Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 VG 13/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 VG 4/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu sogenannten "Schockschäden" bei einem Sekundäropfer erfordert eine "besonders schreckliche Gewalttat". Eine solche Gewalttat ist nur bei Totschlag und Mord sowie vergleichbaren Gewalttaten anzunehmen. Eine schwere Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB fällt nicht darunter.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 27. November 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt wegen zweier Gewalttaten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 eine Versorgungsrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 50 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit.
1. Nach den Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 05.11.2012 (Az. 2 Ns 240 Js 12879/10) war P. K., der Vater des gemeinsamen, am 15.09.2010 geborenen Kindes F. K. und damaliger Ehemann der Klägerin, am 30.11.2010 gegen 14:45 Uhr mit dem Kind F. K. allein in der gemeinsamen Wohnung. Aus nicht näher feststellbarem Anlass nahm Herr K., der am Tattag unter einem massiven grippalen Infekt mit Fieber erkrankt war, das Kind F. hoch und schüttelte es in einer ausholenden Bewegung zweimal so heftig, dass der ungestützte Kopf des Kindes in einer Schleuderbewegung peitschenartig hin und her flog und dabei mindestens einmal mit dem Kinn am Brustbein aufschlug. In der Gegenbewegung wurde der Kopf so weit nach hinten geschleudert, wie es die größtmögliche Überstreckung der Halswirbelsäule erlaubt hat. Durch dieses Vorgehen kam es dazu, dass bei dem Kind F. mehrere der zwischen der Hirnoberfläche und der mit dem Schädel fest verwachsenen harten Hirnhaut liegenden Brückenvenen abgerissen sind, wodurch es zu einer massiven Einblutung im Schädel kam. F. erlitt ein massives Schütteltrauma mit Subduralhämatom. Aufgrund der Heftigkeit des Schüttelns kam es auch zu einer Zugbeanspruchung an den Sehnerven und zu einer Netzhauteinblutung im linken Auge des F ... Die Verletzungen machten am 30.11.2010 eine Notoperation am Schädel des in Lebensgefahr befindlichen Kindes und im Nachgang einen bis zum 19.05.2011 dauernden stationären Aufenthalt mit einer Nachoperation und anschließenden stationären Rehamaßnahmen erforderlich. Das Handeln des Angeklagten führte bei F. zu einer geistigen Retardierung mit einem dauerhaften Entwicklungsrückstand im Sinne einer geistigen Behinderung, einer schweren Epilepsie mit atypischen Absenzen, die bis zu wenige Minuten andauern, sowie einer erheblichen Sehminderung. Aufgrund der Schädigung der Sehnerven beträgt das Sehvermögen von F. auf dem linken Auge lediglich 0,5 %, eine messbare Sehleistung am rechten Auge besteht überhaupt nicht. Eine Verbesserung dieses Zustandes ist wegen der schweren Schädigung der Sehnerven nicht zu erwarten. Weiter besteht infolge der erlittenen Verletzungen eine statomotorische Entwicklungsstörung mit der Folge, dass F. nur ungezielt rollen und weder koordiniert krabbeln noch sich an Gegenständen zum Stand hochziehen kann, es ist lediglich ein Aufrichten vom Liegen zum Sitzen möglich. Die Entwicklung einer Gehfähigkeit ist nicht zu erwarten. Eine geistige Entwicklungsstörung führt schließlich dazu, dass F. nur zu ungezielten Silbendoppelungen in der Lage ist. Seit einiger Zeit kommt es zu autoaggressiven Handlungen, in deren Rahmen F. sich selbst (unter anderem ins Gesicht) schlägt.
Am 16.12.2010 wurde die Klägerin zum Vorfall am 30.11.2010 polizeilich als Zeugin vernommen. Dabei wurde ihr mitgeteilt, dass gegen ihren Ehemann P. K. wegen des Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener ermittelt werde. Im Rahmen dieser Vernehmung äußerte die Klägerin, dass sie gegen 15:00 Uhr von P. K. einen Anruf an ihrer Arbeitsstelle bekommen habe, wobei dieser ihr mitgeteilt habe, dass F. in der Küche von der Arbeitsplatte gefallen sei und sie sich keine Sorgen machen solle, da er zwischenzeitig den Notarzt angerufen habe und dieser gleich bei ihnen sein werde. Sie habe dann einen Nachbarn gebeten, sie von ihrer Arbeitsstelle abzuholen, und sei dann zusammen mit P. K. ins Klinikum A-Stadt gefahren, wo F. zwischenzeitlich eingeliefert worden sei. Auf polizeiliche Nachfrage äußerte die Klägerin weiter, dass P. K. im Rahmen der vergangenen Woche abends, als sie auf der Couch gesessen hätten, eingeräumt habe, dass die Sache mit dem F. kein Unfall gewesen sei. Er habe geäußert, dass er mit F. auf der Couch gewesen sei und F. beim Füttern auf der Couch, wie dieser das oft getan habe, nach links gesehen habe, woraufhin P. K. den Kopf von F. nach rechts zu sich hingezogen habe. Dann habe er noch drei Züge von der Nukiflasche gemacht und sei anschließend käseweiß angelaufen und habe alle viere von sich gestreckt. Von einem Sturz von der Couch habe er nichts gesagt. Nachdem F. diese Reaktion gezeigt habe, habe er gleich den Notarzt angerufen. Die Klägerin führte dazu im Rahmen der polizeilichen Vernehmung aus, dass in der Situation, in der sie sich befunden hätten und eigentlich noch befinden würden, ihr das irgendwie "wurscht" gewesen sei. Sie stehe früh auf, gehe den ganzen Tag zur Arbeit, anschließend ins Klinikum zu F. und da sei sie ziemlich fertig. Sie müsse auch sagen, dass es in der Zeit nach dem 30.11.2010 einige Tage gegeben habe, wo absolute Lebensgefahr für F. bestanden habe.
2. Nach den weiteren Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 05.11.2012 (Az. 2 Ns 240 Js 12879/10) holte P. K. die Klägerin und F. mit seinem Pkw am 15.06.2011 gegen 14:45 Uhr in der Familienhilfeeinrichtung der G.-Stiftung in E-Stadt, in der die Klägerin mit F. damals untergebracht war, ab. Im Laufe der Autofahrt kam es zwischen der Klägerin und P. K. zu einem Disput über die derzeitige Lebenssituation der Familie, in dessen Verlauf P. K., der mit der damaligen Wohnsitznahme und den Lebensverhältnissen der Klägerin und seines Kindes in der Familienhilfeeinrichtung nicht einverstanden war, zunehmend in Rage geriet. Noch auf der B 85 im Bereich der Anschlussstelle E-Stadt/N-Stadt beleidigte er die Klägerin mit den Worten "Dir prügel ich deine Scheiße aus dem Gehirn noch raus" und schlug ihr zugleich ohne rechtfertigenden Grund wenigstens zweimal mit der rechten Faust gegen die Stirn in den Bereich des Haaransatzes, wodurch die Klägerin Schmerzen erlitt. Während der weiteren Fahrt, die über die BAB A70 auf die BAB A9 bis zur Anschlussstelle Bad B./H-Stadt führte, setzte P. K. sein Schimpfen und Fluchen fort. Auf dem Verzögerungsstreifen der genannten Anschlussstelle zog er plötzlich die Handbremse, so dass das Auto nach rechts in Richtung des Banketts ausbrach und beinahe mit einem Leitpfosten zusammenstieß. Zu einem Unfall kam es indes nicht, nachdem der Angeklagte das Fahrzeug wieder abfangen konnte. Im weiteren Verlauf der Fahrt äußerte er gegenüber seiner Ehefrau und seinem Sohn den Ausspruch "Jetzt bring ich uns alle um, dann ist endlich eine Ruhe mit dem ganzen Scheiß!"
Am 16.06.2011 stellte die Klägerin wegen dieses Vorfalls einen Strafantrag, wobei sie im Rahmen der polizeilichen Vernehmung angab, dass sie durch die Schläge auf den Kopf gestern starke Kopfschmerzen gehabt habe, aber darauf verzichte, einen Arzt aufzusuchen, da diese heute wieder weg seien. Weiter äußerte sie, dass P. K. während der Fahrt dergestalt weiter gebrüllt habe, dass er diverse Personen umbringen werde. Diese Drohungen habe sie als sehr ernst empfunden. Sie traue ihm auch solche Gewalttaten zu, da sie der Meinung sei, dass er ein sehr hohes Gewaltpotenzial habe. Momentan habe sie große Angst, dass ihr und ihrem Sohn F. von P. K. etwas angetan werden könnte, weshalb sie heute Morgen, ohne ihm etwas zu sagen, verschwunden sei. Ihre neue Wohnanschrift möchte sie nicht mitteilen.
Seit dem 15.06.2011 lebt die Klägerin von P. K. dauerhaft getrennt.
3. Am 12.09.2011 wurde P. K. wegen der Tat gegen F. vom 30.11.2010 und der weiteren Tat gegen die Klägerin vom 15.06.2011 angeklagt.
4. Am 05.10.2011 beantragte die Klägerin beim Beklagten Leistungen nach dem OEG. Dabei machte sie als gesundheitliche Schädigung eine posttraumatische Belastungsstörung geltend. Als schädigende Ereignisse bezeichnete sie die Gewalttat gegen ihren Sohn F. vom 30.11.2010 und als weitere Gewalttat einen Faustschlag von P. K. auf ihren Kopf am 15.06.2011 auf der B 85 im Auto und die Absicht der Tötung auf der B 303.
5. Am 07.12.2011 wurde P. K. vom Amtsgericht A-Stadt (Az. ) wegen der Taten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 wegen schwerer Körperverletzung im minder schweren Fall in Tateinheit mit Beleidigung, rechtlich zusammentreffend mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde.
In der diesbezüglichen Hauptverhandlung vom 07.12.2011, in der die Klägerin als Zeugin vernommen wurde, gab sie an, dass P. K., nachdem er zunächst gesagt habe, dass ihr Sohn von der Arbeitsplatte in der Küche gefallen sei, dies später dergestalt dargestellt habe, dass er nicht von der Arbeitsplatte gefallen sei, sondern er ihn auf dem Arm gehabt habe, und er ihr im weiteren, nachdem eine Vernehmung durch den Polizeibeamten W. erfolgt sei, erzählt habe, dass er F. die Milchflasche gegeben und dieser sich dabei verschluckt habe. Sie wisse auch nicht, was sie glauben solle. Im Scheidungsverfahren sei vorgetragen worden, dass P. K. F. aus dem Kinderbett genommen habe, wobei sein Kopf gefallen sein solle. Es müsse irgendwann im Juni oder Juli gewesen sein, als dieses Schreiben gekommen sei. Im Zusammenhang mit der Tat vom 15.06.2011 gab die Klägerin an, dass P. K. ihr gegenüber nicht gewalttätig gewesen sei, es aber im Jahr 2008/2009 schon einmal einen Anlass gegeben habe, wo er ihr an die Gurgel gegangen sei. Sie schätze P. K. als sehr impulsiv ein. Man müsse schon überlegen, was man sage, damit er nicht sofort hochgehe. Es könne schon passieren, dass, wenn ihm etwas nicht passe, er sehr impulsiv reagiere.
Der Sachverständige Prof. Dr. B. führte in der Hauptverhandlung vom 07.12.2011 aus, dass derartige Verletzungen, wie sie bei F. festgestellt worden seien, nicht durch ein Sturzgeschehen zu erklären seien. Zu erklären seien sie nur durch ein massives Schütteln des Jungen. Ein leichtes Schütteln reiche dabei auch nicht aus, da die Verletzungen auf eine Gegenbewegung des Gehirns aufgrund seiner Trägheit zurückzuführen seien. Der Sachverständige beschrieb dieses Schütteln so, dass der Kopf wie bei einem Peitschenhieb hin und her geworfen werden müsse. Aus dem Operationsbericht habe sich auch ergeben, dass für den Fall, dass die Notoperation nicht durchgeführt worden wäre, F. verstorben wäre, da die Blutung noch angedauert habe.
Im Urteil des Amtsgerichts A-Stadt ist weiter vermerkt, dass die Klägerin eine ruhige und sehr gefasste Aussage gemacht habe, bei Verlassen des Sitzungssaales aber zu spüren gewesen sei, welche Belastung auf der Klägerin gelegen habe, nachdem diese in Tränen ausgebrochen sei und sich zunächst nicht habe beruhigen können, so dass die Sitzung kurzzeitig habe unterbrochen werden müssen.
6. Mit rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 05.11.2012 (Az. xxx) wurde P. K. schließlich wegen der Taten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 wegen schwerer Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, dies in Tateinheit mit Beleidigung und mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
In der diesbezüglichen Hauptverhandlung, in der die Klägerin als Zeugin vernommen wurde, gab sie im Zusammenhang mit der Tat vom 15.06.2011 an, dass es schon während der Ehezeit ein- bis zweimal Situationen gegeben habe, in denen P. K. sie aufgrund normaler Streitigkeiten gewürgt oder geschlagen habe, was sie aber nicht zur Anzeige gebracht habe.
Der Sachverständige Prof. Dr. B. demonstrierte in der Hauptverhandlung anhand einer Puppe, die er mit raumgreifenden heftigen Bewegungen schüttelte, so dass der Kopf deutlich hin und her flog, die an F. verübte Gewalt.
7. Mit Bescheid vom 07.03.2012 erkannte der Beklagte bei der Klägerin in der Zeit vom 15.06.2011 bis längstens 30.06.2011 als Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG Kopfschmerzen an, wobei für diese zwischenzeitlich abgeheilte Gesundheitsstörung Anspruch auf Heilbehandlung bestehe. Die Zahlung einer Versorgungsrente werde durch diese vorübergehende Gesundheitsstörung nicht begründet. Eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens werde nicht als Schädigungsfolge anerkannt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Klägerin keine Tatzeugin bzgl. der Tat an ihrem Sohn gewesen sei, sondern erst viel später im Laufe der Ermittlungen erfahren habe, dass den Verletzungen ihres Sohnes eine Gewalttat zu Grunde gelegen habe. Aus den zeitlich späteren Erkenntnissen könne es nicht rückwirkend zum tatsächlichen Tatzeitpunkt zum Eintritt eines Schocks kommen. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen an Dritte, die nicht Tatzeugen einer Gewalttat seien, seien nicht gegeben, da hierfür zunächst ein erlittener Schockschaden durch die Überbringung einer Todesnachricht Voraussetzung wäre. Zudem gehe es hier nicht mehr um die Erkenntnis über den Vorfall (die Schädigung von F.) selbst, sondern die spätere Erkenntnis, dass der Ehemann und Vater der Täter gewesen sei. Dieser Umstand sei aber keine Gewalttat im Sinne des § 1 OEG, da die Tätereigenschaft keinen tätlichen Angriff darstelle. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Versorgung als Sekundäropfer aufgrund eines Schockschadens seien daher nicht erfüllt.
Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 zurückgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass bei Personen, die nicht als Augenzeugen von einer Gewalttat erfahren hätten, für die Anerkennung eines Schockschadens die nach dem OEG erforderliche Unmittelbarkeit nur dann anzunehmen sei, wenn es sich bei der zu Grunde liegenden Tat um eine schwere vorsätzliche Gewalttat wie Mord oder Todschlag handele. Das Kind der Klägerin habe zwar eine erhebliche Straftat erleiden müssen, die aber nicht mit einem vorsätzlichen Tötungsdelikt gleichgesetzt werden könne. Die Anerkennung eines Schockschadens sei daher nach dem Schutzzweck des OEG nicht möglich. Dazu komme, dass auch der zeitliche Ablauf einen Schock durch die eigentliche Gewalttat ausschließe. Nach den klägerischen Aussagen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens habe die Klägerin erst viel später nach der Tat am 30.11.2010 erfahren, dass es sich hierbei um eine Gewalttat gehandelt habe. Aus den zeitlich späteren Erkenntnissen könne es aber nicht rückwirkend zum tatsächlichen Tatzeitpunkt zum Eintritt eines Schocks kommen.
Dagegen hat die Klägerin am 20.06.2012 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und dabei vorgetragen, dass die Beklagtenpartei zu Unrecht eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens, die Zahlung einer Versorgungsrente und eine besondere berufliche Betroffenheit abgelehnt habe. Die Klägerin sei gelernte Arzthelferin. Das Arbeitsverhältnis sei unter Verweis auf den Vorfall und die vermeintlich fehlende Einsatzbereitschaft aufgrund der Betreuung des Sohnes gekündigt worden. Durch die tägliche Versorgung ihres Sohns sei sie ständig mit dem Vorfall befasst. Durch die Faustschläge habe sie erhebliche Schmerzen erlitten und nach dem Vorfall ca. 2 Wochen erhebliche Kopfschmerzen gehabt. Die Klägerin leide aufgrund des Vorfalls vom 15.06.2011 sowie aufgrund der gegen den gemeinsamen Sohn verübten Gewalt an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie habe Durchschlafstörungen, sei bis heute traumatisiert, weil sie die Todesnähe erlebt habe und für sie real gewesen sei, dass der Täter sie und das gemeinsame Kind umbringe. Sie befinde sich in psychologischer Betreuung bei Frau Soz.Päd B. D. und nunmehr bei Frau Soz.Päd. D.-K ... Der Schockschaden sei zu Unrecht abgelehnt worden. Die Klägerin sei durchaus Sekundäropfer, da die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf der Wahrnehmung der Tat beruhten und eine eigene Schädigung hervorgerufen hätten. Die bei der Klägerin bis heute vorliegenden mannigfachen Beschwerden wie u.a. Schlafstörungen, Appetitverlust, Gedankenkreisen, vegetative Symptome wie Schweiß, Schwindel, Mundtrockenheit sowie Panikanfälle und Angstzustände würden ausschließlich auf dem Umstand beruhen, dass der Sohn der Klägerin Opfer einer Gewalttat geworden sei.
Mit Urteil vom 27.11.2012 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin keine Versorgung aufgrund eines Schockschadens anlässlich der gegen ihren Sohn am 30.11.2010 verübten Tat zustehe. So sei die Klägerin weder Tatzeugin noch im Sinne der "Benachrichtigungsfälle" in den Schutzbereich des § 1 Abs. 1 OEG einzuordnen. Sie habe weder eine Todesnachricht oder eine Nachricht von einem vergleichbaren Verbrechen erhalten, noch habe sie diese in zeitlicher Nähe zur Tat erhalten. In voller Konsequenz habe sie die Umstände des Verbrechens vielmehr erst ein Jahr später in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht A-Stadt erfahren. Die Tat vom 15.06.2011 habe dagegen zu keiner dauerhaften Gesundheitsstörung geführt. Die von der Klägerin beklagten Schlafstörungen, Appetitverlust, Gedankenkreisen, vegetative Symptome wie Schweiß, Schwindel, Mundtrockenheit sowie Panikanfälle und Angstzustände beruhten vielmehr auf den veränderten Lebensumständen infolge der Tat vom 30.11.2010. Die in Anlehnung an ICD 10 - F 43 vorzunehmende Definition einer posttraumatischen Belastungsstörung als eine Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, habe bei der Tat vom 15.06.2011 mangels katastrophenartigen Ausmaßes nicht vorgelegen. Für die beklagten Störungen liege vielmehr infolge der Tat vom 30.11.2010 eine sichere alternative Kausalität vor. Mangels andauernder Gesundheitsstörungen infolge einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG sei auch eine mögliche berufliche Betroffenheit (§ 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz - BVG) nicht zu würdigen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung weiter vorgetragen, dass die Klägerin die Drohung des Täters im Rahmen der Autofahrt am 15.06.2011, dass er sie alle umbringen werde, ernst genommen habe und sich in Todesnähe gefühlt habe. Zu der Tat vom 30.11.2010 hat die Klägerin weiter ausgeführt, dass sie eine Kenntnis über das tatsächliche Geschehen am 30.11.2010 auch anlässlich der gegen sie erfolgten Körperverletzung am 15.06.2011 noch nicht gehabt habe. Die genauen Handlungen des Täters seien ihr anlässlich der Demonstration des Sachverständigen Prof. Dr. B. mit einer Kleinkindpuppe erstmals im Termin in der Hauptverhandlung am 22.10.2012 beim Landgericht als Berufungsgericht vorgeführt worden. Das Urteil des SG sei rechtsfehlerhaft, weil ein Sachverständigengutachten zu den bei der Klägerin vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen anlässlich beider Taten, die einen GdS einschließlich der besonderen berufliche Betroffenheit rechtfertigten, hätte eingeholt werden müssen. Das SG habe weiter eine fehlerhafte Bewertung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unmittelbarkeit vorgenommen und auf das kumulative Vorliegen der zeitlichen, örtlichen und personalen Nähe abgestellt. Zudem liege eine fehlerhafte Beurteilung der sukzessiven Kenntniserlangung der Klägerin vom Tatgeschehen vor. Die sukzessive Kenntniserlangung vom wirklichen Tatgeschehen sei nicht der Sphäre der Klägerin zuzuordnen, sondern der Tatsache, dass der Täter sich bis zur letzten Hauptverhandlung sogar beim Landgericht A-Stadt am 05.11.2012 nicht zum tatsächlichen Geschehen, wie es der Sachverständige Prof. Dr. B. festgestellt habe, eingelassen habe. Die psychischen Auswirkungen durch die Gewalttat seien bei der Klägerin ebenfalls sukzessive eingetreten. Das Erstgericht verkenne insoweit, dass Schockschäden keinen pathophysiologischen Zusammenbruch voraussetzten, etwa in Form eines deutlich nach außen sichtbaren Kreislaufkollapses oder ähnliches, der einer sofortigen medizinischen Behandlung bedürfe, sondern dass vielmehr entscheidend sei, dass das belastende Ereignis eine seelische Reaktion des Sekundäropfers von einigem Gewicht bewirke, welche sich auch sukzessive im Hinblick auf die Kenntniserlangung im Zuge der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden ergeben könne. Die psychischen Auswirkungen der beiden Gewalttaten bei der Klägerin seien zudem so eng verbunden, dass eine natürliche Einheit vorliege. Ein enger Zusammenhang sei anzunehmen.
Im Rahmen des vom Senat angeforderten Fragebogens über medizinische Behandlungen hat die Klägerin keine Angaben zu sie behandelnden Ärzten gemacht. Auf weitere Nachfrage des Senats, bei welchen Ärzten sie sich in Behandlung befunden habe und noch befinde, hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich in der Zeit von November 2010 bis 2013 in Behandlung beim Psychologen Herrn F. befunden habe. Im insoweit seitens des Senats von diesem angeforderten Befundbericht über stattgefundene Behandlungen hat dieser mit Schreiben vom 09.01.2017 mitgeteilt, dass die Klägerin im Rahmen des Battered Child Konzepts der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation an der S. Klinik F-Stadt psychotherapeutisch unterstützt und begleitet worden sei. Psychotherapeutische Unterstützung und Begleitung der Klägerin seien während der stationären Aufenthalte ihres Sohnes vom 19.12.2010 bis 19.05.2011, 17.11.2011 bis 04.02.2012, 02.01.2013 bis 14.02.2013 und 28.01.2014 bis 20.02.2014 erfolgt. Die psychotherapeutische Unterstützung und Begleitung der Eltern im Rahmen des Battered Child Konzepts ziele im Wesentlichen auf folgende Punkte ab: Stabilisierung der Eltern, Unterstützung bei der Verarbeitung der Ereignisse, Unterstützung bei der Einbindung in die Behandlungsabläufe, Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Entwicklung tragfähiger individueller, partnerschaftlicher und familiärer Zukunftsperspektiven. Alle inhaltlich mit der Klägerin besprochenen Themen hätten in den genannten Themenfeldern gelegen. Im gleichen Zusammenhang seien noch einige Gespräche mit Herrn P. K. erfolgt. Ein Befundbericht im engeren Sinne könne nicht erstellt werden, da es in Bezug auf die Klägerin keinen diagnostischen Behandlungsauftrag gegeben habe und alle Interventionen gemäß dem Battered Child Konzept auf die Stabilisierung und auf die perspektivische Ausgestaltung von F.s psychosozialem Umfeld ausgerichtet gewesen seien.
Am 16.02.2017 hat vor der zuständigen Berichterstatterin ein Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin stattgefunden, in dem Herr F. als Zeuge vernommen worden ist. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen (vgl. Bl. 160 ff der LSG-Akte) Die Klägerin hat im Rahmen dieses Termins angegeben, dass sie sich nicht mehr so genau erinnern könne, wann sie damals etwas darüber erfahren habe, wie ihr Ex-Mann ihr Kind am 30.11.2010 behandelt habe. Auf Vorhalt der im Tatbestand im SG-Urteil insoweit getroffenen Feststellungen hat die Klägerin erklärt, dass die vom SG getroffenen Feststellungen dazu, wie sie damals von den Geschehnissen am 30.11.2010 erfahren habe, schon stimmen würden. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat dazu ergänzt, dass im Verhandlungstermin vor dem Strafgericht am 07.12.2011 der Sachverständige eine Puppe dabei gehabt habe, an der er die Tat des Ex-Mannes der Klägerin vom 30.11.2010 demonstriert habe. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Klägerin dazu erklärt, dass ihr in diesem Moment bewusst geworden sei, was damals am 30.11.2010 mit ihrem Kind geschehen sei. Auf Frage der Berichterstatterin hat die Klägerin weiter erklärt, dass sie eine normale Ehe geführt habe. Gewalt oder Psychoterror sei bis auf die Tat vom 15.06.2011 gegenüber ihr nicht verübt worden. Die Klägerin hat weiter erklärt, dass sie Entschädigung nach dem OEG wegen beider Taten, der vom 30.11.2010 und 15.06.2011, begehre. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Klägerin angegeben, dass psychische Probleme bei ihr phasenweise auftreten würden. Ein bis zwei Wochen gehe es gut, dann komme z. B. beim Schauen eines Familienfilms im Fernsehen alles wieder hoch. Sie habe dann Alpträume, z. B. solche, dass sie ein Kind bekomme, dieses herunterfalle und sofort tot sei. Sie wache dann auf und weine. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Klägerin erklärt, dass sie keine Psychotherapie mache, aber immer bei Herrn F. Gespräche habe, wenn ihr Kind dort auf Reha sei. Dies sei bisher ca. viermal der Fall gewesen, zuletzt 2013. Sie habe bisher deshalb keine Psychotherapie begonnen, weil sie dann Hilfe brauche, wenn es ihr aktuell schlecht gehe und nicht erst in beispielweise zwei Wochen, wenn sie einen Termin habe. Immer dann wenn sie ihren Sohn besuche, der in einem Internat lebe, habe sie dort Gespräche beim Psychosozialen Dienst und den entsprechend geschulten Betreuern ihres Sohnes. Ihren Sohn besuche sie immer am Wochenende. Einer Arbeit gehe sie nach, weil sie es zu Hause nicht aushalte.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Bayreuth vom 27.11.2012 aufzuheben, den Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Schädigungsfolge der Gewalttaten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 eine posttraumatische Belastungsstörung nach dem OEG anzuerkennen und der Klägerin eine Versorgungsrente nach einem GdS von mindestens 50 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass der Vorfall vom 15.06.2011, soweit es sich um einen tätlichen Angriff gehandelt habe, bereits als Gewalttat anerkannt worden sei. Die Drohung, jetzt alle umzubringen, könne dagegen nicht als Gewalttat anerkannt werden. Weitere Vorfälle, wie die Manipulation des Fahrzeuges, Beschimpfungen und Beleidigungen im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 15.06.2011 würden nicht in den Anwendungsbereich des OEG fallen. Nicht als Schockschaden anerkannt werden könne ferner das sukzessive Bekanntwerden der Schädigung des Sohnes durch P. K. und die dadurch bei der Klägerin sukzessiv eingetretenen psychischen Auswirkungen. Insoweit handele sich bei der gegen den Sohn verübten Gewalttat nicht um eine solche, die einem vorsätzlichen Tötungsdelikt gleichzustellen sei. Darüber hinaus bestehe auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Schädigungstatbestand und schädigenden Einwirkungen auf die Klägerin. Die Folgen der Gewalttat gegen den Sohn der Klägerin seien ihr bereits bekannt gewesen. Die gewaltsamen Umstände seien ihr dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geworden. Die Gewissheit der Tatumstände hätte die Klägerin damit nicht mehr in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gewalttat gegen ihren Sohn betroffen. Der schädigende Vorgang sei am 30.11.2010 bereits beendet gewesen. Eine Schädigung der Klägerin sollte aber frühestens im Kontext der strafrechtlichen Verhandlung gegen den Kindsvater aufgetreten sein. Darüber hinaus fehle es auch an jeglichen Feststellungen zu einer Primärschädigung und möglichen Schädigungsfolgen, was aber unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines sogenannten Schockschadens sei. Die Klägerin habe auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass sie lediglich bei Herrn F. in Behandlung gewesen sei, bei dem es sich aber um keinen Arzt handele, so dass dieser letztendlich auch keine Auskunft zu gesundheitlichen Schädigungsfolgen bei der Klägerin machen könne. Nicht ersichtlich sei auch, weshalb die Klägerin schädigungsbedingt ihrem Beruf als Krankenschwester nicht mehr nachgehen könne.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, der beigezogenen Beklagtenakte, der von der Staatsanwaltschaft A-Stadt beigezogenen Akte xxx und der vom E. beigezogenen Akte xxx Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012, mit dem der Beklagte bei der Klägerin in der Zeit vom 15.06.2011 bis längstens 30.06.2011 als Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG Kopfschmerzen und diesbezüglich einen Anspruch auf Heilbehandlung anerkannt, die Zahlung einer Versorgungsrente und die begehrte Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens aber abgelehnt hat. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 abgewiesen. Die von der Klägerin insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zutreffend hat der Beklagte als vorübergehende Gesundheitsstörung bei der Klägerin anlässlich der Gewalttat vom 15.06.2011 in der Zeit vom 15.06.2011 bis längstens 30.06.2011 Kopfschmerzen und diesbezüglich einen Anspruch auf Heilbehandlung anerkannt, die Zahlung einer Versorgungsrente und die begehrte Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens aber abgelehnt. Anlässlich der Gewalttat vom 15.06.2011 kann die Klägerin über den 30.06.2011 hinaus keine Heilbehandlung beanspruchen; die Zahlung einer Versorgungsrente steht ihr auch nicht zu, da über die seitens des Beklagten insoweit anerkannten vorübergehenden Kopfschmerzen keine weiteren Gesundheitsstörungen anlässlich dieser Gewalttat bei der Klägerin vorliegen (dazu unter 2). Zutreffend hat der Beklagte auch die von der Klägerin begehrte Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens abgelehnt; die Klägerin ist insoweit weder als vom Schutzbereich des OEG erfasstes sogenanntes Sekundäropfer anzusehen noch steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin durch die Kenntniserlangung von der zum Nachteil ihres Sohnes verübten Gewalttat vom 30.11.2010 einen Schock erlitten hat (dazu unter 1.). Mangels Vorliegens dauerhafter Gesundheitsstörungen kann auch kein GdS festgestellt werden, so dass auch eine Erhöhung eines solchen wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht kommt (dazu unter 3.).
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Ab einem GdS von 30 erhalten Beschädigte eine monatliche Grundrente (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 OEG geht der Senat von folgenden Erwägungen aus: Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist der Senat der Auffassung, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist, obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VG 2/10 R, juris Rn. 32 m.w.N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 StGB wird der tätliche Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, juris Rn. 20 m.w.N.). Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt i.S. des § 113 Abs. 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft (BSG, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.). Damit liegt ein tätlicher Angriff nach § 1 OEG bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (vgl. BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VG 2/10 R, Rn. 35 m.w.N.), wobei sich dieser grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person auszeichnet (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 36 m.w.N.). Ein tätlicher Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor, setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen (BSG, a.a.O., Rn. 37; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, juris Rn. 21). Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, z.B. eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines tätlichen Angriffs i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht aus, auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und z.B. seelische Gesundheitsschäden davonträgt (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, Rn. 22 m.w.N.). Mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll, ist nach der Rechtsprechung des BSG schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen (BSG, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.). Im Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, hat das BSG dies dahingehend präzisiert, dass ein tätlicher Angriff dann nicht vorliegt, wenn es an einer unmittelbaren Gewaltanwendung fehlt (dazu sogleich). Bereits im Urteil vom 14.02.2001 (B 9 VG 4/00 R) zum Phänomen des "Mobbings" hatte das BSG entschieden, dass für die Anwendbarkeit von § 1 Abs. 1 OEG ein tätlicher Angriff als eine in strafbarer (d.h. mit Strafe bedrohter) Weise unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung erforderlich ist (BSG, a.a.O., Rn. 14). Damit ist ein nicht-tätliches Vorgehen, möge dies das Opfer auch in seinem Ansehen, seiner Ehre, gesellschaftlichen Reputation und Selbstachtung attackiert und verletzt haben, nicht vom Anwendungsbereich des § 1 OEG erfasst, denn für die Anwendung des OEG ist von seinem Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 14). Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 14). Von den vor allem bei "Mobbing" in Betracht kommenden Ehrverletzungsdelikten Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§§ 185, 186, 187 StGB) kann nur die Beleidigung auch durch Tätlichkeit begangen werden; dasselbe gilt für die Nötigung (§ 240 StGB) und wird bei der Körperverletzung (§ 223 StGB) die Regel sein (BSG, a.a.O., Rn. 15). Mit neuerem Urteil vom 16.12.2014 (B 9 V 1/13 R) hat das BSG nunmehr - unter Aufgabe von alter Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 24.07.2002, B 9 VG 4/01 R) - deutlich ausgeführt, dass ein tätlicher Angriff im Sinne des § 1 OEG eine unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende, gewaltsame physische Einwirkung voraussetzt und die bloße Drohung mit einer - wenn auch erheblichen - Gewaltanwendung oder Schädigung für einen tätlichen Angriff nicht ausreicht. Danach lässt das BSG eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person auch ohne physische Einwirkung (Schläge, Schüsse, Stiche, Berührung etc.) nicht mehr bereits aufgrund der objektiven Gefährlichkeit der Situation (z.B. Drohung mit geladener Schusswaffe) für die Annahme eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs i.S. von § 1 Abs. 1 S. 1 OEG ausreichen (BSG, a.a.O., Rn. 24). Eine Einwirkung ohne den Einsatz körperlicher Mittel allein auf einer intellektuell bzw. psychisch vermittelten Beeinträchtigung, zu der das Opfer mit einer Bedrohung für Leib oder Leben zu bestimmten Handlungen bzw. Unterlassungen genötigt werden soll, stellt somit keinen tätlichen Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 S. 1 OEG dar (vgl. BSG, a.a.O., Rn, 27).
Das OEG räumt zudem grundsätzlich Ansprüche nur unmittelbar Geschädigten ein, wobei "Unmittelbarkeit" grundsätzlich als enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen dem Schädigungs"tatbestand" und der schädigenden Einwirkung im Sinne einer engen, untrennbaren Verbindung beider Tatbestandselemente ohne örtliche und zeitliche Zwischenglieder verstanden wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 14 m.w.N.). Sie betrifft eine Vorfrage der Kausalität und begrenzt den berechtigten Personenkreis (BSG a.a.O.). Ob das Opfer einer Gewalttat durch den Angriff "unmittelbar" geschädigt worden ist, beurteilt sich je nach den Umständen des Einzelfalls wertend anhand des Schutzzwecks des Gesetzes (BSG a.a.O.).
Die grundsätzliche Einschränkung, dass nur die Folgen unmittelbarer Schädigungen entschädigt werden, entfällt für den Anwendungsbereich des OEG nicht etwa deswegen, weil nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auch eine Person anspruchsberechtigt sein kann, die durch einen auf eine andere Person verübten Angriff geschädigt wird ("aberratio ictus"; BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 16). Während nach dem Recht der Kriegsopferversorgung eine gezielte Schädigung des Opfers nicht Anspruchsvoraussetzung ist, weil Personen, die durch Kampfhandlungen unbeabsichtigt mitgeschädigt werden, fraglos zum Kreis der Entschädigungsberechtigten zählen, bedarf das Recht der Gewaltopferentschädigung zur Erstreckung des gesetzlichen Schutzes auf Opfer, gegen die sich die vorsätzliche Gewalttat nicht gerichtet hat (Sekundäropfer), einer ausdrücklichen Erweiterung (BSG a.a.O.). Diese findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG (vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen "eine andere Person"). Dazu ist in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) der Bundesregierung vom 27.08.1974 (BT-Drucks. 7/2506 S. 14) sinngemäß bemerkt, die Beschränkung der Anspruchserfordernisse auf vorsätzliche Gewalttaten mache eine Ausweitung des berechtigten Personenkreises nötig. Es wurde dabei an Fälle gedacht, "in denen ein tätlicher Angriff rechtlich als fahrlässige Straftat zu werten ist, eine Entschädigung des Verletzten aber dennoch angebracht ist, weil die Handlung der Gewaltkriminalität zuzurechnen ist"; das ist zum Beispiel bei der so genannten "aberratio ictus" der Fall, wenn der Schuss des Angreifers fehlgeht und einen anderen trifft als den, auf den gezielt worden war (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.1979, 9 RVg 1/78, juris Rn. 16; s.a. BT-Drucks. 7/2506 S. 14). Grundsätzlich wird jedoch damit der Kreis der Entschädigungsberechtigten gegenüber dem Kriegsopferrecht nicht erweitert, denn auch das Opfer einer "aberratio ictus" erleidet eine Schädigung unmittelbar durch den Angriff auf einen anderen (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 16). Auf dieser Grundlage schützt § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auch sog "Sekundäropfer"; im Anschluss an die Rechtsprechung zur Kriegsopferversorgung zählen hierzu auch solche Personen, deren Schädigung und Schädigungsfolgen psychischer Natur sind (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 15). Im Ergebnis werden die psychischen Auswirkungen einer schweren Gewalttat als mit dieser so unmittelbar verbunden betrachtet, dass beide eine natürliche Einheit bilden (BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 15). Wie das BSG bereits dargelegt hat, liegt in der Anerkennung von Schockschadensopfern keine Erweiterung des Personenkreises gegenüber dem BVG, wenngleich darin ein weites Verständnis des Begriffs der Unmittelbarkeit zum Ausdruck kommt (BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 15). Eine Einbeziehung aller durch Kenntnisnahme von der Gewalttat psychisch geschädigten Personen in den Kreis der Anspruchsberechtigten würde indessen den Rahmen dieser auf dem Ausnahmetatbestand der "aberratio ictus" beruhenden Erweiterung der zu entschädigenden Fälle sprengen (BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 16). Das BSG hat den insoweit gebotenen engen Zusammenhang bejaht, wenn das Sekundäropfer am Tatort unmittelbar Zeuge der Tat gewesen ist, als der seelische Schock eintrat (zeitliche und örtliche Nähe; Eigenschaft als Augenzeuge), und es zudem aus Gründen einer sachgerechten Fassung des Schutzbereichs des OEG als erforderlich angesehen, die Unmittelbarkeit jedenfalls bei nahen Angehörigen (personale Nähe) auch dann anzunehmen, wenn eine solche Person die Nachricht von der vorsätzlichen Tötung des Primäropfers erhält und "dadurch" einen Schock erleidet, ohne dass eine Tatzeugenschaft vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 16 m.w.N.). In einem solchen (letztgenannten) Fall bildet die Nachrichtenübermittlung eine natürliche Einheit mit dem Tatgeschehen, weswegen auch der Empfänger der Nachricht von dem "besonders schrecklichen Geschehen" nicht etwa nur mittelbar, sondern - wenn auch zeitlich versetzt - unmittelbar geschädigt wird (BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 17). Denn erst der Erhalt der Nachricht von der Gewalttat gegen das Primäropfer bildet ihm gegenüber das Ende der Gewalttat (BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 17). Schockschäden hat das BSG als "ungewöhnliche Folgen besonders schrecklicher Gewalttaten" bezeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 18). Wie das BSG insoweit aber auch klargestellt hat, erfasst der Schutzbereich des Gesetzes die von Gewalttaten an ihren Angehörigen betroffenen Schockgeschädigten nicht auf Grund familiärer Beziehung, sondern infolge der tatbestandlichen Erstreckung (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 18).
Bei Sekundäropfern ist insoweit an den das Primäropfer schädigenden "Vorgang" anzuknüpfen (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 15). Sie müssen demnach "durch" Wahrnehmung dieses "Vorganges" oder eine sonstige Kenntnisnahme "davon" geschädigt worden sein (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 15 m.w.N.). Darüber hinaus müssen die psychischen Auswirkungen der Gewalttat beim Sekundäropfer bei wertender Betrachtung mit der Gewalttat so eng verbunden sein, dass beide eine natürliche Einheit bilden (BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 15).
Unter Beachtung dieser Maßgaben steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin nicht als vom Schutzbereich des OEG erfasstes sogenanntes Sekundäropfer anlässlich der gegen ihren Sohn am 30.11.2010 verübten Gewalttat anzusehen ist. Dem Beklagten ist darin beizupflichten, dass es vorliegend bereits an der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten "besonders schrecklichen Gewalttat", teilweise auch als "besonders schreckliches Geschehen" bezeichnet (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.1979, 9 Rvg 1/78, 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, und 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, m.w.N.), wie sie bei Totschlag und Mord anzunehmen ist, fehlt. Auch wenn der Senat nicht verkennt, dass die gegen den Sohn der Klägerin am 30.11.2010 verübte Gewalt, wegen der der Täter rechtskräftig wegen schwerer Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB verurteilt worden ist, bei dem Sohn der Klägerin zu schweren und bleibenden Folgen geführt hat, und die Klägerin als Mutter des Geschädigten psychisch betroffen ist, ist dies nicht geeignet, bei der Klägerin eine Anerkennung als Sekundäropfer nach dem OEG zu erreichen. Eine einem Totschlag oder Mord vergleichbare Gewalt, d.h. eine nach der Rechtsprechung des BSG zu fordernde "besonders schreckliche Gewalttat" (s.o.), stellt diese Tat - trotz ihrer für das Opfer schlimmen Folgen - nicht dar.
Unbeschadet dessen bildet die Kenntniserlangung der Klägerin am 07.12.2011 über die genauen Tatumstände der zum Nachteil ihres Sohnes am 30.11.2010 begangenen Straftat unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des OEG auch keine natürliche Einheit mit dem Tatgeschehen am 30.11.2010 selbst, welches zu diesem Zeitpunkt längst vollendet war. Auch wenn der Klägerseite insoweit Recht zu geben ist, dass es nicht auf das kumulative Vorliegen der zeitlichen, örtlichen und personalen Nähe ankommt, sondern vorliegend die personale Nähe der Klägerin als Mutter des Opfers ausreichend ist, erfasst, wie das BSG klargestellt hat (s.o.), der Schutzbereich des OEG die von Gewalttaten an ihren Angehörigen betroffenen Schockgeschädigten nicht aufgrund familiärer Beziehung, sondern infolge der tatbestandlichen Erstreckung. Die nach der Rechtsprechung auch bei Sekundäropfern erforderliche unmittelbare Schädigung, also der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Schädigungs"tatbestand" und der schädigenden Einwirkung im Sinne einer engen untrennbaren Verbindung beider Tatbestandselemente dergestalt, dass das Sekundäropfer durch Wahrnehmung dieses Vorganges oder sonstige Kenntnisnahme davon geschädigt worden ist und darüber hinaus die psychischen Auswirkungen der Gewalttat beim Sekundäropfer bei wertender Betrachtung mit der Gewalttat so eng verbunden sind, dass beide eine natürliche Einheit bilden, liegt hier nicht mehr vor. Zwar war die Klägerin unstreitig keine Tatzeugin und ist die insoweit personale Nähe der Klägerin zum Opfer als dessen Mutter ausreichend, es fehlt vorliegend aber am engen untrennbaren Zusammenhang mit dem Schädigungs"tatbestand". Der Schädigungstatbestand, d.h. die Tat gegen den Sohn der Klägerin am 30.11.2010, war insoweit an diesem Tag bereits beendet. Die Folgen dieses Geschehens waren der Klägerin auch alsbald nach der Tat bekannt. Die Klägerin befand sich insoweit am Tattag bei ihrem Sohn im Krankenhaus, der dort notoperiert worden ist, um sein Leben zu retten. Während ihrer polizeilichen Vernehmung am 16.12.2010 ist der Klägerin dann auch eröffnet worden, dass wegen des Geschehens am 30.11.2010 gegen ihren Ehemann P. K. wegen des Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener ermittelt werde. Auch wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt, aufgrund der divergierenden Angaben ihres Ex-Mannes im Rahmen der diversen Vernehmungen, die genauen Tatumstände nicht bekannt waren, so hatte sie spätestens am 16.12.2010 und damit ca. zwei Wochen nach der Tat Kenntnis, dass ihr Sohn aller Wahrscheinlichkeit nach Opfer einer Gewalttat geworden ist. Zu dem Zeitpunkt sind aber keine Schädigungsfolgen im Sinne eines Primärschadens bei der Klägerin im Rahmen einer Schockschädigung nachweisbar. Die Klägerin selbst hat insoweit im Rahmen des Beweisaufnahmetermins vor der zuständigen Berichterstatterin am 16.02.2017 ausgeführt, dass ihr erst im Verhandlungstermin vor dem Strafgericht am 07.12.2011 bewusst geworden sei, was damals am 30.11.2010 mit ihrem Kind geschehen sei, als der Sachverständige Prof. Dr. B. das Tatgeschehen an einer mitgeführten Puppe demonstriert hat. Dabei handelt es sich aber nicht mehr um die Wahrnehmung des Schädigungstatbestands selbst, sondern der genauen Tatumstände. Die Gewissheit der Tatumstände hat die Klägerin damit - ein Jahr nach der Tat - nicht mehr in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gewalttat gegen ihren Sohn betroffen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass ein Schock auch erst nach einer längeren Latenzzeit als Gesundheitsstörung manifest in Erscheinung treten kann, d.h. zunächst ein weitgehend symptomloses psychisches Trauma eintreten kann (siehe dazu auch BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 17 ff). Erforderlich ist aber (vgl. BSG a.a.O. Rn. 17) eine starke seelische Erschütterung durch ein plötzlich hereinbrechendes bedrohliches Ereignis. Dabei reicht es nicht aus, wenn es zu einer initialen Schädigung erst aufgrund von Ereignissen gekommen ist, die das Primäropfer nach Abschluss des betreffenden schädigenden Vorgangs erfasst haben (vgl. BSG, Beschluss vom 14.10.2015, B 9 V 43/15 B, juris Rn. 10; BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 8/01 R, juris Rn. 12 m.w.N.). Der Senat vermochte sich vorliegend nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin bereits am 30.11.2010 eine derartige starke seelische Erschütterung erlitten hat. Soweit die Klägerin meint, dass die psychischen Auswirkungen durch die Gewalttat bei ihr sukzessive eingetreten seien, fehlt eine entsprechende ärztliche Dokumentation. Im Rahmen des vom Senat angeforderten Fragebogens über medizinische Behandlungen hat die Klägerin keine Angaben zu sie behandelnden Ärzten gemacht. Auf weitere Nachfrage des Senats, bei welchen Ärzten sie sich in Behandlung befunden habe und noch befinde, hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich in der Zeit von November 2010 bis 2013 in Behandlung beim Psychologen Herrn F. befunden habe. Dieser hat im Rahmen des Beweisaufnahmetermins vor der zuständigen Berichterstatterin am 16.02.2017 aber angegeben, dass die Klägerin von ihm nur im Rahmen des Battered Child Konzepts der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation an der S. Klinik F-Stadt - während der stationären Aufenthalte ihres Sohnes vom 19.12.2010 bis 19.05.2011, 17.11.2011 bis 04.02.2012, 02.01.2013 bis 14.02.2013 und 28.01.2014 bis 20.02.2014 - psychotherapeutisch unterstützt und begleitet worden sei. Im Fokus stehe aber der Behandlungsauftrag für das Kind, die Angebote für die Eltern würden nur begleitend stattfinden. Bei den Angeboten für die Eltern gehe es darum, diese zu stabilisieren, um dem Kind eine Rückkehr in ein stabiles Umfeld zu ermöglichen. Eine klassische Diagnostik bei den Eltern würde nicht vorgenommen. Erst bei Anhaltspunkten für eine erhebliche psychische Belastung der Eltern würde die Neurologie hinzugezogen, um dort gegebenenfalls das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei den Eltern abklären zu können. Dieser Weg sei bei der Klägerin nicht gegangen worden. Die Klägerin befindet sich daher wegen psychischer Folgen anlässlich der Gewalttat gegen ihren Sohn vom 30.11.2010 weder in ärztlicher Behandlung noch ist bei Herrn F. eine entsprechend diesbezügliche Behandlung durchgeführt worden. 2. Auch anlässlich der Gewalttat vom 15.06.2011 (zweimalige Faustschläge gegen die Stirn) liegen bei der Klägerin - außer den vom Beklagten bereits als vorübergehend anerkannten (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG) Kopfschmerzen - keine weiteren (dauerhaften) Gesundheitsstörungen vor. Wie das SG insoweit zu Recht ausgeführt hat, sind die zweimaligen Faustschläge gegen die Stirn nicht geeignet, eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hervorzurufen. Nach F43.1 der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM), die die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland ist, ist notwendiges Kriterium für die Anerkennung einer PTBS zunächst "ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde". Ein solches Ereignis stellen die während der Autofahrt erlittenen zweimaligen Faustschläge gegen die Stirn nicht dar. Dazu, dass die Kopfschmerzen nicht bleibend waren, spricht zudem die eigene Aussage der Klägerin am 16.06.2011 im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung, wo sie angab, dass sie durch die Schläge auf den Kopf gestern starke Kopfschmerzen gehabt habe, aber darauf verzichte einen Arzt aufzusuchen, da diese heute wieder weg seien. Soweit die Klägerin weitere Gesundheitsstörungen, wie Schlafstörungen, Appetitverlust, Gedankenkreisen, vegetative Symptome wie Schweiß, Schwindel, Mundtrockenheit sowie Panikanfälle und Angstzustände beklagt, hat sie im Klageverfahren, wie das SG zutreffend ausführt, selbst angegeben, dass diese ausschließlich auf dem Umstand beruhen würden, dass ihr Sohn Opfer einer Gewalttat geworden sei. Im Übrigen hat der Beklagte im Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 zu Recht auch nur die zweimaligen Faustschläge als tätlichen Angriff i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG anerkannt. Die Drohung, jetzt alle umzubringen, kann - mangels Tätlichkeit (siehe die obigen Ausführungen zum "tätlichen" Angriff) - ebenso wenig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG anerkannt werden wie die erfolgten Beschimpfungen und Beleidigungen.
3. Mangels Vorliegens dauerhafter Gesundheitsstörungen kann auch kein GdS festgestellt werden, so dass auch eine Erhöhung eines solchen wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht kommt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt wegen zweier Gewalttaten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 eine Versorgungsrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 50 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit.
1. Nach den Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 05.11.2012 (Az. 2 Ns 240 Js 12879/10) war P. K., der Vater des gemeinsamen, am 15.09.2010 geborenen Kindes F. K. und damaliger Ehemann der Klägerin, am 30.11.2010 gegen 14:45 Uhr mit dem Kind F. K. allein in der gemeinsamen Wohnung. Aus nicht näher feststellbarem Anlass nahm Herr K., der am Tattag unter einem massiven grippalen Infekt mit Fieber erkrankt war, das Kind F. hoch und schüttelte es in einer ausholenden Bewegung zweimal so heftig, dass der ungestützte Kopf des Kindes in einer Schleuderbewegung peitschenartig hin und her flog und dabei mindestens einmal mit dem Kinn am Brustbein aufschlug. In der Gegenbewegung wurde der Kopf so weit nach hinten geschleudert, wie es die größtmögliche Überstreckung der Halswirbelsäule erlaubt hat. Durch dieses Vorgehen kam es dazu, dass bei dem Kind F. mehrere der zwischen der Hirnoberfläche und der mit dem Schädel fest verwachsenen harten Hirnhaut liegenden Brückenvenen abgerissen sind, wodurch es zu einer massiven Einblutung im Schädel kam. F. erlitt ein massives Schütteltrauma mit Subduralhämatom. Aufgrund der Heftigkeit des Schüttelns kam es auch zu einer Zugbeanspruchung an den Sehnerven und zu einer Netzhauteinblutung im linken Auge des F ... Die Verletzungen machten am 30.11.2010 eine Notoperation am Schädel des in Lebensgefahr befindlichen Kindes und im Nachgang einen bis zum 19.05.2011 dauernden stationären Aufenthalt mit einer Nachoperation und anschließenden stationären Rehamaßnahmen erforderlich. Das Handeln des Angeklagten führte bei F. zu einer geistigen Retardierung mit einem dauerhaften Entwicklungsrückstand im Sinne einer geistigen Behinderung, einer schweren Epilepsie mit atypischen Absenzen, die bis zu wenige Minuten andauern, sowie einer erheblichen Sehminderung. Aufgrund der Schädigung der Sehnerven beträgt das Sehvermögen von F. auf dem linken Auge lediglich 0,5 %, eine messbare Sehleistung am rechten Auge besteht überhaupt nicht. Eine Verbesserung dieses Zustandes ist wegen der schweren Schädigung der Sehnerven nicht zu erwarten. Weiter besteht infolge der erlittenen Verletzungen eine statomotorische Entwicklungsstörung mit der Folge, dass F. nur ungezielt rollen und weder koordiniert krabbeln noch sich an Gegenständen zum Stand hochziehen kann, es ist lediglich ein Aufrichten vom Liegen zum Sitzen möglich. Die Entwicklung einer Gehfähigkeit ist nicht zu erwarten. Eine geistige Entwicklungsstörung führt schließlich dazu, dass F. nur zu ungezielten Silbendoppelungen in der Lage ist. Seit einiger Zeit kommt es zu autoaggressiven Handlungen, in deren Rahmen F. sich selbst (unter anderem ins Gesicht) schlägt.
Am 16.12.2010 wurde die Klägerin zum Vorfall am 30.11.2010 polizeilich als Zeugin vernommen. Dabei wurde ihr mitgeteilt, dass gegen ihren Ehemann P. K. wegen des Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener ermittelt werde. Im Rahmen dieser Vernehmung äußerte die Klägerin, dass sie gegen 15:00 Uhr von P. K. einen Anruf an ihrer Arbeitsstelle bekommen habe, wobei dieser ihr mitgeteilt habe, dass F. in der Küche von der Arbeitsplatte gefallen sei und sie sich keine Sorgen machen solle, da er zwischenzeitig den Notarzt angerufen habe und dieser gleich bei ihnen sein werde. Sie habe dann einen Nachbarn gebeten, sie von ihrer Arbeitsstelle abzuholen, und sei dann zusammen mit P. K. ins Klinikum A-Stadt gefahren, wo F. zwischenzeitlich eingeliefert worden sei. Auf polizeiliche Nachfrage äußerte die Klägerin weiter, dass P. K. im Rahmen der vergangenen Woche abends, als sie auf der Couch gesessen hätten, eingeräumt habe, dass die Sache mit dem F. kein Unfall gewesen sei. Er habe geäußert, dass er mit F. auf der Couch gewesen sei und F. beim Füttern auf der Couch, wie dieser das oft getan habe, nach links gesehen habe, woraufhin P. K. den Kopf von F. nach rechts zu sich hingezogen habe. Dann habe er noch drei Züge von der Nukiflasche gemacht und sei anschließend käseweiß angelaufen und habe alle viere von sich gestreckt. Von einem Sturz von der Couch habe er nichts gesagt. Nachdem F. diese Reaktion gezeigt habe, habe er gleich den Notarzt angerufen. Die Klägerin führte dazu im Rahmen der polizeilichen Vernehmung aus, dass in der Situation, in der sie sich befunden hätten und eigentlich noch befinden würden, ihr das irgendwie "wurscht" gewesen sei. Sie stehe früh auf, gehe den ganzen Tag zur Arbeit, anschließend ins Klinikum zu F. und da sei sie ziemlich fertig. Sie müsse auch sagen, dass es in der Zeit nach dem 30.11.2010 einige Tage gegeben habe, wo absolute Lebensgefahr für F. bestanden habe.
2. Nach den weiteren Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 05.11.2012 (Az. 2 Ns 240 Js 12879/10) holte P. K. die Klägerin und F. mit seinem Pkw am 15.06.2011 gegen 14:45 Uhr in der Familienhilfeeinrichtung der G.-Stiftung in E-Stadt, in der die Klägerin mit F. damals untergebracht war, ab. Im Laufe der Autofahrt kam es zwischen der Klägerin und P. K. zu einem Disput über die derzeitige Lebenssituation der Familie, in dessen Verlauf P. K., der mit der damaligen Wohnsitznahme und den Lebensverhältnissen der Klägerin und seines Kindes in der Familienhilfeeinrichtung nicht einverstanden war, zunehmend in Rage geriet. Noch auf der B 85 im Bereich der Anschlussstelle E-Stadt/N-Stadt beleidigte er die Klägerin mit den Worten "Dir prügel ich deine Scheiße aus dem Gehirn noch raus" und schlug ihr zugleich ohne rechtfertigenden Grund wenigstens zweimal mit der rechten Faust gegen die Stirn in den Bereich des Haaransatzes, wodurch die Klägerin Schmerzen erlitt. Während der weiteren Fahrt, die über die BAB A70 auf die BAB A9 bis zur Anschlussstelle Bad B./H-Stadt führte, setzte P. K. sein Schimpfen und Fluchen fort. Auf dem Verzögerungsstreifen der genannten Anschlussstelle zog er plötzlich die Handbremse, so dass das Auto nach rechts in Richtung des Banketts ausbrach und beinahe mit einem Leitpfosten zusammenstieß. Zu einem Unfall kam es indes nicht, nachdem der Angeklagte das Fahrzeug wieder abfangen konnte. Im weiteren Verlauf der Fahrt äußerte er gegenüber seiner Ehefrau und seinem Sohn den Ausspruch "Jetzt bring ich uns alle um, dann ist endlich eine Ruhe mit dem ganzen Scheiß!"
Am 16.06.2011 stellte die Klägerin wegen dieses Vorfalls einen Strafantrag, wobei sie im Rahmen der polizeilichen Vernehmung angab, dass sie durch die Schläge auf den Kopf gestern starke Kopfschmerzen gehabt habe, aber darauf verzichte, einen Arzt aufzusuchen, da diese heute wieder weg seien. Weiter äußerte sie, dass P. K. während der Fahrt dergestalt weiter gebrüllt habe, dass er diverse Personen umbringen werde. Diese Drohungen habe sie als sehr ernst empfunden. Sie traue ihm auch solche Gewalttaten zu, da sie der Meinung sei, dass er ein sehr hohes Gewaltpotenzial habe. Momentan habe sie große Angst, dass ihr und ihrem Sohn F. von P. K. etwas angetan werden könnte, weshalb sie heute Morgen, ohne ihm etwas zu sagen, verschwunden sei. Ihre neue Wohnanschrift möchte sie nicht mitteilen.
Seit dem 15.06.2011 lebt die Klägerin von P. K. dauerhaft getrennt.
3. Am 12.09.2011 wurde P. K. wegen der Tat gegen F. vom 30.11.2010 und der weiteren Tat gegen die Klägerin vom 15.06.2011 angeklagt.
4. Am 05.10.2011 beantragte die Klägerin beim Beklagten Leistungen nach dem OEG. Dabei machte sie als gesundheitliche Schädigung eine posttraumatische Belastungsstörung geltend. Als schädigende Ereignisse bezeichnete sie die Gewalttat gegen ihren Sohn F. vom 30.11.2010 und als weitere Gewalttat einen Faustschlag von P. K. auf ihren Kopf am 15.06.2011 auf der B 85 im Auto und die Absicht der Tötung auf der B 303.
5. Am 07.12.2011 wurde P. K. vom Amtsgericht A-Stadt (Az. ) wegen der Taten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 wegen schwerer Körperverletzung im minder schweren Fall in Tateinheit mit Beleidigung, rechtlich zusammentreffend mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde.
In der diesbezüglichen Hauptverhandlung vom 07.12.2011, in der die Klägerin als Zeugin vernommen wurde, gab sie an, dass P. K., nachdem er zunächst gesagt habe, dass ihr Sohn von der Arbeitsplatte in der Küche gefallen sei, dies später dergestalt dargestellt habe, dass er nicht von der Arbeitsplatte gefallen sei, sondern er ihn auf dem Arm gehabt habe, und er ihr im weiteren, nachdem eine Vernehmung durch den Polizeibeamten W. erfolgt sei, erzählt habe, dass er F. die Milchflasche gegeben und dieser sich dabei verschluckt habe. Sie wisse auch nicht, was sie glauben solle. Im Scheidungsverfahren sei vorgetragen worden, dass P. K. F. aus dem Kinderbett genommen habe, wobei sein Kopf gefallen sein solle. Es müsse irgendwann im Juni oder Juli gewesen sein, als dieses Schreiben gekommen sei. Im Zusammenhang mit der Tat vom 15.06.2011 gab die Klägerin an, dass P. K. ihr gegenüber nicht gewalttätig gewesen sei, es aber im Jahr 2008/2009 schon einmal einen Anlass gegeben habe, wo er ihr an die Gurgel gegangen sei. Sie schätze P. K. als sehr impulsiv ein. Man müsse schon überlegen, was man sage, damit er nicht sofort hochgehe. Es könne schon passieren, dass, wenn ihm etwas nicht passe, er sehr impulsiv reagiere.
Der Sachverständige Prof. Dr. B. führte in der Hauptverhandlung vom 07.12.2011 aus, dass derartige Verletzungen, wie sie bei F. festgestellt worden seien, nicht durch ein Sturzgeschehen zu erklären seien. Zu erklären seien sie nur durch ein massives Schütteln des Jungen. Ein leichtes Schütteln reiche dabei auch nicht aus, da die Verletzungen auf eine Gegenbewegung des Gehirns aufgrund seiner Trägheit zurückzuführen seien. Der Sachverständige beschrieb dieses Schütteln so, dass der Kopf wie bei einem Peitschenhieb hin und her geworfen werden müsse. Aus dem Operationsbericht habe sich auch ergeben, dass für den Fall, dass die Notoperation nicht durchgeführt worden wäre, F. verstorben wäre, da die Blutung noch angedauert habe.
Im Urteil des Amtsgerichts A-Stadt ist weiter vermerkt, dass die Klägerin eine ruhige und sehr gefasste Aussage gemacht habe, bei Verlassen des Sitzungssaales aber zu spüren gewesen sei, welche Belastung auf der Klägerin gelegen habe, nachdem diese in Tränen ausgebrochen sei und sich zunächst nicht habe beruhigen können, so dass die Sitzung kurzzeitig habe unterbrochen werden müssen.
6. Mit rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A-Stadt vom 05.11.2012 (Az. xxx) wurde P. K. schließlich wegen der Taten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 wegen schwerer Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, dies in Tateinheit mit Beleidigung und mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
In der diesbezüglichen Hauptverhandlung, in der die Klägerin als Zeugin vernommen wurde, gab sie im Zusammenhang mit der Tat vom 15.06.2011 an, dass es schon während der Ehezeit ein- bis zweimal Situationen gegeben habe, in denen P. K. sie aufgrund normaler Streitigkeiten gewürgt oder geschlagen habe, was sie aber nicht zur Anzeige gebracht habe.
Der Sachverständige Prof. Dr. B. demonstrierte in der Hauptverhandlung anhand einer Puppe, die er mit raumgreifenden heftigen Bewegungen schüttelte, so dass der Kopf deutlich hin und her flog, die an F. verübte Gewalt.
7. Mit Bescheid vom 07.03.2012 erkannte der Beklagte bei der Klägerin in der Zeit vom 15.06.2011 bis längstens 30.06.2011 als Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG Kopfschmerzen an, wobei für diese zwischenzeitlich abgeheilte Gesundheitsstörung Anspruch auf Heilbehandlung bestehe. Die Zahlung einer Versorgungsrente werde durch diese vorübergehende Gesundheitsstörung nicht begründet. Eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens werde nicht als Schädigungsfolge anerkannt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Klägerin keine Tatzeugin bzgl. der Tat an ihrem Sohn gewesen sei, sondern erst viel später im Laufe der Ermittlungen erfahren habe, dass den Verletzungen ihres Sohnes eine Gewalttat zu Grunde gelegen habe. Aus den zeitlich späteren Erkenntnissen könne es nicht rückwirkend zum tatsächlichen Tatzeitpunkt zum Eintritt eines Schocks kommen. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen an Dritte, die nicht Tatzeugen einer Gewalttat seien, seien nicht gegeben, da hierfür zunächst ein erlittener Schockschaden durch die Überbringung einer Todesnachricht Voraussetzung wäre. Zudem gehe es hier nicht mehr um die Erkenntnis über den Vorfall (die Schädigung von F.) selbst, sondern die spätere Erkenntnis, dass der Ehemann und Vater der Täter gewesen sei. Dieser Umstand sei aber keine Gewalttat im Sinne des § 1 OEG, da die Tätereigenschaft keinen tätlichen Angriff darstelle. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Versorgung als Sekundäropfer aufgrund eines Schockschadens seien daher nicht erfüllt.
Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 zurückgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass bei Personen, die nicht als Augenzeugen von einer Gewalttat erfahren hätten, für die Anerkennung eines Schockschadens die nach dem OEG erforderliche Unmittelbarkeit nur dann anzunehmen sei, wenn es sich bei der zu Grunde liegenden Tat um eine schwere vorsätzliche Gewalttat wie Mord oder Todschlag handele. Das Kind der Klägerin habe zwar eine erhebliche Straftat erleiden müssen, die aber nicht mit einem vorsätzlichen Tötungsdelikt gleichgesetzt werden könne. Die Anerkennung eines Schockschadens sei daher nach dem Schutzzweck des OEG nicht möglich. Dazu komme, dass auch der zeitliche Ablauf einen Schock durch die eigentliche Gewalttat ausschließe. Nach den klägerischen Aussagen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens habe die Klägerin erst viel später nach der Tat am 30.11.2010 erfahren, dass es sich hierbei um eine Gewalttat gehandelt habe. Aus den zeitlich späteren Erkenntnissen könne es aber nicht rückwirkend zum tatsächlichen Tatzeitpunkt zum Eintritt eines Schocks kommen.
Dagegen hat die Klägerin am 20.06.2012 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und dabei vorgetragen, dass die Beklagtenpartei zu Unrecht eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens, die Zahlung einer Versorgungsrente und eine besondere berufliche Betroffenheit abgelehnt habe. Die Klägerin sei gelernte Arzthelferin. Das Arbeitsverhältnis sei unter Verweis auf den Vorfall und die vermeintlich fehlende Einsatzbereitschaft aufgrund der Betreuung des Sohnes gekündigt worden. Durch die tägliche Versorgung ihres Sohns sei sie ständig mit dem Vorfall befasst. Durch die Faustschläge habe sie erhebliche Schmerzen erlitten und nach dem Vorfall ca. 2 Wochen erhebliche Kopfschmerzen gehabt. Die Klägerin leide aufgrund des Vorfalls vom 15.06.2011 sowie aufgrund der gegen den gemeinsamen Sohn verübten Gewalt an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie habe Durchschlafstörungen, sei bis heute traumatisiert, weil sie die Todesnähe erlebt habe und für sie real gewesen sei, dass der Täter sie und das gemeinsame Kind umbringe. Sie befinde sich in psychologischer Betreuung bei Frau Soz.Päd B. D. und nunmehr bei Frau Soz.Päd. D.-K ... Der Schockschaden sei zu Unrecht abgelehnt worden. Die Klägerin sei durchaus Sekundäropfer, da die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf der Wahrnehmung der Tat beruhten und eine eigene Schädigung hervorgerufen hätten. Die bei der Klägerin bis heute vorliegenden mannigfachen Beschwerden wie u.a. Schlafstörungen, Appetitverlust, Gedankenkreisen, vegetative Symptome wie Schweiß, Schwindel, Mundtrockenheit sowie Panikanfälle und Angstzustände würden ausschließlich auf dem Umstand beruhen, dass der Sohn der Klägerin Opfer einer Gewalttat geworden sei.
Mit Urteil vom 27.11.2012 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin keine Versorgung aufgrund eines Schockschadens anlässlich der gegen ihren Sohn am 30.11.2010 verübten Tat zustehe. So sei die Klägerin weder Tatzeugin noch im Sinne der "Benachrichtigungsfälle" in den Schutzbereich des § 1 Abs. 1 OEG einzuordnen. Sie habe weder eine Todesnachricht oder eine Nachricht von einem vergleichbaren Verbrechen erhalten, noch habe sie diese in zeitlicher Nähe zur Tat erhalten. In voller Konsequenz habe sie die Umstände des Verbrechens vielmehr erst ein Jahr später in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht A-Stadt erfahren. Die Tat vom 15.06.2011 habe dagegen zu keiner dauerhaften Gesundheitsstörung geführt. Die von der Klägerin beklagten Schlafstörungen, Appetitverlust, Gedankenkreisen, vegetative Symptome wie Schweiß, Schwindel, Mundtrockenheit sowie Panikanfälle und Angstzustände beruhten vielmehr auf den veränderten Lebensumständen infolge der Tat vom 30.11.2010. Die in Anlehnung an ICD 10 - F 43 vorzunehmende Definition einer posttraumatischen Belastungsstörung als eine Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, habe bei der Tat vom 15.06.2011 mangels katastrophenartigen Ausmaßes nicht vorgelegen. Für die beklagten Störungen liege vielmehr infolge der Tat vom 30.11.2010 eine sichere alternative Kausalität vor. Mangels andauernder Gesundheitsstörungen infolge einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG sei auch eine mögliche berufliche Betroffenheit (§ 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz - BVG) nicht zu würdigen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung weiter vorgetragen, dass die Klägerin die Drohung des Täters im Rahmen der Autofahrt am 15.06.2011, dass er sie alle umbringen werde, ernst genommen habe und sich in Todesnähe gefühlt habe. Zu der Tat vom 30.11.2010 hat die Klägerin weiter ausgeführt, dass sie eine Kenntnis über das tatsächliche Geschehen am 30.11.2010 auch anlässlich der gegen sie erfolgten Körperverletzung am 15.06.2011 noch nicht gehabt habe. Die genauen Handlungen des Täters seien ihr anlässlich der Demonstration des Sachverständigen Prof. Dr. B. mit einer Kleinkindpuppe erstmals im Termin in der Hauptverhandlung am 22.10.2012 beim Landgericht als Berufungsgericht vorgeführt worden. Das Urteil des SG sei rechtsfehlerhaft, weil ein Sachverständigengutachten zu den bei der Klägerin vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen anlässlich beider Taten, die einen GdS einschließlich der besonderen berufliche Betroffenheit rechtfertigten, hätte eingeholt werden müssen. Das SG habe weiter eine fehlerhafte Bewertung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unmittelbarkeit vorgenommen und auf das kumulative Vorliegen der zeitlichen, örtlichen und personalen Nähe abgestellt. Zudem liege eine fehlerhafte Beurteilung der sukzessiven Kenntniserlangung der Klägerin vom Tatgeschehen vor. Die sukzessive Kenntniserlangung vom wirklichen Tatgeschehen sei nicht der Sphäre der Klägerin zuzuordnen, sondern der Tatsache, dass der Täter sich bis zur letzten Hauptverhandlung sogar beim Landgericht A-Stadt am 05.11.2012 nicht zum tatsächlichen Geschehen, wie es der Sachverständige Prof. Dr. B. festgestellt habe, eingelassen habe. Die psychischen Auswirkungen durch die Gewalttat seien bei der Klägerin ebenfalls sukzessive eingetreten. Das Erstgericht verkenne insoweit, dass Schockschäden keinen pathophysiologischen Zusammenbruch voraussetzten, etwa in Form eines deutlich nach außen sichtbaren Kreislaufkollapses oder ähnliches, der einer sofortigen medizinischen Behandlung bedürfe, sondern dass vielmehr entscheidend sei, dass das belastende Ereignis eine seelische Reaktion des Sekundäropfers von einigem Gewicht bewirke, welche sich auch sukzessive im Hinblick auf die Kenntniserlangung im Zuge der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden ergeben könne. Die psychischen Auswirkungen der beiden Gewalttaten bei der Klägerin seien zudem so eng verbunden, dass eine natürliche Einheit vorliege. Ein enger Zusammenhang sei anzunehmen.
Im Rahmen des vom Senat angeforderten Fragebogens über medizinische Behandlungen hat die Klägerin keine Angaben zu sie behandelnden Ärzten gemacht. Auf weitere Nachfrage des Senats, bei welchen Ärzten sie sich in Behandlung befunden habe und noch befinde, hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich in der Zeit von November 2010 bis 2013 in Behandlung beim Psychologen Herrn F. befunden habe. Im insoweit seitens des Senats von diesem angeforderten Befundbericht über stattgefundene Behandlungen hat dieser mit Schreiben vom 09.01.2017 mitgeteilt, dass die Klägerin im Rahmen des Battered Child Konzepts der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation an der S. Klinik F-Stadt psychotherapeutisch unterstützt und begleitet worden sei. Psychotherapeutische Unterstützung und Begleitung der Klägerin seien während der stationären Aufenthalte ihres Sohnes vom 19.12.2010 bis 19.05.2011, 17.11.2011 bis 04.02.2012, 02.01.2013 bis 14.02.2013 und 28.01.2014 bis 20.02.2014 erfolgt. Die psychotherapeutische Unterstützung und Begleitung der Eltern im Rahmen des Battered Child Konzepts ziele im Wesentlichen auf folgende Punkte ab: Stabilisierung der Eltern, Unterstützung bei der Verarbeitung der Ereignisse, Unterstützung bei der Einbindung in die Behandlungsabläufe, Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Entwicklung tragfähiger individueller, partnerschaftlicher und familiärer Zukunftsperspektiven. Alle inhaltlich mit der Klägerin besprochenen Themen hätten in den genannten Themenfeldern gelegen. Im gleichen Zusammenhang seien noch einige Gespräche mit Herrn P. K. erfolgt. Ein Befundbericht im engeren Sinne könne nicht erstellt werden, da es in Bezug auf die Klägerin keinen diagnostischen Behandlungsauftrag gegeben habe und alle Interventionen gemäß dem Battered Child Konzept auf die Stabilisierung und auf die perspektivische Ausgestaltung von F.s psychosozialem Umfeld ausgerichtet gewesen seien.
Am 16.02.2017 hat vor der zuständigen Berichterstatterin ein Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin stattgefunden, in dem Herr F. als Zeuge vernommen worden ist. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen (vgl. Bl. 160 ff der LSG-Akte) Die Klägerin hat im Rahmen dieses Termins angegeben, dass sie sich nicht mehr so genau erinnern könne, wann sie damals etwas darüber erfahren habe, wie ihr Ex-Mann ihr Kind am 30.11.2010 behandelt habe. Auf Vorhalt der im Tatbestand im SG-Urteil insoweit getroffenen Feststellungen hat die Klägerin erklärt, dass die vom SG getroffenen Feststellungen dazu, wie sie damals von den Geschehnissen am 30.11.2010 erfahren habe, schon stimmen würden. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat dazu ergänzt, dass im Verhandlungstermin vor dem Strafgericht am 07.12.2011 der Sachverständige eine Puppe dabei gehabt habe, an der er die Tat des Ex-Mannes der Klägerin vom 30.11.2010 demonstriert habe. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Klägerin dazu erklärt, dass ihr in diesem Moment bewusst geworden sei, was damals am 30.11.2010 mit ihrem Kind geschehen sei. Auf Frage der Berichterstatterin hat die Klägerin weiter erklärt, dass sie eine normale Ehe geführt habe. Gewalt oder Psychoterror sei bis auf die Tat vom 15.06.2011 gegenüber ihr nicht verübt worden. Die Klägerin hat weiter erklärt, dass sie Entschädigung nach dem OEG wegen beider Taten, der vom 30.11.2010 und 15.06.2011, begehre. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Klägerin angegeben, dass psychische Probleme bei ihr phasenweise auftreten würden. Ein bis zwei Wochen gehe es gut, dann komme z. B. beim Schauen eines Familienfilms im Fernsehen alles wieder hoch. Sie habe dann Alpträume, z. B. solche, dass sie ein Kind bekomme, dieses herunterfalle und sofort tot sei. Sie wache dann auf und weine. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Klägerin erklärt, dass sie keine Psychotherapie mache, aber immer bei Herrn F. Gespräche habe, wenn ihr Kind dort auf Reha sei. Dies sei bisher ca. viermal der Fall gewesen, zuletzt 2013. Sie habe bisher deshalb keine Psychotherapie begonnen, weil sie dann Hilfe brauche, wenn es ihr aktuell schlecht gehe und nicht erst in beispielweise zwei Wochen, wenn sie einen Termin habe. Immer dann wenn sie ihren Sohn besuche, der in einem Internat lebe, habe sie dort Gespräche beim Psychosozialen Dienst und den entsprechend geschulten Betreuern ihres Sohnes. Ihren Sohn besuche sie immer am Wochenende. Einer Arbeit gehe sie nach, weil sie es zu Hause nicht aushalte.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Bayreuth vom 27.11.2012 aufzuheben, den Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Schädigungsfolge der Gewalttaten vom 30.11.2010 und 15.06.2011 eine posttraumatische Belastungsstörung nach dem OEG anzuerkennen und der Klägerin eine Versorgungsrente nach einem GdS von mindestens 50 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass der Vorfall vom 15.06.2011, soweit es sich um einen tätlichen Angriff gehandelt habe, bereits als Gewalttat anerkannt worden sei. Die Drohung, jetzt alle umzubringen, könne dagegen nicht als Gewalttat anerkannt werden. Weitere Vorfälle, wie die Manipulation des Fahrzeuges, Beschimpfungen und Beleidigungen im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 15.06.2011 würden nicht in den Anwendungsbereich des OEG fallen. Nicht als Schockschaden anerkannt werden könne ferner das sukzessive Bekanntwerden der Schädigung des Sohnes durch P. K. und die dadurch bei der Klägerin sukzessiv eingetretenen psychischen Auswirkungen. Insoweit handele sich bei der gegen den Sohn verübten Gewalttat nicht um eine solche, die einem vorsätzlichen Tötungsdelikt gleichzustellen sei. Darüber hinaus bestehe auch kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Schädigungstatbestand und schädigenden Einwirkungen auf die Klägerin. Die Folgen der Gewalttat gegen den Sohn der Klägerin seien ihr bereits bekannt gewesen. Die gewaltsamen Umstände seien ihr dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geworden. Die Gewissheit der Tatumstände hätte die Klägerin damit nicht mehr in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gewalttat gegen ihren Sohn betroffen. Der schädigende Vorgang sei am 30.11.2010 bereits beendet gewesen. Eine Schädigung der Klägerin sollte aber frühestens im Kontext der strafrechtlichen Verhandlung gegen den Kindsvater aufgetreten sein. Darüber hinaus fehle es auch an jeglichen Feststellungen zu einer Primärschädigung und möglichen Schädigungsfolgen, was aber unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines sogenannten Schockschadens sei. Die Klägerin habe auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass sie lediglich bei Herrn F. in Behandlung gewesen sei, bei dem es sich aber um keinen Arzt handele, so dass dieser letztendlich auch keine Auskunft zu gesundheitlichen Schädigungsfolgen bei der Klägerin machen könne. Nicht ersichtlich sei auch, weshalb die Klägerin schädigungsbedingt ihrem Beruf als Krankenschwester nicht mehr nachgehen könne.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, der beigezogenen Beklagtenakte, der von der Staatsanwaltschaft A-Stadt beigezogenen Akte xxx und der vom E. beigezogenen Akte xxx Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012, mit dem der Beklagte bei der Klägerin in der Zeit vom 15.06.2011 bis längstens 30.06.2011 als Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 OEG Kopfschmerzen und diesbezüglich einen Anspruch auf Heilbehandlung anerkannt, die Zahlung einer Versorgungsrente und die begehrte Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens aber abgelehnt hat. Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 abgewiesen. Die von der Klägerin insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zutreffend hat der Beklagte als vorübergehende Gesundheitsstörung bei der Klägerin anlässlich der Gewalttat vom 15.06.2011 in der Zeit vom 15.06.2011 bis längstens 30.06.2011 Kopfschmerzen und diesbezüglich einen Anspruch auf Heilbehandlung anerkannt, die Zahlung einer Versorgungsrente und die begehrte Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens aber abgelehnt. Anlässlich der Gewalttat vom 15.06.2011 kann die Klägerin über den 30.06.2011 hinaus keine Heilbehandlung beanspruchen; die Zahlung einer Versorgungsrente steht ihr auch nicht zu, da über die seitens des Beklagten insoweit anerkannten vorübergehenden Kopfschmerzen keine weiteren Gesundheitsstörungen anlässlich dieser Gewalttat bei der Klägerin vorliegen (dazu unter 2). Zutreffend hat der Beklagte auch die von der Klägerin begehrte Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folge eines Schockschadens abgelehnt; die Klägerin ist insoweit weder als vom Schutzbereich des OEG erfasstes sogenanntes Sekundäropfer anzusehen noch steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin durch die Kenntniserlangung von der zum Nachteil ihres Sohnes verübten Gewalttat vom 30.11.2010 einen Schock erlitten hat (dazu unter 1.). Mangels Vorliegens dauerhafter Gesundheitsstörungen kann auch kein GdS festgestellt werden, so dass auch eine Erhöhung eines solchen wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht kommt (dazu unter 3.).
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Ab einem GdS von 30 erhalten Beschädigte eine monatliche Grundrente (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 OEG geht der Senat von folgenden Erwägungen aus: Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist der Senat der Auffassung, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist, obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, juris Rn. 19; BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VG 2/10 R, juris Rn. 32 m.w.N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 StGB wird der tätliche Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, juris Rn. 20 m.w.N.). Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt i.S. des § 113 Abs. 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft (BSG, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.). Damit liegt ein tätlicher Angriff nach § 1 OEG bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (vgl. BSG, Urteil vom 07.04.2011, B 9 VG 2/10 R, Rn. 35 m.w.N.), wobei sich dieser grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person auszeichnet (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 36 m.w.N.). Ein tätlicher Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor, setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen (BSG, a.a.O., Rn. 37; BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, juris Rn. 21). Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, z.B. eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines tätlichen Angriffs i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nicht aus, auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und z.B. seelische Gesundheitsschäden davonträgt (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, Rn. 22 m.w.N.). Mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll, ist nach der Rechtsprechung des BSG schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen (BSG, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.). Im Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 1/13 R, hat das BSG dies dahingehend präzisiert, dass ein tätlicher Angriff dann nicht vorliegt, wenn es an einer unmittelbaren Gewaltanwendung fehlt (dazu sogleich). Bereits im Urteil vom 14.02.2001 (B 9 VG 4/00 R) zum Phänomen des "Mobbings" hatte das BSG entschieden, dass für die Anwendbarkeit von § 1 Abs. 1 OEG ein tätlicher Angriff als eine in strafbarer (d.h. mit Strafe bedrohter) Weise unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung erforderlich ist (BSG, a.a.O., Rn. 14). Damit ist ein nicht-tätliches Vorgehen, möge dies das Opfer auch in seinem Ansehen, seiner Ehre, gesellschaftlichen Reputation und Selbstachtung attackiert und verletzt haben, nicht vom Anwendungsbereich des § 1 OEG erfasst, denn für die Anwendung des OEG ist von seinem Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 14). Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 14). Von den vor allem bei "Mobbing" in Betracht kommenden Ehrverletzungsdelikten Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§§ 185, 186, 187 StGB) kann nur die Beleidigung auch durch Tätlichkeit begangen werden; dasselbe gilt für die Nötigung (§ 240 StGB) und wird bei der Körperverletzung (§ 223 StGB) die Regel sein (BSG, a.a.O., Rn. 15). Mit neuerem Urteil vom 16.12.2014 (B 9 V 1/13 R) hat das BSG nunmehr - unter Aufgabe von alter Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 24.07.2002, B 9 VG 4/01 R) - deutlich ausgeführt, dass ein tätlicher Angriff im Sinne des § 1 OEG eine unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende, gewaltsame physische Einwirkung voraussetzt und die bloße Drohung mit einer - wenn auch erheblichen - Gewaltanwendung oder Schädigung für einen tätlichen Angriff nicht ausreicht. Danach lässt das BSG eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person auch ohne physische Einwirkung (Schläge, Schüsse, Stiche, Berührung etc.) nicht mehr bereits aufgrund der objektiven Gefährlichkeit der Situation (z.B. Drohung mit geladener Schusswaffe) für die Annahme eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs i.S. von § 1 Abs. 1 S. 1 OEG ausreichen (BSG, a.a.O., Rn. 24). Eine Einwirkung ohne den Einsatz körperlicher Mittel allein auf einer intellektuell bzw. psychisch vermittelten Beeinträchtigung, zu der das Opfer mit einer Bedrohung für Leib oder Leben zu bestimmten Handlungen bzw. Unterlassungen genötigt werden soll, stellt somit keinen tätlichen Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 S. 1 OEG dar (vgl. BSG, a.a.O., Rn, 27).
Das OEG räumt zudem grundsätzlich Ansprüche nur unmittelbar Geschädigten ein, wobei "Unmittelbarkeit" grundsätzlich als enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen dem Schädigungs"tatbestand" und der schädigenden Einwirkung im Sinne einer engen, untrennbaren Verbindung beider Tatbestandselemente ohne örtliche und zeitliche Zwischenglieder verstanden wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 14 m.w.N.). Sie betrifft eine Vorfrage der Kausalität und begrenzt den berechtigten Personenkreis (BSG a.a.O.). Ob das Opfer einer Gewalttat durch den Angriff "unmittelbar" geschädigt worden ist, beurteilt sich je nach den Umständen des Einzelfalls wertend anhand des Schutzzwecks des Gesetzes (BSG a.a.O.).
Die grundsätzliche Einschränkung, dass nur die Folgen unmittelbarer Schädigungen entschädigt werden, entfällt für den Anwendungsbereich des OEG nicht etwa deswegen, weil nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auch eine Person anspruchsberechtigt sein kann, die durch einen auf eine andere Person verübten Angriff geschädigt wird ("aberratio ictus"; BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 16). Während nach dem Recht der Kriegsopferversorgung eine gezielte Schädigung des Opfers nicht Anspruchsvoraussetzung ist, weil Personen, die durch Kampfhandlungen unbeabsichtigt mitgeschädigt werden, fraglos zum Kreis der Entschädigungsberechtigten zählen, bedarf das Recht der Gewaltopferentschädigung zur Erstreckung des gesetzlichen Schutzes auf Opfer, gegen die sich die vorsätzliche Gewalttat nicht gerichtet hat (Sekundäropfer), einer ausdrücklichen Erweiterung (BSG a.a.O.). Diese findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG (vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen "eine andere Person"). Dazu ist in der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) der Bundesregierung vom 27.08.1974 (BT-Drucks. 7/2506 S. 14) sinngemäß bemerkt, die Beschränkung der Anspruchserfordernisse auf vorsätzliche Gewalttaten mache eine Ausweitung des berechtigten Personenkreises nötig. Es wurde dabei an Fälle gedacht, "in denen ein tätlicher Angriff rechtlich als fahrlässige Straftat zu werten ist, eine Entschädigung des Verletzten aber dennoch angebracht ist, weil die Handlung der Gewaltkriminalität zuzurechnen ist"; das ist zum Beispiel bei der so genannten "aberratio ictus" der Fall, wenn der Schuss des Angreifers fehlgeht und einen anderen trifft als den, auf den gezielt worden war (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.1979, 9 RVg 1/78, juris Rn. 16; s.a. BT-Drucks. 7/2506 S. 14). Grundsätzlich wird jedoch damit der Kreis der Entschädigungsberechtigten gegenüber dem Kriegsopferrecht nicht erweitert, denn auch das Opfer einer "aberratio ictus" erleidet eine Schädigung unmittelbar durch den Angriff auf einen anderen (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 16). Auf dieser Grundlage schützt § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG auch sog "Sekundäropfer"; im Anschluss an die Rechtsprechung zur Kriegsopferversorgung zählen hierzu auch solche Personen, deren Schädigung und Schädigungsfolgen psychischer Natur sind (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 15). Im Ergebnis werden die psychischen Auswirkungen einer schweren Gewalttat als mit dieser so unmittelbar verbunden betrachtet, dass beide eine natürliche Einheit bilden (BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 15). Wie das BSG bereits dargelegt hat, liegt in der Anerkennung von Schockschadensopfern keine Erweiterung des Personenkreises gegenüber dem BVG, wenngleich darin ein weites Verständnis des Begriffs der Unmittelbarkeit zum Ausdruck kommt (BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 15). Eine Einbeziehung aller durch Kenntnisnahme von der Gewalttat psychisch geschädigten Personen in den Kreis der Anspruchsberechtigten würde indessen den Rahmen dieser auf dem Ausnahmetatbestand der "aberratio ictus" beruhenden Erweiterung der zu entschädigenden Fälle sprengen (BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 16). Das BSG hat den insoweit gebotenen engen Zusammenhang bejaht, wenn das Sekundäropfer am Tatort unmittelbar Zeuge der Tat gewesen ist, als der seelische Schock eintrat (zeitliche und örtliche Nähe; Eigenschaft als Augenzeuge), und es zudem aus Gründen einer sachgerechten Fassung des Schutzbereichs des OEG als erforderlich angesehen, die Unmittelbarkeit jedenfalls bei nahen Angehörigen (personale Nähe) auch dann anzunehmen, wenn eine solche Person die Nachricht von der vorsätzlichen Tötung des Primäropfers erhält und "dadurch" einen Schock erleidet, ohne dass eine Tatzeugenschaft vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 16 m.w.N.). In einem solchen (letztgenannten) Fall bildet die Nachrichtenübermittlung eine natürliche Einheit mit dem Tatgeschehen, weswegen auch der Empfänger der Nachricht von dem "besonders schrecklichen Geschehen" nicht etwa nur mittelbar, sondern - wenn auch zeitlich versetzt - unmittelbar geschädigt wird (BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 17). Denn erst der Erhalt der Nachricht von der Gewalttat gegen das Primäropfer bildet ihm gegenüber das Ende der Gewalttat (BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 17). Schockschäden hat das BSG als "ungewöhnliche Folgen besonders schrecklicher Gewalttaten" bezeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, juris Rn. 18). Wie das BSG insoweit aber auch klargestellt hat, erfasst der Schutzbereich des Gesetzes die von Gewalttaten an ihren Angehörigen betroffenen Schockgeschädigten nicht auf Grund familiärer Beziehung, sondern infolge der tatbestandlichen Erstreckung (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, juris Rn. 18).
Bei Sekundäropfern ist insoweit an den das Primäropfer schädigenden "Vorgang" anzuknüpfen (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 15). Sie müssen demnach "durch" Wahrnehmung dieses "Vorganges" oder eine sonstige Kenntnisnahme "davon" geschädigt worden sein (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 15 m.w.N.). Darüber hinaus müssen die psychischen Auswirkungen der Gewalttat beim Sekundäropfer bei wertender Betrachtung mit der Gewalttat so eng verbunden sein, dass beide eine natürliche Einheit bilden (BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 15).
Unter Beachtung dieser Maßgaben steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin nicht als vom Schutzbereich des OEG erfasstes sogenanntes Sekundäropfer anlässlich der gegen ihren Sohn am 30.11.2010 verübten Gewalttat anzusehen ist. Dem Beklagten ist darin beizupflichten, dass es vorliegend bereits an der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten "besonders schrecklichen Gewalttat", teilweise auch als "besonders schreckliches Geschehen" bezeichnet (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.1979, 9 Rvg 1/78, 08.08.2001, B 9 VG 1/00 R, und 10.12.2002, B 9 VG 7/01 R, m.w.N.), wie sie bei Totschlag und Mord anzunehmen ist, fehlt. Auch wenn der Senat nicht verkennt, dass die gegen den Sohn der Klägerin am 30.11.2010 verübte Gewalt, wegen der der Täter rechtskräftig wegen schwerer Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB verurteilt worden ist, bei dem Sohn der Klägerin zu schweren und bleibenden Folgen geführt hat, und die Klägerin als Mutter des Geschädigten psychisch betroffen ist, ist dies nicht geeignet, bei der Klägerin eine Anerkennung als Sekundäropfer nach dem OEG zu erreichen. Eine einem Totschlag oder Mord vergleichbare Gewalt, d.h. eine nach der Rechtsprechung des BSG zu fordernde "besonders schreckliche Gewalttat" (s.o.), stellt diese Tat - trotz ihrer für das Opfer schlimmen Folgen - nicht dar.
Unbeschadet dessen bildet die Kenntniserlangung der Klägerin am 07.12.2011 über die genauen Tatumstände der zum Nachteil ihres Sohnes am 30.11.2010 begangenen Straftat unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des OEG auch keine natürliche Einheit mit dem Tatgeschehen am 30.11.2010 selbst, welches zu diesem Zeitpunkt längst vollendet war. Auch wenn der Klägerseite insoweit Recht zu geben ist, dass es nicht auf das kumulative Vorliegen der zeitlichen, örtlichen und personalen Nähe ankommt, sondern vorliegend die personale Nähe der Klägerin als Mutter des Opfers ausreichend ist, erfasst, wie das BSG klargestellt hat (s.o.), der Schutzbereich des OEG die von Gewalttaten an ihren Angehörigen betroffenen Schockgeschädigten nicht aufgrund familiärer Beziehung, sondern infolge der tatbestandlichen Erstreckung. Die nach der Rechtsprechung auch bei Sekundäropfern erforderliche unmittelbare Schädigung, also der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Schädigungs"tatbestand" und der schädigenden Einwirkung im Sinne einer engen untrennbaren Verbindung beider Tatbestandselemente dergestalt, dass das Sekundäropfer durch Wahrnehmung dieses Vorganges oder sonstige Kenntnisnahme davon geschädigt worden ist und darüber hinaus die psychischen Auswirkungen der Gewalttat beim Sekundäropfer bei wertender Betrachtung mit der Gewalttat so eng verbunden sind, dass beide eine natürliche Einheit bilden, liegt hier nicht mehr vor. Zwar war die Klägerin unstreitig keine Tatzeugin und ist die insoweit personale Nähe der Klägerin zum Opfer als dessen Mutter ausreichend, es fehlt vorliegend aber am engen untrennbaren Zusammenhang mit dem Schädigungs"tatbestand". Der Schädigungstatbestand, d.h. die Tat gegen den Sohn der Klägerin am 30.11.2010, war insoweit an diesem Tag bereits beendet. Die Folgen dieses Geschehens waren der Klägerin auch alsbald nach der Tat bekannt. Die Klägerin befand sich insoweit am Tattag bei ihrem Sohn im Krankenhaus, der dort notoperiert worden ist, um sein Leben zu retten. Während ihrer polizeilichen Vernehmung am 16.12.2010 ist der Klägerin dann auch eröffnet worden, dass wegen des Geschehens am 30.11.2010 gegen ihren Ehemann P. K. wegen des Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener ermittelt werde. Auch wenn die Klägerin zu diesem Zeitpunkt, aufgrund der divergierenden Angaben ihres Ex-Mannes im Rahmen der diversen Vernehmungen, die genauen Tatumstände nicht bekannt waren, so hatte sie spätestens am 16.12.2010 und damit ca. zwei Wochen nach der Tat Kenntnis, dass ihr Sohn aller Wahrscheinlichkeit nach Opfer einer Gewalttat geworden ist. Zu dem Zeitpunkt sind aber keine Schädigungsfolgen im Sinne eines Primärschadens bei der Klägerin im Rahmen einer Schockschädigung nachweisbar. Die Klägerin selbst hat insoweit im Rahmen des Beweisaufnahmetermins vor der zuständigen Berichterstatterin am 16.02.2017 ausgeführt, dass ihr erst im Verhandlungstermin vor dem Strafgericht am 07.12.2011 bewusst geworden sei, was damals am 30.11.2010 mit ihrem Kind geschehen sei, als der Sachverständige Prof. Dr. B. das Tatgeschehen an einer mitgeführten Puppe demonstriert hat. Dabei handelt es sich aber nicht mehr um die Wahrnehmung des Schädigungstatbestands selbst, sondern der genauen Tatumstände. Die Gewissheit der Tatumstände hat die Klägerin damit - ein Jahr nach der Tat - nicht mehr in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gewalttat gegen ihren Sohn betroffen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass ein Schock auch erst nach einer längeren Latenzzeit als Gesundheitsstörung manifest in Erscheinung treten kann, d.h. zunächst ein weitgehend symptomloses psychisches Trauma eintreten kann (siehe dazu auch BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 1/02 R, juris Rn. 17 ff). Erforderlich ist aber (vgl. BSG a.a.O. Rn. 17) eine starke seelische Erschütterung durch ein plötzlich hereinbrechendes bedrohliches Ereignis. Dabei reicht es nicht aus, wenn es zu einer initialen Schädigung erst aufgrund von Ereignissen gekommen ist, die das Primäropfer nach Abschluss des betreffenden schädigenden Vorgangs erfasst haben (vgl. BSG, Beschluss vom 14.10.2015, B 9 V 43/15 B, juris Rn. 10; BSG, Urteil vom 12.06.2003, B 9 VG 8/01 R, juris Rn. 12 m.w.N.). Der Senat vermochte sich vorliegend nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin bereits am 30.11.2010 eine derartige starke seelische Erschütterung erlitten hat. Soweit die Klägerin meint, dass die psychischen Auswirkungen durch die Gewalttat bei ihr sukzessive eingetreten seien, fehlt eine entsprechende ärztliche Dokumentation. Im Rahmen des vom Senat angeforderten Fragebogens über medizinische Behandlungen hat die Klägerin keine Angaben zu sie behandelnden Ärzten gemacht. Auf weitere Nachfrage des Senats, bei welchen Ärzten sie sich in Behandlung befunden habe und noch befinde, hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich in der Zeit von November 2010 bis 2013 in Behandlung beim Psychologen Herrn F. befunden habe. Dieser hat im Rahmen des Beweisaufnahmetermins vor der zuständigen Berichterstatterin am 16.02.2017 aber angegeben, dass die Klägerin von ihm nur im Rahmen des Battered Child Konzepts der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation an der S. Klinik F-Stadt - während der stationären Aufenthalte ihres Sohnes vom 19.12.2010 bis 19.05.2011, 17.11.2011 bis 04.02.2012, 02.01.2013 bis 14.02.2013 und 28.01.2014 bis 20.02.2014 - psychotherapeutisch unterstützt und begleitet worden sei. Im Fokus stehe aber der Behandlungsauftrag für das Kind, die Angebote für die Eltern würden nur begleitend stattfinden. Bei den Angeboten für die Eltern gehe es darum, diese zu stabilisieren, um dem Kind eine Rückkehr in ein stabiles Umfeld zu ermöglichen. Eine klassische Diagnostik bei den Eltern würde nicht vorgenommen. Erst bei Anhaltspunkten für eine erhebliche psychische Belastung der Eltern würde die Neurologie hinzugezogen, um dort gegebenenfalls das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei den Eltern abklären zu können. Dieser Weg sei bei der Klägerin nicht gegangen worden. Die Klägerin befindet sich daher wegen psychischer Folgen anlässlich der Gewalttat gegen ihren Sohn vom 30.11.2010 weder in ärztlicher Behandlung noch ist bei Herrn F. eine entsprechend diesbezügliche Behandlung durchgeführt worden. 2. Auch anlässlich der Gewalttat vom 15.06.2011 (zweimalige Faustschläge gegen die Stirn) liegen bei der Klägerin - außer den vom Beklagten bereits als vorübergehend anerkannten (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG) Kopfschmerzen - keine weiteren (dauerhaften) Gesundheitsstörungen vor. Wie das SG insoweit zu Recht ausgeführt hat, sind die zweimaligen Faustschläge gegen die Stirn nicht geeignet, eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hervorzurufen. Nach F43.1 der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM), die die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland ist, ist notwendiges Kriterium für die Anerkennung einer PTBS zunächst "ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde". Ein solches Ereignis stellen die während der Autofahrt erlittenen zweimaligen Faustschläge gegen die Stirn nicht dar. Dazu, dass die Kopfschmerzen nicht bleibend waren, spricht zudem die eigene Aussage der Klägerin am 16.06.2011 im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung, wo sie angab, dass sie durch die Schläge auf den Kopf gestern starke Kopfschmerzen gehabt habe, aber darauf verzichte einen Arzt aufzusuchen, da diese heute wieder weg seien. Soweit die Klägerin weitere Gesundheitsstörungen, wie Schlafstörungen, Appetitverlust, Gedankenkreisen, vegetative Symptome wie Schweiß, Schwindel, Mundtrockenheit sowie Panikanfälle und Angstzustände beklagt, hat sie im Klageverfahren, wie das SG zutreffend ausführt, selbst angegeben, dass diese ausschließlich auf dem Umstand beruhen würden, dass ihr Sohn Opfer einer Gewalttat geworden sei. Im Übrigen hat der Beklagte im Bescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012 zu Recht auch nur die zweimaligen Faustschläge als tätlichen Angriff i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG anerkannt. Die Drohung, jetzt alle umzubringen, kann - mangels Tätlichkeit (siehe die obigen Ausführungen zum "tätlichen" Angriff) - ebenso wenig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG anerkannt werden wie die erfolgten Beschimpfungen und Beleidigungen.
3. Mangels Vorliegens dauerhafter Gesundheitsstörungen kann auch kein GdS festgestellt werden, so dass auch eine Erhöhung eines solchen wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht in Betracht kommt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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