Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 4531/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2067/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.04.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 in Höhe von 78,25 EUR täglich.
Der 1967 geborene Kläger war bei der D. AG als Mechaniker im Crashumbau sozialversicherungspflichtig be¬schäftigt und wegen dieser Beschäftigung bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ab dem 07.06.2016 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und bezog zunächst vom 07.06. bis 18.07.2016 Entgeltfortzahlung und ab dem 19.07.2016 Krankengeld. Insoweit übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 05.07.2016 die Informationsbroschüre "D. B. - Entgeltfortzahlung und Krankengeld", welche u.a. den Hinweis enthielt, dass der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit binnen 1 Woche bei der Beklagten vorliegen müsse. Mit Schreiben vom 25.07.2016 teilte die Beklagte dem Kläger darüber hinaus u. a. mit, dass er Krankengeld erhalte, sobald er ihr, der Beklagten, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) ab der 7. AU-Woche vorlege.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. H. attestierte unter dem 14.09.2016 eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 14.09.2016 bis zum 28.09.2016 unter Nennung der Diagnose M.17.1 (sonstige primäre Gonarthrose). Die AU-Bescheinigung ging bei der Beklagten am 19.09.2016 ein. Dr. H. stellte sodann am 28.09.2016 unter Angabe derselben Diagnose eine weitere AU-Bescheinigung hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit vom 28.09.2016 bis zum 09.11.2016 aus. Die für die Beklagte vorgesehene Mehrfertigung ging dort ausweislich der Verwaltungsakte am l8.10.2016 ein. Einen Hinweis auf § 49 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) enthielt die Mehrfertigung nicht.
Mit Bescheid vom 19.10.2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die AU-Bescheinigung für diesen Zeitraum erst am 18.10.2016 bei ihr eingegangen sei. Für eine rechtzeitige Meldung hätte sie die Be¬scheinigung bis zum 06.10.2016 erhalten müssen. Somit ruhe der Anspruch des Klägers auf Krankengeld in der fraglichen Zeit.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 10.11.2016 Widerspruch. Er trug vor, er habe die AU-Bescheinigung der Beklagten rechtzeitig zugesandt. Er habe von seinem Arzt drei Ausfertigungen der Bescheinigung erhalten. Eine habe er noch am gleichen Tag bei seinem Arbeitgeber abgegeben, die weitere für die Krankenkasse bestimmte Ausfertigung habe seine Ehefrau kuvertiert und zur Post gegeben. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb die AU-Bescheinigung erst am 18.10.2016 bei der Beklagten eingegangen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2016 zurück. Der Anspruch auf Krankengeld habe geruht, solange ihr die Arbeitsunfähigkeit nicht gemeldet worden sei. Das gelte nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolge. Der Kläger habe die gesetzliche Frist von einer Woche überschritten. Wenn er angebe, er habe die Bescheinigung rechtzeitig per Post abgeschickt, liege kein nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wichtiger Grund vor, der eine verspätete Einreichung der AU-Bescheinigung entschuldigen könne.
Der Kläger verfolgte sein Begehren mit seiner am 27.12.2016 erhobenen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) fort. Er vertiefte seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Für die am 29.09.2016 erfolgte Absendung der AU-Be¬scheinigung habe seine Ehefrau den von der Beklagten zur Verfügung gestellten Rückumschlag verwendet. Nach den Veröffentlichungen der D. P. AG würden Post¬sendungen üblicherweise am nächsten Arbeitstag zugestellt. Sollte die Postsendung tatsächlich erst am 18.10.2016 bei der Beklagten eingegangen sein, so könne ihm diese Verzögerung im Postlauf nicht zur Last gelegt werden, da er hierauf keinen Einfluss habe. Ihm könne insbesondere nicht zugemutet werden, die Beklagte in anderer Form zusätzlich zu informieren. Telefonische Mel¬dungen würden nicht akzeptiert. Abgesehen davon habe er, indem er die AU-Bescheinigung seinem Arbeit¬geber habe zukommen lassen, auch seine Verpflichtungen gegenüber der Beklagten er¬füllt. Es handele sich um die Betriebskrankenkasse des Arbeitgebers. Obwohl eine rechtliche Unabhängigkeit bestehe, liege dennoch eine tatsächliche Verbindung vor. Schließlich würden die für die Krankenkassen bestimmten Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen üb¬licherweise direkt vom Arzt an die Krankenkassen übersandt. Dies sei bei der Beklagten als Be¬triebskrankenkasse nicht der Fall. Dadurch aber werde ungerechtfertigt das Risiko einer Verzö¬gerung durch die Übermittlung der Bescheinigung einseitig auf ihn überlagert.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Mit Urteil vom 12.04.2017 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2016 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger für dem Zeitraum vom 29.09.2016 bis 17.10.2016 Krankengeld in Höhe von 78,25 EUR täglich zu gewähren. Der Anspruch habe nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geruht. Nach dieser Vorschrift ruhe der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet werde; dies gelte nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähig¬keit erfolge. Daraus folge grundsätzlich, dass der Versicherte binnen Wochenfrist die Arbeitsun¬fähigkeit seiner Krankenkasse zu melden habe und dass die Folgen der verspäteten Meldung von ihm zu tragen seien, selbst wenn ihn kein Verschulden an der verspäteten Anzeige treffe (st. Rspr. des BSG, zul. Urteil vom 08.02.2000, - B 1 KR 11/99 R -, in juris), so dass sich der Kläger vorliegend nicht auf verlängerte Postlaufzeiten berufen könne. Ausnahmsweise gelte jedoch etwas anderes, wenn die verzögerte Meldung der Arbeitsunfähigkeit auf Umständen beruhe, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem Versi¬cherten zuzurechnen seien. Letzteres sei für den Fall angenommen worden, dass der die Arbeitsunfähigkeit feststellende Vertragsarzt bei einem Versicherten, der ,wie der Kläger, Anspruch auf Lohnfortzahlung habe, der Krankenkasse die AU-Bescheini¬gung nicht übermittle (BSG, Urteil vom 28.10.1981, - 3 RK 59/80 -, in juris). § 5 Abs. 1 Satz 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) (früher § 3 Abs. 1 Satz 3 Lohnfortzahlungsgesetz - LFZG) bestimme insoweit, dass die ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten müsse, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Anga¬ben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt werde. Ent¬sprechend hätten die früheren Vordruckvereinbarungen der Parteien der Bundesmanteltarifverträge der Ärzte (BMV-Ä) (vgl. dazu BSG a.a.O. S. 13) vorgesehen, dass die Bescheinigung für den Ar¬beitgeber den vorgeschriebenen Vermerk des Kassenarztes enthalten müsse, dass eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich der Krankenkasse übersandt werden müsse. Hieraus sowie aus den früher geltenden ergänzenden Bestimmungen des BMV-Ä, wonach die Kassenärzte dem Vertrau¬ensärztlichen Dienst diejenigen Auskünfte erteilen müssten, die dieser zur Durchführung seiner gesetzli¬chen Aufgaben benötige (§ 12 Abs. 5 BMV-Ä i.d.F. vom 01.01.1970; § 21 Abs. 7 BMV-Ä i.d.F. vom 01.07.1978), sei geschlossen worden, dass dem Versicherten mit Anspruch auf Lohnfortzah¬lung die Verpflichtung abgenommen worden sei, der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit zu melden (BSG a.a.O., a.A. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2015, - L 5 KR 5457/13 -, in juris). Allerdings sehe die hier maßgebliche 37. Änderungsvereinbarung zum Bundesmanteltarifvertrag für die Ersatzkassen die Vordruckvereinbarung unter Geltung des SGB V nicht mehr vor, wonach die Bescheinigung für den Arbeitgeber (Vordruck Muster 1 b) den Vermerk des Arztes über die unverzügliche Versendung der Bescheinigung über die Arbeitsun¬fähigkeit an die Krankenkasse aufweisen müsse. Dafür enthalte nunmehr der für die Versicherten be¬stimmte Vordruck (Muster 1 c) den Hinweis, dass "bei verspäteter Vorlage der Bescheinigung bei der Krankenkasse oder lückenhaftem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit Krankengeldverlust droht". Entsprechend würden Bescheinigungen für die Krankenkassen häufig von den Kassenärzten den Versicherten mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgehändigt. Diese veränderte Pra¬xis vermöge jedoch an dem Umstand nichts zu ändern, dass die Meldepflicht, soweit § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG Anwendung finde, dem Versicherten abgenommen und das Verspätungsrisiko der Sphäre der Krankenkasse zuzurechnen sei (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2003 - L 16 KR 159/02, LSG Bremen, Urteil vom 17.06.1999 - L 2 KR 2/99 - beide in juris; vgl. auch das die dagegen gerichtete Revision als unzulässig verwerfende Urteil des BSG vom 28.02.2000 - B 1 KR 8/99 R -, in juris; a.A. LSG Rheinland Pfalz Urteil vom 27.07.1999 - L 5 KR 1/99 -, in juris). § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG begründe, wenn auch in erster Linie im Interesse des Arbeitgebers, die Verpflichtung des Vertragsarztes zur Übersendung der Be¬scheinigung an die Krankenkasse. Dieser gesetzlichen Verpflichtung könne er sich nicht dadurch entziehen, dass er die Bescheinigung dem Versicherten aushändige und der Arbeitgeber infolge des fehlenden Vermerks nunmehr ggf. bei Zweifelsfällen selbst tätig werden müsse. Die Ver¬tragsparteien des BMV bzw. der Vordruckvereinbarung seien ebenso wenig befugt, durch die Vereinbarung entsprechend abgeänderter Vordrucke die Verpflichtung aus § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG zu unterlaufen. Dabei sei zu beachten, dass auch § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V be¬stimme, dass die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleite¬ten Einrichtungen verpflichtet seien, in dem Abschnitt der AU-Bescheinigung, den die Krankenkasse erhalte, die Diagnosen aufzuzeichnen und zu übermitteln. Damit sei die Über¬mittlungspflicht ausdrücklich dem Arzt auferlegt worden. Da der Versicherte aber nicht als sein Bote tätig werde, verletze der Vertragsarzt daher bei Übergabe der Bescheinigung an diesen seine Pflichten, was der Krankenkasse als Vertragspartner des Kassenarztes zuzurechnen sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Versicherte aufgrund des Hinweises auf dem für ihn bestimmten Vordruck erkennen könne, dass die Bescheinigung der Krankenkasse ohne seine Übermittlung nicht zugehe. Zunächst knüpfe § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ohnehin nicht an die Vor¬lage der AU-Bescheinigung an, sondern stelle auf die verspätete Meldung der Ar¬beitsunfähigkeit ab, so dass die Meldung auch anders als durch Vorlage der Bescheinigung - wenn dies auch der regelmäßige Weg sein werde -, etwa fernmündlich erfolgen könne (allgemeine Meinung; vgl. etwa Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Rdn. 51 zu § 49 SGB V). Der Versicherte könne daher allein aufgrund der Aushändigung der für die Krankenkasse bestimmten Bescheinigung nicht erkennen, ob die Krankenkasse nicht gleich¬wohl durch den Kassenarzt über die Arbeitsunfähigkeit unterrichtet worden sei. Zudem sei der auf dieser Bescheinigung enthaltene Vermerk bezüglich des Krankengeldverlustes bei verspäte¬ter Vorlage, unklar. Abgesehen davon, dass die verspätete Vorlage nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht erheblich sei, sei diesem Vermerk weder zu entnehmen, welche Dauer der Verzögerung maßgeblich sei, noch dass je nach dem Zeitpunkt der verspäteten Meldung der Krankengeldausschluss zwingend sei. Der Kläger sei mithin nicht verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit selbst der Beklagten zu mel¬den. Das Versäumnis des Vertragsarztes sei der Beklagten zuzurechnen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 28.04.2017 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 24.05.2017 zum LSG Baden-Württemberg erhobene Berufung der Beklagten. Nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V müsse die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden habe. Die Meldepflicht sei auf den konkreten Leistungsfall bezogen und solle gewährleisten, dass die Kasse über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt werde, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolges und zur Wiederherstellung der Arbeitsunfähigkeit einleiten zu können (§ 275 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handele es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung seien deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. In dem Zusammenhang komme die Ausschlussregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zur Anwendung. Das BSG habe deshalb in ständiger Rechtsprechung die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben gewesen seien und dem Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden könne (vgl. etwa: BSG, Urteil vom 24.06.1969, - 3 RK 64/66 -, in juris - Verlust einer rechtzeitig aufgegebenen AU-Bescheinigung auf dem Postweg). Selbst wenn man eine Verpflichtung des Arztes zur Vorlage der AU-Bescheinigung annehmen würde, wäre dies nur dann relevant, wenn die unterbliebene Vorlage durch den Arzt ihr, der Beklagten, zuzurechnen wäre. Eine entsprechende normative Zurechnung finde sich nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.04.2017 aufzuheben und die Klage abzu- weisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zutreffend habe das SG der Klage stattgegeben. Auf das Urteil und den bisherigen Vortrag sei Bezug zu nehmen. Im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG sei die Meldepflicht dem Versicherten abgenommen und das Verspätungsrisiko der Sphäre der Krankenkasse zuzurechnen. Grund¬lage hierfür sei die Verpflichtung des Vertragsarztes, die Krankenkasse über die Krankheit des Versicherten zu informieren. Dieser Verpflichtung könne sich auch die Beklagte nicht entziehen. Insbesondere sei es nicht möglich, dass die Beklagte bzw. der Vertragsarzt, der auf Kranken¬schein behandele, diese Verpflichtung auf den Versicherten überleite. Ebenfalls nicht übergeleitet werden könne das Risiko einer verzögerten Beförderung. Es sei zwar richtig, dass die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten bei jeder erneuten Inan-spruchnahme des Krankengeldes angezeigt werden müsse. Die Möglichkeit, die Ansprüche zu überprüfen, sei jedoch unabhängig von der Person, die schlussendlich die AU-Bescheinigung übersende. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beklagten handele es sich bei der Meldung der Arbeits¬unfähigkeit nicht um eine Obliegenheit des Versicherten. Der Versicherte begebe sich im Falle der gesetzlichen Krankenversicherung zu einem Vertragsarzt, der für die Krankenversicherung tätig werde. Wie vom SG richtig ausgeführt, sei daher auch der Vertragsarzt zur korrekten und rechtzeitigen Meldung verpflichtet. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang im Übrigen noch auf die Tatsache, dass in dem hier vorliegen¬den Falle keine Erstmeldung, sondern eine Folgemeldung vorliege. Bei Folgemeldungen seien die von der Beklagten angesprochenen Gefahren des Missbrauches wesentlich geringer. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass einem Versicherten, der sich korrekt verhalte, das Beförderungsrisiko nicht aufgebürdet werden könne. Bei der Übersendung einer Krankmeldung handele es sich um eine Schickschuld. Der Versicherte habe daher, sobald er die Meldung in den Briefkasten geworfen habe, seine Verpflichtung zur Information der Krankenver¬sicherung erfüllt. Auf die späteren Beförderungswege habe er keinerlei Einfluss. Schon alleine durch die Tatsache, dass er die Krankmeldung rechtzeitig abgesandt habe, stehe das korrekte Verhalten des Versicherten fest. Ihm, dem Kläger, könne auch nicht zugemutet werden, die Meldung in einer anderen Form vorzuneh¬men. Zu bedenken sei in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte, speziell zur Übersendung der Krankmeldungen, einen voradressierten Umschlag zur Verfügung gestellt habe. Im Übrigen sei es dem Kläger nicht zuzumuten, die Krankmeldungen vorab telefonisch durchzugeben oder aber am elektronischen Postverkehr teilzunehmen.
Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 20.09.2017 haben die Beteiligten das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte Berufung der Beklagten ist, nachdem Krankengeld für weitere 19 Tage bei einem kalendertäglichen Nettobetrag von 78,25 EUR mithin i.H.v. 1.486,75 EUR im Streit steht, womit der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR überschritten ist, zulässig.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Der Krankengeld ablehnende Bescheid der Beklagten vom 19.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das entgegenstehende Urteil des SG war daher aufzuheben.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krankengeld sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen nach Maßgabe des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krankengeld die ärztliche Feststellung voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kommt lediglich die Bedeutung einer gutachterlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkassen und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 18/04 R, in juris).
Im streitigen Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 war der Kläger zur Überzeugung des Senats arbeitsunfähig. Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit wird von der Beklagten nicht angezweifelt und ergibt sich im Übrigen aus der AU-Bescheinigung des Dr. H. vom 28.09.2016. Der Kläger war krankheitsbedingt nicht in der Lage, seinen noch bestehenden Arbeitsplatz im o.g. Zeitraum auszufüllen. Vor der Erkrankung war der Kläger als Mechaniker in der Crashvorbereitung tätig. Im Rahmen der Tätigkeit musste der Kläger mit den Händen und Füßen eine körperlich anstrengende Arbeit ausführen. Insbesondere war seine Tätigkeit durch Bücken, Knien, Liegen, Heben und Tragen von schweren Lasten gekennzeichnet. Wegen der Erkrankung war das gesamte Bein des Klägers in einer festen unbeweglichen Schiene fixiert. Das Bein konnte im streitigen Zeitraum nicht belastet werden, da der Schenkelknochen bei der vorhergehenden Operation durchtrennt worden war und der Knochen erst wieder zusammenwachsen musste. Das Bein war damit vollkommen instabil. Dementsprechend war dem Kläger auch das Autofahren bis Juni 2017 untersagt. Seine bisher ausgeübte Tätigkeit als Mechaniker war ihm nicht möglich.
Vorliegend steht dem geltend gemachten Anspruch in dem vom SG zuerkannten Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 jedoch § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und ggf. Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolgs und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Auch soll verhindert werden, dass Krankenkassen im Nachhinein auf die Behauptung, in Wirklichkeit habe Arbeitsunfähigkeit bestanden, die oft schwierigen und tatsächlichen Verhältnisse aufklären müssen. Ein Bedürfnis nach Überprüfung besteht dabei nicht nur bei der erstmaligen, sondern auch bei jeder weiteren Bewilligung von Krankengeld (BSG, Urteil vom 08.02.2000, B 1 KR 11/99 R, in juris; Brinkhoff, juris-PK, SGB V, § 49 Rn. 58). § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist daher auch dann anzuwenden, wenn der Versicherte wegen derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig wird und diese erneute AU nicht rechtzeitig meldet. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und die Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (BSG, Urteile vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R -, vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R - und vom 10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R -, jeweils in juris). Die an die nicht oder nicht rechtzeitig erstattete Meldung der Arbeitsunfähigkeit geknüpfte Wirkung, dass der Anspruch auf Krankengeld zeitweise ruht, tritt daher auch dann ein, wenn der Versicherte die Meldung rechtzeitig zur Post gegeben und diese durch den Postlauf verzögert oder gar nicht bei der Beklagten eingeht (BSG, Urteil vom 24.06.1969, - 3 RK 64/66 -, in juris).
Die Wochenfrist ist hier nicht eingehalten. Die AU-Bescheinigung vom 28.09.2016 wurde erst am 18.10.2016 und damit außerhalb der Wochenfrist vorgelegt.
Trotz der grundsätzlich strikten Anwendung der Vorschrift hat die Rechtsprechung in engen Grenzen Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen fallen (BSG, Urteile vom 28.10.1981, 3 RK 59/80 -, vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R -, vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -, jeweils in juris). Hat der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und ggf. rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (BSG, Urteile vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 -; vom 11.05.2017 - B 3 KR 22/15 R -, beide in juris).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Eine ärztliche Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der Kläger beruft sich lediglich auf § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG, wonach er von der Pflicht zur Vorlage von AU-Bescheinigungen befreit sei, da diese dem behandelnden Arzt übertragen worden sei. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG muss die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt werde, wenn der Arbeitnehmer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei. Hieraus wird abgeleitet, dass die Obliegenheit in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V im Fall eines Versicherten mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung suspendiert wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.12.2003 - L 16 KR 159/02 und vom 26.08.2004 - L 16 KR 324/03 -, beide in juris, Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, SGB V § 49 Rn. 33 f.; Brandts, in Kasseler Kommentar § 49 Rn. 32; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80, in juris und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2014 - L 11 KR 3792/13, n.v.).
Dem folgt der Senat nicht. Gemäß § 1 EFZG regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeitnehmer sowie die wirtschaftliche Sicherung im Bereich der Heimarbeit für gesetzliche Feiertage und im Krankheitsfall. Gemäß § 3 EFZG ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegenüber dem Arbeitgeber begrenzt. Bereits aus diesem begrenzten Anwendungsbereich ergibt sich, dass die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG nicht von der Obliegenheitsverpflichtung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V suspendieren will. Von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber ist vielmehr der nachfolgende Zeitraum der Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse zu unterscheiden. Dies wird auch durch § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V deutlich, wenn dort ein Anspruch auf Krankengeld im Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen wird. Ein Nebeneinander der Regelungen des EFZG und der §§ 44 ff. SGB V sieht das Gesetz nicht vor. Diese stehen vielmehr in einem Ausschließungsverhältnis. Jedes andere Verständnis würde den Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auch derart einschränken, dass für diesen quasi kein Anwendungsbereich mehr verbliebe (so auch Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, SGB V § 49 Rn. 33 f.).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist im Übrigen die Beklagte nur dann mit dem Einwand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausgeschlossen, wenn die Nichtvorlage in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt. Unerheblich ist insoweit, ob den Versicherten ein Verschuldensvorwurf trifft. Selbst wenn man damit über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG die Verpflichtung des Arztes zur Vorlage der AU-Bescheinigungen entnehmen würde, wäre dies nur dann relevant, wenn die unterbliebene Vorlage durch den Arzt der Beklagten zuzurechnen wäre. Eine entsprechende normative Zurechnung hierfür findet sich freilich nicht, denn ein vertragsärztliches Fehlverhalten ist nicht ohne weiteres den Krankenkassen zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R -, in juris mwN). Auch § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG ist keine entsprechende Regelung zu entnehmen. Denn dies würde voraussetzen, dass die genannte Norm eine Wertungsentscheidung im Verhältnis Versicherter, Arzt und Krankenkasse im Bereich des SGB V trifft. Dies aber lässt sich weder dem Wortlaut, der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen.
Im Übrigen wurde der Kläger auch durch die mit Schreiben vom 05.07.2016 ausgehändigte Broschüre "D. B. - Entgeltfortzahlung und Krankengeld" auf die Notwendigkeit der Vorlage des Nachweises der Arbeitsunfähigkeit innerhalb von sieben Tagen hingewiesen. Auch im Rahmen des Schreibens vom 25.07.2016 wurde die Notwendigkeit der zeitnahen Übersendung der AU-Bescheinigung - innerhalb von sieben Tagen - betont. Dies war dem Kläger auch bekannt, was sich daraus ergibt, dass er nach seinem Vortrag die AU-Bescheinigung an die Beklagte übersandte.
Greift daher vorliegend § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V hinsichtlich des vom SG zuerkannten Krankengeldanspruchs für den Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016, führt dies zum Ruhen des Krankengeldanspruchs des Klägers, weshalb das Urteil des SG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 in Höhe von 78,25 EUR täglich.
Der 1967 geborene Kläger war bei der D. AG als Mechaniker im Crashumbau sozialversicherungspflichtig be¬schäftigt und wegen dieser Beschäftigung bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ab dem 07.06.2016 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig und bezog zunächst vom 07.06. bis 18.07.2016 Entgeltfortzahlung und ab dem 19.07.2016 Krankengeld. Insoweit übersandte die Beklagte mit Schreiben vom 05.07.2016 die Informationsbroschüre "D. B. - Entgeltfortzahlung und Krankengeld", welche u.a. den Hinweis enthielt, dass der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit binnen 1 Woche bei der Beklagten vorliegen müsse. Mit Schreiben vom 25.07.2016 teilte die Beklagte dem Kläger darüber hinaus u. a. mit, dass er Krankengeld erhalte, sobald er ihr, der Beklagten, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) ab der 7. AU-Woche vorlege.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. H. attestierte unter dem 14.09.2016 eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 14.09.2016 bis zum 28.09.2016 unter Nennung der Diagnose M.17.1 (sonstige primäre Gonarthrose). Die AU-Bescheinigung ging bei der Beklagten am 19.09.2016 ein. Dr. H. stellte sodann am 28.09.2016 unter Angabe derselben Diagnose eine weitere AU-Bescheinigung hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeit vom 28.09.2016 bis zum 09.11.2016 aus. Die für die Beklagte vorgesehene Mehrfertigung ging dort ausweislich der Verwaltungsakte am l8.10.2016 ein. Einen Hinweis auf § 49 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) enthielt die Mehrfertigung nicht.
Mit Bescheid vom 19.10.2016 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die AU-Bescheinigung für diesen Zeitraum erst am 18.10.2016 bei ihr eingegangen sei. Für eine rechtzeitige Meldung hätte sie die Be¬scheinigung bis zum 06.10.2016 erhalten müssen. Somit ruhe der Anspruch des Klägers auf Krankengeld in der fraglichen Zeit.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 10.11.2016 Widerspruch. Er trug vor, er habe die AU-Bescheinigung der Beklagten rechtzeitig zugesandt. Er habe von seinem Arzt drei Ausfertigungen der Bescheinigung erhalten. Eine habe er noch am gleichen Tag bei seinem Arbeitgeber abgegeben, die weitere für die Krankenkasse bestimmte Ausfertigung habe seine Ehefrau kuvertiert und zur Post gegeben. Er könne nicht nachvollziehen, weshalb die AU-Bescheinigung erst am 18.10.2016 bei der Beklagten eingegangen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2016 zurück. Der Anspruch auf Krankengeld habe geruht, solange ihr die Arbeitsunfähigkeit nicht gemeldet worden sei. Das gelte nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolge. Der Kläger habe die gesetzliche Frist von einer Woche überschritten. Wenn er angebe, er habe die Bescheinigung rechtzeitig per Post abgeschickt, liege kein nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wichtiger Grund vor, der eine verspätete Einreichung der AU-Bescheinigung entschuldigen könne.
Der Kläger verfolgte sein Begehren mit seiner am 27.12.2016 erhobenen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) fort. Er vertiefte seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Für die am 29.09.2016 erfolgte Absendung der AU-Be¬scheinigung habe seine Ehefrau den von der Beklagten zur Verfügung gestellten Rückumschlag verwendet. Nach den Veröffentlichungen der D. P. AG würden Post¬sendungen üblicherweise am nächsten Arbeitstag zugestellt. Sollte die Postsendung tatsächlich erst am 18.10.2016 bei der Beklagten eingegangen sein, so könne ihm diese Verzögerung im Postlauf nicht zur Last gelegt werden, da er hierauf keinen Einfluss habe. Ihm könne insbesondere nicht zugemutet werden, die Beklagte in anderer Form zusätzlich zu informieren. Telefonische Mel¬dungen würden nicht akzeptiert. Abgesehen davon habe er, indem er die AU-Bescheinigung seinem Arbeit¬geber habe zukommen lassen, auch seine Verpflichtungen gegenüber der Beklagten er¬füllt. Es handele sich um die Betriebskrankenkasse des Arbeitgebers. Obwohl eine rechtliche Unabhängigkeit bestehe, liege dennoch eine tatsächliche Verbindung vor. Schließlich würden die für die Krankenkassen bestimmten Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen üb¬licherweise direkt vom Arzt an die Krankenkassen übersandt. Dies sei bei der Beklagten als Be¬triebskrankenkasse nicht der Fall. Dadurch aber werde ungerechtfertigt das Risiko einer Verzö¬gerung durch die Übermittlung der Bescheinigung einseitig auf ihn überlagert.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Mit Urteil vom 12.04.2017 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2016 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger für dem Zeitraum vom 29.09.2016 bis 17.10.2016 Krankengeld in Höhe von 78,25 EUR täglich zu gewähren. Der Anspruch habe nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geruht. Nach dieser Vorschrift ruhe der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet werde; dies gelte nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähig¬keit erfolge. Daraus folge grundsätzlich, dass der Versicherte binnen Wochenfrist die Arbeitsun¬fähigkeit seiner Krankenkasse zu melden habe und dass die Folgen der verspäteten Meldung von ihm zu tragen seien, selbst wenn ihn kein Verschulden an der verspäteten Anzeige treffe (st. Rspr. des BSG, zul. Urteil vom 08.02.2000, - B 1 KR 11/99 R -, in juris), so dass sich der Kläger vorliegend nicht auf verlängerte Postlaufzeiten berufen könne. Ausnahmsweise gelte jedoch etwas anderes, wenn die verzögerte Meldung der Arbeitsunfähigkeit auf Umständen beruhe, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem Versi¬cherten zuzurechnen seien. Letzteres sei für den Fall angenommen worden, dass der die Arbeitsunfähigkeit feststellende Vertragsarzt bei einem Versicherten, der ,wie der Kläger, Anspruch auf Lohnfortzahlung habe, der Krankenkasse die AU-Bescheini¬gung nicht übermittle (BSG, Urteil vom 28.10.1981, - 3 RK 59/80 -, in juris). § 5 Abs. 1 Satz 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) (früher § 3 Abs. 1 Satz 3 Lohnfortzahlungsgesetz - LFZG) bestimme insoweit, dass die ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten müsse, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Anga¬ben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt werde. Ent¬sprechend hätten die früheren Vordruckvereinbarungen der Parteien der Bundesmanteltarifverträge der Ärzte (BMV-Ä) (vgl. dazu BSG a.a.O. S. 13) vorgesehen, dass die Bescheinigung für den Ar¬beitgeber den vorgeschriebenen Vermerk des Kassenarztes enthalten müsse, dass eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich der Krankenkasse übersandt werden müsse. Hieraus sowie aus den früher geltenden ergänzenden Bestimmungen des BMV-Ä, wonach die Kassenärzte dem Vertrau¬ensärztlichen Dienst diejenigen Auskünfte erteilen müssten, die dieser zur Durchführung seiner gesetzli¬chen Aufgaben benötige (§ 12 Abs. 5 BMV-Ä i.d.F. vom 01.01.1970; § 21 Abs. 7 BMV-Ä i.d.F. vom 01.07.1978), sei geschlossen worden, dass dem Versicherten mit Anspruch auf Lohnfortzah¬lung die Verpflichtung abgenommen worden sei, der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit zu melden (BSG a.a.O., a.A. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2015, - L 5 KR 5457/13 -, in juris). Allerdings sehe die hier maßgebliche 37. Änderungsvereinbarung zum Bundesmanteltarifvertrag für die Ersatzkassen die Vordruckvereinbarung unter Geltung des SGB V nicht mehr vor, wonach die Bescheinigung für den Arbeitgeber (Vordruck Muster 1 b) den Vermerk des Arztes über die unverzügliche Versendung der Bescheinigung über die Arbeitsun¬fähigkeit an die Krankenkasse aufweisen müsse. Dafür enthalte nunmehr der für die Versicherten be¬stimmte Vordruck (Muster 1 c) den Hinweis, dass "bei verspäteter Vorlage der Bescheinigung bei der Krankenkasse oder lückenhaftem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit Krankengeldverlust droht". Entsprechend würden Bescheinigungen für die Krankenkassen häufig von den Kassenärzten den Versicherten mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgehändigt. Diese veränderte Pra¬xis vermöge jedoch an dem Umstand nichts zu ändern, dass die Meldepflicht, soweit § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG Anwendung finde, dem Versicherten abgenommen und das Verspätungsrisiko der Sphäre der Krankenkasse zuzurechnen sei (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2003 - L 16 KR 159/02, LSG Bremen, Urteil vom 17.06.1999 - L 2 KR 2/99 - beide in juris; vgl. auch das die dagegen gerichtete Revision als unzulässig verwerfende Urteil des BSG vom 28.02.2000 - B 1 KR 8/99 R -, in juris; a.A. LSG Rheinland Pfalz Urteil vom 27.07.1999 - L 5 KR 1/99 -, in juris). § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG begründe, wenn auch in erster Linie im Interesse des Arbeitgebers, die Verpflichtung des Vertragsarztes zur Übersendung der Be¬scheinigung an die Krankenkasse. Dieser gesetzlichen Verpflichtung könne er sich nicht dadurch entziehen, dass er die Bescheinigung dem Versicherten aushändige und der Arbeitgeber infolge des fehlenden Vermerks nunmehr ggf. bei Zweifelsfällen selbst tätig werden müsse. Die Ver¬tragsparteien des BMV bzw. der Vordruckvereinbarung seien ebenso wenig befugt, durch die Vereinbarung entsprechend abgeänderter Vordrucke die Verpflichtung aus § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG zu unterlaufen. Dabei sei zu beachten, dass auch § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V be¬stimme, dass die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleite¬ten Einrichtungen verpflichtet seien, in dem Abschnitt der AU-Bescheinigung, den die Krankenkasse erhalte, die Diagnosen aufzuzeichnen und zu übermitteln. Damit sei die Über¬mittlungspflicht ausdrücklich dem Arzt auferlegt worden. Da der Versicherte aber nicht als sein Bote tätig werde, verletze der Vertragsarzt daher bei Übergabe der Bescheinigung an diesen seine Pflichten, was der Krankenkasse als Vertragspartner des Kassenarztes zuzurechnen sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Versicherte aufgrund des Hinweises auf dem für ihn bestimmten Vordruck erkennen könne, dass die Bescheinigung der Krankenkasse ohne seine Übermittlung nicht zugehe. Zunächst knüpfe § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ohnehin nicht an die Vor¬lage der AU-Bescheinigung an, sondern stelle auf die verspätete Meldung der Ar¬beitsunfähigkeit ab, so dass die Meldung auch anders als durch Vorlage der Bescheinigung - wenn dies auch der regelmäßige Weg sein werde -, etwa fernmündlich erfolgen könne (allgemeine Meinung; vgl. etwa Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Rdn. 51 zu § 49 SGB V). Der Versicherte könne daher allein aufgrund der Aushändigung der für die Krankenkasse bestimmten Bescheinigung nicht erkennen, ob die Krankenkasse nicht gleich¬wohl durch den Kassenarzt über die Arbeitsunfähigkeit unterrichtet worden sei. Zudem sei der auf dieser Bescheinigung enthaltene Vermerk bezüglich des Krankengeldverlustes bei verspäte¬ter Vorlage, unklar. Abgesehen davon, dass die verspätete Vorlage nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht erheblich sei, sei diesem Vermerk weder zu entnehmen, welche Dauer der Verzögerung maßgeblich sei, noch dass je nach dem Zeitpunkt der verspäteten Meldung der Krankengeldausschluss zwingend sei. Der Kläger sei mithin nicht verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit selbst der Beklagten zu mel¬den. Das Versäumnis des Vertragsarztes sei der Beklagten zuzurechnen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 28.04.2017 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 24.05.2017 zum LSG Baden-Württemberg erhobene Berufung der Beklagten. Nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V müsse die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden habe. Die Meldepflicht sei auf den konkreten Leistungsfall bezogen und solle gewährleisten, dass die Kasse über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt werde, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolges und zur Wiederherstellung der Arbeitsunfähigkeit einleiten zu können (§ 275 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handele es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung seien deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. In dem Zusammenhang komme die Ausschlussregelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zur Anwendung. Das BSG habe deshalb in ständiger Rechtsprechung die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben gewesen seien und dem Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung zur Last gelegt werden könne (vgl. etwa: BSG, Urteil vom 24.06.1969, - 3 RK 64/66 -, in juris - Verlust einer rechtzeitig aufgegebenen AU-Bescheinigung auf dem Postweg). Selbst wenn man eine Verpflichtung des Arztes zur Vorlage der AU-Bescheinigung annehmen würde, wäre dies nur dann relevant, wenn die unterbliebene Vorlage durch den Arzt ihr, der Beklagten, zuzurechnen wäre. Eine entsprechende normative Zurechnung finde sich nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.04.2017 aufzuheben und die Klage abzu- weisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zutreffend habe das SG der Klage stattgegeben. Auf das Urteil und den bisherigen Vortrag sei Bezug zu nehmen. Im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG sei die Meldepflicht dem Versicherten abgenommen und das Verspätungsrisiko der Sphäre der Krankenkasse zuzurechnen. Grund¬lage hierfür sei die Verpflichtung des Vertragsarztes, die Krankenkasse über die Krankheit des Versicherten zu informieren. Dieser Verpflichtung könne sich auch die Beklagte nicht entziehen. Insbesondere sei es nicht möglich, dass die Beklagte bzw. der Vertragsarzt, der auf Kranken¬schein behandele, diese Verpflichtung auf den Versicherten überleite. Ebenfalls nicht übergeleitet werden könne das Risiko einer verzögerten Beförderung. Es sei zwar richtig, dass die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten bei jeder erneuten Inan-spruchnahme des Krankengeldes angezeigt werden müsse. Die Möglichkeit, die Ansprüche zu überprüfen, sei jedoch unabhängig von der Person, die schlussendlich die AU-Bescheinigung übersende. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beklagten handele es sich bei der Meldung der Arbeits¬unfähigkeit nicht um eine Obliegenheit des Versicherten. Der Versicherte begebe sich im Falle der gesetzlichen Krankenversicherung zu einem Vertragsarzt, der für die Krankenversicherung tätig werde. Wie vom SG richtig ausgeführt, sei daher auch der Vertragsarzt zur korrekten und rechtzeitigen Meldung verpflichtet. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang im Übrigen noch auf die Tatsache, dass in dem hier vorliegen¬den Falle keine Erstmeldung, sondern eine Folgemeldung vorliege. Bei Folgemeldungen seien die von der Beklagten angesprochenen Gefahren des Missbrauches wesentlich geringer. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass einem Versicherten, der sich korrekt verhalte, das Beförderungsrisiko nicht aufgebürdet werden könne. Bei der Übersendung einer Krankmeldung handele es sich um eine Schickschuld. Der Versicherte habe daher, sobald er die Meldung in den Briefkasten geworfen habe, seine Verpflichtung zur Information der Krankenver¬sicherung erfüllt. Auf die späteren Beförderungswege habe er keinerlei Einfluss. Schon alleine durch die Tatsache, dass er die Krankmeldung rechtzeitig abgesandt habe, stehe das korrekte Verhalten des Versicherten fest. Ihm, dem Kläger, könne auch nicht zugemutet werden, die Meldung in einer anderen Form vorzuneh¬men. Zu bedenken sei in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte, speziell zur Übersendung der Krankmeldungen, einen voradressierten Umschlag zur Verfügung gestellt habe. Im Übrigen sei es dem Kläger nicht zuzumuten, die Krankmeldungen vorab telefonisch durchzugeben oder aber am elektronischen Postverkehr teilzunehmen.
Im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 20.09.2017 haben die Beteiligten das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte Berufung der Beklagten ist, nachdem Krankengeld für weitere 19 Tage bei einem kalendertäglichen Nettobetrag von 78,25 EUR mithin i.H.v. 1.486,75 EUR im Streit steht, womit der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR überschritten ist, zulässig.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Der Krankengeld ablehnende Bescheid der Beklagten vom 19.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das entgegenstehende Urteil des SG war daher aufzuheben.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krankengeld sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen nach Maßgabe des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krankengeld die ärztliche Feststellung voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kommt lediglich die Bedeutung einer gutachterlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkassen und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 18/04 R, in juris).
Im streitigen Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 war der Kläger zur Überzeugung des Senats arbeitsunfähig. Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit wird von der Beklagten nicht angezweifelt und ergibt sich im Übrigen aus der AU-Bescheinigung des Dr. H. vom 28.09.2016. Der Kläger war krankheitsbedingt nicht in der Lage, seinen noch bestehenden Arbeitsplatz im o.g. Zeitraum auszufüllen. Vor der Erkrankung war der Kläger als Mechaniker in der Crashvorbereitung tätig. Im Rahmen der Tätigkeit musste der Kläger mit den Händen und Füßen eine körperlich anstrengende Arbeit ausführen. Insbesondere war seine Tätigkeit durch Bücken, Knien, Liegen, Heben und Tragen von schweren Lasten gekennzeichnet. Wegen der Erkrankung war das gesamte Bein des Klägers in einer festen unbeweglichen Schiene fixiert. Das Bein konnte im streitigen Zeitraum nicht belastet werden, da der Schenkelknochen bei der vorhergehenden Operation durchtrennt worden war und der Knochen erst wieder zusammenwachsen musste. Das Bein war damit vollkommen instabil. Dementsprechend war dem Kläger auch das Autofahren bis Juni 2017 untersagt. Seine bisher ausgeübte Tätigkeit als Mechaniker war ihm nicht möglich.
Vorliegend steht dem geltend gemachten Anspruch in dem vom SG zuerkannten Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016 jedoch § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V entgegen. Danach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des nachfolgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und ggf. Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolgs und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Auch soll verhindert werden, dass Krankenkassen im Nachhinein auf die Behauptung, in Wirklichkeit habe Arbeitsunfähigkeit bestanden, die oft schwierigen und tatsächlichen Verhältnisse aufklären müssen. Ein Bedürfnis nach Überprüfung besteht dabei nicht nur bei der erstmaligen, sondern auch bei jeder weiteren Bewilligung von Krankengeld (BSG, Urteil vom 08.02.2000, B 1 KR 11/99 R, in juris; Brinkhoff, juris-PK, SGB V, § 49 Rn. 58). § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist daher auch dann anzuwenden, wenn der Versicherte wegen derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig wird und diese erneute AU nicht rechtzeitig meldet. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben waren und die Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft (BSG, Urteile vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R -, vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R - und vom 10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R -, jeweils in juris). Die an die nicht oder nicht rechtzeitig erstattete Meldung der Arbeitsunfähigkeit geknüpfte Wirkung, dass der Anspruch auf Krankengeld zeitweise ruht, tritt daher auch dann ein, wenn der Versicherte die Meldung rechtzeitig zur Post gegeben und diese durch den Postlauf verzögert oder gar nicht bei der Beklagten eingeht (BSG, Urteil vom 24.06.1969, - 3 RK 64/66 -, in juris).
Die Wochenfrist ist hier nicht eingehalten. Die AU-Bescheinigung vom 28.09.2016 wurde erst am 18.10.2016 und damit außerhalb der Wochenfrist vorgelegt.
Trotz der grundsätzlich strikten Anwendung der Vorschrift hat die Rechtsprechung in engen Grenzen Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen fallen (BSG, Urteile vom 28.10.1981, 3 RK 59/80 -, vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R -, vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -, jeweils in juris). Hat der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und ggf. rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (BSG, Urteile vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 -; vom 11.05.2017 - B 3 KR 22/15 R -, beide in juris).
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Eine ärztliche Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der Kläger beruft sich lediglich auf § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG, wonach er von der Pflicht zur Vorlage von AU-Bescheinigungen befreit sei, da diese dem behandelnden Arzt übertragen worden sei. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG muss die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt werde, wenn der Arbeitnehmer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei. Hieraus wird abgeleitet, dass die Obliegenheit in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V im Fall eines Versicherten mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung suspendiert wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.12.2003 - L 16 KR 159/02 und vom 26.08.2004 - L 16 KR 324/03 -, beide in juris, Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, SGB V § 49 Rn. 33 f.; Brandts, in Kasseler Kommentar § 49 Rn. 32; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80, in juris und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.05.2014 - L 11 KR 3792/13, n.v.).
Dem folgt der Senat nicht. Gemäß § 1 EFZG regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeitnehmer sowie die wirtschaftliche Sicherung im Bereich der Heimarbeit für gesetzliche Feiertage und im Krankheitsfall. Gemäß § 3 EFZG ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegenüber dem Arbeitgeber begrenzt. Bereits aus diesem begrenzten Anwendungsbereich ergibt sich, dass die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG nicht von der Obliegenheitsverpflichtung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V suspendieren will. Von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber ist vielmehr der nachfolgende Zeitraum der Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse zu unterscheiden. Dies wird auch durch § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V deutlich, wenn dort ein Anspruch auf Krankengeld im Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen wird. Ein Nebeneinander der Regelungen des EFZG und der §§ 44 ff. SGB V sieht das Gesetz nicht vor. Diese stehen vielmehr in einem Ausschließungsverhältnis. Jedes andere Verständnis würde den Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auch derart einschränken, dass für diesen quasi kein Anwendungsbereich mehr verbliebe (so auch Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, SGB V § 49 Rn. 33 f.).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist im Übrigen die Beklagte nur dann mit dem Einwand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausgeschlossen, wenn die Nichtvorlage in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt. Unerheblich ist insoweit, ob den Versicherten ein Verschuldensvorwurf trifft. Selbst wenn man damit über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG die Verpflichtung des Arztes zur Vorlage der AU-Bescheinigungen entnehmen würde, wäre dies nur dann relevant, wenn die unterbliebene Vorlage durch den Arzt der Beklagten zuzurechnen wäre. Eine entsprechende normative Zurechnung hierfür findet sich freilich nicht, denn ein vertragsärztliches Fehlverhalten ist nicht ohne weiteres den Krankenkassen zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R -, in juris mwN). Auch § 5 Abs. 1 Satz 5 EFZG ist keine entsprechende Regelung zu entnehmen. Denn dies würde voraussetzen, dass die genannte Norm eine Wertungsentscheidung im Verhältnis Versicherter, Arzt und Krankenkasse im Bereich des SGB V trifft. Dies aber lässt sich weder dem Wortlaut, der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen.
Im Übrigen wurde der Kläger auch durch die mit Schreiben vom 05.07.2016 ausgehändigte Broschüre "D. B. - Entgeltfortzahlung und Krankengeld" auf die Notwendigkeit der Vorlage des Nachweises der Arbeitsunfähigkeit innerhalb von sieben Tagen hingewiesen. Auch im Rahmen des Schreibens vom 25.07.2016 wurde die Notwendigkeit der zeitnahen Übersendung der AU-Bescheinigung - innerhalb von sieben Tagen - betont. Dies war dem Kläger auch bekannt, was sich daraus ergibt, dass er nach seinem Vortrag die AU-Bescheinigung an die Beklagte übersandte.
Greift daher vorliegend § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V hinsichtlich des vom SG zuerkannten Krankengeldanspruchs für den Zeitraum vom 29.09.2016 bis zum 17.10.2016, führt dies zum Ruhen des Krankengeldanspruchs des Klägers, weshalb das Urteil des SG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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