte, die gemäß § 2 Abs. 2 der Bundes-Tierärzteordnung die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des tierärztlichen Berufes besitzen."

Damit ist nach § 2 Abs. 1 BTÄO insbesondere die Approbation gemeint.

Darüber hinaus regelt § 2 Abs. 2 lit. a) der Beitragsordnung der Tierärztekammer Nordrhein beispielsweise den Jahresbeitrag für Kammerangehörige auf Antrag und regelt, dass für:

"beamtete, angestellte oder sonstige Tierärzte im öffentlichen Dienst, bei Körperschaften des öffentlichen Rechts, der Bundeswehr, Vereinen, Versicherungsgesellschaften und in der Industrie sowie fu&776;r Assistenten und wissenschaftliche Hilfskräfte an Universitäten und im öffentlichen Dienst, sowie fu&776;r Assistenten der freiberuflich tätigen Tierärzte, soweit sie keine Einnahmen aus sonstiger tierärztlicher Tätigkeit haben ..."

ab 1. Januar 2004 ein Jahresbeitrag von 155,- EURO gilt.

Außerdem regelt § 30 Heilberufsgesetz NRW die Berufspflichten der Kammerangehörigen umfassend und verpflichten bspw. zur Teilnahme am Notfalldienst bei ambulanter Tätigkeit.

Die kammerrechtlichen Vorschriften weisen daher ein weites kammerrechtliches Verständnis tierärztlicher Tätigkeit auf (so auch das LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2016 - l 2 R 3151/15 -, Rn. 36, juris, das mit den gleichlautenden Vorschriften aus dem baden-württembergischen Kammerrecht für Tierärzte ebenfalls auf ein weites kammerrechtliches Verständnis der Tätigkeit als Tierarzt geschlossen hat). Eine berufsspezifische Tätigkeit als Tierarzt ist daher nicht erst zu bejahen, wenn der Aufgabenschwerpunkt in der Behandlung erkrankter oder verletzter Tiere liegt, sondern bereits dann, wenn der Aufgabenschwerpunkt in veterinärspezifischen Aufgaben besteht und die veterinärspezifischen Aufgaben der Tätigkeit das Gepräge geben; eine hinreichend berufsspezifische veterinärspezifische Arbeit setzt nicht notwendigerweise den unmittelbaren Dienst am Tier voraus.

Der Klägerin kann daher hinsichtlich der Befreiung nicht entgegengehalten werden, sie sei nicht unmittelbar kurativ tätig.

b. Der so kammerrechtlich weit verstandene veterinärmedizinische Tätigkeitsbegriff kann sich auch nur auf "einen" nach den kammerrechtlichen Vorschriften aufgeführten Tätigkeitsbereiche - hier Schutz des Wohlbefindens der Tiere bzw. Haltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen - beziehen. Der Aufgabenschwerpunkt der Klägerin ist diesem versorgungs- und kammerrechtlich definierten Tätigkeitsbereich zuzuordnen.

§ 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein gibt dabei die Aufgabenbereiche vor, in denen der Tierarzt tätig werden kann. Die Tätigkeit besteht danach darin, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, das Leben und das Wohlbefinden der Tiere zu schützen, zur Entwicklung und Erhaltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen beizutragen und den Menschen vor Gefahren und Schäden durch vom Tier übertragbare Krankheiten zu schützen.

Dabei reicht es aus, wenn der Versicherte in einem Teilbereich nennenswert tätig ist; nicht notwendig ist, dass der Versicherte alle kammerrechtlich verbrieften Aufgabenfelder abdeckt. Es reicht aus, wenn er auf einem fachspezifischen Gebiet ausschließlich oder überwiegend tätig ist. Lediglich, wenn der Versicherte in seinem gesamten Aufgabenbereich überwiegend in einem fachfremden Gebiet tätig ist, scheidet die Annahme einer berufsspezifischen Tätigkeit aus. Dabei kommt keinem der in § 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein genannten Teilbereiche eine Vorrangstellung zu. Alle Aufgaben stehen gleichberechtigt nebeneinander. Insbesondere ist es für die Bejahung der berufsspezifischen Tätigkeit nicht notwendig, dass der Versicherte im Aufgabenbereich der Verhütung und Linderung von Krankheiten der Tiere tätig ist. Die kammerrechtlichen Vorgaben des § 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein legen ein solches Rangverhältnis nicht nahe. Auch wenn die Verhütung von Krankheiten und Leiden der Tiere in § 1 Abs. 3 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein zuerst genannt ist, so hat der Verordnungsgeber darauf verzichtet, diesem Aufgabenbereich eines Tierarztes eine Vorrangstellung einzuräumen. Eine berufsspezifische Tätigkeit ist daher auch dann zu bejahen, wenn der Versicherte in dem Aufgabenbereich tätig ist, der dem Schutz des Wohlbefindens der Tiere und der Erhaltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen dient. Deshalb reicht eine Tätigkeit im veterinär-medizinischem Ernährungssektor aus.

Die Klägerin ist für die Beigeladene zu 2) im Bereich der Tierernährungsmedizin tätig und erfüllt damit den in § 1 Abs. 3 Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein kammerrechtlich normierten Bereich des Schutzes des Wohlbefinden der Tiere und der Entwicklung und Erhaltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen. Andere fachfremde Aufgabenfelder, die dem so festgestellten Gepräge zuwiderlaufen, deckt die Klägerin nicht ab. Grundsätzlich kann daher dieser Aufgabebereich nach den kammerrechtlichen Regelungen dem veterinärmedizinischen Tätigkeitsbegriff entsprechen.

c. Die von der Klägerin verrichtete Arbeit entspricht auch einer tiermedizinischen Berufsausübung, da die Tätigkeit der Klägerin ihrem Anforderungsprofil nach nur durch einen Veterinärmediziner ausgeübt werden kann. Die tiermedizinische Ausbildung der Klägerin ist notwendige Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2). Die Tätigkeit der Klägerin stellt keine Vertriebstätigkeit, sondern eine umfassende wissenschaftlich fundierte Beratertätigkeit dar, die ein umfassendes veterinärmedizinisches Wissen erforderlich macht. Ein fachfremd ausgebildeter Versicherter kann die Tätigkeit der Klägerin nicht leisten.

Das Aufgabenfeld der Klägerin ergibt sich aus den überreichten auszuwertenden schriftlichen Unterlagen - insbesondere aus den beiden Stellenbeschreibungen vom 09.07.2010 und vom 14.09.2010 für den Arbeitsplatz der Klägerin - sowie aus dem Anstellungsvertrag der Klägerin und der Stellenausschreibung. Heranzuziehen sind auch die Einlassungen der Klägerin im Verhandlungstermin vom 25.10.2012 zu ihrem Tätigkeitsschwerpunkt bei der Beigeladenen zu 2). Die von der Klägerin beschriebenen Aufgaben decken sich dabei mit den Angaben in den beiden Stellenbeschreibungen und konkretisieren diese.

Aus der Einlassung der Klägerin im Verhandlungstermin vom 24.10.2012 ergeben sich drei Haupttätigkeitsschwerpunkte, die den (zeitlichen und inhaltlichen) Arbeitsschwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 2) ausmachen und die deshalb dieser Tätigkeit das Gepräge geben. Die drei Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Seminartätigkeit auch zur Fortbildung im Rahmen der Facharztausbildung von Fachpublikum (Tierärzten, Studierenden, Mitarbeiter von Tierärzten), in der Neubearbeitung und Aufarbeitung von Information- und Produktmaterial und in der telefonischen Beratung und Beantwortung von Fragen per E-Mail.

Zielgruppe der Klägerin im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit ist ganz überwiegend Fachpersonal; die Klägerin ist im Absatzweg Vetcare (= Tierarztpflege) tätig; ein Bereich, der die Lieferung ausschließlich an Tierärzte und Tierkliniken betrifft. Darüber hinaus deckt ihre Seminartätigkeit auch die Zielgruppe Studierende und Mitarbeiter von Tierärzten ab. Nur vereinzelt wenden sich in Einzelanfragen auch Tierhalter ohne Fachhintergrund an die Klägerin; auch deren Anfragen zielen aber ersichtlich - ausweislich der im Klageverfahren überreichten Auszüge aus der E-Mail-Korrespondenz der Klägerin mit den Ratsuchenden - auf den fachlichen Zusammenhang zwischen Erkrankung eines Tieres und der richtigen Ernährung ab. Aufgabenschwerpunkt der Klägerin ist daher das veterinärmedizinische Fachgebiet, da die Klägerin gegenüber der Zielgruppe veterinär-fachspezifisch in Tierernährungsfragen beratend, vorbereitend, informierend tätig wird und verantwortlich für die Aufbereitung wissenschaftlicher Grundlagen auf veterinärmedizinischem Fachgebiet ist.

Fachfremd ausgebildetes Personal ohne fundiertes veterinärmedizinisches Fachwissen kann die von der Klägerin durch die Beigeladene zu 2) geforderte Aufgabe nicht oder nur unzureichend erfüllen. Ein nicht geschulter Mitarbeiter kann die Wechselwirkungen von Ernährung, deren Inhaltsstoffe und deren Zusammensetzung auf den Gesundheitszustand von Tieren (Mangelerscheinungen, Krankheiten, Adipositas etc.) nicht qualifiziert beurteilen. Qualifizierte Weiterbildung von Tierärzten, so wie sie die Klägerin ausübt, unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Stands der Wissenschaft, kann nur ein entsprechend geschulter Dozent gewährleisten.

Dem widerspricht auch nicht, dass die Klägerin als wissenschaftliche Marketingassistenz eingestellt wurde. Die Marketingtätigkeit ist das Ziel zur Absatzsteigerung. Mittel dieses Zwecks ist u.a. die veterinärwissenschaftliche Arbeit der Klägerin im Interesse der Beigeladenen zu 2). Die Marketingfunktion, die die Klägerin im Rahmen ihrer Anstellung zu erfüllen hat, wird dabei nach der unternehmerischen Entscheidung der Beigeladenen zu 2) lediglich mittelbar erreicht. Die Firma S ist breit aufgestellt und eröffnet sich Vertriebswege gerade auch durch wissenschaftliche Tätigkeitsfelder. Die Firma betreibt eigene Forschungsarbeit in Frankreich und unterhält hierzu eine eigene Forschungsabteilung mit eigenem Personal. Außerdem arbeitet die Firma zusätzlich mit diversen Hochschulen zusammen, um spezielle Ernährung für Tiere zu entwickeln und zu verbessern, die an bestimmten Krankheiten leiden. Um diese Vertriebswege bedienen zu können, bedarf die Beigeladene zu 2) hinreichend qualifizierten veterinärmedizinischem Sachverstands.

Das SG hat daher zutreffend herausgearbeitet, dass der Marketinganteil der Tätigkeit der Klägerin in ihrem wissenschaftlichen Tätigwerden besteht und die eigentliche klassische Marketingarbeit daher nicht durch die Klägerin, sondern von den hierzu zuständigen Abteilungen erbracht wird. Hier arbeitet unter veterinärmedizinischem Blickwinkel fachfremdes Personal. Die Klägerin ist daher konsequenterweise als wissenschaftliche Marketingassistenz eingestellt und assistiert in dieser Funktion lediglich dem Marketingpersonal; arbeitet diesem also zu und bereitet fachlich vor. Diese fachliche Arbeit kann das Marketingpersonal nicht leisten.

Das Anforderungsprofil an die Tätigkeit der Klägerin ist angesichts der Zielgruppe und angesichts des Inhalts der Tätigkeit der Klägerin daher derart hoch, dass die Arbeit nur von einem Absolventen eines veterinärmedizinischen Studiums geleistet werden kann. Das veterinärmedizinische Studium der Klägerin ist daher in nachvollziehbarer Weise nach den Anforderungen, die von der Beigeladenen zu 2) an den Stelleninhaber - also die Klägerin - gestellt werden, unabdingbare Voraussetzung. Dies hat die Beigeladene zu 2) bereits ausdrücklich in der Bescheinigung vom 09.07.2010 mitgeteilt und dies auch als Anforderungsprofil so in der Stellenausschreibung gefordert. Auch im Verhandlungstermin am 24.08.2017 hat die Beigeladene zu 2) nochmals mitgeteilt, dass in der Vorstellungsrunde der Klägerin ausschließlich approbierte Tierärzte eingeladen worden waren. Dies ist nach den qualitativen Anforderungen an die Tätigkeit der Klägerin auch plausibel.

Diese tierärztlichen Tätigkeiten geben der Arbeit der Klägerin daher das Gepräge. Die veterinärmedizinischen Fachkenntnisse der Klägerin für die Beratungen der tierärztlichen Kunden sind daher zwingend erforderlich. Das abgeschlossene Hochschulstudium der Veterinärmedizin und die Approbation als Tierarzt sind daher das entscheidende Kriterium für die Einstellung der Klägerin.

d. Die Klägerin verfügt auch über die notwendige Approbation im Sinne des § 2 Abs. 1 BTÄO. Die Approbation ist nach § 2 Abs. 1 BTÄO notwendige Voraussetzung für die Ausübung des Berufs als Tierarzt. Die Ausübung des Berufs als Tierarzt ist gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Nr. 4 Heilberufsgesetz NRW Voraussetzung für die Pflichtmitgliedschaft in der Tierärztekammer.

4. Die Klägerin zahlt seit Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) am 01.04.2010 auch durchgehend Beiträge nach § 15 Abs. 2 der Satzung des Versorgungswerkes und damit einkommensbezogene Beiträge.

5. Aufgrund der entrichteten Beiträge besteht grundsätzlich auch ein Anspruch auf Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist; die Leistungen sind geregelt in §§ 17 ff der Satzung des Versorgungswerks der Tierärztekammer Nordrhein vom 20.07.2015.

6. Die Klägerin hat auch einen Antrag auf Befreiung vom 11.05.2010 gestellt. Dieser ist zwar erst nach der Aufnahme der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) am 01.04.2010 erfolgt. Nach § 6 Abs. 4 S. 1 SGB VI wirkt die Befreiung jedoch bereits vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn die Befreiung innerhalb von drei Monaten beantragt wird. Das ist hier der Fall. Die Befreiungsvoraussetzungen liegen mit dem Beginn der Beschäftigung ab dem 01.04.2010 vor. Der Antrag ist am 11.05.2010 - also noch innerhalb der Drei-Monats-Frist - gestellt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 160 Abs. 1 S. 1, 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Es geht um Tatfragen. Die Beurteilung, ob eine Tätigkeit berufsspezifisch ist, ist eine Einzelfallentscheidung.
Rechtskraft
Aus
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