Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 392/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 88/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Landesgesetzgeber war zur Schaffung einer Regelung zur Einbeziehung von Honoraren aus Selektivverträgen als Bemessungsgrundlage für die Erweiterte Honorarverteilung (EHV) befugt. § 8 Abs. 2 KVHG verstößt nicht gegen kompetenzrechtliche Vorschriften des Grundgesetzes.
2. § 8 Abs. 2 KVHG und § 11 Abs. 2 GEHV sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der zukunftsfähige Erhalt des umlagefinanzierten Alterssicherungssystems der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in Hessen stellt einen gewichtigen Belang des Allgemeinwohls dar.
2. § 8 Abs. 2 KVHG und § 11 Abs. 2 GEHV sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der zukunftsfähige Erhalt des umlagefinanzierten Alterssicherungssystems der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in Hessen stellt einen gewichtigen Belang des Allgemeinwohls dar.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 537,72 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Einbeziehung der Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nach § 11 Abs. 6 Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV) für das Quartal IV/11.
Der Kläger übte seine vertragsärztliche Tätigkeit im Bereich der Beklagten mit Praxissitz in A-Stadt in Berufsausübungsgemeinschaft mit vier weiteren Ärzten (Dr. C., Dr. D., E. und Dr. F.) aus.
Der Kläger meldete mit Schreiben vom 15. Oktober 2012, bei der Beklagten am 18. Oktober 2012 eingegangen, seine Umsätze aus Sonderverträgen für die Quartale IV/11 bis II/12.
Die Beklagte setzte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 im Wege der Schätzung die Umsätze aus Sonderverträgen für GKV-Leistungen für das streitbefangene Quartal IV/11 auf den Betrag von 25.000,00 Euro fest. Zur Begründung verwies sie auf § 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 der GEHV, wonach neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV, die Vertragsärzte an gesetzlichen krankenversicherten Patienten erbrächten und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt würden, heranzuziehen seien. Hieraus folge eine Meldepflicht der Umsätze ab dem Quartal III/11. Der sei die Berufsausübungsgemeinschaft nicht nachgekommen, weshalb sie zu einer Schätzung berechtigt sei. Hierüber habe sie bereits mit einem Rundschreiben im Juli 2011 informiert. Der geschätzte Umsatz beruhe auf einem Mittelwert der gemeldeten Umsätze.
Mit weiteren Bescheiden vom 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012 nahm die Beklagte eine entsprechende Festsetzung in gleicher Höhe für die Quartale I und II/12 vor.
Hiergegen legte die Berufsausübungsgemeinschaft am 22. November 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Ausführungen in ihren personenbezogenen Widersprüchen, die der Beklagten parallel zugingen. Diesen seien eidesstattliche Versicherungen der einzelnen Ärzte zum Sachverhalt bzw. Fragen der jeweiligen Einnahmen beigefügt.
Auf Grund der Meldungen ging die Beklagte mit Bescheiden vom 10. Dezember 2012 von Umsätzen aus Sonderverträgen beim Kläger in Höhe von 10.197,66 Euro (Quartal IV/11), 15.461,71 Euro (Quartal I/12) bzw. 14.808,25 Euro (Quartal II/12) aus und setzte den EHV-Abzug in Höhe von 5,237%, 5,291% bzw. 5,319% fest, was zu Gutschriften in Höhe von 780,53 Euro, 504,67 Euro bzw. 542,11 Euro führe. Die Widersprüche seien damit erledigt.
Der Kläger teilte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 7. Januar 2013 mit, er betrachte seine Widersprüche nicht als erledigt, zumal sie sich nicht nur gegen die Schätzung als solche richteten, sondern auch gegen die Rechtmäßigkeit der Verfahrensweise insgesamt. Er verweise auf seine Ausführungen in den Widersprüchen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2013 die Widersprüche als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, sie habe die ursprünglichen Schätzbescheide auf der Grundlage ihrer Satzung zur EHV erlassen können. In der teilweisen Abhilfe liege kein teilweiser Erfolg der Widersprüche, da diese auf der nachträglichen Erfüllung der Mitwirkungspflichten beruhe.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Juli 2013 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. Juli 2013 die Verfahren bzgl. der Quartale I und II/12 unter den Az.: S 12 KA 399 und 400/13 abgetrennt und auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 5. November 2014 zum Ruhen gebracht.
Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, für die Bescheide fehle es an jeglicher Rechtsgrundlage. Entsprechende Festsetzungen und Einbehalte im Hinblick auf Sonderverträge und die EHV seien sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, da jegliche gesetzliche Vorgaben in einer Form fehlten, die erforderlich wäre, um als ausreichende Legitimationsgrundlage Gültigkeit zu beanspruchen. Gerade das Gesetz über die KV Hessen einerseits und die Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung andererseits, auf die die Beklagte verweise, stellten keine ausreichende Legitimationsgrundlage dar und würden vor allen Dingen nicht von höherrangigen Rechtsgrundlagen getragen. Es werde bezweifelt, ob durch ein Landesgesetz eine Erweiterung der Bemessungsgrundlagen auf Einkünfte aus Sonderverträgen überhaupt hätte erfolgen dürfen. Mit der durch Bundesgesetz vorgenommenen Einschränkung des Sicherstellungsauftrags der Beklagten sei eine "Trennlinie" zwischen einerseits der Gesamtvergütungen und der Honorare aus Direkt- bzw. Selektivverträgen gezogen worden. Hieran halte sich die Beklagte nicht. Bereits auf Landesebene fehle eine ausreichende Legitimation durch eine bundesgesetzliche Regelung. Das entsprechende Landesgesetz sei wegen Verstoßes gegen die Gesetzgebungszuständigkeit des Grundgesetzes rechtswidrig. Der Honorarbescheid führe immer nur zur honorartechnischen Umsetzung der Vorgaben der Bescheide zur EHV. Es sei relevant, ob die Bescheide überhaupt zutreffende Beträge enthielten und rechnerisch nachvollziehbar gestaltet seien.
Die Beklagte hat auf § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) vom 22. Dezember 1953, zuletzt geändert mit Gesetz zur Änderung des KVHG vom 14. Dezember 2009 verwiesen. Es handele sich um eine auch nach Bundesrecht zulässige fortbestehende landesrechtliche Regelung über die Altersversorgung der Kassenärzte im Sinne von Art. 4 § 1 Abs. 2 S. 2 des Gesetzes über das Kassenarztrecht (GKAR). Die maßgeblichen Regelungen für die EHV enthielten die Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung. In Folge des Urteils des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2008 - B 6 KA 38707 R - sei seitens des Landesgesetzgebers eine Grundlage für die Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütungen in die EHV geschaffen worden. Sie habe daraufhin § 11 GEHV verabschiedet. Danach seien alle Ärzte auskunftspflichtig. Der Kläger habe als Vertragsarzt seine Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nicht innerhalb der Frist von 3 Monaten nach Quartalsende gemeldet. Sie habe deshalb die Schätzung vornehmen können. Der entsprechende Abzug sei im Honorarbescheid für das Quartal II/12 der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewiesen worden. Der Kläger habe sodann Umsätze in Höhe von 10.197,66 Euro nachgemeldet. Von dem Schätzbescheid gingen tatsächlich keine Rechtswirkungen mehr aus. Soweit der Kläger diesen EHV-Abzug in seinem Grunde und in seiner Höhe angreife, fehle ihm dafür die erforderliche Aktivlegitimation. Denn der Abzug treffe die Rechtspersönlichkeit der Berufsausübungsgemeinschaft.
Die Berechnung der EHV-Beiträge sei nicht streitgegenständlich; die Beiträge wirkten sich erst im Honorarbescheid II/12 der Berufsausübungsgemeinschaft aus. Zur Vereinbarkeit des § 8 KVHG mit Bundesrecht sei sie nicht die richtige Adressatin.
Mit Urteil vom 5. November 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG).
Gegen das ihm am 12. November 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Dezember 2014 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger wiederholt sind erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, gesetzliche Vorgaben in einer Form, die erforderlich wäre, um als ausreichende Legitimationsgrundlage Festsetzungen und Einbehalte im Hinblick auf Sonderverträge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu rechtfertigen, fehlten. Die scharfe Trennung von Gesamtvergütung einerseits und Honoraren aus Direkt- bzw. Selektivverträgen werde von Landesgesetzgeber überschritten. Der Bundesgesetzgeber habe eine derart umfassende Einbeziehungsmöglichkeit mit Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR nicht zum Ausdruck gebracht. Ohne ausreichende Legitimation verstoße daher § 8 KVHG gegen die Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz im Grundgesetz.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 und den Bescheid vom 10. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013 hinsichtlich des Quartals IV/11 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihr erstinstanzlichen Vorbringen und die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen des Sach- und Streitgegenstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – nach entsprechender Beschränkung des Antrags durch den Kläger im Berufungsverfahren – der Bescheid vom 10. Dezember 2012 bezüglich des Quartals IV/1, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013.
Die Klage gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2012 ist als Anfechtungsklage statthaft. Der Regelungsgehalt des Bescheides beschränkt sich nicht lediglich auf – wie die Beklagte im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vertreten hat – eine Teilabhilfe hinsichtlich der im Bescheid vom 24. Oktober 2012 vorgenommenen Festsetzung der Umsätze aus Sonderverträgen im Wege der Schätzung, sondern enthält darüber hinaus eine weitergehende Regelung im Sinne von § 35 Satz 1 SGB X, nämlich die Festsetzung des auf die EHV entfallenden Honoraranteils nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 GEHV, mithin die Beitragsfestsetzung. Der festgestellte Beitrag beläuft sich danach auf 5,273% von dem – nach der Meldung des Klägers – Umsatz aus Sonderverträgen in Höhe von 10.197,66 Euro im Quartal IV/11, mithin 537,72 Euro. Durch diesen Verwaltungsakt ist der Kläger auch beschwert, weil er auch nach der Gutschrift auf dem Honorarkonto 3/12 in dieser Höhe noch mit Beiträgen aus den Umsätzen aus den Sonderverträgen belastet wird. Gegen diesen im Bescheid vom 10. Dezember 2012, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, verkörperten Verwaltungsakt hat der Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2013 Widerspruch erhoben, indem er um die Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens gegen den Schätzbescheid bittet und zugleich mitteilt, er gehe davon aus, "dass zu Unrecht Einbehalte ausgeführt werden, auch wenn diese nun deutlich reduziert wurden". Damit machte der Kläger unzweifelhaft deutlich, auch mit der im Bescheid vom 10. Dezember 2012 mitgeteilten Beitragsfestsetzung nicht einverstanden zu sein. Das Vorverfahren wurde weiterhin ordnungsgemäß durchgeführt, insbesondere hat die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid auch über den Widerspruch vom 7. Januar 2013 entschieden. Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass sie sich im Widerspruchsbescheid mit dem reduzierten EHV-Abzug inhaltlich auseinandersetzt. Dass sie dabei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, es handele bei dem Bescheid vom 10. Dezember 2012 lediglich um einen Teilabhilfebescheid gegenüber dem ursprünglichen Schätzbescheid, ist insoweit nicht erheblich. Indessen lässt auch allein die weitere Fortführung des Widerspruchsverfahrens durch die Beklagte auf das Schreiben des Klägers vom 7. Januar 2013 darauf schließen, dass sie auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2012 bescheiden wollte, denn offenkundig hat sie an ihrer ursprünglich darin geäußerte Rechtsauffassung, der Widerspruch gegen den Schätzbescheid sei damit erledigt, nicht mehr festgehalten.
Die insoweit zulässige Klage ist aber unbegründet, denn der Bescheid vom 10. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2013 ist hinsichtlich des Quartals IV/11 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung der EHV-relevanten Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen ist § 11 Abs. 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, gültig ab 1. Juli 2006, in der geänderten Fassung ab Juli 2011 (im Folgenden: GEHV), wonach zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung ergänzend zu der Quotierung der Gesamtvergütung nach § 8 Abs. 1 GEHV sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, herangezogen werden. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung.
Diese Regelungen sind - jedenfalls soweit - wie hier - das über die Beklagte abgerechnete Honorar des Vertragsarztes im betroffenen Quartal seinen Finanzierungsbeitrag zur EHV aus Sonderverträgen (vgl. hierzu § 11 Abs. 2 Satz 2 GEHV) übersteigt – rechtmäßig.
§ 11 Abs. 1 GEHV ist zunächst formell rechtmäßig, insbesondere sind Fehler im Satzungsgebungsverfahren nicht ersichtlich. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend festgestellt hat, ist die Norm durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der Beklagten in den Sitzungen vom 20. Februar 2010, 29. Mai 2010 und 28. August 2010 verabschiedet, gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vom Hessischen Sozialministerium mit Schreiben vom 10. Juni 2011 als zuständiger Aufsichtsbehörde genehmigt und durch das Mitgliederrundschreiben der Beklagten "EHV Aktuell" vom 6. Juli 2011 veröffentlicht worden. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht das ordnungsgemäße Zustandekommen von § 11 GEHV bestritten hat, ergeben sich für den Senat hierfür aus dem unstubstantiierten Vortrag des Klägers, den er auch im Berufungsverfahren nicht weiter konkretisiert hat, keine Anhaltspunkte.
Die Satzungsregelung findet in § 8 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 2 Gesetz über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) in der ab 23. Dezember 2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 662) i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 Gesetz über Änderungen von Vorschriften des zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung und zur Ergänzung des Sozialgerichtsgesetzes (Gesetz über Kassenarztrecht – GKAR) vom 17. August 1955 (BGBl I 1955, 513) ihre Ermächtigungsgrundlage. Nach § 8 Abs. 2 KVHG werden zur Sicherung der nach § 8 Abs. 1 KVHG errichteten Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der Erweiterten Honorarverteilung unterworfen (Satz 1). Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Satz 2). Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 KVHG ist die Kassenärztliche Vereinigung berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs. 2 zu regeln.
Die landesgesetzliche Regelung ist formell rechtmäßig, insbesondere war der Landesgesetzgeber auch zur Gesetzgebung befugt.
Ein Verstoß gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz (GG) ist nicht gegeben. Zwar hat der Bundesgesetzgeber die Verteilung der von den Krankenkassen zu entrichtenden Gesamtvergütungen in § 85 Abs. 4 SGB V in der für hier maßgeblichen, ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2626; a. F.) abschließend und in einer der ergänzenden Gesetzgebung durch die Länder nicht zugänglichen Weise auf der Grundlage des Kompetenztitels des Art 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ("Sozialversicherung") umfassend geregelt. Deshalb bleibt grundsätzlich für abweichende landesgesetzliche Regelungen zur Honorarverteilung kein Raum. Davon ist jedoch durch Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR eine Ausnahme für diejenigen landesrechtlichen Versorgungssysteme zugunsten alter Kassenärzte gemacht worden, die bei Inkrafttreten des GKAR bereits bestanden (BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, BSGE 101, 106-130, SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, zitiert nach juris Rn. 35). Das ist für die EHV der Beklagten der Fall.
Die somit bestehende Gesetzgebungskompetenz hat der Landesgesetzgeber mit § 8 Abs. 2 KVHG auch nicht überschritten, indem neben der Gesamtvergütung auch alle Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der EHV und zwar unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage unterworfen hat, so dass auch die hier strittigen Umsätze aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung zur Bemessung der Beiträge zur EHV herangezogen werden. Denn hierdurch erfolgt nicht etwa eine Verteilung von Arztvergütungen, die nicht (mehr) der Gesamtvergütung im Sinne von § 85 Abs. 4 SGB V (a. F.) zugeordnet werden können, sondern vielmehr trifft der Landesgesetzgeber lediglich eine Regelung zur Bemessung der Höhe desjenigen Anteils einer Vertragsärztin bzw. eines Vertragsarztes an der Gesamtvergütung, die für die Finanzierung der EHV einbehalten werden. Bemessungsgrundlage hierfür sind aufgrund die Neufassung von § 8 Abs. 2 KVHG durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 662) nicht mehr nur die sich aus der Gesamtvergütung ergebenden von dem Vertragsarzt/der Vertragsärztin erzielten Honorare, die über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werden, sondern auch diejenigen Leistungsvergütungen für ärztliche Tätigkeit an gesetzlich krankenversicherten Patienten, die der Vertragsarzt/die Vertragsärztin aus Sonderverträgen mit den gesetzlichen Krankenkassen gerieren. Diese Verträge haben Einfluss auf die Gesamtvergütungen und ihre Höhe, da sie ein Abweichen vom Regelsystem der ambulanten Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen. Hierzu gehören Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Verfahrens-, Organisations-, Finanzierungs- und Vergütungsformen (§ 63 SGB V) und zur Arzneimittelversorgung (§ 64a SGB V), die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b SGB V) und die besondere ambulante Versorgung (§ 73c SGB V) sowie die integrierte Versorgung (§§ 140a ff SGB V). Da nach §§ 64 Abs. 3 Satz 1, 73b Abs. 7, 73c Abs. 6 und 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V die Gesamtvergütung zu bereinigen ist, wird infolge der außerhalb der Regelversorgung durchgeführten ambulanten Versorgung zu deren Finanzierung die Gesamtvergütung der Höhe nach eingeschränkt. Mit der landesgesetzlichen Regelung wird damit also nicht etwa die Gesamtvergütung im Sinne von § 85 Abs. 4 SGB V (a. F.) erhöht, indem die außerhalb der regulären Versorgung den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten gezahlten Vergütungen der Gesamtvergütung über die EHV wieder hinzugefügt würde mit der Folge, dass der Kassenärztlichen Vereinigung ein erhöhtes Volumen zur Honorarverteilung zur Verfügung stünde. Vielmehr beschränkt sich § 8 Abs. 2 KVHG auf die Herstellung einer Bemessungsgröße, die außerhalb der Gesamtvergütung durch den Vertragsarzt bzw. die Vertragsärztin erwirtschaftete Leistungsvergütung der Höhe nach zur Ermittlung des jeweils auf diesen Vertragsarzt/diese Vertragsärztin entfallenden EHV-Finanzierungsanteils – also ihres "Beitrags" zur EHV – berücksichtigt.
Der Landesgesetzgeber hat damit auf die bundesrechtliche Entwicklung innerhalb des SGB V reagiert, mit der erhebliche Teile der Vergütung ursprünglich vertragsärztlicher Leistungen nicht mehr über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgewickelt werden. Eine entsprechende Kompetenz des Gesetzgebers, gesetzliche Vorgaben auf Landesebene zur normieren, mit denen der Fortbestand des Systems der EHV dadurch gesichert wird, dass der Zufluss der für die Finanzierung des Umlagesystems erforderlichen Beträge aus solchen Einnahmen der Vertragsärzte, die nicht mehr über die Kassenärztliche Vereinigungen bezogen werden, sichergestellt wird, hat das Bundessozialgericht bereits bejaht (BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, BSGE 101, 106-130, SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, zitiert nach juris Rn. 52).
Die Regelung durch den Landesgesetzgeber begegnet vor dem Hintergrund von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 GKAR deshalb selbst dann keinen Bedenken, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM-Ä) im hergebrachten System der ambulanten Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten nicht über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnungsfähig sind und damit nur aufgrund der Sonderverträge in das System der ambulanten Versorgung einbezogen werden. Denn Umsätze aus einem solchen Leistungsgeschehen können die betroffenen Vertragsärzte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur aufgrund der Sonderverträge erzielen, die sie gerade wegen ihres Status als Vertragsarzt abschließen dürfen. Es ergibt sich damit und vor dem Hintergrund der Beschränkung auf Leistungen, die zum Leistungskatalog nach dem SGB V gehören, ein enger Sachzusammenhang zu ihrem Status als Vertragsarzt.
§ 8 Abs. 2 KVHG ist auch materiell rechtmäßig. Die Regelung ist insbesondere auch hinreichend bestimmt. Auch wenn der Landesgesetzgeber darauf verzichtet hat, die Art der Direktverträge und Verträge zur Integrierten Versorgung näher zu bezeichnen, ergibt sich aus der Norm hinreichend eindeutig im Sinne einer dynamischen Verweisung, dass Verträge zwischen Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des SGB V gemeint sind.
Die Regelung genügt des Weiteren den Anforderungen, die an Normen im Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, sie ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt und genügt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das mit § 8 Abs. 2 KVH verfolgte Ziel, nämlich – wie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt – die Sicherung der EHV der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 8 Abs. 1 KVHG, mithin die wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KVHG; vgl. auch Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, LT-Drucks. 18/767, S. 3) rechtfertigt die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit, denn die Alters- und Hinterbliebenensicherung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind ausreichende Gründe des Gemeinwohls, die insbesondere auch den Anforderungen der an der Eingriffsintensität einer Berufsfreiheitsbeschränkung orientierten sog. Stufenlehre des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 11. Juni 1958, BVerfGE 7, 377, 405 ff) genügen, nach der grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls ausreichen (vgl. BVerfGE 7, 377 (405 f.); 16, 286 (297); 81, 156 (189); BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08 –, Rn. 297, juris; stRspr).
§ 8 Abs. 2 KVHG ist zur Zielerreichung zunächst geeignet, denn die Heranziehung der Umsätze aus Sonderverträge der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zur Bemessung der EHV-Beiträge gewährleistet die Finanzierungsgrundlagen der EHV. Der Landesgesetzgeber reagiert damit auf die bundesgesetzlichen Entwicklungen im SGB V, Teile der Vergütung ursprünglich vertragsärztlicher Leistungen nicht mehr über die Kassenärztlichen Vereinigungen abzuwickeln, indem die Leistungserbringung auf der Basis von Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Verfahrens-, Organisations-, Finanzierungs- und Vergütungsformen (§ 63 SGB V), von hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b SGB V) und von besonderer ambulanter Versorgung (§ 73c SGB V) sowie von integrierter Versorgung (§§ 140a ff SGB V) über eine direkte vertragliche und vergütungsrechtliche Beziehung zwischen Vertragsärzten und gesetzlichen Krankenkassen organisiert werden kann. Indem der Landesgesetzgeber diejenigen Vergütungsanteile, um die die ursprünglich allein als Bemessungsgrundlage herangezogene Gesamtvergütung nach § 85 Abs. 4 SGB V a. F. nach den entsprechenden bundesgesetzlichen Vorgaben gemindert wird, in die Bemessungsgrundlage mit einbezieht, wird die Finanzierungsbasis der EHV in einer Weise verbreitert, die dazu beiträgt, den Fortbestand des Systems der EHV zu sichern, da diesem umlagefinanzierten System somit die erforderlichen Beträge aus solchen Einnahmen der Vertragsärzte weiterhin zufließen und somit die Erfüllung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften gewährleistet (vgl. hierzu auch Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, LT-Drucks. 18/767, S. 3).
Die Regelung ist auch erforderlich. Insbesondere weil in Hessen die Alterssicherung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowohl über das Versorgungswerk der Ärztekammer Hessen als auch über die EHV der Kassenärztlichen Vereinigung sichergestellt ist, ist der Landesgesetzgeber bei der Organisation der Alterssicherungssysteme gehalten sicherzustellen, dass Vertragsärzte über die Teilnahme an der EHV einen relevanten Beitrag zur Altersversorgung erarbeiten können. Für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte ermäßigt sich nämlich im Rahmen der Alterssicherung über das Versorgungswerk der hessischen Ärztekammer nach § 8 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Landesärztekammer Hessen mit Beginn der vertragsärztlichen Tätigkeit der Pflichtbeitrag auf 50% des Beitrags, so dass ohne die Regelung die Gefahr bestünde, dass bei immer geringer werdendem Anteil der Einnahmen, den ein Vertragsarzt in der aktiven Phase seiner Berufstätigkeit von der Kassenärztlichen Vereinigung bezieht, er bei typisierender Betrachtung in der Altersphase nicht mehr die Hälfte seiner Altersversorgung aus dem System der EHV erhalten kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 38/07 R, juris Rn. 51).
Ebenso wenig wie die Beibehaltung der Organisation der Alterssicherung der hessischen Ärzte in zwei Versorgungeinrichtung zwingend ist, ist es jedoch zwingend, den Fortbestand des Systems der EHV in der konkret in § 8 Abs. 2 KVHG vorgesehenen Weise zu sichern. Denkbar wäre etwa auch eine Regelung, mit der die Landesärztekammer als Träger des Versorgungswerks verpflichtet würde, der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen die Summe der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit für jeden Vertragsarzt mitzuteilen, damit diese zur Grundlage der Bemessung des EHV-Beitrags würde (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 38/07 R, juris Rn. 52). Die konkrete Ausgestaltung der Regelung ist aber vom Gestaltungspielraum des Gesetzgebers gedeckt.
Die Erforderlichkeit der Regelung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Gesamtvergütung nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers seit 2008 bis 2014 im Mittel angestiegen ist und dementsprechend der EHV sogar höhere Einnahmen aus den über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechneten Leistungsvergütungen der Vertragsärzte zugeflossen sind. Denn zum Einen unterliegt die Beurteilung der Erforderlichkeit einer weiten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, nach der Maßnahmen, die der Gesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Regelungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten (Ulber, NZA 2016, 619, 621). Solche alternativen Maßnahmen sind nicht ersichtlich, denn als weniger belastende Maßnahmen käme nur der Verzicht auf die Berücksichtigung von Teilen der ärztlichen Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit bei der Beitragsbemessung in Betracht, was aber die Einnahmeseite der EHV ohne Steigerung des Umlagesatzes (siehe hierzu LT-Drucks. 16/2469, S. 1) nicht in gleicher Weise stärken würde wie die vom Landesgesetzgeber gewählte Regelung. Zum Anderen handelt sich bei § 8 Abs. 2 KVHG – wie aus der dynamischen Verweisung in das SGB V erkennbar wird – um eine Regelung, die langfristig auf die Entwicklungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung reagieren soll, so dass die Entwicklung der Gesamtvergütung über einen Zeitraum vom sechs Jahre bereits nicht aussagekräftig sein dürfte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es dem Gesetzgeber ersichtlich darum geht – wie bisher – typisierend die gesamten Einnahmen aus ärztlicher Leistung der Vertragsärzte zur berücksichtigen. Dies wäre im bestehenden System eines auf die Hälfte reduzierten Beitrags zum Versorgungswerk der Landesärztekammer bei Verzicht auf die Berücksichtigung der Einnahmen aus den Sonderverträgen – ebenfalls typisierend – nicht mehr der Fall, wenn bei der – typisiert – anderen Hälfte der Altersversorgung (nämlich der durch die EHV) ein Teil der Einnahmen aus der Tätigkeit nicht zur Berücksichtigung käme. Dies könnte sich – insbesondere bei steigenden Vergütungsanteilen aus Sonderverträgen – nachteilig auf das Niveau der Alterssicherung der Vertragsärzte auswirken.
Schließlich verstößt § 8 Abs. 2 KVHG auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip i. e. S., die Regelung ist angemessen. Denn den Einschränkungen der Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), die sich aus der verbreiterten Bemessungsgrundlage für die Vertragsärzte ergeben, steht eine erhöhte Anwartschaft auf Honorar aus der EHV in der künftigen Altersphase gegenüber. Und andererseits haben die rechtfertigenden Gründe erhebliches Gewicht, da es hier um den zukunftsfähigen Erhalt des umlagefinanzierten Alterssicherungssystems der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte geht, welches eine konkrete Ausgestaltung des Solidarprinzips zwischen aktiven Vertragsärzten und solchen in der Ruhestandsphase darstellt.
Durch die Berücksichtigung der Selektivverträge bei der Beitragsbemessung und damit zur Finanzierung der EHV wird nicht in den Schutzbereich von Art 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Art 14 Abs. 1 GG schützt nicht vor der staatlichen Auferlegung von Geldleistungs-, insbesondere Steuerpflichten und Zwangsbeiträgen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 8/13 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 47 unter Bezugnahme auf BVerfGE 4, 7, 17 f; im Anschluss daran: 8, 274, 330; 10, 89, 116; 10, 354, 371; 75, 108, 154; 78, 249, 277; 81, 108, 122; 93, 121, 137; 95, 267, 300; 97, 332, 349). Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass sie eine erdrosselnde Wirkung haben (stRspr, vgl wiederum BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 8/13 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 47 m.w.N.). Eine solche Konstellation liegt ersichtlich nicht vor.
Selbst wenn ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG bejaht werden könnte, wäre dieser – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – im Hinblick auf gewichtige Gründe des Allgemeinwohls jedenfalls gerechtfertigt.
Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Satzungsregelung mit höherrangigem Recht vereinbar. § 11 Abs. 2 GEHV ist ebenso wie seine landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage geeignet, erforderlich und angemessen.
Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt insbesondere deshalb nicht vor, weil auf der Basis des Satzungsrechts – typisierend - nur diejenigen Einkommensanteile der Vertragsärzte aus Sonderverträgen der Beitragsbemessung unterliegen, die auf die ärztliche Leistung entfallen. Denn § 11 Abs. 5 GEHV sieht eine entsprechende Anwendung von § 5 GEHV vor, nach dem bei der Ermittlung der Honorarforderung die Praxiskosten, insbesondere die technischen Leistungsanteile (sog. "TL"-Anteil nach EBM 2000plus) im Sinne einer Bereinigung berücksichtigt werden. Dies gilt auch, soweit eine Anwendung der Kostenermittlung nach § 5 GEHV nicht in Betracht kommt, weil im Rahmen der sondervertraglichen Vergütung nicht ausschließlich Gebührenordnungsnummern des EBM abgerechnet werden oder die Vertragsinhalte der KVH nicht bekannt sind, denn dann können stattdessen pauschale EBM-analoge Berechnungsverfahren angewendet werden (§ 11 Abs. 5 Satz 2 GEHV).
Da die Beklagte die vorgenannten Regelungen im streitgegenständlichen Verwaltungsakt korrekt angewendet hat, ist dieser – nach der Erlass des Änderungsbescheids vom 10. Dezember 2012 – nicht zu beanstanden.
Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war zuzulassen. Der Senat misst der Frage der Vereinbarkeit von § 8 Abs. 2 KVHG und § 11 Abs. 2 GEHV mit höherrangigem Recht grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) bei.
Rechtsgrundlage für die Streitwertfestsetzung ist § 197a SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG dabei auf den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 537,72 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Einbeziehung der Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nach § 11 Abs. 6 Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung (GEHV) für das Quartal IV/11.
Der Kläger übte seine vertragsärztliche Tätigkeit im Bereich der Beklagten mit Praxissitz in A-Stadt in Berufsausübungsgemeinschaft mit vier weiteren Ärzten (Dr. C., Dr. D., E. und Dr. F.) aus.
Der Kläger meldete mit Schreiben vom 15. Oktober 2012, bei der Beklagten am 18. Oktober 2012 eingegangen, seine Umsätze aus Sonderverträgen für die Quartale IV/11 bis II/12.
Die Beklagte setzte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 im Wege der Schätzung die Umsätze aus Sonderverträgen für GKV-Leistungen für das streitbefangene Quartal IV/11 auf den Betrag von 25.000,00 Euro fest. Zur Begründung verwies sie auf § 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 der GEHV, wonach neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV, die Vertragsärzte an gesetzlichen krankenversicherten Patienten erbrächten und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt würden, heranzuziehen seien. Hieraus folge eine Meldepflicht der Umsätze ab dem Quartal III/11. Der sei die Berufsausübungsgemeinschaft nicht nachgekommen, weshalb sie zu einer Schätzung berechtigt sei. Hierüber habe sie bereits mit einem Rundschreiben im Juli 2011 informiert. Der geschätzte Umsatz beruhe auf einem Mittelwert der gemeldeten Umsätze.
Mit weiteren Bescheiden vom 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012 nahm die Beklagte eine entsprechende Festsetzung in gleicher Höhe für die Quartale I und II/12 vor.
Hiergegen legte die Berufsausübungsgemeinschaft am 22. November 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Ausführungen in ihren personenbezogenen Widersprüchen, die der Beklagten parallel zugingen. Diesen seien eidesstattliche Versicherungen der einzelnen Ärzte zum Sachverhalt bzw. Fragen der jeweiligen Einnahmen beigefügt.
Auf Grund der Meldungen ging die Beklagte mit Bescheiden vom 10. Dezember 2012 von Umsätzen aus Sonderverträgen beim Kläger in Höhe von 10.197,66 Euro (Quartal IV/11), 15.461,71 Euro (Quartal I/12) bzw. 14.808,25 Euro (Quartal II/12) aus und setzte den EHV-Abzug in Höhe von 5,237%, 5,291% bzw. 5,319% fest, was zu Gutschriften in Höhe von 780,53 Euro, 504,67 Euro bzw. 542,11 Euro führe. Die Widersprüche seien damit erledigt.
Der Kläger teilte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 7. Januar 2013 mit, er betrachte seine Widersprüche nicht als erledigt, zumal sie sich nicht nur gegen die Schätzung als solche richteten, sondern auch gegen die Rechtmäßigkeit der Verfahrensweise insgesamt. Er verweise auf seine Ausführungen in den Widersprüchen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2013 die Widersprüche als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, sie habe die ursprünglichen Schätzbescheide auf der Grundlage ihrer Satzung zur EHV erlassen können. In der teilweisen Abhilfe liege kein teilweiser Erfolg der Widersprüche, da diese auf der nachträglichen Erfüllung der Mitwirkungspflichten beruhe.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Juli 2013 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. Juli 2013 die Verfahren bzgl. der Quartale I und II/12 unter den Az.: S 12 KA 399 und 400/13 abgetrennt und auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 5. November 2014 zum Ruhen gebracht.
Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, für die Bescheide fehle es an jeglicher Rechtsgrundlage. Entsprechende Festsetzungen und Einbehalte im Hinblick auf Sonderverträge und die EHV seien sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, da jegliche gesetzliche Vorgaben in einer Form fehlten, die erforderlich wäre, um als ausreichende Legitimationsgrundlage Gültigkeit zu beanspruchen. Gerade das Gesetz über die KV Hessen einerseits und die Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung andererseits, auf die die Beklagte verweise, stellten keine ausreichende Legitimationsgrundlage dar und würden vor allen Dingen nicht von höherrangigen Rechtsgrundlagen getragen. Es werde bezweifelt, ob durch ein Landesgesetz eine Erweiterung der Bemessungsgrundlagen auf Einkünfte aus Sonderverträgen überhaupt hätte erfolgen dürfen. Mit der durch Bundesgesetz vorgenommenen Einschränkung des Sicherstellungsauftrags der Beklagten sei eine "Trennlinie" zwischen einerseits der Gesamtvergütungen und der Honorare aus Direkt- bzw. Selektivverträgen gezogen worden. Hieran halte sich die Beklagte nicht. Bereits auf Landesebene fehle eine ausreichende Legitimation durch eine bundesgesetzliche Regelung. Das entsprechende Landesgesetz sei wegen Verstoßes gegen die Gesetzgebungszuständigkeit des Grundgesetzes rechtswidrig. Der Honorarbescheid führe immer nur zur honorartechnischen Umsetzung der Vorgaben der Bescheide zur EHV. Es sei relevant, ob die Bescheide überhaupt zutreffende Beträge enthielten und rechnerisch nachvollziehbar gestaltet seien.
Die Beklagte hat auf § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) vom 22. Dezember 1953, zuletzt geändert mit Gesetz zur Änderung des KVHG vom 14. Dezember 2009 verwiesen. Es handele sich um eine auch nach Bundesrecht zulässige fortbestehende landesrechtliche Regelung über die Altersversorgung der Kassenärzte im Sinne von Art. 4 § 1 Abs. 2 S. 2 des Gesetzes über das Kassenarztrecht (GKAR). Die maßgeblichen Regelungen für die EHV enthielten die Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung. In Folge des Urteils des Bundessozialgerichts vom 16. Juli 2008 - B 6 KA 38707 R - sei seitens des Landesgesetzgebers eine Grundlage für die Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütungen in die EHV geschaffen worden. Sie habe daraufhin § 11 GEHV verabschiedet. Danach seien alle Ärzte auskunftspflichtig. Der Kläger habe als Vertragsarzt seine Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nicht innerhalb der Frist von 3 Monaten nach Quartalsende gemeldet. Sie habe deshalb die Schätzung vornehmen können. Der entsprechende Abzug sei im Honorarbescheid für das Quartal II/12 der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewiesen worden. Der Kläger habe sodann Umsätze in Höhe von 10.197,66 Euro nachgemeldet. Von dem Schätzbescheid gingen tatsächlich keine Rechtswirkungen mehr aus. Soweit der Kläger diesen EHV-Abzug in seinem Grunde und in seiner Höhe angreife, fehle ihm dafür die erforderliche Aktivlegitimation. Denn der Abzug treffe die Rechtspersönlichkeit der Berufsausübungsgemeinschaft.
Die Berechnung der EHV-Beiträge sei nicht streitgegenständlich; die Beiträge wirkten sich erst im Honorarbescheid II/12 der Berufsausübungsgemeinschaft aus. Zur Vereinbarkeit des § 8 KVHG mit Bundesrecht sei sie nicht die richtige Adressatin.
Mit Urteil vom 5. November 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG).
Gegen das ihm am 12. November 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Dezember 2014 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger wiederholt sind erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus, gesetzliche Vorgaben in einer Form, die erforderlich wäre, um als ausreichende Legitimationsgrundlage Festsetzungen und Einbehalte im Hinblick auf Sonderverträge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu rechtfertigen, fehlten. Die scharfe Trennung von Gesamtvergütung einerseits und Honoraren aus Direkt- bzw. Selektivverträgen werde von Landesgesetzgeber überschritten. Der Bundesgesetzgeber habe eine derart umfassende Einbeziehungsmöglichkeit mit Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR nicht zum Ausdruck gebracht. Ohne ausreichende Legitimation verstoße daher § 8 KVHG gegen die Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz im Grundgesetz.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 und den Bescheid vom 10. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013 hinsichtlich des Quartals IV/11 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihr erstinstanzlichen Vorbringen und die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen des Sach- und Streitgegenstands im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – nach entsprechender Beschränkung des Antrags durch den Kläger im Berufungsverfahren – der Bescheid vom 10. Dezember 2012 bezüglich des Quartals IV/1, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013.
Die Klage gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2012 ist als Anfechtungsklage statthaft. Der Regelungsgehalt des Bescheides beschränkt sich nicht lediglich auf – wie die Beklagte im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vertreten hat – eine Teilabhilfe hinsichtlich der im Bescheid vom 24. Oktober 2012 vorgenommenen Festsetzung der Umsätze aus Sonderverträgen im Wege der Schätzung, sondern enthält darüber hinaus eine weitergehende Regelung im Sinne von § 35 Satz 1 SGB X, nämlich die Festsetzung des auf die EHV entfallenden Honoraranteils nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 GEHV, mithin die Beitragsfestsetzung. Der festgestellte Beitrag beläuft sich danach auf 5,273% von dem – nach der Meldung des Klägers – Umsatz aus Sonderverträgen in Höhe von 10.197,66 Euro im Quartal IV/11, mithin 537,72 Euro. Durch diesen Verwaltungsakt ist der Kläger auch beschwert, weil er auch nach der Gutschrift auf dem Honorarkonto 3/12 in dieser Höhe noch mit Beiträgen aus den Umsätzen aus den Sonderverträgen belastet wird. Gegen diesen im Bescheid vom 10. Dezember 2012, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, verkörperten Verwaltungsakt hat der Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2013 Widerspruch erhoben, indem er um die Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens gegen den Schätzbescheid bittet und zugleich mitteilt, er gehe davon aus, "dass zu Unrecht Einbehalte ausgeführt werden, auch wenn diese nun deutlich reduziert wurden". Damit machte der Kläger unzweifelhaft deutlich, auch mit der im Bescheid vom 10. Dezember 2012 mitgeteilten Beitragsfestsetzung nicht einverstanden zu sein. Das Vorverfahren wurde weiterhin ordnungsgemäß durchgeführt, insbesondere hat die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid auch über den Widerspruch vom 7. Januar 2013 entschieden. Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass sie sich im Widerspruchsbescheid mit dem reduzierten EHV-Abzug inhaltlich auseinandersetzt. Dass sie dabei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, es handele bei dem Bescheid vom 10. Dezember 2012 lediglich um einen Teilabhilfebescheid gegenüber dem ursprünglichen Schätzbescheid, ist insoweit nicht erheblich. Indessen lässt auch allein die weitere Fortführung des Widerspruchsverfahrens durch die Beklagte auf das Schreiben des Klägers vom 7. Januar 2013 darauf schließen, dass sie auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2012 bescheiden wollte, denn offenkundig hat sie an ihrer ursprünglich darin geäußerte Rechtsauffassung, der Widerspruch gegen den Schätzbescheid sei damit erledigt, nicht mehr festgehalten.
Die insoweit zulässige Klage ist aber unbegründet, denn der Bescheid vom 10. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2013 ist hinsichtlich des Quartals IV/11 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung der EHV-relevanten Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen ist § 11 Abs. 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, gültig ab 1. Juli 2006, in der geänderten Fassung ab Juli 2011 (im Folgenden: GEHV), wonach zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung ergänzend zu der Quotierung der Gesamtvergütung nach § 8 Abs. 1 GEHV sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, herangezogen werden. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung.
Diese Regelungen sind - jedenfalls soweit - wie hier - das über die Beklagte abgerechnete Honorar des Vertragsarztes im betroffenen Quartal seinen Finanzierungsbeitrag zur EHV aus Sonderverträgen (vgl. hierzu § 11 Abs. 2 Satz 2 GEHV) übersteigt – rechtmäßig.
§ 11 Abs. 1 GEHV ist zunächst formell rechtmäßig, insbesondere sind Fehler im Satzungsgebungsverfahren nicht ersichtlich. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend festgestellt hat, ist die Norm durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung der Beklagten in den Sitzungen vom 20. Februar 2010, 29. Mai 2010 und 28. August 2010 verabschiedet, gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vom Hessischen Sozialministerium mit Schreiben vom 10. Juni 2011 als zuständiger Aufsichtsbehörde genehmigt und durch das Mitgliederrundschreiben der Beklagten "EHV Aktuell" vom 6. Juli 2011 veröffentlicht worden. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht das ordnungsgemäße Zustandekommen von § 11 GEHV bestritten hat, ergeben sich für den Senat hierfür aus dem unstubstantiierten Vortrag des Klägers, den er auch im Berufungsverfahren nicht weiter konkretisiert hat, keine Anhaltspunkte.
Die Satzungsregelung findet in § 8 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 2 Gesetz über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) in der ab 23. Dezember 2009 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 662) i. V. m. Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 Gesetz über Änderungen von Vorschriften des zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung und zur Ergänzung des Sozialgerichtsgesetzes (Gesetz über Kassenarztrecht – GKAR) vom 17. August 1955 (BGBl I 1955, 513) ihre Ermächtigungsgrundlage. Nach § 8 Abs. 2 KVHG werden zur Sicherung der nach § 8 Abs. 1 KVHG errichteten Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der Erweiterten Honorarverteilung unterworfen (Satz 1). Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung (Satz 2). Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 KVHG ist die Kassenärztliche Vereinigung berechtigt, durch Satzung die Einbeziehung der Umsätze für Leistungen nach Abs. 2 zu regeln.
Die landesgesetzliche Regelung ist formell rechtmäßig, insbesondere war der Landesgesetzgeber auch zur Gesetzgebung befugt.
Ein Verstoß gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz (GG) ist nicht gegeben. Zwar hat der Bundesgesetzgeber die Verteilung der von den Krankenkassen zu entrichtenden Gesamtvergütungen in § 85 Abs. 4 SGB V in der für hier maßgeblichen, ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, S. 2626; a. F.) abschließend und in einer der ergänzenden Gesetzgebung durch die Länder nicht zugänglichen Weise auf der Grundlage des Kompetenztitels des Art 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ("Sozialversicherung") umfassend geregelt. Deshalb bleibt grundsätzlich für abweichende landesgesetzliche Regelungen zur Honorarverteilung kein Raum. Davon ist jedoch durch Art. 4 § 1 Abs. 2 Satz 2 GKAR eine Ausnahme für diejenigen landesrechtlichen Versorgungssysteme zugunsten alter Kassenärzte gemacht worden, die bei Inkrafttreten des GKAR bereits bestanden (BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, BSGE 101, 106-130, SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, zitiert nach juris Rn. 35). Das ist für die EHV der Beklagten der Fall.
Die somit bestehende Gesetzgebungskompetenz hat der Landesgesetzgeber mit § 8 Abs. 2 KVHG auch nicht überschritten, indem neben der Gesamtvergütung auch alle Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, der EHV und zwar unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage unterworfen hat, so dass auch die hier strittigen Umsätze aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung zur Bemessung der Beiträge zur EHV herangezogen werden. Denn hierdurch erfolgt nicht etwa eine Verteilung von Arztvergütungen, die nicht (mehr) der Gesamtvergütung im Sinne von § 85 Abs. 4 SGB V (a. F.) zugeordnet werden können, sondern vielmehr trifft der Landesgesetzgeber lediglich eine Regelung zur Bemessung der Höhe desjenigen Anteils einer Vertragsärztin bzw. eines Vertragsarztes an der Gesamtvergütung, die für die Finanzierung der EHV einbehalten werden. Bemessungsgrundlage hierfür sind aufgrund die Neufassung von § 8 Abs. 2 KVHG durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 662) nicht mehr nur die sich aus der Gesamtvergütung ergebenden von dem Vertragsarzt/der Vertragsärztin erzielten Honorare, die über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werden, sondern auch diejenigen Leistungsvergütungen für ärztliche Tätigkeit an gesetzlich krankenversicherten Patienten, die der Vertragsarzt/die Vertragsärztin aus Sonderverträgen mit den gesetzlichen Krankenkassen gerieren. Diese Verträge haben Einfluss auf die Gesamtvergütungen und ihre Höhe, da sie ein Abweichen vom Regelsystem der ambulanten Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen. Hierzu gehören Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Verfahrens-, Organisations-, Finanzierungs- und Vergütungsformen (§ 63 SGB V) und zur Arzneimittelversorgung (§ 64a SGB V), die hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b SGB V) und die besondere ambulante Versorgung (§ 73c SGB V) sowie die integrierte Versorgung (§§ 140a ff SGB V). Da nach §§ 64 Abs. 3 Satz 1, 73b Abs. 7, 73c Abs. 6 und 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V die Gesamtvergütung zu bereinigen ist, wird infolge der außerhalb der Regelversorgung durchgeführten ambulanten Versorgung zu deren Finanzierung die Gesamtvergütung der Höhe nach eingeschränkt. Mit der landesgesetzlichen Regelung wird damit also nicht etwa die Gesamtvergütung im Sinne von § 85 Abs. 4 SGB V (a. F.) erhöht, indem die außerhalb der regulären Versorgung den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten gezahlten Vergütungen der Gesamtvergütung über die EHV wieder hinzugefügt würde mit der Folge, dass der Kassenärztlichen Vereinigung ein erhöhtes Volumen zur Honorarverteilung zur Verfügung stünde. Vielmehr beschränkt sich § 8 Abs. 2 KVHG auf die Herstellung einer Bemessungsgröße, die außerhalb der Gesamtvergütung durch den Vertragsarzt bzw. die Vertragsärztin erwirtschaftete Leistungsvergütung der Höhe nach zur Ermittlung des jeweils auf diesen Vertragsarzt/diese Vertragsärztin entfallenden EHV-Finanzierungsanteils – also ihres "Beitrags" zur EHV – berücksichtigt.
Der Landesgesetzgeber hat damit auf die bundesrechtliche Entwicklung innerhalb des SGB V reagiert, mit der erhebliche Teile der Vergütung ursprünglich vertragsärztlicher Leistungen nicht mehr über die Kassenärztlichen Vereinigungen abgewickelt werden. Eine entsprechende Kompetenz des Gesetzgebers, gesetzliche Vorgaben auf Landesebene zur normieren, mit denen der Fortbestand des Systems der EHV dadurch gesichert wird, dass der Zufluss der für die Finanzierung des Umlagesystems erforderlichen Beträge aus solchen Einnahmen der Vertragsärzte, die nicht mehr über die Kassenärztliche Vereinigungen bezogen werden, sichergestellt wird, hat das Bundessozialgericht bereits bejaht (BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, BSGE 101, 106-130, SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, zitiert nach juris Rn. 52).
Die Regelung durch den Landesgesetzgeber begegnet vor dem Hintergrund von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 GKAR deshalb selbst dann keinen Bedenken, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM-Ä) im hergebrachten System der ambulanten Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten nicht über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnungsfähig sind und damit nur aufgrund der Sonderverträge in das System der ambulanten Versorgung einbezogen werden. Denn Umsätze aus einem solchen Leistungsgeschehen können die betroffenen Vertragsärzte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur aufgrund der Sonderverträge erzielen, die sie gerade wegen ihres Status als Vertragsarzt abschließen dürfen. Es ergibt sich damit und vor dem Hintergrund der Beschränkung auf Leistungen, die zum Leistungskatalog nach dem SGB V gehören, ein enger Sachzusammenhang zu ihrem Status als Vertragsarzt.
§ 8 Abs. 2 KVHG ist auch materiell rechtmäßig. Die Regelung ist insbesondere auch hinreichend bestimmt. Auch wenn der Landesgesetzgeber darauf verzichtet hat, die Art der Direktverträge und Verträge zur Integrierten Versorgung näher zu bezeichnen, ergibt sich aus der Norm hinreichend eindeutig im Sinne einer dynamischen Verweisung, dass Verträge zwischen Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des SGB V gemeint sind.
Die Regelung genügt des Weiteren den Anforderungen, die an Normen im Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, sie ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt und genügt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das mit § 8 Abs. 2 KVH verfolgte Ziel, nämlich – wie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt – die Sicherung der EHV der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 8 Abs. 1 KVHG, mithin die wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und der Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KVHG; vgl. auch Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, LT-Drucks. 18/767, S. 3) rechtfertigt die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit, denn die Alters- und Hinterbliebenensicherung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind ausreichende Gründe des Gemeinwohls, die insbesondere auch den Anforderungen der an der Eingriffsintensität einer Berufsfreiheitsbeschränkung orientierten sog. Stufenlehre des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 11. Juni 1958, BVerfGE 7, 377, 405 ff) genügen, nach der grundsätzlich vernünftige Gründe des Allgemeinwohls ausreichen (vgl. BVerfGE 7, 377 (405 f.); 16, 286 (297); 81, 156 (189); BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08 –, Rn. 297, juris; stRspr).
§ 8 Abs. 2 KVHG ist zur Zielerreichung zunächst geeignet, denn die Heranziehung der Umsätze aus Sonderverträge der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zur Bemessung der EHV-Beiträge gewährleistet die Finanzierungsgrundlagen der EHV. Der Landesgesetzgeber reagiert damit auf die bundesgesetzlichen Entwicklungen im SGB V, Teile der Vergütung ursprünglich vertragsärztlicher Leistungen nicht mehr über die Kassenärztlichen Vereinigungen abzuwickeln, indem die Leistungserbringung auf der Basis von Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Verfahrens-, Organisations-, Finanzierungs- und Vergütungsformen (§ 63 SGB V), von hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b SGB V) und von besonderer ambulanter Versorgung (§ 73c SGB V) sowie von integrierter Versorgung (§§ 140a ff SGB V) über eine direkte vertragliche und vergütungsrechtliche Beziehung zwischen Vertragsärzten und gesetzlichen Krankenkassen organisiert werden kann. Indem der Landesgesetzgeber diejenigen Vergütungsanteile, um die die ursprünglich allein als Bemessungsgrundlage herangezogene Gesamtvergütung nach § 85 Abs. 4 SGB V a. F. nach den entsprechenden bundesgesetzlichen Vorgaben gemindert wird, in die Bemessungsgrundlage mit einbezieht, wird die Finanzierungsbasis der EHV in einer Weise verbreitert, die dazu beiträgt, den Fortbestand des Systems der EHV zu sichern, da diesem umlagefinanzierten System somit die erforderlichen Beträge aus solchen Einnahmen der Vertragsärzte weiterhin zufließen und somit die Erfüllung der bereits erworbenen Ansprüche und Anwartschaften gewährleistet (vgl. hierzu auch Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, LT-Drucks. 18/767, S. 3).
Die Regelung ist auch erforderlich. Insbesondere weil in Hessen die Alterssicherung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowohl über das Versorgungswerk der Ärztekammer Hessen als auch über die EHV der Kassenärztlichen Vereinigung sichergestellt ist, ist der Landesgesetzgeber bei der Organisation der Alterssicherungssysteme gehalten sicherzustellen, dass Vertragsärzte über die Teilnahme an der EHV einen relevanten Beitrag zur Altersversorgung erarbeiten können. Für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte ermäßigt sich nämlich im Rahmen der Alterssicherung über das Versorgungswerk der hessischen Ärztekammer nach § 8 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Landesärztekammer Hessen mit Beginn der vertragsärztlichen Tätigkeit der Pflichtbeitrag auf 50% des Beitrags, so dass ohne die Regelung die Gefahr bestünde, dass bei immer geringer werdendem Anteil der Einnahmen, den ein Vertragsarzt in der aktiven Phase seiner Berufstätigkeit von der Kassenärztlichen Vereinigung bezieht, er bei typisierender Betrachtung in der Altersphase nicht mehr die Hälfte seiner Altersversorgung aus dem System der EHV erhalten kann (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 38/07 R, juris Rn. 51).
Ebenso wenig wie die Beibehaltung der Organisation der Alterssicherung der hessischen Ärzte in zwei Versorgungeinrichtung zwingend ist, ist es jedoch zwingend, den Fortbestand des Systems der EHV in der konkret in § 8 Abs. 2 KVHG vorgesehenen Weise zu sichern. Denkbar wäre etwa auch eine Regelung, mit der die Landesärztekammer als Träger des Versorgungswerks verpflichtet würde, der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen die Summe der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit für jeden Vertragsarzt mitzuteilen, damit diese zur Grundlage der Bemessung des EHV-Beitrags würde (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 38/07 R, juris Rn. 52). Die konkrete Ausgestaltung der Regelung ist aber vom Gestaltungspielraum des Gesetzgebers gedeckt.
Die Erforderlichkeit der Regelung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Gesamtvergütung nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers seit 2008 bis 2014 im Mittel angestiegen ist und dementsprechend der EHV sogar höhere Einnahmen aus den über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechneten Leistungsvergütungen der Vertragsärzte zugeflossen sind. Denn zum Einen unterliegt die Beurteilung der Erforderlichkeit einer weiten Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, nach der Maßnahmen, die der Gesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Regelungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten (Ulber, NZA 2016, 619, 621). Solche alternativen Maßnahmen sind nicht ersichtlich, denn als weniger belastende Maßnahmen käme nur der Verzicht auf die Berücksichtigung von Teilen der ärztlichen Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit bei der Beitragsbemessung in Betracht, was aber die Einnahmeseite der EHV ohne Steigerung des Umlagesatzes (siehe hierzu LT-Drucks. 16/2469, S. 1) nicht in gleicher Weise stärken würde wie die vom Landesgesetzgeber gewählte Regelung. Zum Anderen handelt sich bei § 8 Abs. 2 KVHG – wie aus der dynamischen Verweisung in das SGB V erkennbar wird – um eine Regelung, die langfristig auf die Entwicklungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung reagieren soll, so dass die Entwicklung der Gesamtvergütung über einen Zeitraum vom sechs Jahre bereits nicht aussagekräftig sein dürfte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es dem Gesetzgeber ersichtlich darum geht – wie bisher – typisierend die gesamten Einnahmen aus ärztlicher Leistung der Vertragsärzte zur berücksichtigen. Dies wäre im bestehenden System eines auf die Hälfte reduzierten Beitrags zum Versorgungswerk der Landesärztekammer bei Verzicht auf die Berücksichtigung der Einnahmen aus den Sonderverträgen – ebenfalls typisierend – nicht mehr der Fall, wenn bei der – typisiert – anderen Hälfte der Altersversorgung (nämlich der durch die EHV) ein Teil der Einnahmen aus der Tätigkeit nicht zur Berücksichtigung käme. Dies könnte sich – insbesondere bei steigenden Vergütungsanteilen aus Sonderverträgen – nachteilig auf das Niveau der Alterssicherung der Vertragsärzte auswirken.
Schließlich verstößt § 8 Abs. 2 KVHG auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip i. e. S., die Regelung ist angemessen. Denn den Einschränkungen der Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), die sich aus der verbreiterten Bemessungsgrundlage für die Vertragsärzte ergeben, steht eine erhöhte Anwartschaft auf Honorar aus der EHV in der künftigen Altersphase gegenüber. Und andererseits haben die rechtfertigenden Gründe erhebliches Gewicht, da es hier um den zukunftsfähigen Erhalt des umlagefinanzierten Alterssicherungssystems der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte geht, welches eine konkrete Ausgestaltung des Solidarprinzips zwischen aktiven Vertragsärzten und solchen in der Ruhestandsphase darstellt.
Durch die Berücksichtigung der Selektivverträge bei der Beitragsbemessung und damit zur Finanzierung der EHV wird nicht in den Schutzbereich von Art 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Art 14 Abs. 1 GG schützt nicht vor der staatlichen Auferlegung von Geldleistungs-, insbesondere Steuerpflichten und Zwangsbeiträgen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 8/13 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 47 unter Bezugnahme auf BVerfGE 4, 7, 17 f; im Anschluss daran: 8, 274, 330; 10, 89, 116; 10, 354, 371; 75, 108, 154; 78, 249, 277; 81, 108, 122; 93, 121, 137; 95, 267, 300; 97, 332, 349). Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass sie eine erdrosselnde Wirkung haben (stRspr, vgl wiederum BSG, Urteil vom 19. Februar 2014 – B 6 KA 8/13 R –, SozR 4-2500 § 85 Nr. 80, Rn. 47 m.w.N.). Eine solche Konstellation liegt ersichtlich nicht vor.
Selbst wenn ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG bejaht werden könnte, wäre dieser – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – im Hinblick auf gewichtige Gründe des Allgemeinwohls jedenfalls gerechtfertigt.
Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Satzungsregelung mit höherrangigem Recht vereinbar. § 11 Abs. 2 GEHV ist ebenso wie seine landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage geeignet, erforderlich und angemessen.
Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt insbesondere deshalb nicht vor, weil auf der Basis des Satzungsrechts – typisierend - nur diejenigen Einkommensanteile der Vertragsärzte aus Sonderverträgen der Beitragsbemessung unterliegen, die auf die ärztliche Leistung entfallen. Denn § 11 Abs. 5 GEHV sieht eine entsprechende Anwendung von § 5 GEHV vor, nach dem bei der Ermittlung der Honorarforderung die Praxiskosten, insbesondere die technischen Leistungsanteile (sog. "TL"-Anteil nach EBM 2000plus) im Sinne einer Bereinigung berücksichtigt werden. Dies gilt auch, soweit eine Anwendung der Kostenermittlung nach § 5 GEHV nicht in Betracht kommt, weil im Rahmen der sondervertraglichen Vergütung nicht ausschließlich Gebührenordnungsnummern des EBM abgerechnet werden oder die Vertragsinhalte der KVH nicht bekannt sind, denn dann können stattdessen pauschale EBM-analoge Berechnungsverfahren angewendet werden (§ 11 Abs. 5 Satz 2 GEHV).
Da die Beklagte die vorgenannten Regelungen im streitgegenständlichen Verwaltungsakt korrekt angewendet hat, ist dieser – nach der Erlass des Änderungsbescheids vom 10. Dezember 2012 – nicht zu beanstanden.
Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war zuzulassen. Der Senat misst der Frage der Vereinbarkeit von § 8 Abs. 2 KVHG und § 11 Abs. 2 GEHV mit höherrangigem Recht grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) bei.
Rechtsgrundlage für die Streitwertfestsetzung ist § 197a SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG dabei auf den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt.
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