L 3 R 199/17 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 11 R 1465/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 199/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. Mai 2017 geändert und der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 18. Juni 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2015 abgelehnt, soweit die Beitragsforderungen nicht K.-H. A., U. B., S. B., F. F., V. K., J. K., T. L., A. L., R. L., K. P., E. R., W. W., B., Z. B., P. G., T. H., N. H., I. H., A. H., D. K., T. K. J. K. O. M. M. M. M. P. D. P. S. R. P. R. D. S. H.-J. W. und M. Z. sowie R. M. betreffen.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht tragen die Antragstellerin zu sechs Siebteln und die Antragsgegnerin zu einem Siebtel. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 73.995,31 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten noch über die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Beitragsnachforderung in Höhe von 219.542,75 EUR für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 unter dem Gesichtspunkt einer unterbliebenen Anmeldung von Kraftfahrern in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie die von der Antragsgegnerin in Bezug auf diese Beiträge geltend gemachten Säumniszuschläge in Höhe von 76.438,50 EUR.

Bei der Antragstellerin (im Folgenden: Ast.) handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit dem Unternehmensgegenstand Achsüberführung von Pkw und Kleintransporten (Neu- und Gebrauchtfahrzeuge), von Lkw bis 12 t mit Anhänger, von Schwerlastfahrzeugen (Bootsüberführungen), In- und Auslandsüberführungen sowie Handel mit Pkw aller Art. Die Ast. stellt regelmäßig im eigenen Namen die Kosten von ihr durchgeführter Überführungen anderen Logistikunternehmen in Rechnung. Bei Kontrollen wurden mehrfach Fahrer mit Wohnsitz in der S. im Rahmen der Durchführung von Überführungsfahrten der Ast. angetroffen, die jeweils keine Unterlagen über die Grundlage ihrer Tätigkeit in Deutschland mitführten. Aus den Verwaltungsakten sind Rechnungen für Überführungsfahrten von Unternehmen, die regelmäßig Überführungen durchführen, und Personen, die nicht solchen Dienstleistungen zuzuordnende Gewerbe (z.B. Matratzenreinigung, Eventservice oder Bewirtschaftung von Festzelten) betreiben, zu entnehmen. Für die nicht in Deutschland registrierten Unternehmen ist ein tatsächlich eingerichteter Gewerbebetrieb nicht zu ermitteln gewesen.

Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ag.) führte ab dem 7. November 2013 bei der Ast. eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 durch. Die Ast. teilte der Ag. unter dem 13. Mai 2014 mit, es befänden sich keine Unterlagen mehr in ihrem Betrieb. Auf Grund der Anschaffung eines neuen Computers befänden sich auch auf diesem keine älteren Dateien. Der Ast. sei deshalb keine Zuarbeit möglich. Die Ag. schrieb daraufhin die Personen/Unternehmen an, die der Ast. in dem streitgegenständlichen Zeitraum Rechnungen gestellt hatten. Im Übrigen wertete sie die Unterlagen des Hauptzollamts M. aus dem gegen den Geschäftsführer der Ast. gerichteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt der Staatsanwaltschaft M. (559 Js 3672/13) aus.

Die Ag. erließ nach Anhörung der Ast. mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 den Nachforderungsbescheid vom 5. Juni 2015. Die sich aus der Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 ergebende Nachforderung betrage 341.305,22 EUR. Darin seien 90.494,50 EUR Säumniszuschläge enthalten. Die im Prüfzeitraum vorzunehmende Beurteilung der Fahrdienstleister habe zu dem Ergebnis geführt, für die nachfolgend benannten zwölf Personen habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) mit einer Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung bestanden. Von weiteren 20 Personen sei der Fragebogen nicht zurückgesandt worden bzw. seien Anschriften und nähere Angaben zur Tätigkeit von Amts wegen nicht mehr ermittelbar gewesen. Die Aufzeichnungspflichten seien von der Ast. nicht ordnungsgemäß erfüllt worden. In Bezug auf die Dienstleistungen von Arbeitnehmern sei eine Tätigkeit der Arbeitnehmer für das Unternehmen nicht nachweisbar gewesen, es fehle an einer Entsendebescheinigung der Arbeitnehmer bzw. es bestehe der Verdacht, dass es sich bei dem Unternehmen um inaktive Sitz- oder Briefkastenfirmen gehandelt habe. Es sei davon auszugehen, dass die Zahlungen an die vorgenannten "Firmen" allein den Sinn gehabt hätten, Werkvertragskontingente zu erlangen und Entsendungen vorzutäuschen. Die Gesamtsumme der nachgeforderten Beiträge in Höhe von 250.810,72 EUR ergibt sich aus den für die im Bescheid namentlich bezeichneten Personen, die 20 nicht abschließend zu klärenden Fälle und die den im Bescheid genannten Unternehmen geleisteten Zahlungen. Auf die in dem Bescheid genannten Unternehmen einer "R. T. SK", "A. Logistik". "A.-Trans s.r.o." und "RS I. G." entfallen nach den Anlagen zum Bescheid Beitragsforderungen in Höhe von 219.542,75 EUR.

Zur Begründung ihres am 18. Juni 2015 eingelegten Widerspruchs, mit dem sie sinngemäß gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides beantragte, verwies die Ast. auf das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens bezüglich von Beitragsnachforderungen für den Prüfzeitraum vom 15. März 2007 bis zum 31. Dezember 2008 (Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. August 2012 - B 3 R 145/12 B ER -). Die Arbeitnehmereigenschaft der im Bescheid vom 5. Juni 2015 genannten Personen sei nicht erkennbar.

Die Ag. lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 21. September 2015 ab.

Die Ast. hat am 30. September 2015 vor dem Sozialgericht Magdeburg im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2015 beantragt. In Ergänzung ihres Widerspruchsvorbringens hat sie ausgeführt, sie beschäftige keine scheinselbständigen Arbeitnehmer. Für den vorliegenden Fall sei von der Notwendigkeit von Entsendebescheinigungen erst für den Zeitraum ab dem 1. März 2015 auszugehen. Im Übrigen sei in Bezug auf Zeiträume im Jahr 2009 und ggf. auch später Verjährung eingetreten. Es sei auch lebensfremd, von einem Mittelständler eine Nachentrichtung von Beiträgen in Höhe von 341.305,22 EUR zu fordern.

Bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Ag. sinngemäß eingeräumt, dass die Beitragsforderung für R. M. nicht vollständig nachvollziehbar sei, und insoweit eine Rücknahme des Bescheides in Betracht komme.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 12. April 2017 die Beiladung von acht Einzugstellen (und einer zweiten Beiladung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in ihrer Zuständigkeit für die Minijob-Zentrale) bewirkt und mit Beschluss vom 9. Mai 2017 festgestellt, der Widerspruch vom 18. Juni 2015 gegen den Bescheid der Ag. vom 5. Juni 2015 habe aufschiebende Wirkung. Maßgebend sei insoweit die spezialgesetzliche Regelung in § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der überwiegende Teil der Beitragsnachforderungen auf die Zahlungen an ausländische Unternehmen entfalle. Jedenfalls würden mit dem streitgegenständlichen Bescheid auch individuelle Beitragsnachforderungen in Bezug auf die namentlich benannten Personen getroffen.

Gegen den ihr am 16. Mai 2017 zugestellten Beschluss hat nur die Ag. am 16. Juni 2017 Beschwerde bei dem LSG Sachsen-Anhalt eingelegt, soweit die Entscheidung nicht die Beitragspflicht der Ast. für die in dem Bescheid vom 5. Juni 2015 namentlich benannten natürlichen Personen (mit Ausnahme von R. M.) betrifft. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 5. Juni 2015 hinsichtlich der Beitragsforderungen für die Tätigkeit der Fahrzeugüberführer, die sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte beurteilt wurden, werde im Beschwerdeverfahren nicht bestritten. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei die Beitragsforderung einschließlich der Säumniszuschläge in Höhe von 295.981,25 EUR, die aus den Zahlungen an ausländische Unternehmen ("R. T. SK", "A. Logistik". "A.-Trans s.r.o." und "RS I. G.") resultiere. Diesbezüglich lägen keine individuellen Statusbeurteilungen, sondern eine Forderung von Beiträgen gemäß § 28f Abs. 2 SGB IV aus der Summe der Zahlungen an die ausländischen Unternehmen vor. Individuelle personenbezogene Feststellungen seien auf Grund fehlender Aufzeichnungen nicht möglich gewesen. Hier bestünden weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Sinne des § 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch sei von einer unbilligen Härte im Sinne dieser Vorschrift auszugehen. Während verschiedener Kontrollen seien ausländische Kraftfahrer festgestellt worden, die angegeben hätten, für die Ast. tätig zu sein. Seien die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 SGB IV, insbesondere eine Entsendung, nicht erfüllt, liege keine "Einstrahlung" im Sinne des Gesetzes vor. Der Beschäftigte müsse für eine wirksame Entsendung in einem Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gegen Arbeitsentgelt bei einem ausländischen Arbeitgeber stehen, organisatorisch in den Betrieb des ausländischen Arbeitgebers eingegliedert bleiben bzw. dessen Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit - unter Umständen in einer durch den Inlandseinsatz bedingten gelockerten Form - unterstehen. In Bezug auf die "R. T. SK", "A. Logistik". "A.-Trans s.r.o." und die "RS I. G." habe eine wirksame Entsendung nicht festgestellt werden können. Unterhalte ein Arbeitgeber Rechts- und Geschäftsbeziehungen zum Ausland - wie hier die Ast.- habe er, sofern dies von sozialversicherungsrechtlicher Bedeutung sei, den überzeugenden Nachweis zu erbringen, dass die ausländische Firma tatsächlich existiere. Soweit die vorgelegten Unterlagen oder die sonstigen Umstände darauf schließen ließen, dass Scheingestaltungen gewählt worden seien, bestehe die widerlegbare Vermutung der missbräuchlichen Umgehung der gesetzlichen Sozialversicherung. Schwarzarbeit/illegale Beschäftigung liege generell dann vor, wenn gegen Gebotsnormen und damit auch gegen geordnete Wirtschaftsabläufe vorsätzlich oder mit bedingtem Vorsatz verstoßen und somit der Versuch unternommen werde, öffentlich-rechtliche Abgaben zu umgehen. Unter den Begriff der illegalen Beschäftigung fielen auch alle Tatbestände der illegalen Ausländerbeschäftigung, der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung und die in § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) genannten Erscheinungsformen. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag sei hier ohne namentliche Benennung der einzelnen Arbeitnehmer festgesetzt worden, weil die Aufzeichnungspflicht unzureichend erfüllt worden sei. In Bezug auf eine unbillige Härte habe die Ast. eine aktuelle wirtschaftliche Problemlage weder ausreichend dargelegt noch durch geeignete Unterlagen untermauert.

Die Ag. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. Mai 2017 zu ändern und den Antrag der Ast. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Ast. vom 18. Juni 2015 gegen den Bescheid vom 5. Juni 2015 abzulehnen, soweit die Beitragsforderungen nicht K. P., S. B., U. B., A. L., B., I. H., A. H. D. K., V. K., J. K., M. M., M. P., D. P., S. R., P. R., H.-J. W., P. G., T. K., O. M., T. H., D. S., M. Z., N. H., W. W., F. F., Z. B., R. L., E. R., K.-H. A., J. K. und T. L. betreffen.

Die Ast. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ohne eine Statusfeststellung seien Beitragsnachforderungen weder denkbar noch möglich. Im Übrigen enthält das Vorbringen noch Ausführungen zu dem Beschluss des Sozialgerichts, soweit er in Rechtskraft erwachsen ist.

Den Beigeladenen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Ag. Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.

II.

Die hier nur von der Ag. eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Antrag der Ag. wird dahingehend ausgelegt, dass auch die für R. M. geforderten Beiträge nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind. Insoweit war bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Teilrücknahme des angefochtenen Bescheides angesprochen worden. Im Übrigen hat die Ag. im Rahmen des Beschwerdevorbringens deutlich gemacht, sich nur gegen die Feststellung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Beitragsnachforderungen für von der Ast. an "R. Trans SK", "A. Logistik". "A.-Trans s.r.o." und "RS I. G." geleistete Zahlungen zu wenden.

Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Ast. vom 18. Juni 2015 gegen den Bescheid der Ag. vom 5. Juni 2015 zu Unrecht festgestellt, soweit der Beschluss des Sozialgerichts mit der Beschwerde angefochten worden ist.

Nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei einer Entscheidung über die Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. In den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 4 SGG durch Beschluss die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. In entsprechender Anwendung der Regelung in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG liegen die Voraussetzungen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung vor, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Bereichsspezifisch wird in § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV geregelt, dass Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, aufschiebende Wirkung haben.

Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, dass die Umdeutung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 2 SGG in einen solchen auf Feststellung der kraft Gesetzes nach § 86b Abs. 1 SGG eintretenden aufschiebenden Wirkung zulässig ist (vgl. z.B. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. November 2016 - L 1 R 153/16 B ER -, juris m.w.N.).

Die Voraussetzungen der Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs lagen hier indes in Bezug auf die Beitragsforderungen, die den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bilden, nicht vor. Der Senat hält die Anwendbarkeit von § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV in Verfahren über die Betriebsprüfung, wie auch das Sozialgericht hier entschieden hat, nicht für grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. z.B. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. November 2016, a.a.O.; Beschluss vom 21. Dezember 2016 - L 3 R 126/16 B ER -, juris). Gleichzeitig führt ein nicht personenbezogener Beitragssummenbescheid nicht zu einer abschließenden Statusfeststellung für die betroffenen Personen, für die eine Beitragspflicht festgestellt wird. Entsprechend wird allgemein auch die Notwendigkeit einer Beiladung dieser Personen verneint (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R -, juris). Der Summenbescheid wird nicht dadurch zu einem Statusfeststellungsbescheid, dass der für die Beiträge in Haftung genommene Arbeitgeber mitteilt, die betreffenden Personen nicht zu kennen oder nicht als Arbeitnehmer beschäftigt zu haben.

Es ist fraglich, ob der Senat im Rahmen der nur von der Ag. eingelegten Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts in Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung die aufschiebende Wirkung nun anordnen könnte, da eine solche Entscheidung über die erstinstanzliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung hinausginge. Diese Frage kann indes dahin stehen, da die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung des Senats auf der Grundlage von § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG hier nicht vorliegen.

Anhaltspunkte, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides der Ag. sprechen, sind hier nicht erkennbar. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses der Ast. einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. hierzu die Nachweise bei Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 86a RdNr. 27ff.).

Die Pflicht der Ast., Arbeitnehmerbeiträge zur deutschen Sozialversicherung zu entrichten, ergibt sich aus den §§ 3 Nr. 1 und 9 Abs. 1 und 5 SGB IV und den spezialgesetzlichen Regelungen für die Versicherungspflicht in den einzelnen Versicherungszweigen. Hier ist während der Durchführung der Aufträge der Ast. weder eine Weisungsfreiheit der betreffenden Arbeitnehmer erkennbar noch ist eine Entsendung im Sinne des § 5 Abs. 1 SGB IV der "R. Trans SK", "A. Logistik". "A.-Trans s.r.o." und "RS I. G." zugeordneten Arbeitnehmer nachgewiesen. Die Entsendung im Rahmen einer Vereinbarung mit einem Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist im Regelfall anzunehmen, wenn eine Entsendebescheinigung vorliegt (vgl. zu § 266a Strafgesetzbuch (StGB): Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 24. Oktober 2006 - 1 StR 44/06 -, juris). Solche Bescheinigungen liegen hier nicht vor, sodass dahinstehen kann, ob - wie die Ast. vorgetragen hat - auch nach Ablauf der siebenjährigen Übergangszeit für die Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit mit dem 1. Mai 2011 eine solche Bescheinigung nicht erlangt werden konnte. Dieses Argument der Ast. spricht nicht für, sondern gegen eine rechtmäßige Entsendung. Damit müsste hier nachgewiesen werden, dass die Voraussetzungen einer wirksamen Entsendung für jeden Einsatz eines Arbeitnehmers vorlagen. Nach dem derzeitigen Sachstand fehlte es hier bereits an einer Entsendefähigkeit der Unternehmen "R. Trans SK", "A. Logistik". "A.-Trans s.r.o." und "RS Investment Group", die Voraussetzung einer wirksamen Entsendung ist (vgl. zu § 266a StGB: BGH, Urteil vom 24. Oktober 2007 - 1 StR 189/07 -, juris).

Anhaltspunkte für eine Verjährung der Beitragsforderung sind hier nicht erkennbar.

Der von der Ast. im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Gesichtspunkt einer unbilligen Härte im Sinne des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG setzt voraus, dass ihr durch die Vollziehung des Bescheides über die eigentliche Zahlung hinausgehende Nachteile entstehen würden, die nicht oder nur schwer wiedergutgemacht werden können (vgl. die Nachweise bei Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 86b RdNr. 27b). Die unbillige Härte in diesem Sinne setzt das Vorliegen eines persönlichen Billigkeitsgrundes in der Person des Beitragspflichtigen voraus, wobei gerade die Vollziehung des Beitragsbescheides bzw. die sofortige Zahlung der ausstehenden Beiträge maßgebend ist. Im vorliegenden Fall genügt der Hinweis, dass es sich bei der Ast. um ein mittelständisches Unternehmen handelt, nicht, um einen Billigkeitsgrund zu belegen. Zu ihrer wirtschaftlichen Situation hat die Ast. nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 3 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Als Grundlage der Festsetzung hat der Senat ein Viertel der Beitragsforderung, für welche eine aufschiebende Wirkung noch weiterverfolgt worden ist, angesetzt (vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 17. Mai 2010 - L 3 R 408/09 B ER -, juris, m.w.N.). Da der für die Beitragsfragen zuständige Senat des BSG im Ergebnis die Säumniszuschläge in die Streitwertberechnung einbezieht (vgl. BSG, Beschluss vom 18. September 2017 - B 12 R 14/17 B -, juris), schließt sich der Senat dieser Rechtsprechung zur Herstellung einer einheitlichen Behandlung der wiederkehrenden Rechtsfrage an.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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