L 9 R 2705/17 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3290/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2705/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. März 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 30.03.2017 ist zwar erstmals mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 13.06.2017, hier eingegangen am 14.06.2017, erhoben worden. Dieses Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten jedoch erst am 15.05.2017 zugestellt, so dass die Beschwerde innerhalb eines Monats und damit innerhalb der Beschwerdefrist (§ 145 Abs. 1 S. 2 SGG) beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingegangen ist. Die bereits am 23.05.2017 ebenfalls gegen das Urteil vom 30.03.2017 erhobene Berufung wird unter dem Aktenzeichen L 9 R 2045/17 geführt.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch sonstige Gründe für die Zulassung der Berufung vorliegen.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Vorliegend bedarf die Berufung der Zulassung. Streitgegenständlich ist hier allein die Entscheidung der Beklagten über die ursprünglich begehrten zwei Paar "ESD Komfort Maßeinlagen für Arbeitssicherheitsschuhe nach Fachberatung und indiv. Einzelabdruck und Sonderanp." (vgl. Kostenvoranschlag der S. GmbH, A., vom 19.06.2015). Nur hierüber hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren entschieden und folglich wurde nur diese Entscheidung Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens beim SG. Die Kosten für diese Maßeinlagen betragen aber lediglich 278,20 Euro, so dass der Beschwerdewert von 750,00 Euro nicht erreicht wird.

Soweit der Kläger weiter vorgetragen hat, dass bei Abnutzung der Maßeinlagen und bei gleichbleibender oder sich sogar verschlechternder gesundheitlicher Situation die Beklagte die Kosten für weitere Einlagen zur medizinischen Versorgung übernehmen müsse, sind diese (eventuell) entstehenden Kosten nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Diese eventuell zukünftig auftretenden Kosten (Ersatz oder Reparatur) sind bislang weder bei der Beklagten beantragt, noch ist ein solcher Antrag verbeschieden worden.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der weitere Vortrag des Klägers und der nun vorgelegte Kostenvoranschlag der S. GmbH vom 11.08.2017. Der Kläger begehrt danach nun zwei "Typ Bettungseinlagen BGR 191" und insgesamt vier "Schmetterlingsrollen nicht bei S 3" zu einem Preis von insgesamt 971,20 Euro. Bezüglich der nun geltend gemachten Einlagen - deren Notwendigkeit der Kläger mit einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes begründet - ist bislang aber weder ein Verwaltungs- noch ein erstinstanzliches Gerichtsverfahren durchgeführt worden, so dass auch hierüber noch keine vom Senat zu überprüfenden Entscheidung vorliegt. Dem Kläger steht es selbstverständlich frei, einen erneuten Antrag auf Übernahme der nun begehrten Maßeinlagen bei der Beklagten zu stellen.

Schließlich liegt kein Fall wiederkehrender oder laufender Leistungen für mehr als ein Jahr vor.

Das SG hat die Berufung im Urteil vom 30.03.2017 auch nicht zugelassen.

Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Berufung nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen erfüllt ist.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (Bundessozialgericht (BSG), Beschlüsse vom 30.09.1992 - 11 BAr 47/92 - und vom 30.03.2005 - B 4 RA 257/04 B -, Juris). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, d.h. die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, d.h. die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage für das betroffene Verfahren, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14.06.1984 - 1 BJ 72/84 -, Juris). Eine nach diesen Maßstäben bestehende grundsätzliche Bedeutung hat der Klägervertreter nicht dargelegt. Streitig ist die Frage der Notwendigkeit der Übernahme der Kosten für Maßeinlagen für Arbeitsschuhe. Das SG hat die Klage abgewiesen, da der Kläger die persönlichen Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Übernahme von Kosten für Maßeinlagen nicht erfüllt. Seine Erwerbsfähigkeit sei weder erheblich gefährdet noch gemindert. Der Kläger trägt hier im Wesentlichen vor, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen entgegen der Auffassung des SG ohne die begehrten Maßeinlagen in seinem Beruf als Versuchsmechaniker zumindest gefährdet sei und das SG den Tätigkeitsablauf und die notwendigen Gehstrecken nicht ausreichend gewürdigt habe. Dies betrifft aber keine klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern eine auf den Einzelfall bezogene Beurteilung von medizinischen Sachverhalten. Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26.06.1975 – 12 BJ 12/75 – Juris Rdnr. 2).

Ebenfalls liegt keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Eine solche ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Erforderlich ist, dass das SG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. BSG, Beschluss vom 27.01.1999 - B 4 RA 131/98 B -, Juris). Das SG hat hier weder in seinem Urteil vom 30.03.2017 einen solchen Rechtssatz aufgestellt, noch hat der Kläger eine Divergenz zu Entscheidungen der genannten Gerichte vorgetragen. Berufungszulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegen ebenfalls nicht vor. Ein solcher Zulassungsgrund ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann. Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen (vgl. Leitherer, a.a.O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Solche Gründe hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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