Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 13 SF 1282/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 245/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. November 2016 (S 13 SF 1282/14 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdegegners für das Verfahren S 17 AS 8042/11 auf 339,39 Euro festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Nordhausen (Az.: S 17 AS 8042/11).
Mit der im Dezember 2011 erhobenen Klage hatten die von dem Beschwerdegegner vertretene Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. Leistungen in gesetzlicher Höhe nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 begehrt (Bewilligungsbescheid vom 25. August 2011 und Bewilligungsbescheid vom 1. November 2011 (vorläufig), Widerspruchsbescheid vom 2. November 2011, Änderungsbescheide vom 26. November und 29. Dezember 2011). Des Weiteren begehrten sie die Gewährung von Ak-teneinsicht durch Übersendung der Akten der Beklagten, eine Änderung der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids sowie die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Beschwerdegegners im Widerspruchsverfahren. Mit Schriftsatz vom 19. April 2012 führte der Beschwerdegegner unter Vorlage des Verdienstnachweises (März 2012) der Klägerin zu 1. aus, die Einkommensanrechnung, insbesondere im Monat März 2012, sei rechtswidrig. Statt 610,00 Euro seien lediglich 576,36 Euro anzurechnen. Mit Beschluss 20. April 2012 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdegegner bei. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 bewilligte die Beklagte den Klägern eine Nachzahlung in Höhe von 28,55 Euro bzw. 25,09 Euro. Nach weiterer Akteneinsicht beanstandete der Beschwerdegegner die Höhe der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2. im Monat Januar 2012. Angerechnet worden sei ein fiktives Nettoeinkommen in Höhe von 850,00 Euro, tatsächlich habe er im Dezember 2011 lediglich ein Nettoeinkommen in Höhe von 677,78 gehabt. Die Beklagte erklärte daraufhin, sie habe nunmehr anhand der nachgereichten Verdienstbescheinigungen für die Monate September bis Dezember 2011 eine Neuberechnung des Einkommens aus der Erwerbstätigkeit bei dem Kläger zu 2. vorgenommen. Sie überreichte den Änderungsbescheid vom 29. Juli 2013, mit dem sie für die Kläger für den Zeitraum vom 1. bis 31. Januar 2012 eine Nachzahlung in Höhe von 106,63 Euro auswies. Mit Schriftsatz vom 12. September 2013 erklärte der Beschwerdegegner, er betrachte die durch Bescheid vom 29. Juli 2013 verfügte Nachzahlung in Höhe von 106,63 Euro als Anerkenntnis, das er annehme. Der Rechtsstreit werde in der Hauptsache für erledigt erklärt. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beantragte er eine gerichtliche Entscheidung. Mit Beschluss vom 26. September 2013 verpflichtete das SG die Beklagte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Kläger in Höhe von 50 v.H. Unter dem 16. Oktober 2013 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 204,00 Euro Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 61,20 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG 190,00 Euro Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV-RVG 74,95 Euro
Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 550,15 Euro USt Nr. 7008 VV-RVG 104,53 Euro./. Kostenvorschuss -308,81Euro Summe 345,87 Euro
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Januar 2014 (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) die dem Beschwerdegegner im Rahmen der PKH zustehende Vergütung auf 308,81 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro, Erhöhungsgebühr 1008 VV-RVG 51,00 Euro, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 49,31 Euro) fest und führte zur Begründung aus, die Verfahrensgebühr sei in Höhe der Mittelgebühr angemessen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, weil sich der Beschwerdegegner ausweislich des Inhalts der Gerichtsakte nicht besonders um die Erledigung des Rechtsstreits bemüht habe.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 29. April 2014 Erinnerung eingelegt mit der Begründung, eine Erledigungsgebühr sei in der beantragten Höhe festzusetzen. Die durch Bescheide vom 8. Oktober 2012 und 29. Juli 2013 verfügten Nachzahlungen seien jeweils als Teilanerkenntnisse betrachtet und angenommen worden. Durch die Annahme des Teilanerkenntnisses sei die Rechtssache durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt worden. Damit seien die Voraussetzungen der Nr. 1006 VV-RVG erfüllt. Des Weiteren sei die Dokumentenpauschale in der beantragten Höhe zu vergüten.
Mit Beschluss vom 12. Januar 2017 hat das SG die aus der Staatskasse zu erstattenden Ge-bühren und Auslagen auf 565,49 Euro festgesetzt und im Übrigen die Erinnerung zurückge-wiesen. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr sei eine Gebühr in Höhe von 204,00 Euro ange-messen, die Gebührenbestimmung des Beschwerdegegners bewege sich im Toleranzrahmen von 20 v.H ... Im Klageverfahren seien den Klägern mit mehreren Änderungsbescheiden weitere Leistungen bewilligt worden. Ob hierbei im Ergebnis dem Klagebegehren vollumfänglich entsprochen wurde, lasse sich nicht ohne weiteres nachvollziehen. Jedoch ergebe sich aus der Kostengrundentscheidung vom 26. September 2013, dass hierzu noch weitere Sachver-haltsaufklärung erforderlich gewesen wäre. Der Inhalt der Kostengrundentscheidung spreche dafür, dass dem Begehren der Kläger nur teilweise entsprochen wurde. In der Erledigungser-klärung des Beschwerdegegners liege daher auch eine Erledigung "im Übrigen" was die Erle-digungsgebühr auslöse. Auf die Bezeichnung durch die Beteiligten komme es nicht an. Die Voraussetzungen für die Erstattung der beantragten Dokumentenpauschale Nr. 7000 Abs. 1a VV-RVG lägen nicht vor.
Gegen den am 13. Dezember 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 19. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt, die dem Beschwerdegegner zu erstattende Vergütung auf 339,39 Euro festzusetzen. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG sei nicht entstanden. Nachdem der Klageanspruch nicht beziffert und die endgültigen Festsetzungen auch nicht angegriffen worden seien, sei nicht ersichtlich, auf welche Ansprüche die Kläger vorliegend bei der Abgabe der Erledigungserklärung verzichtet hätten, vielmehr sei diese als Klagerücknahme zu werten. Hinsichtlich der Kosten hätten sich die Beteiligten gerade nicht geeinigt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 20. Februar 2017) und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (a.F.), denn der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit war vor diesem Zeitpunkt erteilt worden. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N., nach juris) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt unter Berücksichtigung auch der Umsatzsteuer 200,00 Euro.
Die Beschwerde ist auch begründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung des Beschwerdegegners ist vom SG unzutreffend festgesetzt worden; eine Erledi-gungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG ist nicht angefallen.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte den Klägern zu 1. und 2. mit Beschluss vom 20. April 2012 PKH gewährt und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entstehung der Erledigungsgebühr setzt nach Nr. 1006 VV-RVG i.V.m. Nr. 1002 VV-RVG voraus, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Die anwaltliche Mitwirkung erfordert dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein qualifiziertes, erledigungsgerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts, das über das Maß desjenigen hinausgeht, welches bereits durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozial-rechtlichen Widerspruchs- bzw. Klageverfahren abgegolten wird (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, Az.: B 14 AS 62/12 R, m.w.N., nach juris; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012, VV 1002 Rn. 9; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 20. Aufl. 2012, VV 1002 Rn. 38, VV 1005-1007 Rn. 2). Sie liegt weder bei einer bloßen Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs vor, noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - Az.: B 1 KR 23/06; BAG, Beschluss vom 29. März 2006 - Az.: 3 AZB 69/05, beide nach juris).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners liegt unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe im vorliegenden Fall keine über die Annahme eines Anerkenntnisses hinausgehende Tätigkeit vor. Der Beschwerdegegner hat den Klageantrag der am 1. Dezember 2011 erhobenen Klage nicht beziffert. Er hat lediglich die Gewährung von Leistungen in gesetzlicher Höhe beantragt. Aufgrund seiner Ausführungen zu der fehlerhaften Anrechnung des Einkommens der Klägerin zu 1. im März 2012 und der Vorlage einer Verdienstbescheinigung hat die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 eine Nachzahlung errechnet, die der Beschwerdegegner nicht beanstandet hat. Aufgrund seiner Ausführungen zu der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2. und der Vorlage der Verdienstnachweise für September bis November 2011 hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2013 eine weitere Nachzahlung in Höhe von 106,63 Euro errechnet, die der Beschwerdegegner ebenfalls nicht beanstandet hat. Er hat vielmehr daraufhin das Anerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Insoweit liegen für eine Annahme, dass es sich hierbei lediglich um ein Teilanerkenntnis der Beklagten gehandelt habe, keine Anhaltspunkte vor. Der Beschwerdegegner hat die Bescheide der Beklagten im Übrigen nicht beanstandet. An die Ausführungen des SG im Kostenbeschluss vom 26. September 2013 ist der Senat nicht gebunden. Die Annahme des Anerkenntnisses wird mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Der Senat hält insoweit nicht an seiner Rechtsprechung fest, dass aufgrund der Nichteinigung über die Kosten des Verfahrens lediglich von einem Teilanerkenntnis auszugehen ist. Entscheidend für das Entstehen der Gebühr ist die Erledigung in der Hauptsache, die wiederum eine qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts voraussetzt, ein verbleibender Streit über die Kosten - wie hier - ist insoweit unschädlich (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2017 - L 6 SF 572/17 B, Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., Rn. 7, Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 26) und begründet nicht, dass lediglich ein Teilanerkenntnis vorliegt. Die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG, der Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG und der Post-/ Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG hat der Beschwerdeführer nicht beanstandet. Anhaltspunkte, dass diese Gebühren zu Lasten des Be-schwerdegegners niedriger festzusetzen wären, bestehen hier nicht. Zudem stünde dem der Grundsatz der reformatio in peius entgegen. Zusätzlich zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG. Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 204,00 Euro Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 61,20 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 285,20 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV- RVG 54,19 Euro Gesamtsumme: 339,39 Euro
Hierauf anzurechnen ist der Vorschuss in Höhe von 308,81 Euro, der bereits an den Be-schwerdegegner ausgezahlt wurde, sodass noch 30,58 Euro an ihn auszuzahlen sind.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Nordhausen (Az.: S 17 AS 8042/11).
Mit der im Dezember 2011 erhobenen Klage hatten die von dem Beschwerdegegner vertretene Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. Leistungen in gesetzlicher Höhe nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 begehrt (Bewilligungsbescheid vom 25. August 2011 und Bewilligungsbescheid vom 1. November 2011 (vorläufig), Widerspruchsbescheid vom 2. November 2011, Änderungsbescheide vom 26. November und 29. Dezember 2011). Des Weiteren begehrten sie die Gewährung von Ak-teneinsicht durch Übersendung der Akten der Beklagten, eine Änderung der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids sowie die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Beschwerdegegners im Widerspruchsverfahren. Mit Schriftsatz vom 19. April 2012 führte der Beschwerdegegner unter Vorlage des Verdienstnachweises (März 2012) der Klägerin zu 1. aus, die Einkommensanrechnung, insbesondere im Monat März 2012, sei rechtswidrig. Statt 610,00 Euro seien lediglich 576,36 Euro anzurechnen. Mit Beschluss 20. April 2012 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdegegner bei. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 bewilligte die Beklagte den Klägern eine Nachzahlung in Höhe von 28,55 Euro bzw. 25,09 Euro. Nach weiterer Akteneinsicht beanstandete der Beschwerdegegner die Höhe der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2. im Monat Januar 2012. Angerechnet worden sei ein fiktives Nettoeinkommen in Höhe von 850,00 Euro, tatsächlich habe er im Dezember 2011 lediglich ein Nettoeinkommen in Höhe von 677,78 gehabt. Die Beklagte erklärte daraufhin, sie habe nunmehr anhand der nachgereichten Verdienstbescheinigungen für die Monate September bis Dezember 2011 eine Neuberechnung des Einkommens aus der Erwerbstätigkeit bei dem Kläger zu 2. vorgenommen. Sie überreichte den Änderungsbescheid vom 29. Juli 2013, mit dem sie für die Kläger für den Zeitraum vom 1. bis 31. Januar 2012 eine Nachzahlung in Höhe von 106,63 Euro auswies. Mit Schriftsatz vom 12. September 2013 erklärte der Beschwerdegegner, er betrachte die durch Bescheid vom 29. Juli 2013 verfügte Nachzahlung in Höhe von 106,63 Euro als Anerkenntnis, das er annehme. Der Rechtsstreit werde in der Hauptsache für erledigt erklärt. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beantragte er eine gerichtliche Entscheidung. Mit Beschluss vom 26. September 2013 verpflichtete das SG die Beklagte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Kläger in Höhe von 50 v.H. Unter dem 16. Oktober 2013 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 204,00 Euro Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 61,20 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG 190,00 Euro Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV-RVG 74,95 Euro
Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 550,15 Euro USt Nr. 7008 VV-RVG 104,53 Euro./. Kostenvorschuss -308,81Euro Summe 345,87 Euro
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Januar 2014 (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) die dem Beschwerdegegner im Rahmen der PKH zustehende Vergütung auf 308,81 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro, Erhöhungsgebühr 1008 VV-RVG 51,00 Euro, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 49,31 Euro) fest und führte zur Begründung aus, die Verfahrensgebühr sei in Höhe der Mittelgebühr angemessen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, weil sich der Beschwerdegegner ausweislich des Inhalts der Gerichtsakte nicht besonders um die Erledigung des Rechtsstreits bemüht habe.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 29. April 2014 Erinnerung eingelegt mit der Begründung, eine Erledigungsgebühr sei in der beantragten Höhe festzusetzen. Die durch Bescheide vom 8. Oktober 2012 und 29. Juli 2013 verfügten Nachzahlungen seien jeweils als Teilanerkenntnisse betrachtet und angenommen worden. Durch die Annahme des Teilanerkenntnisses sei die Rechtssache durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt worden. Damit seien die Voraussetzungen der Nr. 1006 VV-RVG erfüllt. Des Weiteren sei die Dokumentenpauschale in der beantragten Höhe zu vergüten.
Mit Beschluss vom 12. Januar 2017 hat das SG die aus der Staatskasse zu erstattenden Ge-bühren und Auslagen auf 565,49 Euro festgesetzt und im Übrigen die Erinnerung zurückge-wiesen. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr sei eine Gebühr in Höhe von 204,00 Euro ange-messen, die Gebührenbestimmung des Beschwerdegegners bewege sich im Toleranzrahmen von 20 v.H ... Im Klageverfahren seien den Klägern mit mehreren Änderungsbescheiden weitere Leistungen bewilligt worden. Ob hierbei im Ergebnis dem Klagebegehren vollumfänglich entsprochen wurde, lasse sich nicht ohne weiteres nachvollziehen. Jedoch ergebe sich aus der Kostengrundentscheidung vom 26. September 2013, dass hierzu noch weitere Sachver-haltsaufklärung erforderlich gewesen wäre. Der Inhalt der Kostengrundentscheidung spreche dafür, dass dem Begehren der Kläger nur teilweise entsprochen wurde. In der Erledigungser-klärung des Beschwerdegegners liege daher auch eine Erledigung "im Übrigen" was die Erle-digungsgebühr auslöse. Auf die Bezeichnung durch die Beteiligten komme es nicht an. Die Voraussetzungen für die Erstattung der beantragten Dokumentenpauschale Nr. 7000 Abs. 1a VV-RVG lägen nicht vor.
Gegen den am 13. Dezember 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 19. Dezember 2016 Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt, die dem Beschwerdegegner zu erstattende Vergütung auf 339,39 Euro festzusetzen. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG sei nicht entstanden. Nachdem der Klageanspruch nicht beziffert und die endgültigen Festsetzungen auch nicht angegriffen worden seien, sei nicht ersichtlich, auf welche Ansprüche die Kläger vorliegend bei der Abgabe der Erledigungserklärung verzichtet hätten, vielmehr sei diese als Klagerücknahme zu werten. Hinsichtlich der Kosten hätten sich die Beteiligten gerade nicht geeinigt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 20. Februar 2017) und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis zum 31. Juli 2013 (a.F.), denn der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit war vor diesem Zeitpunkt erteilt worden. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N., nach juris) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt unter Berücksichtigung auch der Umsatzsteuer 200,00 Euro.
Die Beschwerde ist auch begründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung des Beschwerdegegners ist vom SG unzutreffend festgesetzt worden; eine Erledi-gungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG ist nicht angefallen.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hatte den Klägern zu 1. und 2. mit Beschluss vom 20. April 2012 PKH gewährt und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entstehung der Erledigungsgebühr setzt nach Nr. 1006 VV-RVG i.V.m. Nr. 1002 VV-RVG voraus, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Die anwaltliche Mitwirkung erfordert dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein qualifiziertes, erledigungsgerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts, das über das Maß desjenigen hinausgeht, welches bereits durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozial-rechtlichen Widerspruchs- bzw. Klageverfahren abgegolten wird (vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, Az.: B 14 AS 62/12 R, m.w.N., nach juris; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012, VV 1002 Rn. 9; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 20. Aufl. 2012, VV 1002 Rn. 38, VV 1005-1007 Rn. 2). Sie liegt weder bei einer bloßen Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs vor, noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - Az.: B 1 KR 23/06; BAG, Beschluss vom 29. März 2006 - Az.: 3 AZB 69/05, beide nach juris).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners liegt unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe im vorliegenden Fall keine über die Annahme eines Anerkenntnisses hinausgehende Tätigkeit vor. Der Beschwerdegegner hat den Klageantrag der am 1. Dezember 2011 erhobenen Klage nicht beziffert. Er hat lediglich die Gewährung von Leistungen in gesetzlicher Höhe beantragt. Aufgrund seiner Ausführungen zu der fehlerhaften Anrechnung des Einkommens der Klägerin zu 1. im März 2012 und der Vorlage einer Verdienstbescheinigung hat die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2012 eine Nachzahlung errechnet, die der Beschwerdegegner nicht beanstandet hat. Aufgrund seiner Ausführungen zu der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2. und der Vorlage der Verdienstnachweise für September bis November 2011 hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2013 eine weitere Nachzahlung in Höhe von 106,63 Euro errechnet, die der Beschwerdegegner ebenfalls nicht beanstandet hat. Er hat vielmehr daraufhin das Anerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Insoweit liegen für eine Annahme, dass es sich hierbei lediglich um ein Teilanerkenntnis der Beklagten gehandelt habe, keine Anhaltspunkte vor. Der Beschwerdegegner hat die Bescheide der Beklagten im Übrigen nicht beanstandet. An die Ausführungen des SG im Kostenbeschluss vom 26. September 2013 ist der Senat nicht gebunden. Die Annahme des Anerkenntnisses wird mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Der Senat hält insoweit nicht an seiner Rechtsprechung fest, dass aufgrund der Nichteinigung über die Kosten des Verfahrens lediglich von einem Teilanerkenntnis auszugehen ist. Entscheidend für das Entstehen der Gebühr ist die Erledigung in der Hauptsache, die wiederum eine qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts voraussetzt, ein verbleibender Streit über die Kosten - wie hier - ist insoweit unschädlich (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2017 - L 6 SF 572/17 B, Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., Rn. 7, Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 26) und begründet nicht, dass lediglich ein Teilanerkenntnis vorliegt. Die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG, der Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG und der Post-/ Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG hat der Beschwerdeführer nicht beanstandet. Anhaltspunkte, dass diese Gebühren zu Lasten des Be-schwerdegegners niedriger festzusetzen wären, bestehen hier nicht. Zudem stünde dem der Grundsatz der reformatio in peius entgegen. Zusätzlich zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale Nr. 7002 VV-RVG und die Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG. Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 204,00 Euro Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 61,20 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 285,20 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV- RVG 54,19 Euro Gesamtsumme: 339,39 Euro
Hierauf anzurechnen ist der Vorschuss in Höhe von 308,81 Euro, der bereits an den Be-schwerdegegner ausgezahlt wurde, sodass noch 30,58 Euro an ihn auszuzahlen sind.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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