L 5 R 397/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 15 R 256/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 397/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI kann im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden. In tatsächlicher Hinsicht setzt dies aber die positive Feststellung voraus, dass bei zutreffener Beratung durch den Rentenversicherungsträger das Gestaltungsrecht der Antragspflichtversicherung ausgeübt worden wäre. Hierfür trägt der Betroffene die Beweislast.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. November 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Umstritten ist dabei insbesondere, ob der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch erfüllt.

Der 1961 geborene Kläger war zuletzt bis zum 31. März 2003 pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld. Die von ihm zum 1. April 2003 aufgenommene Selbständigkeit als Handelsvertreter für Werkzeug und Industriebedarf unterstützte die Agentur für Arbeit Marburg durch Bescheid vom 7. März 2003 mit einem Überbrückungsgeld (§ 57 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III)) für die Zeit vom 2. April 2003 bis 30. September 2003.

Bereits zuvor, am 31. März 2003, beantragte der Kläger bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), der Rechtsvorgängerin der beigeladenen Deutschen Rentenversicherung Bund, die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige mit einem Auftraggeber. Diesen Antrag lehnte die BfA mit Bescheid vom 13. Mai 2003 ab, da die von dem Kläger ausgeführte Tätigkeit nicht zur Pflichtversicherung als Selbständiger mit einem Auftraggeber führe. Für diese Tätigkeit bestehe keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Seit dem 23. Mai 2011 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer Anfang 2011 sicher diagnostizierten Multiplen Sklerose, hinsichtlich derer im Jahr 2000 erstmals eine Verdachtsdiagnose gestellt worden war. Auf seinen Antrag vom 30. Mai 2011 hin führte er vom 20. Juli 2011 bis 16. August 2011 eine stationäre medizinische Rehabilitation durch, aus der er mit einem Leistungsvermögen für die Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter von drei bis unter sechs Stunden sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ebenfalls von drei bis unter sechs Stunden für leichte Tätigkeiten entlassen wurde. Ausweislich des Entlassungsberichts beabsichtigte der Kläger, seine Außendiensttätigkeit zeitlich durch die Vermeidung längerer Autofahrten zu reduzieren, indem er sein Handelsvertretergebiet auf weniger Bundesländer beschränken wollte.

Nach Umdeutung des Rehabilitationsantrags in einen Rentenantrag (§ 116 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI)) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2011 fest, dass der Kläger seit dem 23. Mai 2011 dauerhaft teilweise erwerbsgemindert sei. Er erfülle aber nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da in seinem Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 23. Mai 2006 bis zum 22. Mai 2011 nicht enthalten sei; es sei überhaupt kein Pflichtbeitrag in diesem Zeitraum vorhanden. Die Voraussetzungen nach § 241 SGB VI seien nicht erfüllt, weil in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. April 2011 nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei.

Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 19. Oktober 2011, mit dem er geltend machte, dass auch nach dem 31. März 2003 Versicherungspflicht bestanden habe. Er beantragte insoweit die Überprüfung des Bescheides vom 13. Mai 2003.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2012 lehnte die Beklagte die Aufhebung des Bescheides der Beigeladenen vom 13. Mai 2003 ab, da der Kläger nicht unter den versicherungspflichtigen Personenkreis des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI falle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den ablehnenden Rentenbescheid vom 13. Oktober 2011 zurück.

Am 2. April 2013 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag, hilfsweise Neuantrag. Zur Begründung trug er vor, dass grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente gemäß § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt seien. Allerdings fehle es an einer lückenlosen Belegung des Versicherungsverlaufs. Eine Lücke ergebe sich lediglich für den Monat Februar 2000. In diesem Monat sei er nicht erwerbstätig gewesen, sondern arbeitslos. Es handele sich um einen Monat zwischen zwei abhängigen Beschäftigungsverhältnissen. Er habe darauf verzichtet, sich für diesen einen Monat arbeitslos zu melden, da er zum Ende des alten Arbeitsverhältnisses bereits eine neue Arbeitsstelle zum 1. März 2000 sicher gehabt habe. Diese Lücke sei im Jahr 2003 geklärt worden.

Zur Untermauerung legte der Kläger vor: seine handschriftliche Notiz über ein - nach seinen Angaben - am 30. April 2003 mit der Mitarbeiterin der Beigeladenen C. geführtes Telefonat, sein Schreiben vom 1. Mai 2003 an die Beigeladene sowie die Renteninformation vom 2. Mai 2003, die den Hinweis enthielt, dass die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt seien sowie den Versicherungsverlauf, der weiterhin eine Lücke für Februar 2000 aufwies.

Zur Stütze des Neuantrags auf Rente wegen voller Erwerbsminderung verwies der Kläger auf den Arztbrief der Fachärztin für Neurologie Dr. med. D. vom 10. September 2012, die unter Darlegung der Befunde feststellte, dass der Kläger ausgehend von der Diagnose Multiple Sklerose mit sekundär-chronischem Verlauf ohne Angabe einer akuten Exazerbation oder Progression (G 35.30 G) nicht mehr erwerbsfähig sei.

Aufgrund dessen kam Dr. med. E., Sozialmedizinischer Dienst (SMD), in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 4. Juni 2013 zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger seit dem 10. September 2012 eine volle Erwerbsminderung auf Dauer vorliege.

Ausweislich der eingereichten Gewerbeabmeldung vom 14. Februar 2013 hatte der Kläger sein Gewerbe zum 31. Dezember 2012 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.

Mit Bescheid vom 28. Juni 2013 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 10. September 2012 dauerhaft voll erwerbsgemindert sei. Der Kläger erfülle aber nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da im Zeitraum vom 10. September 2007 bis zum 9. September 2012 keine Pflichtbeiträge im Versicherungskonto enthalten seien. Die Voraussetzungen nach § 241 SGB VI erfülle der Kläger auch nicht, weil in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 31. August 2012 nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2013 lehnte die Beklagte die Rücknahme des ablehnenden Rentenbescheides vom 13. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 nach § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) ab.

Gegen diese beiden Bescheide legte der Kläger am 5. August 2013 Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er im April 2003 nicht ordnungsgemäß beraten worden sei. Bei zutreffender Beratung hätte er Gegenmaßnahmen ergriffen, um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung weiter aufrecht zu erhalten. Da dies pflichtwidrig unterlassen worden sei, bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch.

Jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2013 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 2. Juli 2013 und vom 28. Juni 2013 als unbegründet zurück.

Mit der am 13. Dezember 2013 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Marburg gegen diese beiden Widerspruchsbescheide verfolgte der Kläger sein Ziel, eine Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten, weiter. Die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch seien erfüllt. Es habe bereits im April 2000 erste konkrete und ernst zu nehmende Hinweise darauf gegeben, dass er gesundheitlich beeinträchtigt gewesen sei und mit einer Erwerbsminderung oder gar Erwerbsunfähigkeit im weiteren zeitlichen Verlauf zu rechnen sein würde. Es sei ohne Weiteres nachvollziehbar, dass er sehr wohl freiwillige Beiträge an die Rentenversicherung entrichtet hätte, wenn er gewusst hätte und darauf hingewiesen worden wäre, dass er so seine Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente aufrecht erhalten könne. Er habe sich aus finanziellen Gründen zur Befreiung von der Rentenversicherung entschlossen, sich aber vorher intensiv mit der Frage einer Absicherung gegen die Risiken einer Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit beschäftigt.

Zur Stütze seines Vortrags legte er u.a. die Rentenauskunft vom 30. Juni 2003 mit Versicherungsverlauf, den Feststellungsbescheid (§ 149 Abs. 5 SGB VI) vom 30. Juni 2003 sowie den Behandlungsbericht der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie Christophsbad Göppingen vom 12. April 2000 vor.

Die Beklagte wies darauf hin, dass nicht nachgewiesen sei, dass in dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beigeladenen C. eine fehlerhafte oder unzureichende Beratung des Klägers erfolgt sei. Aus den gesamten Umständen lasse sich schlussfolgern, dass zunächst abgewartet werden sollte, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Existenzgründungzuschusses und die damit verbundene Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegen würden. In diesem Fall wären auch über den 31. März 2003 hinaus Pflichtbeiträge gezahlt worden, auf die Vorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI wäre es dann nicht angekommen. Der Kläger hätte sich erneut nach Erhalt des Bescheides vom 13. Mai 2003 und des Feststellungsbescheides vom 30. Juni 2003 mit seinem Begehren an die Rentenversicherung wenden können. So ergebe sich z.B. auch aus der Wartezeitauskunft vom 2. Juli 2009 eindeutig, dass neben der erforderlichen Wartezeit auch drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung erforderlich seien. Der Kläger habe mehrere Möglichkeiten zur dauerhaften Aufrechterhaltung seines Versicherungsschutzes für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht genutzt.

Die mit Beschluss vom 13. August 2014 beigeladene Deutsche Rentenversicherung Bund legte, an noch bei ihr vorhandenen Unterlagen, allein den Feststellungsbescheid vom 30. Juni 2003 vor. Sie gab an, mit den bisherigen Angaben ihre Mitarbeiterin C. nicht eindeutig identifizieren zu können.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trug der Kläger umfassend zu den tatsächlichen Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch vor. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 7. November 2014.

Mit Urteil vom 7. November 2014 wies das Sozialgericht Marburg die Klage ab, da weder ein Fall des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI noch die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gegeben seien. Zum einen sei das Gericht nicht vom Vorliegen einer konkreten Beratungspflichtverletzung überzeugt. Zum anderen habe es keine Kausalität feststellen können aufgrund des sich ändernden Vortrags des Klägers zu seinem hypothetischen Handeln bei zutreffender Beratung: die Zahlung freiwilliger Beiträge, folgend die Einschränkung, diese dauerhaft nicht finanzieren zu können, und letztlich, dass er eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hätte.

Gegen das am 18. November 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Dezember 2014 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung legt er ausführlich dar, warum ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehe. Insbesondere habe ein Beratungsanlass bestanden. Dazu hätte die benannte Mitarbeiterin der Beigeladenen erstinstanzlich als Zeugin vernommen werden müssen. Er sei so zu stellen, wie wenn diese fehlerhafte Beratung nicht erfolgt und er ordnungsgemäß beraten worden wäre. Er hätte dann Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet und würde seit einigen Jahren Erwerbsminderungsrente bekommen. Er sei bereit, die noch notwendigen Einzahlungen vorzunehmen, wenn er dafür eine Rente ausgezahlt bekomme.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. November 2014 sowie den Bescheid vom 2. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 13. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 zurückzunehmen, darüber hinaus den Bescheid vom 28. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn für einen am 23. Mai 2011 eingetretenen Leistungsfall eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie für einen am 10. September 2012 eingetretenen Leistungsfall eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beigeladene schließt sich dem an und verweist darauf, dass der Vortrag des Klägers nicht für die Annahme der für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erforderlichen hypothetischen Kausalität ausreiche.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der beigezogenen Rentenakte betreffend den Kläger. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Klägers ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. November 2014 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung hat. Die Bescheide der Beklagten vom 2. Juli 2013 und vom 28. Juni 2013, jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. November 2013 (§ 95 SGG), sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Die Beklagte hat es zu Recht mit Bescheid vom 2. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2013 abgelehnt, den in der Sache bindend gewordenen Bescheid vom 13. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 nach § 44 SGB X zurückzunehmen und dem Kläger ausgehend von einem am 23. März 2011 eingetretenen Leistungsfall eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil der Bescheid vom 13. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 bei seinem Erlass rechtmäßig war. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung waren im Zeitraum vom Datum der Antragstellung bis zur Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (vgl. Steinwedel in: Kass. Kommentar, 95. Erg. Lfg. 2017, § 44 Rdnr. 37) nicht gegeben.

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der für den Nachweis der sog. Vorversicherungszeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI maßgebliche Fünfjahreszeitraum verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 und § 241 Abs. 1 SGB VI um die im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sogenannten Aufschubzeiten (insbesondere Anrechnungszeiten und Ersatzzeiten). Gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit der Vorschrift des § 53 SGB VI zufolge (z.B. wegen eines Arbeitsunfalls) vorzeitig erfüllt ist. Nach der Sonderregelung des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit außerdem nicht erforderlich für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit den im Gesetz im Einzelnen aufgeführten sogenannten Anwartschaftserhaltungszeiten (insbesondere Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten, Berücksichtigungszeiten oder Rentenbezugszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, bedarf es gemäß § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI keiner Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten.

Die für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erforderliche allgemeine Wartezeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI erfüllt, wenn vor Eintritt der Erwerbsminderung eine Versicherungszeit von fünf Jahren zurückgelegt ist.

Ausgehend von einem - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung am 23. Mai 2011, erfüllte der Kläger damals nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, weil in dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 23. Mai 2006 bis zum 22. Mai 2011 gar keine Pflichtbeitragszeiten liegen. Auch sind keine sogenannten Aufschubzeiten im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI vorhanden, die zu einer Verlängerung dieses Fünfjahreszeitraums hätten führen können. Auf eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren konnte auch nicht nach § 43 Abs. 5 SGB VI verzichtet werden, weil kein Tatbestand der vorzeitigen Wartezeiterfüllung nach § 53 SGB VI vorlag. Der Kläger konnte die erforderliche Zahl an Pflichtbeiträgen auch nicht durch die Nachzahlung von Pflichtbeiträgen nach § 197 Abs. 1 SGB VI bzw. aufgrund der Härtefallregelung nach § 197 Abs. 3 SGB VI erfüllen, weil schon nicht ersichtlich ist, dass er im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war.

Versicherungspflicht kam für die Zeit ab dem 1. April 2003 nur in Form der Pflichtversicherung auf Antrag nach § 4 Abs. 2 SGB VI in Betracht. Danach sind auf Antrag versicherungspflichtig Personen, die nicht nur vorübergehend selbständig sind, wenn sie die Versicherungspflicht innerhalb von fünf Jahren nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder dem Ende einer Versicherungspflicht aufgrund dieser Tätigkeit beantragen. Der Kläger hat aber keinen entsprechenden Antrag bis spätestens zum 31. März 2008 dem Ende der Antragsfrist - bei der Beklagten gestellt. Dieser Antrag kann nicht mehr nachgeholt werden, denn er ist für diese Art der Versicherung konstitutiv: Nach § 4 Abs. 4 SGB VI beginnt die Versicherungspflicht auf Antrag mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt, frühestens jedoch mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 SGB VI eingetreten sind. Ein erst nach Beendigung der selbständigen Tätigkeit gestellter Antrag kann mithin nicht mehr zu einer Versicherungspflicht für die selbständige Tätigkeit führen (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 6/04 R, juris, Rdnr. 17 = SozR 4-2600 § 4 Nr. 2).

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist für eine im April 2003 oder zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der fünfjährigen Frist des § 4 Abs. 2 SGB VI beginnende Antragspflichtversicherung scheidet aus. Zwar erfasst die Regelung des § 27 SGB X über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch materiell-rechtliche Fristen, wie dies bei der Frist zur Begründung einer Antragspflichtversicherung der Fall ist. Nach § 27 Abs. 5 SGB X ist eine Wiedereinsetzung jedoch unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen sein soll.

Es kann dahinstehen, ob von einem Ausschluss der Wiedereinsetzung für die in § 4 Abs. 2 SGB VI genannten Ausschlussfrist auszugehen ist (so z.B. Fichte in: Hauck/Noftz, SGB 9/17, § 4 SGB VI, Rndr. 82; Gürtner in: Kasseler Kommentar, 95. Erg. Lfg. 2017, § 4 SGB VI, Rdnr. 6). Selbst wenn die Wiedereinsetzung nicht ausgeschlossen sein sollte, wären ihre Voraussetzungen hier nicht gegeben.

Die Gewährung von Wiedereinsetzung setzt einen entsprechenden Antrag voraus bzw., dass die versäumte Handlung innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt ist (§ 27 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Wiedereinsetzung kann ferner nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, wenn seit Ablauf der Antragsfrist mehr als ein Jahr vergangen ist, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt nicht möglich war (§ 27 Abs. 3 SGB X).

Ein Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung liegt nicht vor. Eine Antragstellung war auch nicht infolge höherer Gewalt ausgeschlossen.

Höhere Gewalt im Sinne des § 27 Abs. 3 SGB X bedeutet hier ein objektives, unverschuldetes Zahlungshindernis für Pflichtbeiträge aus der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI bei vorhandenem Zahlungswillen und ist gegeben bei außergewöhnlichen Ereignissen, die nach den Umständen des Einzelfalls auch bei größter, vernünftigerweise zumutbarer Sorgfalt nicht abgewendet werden konnten; jedes eigene Verschulden schließt höhere Gewalt aus (vgl. Urteile des BSG vom 11. Mai 2000, B 13 RJ 85/98 R, juris, Rdnr. 47 = SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 18 und vom 10. Dezember 2003, juris, Rdnr. 28 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 1). Der vorhandene Wille des Berechtigten, sein Recht geltend zu machen, muss infolge einer auf höherer Gewalt beruhenden Verhinderung nicht verwirklicht werden können. Beruht die Nichtgeltendmachung auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum, so ist dies – abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall einer sogenannten anspruchsfeindlichen Rechtsprechung – nicht als Ereignis höherer Gewalt anzusehen (vgl. so schon BSG, Urteil vom 13. August 1996, 12 RK 76/94, juris, Rdnr. 21 = SozR 3-2400 § 25 Nr. 6; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, B 13 RJ 85/98 R, juris, Rdnr. 49 = SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 18). Die bloße Unkenntnis über anspruchsbegründende Umstände und Rechtsnormen stellt auch dann keinen Umstand höherer Gewalt dar, wenn sie im Wesentlichen auf einer mangelnden Aufklärung der betreffenden Personen durch die zuständigen staatlichen Stellen beruht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, B 9 VJ 2/02 R, juris, Rdnr. 28 = SozR 4-3100 § 60 Nr. 1; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, B 13 RJ 85/98 R, juris, Rdnr. 49 = SozR 3-5750 Art. 2 § 6 Nr. 18).

Ob im Falle des Klägers ein objektives unverschuldetes Hindernis für die Zahlung von Pflichtbeiträgen bestand, kann dahinstehen. Eine Wiedereinsetzung wegen höherer Gewalt würde schon deshalb ausscheiden, weil dem Kläger der Wille fehlte, Pflichtbeiträge zu zahlen (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 6/04 R, juris, Rdnr. 20 = SozR 4-2600 § 4 Nr. 2). Den fehlenden Zahlungswillen hat er hinreichend deutlich und unzweifelhaft mit seinem Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger vom 31. März 2003 zum Ausdruck gebracht. Eine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger nachträglich zur Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI zuzulassen, ergibt sich auch nicht auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dieses von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt – im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs – ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 6/04 R, juris, Rdnr. 21 m.w.N. = SozR 4-2600 § 4 Nr. 2). Zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil für den Betroffenen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; auf ein Verschulden des Versicherungsträgers kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2000, B 5 RJ 50/98 R, juris, Rdnr. 18 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 29). Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 6/04 R, juris, Rdnr. 21 m.w.N. = SozR 4-2600 § 4 Nr. 2) bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

(1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss,
(2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten,
(3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt,
(4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Auch wenn durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist, dass eine Antragspflichtversicherung im Wege des Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden kann (vgl. Urteil vom 16. Juni 1994, 13 RJ 25/93 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 15; Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 6/04 R, juris, Rdnr. 22 = SozR 4-2600 § 4 Nr. 2), fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen der Nichtausübung des Gestaltungsrechts der Antragspflichtversicherung und dem eingetretenen Schaden in Form fehlender Pflichtbeiträge.

Die Kausalität wird beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nach der im Sozialrecht herrschenden Kausaltheorie der wesentlichen Bedingung unter Abwägung der vom Sozialleistungsträger und dem Versicherten selbst gesetzten Ursachen geprüft (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 1988, 12 RK 44/86, juris, Rdnr. 16; Urteil vom 6. März 2003, B 4 RA 38/02 R, juris, Rdnr. 54 = SozR 4-2600 § 115 Nr. 1). Es ist deshalb zu prüfen, welcher der Mitursachen die entscheidende Bedeutung für die Nichtausübung des Gestaltungsrechts (hier: der Antragspflichtversicherung) zukommt. Nur wenn die Verletzung der Hinweispflicht die wesentliche Bedingung für die Beeinträchtigung des sozialen Rechts gewesen ist, kann die Kausalität bejaht werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003, B 4 RA 38/02 R, juris, Rdnr. 54 = SozR 4-2600 § 115 Nr. 1). Hätte der Versicherte selbst bei zutreffender Beratung das Gestaltungsrecht nicht ausgeübt, ist die Verletzung der Hinweispflicht nicht die wesentliche Ursache für den Schadenseintritt. Wesentlich ist dann die Entscheidung des Versicherten, von der Ausübung des Gestaltungsrechts abzusehen. Die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt ist in diesem Fall zu verneinen. Der Herstellungsanspruch ist kein Mittel zur Korrektur von Fehlern des Berechtigten selbst (vgl. Seewald in: Kass. Kommentar, 95. Erg. Lfg. 2017, Vor §§ 38-47 SGB I, Rdnr. 179).

In tatsächlicher Hinsicht muss deshalb positiv festgestellt werden können, dass bei zutreffender Beratung das Gestaltungsrecht ausgeübt worden wäre. Es genügt nicht, dass sich der Versicherte bei richtiger Beratung in irgendeiner Form anders verhalten hätte. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist beschränkt auf den Ausgleich von Nachteilen, die kausal auf Schäden aufgrund der Pflichtverletzung eingetreten sind, die mithin auf der Nichtausübung eines Gestaltungsrechts beruhen.

Es lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen, dass der Kläger bei zutreffender Beratung sein Gestaltungsrecht ausgeübt hätte. Für die Ausübung des Gestaltungsrechts der Antragspflichtversicherung hätte der Kläger bereit und in der Lage sein müssen, die erforderlichen Pflichtbeiträge zu entrichten (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1993, 13 RJ 43/92, juris, Rdnr. 31 = SozR 3-1200 § 14 Nr. 10). Zu seinen finanziellen Möglichkeiten, die Beiträge zu zahlen, hat der Kläger Unterschiedliches vorgetragen, wobei die begrenzten finanziellen Mittel im Vordergrund standen. Zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und im Berufungsverfahren hat sich der Kläger abweichend davon auch darauf festgelegt, dass er sich bei entsprechender Beratung eine versicherungspflichtige Beschäftigung gesucht hätte. Nach seinem eigenen Vortrag beruht der Eintritt des Schadens somit nicht nachweislich darauf, dass er das Gestaltungsrecht, hinsichtlich dessen eine Beratung pflichtwidrig nicht erfolgt sein soll, nicht ausüben konnte. Es steht demnach gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass er selbst bei zutreffender Beratung dieses Gestaltungsrecht ausgeübt hätte. Wesentlich für den Eintritt des Schadens ist dann aber nicht das nicht ausgeübte Gestaltungsrecht, sondern dass der Kläger sein berufliches Leben anders gestaltet hat. Insgesamt lässt sich damit nicht feststellen, dass der Schadenseintritt kausal auf der (unterstellten) Pflichtverletzung beruht.

Die Unerweislichkeit der Kausalität geht zu Lasten des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 22. Februar 1973, 2 RU 128/71, juris, Rdnr. 25 = SozR Nr. 39 zu § 548 RVO; Seewald in: Kass. Kommentar, 95. Erg. Lfg. 2017, Vor §§ 38-47 SGB I, Rdnr. 180). Lässt sich eine Tatsache nicht feststellen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder des Nichtfestgestelltseins einer Tatsache derjenige zu tragen, der aus dieser Tatsache günstige Rechtsfolgen für sich herleitet (st. Rspr. BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957, 10 RV 945/55, juris = BSGE 6, 70; Urteil vom 22. Februar 1973, 2 RU 128/71, juris, Rdnr. 24 = SozR Nr. 39 zu § 548 RVO; B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 103, Rdnr. 19a m.w.N.).

Scheitert ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bereits an der erforderlichen Kausalität, bedurfte es keiner weiteren Aufklärung, ob konkrete Umstände vorlagen, die die Beklagte hätten veranlassen müssen, den Kläger in Bezug auf eine Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI zu beraten. Insbesondere bedurfte es nicht mehr der Vernehmung der Mitarbeiterin C. als Zeugin.

Die Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGB VI sind ebenfalls nicht erfüllt. Die Anwendung des § 241 Abs. 2 SGB VI scheidet bereits deshalb aus, weil der Kläger die Lücke für Februar 2000 nicht mehr durch die Zulassung zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen schließen kann. Nach § 198 Satz 1 SGB VI wird die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI durch ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen. Durch den Antrag vom 2. April 2003 konnte die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI jedoch nicht unterbrochen werden. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werde (§ 197 Abs. 2 SGB VI). Die Frist zur Zahlung der Beiträge für Februar 2000 lief bis Montag, den 2. April 2001, und war somit am 2. April 2003 offenkundig bereits abgelaufen.

Eine Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen nach § 197 Abs. 3 SGB VI ist ebenfalls ausgeschlossen. Denn auch im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI kann sich ein Versicherter nicht zeitlich unbegrenzt auf ein mangelndes Verschulden berufen. Da zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen ist (§ 197 Abs. 4 SGB VI), ergibt sich in der Zusammenschau mit der in § 27 Abs. 3 SGB X geregelten Jahresfrist, in der die allgemeine gesetzgeberische Wertung über die Abwägung zwischen Rechtssicherheit und Individualinteressen zum Ausdruck kommt, dass in den Fällen, in denen der Ablauf der Beitragsentrichtungsfrist nach § 197 Abs. 2 SGB VI bereits länger als ein Jahr zurückliegt, die Nachzahlung nur dann zulässig ist, wenn sie infolge höherer Gewalt unmöglich war (vgl. Senatsurteil vom 13. April 2012, L 5 R 419/10 m.w.N.). Dafür gibt es im Fall des Klägers keine Anhaltspunkte.

Ob § 197 Abs. 3 SGB VI im Rahmen der Berechtigung zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen ebenfalls eine abschließende Regelung darstellt (so z.B. Bayerisches LSG, Urteil vom 27. November 2012, L 13 R 649/10, juris; Mutschler in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 197 SGB VI, Rdnr. 47; Peters in: Kasseler Kommentar, SGB VI § 197 Rndr. 19) oder der sozialrechtliche Herstellungsanspruch daneben zur Anwendung kommen kann (so Schmidt in: Kreikebohm, SGB VI, § 197 Rndr. 24), bedarf hier keiner Entscheidung, da auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht erfüllt wären. Auch hier fehlt es jedenfalls an einer Kausalität zwischen einer möglichen Beratungspflichtverletzung durch die Beklagte und der Nichtzahlung des Beitrags für Februar 2000. Dafür hätte sich der Kläger bis zum 31. März 2001 (innerhalb der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI) an die Beklagte wenden müssen, einen konkreten Beratungsanlass bezogen auf die Beitragslücke geben müssen und die Beratung der Beklagten hätte die wesentliche Ursache dafür sein müssen, dass der Kläger den Beitrag für Februar 2000 nicht gezahlt hat. Der Kläger hat sich aber erstmals im Frühjahr 2003 an die Beklagte gewandt, so dass das Verhalten der Beklagten nicht mehr kausal dafür werden konnte, wie sich der Kläger bis zum 31. März 2001 verhalten hatte.

Lässt sich diese Lücke nicht schließen, kann der Kläger selbst dann, wenn die Zahlung von freiwilligen Beiträgen ab 1. April 2003 noch zulässig wäre, die Voraussetzung einer durchgängigen Zulässigkeit der Beitragszahlung zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen über § 241 Abs. 2 SGB VI nicht erreichen.

Insgesamt kann der Kläger damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht mehr erfüllen, so dass er keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 13. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 gemäß § 44 SGB X hat.

Auch der Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2013 ist nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat aus den zuvor aufgezeigten Gründen auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung am 10. September 2012. Denn auch zu diesem Zeitpunkt sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht erfüllt und können aus den bereits dargelegten Gründen auch nicht mehr erfüllt werden.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved