S 12 KA 424/17 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 424/17 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Frist für die Einreichung einer Bewerbung nach teilweiser Entsperrung eines Planungsbereichs muss mit Datum bestimmt oder bestimmbar sein. Es reicht nicht aus, lediglich eine Frist von sechs Wochen nach Veröffentlichung zu benennen, wenn sich dem Veröffentlichungsblatt nicht das Erscheinungsdatum entnehmen lässt (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 10, juris Rdnr. 24 ff.).
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 01.06.2017 wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu 8) die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und die Gerichtskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 14.496,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses, mit dem dieser die Antragstellerin (Ast) zur vertragsärztlichen Tätigkeit für einen hälftigen Versorgungsauftrag zugelassen hat.

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Hessen öffnete mit Beschluss vom 24.11.2016 den Planungsbereich VY.Kreis für den Bereich Frauenheilkunde im Umfang eines Faktors von 0,5 und bestimmte, dass Zulassungsanträge und die hierfür erforderlichen Unterlagen gem. § 18 Ärzte-ZV innerhalb von sechs Wochen nach Veröffentlichung im Hessischen Ärzteblatt einzureichen seien. Die Veröffentlichung erfolgte in Ausgabe 01/17 des Hessischen Ärzteblatts am 02.01.2017. Auf die Ausschreibung bewarben sich die Antragstellerin, die Beigeladene zu 8) und ein weiterer Vertragsarzt mit der Absicht, eine den Umfang der Tätigkeit einer angestellten Ärztin zu erweitern. Die Antragstellerin ist seit Juni 2005 approbierte Ärztin und April 2013. Die Beigeladene zu 8) ist seit 2007 approbierte Ärztin und März 2013.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte in Hessen ließ die Antragstellerin mit Beschluss vom 04.04.2017, ausgefertigt am 16.05.2017 zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit Praxissitz in A-Stadt, A-Straße zu, beschränkt auf die Hälfte eines Versorgungsauftrags nach § 19a Abs. 1 Ärzte-ZV. Die übrigen beiden Anträge lehnte er ab. Zur Begründung führte er aus, die beiden übrigen Anträge seien bei der Auswahlentscheidung nicht zu berücksichtigen, da sie nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangen seien. Die sechswöchige Bewerbungsfrist habe am 13.02.2017 geendet. Der Antrag des weiteren Arztes sei erst am 17.02.2017 eingegangen. Der Antrag der Beigeladenen zu 8) vom 13.03.2017 sei erst nach Fristablauf am 14.03.2017 eingegangen. Die Beigeladene zu 8) habe mit am selben Tag eingegangenen Schreiben vom 14.03.2017 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Ob ein solcher Antrag bei einer behördlichen Frist überhaupt zulässig sei, könne dahinstehen, da weder Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch außergewöhnliche Umstände vorgetragen worden oder ersichtlich seien.

Die Beigeladene zu 8) legte nach mündlicher Mitteilung der Ablehnung ihres Antrags am 02.05.2017 Widerspruch ein.

Am 01.06.2017 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie trägt vor, der Widerspruch der Beigeladenen zu 8) sei ohne Erfolgsaussicht. Bei der Antragsfrist handele es sich um eine Ausschlussfrist. Beide weiteren Anträge seien daher verfristet gewesen. Zu berücksichtigen seien auch die Interessen der Versicherten. Der Erscheinungstag des jeweiligen Heftes des Hessischen Ärzteblattes könne dem Internet entnommen werden. Mit ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung habe die Beigeladene zu 8) eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie von einer Überschreitung der Antragsfrist ausgehe. Wenn sie zudem keinerlei Gründe für eine Wiedereinsetzung eingebe, sei dies als Rücknahme ihres Bewerbungsantrags zu werten.

Die Antragstellerin beantragt,
den sofortigen Vollzug des Beschluss des Zulassungsausschusses vom 04.04.2017 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Er hat zunächst vorgetragen, der Widerspruch sei bisher nicht begründet worden. Im Interesse der Versicherten müsse die Versorgungslücke geschlossen werden, was den Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertige. Eine summarische Prüfung ergebe, dass der Antrag zulässig und begründet sei. Die Frist sei am 13.03.2017 abgelaufen, der Antrag der Beigeladenen zu 8) sei erst einen Monat später eingegangen. Für eine Fristverlängerung sei nichts vorgetragen worden. Mit Schriftsatz vom 09.06.2017 führt er aus, eine nochmalige Überprüfung des Hessischen Ärzteblattes habe ergeben, dass sich diesem ein konkretes Ausgabedatum nicht entnehmen lasse. Auf der Grundlage der Hinweise des Gerichts müsse daher davon ausgegangen werden, dass auch die Bewerbung der Beigeladenen zu 8), möglicherweise auch die des weiteren Bewerbers in das Auswahlverfahren einzubeziehen sei. Nach Aktenlage sei die Auswahlentscheidung offen. Die Entscheidung des Zulassungsausschusses könne nach gegenwärtigem Verfahrensstand weder als rechtmäßig noch als rechtswidrig eingestuft werden. Der Antragstellerin könne der Ausgang des Hauptsacheverfahrens zugemutet werden. Er beabsichtige eine Terminierung für den 16.08.2017.

Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Antragsgegners angeschlossen und keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 8) ist der Auffassung, es fehle in der Ausschreibung an einer wirksamen Fristsetzung. Der Antragstellerin fehle ein materieller Anspruch, und es fehle an der Eilbedürftigkeit. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz sei nicht ersichtlich, da sie mit 20 Wochenstunden in einer allgemeinmedizinischen Praxis als Weiterbildungsassistentin beschäftigt sei. Sie sehe auch keinen Bedarf für die Stadt A Stadt. Das Konzept der Antragstellerin sei nicht schlüssig. Sie sei aufgrund ihrer wissenschaftlichen Publikationen, Lehraufträge, Zusatzqualifikationen und beruflichen Eignung besser qualifiziert. Eine Widerspruchsbegründung habe sie bisher nicht vorgelegt, weil ihr die beantragte Akteneinsicht bisher nicht gewährt worden sei.

Sie beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich zum Verfahren nicht geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 02.06.2017 die Beiladung ausgesprochen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 04.04.2017 ist zulässig. Soweit das Gericht eine vergleichsweise Einigung vorgeschlagen hat und die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 19.06.2017 vorträgt, sie hätte dem Vergleichsvorschlag zugestimmt, wenn nicht der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1) diesen bereits abgelehnt hätten, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nicht, da aufgrund der Haltung des Antragsgegners und die Beigeladenen zu 1) ein Vergleich nicht zustande gekommen ist. Deren "Wunsch" nach einer gerichtlichen Entscheidung ist von der Kammer nicht zu kommentieren.

Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 04.04.2017 ist aber unbegründet.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben. Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 und 4, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (§ 86a Abs. 1 SGG). In Angelegenheiten des Antragsgegners entfällt die aufschiebende Wirkung nicht (vgl. § 86a Abs. 2 und 4 SGG). Das Gesetz ordnet vielmehr ausdrücklich die aufschiebende Wirkung an (§ 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Eine sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses ist nicht angeordnet worden.

Es ist davon auszugehen, dass der Zulassungsbeschluss rechtswidrig ist. Von daher kommt die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht in Betracht.

Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs. 2 i. V. m. § 103 Abs. 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Ärzte-ZV und des § 26 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung in der Neufassung vom 20.12.2012, veröffentlicht im Bundesanzeiger AT vom 15.03.2017, B2, in Kraft getreten am 16.03.2017 (im Folgenden: BedarfsplRL).

Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuss nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen (§ 103 Abs. 1 SGB V). Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind (§ 103 Abs. 3 SGB V).

Der Landesausschuss hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliegt. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Hierbei sind die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen (§ 16b Abs. 1 Ärzte-ZV). Stellt der Landesausschuss fest, dass eine Überversorgung vorliegt, so hat er mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse nach Maßgabe des § 103 Abs. 2 SGB V Zulassungsbeschränkungen anzuordnen (§ 16b Abs. 2 Ärzte-ZV). Entfallen die Voraussetzungen, so hat der Landesausschuss mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben (§ 16b Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV). Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen (§ 16b Abs. 4 Ärzte-ZV). Kommt der Landesausschuss nach einer erstmaligen Feststellung von Überversorgung aufgrund der weiteren Entwicklung und seiner Prüfung zu der Folgerung, dass Überversorgung nicht mehr besteht, so ist der Aufhebungsbeschluss hinsichtlich der Zulassungsbeschränkungen mit der Auflage zu versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BedarfsplRL).

Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuss durch Beschluss. Wegen Zulassungsbeschränkungen kann ein Antrag nur dann abgelehnt werden, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren (§ 19 Abs. 1 Ärzte-ZV). Nur dann, wenn bei Antragstellung die Anordnung der Zulassungsbeschränkung angeordnet war, kann, von besonderen Konstellationen abgesehen, die hier nicht vorliegen, die Zulassung verweigert werden (vgl. BSG, Urt. v. 17.10.2007 - B 6 KA 45/06 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 4, juris Rdnr. 10 u. 19).

Der Beschluss des Landesausschusses ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen (§ 26 Abs. 4 Nr. 1 BedarfsplRL). Der Landesausschuss ist berechtigt, nach der Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen eine Frist für Zulassungsanträge zu setzen. Eine Frist mit zwei Monaten ist ausreichend bemessen. § 26 Abs. 4 Nr. 2 BedarfsplRL sieht eine Frist von in der Regel sechs bis acht Wochen vor, in der der vollständige - Zulassungsantrag eingegangen sein muss, die aber nur im Falle einer Unterversorgung unterschritten werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 10, juris Rdnr. 19). Es handelt sich um eine behördliche Ausschlussfrist, die klar und eindeutig für den potentiellen Adressatenkreis bestimmbar sein muss. Daran fehlt es, wenn in der Ausschreibung weder ein festes Anfangs- oder Enddatum der Frist genannt wird noch ein solches mit hinreichender Sicherheit etwa als Erscheinungsdatum des Veröffentlichungsorgans zu entnehmen ist. Eine Bezugnahme auf das Veröffentlichungsdatum setzt voraus, dass das Datum der Veröffentlichung im Publikationsorgan ohne weiteres erkennbar ist. Auf das tatsächliche Erscheinen kann mangels eindeutiger Bestimmbarkeit nicht abgestellt werden. Bei fehlender wirksamer Fristsetzung darf ein Antrag nicht als verspätet behandelt werden (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 10, juris Rdnr. 24 ff.). Ist die Bewerbungsfrist fehlerhaft und damit unwirksam, ist die zugunsten des Konkurrenten ergangene Entscheidung des Berufungsausschusses jedenfalls dann zur Neubescheidung aufzuheben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null auszuschließen ist (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 10, juris Rdnr. 28). Bei Fristversäumnis der behördlich gesetzten Ausschlussfrist kann die Frist nach § 26 Abs. 7 SGB X verlängert werden. Im formalisierten Zulassungsverfahren soll aber nach dem BSG eine Verlängerung der Antragsfrist im Hinblick auf den Gleichbehandlungsanspruch der potentiellen Bewerber einerseits und das Interesse an einer funktionsfähigen vertragsärztlichen Versorgung andererseits regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn außergewöhnliche Umstände vorgetragen oder ersichtlich sind. Erfolgt ausnahmsweise eine Verlängerung der Bewerbungsfrist, ist diese wiederum in derselben Weise zu veröffentlichen wie die erste Fristsetzung (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 10, juris Rdnr. 24 f.). Dies ist insofern nicht zwingend, als die außergewöhnlichen Umstände nicht bei allen Bewerbern vorgelegen haben werden. Die Verlängerungsmöglichkeit nach § 26 Abs. 7 SGB X eröffnet vielmehr die Möglichkeit, im Einzelfall einen Bewerber trotz Versäumnis der Bewerbungsfrist in der Auswahlentscheidung noch zu berücksichtigen. Eine allgemeine Verlängerung der Bewerbungsfrist mit erneuter Veröffentlichung, was einer weitgehenden Neuausschreibung gleichkommt, dürfte nur in Betracht kommen, wenn die außergewöhnlichen Umstände ersichtlich auch andere potentielle Bewerber abgehalten haben können.

Der Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Hessen vom 24.11.2016 für den Planungsbereich VY.Kreis für den Bereich Frauenheilkunde nennt keine mit Datum bezeichnete Frist für Bewerbungen, sondern setzt zur Einreichung der Bewerbung lediglich eine Frist von sechs Wochen nach Veröffentlichung im Hessischen Ärzteblatt. Dem gesamten Hessischen Ärzteblatt (hier nach der Internetveröffentlichung: https://www.laekh.de/images/Hessisches Aerzteblatt/2017/01) kann ein Erscheinungsdatum nicht entnommen werden. Die von der Antragstellerin eingereichte Seite "Anzeigenservice" lässt eine eindeutige Bestimmung nicht zu. Der Seite kann nicht entnommen werden, wann das tatsächliche Erscheinungsdatum ist bzw. dass wohl die Zusendung zwei Wochen nach dem 23.12.2016 erfolgt. So geht der Zulassungsausschuss vom Erscheinen am 02.01.2017 aus. Eine eindeutige Bestimmbarkeit ist damit nicht gegeben. Auch erschließt sich für den Leser nicht ohne weiteres die Seite "Anzeigenservice". Von daher fehlt es an der Bestimmbarkeit der Frist. Dies führt dazu, dass es an einem wirksamen Ende der Ausschlussfrist fehlt. Auf die Einschätzung der Beigeladenen zu 8), die Antragsfrist versäumt zu haben, kommt es nicht an.

Im Ergebnis hätte der Zulassungsausschuss die Bewerbung der Beigeladenen zu 8) in seine Entscheidung einbeziehen und eine Auswahlentscheidung treffen müssen. Gründe für eine Ermessensreduzierung auf Null bei der Auswahlentscheidung sind nicht erkennbar.

Im Rahmen einer aufgrund der offenen Auswahlentscheidung vorzunehmenden Interessenabwägung besteht kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin für eine sofortige Vollziehung. Auch die Bedarfslage ist nicht so beschaffen, dass nicht eine Entscheidung des Antragsgegners abgewartet werden könnte.

Nach allem war der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, juris Rdnr. 44).

Die Beigeladene zu 8) hat einen Antragsabweisungsantrag gestellt und sich zur Sache entsprechend geäußert. Von daher besteht für sie ein Kostenerstattungsanspruch.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

In Zulassungsangelegenheiten ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Streitwert in der Regel in Höhe der dreifachen Jahreseinnahmen abzüglich der durchschnittlichen Praxiskosten in der jeweiligen Behandlergruppe festzusetzen (vgl. BSG, Beschl. v. 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 RSozR 4-1920 § 52 Nr. 1, juris, BSG, Beschl. v. 26.09.2005 - B 6 KA 69/04 B – und BSG, Beschl. v. 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 BMedR 2006, 236 = ZMGR 2005, 324, juris). Für das einstweilige Anordnungsverfahren ist von dem Zeitraum bis zu einer Entscheidung des Antragsgegners – hier ca. drei Monate – auszugehen.

Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) beliefen sich die Durchschnittshonorare der Gynäkologen im Jahr 2016 wie folgt: Quartal Honorar in EUR
I/16 58.767
II/16 59.625
III/16 57.515
IV/16 56.025
Gesamt 231.932

Für drei Jahre ergibt dies einen Umsatz von 695.796 EUR: Abzüglich einer geschätzten Unkostenquote von 50 % verbleiben 347.898 EUR, für einen hälftigen Versorgungsauftrag noch 173.959. Für drei Monate ist von einem Umsatz in Höhe von 14.496 EUR auszugehen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
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