Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 33 KR 1603/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 64/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. März 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Mit dem Rechtsstreit möchte der Kläger seine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner – KVdR – erreichen.
Der 1946 geborene Kläger lebt seit dem 28. August 2012 in B ... In der Zeit vom 1. Oktober 1986 bis 31. Dezember 1992 und seit dem 14. Oktober 1998 war der Kläger pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Vom 1. Januar 1993 bis 13. Oktober 1998 war er nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert; in dieser Zeit hielt er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau im Ausland auf. Seine Ehefrau war dort als Entwicklungshelferin tätig. Die Eheleute wurden nach den Regelungen des Entwicklungshelfer-Gesetzes – EhfG – privat krankenversichert.
Für die Zeit ab dem 14. Oktober 1998 bestand eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten. Am 28. Juni 2011 beantragte der Kläger bei dem beigeladenen Rentenversicherungsträger die Gewährung einer Altersrente. Nach Prüfung der Vorversicherungszeiten für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner erließ die Beklagte am 19. August 2011 einen Beitragsbescheid über eine freiwillige Versicherung ab dem 28. Juni 2011. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Seiner Ansicht nach müsse für ihn die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner gelten, die Auslandszeiten seien anzuerkennen. Nach dem Entwicklungshelfergesetz seien Entwicklungshelfer und ihre mitausgereisten Familienangehörigen für die Dauer der Entsendung in einer Gruppenkrankenversicherung zu versichern. Diese Gruppenversicherung sei ihrem Rechtscharakter nach eine private Krankenversicherung. Allerdings handele es sich nicht um eine freiwillige Entscheidung, die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten zu verlassen, so dass im Ergebnis die Zeit anerkannt werden müsse.
Mit weiterem Bescheid vom 11. November 2011 lehnte die Beklagte eine Versicherung in der Krankenversicherung der Rentner mit der Begründung ab, dass die Vorversicherungszeiten nicht erfüllt seien. Sie verwies auf eine Entscheidung des 1. Senats des Bundessozialgerichts – BSG – vom 3. September 1998 (Az. B 12 KR 21/97 R). Der hiergegen erhobene Widerspruch, in welchem der Kläger, der sich seit dem 1. August 2012 in B. aufhält, auf eine jetzt geänderte Rechtslage verwies, weil er nach damaliger Rechtslage keine Möglichkeit gehabt habe, eine Anwartschaftsversicherung abzuschließen, blieb erfolglos. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die erforderliche Anwartschaftszeit für eine Versicherung in der Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllt sei. Der Kläger sei in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 13. Oktober 1998 privat krankenversichert gewesen. Die Dauer der Versicherung während eines Entwicklungsdienstes könne nicht als Vorversicherungszeit berücksichtigt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Oktober 2012 vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben, welches den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. November 2012 an das Sozialgericht Hamburg verwiesen hat. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nummer 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – geboten sei. Im Jahr 1993, dem Beginn der Zeit im Entwicklungsdienst, habe nicht die Möglichkeit bestanden, eine Anwartschaftsversicherung abzuschließen, dies sei erst mit Wirkung zum 12. August 1998 möglich gewesen. Der Gesetzgeber habe es versäumt, eine Regelung für die Altfälle zu treffen, deshalb sei von einer strukturellen Ungleichbehandlung für Entwicklungshelfer auszugehen. Das BSG habe seinerzeit argumentiert, dass lediglich Pflichtversicherte in die KVdR aufgenommen werden könnten. Der Kläger habe jedoch keine Möglichkeit gehabt, eine Pflichtversicherung bzw. eine Anwartschaft ausführen zu lassen.
Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und die bereits genannte Entscheidung des BSG entgegengetreten. Der mit Beschluss vom 6. März 2015 beigeladene Rentenversicherungsträger hat sich zu der Klage nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 10. Juni 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger die nach § 5 Abs. 1 Nummer 11 SGB V geforderte Voraussetzung, wonach für die Versicherung in der KVdR Vorversicherungszeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von mindestens 90 % der in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens verbrachten Zeit bestanden haben müsse, beim Kläger nicht erfüllt sei. Maßgeblich sei insoweit der Zeitraum vom 17. November 1988 bis zum 28. Juni 2011, in dem er nicht mit einem Anteil von 9/10 Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Ursächlich hierfür sei gewesen, dass er im Zeitraum 1993 bis 1998, in dem er als Familienangehöriger einer Entwicklungshelferin privat in einer Gruppenversicherung krankenversichert gewesen sei, nicht berücksichtigungsfähig sei. Das Sozialgericht hat sich dabei auf die bereits von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG bezogen, wonach eine Auslegung dergestalt, dass auch private Krankenversicherungszeiten gemäß § 5 Abs. 1 Nummer 11 SGB V berücksichtigt werden könnten, nicht statthaft sei, weil der Bezug zur Solidargemeinschaft nicht hergestellt werden könne. Das BSG habe weiter dargelegt, dass eine Regelungslücke auch nicht für Entwicklungshelfer nach dem EhfG angenommen werden könne. Die Regelungen zur sozialen Sicherung der Entwicklungshelfer knüpften zwar teilweise an die sozialrechtlichen Vorschriften und Versicherungstatbestände im Inland an, das gelte insbesondere für die Rentenversicherung und die Arbeitslosenversicherung. Für die Krankenversicherung, die für Versicherungsfälle während des Entwicklungsdienstes im Ausland einstehen müsse, habe das Gesetz dagegen keine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgeschrieben. Der Gesetzgeber habe der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die gesetzliche Krankenversicherung wegen der für sie geltenden Strukturprinzipien, insbesondere des Territorialprinzips, einen Versicherungsschutz nur teilweise für zum Beispiel in Deutschland bleibende Familienangehörige herstellen könne. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nummer 11 SGB V enthalte insoweit keine unbewusste Regelungslücke, denn der Gesetzgeber habe eine Gleichstellung erkennbar nicht beabsichtigt und für den Personenkreis der Entwicklungshelfer ein eigenes System der sozialen Sicherung entwickelt. Dabei würden Entwicklungshelfer in die deutsche Sozialversicherung nur insoweit einbezogen, wie dies mit deren Strukturprinzipien vereinbar sei.
Auch die im Jahr 1998 erfolgte Einführung von § 240 Abs. 4a SGB V begründe keinen Anspruch auf Einbeziehung oder Gleichstellung der privaten Versicherungszeit während des Entwicklungshilfedienstes der Ehefrau des Klägers. Zwar sei damit die Möglichkeit eröffnet worden, eine Anwartschaftsversicherung für die Dauer des Auslandsaufenthaltes zu begründen, dies habe aber nur Auswirkungen für die Zukunft ab Inkrafttreten der Norm. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, rückwirkende Regelungen zu treffen, zu deren Erlass er im Übrigen nicht verpflichtet sei. Die Anwartschaftsregelung sei schon zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das BSG wirksam gewesen und in den Entscheidungsgründen nicht näher thematisiert worden. Das BSG habe überdies klargestellt, dass gerade nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden könne und eine Einbeziehung der Zeiten der privaten Versicherung während eines Entwicklungsdienstes auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – hergeleitet werden könne.
Wenn der Gesetzgeber für die Zukunft im Rahmen seines Gestaltungsspielraums anderweitige Regelung treffe, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass die Regelung für die Vergangenheit grundgesetzwidrig sei oder dass eine Verpflichtung bestanden habe, rückwirkende Änderungen herbeizuführen und sämtliche Personen, die zu irgendeinem Zeitpunkt im Entwicklungsdienst gearbeitet hätten, so zu behandeln, als ob eine Anwartschaftsversicherung abgeschlossen worden sei. Die Ungleichbehandlung und Besserstellung mit Personen, die ab der Geltung der Neuregelung Entwicklungshilfe leisten sei nicht sachwidrig, denn sie knüpft an eine gesetzliche Neuregelung und damit gesetzgeberische Neubewertung an. Diese Neuregelung sei auch nicht unter dem Blickwinkel einer Änderung der Zugangsvoraussetzungen für die KVdR erfolgt, sondern habe dem Bedürfnis bestimmter freiwilliger Mitglieder nach mehr beruflicher Flexibilität Rechnung getragen. Auch wenn durch die Gesetzesänderung primär der erweiterte Zugang in die KVdR beabsichtigt gewesen wäre, ändere dies jedoch nichts daran, dass die Neuregelung nicht rückwirkend gelte und vor dem Hintergrund des breiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers für die Ausgestaltung der Sozialversicherung auch nicht rückwirkend gelten müsse. Die hiermit im Zusammenhang stehende Ungleichbehandlung zu Personen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes Entwicklungsdienst geleistet hätten, sei nicht zu beanstanden und bei gesetzlichen Neuregelungen systemimmanent. Etwas anderes gelte nur, wenn ein verfassungswidriger Zustand beseitigt werden solle. Hiervon könne nach der in Bezug genommenen Entscheidung des BSG aus dem Jahr 1998 nicht ausgegangen werden.
Das Urteil wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 20. Juni 2016 zugestellt. Am 19. Juli 2016 hat er die vorliegende Berufung erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die Argumente im Verwaltungsverfahren und vor dem Sozialgericht. Er betont noch einmal, dass es dem Gesetzgeber entgangen sei, eine Regelung für Altfälle zu schaffen. Dies sei umso frappierender, als hiervon betroffene Personen sich im Hinblick auf die Weltsolidarität sehr hervorgetan hätten. Der Kläger hätte sich bei damaliger Gesetzeslage nicht anders verhalten können, weil die entsprechende Vorschrift von § 240 Abs. 4a SGB V noch nicht gegolten habe. Vor diesem Hintergrund würde es zu einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung führen, wenn die entsprechende Regelung nicht auch auf Altfälle angewandt würde. Die vom Kläger zum damaligen Zeitpunkt zur Aufrechterhaltung der Pflichtversicherung fällige Zahlung eines Krankenversicherungs-beitrags in Höhe von etwa 2.250,- EUR, hätte keine Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Krankenversicherung haben können. Überdies habe er angeboten, die entsprechenden Anwartschaftsbeiträge für den fraglichen Zeitraum nachzuzahlen. Das Ergebnis sei grob ungerecht, so dass unter Berücksichtigung der Verfassung nur zwei Möglichkeiten bestünden: 1. der Auslandsaufenthalt würde insgesamt nicht berücksichtigt, dann würde der Kläger die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erfüllen oder 2. der Auslandsaufenthalt würde als Vorversicherungszeit angerechnet, was beides zu dem vom Kläger erwünschten Ergebnis führen würde.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts vom 10. Juni 2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19. August 2011 und vom 11. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 24. August 2012 aufzuheben und festzustellen, dass für den Kläger in der Zeit vom 28. Juni 2011 bis 28. August 2012 eine Mitgliedschaft in der KVdR bestanden hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 hat das Gericht die Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – unter Fristsetzung bis zum 7. November 2016 dazu angehört, dass es erwäge, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte.
Die Beklagte und die Beigeladene haben von einer weiteren Stellungnahme abgesehen; der Kläger bittet darum, die Revision zuzulassen, wenn er mit seiner Berufung unterliegen sollte. Die Entscheidung habe für eine größere Personengruppe grundsätzliche Bedeutung.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 SGG). Sie wird, nachdem die Beteiligten auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen wurden, durch Beschluss zurückgewiesen, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Kläger hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen könnten.
Der Senat weist im Hinblick auf die Ausführung im angefochtenen Urteil, dass das BSG sich zu der Gesetzesänderung in § 240 Abs. 4a SGB V nicht geäußert habe, nur noch darauf hin, dass das Gericht im Zeitpunkt seiner Urteilsverkündung am 3. September 1998 (BSG, Urteil vom 3.9.1998 – B 12 KR 21/97 R – Rn. 23, juris) die Neufassung von § 240 Abs. 4a SGB V in den Blick genommen und dazu wie folgt formuliert hat:
"Dementsprechend enthält auch § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V keine unbewußte Regelungslücke, wenn er eine Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung verlangt. Zwar war bei Inkrafttreten des EhfG im Jahre 1969 die Versicherungspflicht in der KVdR nicht von einer Vorversicherungszeit abhängig (vgl BSGE 78, 297, 299 = BSGE SozR 3-2500 § 5 Nr 29 S 103), so daß eine Gleichstellungsregelung nicht erforderlich war. Vielmehr waren alle Rentner nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO idF des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) versicherungspflichtig. Das EhfG ist jedoch auch nach Wiedereinführung einer Vorversicherungszeit für den Zugang zur KVdR ab 1. Juli 1977 mehrfach, insbesondere in den Vorschriften zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung, geändert sowie mit den Entwicklungen auf diesen Rechtsgebieten in Einklang gebracht worden. Eine besondere Regelung für Entwicklungshelfer hat der Gesetzgeber bei den wiederholten Änderungen der Zugangsvoraussetzungen zur KVdR nicht getroffen. Wenn eine "nachgehende Gleichstellung" beim Zugang zur KVdR gewollt gewesen wäre, hätte sie spätestens zum 1. Januar 1989 (Inkrafttreten des GRG) nahegelegen. Zu diesem Zeitpunkt wurde aus dem früheren Recht (§ 313 Abs 5 RVO) zwar das Ruhen von Leistungen während des Entwicklungsdienstes, nicht aber die entsprechende Beitragsermäßigung ins neue Recht übernommen (vgl § 16 Abs 1 Nr 3, § 243 SGB V). Damit war für Entwicklungshelfer ohne Familienangehörige eine Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr wirtschaftlich. Neuerdings ist zwar durch Art 3 Nr 2 Buchst b, Nr 3, Art 6 Abs 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 6. August 1998 (BGBl I 2005) nach Maßgabe des § 240 Abs 4a und des § 243 Abs 2 Satz 1 SGB V nF den gesetzlichen Krankenkassen für die Zukunft wieder eine Beitragsermäßigung in einer freiwilligen Weiterversicherung während des Entwicklungsdienstes gestattet worden. Damit soll eine "Art beitragsrechtliche Anwartschaftsversicherung" eingeführt werden (so die Begründung in BT-Drucks 13/11021 S 11). Sie gewährleistet das Recht zur Fortsetzung der freiwilligen Versicherung als "Voll"-Versicherung nach Rückkehr aus dem Ausland. Daß eine solche (frühere) Anwartschaftsversicherung oder sogar eine frühere private Versicherung beim Zugang zur KVdR auf die Vorversicherungszeit angerechnet wird, ist jedoch auch bei dieser Gelegenheit nicht geregelt worden. Das "bewußte Schweigen" des Gesetzgebers wird durch die Auskünfte bestätigt, die das SG im vorliegenden Verfahren vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Bundesministerium für Gesundheit 1995/1996 eingeholt und auf die sich das LSG in dem angefochtenen Urteil gestützt hat. Danach ist sich der Gesetzgeber seit langem bewußt, daß der Zugang zur KVdR für Entwicklungshelfer gefährdet ist. Eine Regelung über die Gleichstellung des Entwicklungsdienstes mit Zeiten der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung scheitert jedoch nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit daran, daß der Zugang zur Versicherungspflicht als Rentner nur dann vertretbar ist, wenn die Betreffenden selbst für einen angemessenen Zeitraum einen Beitrag zur Finanzierung der Solidarlasten für die älteren Versicherten getragen haben. Auf die Erfüllung der Vorversicherungszeit für die KVdR könne daher auch bei ehemaligen Entwicklungshelfern nicht verzichtet werden.
Der Senat kann vor diesem Hintergrund – obgleich er nachvollziehen kann, dass der Kläger die für ihn aus der Rechtlage entstehende Situation als unbefriedigend empfindet – dem Ergebnis in Anwendung der gesetzgeberischen Regelung für Sachverhalte der vorliegenden Art nichts Maßgebliches entgegensetzen. Wollte der Kläger seinen Fall von der Regelung des § 240 Abs. 4a SGB V erfasst sehen, wäre eine Gesetzesänderung notwendig, die der Gesetzgeber aber im Zeitpunkt der Gesetzesänderung im Jahr 1998 gerade nicht gewollt hat, worauf das BSG in der fraglichen Entscheidung auch bereits abgestellt hatte. Auch in der seit damals verstrichenen Zeit wurde das Gesetz nicht in dem vom Kläger gewünschten Sinne novelliert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen, insbesondere hat das BSG mit der hier zitierten Entscheidung seine Rechtsauffassung zu Fällen der hier vorliegenden Art bereits dargelegt und eine wesentliche Änderung des Sachverhalts oder der Rechtslage gegenüber dem Zeitpunkt der genannten Entscheidung, die eine Zulassung rechtfertigen könnte, kann der Senat nicht erkennen.
Gründe:
I. Mit dem Rechtsstreit möchte der Kläger seine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner – KVdR – erreichen.
Der 1946 geborene Kläger lebt seit dem 28. August 2012 in B ... In der Zeit vom 1. Oktober 1986 bis 31. Dezember 1992 und seit dem 14. Oktober 1998 war der Kläger pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Vom 1. Januar 1993 bis 13. Oktober 1998 war er nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert; in dieser Zeit hielt er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau im Ausland auf. Seine Ehefrau war dort als Entwicklungshelferin tätig. Die Eheleute wurden nach den Regelungen des Entwicklungshelfer-Gesetzes – EhfG – privat krankenversichert.
Für die Zeit ab dem 14. Oktober 1998 bestand eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten. Am 28. Juni 2011 beantragte der Kläger bei dem beigeladenen Rentenversicherungsträger die Gewährung einer Altersrente. Nach Prüfung der Vorversicherungszeiten für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner erließ die Beklagte am 19. August 2011 einen Beitragsbescheid über eine freiwillige Versicherung ab dem 28. Juni 2011. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch. Seiner Ansicht nach müsse für ihn die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner gelten, die Auslandszeiten seien anzuerkennen. Nach dem Entwicklungshelfergesetz seien Entwicklungshelfer und ihre mitausgereisten Familienangehörigen für die Dauer der Entsendung in einer Gruppenkrankenversicherung zu versichern. Diese Gruppenversicherung sei ihrem Rechtscharakter nach eine private Krankenversicherung. Allerdings handele es sich nicht um eine freiwillige Entscheidung, die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten zu verlassen, so dass im Ergebnis die Zeit anerkannt werden müsse.
Mit weiterem Bescheid vom 11. November 2011 lehnte die Beklagte eine Versicherung in der Krankenversicherung der Rentner mit der Begründung ab, dass die Vorversicherungszeiten nicht erfüllt seien. Sie verwies auf eine Entscheidung des 1. Senats des Bundessozialgerichts – BSG – vom 3. September 1998 (Az. B 12 KR 21/97 R). Der hiergegen erhobene Widerspruch, in welchem der Kläger, der sich seit dem 1. August 2012 in B. aufhält, auf eine jetzt geänderte Rechtslage verwies, weil er nach damaliger Rechtslage keine Möglichkeit gehabt habe, eine Anwartschaftsversicherung abzuschließen, blieb erfolglos. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die erforderliche Anwartschaftszeit für eine Versicherung in der Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllt sei. Der Kläger sei in der Zeit vom 1. Januar 1993 bis 13. Oktober 1998 privat krankenversichert gewesen. Die Dauer der Versicherung während eines Entwicklungsdienstes könne nicht als Vorversicherungszeit berücksichtigt werden.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Oktober 2012 vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben, welches den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. November 2012 an das Sozialgericht Hamburg verwiesen hat. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Nummer 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – geboten sei. Im Jahr 1993, dem Beginn der Zeit im Entwicklungsdienst, habe nicht die Möglichkeit bestanden, eine Anwartschaftsversicherung abzuschließen, dies sei erst mit Wirkung zum 12. August 1998 möglich gewesen. Der Gesetzgeber habe es versäumt, eine Regelung für die Altfälle zu treffen, deshalb sei von einer strukturellen Ungleichbehandlung für Entwicklungshelfer auszugehen. Das BSG habe seinerzeit argumentiert, dass lediglich Pflichtversicherte in die KVdR aufgenommen werden könnten. Der Kläger habe jedoch keine Möglichkeit gehabt, eine Pflichtversicherung bzw. eine Anwartschaft ausführen zu lassen.
Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und die bereits genannte Entscheidung des BSG entgegengetreten. Der mit Beschluss vom 6. März 2015 beigeladene Rentenversicherungsträger hat sich zu der Klage nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 10. Juni 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger die nach § 5 Abs. 1 Nummer 11 SGB V geforderte Voraussetzung, wonach für die Versicherung in der KVdR Vorversicherungszeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von mindestens 90 % der in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens verbrachten Zeit bestanden haben müsse, beim Kläger nicht erfüllt sei. Maßgeblich sei insoweit der Zeitraum vom 17. November 1988 bis zum 28. Juni 2011, in dem er nicht mit einem Anteil von 9/10 Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Ursächlich hierfür sei gewesen, dass er im Zeitraum 1993 bis 1998, in dem er als Familienangehöriger einer Entwicklungshelferin privat in einer Gruppenversicherung krankenversichert gewesen sei, nicht berücksichtigungsfähig sei. Das Sozialgericht hat sich dabei auf die bereits von der Beklagten zitierte Entscheidung des BSG bezogen, wonach eine Auslegung dergestalt, dass auch private Krankenversicherungszeiten gemäß § 5 Abs. 1 Nummer 11 SGB V berücksichtigt werden könnten, nicht statthaft sei, weil der Bezug zur Solidargemeinschaft nicht hergestellt werden könne. Das BSG habe weiter dargelegt, dass eine Regelungslücke auch nicht für Entwicklungshelfer nach dem EhfG angenommen werden könne. Die Regelungen zur sozialen Sicherung der Entwicklungshelfer knüpften zwar teilweise an die sozialrechtlichen Vorschriften und Versicherungstatbestände im Inland an, das gelte insbesondere für die Rentenversicherung und die Arbeitslosenversicherung. Für die Krankenversicherung, die für Versicherungsfälle während des Entwicklungsdienstes im Ausland einstehen müsse, habe das Gesetz dagegen keine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgeschrieben. Der Gesetzgeber habe der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass die gesetzliche Krankenversicherung wegen der für sie geltenden Strukturprinzipien, insbesondere des Territorialprinzips, einen Versicherungsschutz nur teilweise für zum Beispiel in Deutschland bleibende Familienangehörige herstellen könne. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nummer 11 SGB V enthalte insoweit keine unbewusste Regelungslücke, denn der Gesetzgeber habe eine Gleichstellung erkennbar nicht beabsichtigt und für den Personenkreis der Entwicklungshelfer ein eigenes System der sozialen Sicherung entwickelt. Dabei würden Entwicklungshelfer in die deutsche Sozialversicherung nur insoweit einbezogen, wie dies mit deren Strukturprinzipien vereinbar sei.
Auch die im Jahr 1998 erfolgte Einführung von § 240 Abs. 4a SGB V begründe keinen Anspruch auf Einbeziehung oder Gleichstellung der privaten Versicherungszeit während des Entwicklungshilfedienstes der Ehefrau des Klägers. Zwar sei damit die Möglichkeit eröffnet worden, eine Anwartschaftsversicherung für die Dauer des Auslandsaufenthaltes zu begründen, dies habe aber nur Auswirkungen für die Zukunft ab Inkrafttreten der Norm. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, rückwirkende Regelungen zu treffen, zu deren Erlass er im Übrigen nicht verpflichtet sei. Die Anwartschaftsregelung sei schon zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das BSG wirksam gewesen und in den Entscheidungsgründen nicht näher thematisiert worden. Das BSG habe überdies klargestellt, dass gerade nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden könne und eine Einbeziehung der Zeiten der privaten Versicherung während eines Entwicklungsdienstes auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – hergeleitet werden könne.
Wenn der Gesetzgeber für die Zukunft im Rahmen seines Gestaltungsspielraums anderweitige Regelung treffe, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass die Regelung für die Vergangenheit grundgesetzwidrig sei oder dass eine Verpflichtung bestanden habe, rückwirkende Änderungen herbeizuführen und sämtliche Personen, die zu irgendeinem Zeitpunkt im Entwicklungsdienst gearbeitet hätten, so zu behandeln, als ob eine Anwartschaftsversicherung abgeschlossen worden sei. Die Ungleichbehandlung und Besserstellung mit Personen, die ab der Geltung der Neuregelung Entwicklungshilfe leisten sei nicht sachwidrig, denn sie knüpft an eine gesetzliche Neuregelung und damit gesetzgeberische Neubewertung an. Diese Neuregelung sei auch nicht unter dem Blickwinkel einer Änderung der Zugangsvoraussetzungen für die KVdR erfolgt, sondern habe dem Bedürfnis bestimmter freiwilliger Mitglieder nach mehr beruflicher Flexibilität Rechnung getragen. Auch wenn durch die Gesetzesänderung primär der erweiterte Zugang in die KVdR beabsichtigt gewesen wäre, ändere dies jedoch nichts daran, dass die Neuregelung nicht rückwirkend gelte und vor dem Hintergrund des breiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers für die Ausgestaltung der Sozialversicherung auch nicht rückwirkend gelten müsse. Die hiermit im Zusammenhang stehende Ungleichbehandlung zu Personen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes Entwicklungsdienst geleistet hätten, sei nicht zu beanstanden und bei gesetzlichen Neuregelungen systemimmanent. Etwas anderes gelte nur, wenn ein verfassungswidriger Zustand beseitigt werden solle. Hiervon könne nach der in Bezug genommenen Entscheidung des BSG aus dem Jahr 1998 nicht ausgegangen werden.
Das Urteil wurde der Bevollmächtigten des Klägers am 20. Juni 2016 zugestellt. Am 19. Juli 2016 hat er die vorliegende Berufung erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die Argumente im Verwaltungsverfahren und vor dem Sozialgericht. Er betont noch einmal, dass es dem Gesetzgeber entgangen sei, eine Regelung für Altfälle zu schaffen. Dies sei umso frappierender, als hiervon betroffene Personen sich im Hinblick auf die Weltsolidarität sehr hervorgetan hätten. Der Kläger hätte sich bei damaliger Gesetzeslage nicht anders verhalten können, weil die entsprechende Vorschrift von § 240 Abs. 4a SGB V noch nicht gegolten habe. Vor diesem Hintergrund würde es zu einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung führen, wenn die entsprechende Regelung nicht auch auf Altfälle angewandt würde. Die vom Kläger zum damaligen Zeitpunkt zur Aufrechterhaltung der Pflichtversicherung fällige Zahlung eines Krankenversicherungs-beitrags in Höhe von etwa 2.250,- EUR, hätte keine Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Krankenversicherung haben können. Überdies habe er angeboten, die entsprechenden Anwartschaftsbeiträge für den fraglichen Zeitraum nachzuzahlen. Das Ergebnis sei grob ungerecht, so dass unter Berücksichtigung der Verfassung nur zwei Möglichkeiten bestünden: 1. der Auslandsaufenthalt würde insgesamt nicht berücksichtigt, dann würde der Kläger die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erfüllen oder 2. der Auslandsaufenthalt würde als Vorversicherungszeit angerechnet, was beides zu dem vom Kläger erwünschten Ergebnis führen würde.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts vom 10. Juni 2016 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19. August 2011 und vom 11. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 24. August 2012 aufzuheben und festzustellen, dass für den Kläger in der Zeit vom 28. Juni 2011 bis 28. August 2012 eine Mitgliedschaft in der KVdR bestanden hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 hat das Gericht die Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – unter Fristsetzung bis zum 7. November 2016 dazu angehört, dass es erwäge, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte.
Die Beklagte und die Beigeladene haben von einer weiteren Stellungnahme abgesehen; der Kläger bittet darum, die Revision zuzulassen, wenn er mit seiner Berufung unterliegen sollte. Die Entscheidung habe für eine größere Personengruppe grundsätzliche Bedeutung.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 SGG). Sie wird, nachdem die Beteiligten auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen wurden, durch Beschluss zurückgewiesen, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Kläger hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen könnten.
Der Senat weist im Hinblick auf die Ausführung im angefochtenen Urteil, dass das BSG sich zu der Gesetzesänderung in § 240 Abs. 4a SGB V nicht geäußert habe, nur noch darauf hin, dass das Gericht im Zeitpunkt seiner Urteilsverkündung am 3. September 1998 (BSG, Urteil vom 3.9.1998 – B 12 KR 21/97 R – Rn. 23, juris) die Neufassung von § 240 Abs. 4a SGB V in den Blick genommen und dazu wie folgt formuliert hat:
"Dementsprechend enthält auch § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V keine unbewußte Regelungslücke, wenn er eine Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung verlangt. Zwar war bei Inkrafttreten des EhfG im Jahre 1969 die Versicherungspflicht in der KVdR nicht von einer Vorversicherungszeit abhängig (vgl BSGE 78, 297, 299 = BSGE SozR 3-2500 § 5 Nr 29 S 103), so daß eine Gleichstellungsregelung nicht erforderlich war. Vielmehr waren alle Rentner nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO idF des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) versicherungspflichtig. Das EhfG ist jedoch auch nach Wiedereinführung einer Vorversicherungszeit für den Zugang zur KVdR ab 1. Juli 1977 mehrfach, insbesondere in den Vorschriften zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung, geändert sowie mit den Entwicklungen auf diesen Rechtsgebieten in Einklang gebracht worden. Eine besondere Regelung für Entwicklungshelfer hat der Gesetzgeber bei den wiederholten Änderungen der Zugangsvoraussetzungen zur KVdR nicht getroffen. Wenn eine "nachgehende Gleichstellung" beim Zugang zur KVdR gewollt gewesen wäre, hätte sie spätestens zum 1. Januar 1989 (Inkrafttreten des GRG) nahegelegen. Zu diesem Zeitpunkt wurde aus dem früheren Recht (§ 313 Abs 5 RVO) zwar das Ruhen von Leistungen während des Entwicklungsdienstes, nicht aber die entsprechende Beitragsermäßigung ins neue Recht übernommen (vgl § 16 Abs 1 Nr 3, § 243 SGB V). Damit war für Entwicklungshelfer ohne Familienangehörige eine Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr wirtschaftlich. Neuerdings ist zwar durch Art 3 Nr 2 Buchst b, Nr 3, Art 6 Abs 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 6. August 1998 (BGBl I 2005) nach Maßgabe des § 240 Abs 4a und des § 243 Abs 2 Satz 1 SGB V nF den gesetzlichen Krankenkassen für die Zukunft wieder eine Beitragsermäßigung in einer freiwilligen Weiterversicherung während des Entwicklungsdienstes gestattet worden. Damit soll eine "Art beitragsrechtliche Anwartschaftsversicherung" eingeführt werden (so die Begründung in BT-Drucks 13/11021 S 11). Sie gewährleistet das Recht zur Fortsetzung der freiwilligen Versicherung als "Voll"-Versicherung nach Rückkehr aus dem Ausland. Daß eine solche (frühere) Anwartschaftsversicherung oder sogar eine frühere private Versicherung beim Zugang zur KVdR auf die Vorversicherungszeit angerechnet wird, ist jedoch auch bei dieser Gelegenheit nicht geregelt worden. Das "bewußte Schweigen" des Gesetzgebers wird durch die Auskünfte bestätigt, die das SG im vorliegenden Verfahren vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Bundesministerium für Gesundheit 1995/1996 eingeholt und auf die sich das LSG in dem angefochtenen Urteil gestützt hat. Danach ist sich der Gesetzgeber seit langem bewußt, daß der Zugang zur KVdR für Entwicklungshelfer gefährdet ist. Eine Regelung über die Gleichstellung des Entwicklungsdienstes mit Zeiten der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung scheitert jedoch nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit daran, daß der Zugang zur Versicherungspflicht als Rentner nur dann vertretbar ist, wenn die Betreffenden selbst für einen angemessenen Zeitraum einen Beitrag zur Finanzierung der Solidarlasten für die älteren Versicherten getragen haben. Auf die Erfüllung der Vorversicherungszeit für die KVdR könne daher auch bei ehemaligen Entwicklungshelfern nicht verzichtet werden.
Der Senat kann vor diesem Hintergrund – obgleich er nachvollziehen kann, dass der Kläger die für ihn aus der Rechtlage entstehende Situation als unbefriedigend empfindet – dem Ergebnis in Anwendung der gesetzgeberischen Regelung für Sachverhalte der vorliegenden Art nichts Maßgebliches entgegensetzen. Wollte der Kläger seinen Fall von der Regelung des § 240 Abs. 4a SGB V erfasst sehen, wäre eine Gesetzesänderung notwendig, die der Gesetzgeber aber im Zeitpunkt der Gesetzesänderung im Jahr 1998 gerade nicht gewollt hat, worauf das BSG in der fraglichen Entscheidung auch bereits abgestellt hatte. Auch in der seit damals verstrichenen Zeit wurde das Gesetz nicht in dem vom Kläger gewünschten Sinne novelliert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen, insbesondere hat das BSG mit der hier zitierten Entscheidung seine Rechtsauffassung zu Fällen der hier vorliegenden Art bereits dargelegt und eine wesentliche Änderung des Sachverhalts oder der Rechtslage gegenüber dem Zeitpunkt der genannten Entscheidung, die eine Zulassung rechtfertigen könnte, kann der Senat nicht erkennen.
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